Lydia Huxley - Kommentare
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Alle Kommentare von Lydia Huxley
Steven basht Söder. Jetzt läuft er zur Hochform auf.
Habe nach SOUND OF METAL auch ein bisschen Gebärdensprache gelernt 😎
MUSIC hat anscheinend bei den Razzies abgesahnt. Kann der echt so schlecht sein?
Steven kann jetzt endlich mal so richtig den Erklärbär raushängen lassen.
Jenny, wie sieht dein Erdnussvorrat eigentlich aus? Geröstet? Gesalzen? Süß? Erdnussbutter? Eis? Kuchen? Wir brauchen dringend Antworten!
Whoop! Whoop! Wenn Jenny am Start ist, bin ich natürlich auch dabei :)) Bin richtig gespannt. Bis später!
#teamhauptsachenichtmank
FRANZT ist ein Kunstwerk aus Kunst: Architektur, Gemälde, Musik, Gesang, die Poesie der Sprache und des Lebens an sich. Dabei versteht er es sehr gut, mit Erwartungen zu spielen und überrascht immer wieder mit pointiert emotionalen Momenten. Ein Genuss für alle Sinne, wie eine bittersüße, warme Umarmung des Abschieds.
Witzig, gruselig, emotional.
AFTER MIDNIGHT ist ein ziemlich lässig durchgerührter Genre-Cocktail, der seine gängige Beziehungsgeschichte äußerst kreativ erzählt. Es ist ja leider für viele Paare Realität: Man verliebt sich und passt zusammen wie der sprichwörtliche Arsch auf Eimer. Vollkommene biochemische Harmonie. Aber dann stellt sich irgendwann doch raus, dass man unterschiedliche Lebensmodelle bevorzugt. Das kann echt alles versauen. Und genau die daraus resultierende Unsicherheit, all die Ängste - vor einer Trennung, aber auch vor einer festen Bindung - die Kompromisse und bevorstehenden Konflikte kratzen nachts an der Tür und rauben einen den Schlaf. Mein Gott, wie gerne würde ich das Scheißvieh einfach abknallen.
Richard arbeitet als Wärter im Todestrakt eines Gefängnisses und wird unerwartet zum 'Leiter der Gefängniskommunikation' befördert, vielleicht auch zum Postboten degradiert. Ansichtssache. Einscannen, prüfen, verteilen. Konkretes Lesen ist nicht erlaubt. Doch schon bald führen ihn Worte voller Sehnsucht und Verbundenheit zu ganz neuen Ansichten über seine Arbeit und den Insassen.
THE LETTER ROOM ist eine schnörkellose und tragikomische Geschichte über Menschlichkeit hinter Gitterstäben, die Hoffnung auf beiden Seiten und die Würde des Menschen, die auch mit dem Todesurteil nicht erlischt.
Dort am existenziellen Minimum können Worte noch die Welt bedeuten.
THE LETTER ROOM wurde 2021 für einen Oscar als Bester Kurzfilm nominiert.
Nachdem 2011 der Arabische Frühling dem Jemen keine Verbesserungen einbrachte, demonstrierten viele Zivilisten auf den Straßen. Unsicherheit, Niederschlagungen durch's Militär, Präsidentenwechsel, Korruption, Separatistenaufstände, Erstarken von Dschihadisten. Die ausufernden Zustände nutzten verschiedene Rebellengruppen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Viele Menschen schlossen sich der schiitischen Huthi an. Das machte das sunnitische Saudi-Arabien nervös und man vermutete dahinter eine Machtübernahme durch den Feind Iran. Dagegen formierte sich die arabische Koalition und bombardierte den Jemen aus der Luft und vom Land. Unterstützt wurde sie dabei logistisch und aufklärerisch von den USA, Großbritannien und Frankreich. Und auch Deutschland liefert seine Waffen nach Saudi-Arabien. Das Kriegschaos hat die al-Qaida und Isis erstarken lassen, die dem Jemen zusätzlich zusetzen. Unter den bis jetzt andauernden Machtspielen leidet vor allem die Zivilbevölkerung, die unter prekären Bedingungen lebt.
HUNGER WARD zeigt einen kleinen Auszug dieser Umstände und setzt dabei ein gewisses Grundverständnis über die Situation voraus. In zwei Krankenhäusern in Nord- und Süd-Jemen wird fragmentarisch eine Ärztin und eine Krankenschwester begleitet, die sich vor allem um unterernährte Kinder kümmern. Dabei werden hauptsächlich hübsche Mädchen in den Fokus gerückt und auch vor den üblichen Bildern bekannter Spendenwerbungen - von Fliegen bekrabbelte, lethargische Kindergesichter und -hände - nicht halt gemacht. Man sollte gewarnt sein: Hier sieht man Babys und Kleinkinder vor der Kamera sterben. Die vollverschleierten Frauen weinen und schreien und werden noch bis in die hinterste Ecke des Krankenhauses verfolgt, um ihren Schmerz effektvoll zu dokumentieren. HUNGER WARD macht auf den Krieg im Jemen und das Leid der Jemeniten aufmerksam. Aber die Art und Weise wie er das macht, ist teilweise sehr fragwürdig.
HUNGER WARD ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentar-Kurzfilm nominiert.
Ein Axolotl ist ein Lurch, der die Metamorphose aussetzt und ewig im Larvenstadium verweilt. Und so erzählt AXOLOTL OVERKILL quasi eine anarchische Peter Pan-Story über Teenager, die keine Lust haben, erwachsen zu werden und von Erwachsenen, die sich wie Teenager verhalten. Dabei löste sich die junge Regisseurin Helene Hegemann vom moralischen Zeigefinger ihrer eigenen Romanvorlage und inszenierte ihre Figuren wild, frei und ungebremst, wie man es woanders wohl kaum zu sehen bekommt, erst recht nicht von weiblichen Charakteren.
Tragikomische Geschichte über eine jungen Frau, die eine schizophrene Psychose entwickelt. Neben dem heiteren Humor erzählt HORSE GIRL ihre Geschichte mit viel Feingefühl und bleibt bis zuletzt in der subjektiven Perspektive der Protagonistin. In langsam voranschreitenden Eskalationsstufen beobachtet man Sarahs Entwicklung, während die beklemmende Stimmung stetig ansteigt.
Eine ehemalige Mitschülerin ist Rettungssanitäterin und im Gespräch über ihre Arbeit zeigte sich ein breites Spektrum an Aufgaben: Vom Nichtnotfall bei einsamen Senioren bis zum nächtlichen Einsatz, bei dem man mit einem Müllsack in der Hand im Scheinwerferlicht eines notgebremsten Zuges am düsterem Waldrand entlang läuft und mit der Taschenlampe im Gleisbett nach menschlichen Teilen Ausschau hält. Die psychische Belastung ist enorm, weshalb sie auch betonte, dass es wichtig ist, seinen Gefühlen ein Ventil zu geben. In ihrem Team war dieses Ventil Humor - böser, spöttischer, tief schwarzer Humor, mit dem die Fälle lächerlich überzeichnet werden, mit dem Ziel, irgendwie darüber lachen zu können. Und mit diesem Gefühl der Lächerlichkeit beendet man die Schicht und hofft, dass es reicht, um daheim schnell in seinen notwendigen Schlaf zu finden. So schlimm diese Vorstellung auch für mich war, wie das Team nach einem Einsatz über die Opfer und ihre Not herzieht, so viel Verständnis habe ich auch dafür, wie sie mit diesem Mittel ihre eigene Psyche schützen.
In BRINGING OUT THE DEAD haben einige der Rettungssanitäter ebenfalls ihr persönliches Ventil gefunden. Marcus klammert sich an die unergründliche Schicksalszuweisung eines Gottes, Larry fokussiert seine Gedanken auf die nächste heilsversprechende Mahlzeit, während Tom seinen Gefühlen durch Aggressionen ein Ventil gibt. Nur Frank scheint sein inneres Gleichgewicht auf die Hochs und Tiefs zwischen Rettung und Verlust eines Lebens zu beschränken. Doch sein System fängt an zu bröckeln, als er über einen längeren Zeitraum niemanden mehr retten konnte. In ihm steigt der Druck aus Schuld und ins Leere laufende Abbitte, der keinen Weg zum Entweichen findet und sich komprimiert als ätherische Visionen in die Realität transzendiert. Am Ende ist für Frank nicht mehr zu verorten, von wem das leidvolle Flehen nach Erlösung kommt. Zwischen den nachtschwarzen Straßen von Hell's Kitchen und der blendend weißen Notfallstation tut sich ein seelischer Abgrund auf.
Wer sich für die Thematik interessiert, dem empfehle ich auch den sehr eindringlichen, russischen Beitrag ARRHYTHMIA.
Zwischen dem Kneipen-Fegefeuer und der Dachwohnungs-Hölle pendelt Fritz Honka auf der Suche nach dem nächsten Opfer seines alkoholgetränkten Zorns. Fatih Akin schafft eine optisch sehr atmosphärische, düstere Version eines Hamburger Zeitkolorits der 70er Jahre und setzt seine Kulissen detailverliebt in Szene. Darüber hinaus schafft Akin aber auch eine Adaption der Romanvorlage, die ihren Figuren jeglichen Hintergrund, jeglicher verbliebener Menschlichkeit beraubt und lässt DER GOLDENE HANDSCHUH zu einem stumpfen Milieu-Grusel verkommen, dessen Zynismus ekliger ist, als jede der von den Wänden exhalierter Grausamkeiten.
Absolut skurrile Komödie, die mit herrlich schwarzem Humor zuschlägt. Am Anfang noch etwas zäh, wärmt sich aber gut auf und lässt dann seine brachiale Allegorie ordentlich austeilen. Das Sinnbild, das die Kampfkunst der Waffengewalt gegenüberstellt, ist zwar nicht so clever gewählt, trifft auf der Metaebene aber dennoch ins Schwarze. Jesse Eisenberg ist als überforderter Normalo in der testosteronverseuchten Dojo-Welt einfach fantastisch. Ich muss auch jetzt noch lachen, wenn ich daran denke, wie er seinen arglosen Dackel beim Nachhausekommen frustriert und doch lethargisch als 'bösen Hund' bezeichnet.
Seltsam und sehenswert.
Die israelisch-palästinensischen Grenzen sind von dicken Betonmauern gesäumt, gespickt mit militärisch bewachten Checkpoints. Viele Menschen überqueren täglich diese Punkte, um auf der anderen Seite zur Arbeit, zur Schule, zur Uni oder einkaufen zu gehen. Oft haben sie auch keine andere Wahl. Je nachdem wie dicht besiedelt die Orte sind, kann es mehrere Stunden dauern, um nur einmal durch solch einen Checkpoint zu kommen. Viele Menschen müssen täglich sehr zeitig aufstehen, um rechtzeitig zur Arbeit oder in die Schule zu kommen und kommen erst sehr spät wieder nach Hause. Mit den Soldaten spricht man am besten englisch, um bloß niemanden mit der Verwendung der verfeindeten Sprache zu konfrontieren. Die Schleusen wirken häufig wie Gänge in Massentierhaltungsanlagen, die das Vieh zur Schlachtung treiben. Beengte Wege führen durch Metallzäune durch mehrere Tore. Eine Architektur der Angst. Doch diese Checkpoints dienen nicht der Sicherheit, es geht allein um Kontrolle. Die Schikane hat System.
THE PRESENT zeigt diese Zustände aus der Sicht einer palästinensisch-arabischen Familie, die durch einen israelischen Checkpoint in die nächste Stadt zum Einkaufen möchte. Dabei handelt es sich noch um einen wenig frequentierten Checkpoint und dennoch zieht sich der Übergang qualvoll in die Länge. Auch den Soldaten merkt man an, dass die stumpfe Arbeit an solch einem entlegenen Ort sie geistig zermürbt und überspitzt und gereizt handeln lässt. Somit macht der fiktionale Kurzfilm auf eine Situation aufmerksam, die den meisten Augen sonst verborgen blieben, aber täglich tausenden Menschen das Leben unnötig schwer und leidvoll macht, egal von welcher Seite sie kommen.
THE PRESENT ist 2021 für einen Oscar als Bester Kurzfilm nominiert.
Irgendwo zwischen humorvoll und erschreckend erzählt TWO DISTANT STRANGERS vom Gefühl der Willkür und der Ohnmacht im Sumpf des Racial Profiling. Und mit jedem Reboot der Zeitschleife, in der der Protagonist gefangen ist, wird klarer, dass es dabei nicht um individuelle Motive sondern um einen institutionellen Rassismus geht. So lange wir uns damit begnügen, zu betonen, dass wir persönlich ja so tolerant und vorurteilsfrei sind und uns nicht mit dem systemischen Problem auseinandersetzen wollen, so lange wird die Zeitschleife immer und immer wieder von vorn beginnen.
TWO DISTANT STRANGERS ist 2021 für einen Oscar als Bester Kurzfilm nominiert.
Mädel, wenn du Karriere und Familie unter einen Hut kriegen willst, musst du anfangen, kleinere Brötchen zu backen. In etwa das dürfte die Erkenntnis aus WILD ROSE sein. Und so muss die durch Rabenmutter-Attitüden gezähmte Rose schließlich erkennen, dass die große Welt zu schwierig und es zu Hause doch am schönsten/einfachsten ist.
"Ain't no yellow brick road
Running through Glasgow
But I found one that's stronger than stone
Ain't no place like home"
Für diese letzten 20 Minuten möchte ich den Film eins auf'n Deckel geben. Auf so'n scheiß konservatives, braves Feel-Good-Ende hätte ich gern verzichten können. Denn davor ist WILD ROSE wirklich großartig, was vor allem an Jessie Buckley und ihrer Verkörperung der wilden Rose-Lynn liegt. Sie ist der Inbegriff einer Sternschnuppe, die aus dem Dunkeln auftaucht, um den Nachthimmel zu erhellen. Die Geschichte nimmt ihren Vibe perfekt auf und versprüht eine anarchistische und gleichzeitig liebenswerte Energie. Die Country-Musik bekommt hier eine gelungene Modernisierung und überzeugt als atmosphärischer Soundtrack, den Buckley fast vollständig selbst singt. Daneben transportiert Country aber teilweise auch rückständige Werte, die sich hier vom Nord-Osten der USA auf die lokal-patriotische Arbeiterklasse Glasgows übersetzen.
Ich hätte WILD ROSE gerne gemocht, aber ich gebe mich damit zufrieden, der vielseitigen und brillanten Jessie Buckley zu huldigen.
Hinter dieser unscheinbaren Märchen-Adaption verbirgt sich ein fantastisches audio-visuelles Erlebnis, dessen Atmosphäre einen direkt in die Finsternis saugt. Der wilde Genre-Mix aus Coming of Age, Horror und Psychodrama ist vollgepackt mit Symbolik, Farbmetaphern und bedeutungsschweren Dialogen. Mit einer gewissen Kälte aber auch mit ganz viel zorniger Energie erzählt Gretels Erwachsenwerden von der weiblichen Ermächtigung in einer patriarchalen Gesellschaft.
Jump-Scares und blutiges Gemetzel sucht man hier vergebens, denn der eigentliche Horror geschieht unter der Oberfläche. Um GRETEL & HÄNSEL zu genießen, sollte man sich einfach reinfallen lassen in die düster glühenden Bilder detailverliebter Kulissen und den magischen Synthie-Score von Robin Coudert. Nur dann wird man das Märchen zwischen den wild wuchernden Wäldern und der harten Geometrie entschlüsseln können. Jedoch wird ein Stück des Mythos schließlich im Kreis unheilvoller Trigone verloren gehen.
Man braucht die isländische Sprache nicht zu beherrschen, um diesen animierten Kurzfilm zu verstehen, denn das einzige Wort, das hier gesprochen wird, ist "Ja" - auf isländisch "Já" [Jau]. Die Bilder sprechen die eigentlichen Worte und so erzählt YES-PEOPLE gewitzt und süffisant vom Alltag in einem Mehrfamilienhaus. Kleine Episoden formen häppchenweise die Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen. Wohnungen erfüllt von Leben, aber auch von Konflikten. So bekommt das "Ja" immer neuen Kontext, je nachdem wie es ausgesprochen wird. Der Fokus verlagert sich auf Körpersprache und Tonalität und der kann selbst aus der Gleichförmigkeit des Alltags wieder zu aufschlussreichen Beobachtungen führen.
Mit der Bejahung des Lebens möchte YES-PEOPLE, dass wir dem Alltagstrott wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, um all die schöne Dinge zu genießen, die sich so selbstverständlich darin verstecken, aber auch um die kleinen Hinweise wahrnehmen zu können, wo Hilfe und Unterstützung gebraucht wird.
YES-PEOPLE wurde 2021 für einen Oscar als Bester animierter Kurzfilm nominiert.
Elegantes Schwarz-Weiß, Klavier und Geigen und assoziative Montagen zeitenübergreifenden Filmmaterials hebt diese Doku audio-visuell aus der Konkurrenz hervor.
Inhaltlich geht sie mit ihrer Thematik aber nur sehr oberflächlich um und so erfährt man nur wenig von dem schicksalhaften Raubüberfall, den Motiven des jungen Pärchens - außer "Verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge" (weil sie ihr Hip Hop-Mode-Geschäft nicht aufgeben wollten, hmm) - oder den Hintergründen zum Justizsystem in den USA.
TIME gewährt einen sehr intimen Einblick in eine Familie, die vom Gefühl der Ungerechtigkeit gepeinigt wird und verlässt sich dabei ganz auf Emotionalitäten. Schaut man über die künstlerische Inszenierung hinweg, ist es doch eher eine Aneinanderreihung banaler Phrasen, Kampfansagen, Liebesbekundungen, verziert mit einer Menge Pathos und gekrönt vom tränenreichen Ende. Eine Doku zum mitleiden, aber mehr auch nicht.
TIME wurde 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Sofort muss man bei einem Detektiv im Altersheim doch an Pflegemissstände denken und eben dafür wird der 83-jährige Sergio als Maulwurf angeheuert. Doch die Crew entschied sich gegen heimliche Aufnahmen und filmte stattdessen offen unter einem Vorwand im chilenischen Seniorenheim. Missstände lassen sich mit vorbereiteten Personal dann schon mal nicht mehr aufklären, also muss sich die Doku einen anderen Fokus suchen. Den findet Sergio. Denn seine Mitbewohner beschäftigen vor allem die Gedanken um die Familie und menschliche Nähe bzw. deren Fehlen. Mit größtem Feingefühl und Respekt geht der Maulwurf dem nach und verdattert darüber hinaus fast seinen eigentlichen Auftrag.
Der detektiv-thrillerartige Aufzug verliert dadurch leider seine Relevanz, gerade weil er am Anfang noch so tatortesk inszeniert wurde, und wirkt im Nachhinein etwas fehl am Platz. Dennoch ist die herzliche und witzige Atmosphäre recht unterhaltsam und gibt daneben dem Heimalltag noch Raum genug, um auch diese universellen Schicksale greifbar zu machen, mit all ihrem Schmerz und ihrer Perspektivlosigkeit.
DER MAULWURF - EIN DETEKTIV IM ALTERSHEIM ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Im Algenwald vor der südafrikanischen Küste taucht Tierfilmer Craig Foster nach seinem Burnout ab, um sich wieder selbst zu finden. Dabei entdeckt er die mystische Unterwasserwelt seiner Kindheit wieder, lernt zu beobachten und durch kleinste Details die Umwelt zu lesen. Nach Entdecken eines Oktopus-Weibchens sinkt Foster immer tiefer in eine Obsession hinein, taucht fast täglich für Stunden, ein ganzes Jahr lang. Er beginnt zu dem Tier eine tiefe haustierartige Emotionalität aufzubauen, bei der es ihm immer schwerer fällt, noch reiner Beobachter zu bleiben.
Dabei geht MEIN LEHRER, DER KRAKE vielleicht etwas zu unkritisch mit Fosters Besessenheit und der einseitigen Freundschaftspflege um, zeigt aber auch die schönen Seiten von der Leidenschaft zur Natur und die Kraft, die man daraus schöpfen kann. Die Aufnahmen aus dem Algenwald sind nichts anderes als magisch und begeistern mit den sorgfältig inspizierten Details vom Meeresboden.
Abschließend muss man aber nochmal sagen, dass, wenn hier eine Verhaltensbiologie dokumentiert wird, es eher nicht die der Tiere ist, sondern die des Menschen.
MEIN LEHRER, DER KRAKE ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Manche sagten, Camp Jened wäre ein utopischer Ort gewesen. Das Sommercamp im Staate New York war in den 60er und 70er Jahren Rückzugs- und Befreiungsort für alle, eben auch für Menschen mit Behinderungen. Hippiesk aber vor allem frei, tolerant und solidarisch verbrachte man dort gemeinschaftliche Sommer und tankte Lebensfreude, Stärke und Courage für ein ganzes Leben. Und so beeinflusste dieses Camp den aktivistischen Werdegang vieler Personen, um für die Werte zu kämpfen, die sie dort das erste Mal hautnah erleben konnten.
All das zeigt SOMMER DER KRÜPPELBEWEGUNG mit fantastischem Archivmaterial vom Camp Jened Anfang der 70er über den 504 Sit-in bis hin zu Protesten zu Beginn der 90er, begleitet von Interviews mit Aktivisten, die sich im legendären Sommerlager kennenlernten. Witzig, horizonterweiternd und bewegend und dabei kein bisschen sentimental. Denn was hier mitreißt, sind keine tragischen Schicksalserzählungen unterlegt mit tränenzieherischer Musik. Es ist die Erkenntnis, wie einfach doch die Zutaten einer Utopie sind - zumindest abseits der gewaltigen Machtapparate zwischen Geld und Politik - und der Mut derjenigen, die gewillt sind, diese Maschinerie aufzubrechen für ein kleines bisschen mehr Menschlichkeit.
SOMMER DER KRÜPPELBEWEGUNG ist 2021 für einen Oscar als Bester Dokumentarfilm nominiert.
Kaum aus der Rippe geboren, bekam ich eine Einladung. Und als ich dort auf der Veranda stand, mit den unbehandelten Dielenboden, der fein geschnitzten Tür und der einzigartigen Architektur, hinausblickend in einen paradiesischen Garten, wurde ich gar neidisch. Ich wurde hineingebeten und höflich empfangen. Doch einen Moment, in dem ich mit dem Luftzug durch die geöffnete Tür kam, spürte ich kurz das Aussetzen eines Herzschlags. War es meins? Meine anfängliche Schüchternheit verschwand schnell, denn ich fühlte mich wohl, fast wie daheim. Ich ging durch die Räume und bewunderte die liebevollen Details, die harmonisch abgestimmten Texturen und Farbnuancen und die leidenschaftliche Versunkenheit, mit der sich die Gastgeberin sofort wieder ans Werk machte. Ich war fasziniert und dennoch schon fast amüsiert von diesem lächerlich perfektionistischen Anspruch. Die Gastgeberin gab sich distanziert, nüchtern und bestach dennoch durch Ihre natürliche Schönheit und Ihrem intuitiven Geist. Ihr komplexes Gemüt schien Sie undurchdringlich zu machen. Umso erleichterter war ich, als etwas später der Gastgeber erschien. Er strahlte eine unwiderstehliche Wärme und Güte aus. Man wusste sofort, was man an Ihm hat. Er lud zum längerem Verbleib und ich nahm es fast schon in gleichmütiger Erwartung entgegen.
In unbeobachteten Momenten erlaubte ich mir, hier und da mal in einen Schrank hineinzuschauen und Schubladen zu öffnen. Es schien okay zu sein. Bei der schieren Größe dieses Hauses fiel es gar nicht auf, wenn ich mal ein Glas herunterstieß oder mein Rotwein einen Fleck auf dem Boden hinterließ. Kann ja mal passieren. Die Gastgeberin reagierte immer sehr sensibel, wenn ich Dinge nicht dort hinlegte, wo sie vorher waren. Nachvollziehbar, aber ich machte mir manchmal dennoch einen Spaß daraus.
Im Arbeitszimmer des Gastgebers entdeckte ich dann seine Werke. Ich hatte schon davon gehört, aber sie tatsächlich zu sehen und darin zu lesen, war erhebend. In einem der Bücher ging es um den Ursprung dieses Hauses und wie hart Er daran gearbeitet hat. Mag Er davon auch in den wundervollsten Worten schreiben, aber dieses Paradies erschaffen, hat doch Sie, oder? Ich beschäftigte mich immer mehr mit den Büchern. Ihre einnehmende Emotionalität und eingängigen Botschaften ließen mich diese Welt endlich verstehen. Mit steigender Bewunderung für den Gastgeber, nervte mich die wichtigtuerische Art der Gastgeberin. Ständig wirbelte Sie herum, tat hier, tat dort, beachtete mich immer erst, wenn ich die Tür zu laut knallte. Aber sich so wirklich mit mir beschäftigt, hat Sie sich nie. Arrogante Kuh! Zugegeben, es war gemein, aber ich machte Ihr gern Arbeit. Und mit der Zeit hatte ich das Gefühl, dass Sie mit Ihrem Ordnungsfimmel auch etwas lockerer wurde, denn immer wieder entdeckte ich Dreckflecke und Schadstellen, die Sie nicht mehr beseitigte. Manchmal brachte Sie sogar ewig den Müll nicht raus und es stank im ganzen Haus. Ganz schön unhöflich.
Doch eines Tages ist etwas völlig Unerwartetes passiert. Ich war wirklich nur eine Sekunde aus dem Zimmer, aber die Kerzen entzündeten die vielen umliegenden Zeitungen und kurze Zeit später stand das ganze Haus in Flammen. Sie kam nicht mehr raus. Dann saß ich da auf der verkohlten Veranda und wusste eigentlich gar nicht mehr wohin mit mir. Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte die Zeit in diesem tollen Haus mehr genossen, ja, zu schätzen gewusst. Naja. Er meinte dann zu mir, ich solle mir keine Sorgen machen. Er baue uns ein neues. Aber als Er den Hammer in die Hand nahm, hatte ich das Gefühl, Er hätte vorher noch nie einen benutzt.