Lydia Huxley - Kommentare
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Alle Kommentare von Lydia Huxley
Die israelisch-palästinensischen Grenzen sind von dicken Betonmauern gesäumt, gespickt mit militärisch bewachten Checkpoints. Viele Menschen überqueren täglich diese Punkte, um auf der anderen Seite zur Arbeit, zur Schule, zur Uni oder einkaufen zu gehen. Oft haben sie auch keine andere Wahl. Je nachdem wie dicht besiedelt die Orte sind, kann es mehrere Stunden dauern, um nur einmal durch solch einen Checkpoint zu kommen. Viele Menschen müssen täglich sehr zeitig aufstehen, um rechtzeitig zur Arbeit oder in die Schule zu kommen und kommen erst sehr spät wieder nach Hause. Mit den Soldaten spricht man am besten englisch, um bloß niemanden mit der Verwendung der verfeindeten Sprache zu konfrontieren. Die Schleusen wirken häufig wie Gänge in Massentierhaltungsanlagen, die das Vieh zur Schlachtung treiben. Beengte Wege führen durch Metallzäune durch mehrere Tore. Eine Architektur der Angst. Doch diese Checkpoints dienen nicht der Sicherheit, es geht allein um Kontrolle. Die Schikane hat System.
THE PRESENT zeigt diese Zustände aus der Sicht einer palästinensisch-arabischen Familie, die durch einen israelischen Checkpoint in die nächste Stadt zum Einkaufen möchte. Dabei handelt es sich noch um einen wenig frequentierten Checkpoint und dennoch zieht sich der Übergang qualvoll in die Länge. Auch den Soldaten merkt man an, dass die stumpfe Arbeit an solch einem entlegenen Ort sie geistig zermürbt und überspitzt und gereizt handeln lässt. Somit macht der fiktionale Kurzfilm auf eine Situation aufmerksam, die den meisten Augen sonst verborgen blieben, aber täglich tausenden Menschen das Leben unnötig schwer und leidvoll macht, egal von welcher Seite sie kommen.
THE PRESENT ist 2021 für einen Oscar als Bester Kurzfilm nominiert.
Irgendwo zwischen humorvoll und erschreckend erzählt TWO DISTANT STRANGERS vom Gefühl der Willkür und der Ohnmacht im Sumpf des Racial Profiling. Und mit jedem Reboot der Zeitschleife, in der der Protagonist gefangen ist, wird klarer, dass es dabei nicht um individuelle Motive sondern um einen institutionellen Rassismus geht. So lange wir uns damit begnügen, zu betonen, dass wir persönlich ja so tolerant und vorurteilsfrei sind und uns nicht mit dem systemischen Problem auseinandersetzen wollen, so lange wird die Zeitschleife immer und immer wieder von vorn beginnen.
TWO DISTANT STRANGERS ist 2021 für einen Oscar als Bester Kurzfilm nominiert.
Mädel, wenn du Karriere und Familie unter einen Hut kriegen willst, musst du anfangen, kleinere Brötchen zu backen. In etwa das dürfte die Erkenntnis aus WILD ROSE sein. Und so muss die durch Rabenmutter-Attitüden gezähmte Rose schließlich erkennen, dass die große Welt zu schwierig und es zu Hause doch am schönsten/einfachsten ist.
"Ain't no yellow brick road
Running through Glasgow
But I found one that's stronger than stone
Ain't no place like home"
Für diese letzten 20 Minuten möchte ich den Film eins auf'n Deckel geben. Auf so'n scheiß konservatives, braves Feel-Good-Ende hätte ich gern verzichten können. Denn davor ist WILD ROSE wirklich großartig, was vor allem an Jessie Buckley und ihrer Verkörperung der wilden Rose-Lynn liegt. Sie ist der Inbegriff einer Sternschnuppe, die aus dem Dunkeln auftaucht, um den Nachthimmel zu erhellen. Die Geschichte nimmt ihren Vibe perfekt auf und versprüht eine anarchistische und gleichzeitig liebenswerte Energie. Die Country-Musik bekommt hier eine gelungene Modernisierung und überzeugt als atmosphärischer Soundtrack, den Buckley fast vollständig selbst singt. Daneben transportiert Country aber teilweise auch rückständige Werte, die sich hier vom Nord-Osten der USA auf die lokal-patriotische Arbeiterklasse Glasgows übersetzen.
Ich hätte WILD ROSE gerne gemocht, aber ich gebe mich damit zufrieden, der vielseitigen und brillanten Jessie Buckley zu huldigen.
Hinter dieser unscheinbaren Märchen-Adaption verbirgt sich ein fantastisches audio-visuelles Erlebnis, dessen Atmosphäre einen direkt in die Finsternis saugt. Der wilde Genre-Mix aus Coming of Age, Horror und Psychodrama ist vollgepackt mit Symbolik, Farbmetaphern und bedeutungsschweren Dialogen. Mit einer gewissen Kälte aber auch mit ganz viel zorniger Energie erzählt Gretels Erwachsenwerden von der weiblichen Ermächtigung in einer patriarchalen Gesellschaft.
Jump-Scares und blutiges Gemetzel sucht man hier vergebens, denn der eigentliche Horror geschieht unter der Oberfläche. Um GRETEL & HÄNSEL zu genießen, sollte man sich einfach reinfallen lassen in die düster glühenden Bilder detailverliebter Kulissen und den magischen Synthie-Score von Robin Coudert. Nur dann wird man das Märchen zwischen den wild wuchernden Wäldern und der harten Geometrie entschlüsseln können. Jedoch wird ein Stück des Mythos schließlich im Kreis unheilvoller Trigone verloren gehen.
Man braucht die isländische Sprache nicht zu beherrschen, um diesen animierten Kurzfilm zu verstehen, denn das einzige Wort, das hier gesprochen wird, ist "Ja" - auf isländisch "Já" [Jau]. Die Bilder sprechen die eigentlichen Worte und so erzählt YES-PEOPLE gewitzt und süffisant vom Alltag in einem Mehrfamilienhaus. Kleine Episoden formen häppchenweise die Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen. Wohnungen erfüllt von Leben, aber auch von Konflikten. So bekommt das "Ja" immer neuen Kontext, je nachdem wie es ausgesprochen wird. Der Fokus verlagert sich auf Körpersprache und Tonalität und der kann selbst aus der Gleichförmigkeit des Alltags wieder zu aufschlussreichen Beobachtungen führen.
Mit der Bejahung des Lebens möchte YES-PEOPLE, dass wir dem Alltagstrott wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, um all die schöne Dinge zu genießen, die sich so selbstverständlich darin verstecken, aber auch um die kleinen Hinweise wahrnehmen zu können, wo Hilfe und Unterstützung gebraucht wird.
YES-PEOPLE wurde 2021 für einen Oscar als Bester animierter Kurzfilm nominiert.
Elegantes Schwarz-Weiß, Klavier und Geigen und assoziative Montagen zeitenübergreifenden Filmmaterials hebt diese Doku audio-visuell aus der Konkurrenz hervor.
Inhaltlich geht sie mit ihrer Thematik aber nur sehr oberflächlich um und so erfährt man nur wenig von dem schicksalhaften Raubüberfall, den Motiven des jungen Pärchens - außer "Verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge" (weil sie ihr Hip Hop-Mode-Geschäft nicht aufgeben wollten, hmm) - oder den Hintergründen zum Justizsystem in den USA.
TIME gewährt einen sehr intimen Einblick in eine Familie, die vom Gefühl der Ungerechtigkeit gepeinigt wird und verlässt sich dabei ganz auf Emotionalitäten. Schaut man über die künstlerische Inszenierung hinweg, ist es doch eher eine Aneinanderreihung banaler Phrasen, Kampfansagen, Liebesbekundungen, verziert mit einer Menge Pathos und gekrönt vom tränenreichen Ende. Eine Doku zum mitleiden, aber mehr auch nicht.
TIME wurde 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Sofort muss man bei einem Detektiv im Altersheim doch an Pflegemissstände denken und eben dafür wird der 83-jährige Sergio als Maulwurf angeheuert. Doch die Crew entschied sich gegen heimliche Aufnahmen und filmte stattdessen offen unter einem Vorwand im chilenischen Seniorenheim. Missstände lassen sich mit vorbereiteten Personal dann schon mal nicht mehr aufklären, also muss sich die Doku einen anderen Fokus suchen. Den findet Sergio. Denn seine Mitbewohner beschäftigen vor allem die Gedanken um die Familie und menschliche Nähe bzw. deren Fehlen. Mit größtem Feingefühl und Respekt geht der Maulwurf dem nach und verdattert darüber hinaus fast seinen eigentlichen Auftrag.
Der detektiv-thrillerartige Aufzug verliert dadurch leider seine Relevanz, gerade weil er am Anfang noch so tatortesk inszeniert wurde, und wirkt im Nachhinein etwas fehl am Platz. Dennoch ist die herzliche und witzige Atmosphäre recht unterhaltsam und gibt daneben dem Heimalltag noch Raum genug, um auch diese universellen Schicksale greifbar zu machen, mit all ihrem Schmerz und ihrer Perspektivlosigkeit.
DER MAULWURF - EIN DETEKTIV IM ALTERSHEIM ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Im Algenwald vor der südafrikanischen Küste taucht Tierfilmer Craig Foster nach seinem Burnout ab, um sich wieder selbst zu finden. Dabei entdeckt er die mystische Unterwasserwelt seiner Kindheit wieder, lernt zu beobachten und durch kleinste Details die Umwelt zu lesen. Nach Entdecken eines Oktopus-Weibchens sinkt Foster immer tiefer in eine Obsession hinein, taucht fast täglich für Stunden, ein ganzes Jahr lang. Er beginnt zu dem Tier eine tiefe haustierartige Emotionalität aufzubauen, bei der es ihm immer schwerer fällt, noch reiner Beobachter zu bleiben.
Dabei geht MEIN LEHRER, DER KRAKE vielleicht etwas zu unkritisch mit Fosters Besessenheit und der einseitigen Freundschaftspflege um, zeigt aber auch die schönen Seiten von der Leidenschaft zur Natur und die Kraft, die man daraus schöpfen kann. Die Aufnahmen aus dem Algenwald sind nichts anderes als magisch und begeistern mit den sorgfältig inspizierten Details vom Meeresboden.
Abschließend muss man aber nochmal sagen, dass, wenn hier eine Verhaltensbiologie dokumentiert wird, es eher nicht die der Tiere ist, sondern die des Menschen.
MEIN LEHRER, DER KRAKE ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Manche sagten, Camp Jened wäre ein utopischer Ort gewesen. Das Sommercamp im Staate New York war in den 60er und 70er Jahren Rückzugs- und Befreiungsort für alle, eben auch für Menschen mit Behinderungen. Hippiesk aber vor allem frei, tolerant und solidarisch verbrachte man dort gemeinschaftliche Sommer und tankte Lebensfreude, Stärke und Courage für ein ganzes Leben. Und so beeinflusste dieses Camp den aktivistischen Werdegang vieler Personen, um für die Werte zu kämpfen, die sie dort das erste Mal hautnah erleben konnten.
All das zeigt SOMMER DER KRÜPPELBEWEGUNG mit fantastischem Archivmaterial vom Camp Jened Anfang der 70er über den 504 Sit-in bis hin zu Protesten zu Beginn der 90er, begleitet von Interviews mit Aktivisten, die sich im legendären Sommerlager kennenlernten. Witzig, horizonterweiternd und bewegend und dabei kein bisschen sentimental. Denn was hier mitreißt, sind keine tragischen Schicksalserzählungen unterlegt mit tränenzieherischer Musik. Es ist die Erkenntnis, wie einfach doch die Zutaten einer Utopie sind - zumindest abseits der gewaltigen Machtapparate zwischen Geld und Politik - und der Mut derjenigen, die gewillt sind, diese Maschinerie aufzubrechen für ein kleines bisschen mehr Menschlichkeit.
SOMMER DER KRÜPPELBEWEGUNG ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Kaum aus der Rippe geboren, bekam ich eine Einladung. Und als ich dort auf der Veranda stand, mit den unbehandelten Dielenboden, der fein geschnitzten Tür und der einzigartigen Architektur, hinausblickend in einen paradiesischen Garten, wurde ich gar neidisch. Ich wurde hineingebeten und höflich empfangen. Doch einen Moment, in dem ich mit dem Luftzug durch die geöffnete Tür kam, spürte ich kurz das Aussetzen eines Herzschlags. War es meins? Meine anfängliche Schüchternheit verschwand schnell, denn ich fühlte mich wohl, fast wie daheim. Ich ging durch die Räume und bewunderte die liebevollen Details, die harmonisch abgestimmten Texturen und Farbnuancen und die leidenschaftliche Versunkenheit, mit der sich die Gastgeberin sofort wieder ans Werk machte. Ich war fasziniert und dennoch schon fast amüsiert von diesem lächerlich perfektionistischen Anspruch. Die Gastgeberin gab sich distanziert, nüchtern und bestach dennoch durch Ihre natürliche Schönheit und Ihrem intuitiven Geist. Ihr komplexes Gemüt schien Sie undurchdringlich zu machen. Umso erleichterter war ich, als etwas später der Gastgeber erschien. Er strahlte eine unwiderstehliche Wärme und Güte aus. Man wusste sofort, was man an Ihm hat. Er lud zum längerem Verbleib und ich nahm es fast schon in gleichmütiger Erwartung entgegen.
In unbeobachteten Momenten erlaubte ich mir, hier und da mal in einen Schrank hineinzuschauen und Schubladen zu öffnen. Es schien okay zu sein. Bei der schieren Größe dieses Hauses fiel es gar nicht auf, wenn ich mal ein Glas herunterstieß oder mein Rotwein einen Fleck auf dem Boden hinterließ. Kann ja mal passieren. Die Gastgeberin reagierte immer sehr sensibel, wenn ich Dinge nicht dort hinlegte, wo sie vorher waren. Nachvollziehbar, aber ich machte mir manchmal dennoch einen Spaß daraus.
Im Arbeitszimmer des Gastgebers entdeckte ich dann seine Werke. Ich hatte schon davon gehört, aber sie tatsächlich zu sehen und darin zu lesen, war erhebend. In einem der Bücher ging es um den Ursprung dieses Hauses und wie hart Er daran gearbeitet hat. Mag Er davon auch in den wundervollsten Worten schreiben, aber dieses Paradies erschaffen, hat doch Sie, oder? Ich beschäftigte mich immer mehr mit den Büchern. Ihre einnehmende Emotionalität und eingängigen Botschaften ließen mich diese Welt endlich verstehen. Mit steigender Bewunderung für den Gastgeber, nervte mich die wichtigtuerische Art der Gastgeberin. Ständig wirbelte Sie herum, tat hier, tat dort, beachtete mich immer erst, wenn ich die Tür zu laut knallte. Aber sich so wirklich mit mir beschäftigt, hat Sie sich nie. Arrogante Kuh! Zugegeben, es war gemein, aber ich machte Ihr gern Arbeit. Und mit der Zeit hatte ich das Gefühl, dass Sie mit Ihrem Ordnungsfimmel auch etwas lockerer wurde, denn immer wieder entdeckte ich Dreckflecke und Schadstellen, die Sie nicht mehr beseitigte. Manchmal brachte Sie sogar ewig den Müll nicht raus und es stank im ganzen Haus. Ganz schön unhöflich.
Doch eines Tages ist etwas völlig Unerwartetes passiert. Ich war wirklich nur eine Sekunde aus dem Zimmer, aber die Kerzen entzündeten die vielen umliegenden Zeitungen und kurze Zeit später stand das ganze Haus in Flammen. Sie kam nicht mehr raus. Dann saß ich da auf der verkohlten Veranda und wusste eigentlich gar nicht mehr wohin mit mir. Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte die Zeit in diesem tollen Haus mehr genossen, ja, zu schätzen gewusst. Naja. Er meinte dann zu mir, ich solle mir keine Sorgen machen. Er baue uns ein neues. Aber als Er den Hammer in die Hand nahm, hatte ich das Gefühl, Er hätte vorher noch nie einen benutzt.
Rasant komödiantische und unsentimental inszenierte Romanadaption über die indische Gesellschaft und dem Raubtierkapitalismus als einzigem Ausweg. In unzähligen Kontrasten verdeutlicht DER WEISSE TIGER den Übergang des Kastensystems in eine Zweiklassengesellschaft. Keine Spur von der Romantik Bollywoods, nur die herz- und erbarmungslose Realität eines zerrissenen Landes auf der Schwelle zu westlichen Allmachts-Illusionen.
DER WEISSE TIGER wurde 2021 für einen Oscar für das Beste adaptierte Drehbuch nominiert.
In bewährter dialogfreier Manier erzählt SHAUN DAS SCHAF mit dem passenden Originaltitel FARMAGEDDON von der Ankunft eines außerirdischen Wesens auf der Erde. Mit viel Laune, Humor und etlichen Referenzen aus Science Fiction-Filmklassikern geleitet man die putzigen Knetfiguren durch Episoden voller Slapstick und ironisch verspielter Nostalgie. Ein recht braves aber popkulturell spritziges Abenteuer.
SHAUN DAS SCHAF - DER FILM: UFO-ALARM ist 2021 für einen Oscar als Bester Animationsfilm nominiert.
Der Wert des investigativen Journalismus' und der Wert von Transparenz an den Schnittstellen zwischen Politik und Wirtschaft - das zeigt KOLLEKTIV - KORRUPTION TÖTET mit aller Härte und Direktheit. Überall dort, wo neutrale Stelle keine Möglichkeit oder keinen Auftrag haben, zu regulieren und zu kontrollieren, wird die Gier nach Macht und Geld Menschen dazu bestärken, sich auf dem Rücken der Gemeinschaft zu bereichern, in diesem Fall selbst wenn Hunderte Menschen dafür elendig verrecken müssen.
KOLLEKTIV - KORRUPTION TÖTET wurde 2021 für einen Oscar als Bester fremdsprachiger Film und als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Verrückte Mischung aus Familiendrama und mythischen LSD-Trip, aufwendig animiert und vollgestopft mit Niedlichkeit.
DIE BUNTE SEITE DES MONDES erzählt die Geschichte vom Verlust eines geliebten Menschen und des sich Erlaubens danach weiterzuleben und wieder zu lieben. Fei Fei reist zur Mondgöttin Chang'e, um die Macht der einzig wahren Liebe zu beweisen, und muss lernen, dass der Mensch sich diese Maxime auferlegt und nicht die Liebe selbst.
Während die Animation der Szenen auf der Erde äußerst realistisch daherkommen, herrscht auf dem Mond das halluzinogene Kontrastprogramm. Chang'es Palast ist eine neongeschwängerte, asiatische Version des Disney-Schlosses, dessen Innenleben irgendwo zwischen chinesischer Tradition und K-Pop changiert. Hinzu kommen irdische und lunare Gesangseinlagen, die leider eher platt und unharmonisch eingestreut werden. Trotz der Überladenheit, lebt DIE BUNTE SEITE DES MONDES hauptsächlich von seinen liebenswerten Figuren und deren launigem Humor.
DIE BUNTE SEITE DES MONDES ist 2021 für einen Oscar als Bester Animationsfilm nominiert.
Stumpfe Holzhammer-Moral für die kleine Märchen-Marionette. Die Filmschaffenden scheinen Kindern weder viel zu zutrauen noch besonders zu mögen. Pinocchio ist hier mehr als üblich nervig, naiv und auf die Zurechtweisung von Erwachsenen angewiesen. Diese Adaption fügt der Geschichte nicht nur nichts hinzu, sondern geht noch einen Schritt zurück und ist damit völlig unnötig.
Die Kostüme sind detailreich und phantasievoll, fügen sich optisch gut in den pastelligen Shabby-Stil ein und unterstützen die leicht düstere Stimmung. Besonders Pinocchio selbst ist als optischer Mensch-Puppen-Hybrid gut gelungen.
PINOCCHIO wurde 2021 für zwei Oscars für das beste Kostümdesign und für das Beste Make-up & Hairstyling nominiert.
Der in der Kategorie Bester Dokumentarfilm Oscar-nominierte DER MAULWURF - EIN DETEKTIV IM ALTERSHEIM ist heute Abend um 23:35 Uhr im MDR zu sehen.
Der einzig wahre Zirkus-Gorilla Ivan erkennt erst durch die letzten Worte einer Freundin, dass die vielen Jahre in bequemer Gefangenschaft doch nicht so doll waren und erkämpft sich seinen Platz in der Freiheit... im Zoo.
Die 'Vom Regen in die Traufe'-Story als Erfolgsgeschichte zu verkaufen, ist schon dreist, besonders wenn man die Hintergründe erfährt, wie Ivan seiner Heimat und seiner Familie entrissen wurde. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, sich nicht an der Romanvorlage sondern an dessen realer Inspiration zu orientieren. Aber das wäre natürlich weniger abenteuerlich gewesen.
Ivan ist ein sehr aufwendig und authentisch animierter Silberrücken. Die restlichen Tiere wurden leider stiefmütterlicher animiert. Die dürfen dann nur noch mit einem hin und wieder gut sitzenden Gag punkten.
DER EINZIG WAHRE IVAN wurde 2021 für einen Oscar für die Besten visuellen Effekte nominiert.
Dünne und sentimentale Geschichte über das Leben zweier Mädchen in South Central L.A. in den 1980ern. Ty erzählt von ihrer besten Freundin Tasha, vom Kennenlernen bis zu ihrem tragischen Tod. Visuell gibt es dazu meist konstruierte Stimmungsbilder zu sehen. Eine konkretere Auseinandersetzung mit der politischen und gesellschaftlichen Situation in L.A. und den Bezügen zu den Unruhen 1992 hätten der Story um einiges mehr Substanz verleihen können.
A SONG FOR LATASHA ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentar-Kurzfilm nominiert.
Hongkong wurde 1997 nach 156 Jahren britischer Kolonialherrschaft an die Volkrepublik China zurückgegeben. Die demokratischen und marktwirtschaftlichen Strukturen aber blieben und die Metropole ist als Sonderverwaltungszone teils unabhängig vom Festland. Doch als 2019 ein Auslieferungsabkommen entworfen wurde und die Volksrepublik damit vermutlich mit der Eingliederung Hongkongs in ihr autoritäres Staatssystem begann, entstand ein öffentlicher Konflikt, der sich vor allem durch das brutale Eingreifen der Polizeikräfte sukzessiv verschärfte.
DO NOT SPLIT zeigt imposante und bewegende Bilder dieses Konflikts aus der Mitte der Protestanten. Sie dokumentieren die voranschreitende Eskalation auf beiden Seiten. Hongkongs Straßen werden zu Kriegsschauplätzen und alles, was die Politik tut, ist die Polizei aufzurüsten. Tränengas, geprügelte Passanten, Molotowcocktail-Workshop mitten in der Barrikade. Und trotz all des Kampfeswillen und all der Hoffnung auch Desillusionierung, Trauma und eine junge Generation ohne Zukunftspläne. Die Quelle dieses Konflikts ist leider noch lange nicht erschöpft.
DO NOT SPLIT ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentar-Kurzfilm nominiert.
Der Komponist Kris Bowers interviewt seinen Großvater Horace Bowers, der von seiner abenteuerlichen und von Diskriminierung geprägten Reise von Florida nach L.A. erzählt. Für Kris' späteres Leben war dieses Ereignis ebenso Ursprung einer Chance wie Inspiration.
Neben der netten Grandpa-Story sticht vor allem Kris Bowers elendig sentimentales Gesicht in etlichen Totalen hervor, in denen er sein schauspielerisches Talent beweist, mit glasigen Augen voller Mitgefühl, Respekt und Bewunderung seinen Opi anzuschmachten. Nervig rührseliges Getue, mit dem er sich vor allem selbst eine Bühne erschafft.
A CONCERTO IS A CONVERSATION ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentar-Kurzfilm nominiert.
Die Erlebnisse des Zweiten Weltkriegs haben Colette hart werden lassen. Sie ist dafür bekannt, niemals zu weinen, hat versucht, zu verdrängen und zu vergessen. Doch dann steht sie mitten in den übergrünten Resten des KZ Nordhausen, in dem 1945 ihr Bruder starb und bricht in Tränen aus, fassungslos darüber, wie sie hierher kommen konnte, ohne wenigsten Blumen mitzubringen.
COLETTE zeigt eine bewegende Familiengeschichte, doch ist die Kurzdoku auch sehr fragmentarisch und unstringent erzählt. Und so erfährt man nur bruchstückhaft und unzureichend von den interessanten Hintergründen der Familie, die sich in verschiedenen Widerstandsgruppen engagierte und in der sich auch abseits des Krieges Gräben auftaten. Für eine Doku gibt es hier zu wenig Fakten und zu viel Gefühlskino.
COLETTE ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentar-Kurzfilm nominiert.
Ein kleiner Moment des Lichts in einer kalten, dunklen Nacht. Ein klarer, freier Blick durch die Augen eines anderen Menschen eröffnet wie kaum etwas anderes die Vielfältigkeit des Seins, des Glücks und des Leids. Uns in eine neue Perspektive zu versetzen, um uns diese Vielfalt zu zeigen, ist eine Kunst des Films und auch die Kunst des Kurzfilms FEELING THROUGH.
Die Geschichte von Artie und Tereek erinnert uns daran, was eine einzige freundliche Begegnung in einem auslösen kann.
FEELING TROUGH ist 2021 für einen Oscar als Bester Kurzfilm nominiert.
Trüb und grau ist der Alltag dieses Paares, denn was einst Farbe in ihr Leben brachte, wurde ihnen gewaltsam entrissen. In der Distanz versuchen sie Ruhe und Rückzug zu finden, doch lernen schließlich, zu finden, was bleibt und zu suchen, was verbindet.
Ein tragisches Stück Familiengeschichte tut sich in IF ANYTHING HAPPENS I LOVE YOU auf, verschluckt jedes Licht und jede Freude. Er versucht gar nicht erst, irgendwas zu schönen, möchte nur daran erinnern, dass der Schmerz umschlossen von liebevollen Armen etwas weniger unerträglich ist.
IF ANYTHING HAPPENS I LOVE YOU ist 2021 für einen Oscar als Bester animierter Kurzfilm nominiert.
Ein Traum gilt nicht nur dann als erfüllt, wenn man ihn allein verwirklicht hat. Ganz sicher ist der erfüllte Traum sogar noch nachhaltiger und schöner, wenn man ihn zusammen mit versierten und lieben Helfern realisiert hat. Um Hilfe bitten und Hilfe annehmen, ist keine Schwäche sondern eine Kompetenz.
BURROW erzählt davon in drollig animierten Bildern mit flottem Tempo und knuffigen Bodenbewohnern. Die menschliche Idealvorstellung des 'Alleine-Schaffens' findet dort im natürlichen Biotop der Erde einen wunderbaren Kontrapunkt. Denn in der Natur sind Synergie und Symbiose etwas völlig normales, weil sie die simpelsten Methoden zum effektiven und effizienten Schöpfungsprozess bieten.
Also sei ein kluges Macherhäschen, sei ein Teamhäschen!
BURROW ist 2021 für einen Oscar als Bester animierter Kurzfilm nominiert.
Gaspar Noé hat sich mit IRREVERSIBEL den Rape-and-Revenge-Film vorgenommen und ordentlich durchgemangelt. Die Unverhohlenheit vieler Genrevertreter die sexuelle Gewalt und Selbstjustiz als bloße vorantreibende Ereignisse auszubeuten, wird unterwandert, indem die Ereignisse rückwärts erzählt werden und besonders auch weil der sonst so kathartische Moment der erfolgreichen Vergeltung, bei dem sich der Zuschauende von seiner voyeuristische Schuld befreit sieht, absolut auf die Fresse konterkariert wird. IRREVERSIBEL gönnt einem keine Gefälligkeit, keine erotische Exploitation, kein sinnlich scheues Beobachten. Denn all diese Zugeständnisse wären nur ein euphemistischer Schleier über der Wahrheit. Die Wahrheit darüber wie tiefgreifend, leidvoll und zerstörerisch diese Gewalt tatsächlich ist. Gaspar Noé hat diesen Schleier heruntergerissen und will, dass wir jetzt einmal genau hinschauen, zwingt uns die Wahrheit in voller Länge zu sehen und zu fühlen, was Mitleid tatsächlich bedeutet. Er lässt uns zurück in der unerträglichen und absolut realistischen Gewissheit, dass es bei solchen Erlebnissen keine Gewinner und keine Wiedergutmachung gibt. Eine fiktive Auflebung dessen ist immer wieder auch ein Bekenntnis zur Verspottung der Opfer, ihrer inneren Ohnmacht und Gebrochenheit und eine Bagatellisierung der Gewalt - allen voran an Frauen.
Ebenso wie der Passant in der Unterführung ewige Schuld auf sich geladen hat, weil er wegsah und keine Hilfe holte, wird auch der lustvolle Zuschauende seine Schuldigkeit nicht abschütteln können, wenn er nicht bereit ist, über den Unterhaltungswert hinwegzusehen und mit der Wut und Erschütterung in der Magengrube zu leben, die doch sonst im Finale der Genugtuung auf so wohlig befriedigende Art wieder weggewischt werden.