lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

  • 5 .5
    über Baton

    50-minütige Science-Fiction-Fantasy-Geschichte im Rotoscope-Verfahren, die zeitweise humorvoll ein Hybrid aus langen Kämpfen und philosophischer Betrachtung über des Zusammenleben von Mensch und künstlicher Intelligenz ist, gerne das Thema Körperlichkeit ironisch aufhebt.
    Ryûhei Kitamura hat sicherlich nicht den Anspruch gehabt alle losen Fäden der ehrgeizig erscheinenden Geschichte sinnvoll zu verknüpfen, seine Übergänge sind ungelenk und die interessanten Gedankengänge wirken somit halbgar.
    Optisch ist „Baton“ allerdings ein faszinierendes Erlebnis. Die Landschaften, Architekturen und Actionsequenzen wirken wie ein audiovisueller Rausch aus Fantasy und Industrie-Cyberpunk.
    Letzten Endes siegt die Form über den fragmentarischen Inhalt.

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    • 5 .5

      Italienisches Gruselkino aus den 80ern, was sich zu diesem Zeitpunkt bereits selbst überholt hat...
      Unter Rom, in den Katakomben, lauern mal wieder das Böse und einmal mehr die schaurige Bildsprache eines Argentos und Fulcis. Wie ein lang verzögerter Horror-Orgasmus, der nie so recht zu einen erquicklichen Höhepunkt kommt, fummelt sich Marcello Avallone etwas selbstverliebt durch sein mystisch-unheimliches Unterwelt-Szenario, lässt einzelne Szenen und seine hysterisch-zickige Blondine komplett ins Leere laufen um am Ende in super-kurze Splatter-Szenen zu explodieren.
      Packend ist dieses Schauder-Märchen nie, die vernebelt-düstere Archäologie-Stimmung und der klassische Score haben aber ihren Reiz.

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      • 3
        lieber_tee 01.06.2015, 20:15 Geändert 14.06.2015, 18:12

        »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
        #25
        Y...wie Yakuza-Filme.
        Yakuza-Filme erfreuen sich bis heute einer gewissen Beliebtheit, sind so etwas wie eine Variante des Mafia-Films zum Thema organisierten Verbrechen. In ihrem Ursprungsland Japan waren sie in den 60ern Ritterfilme über Pflicht, Gehorsam und Gefühle, in den 70ern dokumentarische Straßengangsterfilme, heute eher Actioner mit folkloristischen Beiwerk. Lediglich die existentialistischen Filme von Takeshi Kitano bilden eine Ausnahme und berufen sich auf ihre ursprünglichen Motive.
        2005 meldete sich Steven Segal in diesem Genre zurück und wollte mit der 35 Millionen Dollar schweren Produktion sein Kino-Comeback feiern. Der Möchtegern-Klopper ist allerdings so Scheiße geworden, das er gleich auf DVD gepresst und den Kunden in der Videothek zum Fraß vorgeworfen wurde.
        Während Ein-Mann-ein-Gesichtsausdruck-Steven früher die Infos aus den Leuten herausprügelte wird hier der Zuschauer mit endlosen Polizeiarbeit-Dialogen gequält, die so fade wirken wie eine Schale Reis ohne Zutaten. Denn von der Fan-gewünschten Action ist lange nix zu sehen. Die furchtbar schlecht geschriebene Story reißt keine Bonsai-Bäume aus, die Regie ist allenfalls Mittelmaß und über das nicht vorhandene schauspielerische Talent des Wandschranks mit langem Mantel ist kein Wort zu verlieren, da nutzt sein zwischenzeitliches Katana-Herumgefuchtel auch nichts. Im üblichen Selbstjustiz-Showdown, das vorher keinerlei emotionale Grundierung spürbar erfährt, suppt zwar das Blut ordentlich und die Gliedmaßen fliegen herum aber beim kurz vorm Einschlafen vermoderten Betrachten ist offensichtlich, dass der „Meister“ auf Grund seine Unbeweglichkeit von einem Stuntman peinlich gedoubelt wird.
        Ich bin echt kein Fan von Hackfresse Seagal, seine alten Schinken hatten allerdings wegen unfreiwilliger Komik und ihrem eigenwilligen Kampfstil einen gewissen Charme, diese Schnippel-Salat-Gurke hat davon nichts.
        [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

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        • 6 .5
          lieber_tee 01.06.2015, 13:04 Geändert 01.06.2015, 13:29

          „Das ist nur ein Buch, das kann dir nichts tun!“
          Denkste, denn Kinder-Aufklapp-Bücher können verstörend und reichlich unpassend sein, wenn ein bereits offensichtlich verhaltensgestörter, vom Verlust seines Vaters und emotionaler Distanz seiner Mutter geprägter Junge Angst vor Monstern hat. Mama geht es ebenfalls nicht so gut. Alleinerziehend, isoliert, mit der Erziehung überfordert, fehlt ihr ebenso der durch einen Unfalltod verstorbene Ehemann. Das nie verarbeitete Trauma, in Kombination mit Schuldvorwürfen, wächst zu ein unkontrollierbaren Wahn-Ungeheuer heran. Langsam schleicht es sich aus dem dunklen Ort der Verdrängung an die Oberfläche, offenbart sich in Alltäglichkeiten, wie Überforderungen, wird schnell zu purer Paranoia und Verzweiflung.
          Debütantin Jennifer Kent inszeniert diesen Prozess als spürbare Erfahrung für den Zuschauer, als Horrorfilm, in dem traumatische Erlebnisse Urängste im Kopf ihrer Protagonisten erwecken und die eh schon instabilen Familienstrukturen angreifen und zerstören.
          Als subtile Psychose-Studie eines Polanskis ist der Film allerdings nie angelegt. Er poltert in Montage, Ton und Symbolik durch die rabiaten Mittel des Terrorfilms, irgendwo zwischen Shining und Poltergeist, mit überdeutlichen Verweisen beim Haunted-House-Film und Besessenheit-Kino. Immer mit süffisant-giftiger Ironie durchbrochen, wird hier Mutterliebe und Erziehung holzhammermäßig dekonstruiert, der Film entwickelt sich zum Ende hin fast zu einer Karikatur des Grauens. Mit grellen, plakativen stilistischen Mitteln beraubt er leider dabei den psychologischen und sozialen Unterbau der Geschichte einer Traumabewältigung seine Ernsthaftigkeit, lässt den Streifen aber ungemein wirkungsvoll auf der Psycho-Horror-Film-Ebene funktionieren. Handwerklich beherrscht die Regisseurin die Klaviatur des Schauer-Kinos perfekt und wird von zwei hervorragenden Hauptdarstellern unterstützt. Wobei ich es unfassbar finde was der kleine Junge da spielen musste...
          Für mich ein zu heiß gekochter Grusel-Burner, da wäre weniger mehr gewesen, aber überdurchschnittlich ist er alle mal.

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          • 6
            lieber_tee 31.05.2015, 22:36 Geändert 31.05.2015, 22:39

            Bondi ist im Mikro-Chip-Zeitalter angekommen und darf mit den frühen Blumen des Glasnosts Snowboard fahren. Aufopferungsvoll widmet er sich dem Katastrophenschutz und weiblichen Geschlecht, während das steroide Psychopathen-Experiment in Blond und der geschmacklose Kleiderständer mit Amazonenkraft Silicon Valley fluten wollen.
            Klar, „Im Angesicht des Todes“ ist ein müder 007. Altbackend daherkommend, routiniert gespielt und ewig die Formeln der Serie wiederkäuend. So richtig nimmt man Roger Moore den Weiberheld und draufgängerischen Retter nicht mehr ab, es ist an der Zeit abzutreten und einem neuen, lebendigeren Darsteller Platz zu machen.
            Dennoch hat mir sein letzter Auftritt mit seiner gesicherten Popcorn-Naivität genug Laune gemacht um einer langjährigen Tradition, die meine Jugendjahre begleitet hat, freundlich Adieu zu sagen.

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              lieber_tee 31.05.2015, 13:18 Geändert 03.06.2015, 00:02

              Bewusstes Träumen, eine Einführung:
              Jessica studiert „Psychophysiologie der Träume“, ist also Fachfrau für das unbewusste Böse im Schlaf, das durch bewusstes Reisen in Albträume therapeutisch bekämpft werden kann. Diese Kompetenz passt ganz gut zu ihrem Aufenthalt bei ihrer Mutter, zu der sie ein sehr angespanntes Verhältnis hat, und zur Oma, die als Totenwache neben an auf gebart ist. Denn schnell offenbaren sich der Protagonistin, in ihrer Schlafphase und Realität, verdrängte Fragen über ihre Geburt und zu traumatischen Familiengeheimnissen.
              Die Prämisse in Träumen detektivisch zu Reisen um symbolische Rätsel zu entschlüsseln bietet dem Filmemacher Romain Basset in seinem Debütfilm die volle Dröhnung Mindfuck. Es dürfen blutige Pferde-Kopf-Monster erscheinen, sexuelle Badewanne-Phantasien ausgelebt und sündhafte Ereignisse in der Kirche betrachtet werden. Wie in einem fiebrig-wahnhaften Albtraum geben sich Lynch, Argento und Dali die Klinke in die Hand, das Eye-Candy Lilly-Fleur Pointeauxmuss darf sich dabei schwitzend im Bett räkeln.
              In seinem Aufschrei nach verstörenden und blutigen Angst-Lust-Motiven vergisst der Film aber leider eine packende Geschichte zu erzählen. Das visuelle Feuerwerk aus schaurig-morbiden Bildern ist ein hübsch anzuschauendes Stakkato, dessen surreales, ständig wiederholendes Kunstverständnis auf die Dauer ermüdet.

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              • 6
                lieber_tee 30.05.2015, 21:22 Geändert 30.05.2015, 21:54

                SPOILER.
                Das teuflische Böse kommt, in Form eines schwarzen Hais auf vier Rädern, in ein leicht gestörtes Wüstenkaff. Als moralische, erzkonservative Instanz, höhnisch hupend, fährt das Killerauto die Bevölkerung, besonders gerne selbstbewusste Frauen und Vietnam-Heimkehr-Verlierer, platt und kann nur mit Hilfe eines frauenverprügelnden Arschlochs weggesprengt werden.
                Schnörkellos bedient Regisseur Elliot Silverstein die alte Horror-Suspense-Schule, kombiniert mit Paranoia-, Belagerung-, Terror- und Actionfilmelementen, erzählt die schundig-doofe Geschichte staub-trocken.
                „The Car“ kann als reaktionärer 70er Jahre Kommentar auf den freiheitlichen „Summer of Love“ interpretiert werden, muss aber nicht, denn letztlich bleib dieser frühe Vertreter des „Böse-Fahrzeug“-Genres zu sehr an der durchaus gelungenen Thriller-Oberfläche.

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                • 6 .5

                  Aus dem Füllhorn verstaubter VHS-Kassetten der 80er, hier ein Poliziottesco:
                  Wir begleiten Kommissar Verrazzano, der offensichtlich an extremen Emotionsschwankungen leidet, bei seiner Ermittlungsarbeit, die aus erst Abschießen von Kriminellen und dann Nachdenken, seinem potenten Sexualleben, peinlichen Discobesuchen, illegalem Glücksspiel und Gesprächen mit seiner Katze besteht.
                  So ganz deutlich wird nicht, ob Regisseur Francesco Prosperi dieses seltsam-fragmentarische Abarbeiten der Regeln des italienischen Kriminalfilms der 70er, in Kombination mit einer klamaukigen Hard-Boiled-Chandler-Geschichte, ernst oder ironisch meint. Patchworkartig wechseln sich Ausbrüche von Gewalt mit ruppigen Chauvinisten-Humor und Trübsal-blasender Stimmung ab. Aber gerade diese unvorhersehbare Mischung macht den Reiz des Films aus.

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                  • 7 .5

                    Fiebriges Genrekino aus den Philippinen, das dem pessimistischen Actionfilm eines Johnnie To aus Hongkong nicht unähnlich ist.
                    Die perfide Idee, dass Politiker verurteilte Verbrecher während ihres Gefängnisfreigangs Auftragsmorde begehen lassen wird in ein labyrinthartigen, ghettoisierten Manila eingebunden, das wie ein degenerierter, urbaner Sündenpool erscheint, in dem der Einzelne zugrunde geht, Gewalt die Sprache der Lösung, ein Leben wertlos und Korruption tief in der Mentalität des Landes verankert ist. Bevölkert mit ambivalenten Figuren eilt Regisseur Erik Matti atemberaubend selbstbewusst durch parallel laufende Handlungen, kulminiert sie zu einem bitteren Höhepunkt, inszeniert mit langen Handkamera-Plansequenzen und ungemein dynamischen akzentuierten Action-Szenen, wo Gewalt offen eskaliert.
                    Respekt vor diesem treibenden Poliziottesco aus der asiatischen Neuzeit und eine klare Empfehlung meinerseits.

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                    • 7
                      lieber_tee 29.05.2015, 14:00 Geändert 29.05.2015, 14:04

                      Koryphäen des Horrorfilms # 08
                      Vincent Price
                      ist vielleicht eines der bekanntesten Gesichter des „altmodischen“ Horrorfilms. Kein anderer konnte einem noch so abgründigen Charakter so viel Würde und Eleganz geben, mit seinem theatralisch-ironischen Spiel. Von William Castle über Roger Corman bis zu Tim Burton, alle Meister des Faches wollten mit ihm zusammenarbeiten, denn er gab selbst dem billigsten B-Movie seine ganz eigene markante Note.
                      Ein später Höhepunkt seiner Kariere waren die beiden Dr. Phibes-Filme, Anfang der siebziger Jahre.
                      Als maskenhaft-versteinerter Arzt meuchelt er sich diabolisch-kreativ durch die zehn alt-testamentarischen Flüche / Plagen, immer fein-geistig, gut gekleidet und in Begleitung eines wunderschönen Engel um an den Tod seiner Frau kompromisslos Rache zu nehmen. Scotland Yard trottet den Leichen hinterher, nimmt aber zunehmend ober-schlau die mörderische Spur auf.
                      Packend ist der Film dabei nie, eher sanft dahinschleppend, seine Magie holt er sich aus seinem Sinn für schwarzen Humor und geschmackvoll eingefangenen Art Deco-Ausstattung, deren Lieblingsfarbe Bunt ist. Zu jedem Zeitpunkt wird das Künstliche, Kulissenhafte betont, wobei gerade das typische Spiel von Mr. Price ein tragendes Element ist.
                      Wenn zum Ende hin noch der perfiden Moral-Folter unter Zeitdruck auf dem Chirurgen-Tisch gefrönt wird, bekommen selbst die Torture-Porn-Fans von heute einen vor-wegnehmenden Eindruck von den Saw-Motiven, freilich ohne deren unstillbaren Blutdurst. Hier geht es um die sanfte Poesie, Schönheit des Grauens und die ist in diesem Klassiker des Schauerkinos offensichtlich.

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                        lieber_tee 28.05.2015, 17:05 Geändert 29.05.2015, 08:02
                        über Stretch

                        Schnelllebig-absorbierbares Eine-verrückte-Nacht-wo-alles-passieren-kann-Filmchen, das aufgeblasen-ausgelassen, bemüht politisch-unkorrekt, einen Kalauer nach den anderen heraus flucht. Schal und planlos wie seine Titelfigur wird Hollywood verspottet und exzentrischer Hedonismus gefeiert. Manch Sarkasmus ist geistreich, Regisseur Carnahan gurkt den Streifen mit Stil und Energie nie komplett an den Randstreifen.
                        Wenn die Achterbahnfahrt aber mal zum Stillstand kommt, dann merkt der Zuschauer schnell, das hier nur eine mittelmäßige Version von Collateral, Kiss Kiss Bang Bang und After Hours für Vollpfosten herausgeprollt wurde.

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                          lieber_tee 28.05.2015, 15:54 Geändert 28.05.2015, 16:05

                          »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
                          #24
                          X...wie Generation X
                          Der ungenaue (soziologische / literarische) Schubladen-Begriff „Generation X“ wurde Anfang der 90er nach Douglas Couplands gleichnamiger Roman geprägt und umschreibt in den späten 60ern oder frühen 70ern Geborene, die in einer Wohlstandsgesellschaft aufwuchsen. Zwischen Widerstandskultur, Erhaltung des (materiellen) Status quo und eigenständiger Zukunftsplanung, zwischen Konsum und Ungewissheit möchten sie nichts „falsch“ machen und machen dann doch dieselben „Fehler“ wie Generationen vorher und nachher.
                          Vier prägende Filme über diesen Zeitgeist brachte das Jahrzehnt hervor: Reality Bites, Slackers, Before Sunrise und Singles, die gemein haben, das sie sich wortgewandt und in episodischer Struktur mit Beziehungen bzw. Beziehungsunfähigkeit auseinandersetzen.
                          „Singles“ beginnt mit einem fröhlichen Lachen, diese Unbeschwertheit trägt den gesamten Film. Eingebettet in die Grunge Musik aus Seattle folgen wir in Cameron Crowes bezaubernden Tragikomödie dem Leben von fehlerhaften 20-Jährigen die alle eine Sehnsucht nach Liebe haben, sich selbst Anöden und ihr Alleinsein mit Würde versuchen zu ertragen. Realistisch-verträumt, verspielt, zeitweise nicht fern von RomCom-Kitsch mit Hab-mich-lieb-Poesie-Album-Weisheiten, bleibt der Film aber immer seiner ironischen Note treu, meidet das Grell-reißerische und ist in seinem Kaleidoskop aus Normalos herzerfrischend. Hier findet Umweltschutz, Verkehrsplanung, langhaarige Rockmusik und Busenvergrößerung eine sympathische Einheit.
                          Meine eigene Lebensphase treffend ist „Singles“ eine persönliche Zeitkapsel über das zeitlose Thema Liebe und das gemeinsame Einsam sein.
                          Ich hole jetzt meine Pearl Jam-Vinyl-Scheibe raus, spiele sie digitalisiert als MP3 von meinem Smart-Phone ab und schwelge in vergangene Zeiten mit meiner Exexexex.
                          [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

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                            lieber_tee 27.05.2015, 00:38 Geändert 27.05.2015, 01:02

                            Grundsätzlich könnte "The Philosophers" ein durchaus reizvolles Essay über philosophische Fragen und Gedankenexperimente sein. Leider verklebt es in seiner flüchtig-konsumierbaren Art mehr die Hirne der Zuschauer als sie in Wallung zu bringen oder gar zu verstören. Denn diese multikulturelle Abschluss-Klasse aus steif agierenden, glatten Supermodels berührt zu keinem Zeitpunkt die tiefer gehenden Fragen über Ethik, Moral, Emotionalität, Sexualität, Rationalität, Solidarität, Hedonismus, Kunst, Spiel, Spaß und Spannung. Alles wird in kleine Häppchen naiv-verkitscht serviert, haarklein an der Oberfläche ausbuchstabiert. Das Wesentliche von Philosophie, das Diskutieren, findet nur wenig Raum im Klassenraum. Seiner konstruierten Künstlichkeit in Bildgestaltung und Effekten offensichtlich bewusst, bemüht sich Regisseur und Autor John Huddles sympathisch um humanistische Werte-Vermittlung versus kalter Logik und siedelt die ganze Sülze touristisch wertvoll an exotischen Kulissen des Geldgebers Indonesien an ohne sie wirklich in die apokalyptische Versuchsanordnung einzubinden.
                            Schade, Thema verfehlt, Note: noch ausreichend (4)

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                              lieber_tee 26.05.2015, 20:40 Geändert 29.05.2015, 02:18
                              über Pigs

                              Alle Männer sind Schweine, ja, ja, ja...
                              In einem gottverlassenen US-Ort strandet eine vollbusig-bekloppte Psychopathin und wird von einem Redneck, der Leichen an seine lautstark grunzenden Haustiere entsorgt, aufgenommen...
                              Der Tierhorror kommt hier von den animalisch-aufdringlichen Männern, die Moral wird an Säue verfüttert.
                              Wie es sich für bizarres Auto-Kino der 70er gehört gibt es grobkörniges Futter in schluderigen TCM- und Last House-Stil, nur das "Pigs" früher gedreht wurde, leider aber nie die Dichte und Radikalität der genannten Filme erreicht. Die rohe Inszenierung treibt ihr amüsant-fieses Unwesen, ihre reißerische Endhemmung gleicht die Inkompetenz in Schauspiel und Dialog aus. Für ein schön-schrulliges Vergnügen vergangener Filmkunst reicht dieser Unsinn aber alle mal.

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                              • Wie trage ich Animes, Zeichentrickfilme ein? Darsteller gibt es da nicht. Die Sprecher? Welche, die Originalstimmen oder die deutschen Stimmen?

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                                  lieber_tee 26.05.2015, 01:06 Geändert 26.05.2015, 01:22

                                  „Das ist kein ziviles Benehmen!“
                                  Willkommen in der patriarchalischen Familienidylle am Rande der Stadt, wo der rechtschaffene Anzug-Typ-Vater, von tiefen Frauenhass geprägt, ein strenges Regiment aus Gewalt und Gehorsam führt. Da passt es, das er im Wald das animalische Wilde einfängt, was in ihm ebenso Angst wie Faszination, Widerwillen und Begehrlichkeit verursacht. Also beginnt er eine didaktische Projektwoche über die Zähmung bedrohlicher Weiblichkeit. Sein Bildungsauftrag gegenüber den Familienmitgliedern besteht aus schwarzer Pädagogik, die Foltern im Teamwork, Regeln, Sauberkeit und das Lehren von Gehorsam als zivilisatorische Errungenschaften beinhaltet. Es wird schnell ersichtlich, dass seine unmenschliche Saat bereits Früchte trägt.
                                  Regisseur Lucky McKee und Autor Jack Ketchum legen „The Women“ einerseits als fiese Spirale der Gewalt an, die suggestiv gefilmt, rabenschwarz, das Fundament der US-amerikanischen Gesellschaft, die Familie als Hort aus Spießertum und kalten Hass darstellt, wo das Monströse hinter verschlossenen Kellertüren lauert. Andererseits, und das sei nur am Rande erwähnt, ist der Film eine clevere Fortführung des Kannibalismus-Motivs seines Vorgängers „Beutegier“ (2009).
                                  Schwer erträglicher, unangenehmer Film, der nach einer kathartischen Befreiung schreit und ihr zum Ende hin einen entsprechend bitter-sarkastischen Blutzoll zahlt, auch wenn er letztlich in seiner Geschichte plakativ bleibt.

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                                    lieber_tee 25.05.2015, 20:21 Geändert 29.05.2015, 02:21

                                    Eingespannt in übliche ethnische und politische Klischees lümmelt sich Ü-50-Bond Roger Moore auf der Doppelnull-Rentner-Bank und rennt als stocksteifer Anzug-Typ mit Klappkoffer durch ein 80er-Jahre-Szenario, das zwischen zeit-geistigen Abrüstungstendenzen und lauwarmen Kalten Krieg tändelt. Indien ist eine ebenso folkloristische Zirkusnummer wie unsere heimischen Autobahnen, mit der Lizenz zum Sexismus darf James durch die Betten der Welt hopsen, während rudernde Frauensklavinnen mal harte Handkantenschläge verteilen und sich akrobatisch aus dem Fenster winden. So richtig will der Tiger im Tank dennoch nicht zünden, auch wenn so ziemlich jedes erdenkliche Verkehrsmitteln für die Aktion benutzt werden, ein wenig ranzig sieht das Vergnügen aus heutiger Sicht schon aus. Die herrlich albernen Spitzen und das sorgfältige Handwerk vom ehemaligen 007-Second Unit Director und Cutter John Glen, so wie der nostalgische Bonus, lässt mich aber angenehm in vergangene, schalkhaft-biedere Erinnerungen schwelgen.

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                                      lieber_tee 24.05.2015, 23:38 Geändert 25.05.2015, 13:43

                                      „Nachdem man gefurzt hat, hat es keinen Sinn mehr den Arsch zusammen zu kneifen.“
                                      Kick-Ass Selma Hayak wünscht blutige Weihnachten und macht aus einer Hoteletage ein Sodom und Gomorra auf den Spuren des (modernen) Grindhouse-Kinos. Mit Wummen aller Art, Schwertern, Granaten und Chemikalien befreit sie sich (und ihre Tochter) von einem Volksauflauf aus maskierten Mördern, gierigen Nutten, Zuhältern und Entführern. Joe Lynch filmt und erzählt dieses ebenso groteske wie grausames Kammerspiel mit unfassbar hohem Bodycount, In-die-Fresse-Splatter und fiesen, cartoonhaften Humor, nutzt die Einheit aus Raum und Zeit in Montage und Kamera mit viel Verve. Wer hier fehlende Logik und mangelnden Realismus anprangert, hat das komplette Konzept des Films verpasst. „Everly" ist ein typischer "Das macht alles keinen Sinn"-Film, eindimensional voll auf die Kacke hauend, ein unverschämt unterhaltsames Genre-Rotz-B-Movie.

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                                        lieber_tee 24.05.2015, 00:29 Geändert 29.05.2015, 02:24

                                        Als ästhetischer Bildschirmschoner eine Wucht, als Terror-Film weniger.
                                        Kaum gesprächiges, zurückhaltendes Rape und Hetzjagd-Drama, das die atemberaubende Natur der Tiroler Alpen als dramatische Kulisse benutzt um eine simple Geschichte von Gut vs. Böse, Schönheit vs. Rohheit und weibliche Unschuld vs. männliche Macht gemächlich zu erzählen. In dem Mikrokosmos einer isolierten Berglandschaft will sich allerdings nicht so recht das gewünschte Gefühl von intensiven Terror einstellen. Fast schön prätentiös schwebt die virtuose Kamera über das mystische Gelände und über die nackte, geschändete Haut des Alabaster-Rehs, das mit Körpersprache und Blicken eine psychologische Dichte zu vermitteln versucht, die leider von der Geschichte her nicht erzählt wird. Die Prämisse ist einfach zu trivial, das Bedrohungsszenario nicht bedrohlich und endet in einem platten Schuld-Sühne-Verzeihungs-Debakel, das nie ein erfassbares Adäquat erfahren hat. Es scheint der durchaus begabte Debüt-Regisseur Markus Blunder aus Österreich kann mit dem Genre wenig anfangen, denn er mag offensichtlich mehr die Poesie einer Wanderung durch unberührte Landschaften als handfeste Thriller-Kost.

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                                          lieber_tee 23.05.2015, 00:17 Geändert 30.05.2015, 22:37

                                          Typisches Vehikel für den smarten Sonnyboy Frank Sinatra, der hier mit knurrig-lakonischen Humor einen auf Humphrey Bogart macht, in einem 60er Jahre Update der klassischen 1940er Hard-Boiled-/ Film-Noir-Formel, nur ohne deren Düsternis und wirklich harten Eiern. Zu flockiger Musik wird unter der sonnigen Oberfläche von Miami, zwischen Nachtbars, Trailerpark und Strand die verkommene Oberschicht von der verkommenen Unterschicht ausgenommen. Dazwischen ein asexueller, moralisch geradliniger Detektiv, der mit chauvinistischen Sprüchen nur so um sich schießt, dem letztlich alles am Allerwertesten vorbei geht, Hauptsache die Kasse stimmt. Eher Höhepunktloses aber in seiner verstaubten Art durchaus charmant anzuschauendes, dahin-plätscherndes Star-Kino.

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                                            lieber_tee 22.05.2015, 01:55 Geändert 29.05.2015, 02:26

                                            Sexploitation-Fans wissen, das Jess Francos Vorlagen immer Non-Stop-Nacktheit und vage wiederverwendete tropische Sets nutzen, damit die Schwänze des Bahnhofkinos der 70er und 80er hart wie Ebenholz werden. Hier gibt es mal wieder so ein typisches Produkt aus der untersten Wichs-Schublade zu bestaunen, mit der gleichen Besetzung wie in Ilsa, The Wicked Warden, Women in Prison oder Barbed Wire Dolls. Das etwas größere Budget ermöglicht eine anzunehmende Kinematographie, die zwischen den Schenkeln der primären Geschlechtsorgane von nicht-rasierten und nicht-abgemagerten weiblichen Schönheitsidealen der Zeit herumlungert um ihnen „Vernunft“ beizubringen. Die Krimihandlung ist nur un-plausible Manufaktur für, an Hardcore-Pornos knapp vorbei-schrammende, Männer-Gewalt-Phantasien, mit Dialogen und Szenen aus dem Sexismus-Baukasten. Tussis, moralisch zwiespältig, sind in schlimm gekleidetem und fies geschminktem Geschenkpapier eingewickelt. Beim Auspacken soll die Hose des Zuschauers platzen, bei mir eher der Geduldsfaden.

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                                            • Oh Mann, Moviepilot, mit eurer aufdringlichen Suchmaschinen-Werbekampanie für den Film hab ihr euch (wieder ein mal) voll ins Knie geschossen. Es mag sein, das ihr über Social-Networking-Klicks und anderen (Blog-) Anbiederungen Erfolg habt, hier bekommt das Produkt aber nur Negativ-Werbung und einen ordentlichen Shitstorm von ernstzunehmenden Usern der Community. Kommerz (Promotion, Sponsoring) hat halt seine Sympathie-Grenzen. Und sonst: Jaja, umsonst und Gehalt...Blablabla...Der redaktionelle Ausverkauf (der Seite) hat längst begonnen...

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                                                lieber_tee 20.05.2015, 23:28 Geändert 21.05.2015, 07:52

                                                Spoiler!
                                                Regiedebütant Alex Garland gleitet in seinem futuristisch-septisch verspielten Kammerspiel oberflächlich durch eine KI-Version des Dr. Frankenstein-Mythos, in der der Mad Scientist etwas erschafft, das er nicht versteht und nicht kontrollieren vermag. Hinter dem wortreichen, parabelhaften Diskurs über die Frage was Menschlichkeit bzw. Bewusstsein ausmacht, ob Empfindungen, Körperlichkeit, Verführung, Individualität, freier Wille oder der Drang zu überleben, steht ein Gender-Thriller mit intellektuellem Arthaus-Habitus. Denn letztlich ist „Ex Machina" (auch) eine sexualisierte (Macht-) Männerphantasie, in der sich die absolute weibliche Schönheit von ihrem Vater / Erschaffer emanzipiert und so den Geschlechterkampf für sich gewinnen vermag. Das ist jetzt nicht unbedingt der philosophisch-gesellschaftliche Jungbrunnen der cineastischen Ewigkeit aber formvollendet anzuschauen.

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                                                    lieber_tee 18.05.2015, 23:27 Geändert 19.05.2015, 00:15

                                                    Diese Kinofassung der australischen TV-Produktion „Fortress“ aus den 80ern hat einen konkreten schulischen Bildungsauftrag: Angesichts einer existentialistischen Bedrohung werden aus Schulbücher wärmende Lagerfeuer, aus Salatdressing für die Pausenbrote Fackeln und Öllampen, aus Bleistiften und Anspitzer-Klingen tödliche Waffen. Denn wenn die weiße Welt in Australien vom anonymisierten (männlichen) Bösen an ihre Grenze gebracht wird, pure Angst herrscht, dann hilft nur noch die Barbarei, als Team-findendes Ritual um gruppendynamische Selbsterfahrung zu erleben. Eine etwas befremdliche, tapfer-pragmatische Lehrerin beschützt ihre Schulklasse vor höchst gewalttätige, maskenhafte Entführer. Sie lässt die Festung der zivilisierten Regeln fallen um in der wilden Welt der Outback-Ureinwohner archaisches Handeln ebenso obszön wie ethisch zu rechtfertigen. In seiner Herr-der-Fliegen-Gestik ist der Film ein ebenso perfider wie verstörender Ozploitation-Beitrag der brachial-feinen Sorte.
                                                    Toll.

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