lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

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    lieber_tee 30.04.2015, 00:34 Geändert 01.05.2015, 15:15

    Der italienische Ganove von heute (Ende der 60er) mordet hemmungslos, hat keine Berufsehre mehr, zieht mit Schutzgeld-Erpressung, Prostitution und Bankraub eine Blutspur durch die ganze Stadt. Mailand im Ausnahmezustand, der Mob lyncht und der gigantische Polizeiapparat ist ebenso aktiv wie (zunächst) machtlos, bis er bei seiner Verbrecher-Treib-Jagd die Täter immer mehr einkreist.
    „Die Banditen“ gilt als Vorreiter des Poliziottesco, eine Form des italienischen Kriminalfilms der 70er Jahre. Der desillusionierte Bulle, der nur noch mit Gewalt Lösungen findet, fehlt in diesem Streifen aber die typischen Genre-Merkmale wie Überfälle, massive Brutalität der Kriminellen, Schießereien (die auch die Zivilbevölkerung treffen) und aufwändige Auto-Verfolgungsjagden sind bereits fest in die Story verankert.
    Der Film beginnt als chaotische Interview-Doku um dann in eine lange Rückblende zu gleiten. Diese ungewöhnliche Erzählstruktur richtet seinen Fokus auf das unfassbare Mega-Arschloch, der Anführer von den Räubern, und ist einzigartig kühn, innovativ für Filme dieser Art. Dabei spiegelt der Streifen das gesellschaftliche Klima in Italien als eine Zeit des offenen Tumultes, mit Menschen ohne sozialen Bindungen, Werte-Konsens und Verantwortlichkeiten.
    Die üblichen Genre-Spielereien werden fast postmodern dekonstruiert. Mit Witz, wilder Gewalt und seltsam frohlockender Pop-Musik entsteht ein (bislang übersehendes) Juwel des italienischen Kinos.

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      lieber_tee 29.04.2015, 00:39 Geändert 29.04.2015, 12:34

      Im Rausch des neon-farbenden Kunstnebel-Kinos vergangener Zeiten drückt der neue Vorzeige-Regie-Nerd Adam Wingard exakt die Knöpfe des Horror- und Action-Films. Seine robustes Reminiszenz-Kino allerdings nur auf puren Fan-Service zu reduzieren wird dieser tickenden Thriller-Zeitbombe mit ihrem eskalierenden Finale nicht gerecht. Zu intelligent, zu ehrlich treibt er hier ein perfides Spiel mit seiner puren Gewaltphantasie, bricht sie herrlich ironisch, bedient sie mit höllischen Spaß und taucht dabei in die posttraumatische Seele eines Doppelgesichtigen Amerikas. "The Guest" ist ein echter 80er Jahre- Blowjob-Shot für Genre-Freunde, die nicht ihren Glauben aufgeben haben, das diese Form von Kino immer noch existiert.

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        lieber_tee 28.04.2015, 23:06 Geändert 10.10.2015, 18:21

        Nach fast drei Jahren Pause wird die etwas totgelaufene Bondformel in der Charakterisierung der Titelfigur ein wenig verändert und mit ein paar ironischen Anspielungen auf vorherige Doppelnull-Abenteuer ergänzt. Das Stehaufmännchen James darf so etwas wie zarte Gefühle in seiner Männlichkeit zeigen, sich verlieben, heiraten, überhaupt bodenständiger erscheinen, seine harte Gravur bekommt weiche Kanten. Bei seiner Partnerin blühen, im Rahmen der Emanzipation-Welle der 60er, zarte Knospen einer anspruchsvolleren, selbstsicheren Frauenrolle auf.
        Der Plot um den unkaputtbaren Blofeld und seinem x-ten Versuch die Weltherrschaft zu übernehmen bleibt aber weiterhin ein kalkuliert wirkendes Vehikel für Actionszenen und touristische Sehenswürdigkeiten, kommt zunächst nur schleppend voran.
        Die ersten 90 (!) Minuten haben viel Leerlauf, der durchaus zu verhindert gewesen wäre. Denn die Liebesgeschichte und der Aufenthalt in einer Berg-Klinik, wo 007 mit schwuler Tarnkappe aus Kilt und Rüschenhemd den angeblich so ernsthaft verliebten Draufgänger mimt, trotzdem die Damen im Akkord vernascht, fesselt nicht wirklich.
        Dabei zeigt Regisseur Peter R. Hunt (Cutter und Second Unit Director von vorherigen Bond-Filmen) handwerklich mehr als gute Arbeit, findet immer wieder fast „künstlerisch wertvolle“ Bilder, sowohl in den spektakulären Ski-Akrobatik-Actionszenen als auch prächtige Gebirgsaufnahmen, wobei leider manch Rückprojektionen für das Produktionsjahr echt peinlich aussehen.
        Peinlich und das absolute Hauptproblem des Films ist, das ist meine sehr subjektive Meinung, der Nachfolger von Sean Connery. Lazenby wirkt wie ein männliches Mannequin, ein schleimiger Kleiderständer ohne sonderlich viel Ausstrahlung und schauspielerisches Talent. Trotz latent veränderten Männerbild (das aber immer noch Frauen ohrfeigt und alles vögelt was nicht bis drei auf den schneebedeckten Tannen spring) verkörpert er den „neuen“ Bond farblos.
        Das überraschend finstere und tragische Ende kann nicht darüber hinwegtäuschen, das die Mischung Action und Romantik ein Ungleichgewicht hat. Die frischen Ideen überzeugen wenig, dieser 007 hat seine Stärken in der Inszenierung, bleibt aber weit hinter seinen Möglichkeiten zurück und ich empfand ihn bei weiten nicht so innovativ oder „anders“ wie er sein will.

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          "Ja klar, Alter, ziehe ich mir Badesalz rein!"
          Frech, frivol, dreist und immer feste druff.
          Das zweite Kapitel des Todesbuchs wird wieder von A-Z mit 26 (zu) kurzen Kurzfilmchen des Grauens aufgeschlagen. Dieses gesampelte Grand-Guignol-Theater des schlechten Geschmackes ist eine Orgie aus Splatter, grimmigen Humor und bösartiger Gehässigkeit. Die Kreativität wird zwar durch die Zwangs-Reduzierung auf Budget und Filmlänge oftmals eingeschränkt, selten wird Tiefsinn, manchmal ein Übersättigung- und Kotz-Gefühl erlangt aber in seiner geballten Ladung ist auch dieses Menü der Ab-Artigkeiten kurzweilig-schmackhaft.

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            lieber_tee 26.04.2015, 00:07 Geändert 26.04.2015, 00:51

            Militärisch-spielerischer Drill bei den Pfadfindern, schwarze Pädagogik als Erziehungsmaßnahmen, Geister-Lagerfeuergeschichten um die Kinder zu motivieren und zu disziplinieren...
            Nur, was ist wenn die geschaffenen Albträume wahrhaftige Formen annehmen. Dann sind wir in einem handfesten Folter-Backwood-Slasher, der alle Konventionen des Genres auffährt und sie direkt in die Hölle abwärts schickt, sie verdammt fies variiert. Das dauert zwar so seine Zeit, was aber nicht wirklich zum Nachteil ist, denn so bekommen die Gruppendynamischen Prozesse im Finale eine drastisch-böse Note. Nach und nach werden alle groben Strukturen von Menschlichkeit plattgewalzt, in viehischer Gewalt und Blut getränkt.
            Handwerklich wirkt das so sicher als ob Debütant Jonas Govaerts nichts anderes in seinem filmischen Leben gemacht hat... Pointiert, giftig, finster-humorisch, die Rudelordnung im Camp des Teufels wird mit einer kompromisslosen Dreistigkeit dem Erdboden gleich gemacht.
            Da gluckert neu-modisch-modern der 80er Jahre Synthie-Sound, Fulci und Konsorten werden zitiert, der Gore-Fan-Boy lacht sich in sein blutiges Fäustchen. Das ist in allen Belangen psychologischer Schwachsinn, Quatsch mit roter Soße. Seine Heftigkeit entsteht (auch) dadurch, das hier Kinder Täter und Opfer sind und mit ihnen -äußerst Niederträchtig- grenzwertig des "guten" Geschmackes umgegangen wird.
            Kleines, fieses Stück Scheiße, belgische Härte, der Name des Films ist Programm.

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              lieber_tee 25.04.2015, 20:50 Geändert 25.04.2015, 21:30

              Eingebunden in das Kalte-Krieg-Geschwurbel zwischen Ost / West und dem damit einhergehenden Orbit-Wettlauf mit seinen Fortschritts-Ängsten / -Träumen schießt das chauvinistische Bond-Torpedo bummsfidel-weltenbummlerisch und sprachgewandt durch die folkloristischen Sehenswürdigkeiten der asiatischen Welt, trägt rosa(!) Hemden und genießt den Dienst der halbnackten Mädels an seiner Waffe. Kein Kostverächter, in drei Tagen zum Japaner leicht-gemacht, James hat alles unter Kontrolle, prügelt und schießt sich durch die kulturellen Gepflogenheiten und lediglich wenn er mit einer mutmaßlich hässlichen Japanerin verheiratet werden soll, entgleist sein Gesicht. Das Drehbuch vom Kinderbuchautor Roald Dahl möchte selbstironisch sein, ist aber zeitweise furchtbar rassistisch. Egal, nicht neues. Der Weltherrschaftsplot ist eigentlich ziemlich fies, wird einfältig abgearbeitet, die sonstigen Extravaganzen, die jedem Bond ein Alleinstellungsmerkmal geben, wirken hier lächerlich und besonders im Mittelteil herrscht Stillstand. Auch egal, ist ein Bond, da gibt es letztlich nicht so viel zu Meckern außer die üblichen Schwach(sinn)-Stellen. Connery macht seine Sache routiniert, das Setting im Vulkan ist fett und die ganze Chose bleibt immer noch ein spektakuläres Actionfest der 60er. Auch wenn spätesten hier deutlich wird, das sich die Formelhaftigkeit der Serie anfängt tot zu laufen.

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                  lieber_tee 23.04.2015, 23:56 Geändert 05.05.2015, 02:32

                  „Wir bieten Filmunterhaltung bis an den Rand des Wahnsinns und bringen die Kinokasse zum Glühen.“
                  Die nicht autorisierte Doku über das Cannon-Studio, das seinen Zenit in den 80ern hatte und mit seinen Filmen der Popkultur einen Stempel aufgedrückt hat.
                  Zwischen bösartig, teilweise gehässig, nostalgisch-verklärt, knall-hart und wenig reflektiert hastet Filmemacher Mark Hartley durch den Aufstieg und Fall von Menahem Golan (und eher am Rande über Yoram Globus), den beiden Köpfen der Produktionsschmiede. Mit offensichtlicher Liebe zum Film entwickelten die Beiden von Israel aus den Plan die Kings of Hollywood zu werden. Heftig und obsessiv, mit Sinn für das Geschäft, kompensierten sie ihren (angeblich) mangelnden Geschmack mit der verblüffenden Fähigkeit aus "Scheiße" mehr oder weniger glänzendes Gold zu machen. Unter dem Motto, Filme so zu drehen als ob man sich im Krieg befände, haben sie auf die Regeln von Hollywood geschissen, verkauften Filme die noch nicht existierten (heute gängige Praxis) um dann Filme zu produzieren, die nicht immer zustande kamen, prägten mit ihrer unglaublichen Mischung aus unausgegorenen Ideen bis heute das Gesicht des amerikanischen ACTIONFILMS und hatten ein treffendes Gespür für den damaligen Zeitgeist beim meist jugendlichen Zielpublikum. Ungemein verdichtet, anekdotenreich begibt sich der Zuschauer auf eine reißerisch-oberflächliche aber durchaus unterhaltsame Reise durch (angeblich) miese und grauenvolle Filme, erfährt allerdings wenig über sie. Die Interviewpartner sind manchmal ehrlich-achtend, meist verletzend-fies gegenüber den beiden Schwergewichten sowie den (verstorbenen) Schauspielern und Regisseuren, die für Cannon gearbeitet haben.
                  Am Ende bleibt der Eindruck, das ein marginaler Respekt vor ihrem Schaffen besteht, auf die Hintergründe, wie solch ein unfassbar-kreativer wie subversiver Produktions-Stil verwirklicht werden konnte und warum die Filme heute so "kultig" rezipiert werden, wird allerdings kaum oder gar nicht eingegangen. Die Doku hat zudem leider ständig den uncharmanten Beigeschmack, die Cannon-Group als lächerlichen Haufen auszulachen.

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                    Wenn ein Film die faszinierenden Themen wie Tauchen, Urlaub vor der Küste von Kapstadt, Faszination von Haien bedient, sie mit gereizter Stimmung auf einen Bootstrip garniert, dann bin ich zunächst angefixt, da sie mit meinen eigenen Erlebnissen, Erfahrungen zu tun haben. Gepaart mit intensiven und teilweise hautnah gefilmten Swimming-with-the-Shark-Szenen bin ich beeindruckt.
                    Weniger beeindruckend ist letztlich aber der Gesamteindruck des Streifens.
                    So unterhaltsam auch der Psychokrieg und die Grenzaustestung von menschlicher Hybris im Kontakt mit einer mystischen Tierhorror-Bedrohung durch Haie sind, inklusive existentialistischen Überlebenskampf auf hoher See, Regisseur John Stockwell bleibt immer an der Oberfläche, traut sich nie den abgründigen Aspekt der Geschichte auszuloten, verrennt sich in völlig unwichtige Neben-Szenen und nutzt sein fieses Ende nur für oberflächliches Blabla.
                    Schade, in dem Film steckt viel Potential, sowohl filmisch als auch inhaltlich, er verblubbert dann aber doch nur in seinen semi-sentimentalen Drama-Elementen.

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                      Black Emanuelle # 07
                      "Halt deine Schnauze, sonst schlage ich dir deine Brüste noch platter als sie eh schon sind!"
                      Laura (Gemser) / Emanuelle, die investigative Journalistin, ist immer noch (oder schon wieder) im Frauenknast und muss eindeutige sexuelle Handlungen sowie Folter in der Waschstraße von Mithäftlingen und Personal über sich ergehen lassen, bis die geballte Ladung von irrsinniger Männlichkeit, in Form eines Quartetts von Schwerverbrechern, die Leitung über den Laden übernimmt. Sie gehen während ihrer Geiselnahme auf Täubchenjagt, grässlich-lachendes Testosteron trifft auf hypergeile Weiblichkeit. Das Women-in-Prison-Einerlei nimmt groteske Züge an, ein grausamer und mitleidloser Geschlechterkrieg beginnt, der in seiner überzeichneten, lächerlichen Theaterhaftigkeit in den hysterischen Wahnsinn aus Blut, Sex und Gewalt des Exploitation-Kinos flüchtet.

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                        Die Edgar-Wallace-Serie von 1959 bis 1972
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                        Eine italienische Popballade.
                        Ein Film der Stimmungen, der exquisiten visuellen Details, nicht der Spannung und so gar nicht des sinnvollen Narrativs. Antibürgelich bemüht, mit lesbischer Liebe und Swinging-London-Hippie-Tanz-Clubs, wo Motorräder und Oben-Ohne-Küken psychedelischen Unsinn treiben, erschafft Regisseur Riccardo Freda und Mitautor Fulci einen Edgar-Wallace-Krimi, den wohl das damalige deutsche Stammpublikum durch sein Untergraben der üblichen prüden Standartelementen vor den Kopf, direkt nach unten, gestoßen haben musste. Die Geschichte weiß eigentlich nie so genau wo sie hin will, ob Psychogramm eines einsamen Arschlochs, zeitkritische Betrachtung der End-60er, Giallo mit Wer-ist-der-Mörder-Auflösung oder mystischer Grusel mit Dopplungsmotiven.
                        „Das Gesicht im Dunkeln“ ist immer dann gut wenn es die gewöhnlichen Bahnen eines Krimis verlässt und mit dem Ambiente arbeitet, als Thriller ist es eher eine Gurke.
                        Eine Gurke die verdammt sexy und gut aussieht.

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                          lieber_tee 21.04.2015, 17:41 Geändert 24.04.2015, 12:33

                          Horro, das schwarze Schaf und Tee, der Beutel im Dickicht des Tierhorrors.
                          V wie...Vögel.
                          Der Titel „Killing Birds“ weckt die Erwartung, dass hier ein Tierhorrorstreifen vorhanden ist. Weit gefehlt, bereits nach 10 Minuten verabschiedet sich dieses Motiv ins Land des Vergessens.
                          Claudio Lattanzi + Joe D'Amato drehen diesen öden Horror-Schmacht-Fetzen im Szenenaufbau und Spiel wie ein Porno, wo die Pflicht-Nudity-Klausel der Schauspielerinnen vergessen und die Vaseline stattdessen auf das Objektiv der Kamera geschmiert wurde. Die „Wildnis“ von Louisiana sieht wie der Bürgerpark in Bielefeld aus. Dort steht ein Hounted House über dem ein tödlicher Fluch der Langeweile liegt, einige Slasher-Anlagen herum-spuken um zum Ende hin, mit irgendwelchen Zombie-Mumien aus dem Sumpf, die Geduld des Zuschauers zu belagern.
                          Manche Bilder haben die wunderbar schaurige Ästhetik des billigen Italo-Horrors der 80er, während der Score in seiner epischen Breite völlig daneben orgelt. Das Gesamtergebnis ist ein verquastes Fest der unfreiwilligen Komik, wo vorne und hinten nichts stimmt.

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                            lieber_tee 20.04.2015, 16:08 Geändert 29.06.2015, 01:51

                            Aus dem Hause Nolan kommt (mal wieder) ein typisches Werk der permanenten Selbsthybris.
                            Ehrgeizig, selbst-verliebt und bedeutungsschwanger trifft die Weltraumschönheit von Gravity auf die Blockbuster-Un-Tiefen von 2001 im Spielberg-Pathos-Modus, wo der Erklärbär jegliche Aussparungen füllen muss.
                            Opulente Aufnahmen, zweifelsohne ästhetisch betörend und voll technischer Finesse, werden mit musikalischen Bombast platt gezimmert.
                            Der humanistische Plot kann zwar nicht dem visionären, metaphysischen und psychedelischen Ideen eines Kubricks das Wasser reichen, hat aber einen interessanten Existenz-philosophischen Ansatz, geht leider in den steifen und kleinlichen Erklärungen immer wieder verloren.
                            Verloren sind auch die tollen Schauspieler, denn sie hadern mit der völligen Unglaubwürdigkeit ihrer Personen. Trotz atemberaubenden Setting leidet der überlange Film an seinem dünnen dramaturgischen und emotionalen Fundament. Nolans Sentimentalität, selbst Banalitäten in Pathos zu erzählen, passt nie, wirkt, sorry Fans, in seiner Dosierung unfreiwillig Lächerlich.
                            Und immer wieder wird ganz Wichtigeres erklärt: wurmige Löcher, zeitliche Sprünge, relative Theorien und –ganz wichtig- väterliche Liebe. Das wuselt alles irgendwo zwischen Wissenschaft-Mumpitz und Herz-Schmalz herum, garantiert völlig Ironie-frei, die Fülle an Gedanken werden letztlich in eine schrecklich einfältige Handlung gepresst.
                            So bleibt am Ende ein erschlagendes Spektakel übrig, das von vielen Dimensionen spricht aber in der Eindimensionalität seiner bildungsbürgerlichen Symbolik verendet.
                            Nolan möchte so gerne mitreißend, emotional und bildgewaltig sein, gerade diese Penetranz hat bei mir das Gegenteil erreicht, die Seh- und Hör-Lust an den Film vergrault.
                            Trotz offensichtlicher Begabung aller Beteiligten, schönen Ideen und Bildern, den Film konnte ich nie richtig gern haben.

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                              lieber_tee 20.04.2015, 00:42 Geändert 20.04.2015, 12:52

                              Horro, das schwarze Schaf und Tee, der Beutel im Dickicht des Tierhorrors.
                              X wie...Xenomorph.
                              Wer, wie ich, mit diesen Billig-SF-Filmen der 80ern, mit ihren Papp-Sets, blutigen Splatter-Einlagen, tranigen Drehbüchern, die große Kinoerfolge abkupfern, käsigen Darstellern und Tittennippel aufgewachsen ist, sie in ihren schreienden Hüllen in den Videotheken stehen sahen und voller Erwartung in den Frontlader des VHS-Kassettenrekordes geschoben haben, der wird verstehen das "Creature" exakt, genau diese Form von zweifelhaftem Vergnügen ist, die den Nerd dieser Zeit glücklich gemacht hat.
                              Das Fremde ist in einer lebensfeindlichen Titan-Mond-Welt doppelt fremd und bedrohlich, hier als Gummipuppe, die im Schatten steht und als parasitäres Lebensform, die im Personal Unfrieden stiftet.
                              Mit Tierhorror hat das natürlich nix zu tun, der Xenomorph aus Alien mümmelt sabbernd vor sich hin aber die Mittel des Slasher-Horrorfilms kann Regisseur William Malone zumindest kurzzeitig zufriedenstellen anwenden.
                              Und keiner kann so diabolisch wie "Rudi" Kinski ein Sandwich mampfen...

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                              • Diese Info eignet sich hervorragend für Maves Aufreger der Woche.

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                                  Blade Runner trifft im District 9 die I-Robots.
                                  An den Robotergesetzen von Asimov orientierend, erzählt Gabe Ibáñezs eine für 7 Mio $ hübsch aussehende Mensch-Maschine-Evolutionsgeschichte, die nach ihrem vielversprechenden Start leider schnell an Kraft verliert. Die philosophischen Themen und Thriller- Komponenten kommen nie so recht in Gang, da so ziemlich jede Idee irgendwo schon mal treffender erzählt wurde, hier unter einer zähen, uneleganten Erzählweise, teilweise furchtbaren Schauspielern und Rollenstereotypen leidet. Es finden sich zwar immer wieder magische Momente und der offensichtliche Wille zu ausdrucksstarke Bildern, wenn aber am Ende, zu scheußlicher Musik, die Glocken des weltmüden Pathos läuten habe ich nur noch entnervt den Kopf geschüttelt, bei soviel verschenktem Potential.

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                                    Das US-amerikanische Film-Debüt vom Michaël R. Roskam ist kein großes Spektakel sondern erzählt sein fatalistisches Kleine-Leute-Drama mit Krimi-Versatzstücken in einem gemächlichen, leidlich packenden Rhythmus. Tom Hardy darf mal wieder den scheinbar etwas einfältig-entrückt erscheinenden Grummelbären spielen, dessen naive Warmherzigkeit auf totale Einsamkeit trifft. Seine Sehnsucht nach Liebe verbindet Menschlichkeit mit kalter Grausamkeit, erzeugt ein Trugbild vom aufrechten Kerl mit beängstigenden Beigeschmack. Raffiniert geschriebenes, solide gespieltes Drama, interessant aber nicht weltbewegend.

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                                      lieber_tee 17.04.2015, 00:50 Geändert 19.04.2015, 04:11

                                      Ihr wisst ja, Filme im fiebrig-vergrippten Zustand schauen, mit dem Wissen das beim Tee die 6 eigentlich eine 5 ist, möchte ich hier dem hemmungslos hingerichteten B-Kino meine Offenbarung machen.
                                      Gina Carano ist ein echter Wonneproppen. Stabil, irgendwie niedlich aber auch heftig-knarzig in ihre Kick-Ass-Action. Schauspielern kann sie so gar nicht, das macht sie aber mit ihrer sympathischen Ausstrahlung und Kampf-Kunst-Begabung wett. Und Regisseur John Stockwell ist ein ebenso unterschätzter wie begabter Handwerker des drallen Genre-Kinos, das direkt in den Verleih aus der Hüfte schießt, besonders wenn er seinen Urlaub in der Südsee mit Filme-machen verbinden darf (siehe Into the Blue und Turistas).
                                      Unter dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" darf eine Power-Puta aus ihrer Niedlichkeit zu einer Chika mit eisernen Fäusten mutieren. Mit kruder Selbsterhaltungs-Ideologie kloppt sie sich für ihren Ehemann durch ein karibisches Insel-Idyll, das so gar nicht idyllisch ist. Paranoid, angetrieben, nervös, zwischen Stolz und Verletzlichkeit zeigt der Regisseur herrlich tiefergelegendes Körper-Kino mit wenig Kompromissen und nachvollziehbaren Inhalt. Diese Form von gehetzter Kunst ist fern jedem Bildungsniveau und Intellekt, hau aber ohne Hemmungen voll in die Fresse, eigendlich genau so es sein sollte. Knochen-brechend wird das Feld von hinten aufgeräumt, die Kamera fängt dabei hoch-mobil zynische und ironische Randbemerkungen ein, der grimmige Humor torpediert zu keinem Zeitpunkt den schlichten Plot.
                                      Scheiße, das ist Action-Kino ala 80er wie es viel zu wenig gedreht wird, trotz hässlicher Digital-Kamera-Ästehtik.

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                                        lieber_tee 15.04.2015, 22:58 Geändert 03.03.2018, 19:09
                                        über VANish

                                        75 Minütiger Roadmovie-Entführungs-Thriller, der (ähnlich wie Mario Bavas „Wild Dogs“) zu 95 % in einem Van spielt und mit tarantinoesquen Dialogen und grotesken Gewaltexzessen die Erwartungen des Zuschauers ebenso bedient wie er sie mit grobschlächtigen Wendungen unterläuft. Ziemlich borstig, herrlich angeschmuddelt und mit viel Sinn für Ironie erzeugt Debütant Bryan Bockbrader eine durchaus beengt-bedrohliche Stimmung, seine ganze Regie sieht trotz des geringen Budgets (und sehr kurzen Drehzeit) überraschend frisch und professionell aus. Wirklich innovativ ist letztlich nur die Reduzierung des Settings. Dank seiner heftigen Kick-Ass-Action-Sequenzen und grimmigen Humors ist "VANish" ein konzentriertes, ziemlich doofes aber durchaus belebendes Blutbad, dessen Figuren für ein groteskes Massaker durch den Genre-Fleischwolf gedreht werden.
                                        Ich mag solch freches Indie-Kino.

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                                          lieber_tee 15.04.2015, 00:24 Geändert 15.04.2015, 01:52

                                          In den trüben Gewässern des italienischen Rip-Off-Kinos der 80er paddelt Lamberto Bavas wirrer Klon aus "Piranha", "Der weiße Hai" und anderen tentakeligen Monsterfilmen ebenso gewollt wie ungewollt auf der Humorschiene. Für Badeanzug- und Homoerotik-Liebhaber, Freunde primitiver Synthesizer-Musik und Fans von gebastelten Seeungeheuern ist der „Monster-Hai“ ein Fest der Freude, aufgepäppelt mit etwas Sex, Crime und Gore. Die miesen Bewertungen sind mir völlig unklar, denn dieser stramm zusammen-gezimmerte Wahnsinn ist so hemmungslos überspitzt wie diese Form von Kino nun mal ist, sein sollte, und hat dabei viel mehr Charme als die später folgenden Asylum-Sharktopussies.
                                          Tiefer gelegtes Trash-Torpedo, das treffend in der Film-verkalkten Hirnrinde explodiert.
                                          Trink-Spiel-Idee: Dieselbe Anzahl Dosen Bier, die der Wissenschaftler im Film trinkt, zeitgleich vor der Röhre saufen.

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                                            Damals, in den 80ern, haben mich diese Art von Muskel-/ Militär- und Männlichkeitsfetischismus gelangweilt (was ich natürlich gruppendynamisch nie vor meinen Kumpels zugegeben habe), heute sind sie ein Fest meiner Heiterkeit.
                                            Bruno Matteis grobe Kriegs-Actionreibe mit Holzhobel Miles O’Keeffe ist ein italienischer Rambo 2 - Verschnitt der toll-dreist-schlimm-schlechten Sorte, eine irgendwo zwischen Dolchstoß-Legende und Geschichtsrevisionismus angesiedelte Vietnamkrieg-Wiedergutmachung, die schallend ausgelacht werden muss. Wie konnte ich DAS mal ernsthaft anschauen...
                                            Sauf-Spiel-Idee: Pro explodierende Strohhütte einen Kurzen trinken --->Krankenhaus-Aufenthalt mit Magenspülung.

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                                              lieber_tee 12.04.2015, 23:22 Geändert 13.04.2015, 00:22

                                              Camera Obscura - Italian Genre Cinema Collection #13
                                              Ein Urlaubsparadies wird zum Haifischbecken...
                                              Unempathische Dreckskerle mit ihren schlampigen Ehefrauen müssen auf einer sonnigen, einsamen Mittelmeerinsel mit ihrem reichen Vater Ferien machen und offenbaren ihre dunklen Absichten. Während alle mit jeden vögeln werden sie nach und nach umgebracht.
                                              Schatten der Vergangenheit, Familiengeheimnisse, Erbschaftsgier, Verdächtigungen usw., die Geschichte ist ur-typisches Material des gelben Krimis.
                                              Der neurotische Haufen an Unsympathen geht dem Zuschauer zwar am Arsch vorbei, dank einer ordentlichen Portion an Sleaze, stilsicheren Bildkompositionen und semi-blutigen Morden wird der Zuschauen an der Stange gehalten. Mit dem üblichen Subtext des 70er Jahre Giallos werden die Dekadenz der reichen Oberschicht und der hedonistische Zeitgeist aufs Korn genommen, hier mit einen überraschend gnadenlosen Tonfall auch noch die heiligen Werte der Familie de-konstruiert. Das lädt nicht unbedingt zum Nägel kauen ein, ist aber ein Beispiel wie hervorragend dieses oft verschmähte Genre handfestes Spannungskino generiert.

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                                                Ich bin ein Mann, habe Haare auf meinem geölten Oberkörper und einen treibenden Schaltknüppel zwischen den Beinen, das frisierte Auto ist mein Hengst, der ordentlich geritten werden muss. Bei solch einer Testosteron-Abfuhr könnte mann meinen, dass der Film keine Geschichte erzählt. Tut er auch nicht. Nicht wirklich, denn die Story um einen Undercover-Knacki, der den Tod seines Bruders rächen will und deshalb in das illegale Schwarzbrenner-Milieu im Süden Amerikas eintaucht, ist nicht der Rede wert. Der Rede wert ist da schon eher wie es Regisseur Joseph Sargent gelingt einen bitteren Einblick in das reaktionäre Südstaaten-Klima zu finden, ein Teil der ländlichen 70er Jahre USA, der offen Rassismus und erzkonservative Werte propagiert und auf jede Veränderung, Modernisierung und Kritik mit Vorurteilen und Gewalt reagiert. Garniert mit erdigen Auto-Action-Szenen, einen prädestinierten Burt Reynolds in der Hauptrolle, braucht der Streifen zwar arg lange um in Fahrt zu kommen, das gleicht er aber mit seiner verschwitzt-miesen Stimmung aus. Kein Meisterwerk, ganz ok, halt voll-reto.

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                                                  lieber_tee 11.04.2015, 23:27 Geändert 23.07.2016, 22:12

                                                  SPOILER!
                                                  Zwei Drittel selbsterniedrigendes, selbstzerfleischendes, selbstquälerisches, selbstbetrügerisches, selbstsüchtige Psychogramm einer Schauspielerin, in der Stadt der gefallenen Engel, die alles aber wirklich auch alles tut um eine Rolle zu bekommen, bis ihr Traum von narzisstischer Erfüllung zu einen Albtraum wird, der über Leichen geht.
                                                  Ist zunächst eine unangenehme Entblößung der Darstellerin zu bestaunen, kommt im letzten Drittel der dämonische, monströse Parasit Hollywood zum Vorschein, in Form von brutalen Gewaltexzessen und Abarbeiten der Horrorfilm-Konventionen, die zwischen Slasher, Körperhorror und okkulten Besessenheits-Blabla pendeln.
                                                  Das hätte sicherlich origineller und weniger plakativ werden können, verfehlt aber nicht seine ekelige Wirkung.

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                                                    lieber_tee 11.04.2015, 16:40 Geändert 12.04.2015, 00:48

                                                    Camera Obscura - Italian Genre Cinema Collection #11
                                                    Kammerspiel des Misstrauens.
                                                    Von eigenartiger Schönheit geprägte Mischung aus Whodunit und italienischem Gothic Horror, unter dessen Sex and Crime-Oberfläche sich ein psychoanalytisches Symbol-Labyrinth einer traumatisierten Frau nach und nach offenbart. Wie in einem albtraumhaften Märchen sind die Etagen und Räume des verwunschenen Schlosses, mit ihren dekadenten Orgien, Maskenbällen und zombiehaften Puppen eine Widerspiegelung unterdrückter (sexueller) Sehnsüchte und Ängste der Protagonistin, die logischerweise zu einer Tragödie führen. Zugleich kann dieser vielschichtige Giallo auch als fies-psychologisches Profil einer enthemmten 70er Jahre Generation interpretierbar sein, in dem widerwärtige Typen ihre heuchlerische Moral als Leichen im Keller haben. Das der Streifen sich dabei den gängigen Motiven und Plot-Dämlichkeiten des gelben Krimis bedient, ist verzeihbar, macht ihn dadurch sogar faszinierender.

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