Julio Sacchi - Kommentare

Alle Kommentare von Julio Sacchi

  • 5

    Unglaublich schlaffer Thriller um ein Energierezept der Nazis, das Kohle zu Öl machen kann. Der Film bewegt sich mit der Geschwindigkeit eines Benzinkanisters, der den Hügel zum abgesoffenen Auto hochgerollt wird. Ein Haufen Top-Stars chargiert über die Grenzen des Erträglichen hinaus, Brandos Akzent kommt wohl aus dem Lummerland. Die alten Recken wirken aber regelrecht fresh im direkten Vergleich zu den abgehangenen Agentenfilmklischees, die einem hier eiskalt aufgetischt werden; als die heiße Marthe Keller zu Opa Scott in die Kiste springt, ist endgültig der Drops gelutscht. Scott bringt als Ermittler übrigens nur schleppend Klarheit in die Sache, dafür aber mehr Unglück über die Verhörten als eine durchschnittliche schwarze Katze: Ausnahmslos jeder seiner Gesprächspartner wird im Anschluß an die Konversation sofort erschossen.
    Als Zeitzeugnis hat der Film aber ein paar Momente zu bieten, so reagiert Scott auf die Ermahnung seines Vorgesetzten, sich bei der Reise nach Deutschland ordentlich zu verhalten, mit einem strammen Hitlergruß. Bilder von West-Berlin aus der damaligen Zeit sieht man auch immer ganz gerne und in Nebenrollen geben sich zahlreiche bekannte Gesichter des deutschen Films die Klinke in die Hand. Am Ende kommt es dann endlich zum großen Schlagabtausch zwischen den Schauspieltitanen Scott und Brando, und obwohl sich beide hier nicht gerade auf der Höhe ihrer Kunst zeigen, ist das nochmal ein Highlight; die Intensität Scotts kollidiert wunderbar mit Brandos Lässigkeit.
    Insgesamt aber eher n Witz.

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    • 6

      Deutscher Titel "Das Monster von London", was schon recht kreativ ist bei einem Film, der in Los Angeles spielt und das Finale bei den aus RICOCHET bekannten Watts Towers ansiedelt!

      Willam Cain hat sich hier nach dem Kassenknüller BLACULA eines weiteren klassischen Horrormythos angenommen, den er ins Blaxploitation-Genre transponiert. Bei BLACULA gab's noch softe Hammer-Vibes, hier sieht aber alles trotz Meister Tak Fujimoto an der Kamera aus wie eine damalige Fernsehserie. Wenn sich Casey in den aschfahlen Hyde ("Ey guck ma n weißer Nigger!") verwandelt und den Luden auf die Omme haut, hat das eher was von Bixbys Hulk! Überhaupt hält sich der Horror in Grenzen, Hyde fährt mit seinem Rolls Zuhälter und Nutten platt und liest danach die Zeitung, das ist schon eher lustig.
      Als Blaxploitation-Film ist die Sause aber recht interessant. Casey spielt einen arrivierten Arzt namens Pride (!), dem in den Augen der weiblichen Hauptfigur, einer schwarzen Prostituierten (Rosalind Cash aus OMEGA MAN) jegliche "Blackness" abhanden gekommen ist. In die Klinik zu den "normalen" Patienten geht er nur, um sein Gewissen zu beruhigen. Ausgerechnet dieser feine Herr Doktor wird als Monster zum [i]weißen[/i] Unhold und massakriert ausschließlich schwarze Opfer. Dabei knattert er im Statussymbol des weißen Patriarchats umher und beseitigt Nutten, denen er aufgrund eines verschrobenen Kindheitstraumas den Tod seiner Mutter vorwirft. Am Ende erklimmt er wie KIng Kong die Watts Towers.
      Natürlich ist das vorrangig ein unterbudgetierter Blaxploitation-Heuler, aber unter der Oberfläche werden interessante Themen sehr bewusst verhandelt. Mag ich.

      Die deutsche Synchro klingt trotz versierter und bekannter Stimmen total pornös und setzt in vielen Szenen komplett andere Musik ein als im Original, was zu teils absurden Stilbrüchen führt!

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      • 7

        Ein Mann ohne Arme und ein Mann ohne Beine verbünden sich gegen einen gemeinsamen Feind - den Unhold nämlich, der sie um ihre Gliedmaßen gebracht hat. Leider spielt der Film die poetische Gerechtigkeit nicht aus: Der Böswatz kriegt zwar ordentlich aufs Maul, fällt am Ende aber nur schwer abgeledert ins Standbild.
        CRIPPLED MASTERS ist schon echt kurios. Da kann man sich gar nicht entscheiden, ob das jetzt die totale Exploitation von körperlich Behinderten oder eben der absolute Humanismus ist: Die "Verkrüppelten" werden nicht als Trottel oder Loser dargestellt, sondern behalten immer das Oberwasser und hauen mit ihren beim Yoga-Master erlernten Moves jede Wurst vom Teller. Muß man schon gesehen haben irgendwie.
        Die Qualität der deutschen DVD spottet allerdings jeder Beschreibung, da lag wohl auch ein crippled Master vor.

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        • 5

          Wie so oft in den frühen Jahren: Bogie völlig verheizt. In einer Groschenromanplotte, die sich mit den Kalamitäten einer jungen Ärztin in Bedrängnis auseinandersetzt, spielt er im Grunde die zweite Geige. Der von ihm verkörperte Gangsterboß ist vom Drehbuch so cartoonhaft angelegt, daß sich Bogart für den einzig richtigen Weg entscheidet: Er geht mit einer komödiantischen Überreizung in die Vollen und kommt mal wieder als Winner raus. Der Film selber wirkt mit einer guten Stunde Laufzeit immer noch zu lang.

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          • 5

            Über zwei Drittel schon eine sehr fade Angelegenheit. Die Nummer mit der Rache-Mumie ist absoluter Standard, könnte direkt aus den ollen "Spuk"-Geschichten gekullert sein. Immerhin gibt's einen jungen Christian Slater, einen jungen und unfaßbar rattengesichtigen Steve Buscemi und eine damals schon überdurchschnittlich geile Julianne Moore zu sehen. Die zweite Story kommt aus der Feder von Stephen King und ist in jeder Hinsicht ein absoluter Rohrkrepierer, die Besetzung mit Hickey und Johanssen ist Käse und der Plot eine totale Nullnummer, böse Katze stirbt nicht, who cares, Romeros Drehbuch stinkt auch.
            Die letzte Geschichte dieser Anthologie, die mit der titelgebenden Serie nüscht zu tun hat, holt die Kohlen gerade noch aus dem Feuer: Gut gespielt von Remar und Chong. gut erzählt und gedreht und mit schön bittersüßer Pointe ausgestattet. Die hat Klasse.
            Regisseur Harrison muß man zugute halten, daß er die Stilistik den Stories anpasst, so daß man schon sehr unterschiedliche Looks zu sehen kriegt, aber gegen die einfallslosen Plots kommt er nicht an, auch nicht mit der allzu weit hergeholten Rahmenhandlung.

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            • 6 .5

              Freche SHANE-Abkoche, der einsame Revolverheld heißt sogar so! Was den an sich recht durchschnittlichen Italo-Revolver dann doch sehr unterhaltsam und ansehnlich macht, sind die vielen geilen Bildideen von Stelvio Massi an der Kamera - und die Tatsache, daß einem diese Figuren dann doch ans Herz wachsen und man nicht will, daß ihnen was passiert. Richtig geil ist auch der hackfressige Vormann vom Bösen, der sich in die Lady verballert hat und jedem die Brotluke poliert, der sie schief anglotzt! Hat mir dementsprechend sehr gut gefallen. Marshall hat auch Glück gehabt, den spricht nämlich sehr stimmig Christian Brückner.

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              • 4

                Hat mir überhaupt nicht gefallen. Häßlich gedreht, teils idiotisches Figurenpersonal, redundant und langweilig, dazu ein aufdringlicher Schubberscore und viel zu viele Zeitlupen, wo nichts passiert. Gut gespielt von Weaver und Mendelssohn, aber mehr auch nicht.

                • 3

                  Ich verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, wie man diesem Totalausfall mit so viel Gnade begegnen kann.

                  Feminization der Franchise, nach der niemand gefragt hat und die auch an keiner Stelle irgendeine Dringlichkeit besitzt. Und dafür wird in der ersten Filmminute en passant John Connor weggesäbelt und alle anderen Teile damit als fürn Arsch erklärt?!
                  Angebliche politische Implikationen (mexikanische Grenze) sind allenfalls Window Dressing und haben ebenfalls keinerlei Bewandnis für die Story. Naja, "Story". Es wird halt allen Ernstes ZUM FÜNFTEN MAL (der öde Salvation ist hier die unrühmliche Ausnahme) dieselbe Geschichte erzählt. ZUM FÜNFTEN MAL.

                  Eine in der Muckibude aufgepumpte Johanna Maria Knothe rettet ein komplett ausdrucksloses Latino-Girl. Später gesellt sich noch die ebenfalls in der Muckibude aufgepumpte Ursula von der Leyen hinzu. Flinten-Uschi hat sich leider auch noch Tourette eingefangen, kein Satz ohne "fuck" und "motherfucker", jeder Zuschauer über acht Jahre kommt aus dem Augenrollen nicht mehr raus.
                  Der neue Terminator ist ein Latino-Spargel im karierten Flanellhemd und hat demenstprechend die Bedrohungspower von Eddie Vedder meets Guillermo. Später treffen Johanna und Flinten-Uschi noch einen alten Mann in einer Hütte im Wald. Der alte Mann trägt ebenfalls ein kariertes Flanellhemd, der muß wohl auch ein Terminator sein! Der Opa im Flanellhemd sitzt dann mit Johanna, Flinten-Uschi und huch, fast vergessen, dem ausdruckslosen Latino-Girl in weißen Gartenstühlen und bespricht die Zukunft der Erde. Nach einer ähnlich stimmungslos und furzöde gedrehten Schlüsselszene muß man in der Geschichte des Films schon ne Weile suchen.

                  Die Verfolgungsjagd am Anfang ist sicherlich ok, wenn man die endgeile Abrißkransequenz in TERMINATOR 3 noch nie gesehen hat. Spätestens ab der Szene im Flugzeug macht der Film die Biege nach Asylumland meets Playstation 1. Da hat wirklich NICHTS mehr den Anspruch auf filmisches Erzählen, Glaubwürdigkeit von Effekten oder einen Anflug von Kohärenz, Computerfiguren spielen mit Computerflugzeugen und Computerautos. Um jegliche Form von Überraschung zu vermeiden, gibt es das fünfte Fabrikfinale der Franchise. FranSCHEISS.

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                  • 6

                    Schön gedreht, schöne Settings, schöne und detailreiche Ausstattung - wie so oft bei Oz, aber wie so oft bei Oz eben auch gepflegte Langeweile. Daß dieser Heist-Krimi einen nicht vom Hocker hauen wird, ist eigentlich schon bei der Sequenz vorm Titel klar, da müsste man ja eigentlich erfahren, was für n heißer Safecracker De Niro ist, in Wirklichkeit lernt man aber nur, daß man beim Safecracken die Tür abschließen sollte. Mittig eiert der Film ganz schön rum, der finale Kniff ist ziemlich abgehangen. Was THE SCORE immer mal wieder zwischendurch besonders macht, ist das freie Improv-Spiel eines wunderbar entspannten Brando, der hier selbst Meister Bob nochmal zeigt, wer der beste Acting-Cracker ist.

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                    • 7

                      Gewohnt aufwendig und ansprechend gedrehtes Handkantenfestival von Meister Chang Cheh. Der hier noch als Regieassistent tätige junge John Woo hat wohl darauf geachtet, daß auch genug SloMos reinkommen! Ich fand den Film über lange Strecken, obwohl auch mal geschossen wird und Autos irgendwo reinbrettern, irgendwie nicht so richtig packend; das 50er-Jahre-Setting bremst so ein bißchen. Aber irgendwann ist das alles egal, weil ein fast 20minütiges Finale mal wieder die Wurst vom Teller haut!

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                      • 6

                        Wie so viele seiner Filme aus den 80ern und 90ern ist dies ein 'lesser Lumet'; von Bartkowiak schön gedreht, aber spannungsarm, ausgefranst und wieder mal mit einem unseligen Cy-Coleman-Score geschlagen. Schauspielerisch allerdings durchweg interessant: Das reicht von extrem gut (JT Walsh und ein junger, eisiger Denzel Washington) über extrem schlecht (Beatrice Straight) bis zu extrem Gere - ein derart vollständiges Best Of seiner Ticks und Manierismen wird man in keinem anderen Film finden. POWER will aus sattsam bekannten Zuständen im amerikanischen Wahlkampf den Scoop des Jahrzehnts machen, das ist in manchen Szenen schon fast peinlich. Der Film erstarkt ausgerechnet in dem Moment, als er zum Märchen wird.

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                        • 4

                          Selten dämlicher Horrorfilm, aber da Horrorfilme oft dämlich sind und dennoch Spaß machen, ist das ein halbgarer Vorwurf. Snipes und Heche sind super, der Hauptdarsteller spricht leider wie Katja Burkhard von Punkt 12. Am Ende wird sogar noch die Blutwurst ausgepackt. Aber alles andere ist endloses Rumgelatsche in häßlichen Fluren, überhaupt ein häßlicher, billiger Film, irgendwie die Boreout-Billigversion von Event Horizon.

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                          • 5 .5

                            Fängt eigentlich ganz gut an: John Saxon rekrutiert drei rachsüchtige suspendierte Cops (Sam Jones, Sherri Rose, Jason Lively), um dem verhassten Tanabe (japanischer Name, harter deutscher Akzent: Richard Lynch) endlich an die Gurgel zu gehen. Von Actionmaster Joseph Merhi erwartet man hier eigentlich feinste PM-Knallbonbons, aber statt Äktschn gibt's nur ein paar nette Bildideen und die ermüdende Balz um die schauspielerisch stark gefordete Rose. Lively jagt dann ein paar Böswatze mit Spielzeugautos in die Luft, ansonsten fliegen keine Autos und es fliegt auch nichts in die Luft. Ein weiterer Mitstreiter kommt wie Kai aus der Kiste und verschwindet auch in selbige. Schon eher ne Enttäuschung, in die sich allenfalls Jones ein bißchen reinhängt.

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                            • 7

                              Faszinierende Dschungelallegorie, von Boorman hart an der Grenze zum Kitsch, dafür aber entwaffnend offen für das Mythische inszeniert. Was als Vater/Sohn-Drama von ergreifendem Ausmaße beginnt, mündet in ein unerwartetes Actionfinale mit dicken Wummen. Dazwischen ist aber noch genug Zeit für das Portrait eines archaischen, unschuldigen Lebensentwurfs am Rand der "toten Welt". Herausragende Score von Homrich und Gascoigne (PHASE IV) und umwerfende Dschungelbilder von Philippe Rousselot.

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                              • 4 .5

                                Bißchen sehr matter Rachewestern, in dem ein fader Tab Hunter die Meuchler seiner Braut jagt. Er hat natürlich eine Spieluhr dabei, die aber im Grunde keine echte Signifikanz hat. Die Kills sind nicht krass genug (bis auf einen armseligen Vogel, der sich selbst in Brand setzt) und die Auflösung zwar harsch, aber zu spät. Mehr gibt's dazu nicht zu sagen. Ach doch: Die Synchro ist ganz launig und GG Hoffmann adelt Hunter natürlich über Gebühr.

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                                • 5
                                  über Wisdom

                                  Nicht ganz so schlimmer Film, wie einem die zeitgenössische Kritik glauben machen wollte, aber schon reichlich blöde, was mehr noch an Estevez' halbidiotischem Skript als an seiner bis auf wenige Ausfälle doch recht ordentlichen, von Robert Wise überwachten Regie liegt. Inwiefern sein Selbstbild als modernem Robin Hood einer genaueren Überprüfung standhält (was genau bringt es den Armen, deren Bankunterlagen zu vernichten?!), mögen andere entscheiden. Pluspunkte: Die veritablen Autostunts gegen Ende und ein knorke Score von Danny Elfman im Oingo-Modus.

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                                  • 6

                                    Ein an Selbstüberschätzung und Karriereeifer erkrankter Reporter kriegt keine Knüllerstory auf die Beine und erfindet kurzerhand eine. Blöd nur, daß sein fitkives Zuhälterportrait ausgerechnet von den falschen Leuten für bare Münze genommen wird. Interessante Prämisse, aus der der Film leider kaum Spannung gewinnen kann. Das liegt nicht zuletzt am blassen und fehlbesetzten Reeve, der die Rolle des überaus unsympatischen und letztlich dummen Schreiberlings nicht mit Leben zu füllen weiß. Fast sehenswert dennoch, der herausragenden Leistungen Kathy Bakers und Morgan Freemans wegen - Freeman erhielt hier überraschend seine erste Oscar-Nominierung und war plötzlich bei den Studios Hot Property. Schreckliche Musik mit Miles Davis an der Tröte übrigens.

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                                    • 7

                                      Fand ich gut. Schickt einen formidablen Bösewicht ins Rennen und lässt über zwei Stunden nicht ein einziges Mal locker. Ma Dong-seok verteilt mal wieder Dampfwatschen von Spencers Gnaden. Beim völlig geilen Endkampf ist er dann endlich richtig sauer und macht den überlebensgroßen Widersacher zu Klostein.
                                      Was mich allerdings zunehmend genervt hat, ist das zunächst außerordentlich passive, dann immer planlosere Vorgehen der Polizei. Was sich Ma Dong-seok da einfallen lässt, als das Kind quasi schon im Brunnen ist, kommt aus Gagaland.
                                      Sonst aber geil.

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                                      • 6 .5

                                        Pressetext von damals haut schon die Wurst vom Teller und fabuliert vom "karatesüchtigen Gelbgesicht". Chen Lee sucht im Wilden Westen aber nicht Karate, sondern Ruhe und Frieden und nen Job. Das gibt ihm aber alles keiner, stattdessen wollen ihm alle ans Leder, aber "Karate-Jack" ist schneller als jede Faust und auch, das ist besonders geil, als jede Kugel.
                                        Die Fights sind wild, da wird viel gehüpft und gesprungen, und dann geht's ans Eingemachte, Gliedmaßen sausen zu boden, es wird aufgespießt, aufgeschnitten, durchbohrt und einem Böswatz haut das Gelbgesicht gleich mal das komplette Auge raus! Wenn der Film, in dem auch noch Gordon Mitchell und Klaus Kinski vorbeischauen zum Watschen abholen, auch noch sowas wie nen Plot hätte, wär er ne Granate. So isser immerhin ne saftige Nummernrevue, die sich jeder Fan der groben Form gern gefallen lässt.

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                                        • 8

                                          Vier junge Kumpels wollen raus aus der hoffnungslosen Tristesse einer koreanischen Großstadtdystopie. Ein letzter Raubzug soll das Ticket in die Freiheit bringen, aber sie klauen das Falsche von den falschen Leuten - und nun klebt ihnen ein sadistischer Aufräumer an den Fersen.

                                          Klar, kennt man, CHARLEY VARRICK mit leichten BULLET IN THE HEAD- und DEAD PRESIDENTS-Vibes (sogar die Musik im Vorspann rifft Isaac Hayes), aber der Aufräumer ist ein Geistesbruder vom HITCHER und der Film schon nach 10 Minuten auf Vollgas. Sieht geil aus, entwickelt teils Höchstspannung und steigert sich in brachial apokalyptischen Kugelhagel, ein endgeiler Wahnsinn.

                                          Im Zoo Palast knallen die Schnellfeuergewehre so brachial laut, daß sich die Teetrinker-Schluffis die Öhrchen zuhalten. Überhaupt, das Sound Design dieses Films, es ist ein Fest. In einer Szene müssen die Boys in einer nächtlichen Tiefgarage ein Auto klauen, die Alarmhupe trötet, wird auf der Tonspur runtergefiltert, phast sich im High Pass rund durch den Kinosaal und trifft ganz unten auf den Beat. Maximum Overdrive. Master Class.

                                          Ganz klar die satteste Abrißbirne dieses Festivals. Blockrocker statt Cockblocker. Prädikat MEGA.

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                                          • 6 .5

                                            Am Arsch der Ella in Shithole Countey, vermutlich bei Murmansk oder so, stehen ein paar Garagen. Darin machen unterschiedliche Männer unterschiedliche Dinge, gehen Hobbies nach oder arbeiten an irgendwas; alles, wofür zuhause kein Platz ist. Man erfährt nichts weiter, man ist ein bißchen bei allen dabei, was ich recht zäh fand. Nach der Hälfte kristallisieren sich aber Figuren und Beziehungen heraus, da wird der traurige, auch tragikomische Film dann fast rührend.

                                            In Kritiken steht, die Kamera würde "nur beobachten", was natürlich Unsinn ist. Meister Axel Schneppat kadriert hier wunderbare Bilder, in denen sich die Protagonisten bewegen können. Und natürlich merkt man, daß die Leute plötzlich über Dinge miteinander reden, weil sie kurz vorher jemand darum gebeten hat - das beißt sich aber mit dem Verzicht auf jegliche Einordnung und wirkt ausgerechnet da künstlich, wo es authentisch sein will.

                                            Ein schön anzusehender, recht leichter Film ist das schon.

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                                            • 7

                                              Dokumentation eines Ausbruchs: Die 26jährige Muna will ihrem von Zwang und Angst bestimmten Leben in Saudi-Arabien entfliehen. Mit ihren zwei Smartphones filmt sie unter Lebensgefahr ihren Alltag, ihre Familie und schließlich ihren dramatischen Fluchtversuch nach Europa anläßlich ihrer Zwangsheirat. Die Aufnahmen lädt sie, ebenfalls in ständiger Furcht vor Entdeckung, der Filmemacherin Susanne Regina Meures hoch - natürlich ohne zu wissen, ob sie diese jemals zu Gesicht bekommen wird. Die Unmittelbarkeit der Aufnahmen schafft Beklemmung und Spannung; diese wird allerdings immer wieder unterlaufen von scheußlich kitschiger Filmmusik, ein klassischer Kunstgriff ins Klo.

                                              Nach der Vorführung wurde es ein wenig unangenehm. Im Vorspann ist zu lesen "Directed by Susanna Regina Meures" und dann auch noch "A film by Susanna Regina Meures". Eine Zuschauerin stellte die Frage, die mir auf den Lippen lag: Wenn doch Muna unter Einsatz ihres Lebens alle Videos gemacht und dabei auch noch mit ihrem Videotagebuch deren Einordnung geleistet hat - warum ist sie, die ihr Leben für das Erzählen ihrer eigenen Geschichte riskierte, nicht wenigstens mit dem Credit der Co-Regie gewürdigt?

                                              Meures wirkte ob dieser begründeten Frage düpiert; da sie ja das Material im Schnitt geordnet habe, stelle sich die Frage doch eigentlich nicht, "I directed this film", und, hier wurde es dann wirklich haarig, sie habe ja Muna überhaupt erst erklärt, wie man ein iPhone hält. Da kam mir kurz das Bild vom weißen Mann mit Tropenhelm und Coladose in den Sinn. Nachfragen zur politischen Dimension wurden von Meures (RAVING IRAN) auch wackelig abgebügelt; ich begann mich zu fragen, wie sich das eigentlich anfühlt, wenn man sein Leben aufs Spiel setzt, um Videoaufnahmen für den Film eines anderen zu übermitteln, dafür erklärt bekommt, wie man ein iPhone hält und am Ende erfahren muß, daß man "directed" wurde.

                                              Schön kann's nicht sein.

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                                                100 Minuten substanzloser Fluff. Ideenlos und ohne erkennbares visuelles Konzept gedreht, unbalanciert und dramaturgisch unausgereift montiert und dann auch noch ertränkt in der möglicherweise schlimmsten Doku-Musik aller Zeiten, so eine Art Zirkus-Muzak zum Kreistanzen. Ich hab bei der Berlinale dieses Jahr Filme gesehen, die ich nicht mochte oder langweilig fand, aber bei dem hier frage ich mich erstmals, was er dort verloren hat.

                                                Filmemacherin Kaudelka folgt Sahra Wagenknecht während der Zeit des Bundestagswahlkampfs 2017 bis zum Rückzug aus der Parteipolitik. Man erfährt genau das, was man aus der Presse jener Zeit weiß, und da Kaudelka Wagenknecht vor allem zu Interviewterminen begleitet, bekommt man auch davon nochmal die Greatest Hits zu hören. Meistens wird mitgelaufen, ab und zu Wagenknecht so zwischendurch gefragt, oder auch mal plötzlich ein anderer, halt wenn's anders nicht weitergeht.

                                                Oft gibt es lange Sequenzen, bei denen man innerlich SCHNEID JETZT rufen will, die einfach im Film rumstehen, zum Beispiel ein Treffen mit den Spin Doctors von Bernie Sanders. Die Szene ist einfach da, wird nie wieder aufgegriffen, wie auch "Aufstehen!" kommt und geht, warum eigentlich, wer waren die, was soll's. Stattdessen eine Montage des Höcke-AfD-Aufmarsches zu einem kreuzüblen Bob-Dylan-Ersatzsong, da schüttelt einen die Fremdscham. Nur bei einer hitzigen Parteiveranstaltung, wo die Genossen wie die Tiere über Wagenknecht herfallen und sich dann selbst zerfleischen, erwacht der Film kurz zum Leben.

                                                Sahra Wagenknecht ist in diesem Film sehr sympathisch, aufgeräumt, artikuliert und insgesamt angenehmer als ihre männlichen Kollegen. Das war immer mein Eindruck und ist grundsätzlich legitim als Kaudelkas Blickwinkel, aber für einen Film über eine politische Figur vielleicht doch etwas zu wenig. In diesem Film hat Wagenknecht immer die beste Pointe und das letzte Wort; einmal wird ihre Rede im Bundestag sehr offensichtlich als letzte aufrechte Stimme gegen die AfD geschnitten; das grenzt dann schon an Worshipping. Was auch ok ist, aber was erzählt das?

                                                Kaudelka wurde im Anschluß der frenetisch bejubelten Vorführung gefragt, wie sie denn zu diesem Projekt gekommen sei. Kaudelka: "Ich habe irgendwann gedacht, daß ich einen Film über Sahra Wagenknecht machen wollte, und das hab ich einem Freund erzählt und der sagte, mach doch."
                                                Und so isser dann auch geworden.

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                                                  Javier Bardem hat als an Demenz erkrankter Schriftsteller Honig im Kopp. Er vegetiert in seiner Wohnung in New York vor sich hin, die U-Bahn rattert direkt an seinem Fenster vorbei zur Myrtle Ave. Seine Tochter (Elle Fanning) versucht sich liebevoll um ihn zu kümmern, verzweifelt aber zunehmend an dieser übergroßen Aufgabe.

                                                  Es ist ein Tag im Leben dieser zwei Menschen, der sie auseinander oder noch näher zusammenbringen könnte. Bardems Geist erinnert sich derweil an die tragische Beziehung zu Dolores (Salma Hayek) und an sein Schreibexil in Griechenland. Dort rudert er einer Party-Yacht mit jungen Girls hinterher und muß auf halber Strecke aufgeben; dort verreckt auch seine selbstherrliche Männlichkeit.

                                                  Sally Potters Film erzählt nichts Weltbewegendes und buchstabiert sich leider kurz vor Schluß zur Schnulze aus. Aber ich mochte ihn. Mein alter Herr ist an Alzheimer zugrunde gegangen, und ich habe noch nie eine auch nur im Ansatz so akkurate Darstellung einer Demenzerkrankung und deren Effekt auf die Angehörigen gesehen wie Bardems in diesem Film. Da ist der Film ehrlich und anrührend, hier furzt kein Hallervorden in die Wanne, der Demente ist nicht irgendwie doch ganz süß.

                                                  Nur ein kleines gütiges Lächeln von Bardem, eine Sekunde lang, in einem luziden Moment; das kann reichen, um alles doch noch ein wenig weiter ertragen zu wollen.

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                                                    Strafrechtliche Verfolgung, Drangsalierung, Ausgrenzung, sanktionierte körperliche Mißhandlung von Homosexuellen - das gibt es noch, und zwar viel häufiger und extremer als von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Eines der krassesten Beispiele ist das mehrheitlich muslimische Shithole Country Tschetschenien, wo Putins Kettenhund Kadyrov regelrechte "Säuberungsaktionen" durchführt. 2017 wurden homosexuelle Männer und Frauen entführt, gefoltert und erst zum Sterben wieder freigelassen; nicht selten zwang man deren Angehörige, die "Untermenschen" zu ermorden. Seitdem ist Tschetschenien für Schwule und Lesben lebensgefährlich.

                                                    David France begleitet in seinem HBO-Dokumentarfilm zwei russische Aktivisten, die unter Einsatz ihres Lebens Menschen zur Flucht verhelfen. Der Aufwand, das Risiko, die Durchführung sind haarsträubend; auch die ausgeklügeltsten Mission: Impossible-Methoden garantieren nicht den Erfolg. Selbst die Geflohenen können sich ihres Lebens niemals sicher sein; unter der schützenden Hand Putins jagt die tschetschenische Regierung potenzielle Whistleblowers bis zum Tod. Und warum, fragt Fluchthelfer David Isteev, sollten Schwule nicht schon morgen auch in Moskau Freiwild sein?

                                                    WELCOME TO CHECHNYA ist für mich ein Paradebeispiel von Dokumentarfilm. Emotional ohne Kitsch; haarsträubend spannend ohne Sensationalismus und aufrüttelnd und wütend ohne falsche Betroffenheit. Natürlich montiert France auf Effekt, aber auch das im genau richtigen Maß. Putin und besonders Kadyrov, mit dem sich schon Stars wie Mike Tyson, Seagal, Van Damme, Depardieu und Hilary Swank gern präsentierten, kommen rüber wie dämonische Supervillains, aber sind sie das nicht auch?
                                                    Statt die Gesichter der Flüchtigen zu blurren, hat France ihnen mittels Deep-Fake-Technik einfach neue gegeben - ein nur manchmal irritierender Effekt, der insgesamt sehr wirksam Nähe schafft.

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