MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

  • Du bist ja fleißig. Wo gräbst Du nur diese ganzen Raritäten aus? Gesehen hast Du die noch nicht, oder?

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      MareikeHB 02.09.2021, 18:22 Geändert 02.09.2021, 18:24

      „Tagebuch einer Kammerzofe“ von Luis Buñuel ist eine bitterböse Gesellschaftssatire, die auch einige schockierende Momente bereithält: ein mit Schnecken garnierter Mord, eine gequälte Gans, ein erschossener Schmetterling!
      Ansonsten wird in einem ruhigen Erzählstil das Wirkungsfeld einer Kammerzofe (die großartige Jeanne Moreau) in einem großbürgerlichen Haushalt auf dem Lande in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen geschildert.
      Die „Herrschaften“ werden überspitzt und schräg dargestellt. Der Vater hat einen Fetisch, seine Tochter ist intrigant, ihr Ehemann (Michel Piccoli) ist ständig auf der Jagd im wörtlichen Sinne, aber auch nach Frauen. Dann gibt es noch einen bösartigen Gärtner, der zugleich glühender Faschist ist, wie auch der Nachbar, ein ehemaliger Hauptmann.
      Buñuels unbarmherzige Kritik an der großbürgerlichen Gesellschaft, in der sich Abgründe auftun und seine Kritik am Faschismus, der unter einer scheinbar bürgerlichen Fassade lauert, ist offensichtlich. Die Hauptpersonen werden äußerst subtil, differenziert und nie völlig unmenschlich dargestellt. Selbst der Mörder zeigt sich nicht ausschließlich von seiner negativen, brutalen Seite. Auf manche Beschimpfungen würde man heute allerdings wegen politischer Unkorrektheit verzichten.
      Die Schauspieler sind allesamt großartig, die schwarzweißen Aufnahmen exzellent.
      Es gibt einige Szenen, die nicht explizit in Erscheinung treten, die einem aber dennoch sehr wirkungsvoll einen Schauer über den Rücken laufen lassen. Die Brutalität der herrschen Klasse sowie der Faschisten und ihr rücksichtsloses Streben nach Dominanz ist oft erschreckend. Das Ende ist extrem bitter. Dies ist auf jeden Fall ein Film, der nachwirkt.

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        MareikeHB 26.08.2021, 17:34 Geändert 26.08.2021, 17:37

        Der äußerst blutige und visuell hervorstechende Giallo-Reißer „Terror in der Oper“ des legendären Dario Argento ist derzeit bei Amazon im Abo kostenlos unter dem Titel „Dario Argento Opera“ und nicht nur gegen Entgelt zu leihen!
        Die „Wer ist der Täter“- Geschichte, um einen unbekannten Psychokiller, der eine junge Opernsängerin verfolgt, immer wieder quält und dabei eine Blutspur hinterlässt, ist zwar insgesamt nicht besonders glaubwürdig erzählt. Aber spannend und unterhaltsam ist sie allemal.

        Die besonderen Stärken dieses Werks liegen ganz woanders: in den sehr einfallsreichen und beweglichen Kameraeinstellungen, die detailreiche Ausstattung, die ästhetischen Bilder und die gekonnt subjektiv eingesetzte Kamera - ein Traum für jeden Filmfan. Letztlich lässt sich der gezeigte bitterböse, leicht überzeichnete Albtraum ganz anders verkraften, wenn man sich an diesen herrlichen Aufnahmen berauschen kann.
        Von dem Täter bekommt man zunächst höchstens ein paar zuckernde Gehirnhälften zu sehen, wenn er die Diva zu Gesicht bekommt, ansonsten ist er maskiert. Seine Mordtaten werden sehr explizit dargestellt.

        Die Opernmusik, „Macbeth“ von Giuseppe Verdi, passt hervorragend zu dem dramatischen Geschehen rund um eine Operninszenierung und die damit kontrastierenden Metal-Einlagen im gelungenen Soundtrack bezeugen die Aggressivität des Täters. Die Darsteller sind in Ordnung, auch wenn sie vielleicht etwas mehr noch durch ihr Aussehen bestechen, als durch ihr schauspielerisches Talent.
        Schon gleich zu Beginn des Films wird klar, dass auch Raben eine tragende Rolle zukommt - eine schöne Hommage an Hitchcocks „Die Vögel“.

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          MareikeHB 22.08.2021, 16:55 Geändert 22.08.2021, 17:55

          Die gelungene Literaturverfilmung „Madame Bovary“ von Vincente Minelli nach dem damaligen Skandalroman von Gustave Flaubert ist anscheinend eine in den Untiefen von Filmbergen verborgene Perle, die einmal wieder ausgebuddelt werden sollte. Der französische Autor Flaubert schuf dieses bissig bittere Stück Weltliteratur über eine emanzipierte Frau im Jahre 1857 und wurde prompt verklagt. Genau hier setzt der Film an. Die Anklageschrift wird verlesen und der Schriftsteller lässt in seiner Verteidigungsrede sein Werk Revue passieren.

          Madame Bovary ist die gelangweilte und ambitionierte Gattin eines Landarztes aus einfachen Verhältnissen, die aus den starren gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit ausbricht und ständig nach Höherem strebt. Reihenweise verdreht sie den Herren den Kopf. Manche von ihnen lassen sich auch auf eine außereheliche Beziehung mit ihr ein, was aber schnell zu einem Gefühl der Überforderung führt.

          Regisseur Minelli, einer der Großen aus der Zeit des „Golden Age“ Hollywoods, inszenierte dieses kurzweilige Gesellschaftsdrama gewohnt souverän und elegant, teilweise mit einer hervorragenden Bildsprache.
          Der schwindelerregende Tanz der Madame Bovary auf einem Ball steht für ihre unbändige Lebenslust, aber auch für das „Schwindeln“ im Rahmen ihres Doppellebens. Die Dialoge und vor allem die gelegentlichen Kommentierungen des Autors sind voller Subtext und sehr geistreich.

          Auch die namhafte Besetzung ist großartig: insbesondere Jennifer Jones als die doppelbödige Madame, Van Heflin als ihr bieder, braver Ehemann und Louis Jourdan als zynischer Aristokrat. Letztere Rolle sollte eigentlich James Mason spielen, doch dieser lehnte dankend ab. Er wollte in den USA seinem Image als „The man you love to hate“ entfliehen, mit dem er in den Jahren zuvor in Großbritannien die größten Erfolge feierte. Stattdessen übernahm er hier die kleine Rolle als Flaubert und bleibt mit seiner einzigartigen Erzählerstimme weitestgehend im Hintergrund.

          Entstehungszeitlich bedingt (Hays Code!) findet man hier natürlich weder die naheliegenden Freizügigkeiten, die man aus der heutigen Zeit kennt, noch ein Breitbildformat. Auch sind die schön ausgestatteten Bilder schwarzweiß gehalten. Letztlich muss man einem großen, bekannten Streaming-Anbieter danken, dass er auch ein derartiges altes Schätzchen für ein kleines Entgelt im Angebot hat und die Sprachen deutsch/englisch und Untertitel deutsch/englisch zur Verfügung stehen.

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            Streaming-Tipp:
            Das Ding aus dem Horror-Klassiker „Das Ding aus der anderen Welt“ von John Carpenter ist sogar noch fieser als das Corona-Virus. Das außerirdische Etwas befällt Tiere sowie Menschen und assimiliert sie. Die Verbreitung ist schleichend mit einer gewissen „Inkubationszeit“, aber erschreckend schnell und unbedingt tödlich. Gut, dass nicht New York, sondern nur eine Forschungsstation im Polarkreis betroffen ist. Die Spannung, die sich langsam, aber zunehmend aufbaut, resultiert aus der Tatsache, dass niemand weiß, wer bereits von dem Außerirdischen gekapert wurde.
            Die Effekte sind schön von Hand gemacht, wirklich beeindruckend und natürlich mit einem standesgemäßen Ekelfaktor. Ein Höhepunkt ist sicherlich der Bluttest. Argh! Der wieder einmal geniale Soundtrack von Ennio Morricone befördert das Grauen zusätzlich. Ich würde den Gruselfaktor insgesamt einmal als angenehm bezeichnen.

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              MareikeHB 19.08.2021, 13:14 Geändert 19.08.2021, 14:15

              Zwölf Uhr mittags ist ein absolut zeitlos klassischer, psychologischer Western von Fred Zinnemann, der mit jedem Schauen besser wird und in jeder Hinsicht Perfektion ausstrahlt. Wer diesen Film sieht, versteht, warum sich aktuell die Taliban in Afghanistan ausbreiten oder sich ähnliche Schreckensregime etablieren können.
              In Echtzeit wird der Konflikt eines mutigen, aufrechten Ex-Marshalls mit einem ehemaligen, äußerst brutalen Häftling sowie seiner drei finsteren Kumpanen geschildert, die Rache suchen. Während die Bewohner der Stadt die Ankunft der Verbrecher zwar nicht gutheißen, ist allein der Marshall gewillt, sich den Gangstern entgegenzustellen. So begibt er sich auf die Suche nach Mitstreitern. Dabei erhält er eine Absage nach der anderen, mit den denkbar menschlichsten Begründungen, die man sich vorstellen kann.
              Warum nehmen die Bewohner also hin, dass die Gangster ihren Schrecken verbreiten können? Die Gründe sind vielfältig: die Religion, materielle Interessen, persönliche Sympathien mit den Verbrechern, Hass auf den Marshall, Feigheit, Ignoranz, Bequemlichkeit…
              „Do not Foresake me“ (Verlasst mich nicht) ist das Grundthema dieses Films und zugleich der wohl ikonischste Western-Song, der jemals geschrieben wurde. Der rhythmische, durchgehende Hufschlag-Sound im Song ist dabei ein Symbol für das Verlassenwerden und die Möglichkeit der Flucht.
              Der Spannungsbogen lässt niemals nach, überflüssige Szenen gibt es hier nicht. Die exzellent eingefangenen Schwarzweiß-Bilder sind oftmals symbolträchtig. Die Besetzung mit dem verzweifelten, aber entschlossenen Gary Cooper als Marshall, der wunderschönen Grace Kelly und der charismatischen Katy Jurado, beide in starken Frauenrollen, ist optimal.
              Es ist die Geschichte eines einsamen Helden, Helden denen es bedarf, um das Böse in dieser Welt zu besiegen, wenn die Mehrheit der Gesellschaft dieses billigend in Kauf nimmt!

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                MareikeHB 15.08.2021, 11:52 Geändert 15.08.2021, 18:27

                Das Internatsdrama und den damaligen Überraschungshit „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ von Christophe Barratier kann man wohl als modernen Klassiker bezeichnen und ist gerade auch Musikbegeisterten zu empfehlen.
                Der erfolglose Komponist und neue Aufseher eines Internats für schwer erziehbare Jungen wirbelt im Jahre 1949 mit seinen unkonventionellen Erziehungsmethoden und der Gründung eines Chors das streng reglementierte und freudlose Internatsleben durcheinander.
                Das klingt natürlich erst einmal nicht gerade neu und erinnert thematisch an Peter Weirs „Club der toten Dichter“. Liegt im letzteren Film der Fokus auf „Carpe Diem“ - „Nutze den Tag“ sowie die Befreiung des Individuums aus den Fesseln der Konformität, ist es hier „Hass säht Hass“ und die Bedeutung einer wertschätzenden Erziehung. Dabei werden die niemals zu aufdringlichen humanistischen Botschaften durch äußerst liebenswerte Charaktere transportiert. Die jugendlichen Laiendarsteller agieren sehr authentisch und Gerard Jugnot, der diesen Film auch co-produzierte, schließt man als „antiautoritäre“ Autoritätsperson sofort ins Herz. Die „Oscar“-nominierte Musik ist sehr ansprechend, und die Kamera mit ihren erdigen Farben unterstützt die wohlige Wärme, die dieses Werk versprüht.

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                  über Lola

                  „Lola“ von Rainer Werner Fassbinder ist eine anspruchsvolle, beißende Gesellschaftssatire. Hier geht es um Anstand, Moral, Vetternwirtschaft und käufliche Liebe. Die Dialoge sind pointiert witzig, die Chanson-artigen musikalischen Einlagen erstklassig und auch die Kamera ist einfallsreich. Die Hauptdarsteller glänzen: Armin Müller-Stahl ist ruhig und verklemmt, Barbara Sukowa lasziv und verträumt, Mario Adorf schlitzohrig und extrovertiert. Die Rollen wurden den Darstellern auf den Leib geschrieben, auch wenn das Schauspiel bisweilen etwas exaltiert wirkt. Gerade Adorf zeigt sein gewohnt charmantes Overacting.
                  Das Auffallendste an diesem Werk ist jedoch die äußerst kreative, besonders farbenreiche Beleuchtung. In einer Szene werden, je nach Gemütszustand der Person, die eine Person z.B. fahlgrau und die andere Person mit roter Farbe ausgeleuchtet. Letztlich bedienen sich die Beleuchter im Laufe des Films gefühlt aller Farben des Regenbogens, aber es wirkt immer erstaunlich passend und ästhetisch. Somit gelang Fassbinder ein Filmkunstwerk, das aber glücklicherweise auch zu unterhalten vermag. Das Ende ist mit seiner vollendeten Bitterkeit ebenfalls sehr gelungen.

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                    „Der Schrei“ klingt nach einem Horrorstreifen, ist aber ein kunstvolles Drama des Meisterregisseurs Michelangelo Antonioni. Nach dem Ende einer Liebesbeziehung versucht Aldo (Steve Cochran) immer wieder den Neuanfang einer Beziehung. Er ist ein äußerst ambivalenter Charakter: zum einen charmant und liebevoll, manchmal aber auch brutal und egoistisch. Oft steht er seinem Glück selbst im Wege. Das Ende ist kompromisslos und erklärt den Filmtitel.
                    Die Schwarzweiß-Aufnahmen sind einfach großartig. Ruhelos streift Aldo durch die italienische Nachkriegslandschaft voller Dreck, beschädigter Gebäude und Armut - das absolute Gegenteil einer italienischen Postkartenidylle. Dabei spiegelt die Landschaft den Seelenzustand des Protagonisten. Die unterschiedlichsten Begegnungen wirken dabei teilweise fast surreal. Diese komplexe erzählerische Perspektive sowie die Darstellung einer gewissen tranceartigen Verlorenheit des Protagonisten erinnern ein wenig an das zuvor entstandene, fesselnde Meisterwerk „Ausgestoßen“ von Carol Reed, in dem ein verblutender Bankräuber (James Mason) dem Gesetz zu entfliehen versucht und sich durch Belfast schleppt. „Ausgestoßen“ schildert den Kampf ums Leben und hier ist es der Kampf um Liebe. Letztlich wird in beiden Werken äußerst facettenreich und sehr gekonnt Urmenschliches aufgezeigt.

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                      Streaming-Tipp: „Das Versteck - Angst und Mord im Mädchenpensionat“ von Narciso Ibanez Serrador ist ein zeitlos gelungener Thriller-Klassiker mit leichten Horror-Anleihen, angesiedelt in Südfrankreich, ca. Ende des 19. Jahrhunderts.
                      Das Grauen sucht ein streng geführtes Mädchenpensionat heim, das junge Frauen aus schwierigen Verhältnissen im Alter von 15 bis 21 Jahren, bis zur damaligen Volljährigkeit, beherbergt. Und dieses Grauen ist vielschichtig. Es wird bestimmt durch Sadismus, Psycho-Terror, toxische Beziehungen und Mord. Bis zum Schluss wird das Publikum darüber im Unklaren gelassen, wer für die Bluttaten verantwortlich ist.

                      Mit einer eleganten Leichtigkeit inszeniert Serrador diese Genreperle und kleidet die Gefühlswelt der Heranwachsenden in eine perfekte Bildsprache. So nutzt der Regisseur klassische Horror-Motive um darzustellen, dass Neuankömmling Teresa schon gleich zu Beginn ein unterbewusstes Unbehagen in der neuen Internats-Umgebung hegt.
                      Auch die aufkommende und unterdrückte Sexualität der Mädchen wird sehr subtil aufgezeigt, z.B. in in einer grandios inszenierten, sexuell sehr aufgeheizten Nähstunde! Dabei bekommt man insgesamt wenig nackte Haut zu sehen. So dürfen die Mädchen die Dusche nur mit einem Gewand betreten. Dies ist zugleich ein Sinnbild für die gewollte Unterdrückung der Triebe.
                      Die Darstellerinnen sind allesamt großartig. Insbesondere Lilly Palmer als dubiose Internatsleiterin zeigt viel Charisma. Das liebevoll ausgestattete Internat bietet eine hervorragende Kulisse für ein wohliges Grusel-Erlebnis. In Spanien erhielt das Werk diverse Filmpreise.

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                        MareikeHB 29.07.2021, 20:37 Geändert 30.07.2021, 15:16

                        „Der Koloss von Rhodos“, ein Frühwerk des legendären Sergio Leone, ist ein ziemlicher Koloss von einem Film, eben ein typischer „Sandalen-Film“.
                        Dementsprechend gibt es Überlänge, die sich leider auch oft lang anfühlt, mehr oder weniger gelungene Monumentalbauten - der Koloss in Menschengestalt vor dem Hafen der Insel ist dabei sicherlich am beeindruckendsten. Unter den knapp geschnittenen Kostümen der antiken Helden blicken vor allem in den Action-Szenen immer einmal wieder die perfekt sitzenden und gar nicht so antik wirkenden Unterhosen hervor.
                        Das Schauspiel und die Dialoge in diesem Intrigenspiel sind recht hölzern, die zahlreichen Kampfszenen eher ungelenk.
                        Hauptdarsteller Rory Calhoun lässt seinen öligen Charme spielen und spaziert eindeutig zu häufig mit einem leicht aufgesetzt wirkenden, koketten Lächeln durch den Film. Schade, denn er hat z.B. in einigen seiner früheren Western bewiesen, dass er auch als Schauspieler überzeugen kann. Letztlich zeigt sich in der Regie die Unerfahrenheit des jungen Leones. Eigene Akzente vermag er hier noch nicht zu setzen.
                        Die Effekte und auch der Soundtrack sind recht gelungen, immerhin ist das Ganze mehr oder weniger unterhaltsam, im Guten wie im Schlechten.

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                          „Das Mädchen und der Kommissar“ von Claude Sautet ist ein ruhiger, subtiler Krimi und perfektes Schauspielkino. Der Kommissar (Michel Piccoli) bewegt sich hier als Agent Provocateur in den Grauzonen des Rechts, ebenso wie das „Mädchen“ (Romy Schneider).
                          Piccoli und die Schneider, die beiden sind einfach DAS Traumpaar des europäischen Kinos der 1970er. Hier lässt Sautet die beiden durch ihr charismatisches und äußerst nuanciertes Schauspiel unmittelbar nach seinem grandiosen Meisterwerk „Die Dinge des Lebens“ wieder einmal glänzen. Wo findet man heute in Europa noch derartige Stars mit einer solchen Ausstrahlung und Tiefgründigkeit?
                          Aber bei allem Enthusiasmus sollte man doch wissen, dass dies ein Film der leisen Töne ist. Kleine Gesten und Dialoge bestimmen den Film, nicht die Action. Man muss bei dem recht hohen Gesprächstempo auch gut zuhören können. Die Ausdauer lohnt sich schließlich. Das Ende hält einen Knalleffekt bereit.

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                            MareikeHB 18.07.2021, 12:13 Geändert 25.07.2021, 08:56

                            „Der Stern des Gesetzes“ von Anthony Mann ist ein packender, zeitloser Western alter Schule, der noch heute zu begeistern vermag.
                            Ein erfahrener und abgeklärter Kopfgeldjäger (Henry Fonda) zeigt einem jungen, überforderten Sheriff (Anthony Perkins), wie man sich behauptet und seine Aufgaben meistert. Diese recht simple Geschichte wird optimal ausgearbeitet, psychologisch stimmig und vielschichtig erzählt. Regisseur Anthony Mann führt seine Akteure mit einer subtilen Perfektion. Fonda, mit seiner selbstbewussten Lässigkeit, und Perkins, mit seiner angespannten Verbissenheit, sind einfach grandios in den Hauptrollen. Auch die Nebenrollen sind mit der charmanten Betsy Palmer und dem charismatischen Neville Brand als Gegenspieler optimal besetzt.
                            Die kontrastreiche Schwarzweiß-Kinematografie ist exzellent und lässt keine Wünsche offen. Auch die Film-Restaurateure haben wieder einmal Wunder vollbracht und präsentieren gestochen scharfe Bilder.
                            Auf übertriebene Grausamkeiten wartet man vergeblich. Auch so wird die Spannung durchgehend gehalten, schließlich lassen einen die authentisch wirkenden Protagonisten immer mitfiebern.

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                              MareikeHB 13.07.2021, 19:21 Geändert 13.07.2021, 19:36

                              „Satanas - Das Schloß der blutige Bestie“ von Roger Corman ist im Streaming unter dem Titel „Die Maske des roten Todes“ zu finden! Dieser Okkult-Thriller im historischen Gewand besticht durch ein grandioses, surreal-artifiziell wirkendes Bühnenbild und eine fantastische Ausstattung voller Skurrilitäten.
                              Vincent Price ist ein charismatischer, dekadenter Schlossherr, der seine Untergebenen quält und Kontakt zum ultimativen Bösen hält. Außerhalb seines Schlosses grassiert der „rote Tod“, der Ähnlichkeiten mit der Pest aufweist.
                              Symbolbeladen geht es um den immer währenden Kampf zwischen Gut und Böse sowie Schuld und Sühne. Einige Menschen können den verlockenden, satanischen Versuchungen nicht widerstehen und versündigen sich. Doch die Endabrechnung wird kommen! Und diese wird blutrot sein.
                              Tatsächlich ist dieser Film eine Mischung aus überkandideltem Trash (einige Darsteller sind nicht so ganz auf der Höhe) und visueller Kunst.

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                                MareikeHB 13.07.2021, 18:14 Geändert 13.07.2021, 22:47

                                „Der zehnte Tag“ ist ein sehr wendungsreicher und unterhaltsamer Psycho-Thriller von Meisterregisseur Claude Chabrol. Sicherlich ist das fintenreiche Kriminaldrama um eine rätselhafte, großbürgerliche Familie etwas überkonstruiert, aber die Spannung wird durchgehend gehalten.
                                Der Film ist in zehn Kapitel (1. bis 10. Tag) unterteilt und nahezu jedes Kapitel weist eine Pointe auf.
                                Chabrol erweist sich wieder einmal als ein sehr einfallsreicher Regisseur, der die mysteriöse Stimmung gut einfängt. Auch die Kamera ist exzellent.
                                Mit der Besetzung Orson Welles als Familienoberhaupt hat sich Chabrol einen lang gehegten Traum erfüllt. Aber auch Anthony Perkins darf wieder einmal als labiler Typ glänzen. Michel Piccoli ist gewohnt souverän als Gast der Familie, der mit dem einen oder anderen dunklen Familiengeheimnis konfrontiert wird.
                                Chabrol drehte diesen ambitionierten, aber nicht immer ganz schlüssigen Film in englischer Sprache. Ein kommerzieller Erfolg war dieses für manche vielleicht etwas zu abgehobene Werk nicht.

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                                  MareikeHB 11.07.2021, 13:37 Geändert 11.07.2021, 14:14

                                  Verrückte Filmtitel wie „Die neunschwänzige Katze“ wecken immer wieder meine Neugierde. Man hat das Gefühl, dass es heute derartig kreative Titel kaum noch gibt.
                                  Der unterhaltsam von Dario Argento inszenierte Whodunit stammt aus der Hochzeit des italienischen Kinos, einer Zeit, in der italienische Filme noch stilprägend und international erfolgreich waren. Dies gilt insbesondere für die speziell italienischen Subgenres des Giallo und die Poliziotteschi.
                                  Dieses Werk weist alle Merkmale eines typischen Giallo auf, einer Untergruppierung des Thrillers. Es geht um die Aufdeckung einer Mordserie im Umfeld eines Biotech-Unternehmens, das Gen-Experimente durchführt. Dabei werden die unnatürlichen Todesfälle recht brutal und explizit dargestellt.
                                  Die kreativ eingesetzte Kamera fängt stilvolle Bilder in satten Farben ein: Zum Beispiel wird von dem unbekannten Täter insbesondere vor den Morden immer nur ein Auge in Großaufnahme gezeigt. Sodann folgt eine kurze subjektive Kameraführung.
                                  Die Darsteller überzeugen allesamt. Wie bei italienischen Großproduktionen aus dieser Zeit üblich, schmückt sich die Darstellerriege mit einem internationalen Cast, u.a. mit den markanten Typen Karl Malden und Horst Frank. Der blonde Protagonist (B-Movie Star James Francisco) bietet den gut aussehenden Gegenpol.
                                  Die wieder einmal herausragende Filmmusik von Ennio Morricone mit gelegentlichen Klangexperimenten untermalt das Geschehen perfekt.
                                  Allerdings sind die nicht besonders glaubwürdig Handlung und die vernachlässigte Figurenzeichnung ein Schwachpunkt des Films. Eine Liebesszene ist sehr ungelenk inszeniert und damit unfreiwillig komisch. Aber die Spannung wird durchgängig gehalten. Das mag auch an der knackig kurzen Laufzeit liegen. Im Streaming gibt es nur die gekürzte deutsche Version zu sehen.

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                                    MareikeHB 05.07.2021, 19:39 Geändert 06.07.2021, 09:04

                                    Schaut euch hier den Trailer zu diesem Film an!!! Danke, Moviepilot, für die berühmt berüchtigte Schulungsfilm-Parodie „Staplerfahrer Klaus“ - Der erste Arbeitstag“. Denn der knapp 10 Minuten lange „Trailer“ ist bereits der ganze (Kurz-) Film.
                                    Er zeigt sehr anschaulich, was man als angehender Gabelstapler-Fahrer alles beachten sollte. Dabei führt er den Zuschauenden die Sicherheitsregeln vor Augen und zwar auf eine Weise, sodass garantiert alles im Gedächtnis bleibt.
                                    Staplerfahren ist sicherlich kein Zuckerschlecken, aber nach diesem prägnanten „Schulungsfilm“ würde auch ich mich gewappnet sehen, ein derartiges Fahrzeug zu bedienen. Der Rest ist natürlich reine Übungssache.
                                    Erstmals habe ich einen kurzen Ausschnitt dieses Kurzfilms in dem Film „In den Gängen“ von Thomas Stuber gesehen, als der Protagonist seinen Gabelstapler-Führerschein machte.
                                    Damals wusste ich noch nicht, dass dieser mittlerweile legendäre Kurzfilm tatsächlich gerne zu Schulungszwecken gezeigt wird. Der Film lief zudem auf zahlreichen Filmfestivals, u.a. in Cannes, und wurde auch international ein Erfolg.
                                    Die Altersempfehlung von 16 ist übrigens absolut gerechtfertigt. Man muss schon eine gewisse Reife haben, eine derartige Schulung über sich ergehen zu lassen :-D. Der Humor kommt in diesem Filmchen jedenfalls nicht zu kurz. Auch wenn er rabenschwarz ist. Also rein ins Vergnügen!

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                                      MareikeHB 01.07.2021, 22:00 Geändert 01.07.2021, 22:37

                                      „Snatch - Schweine und Diamanten“ von Guy Ritchie: Diese blutige Gangstergroteske hätte ich mögen können. Generell mag ich schräge Typen, ausgefallene Dialekte, schwarzen Humor, eine ausgefallene Erzählstruktur und flotte Soundtracks - auch die Darsteller dieses Films (das *innen kann man hier getrost weglassen :) weiß ich zu schätzen. Selbst eine gelegentliche politische Unkorrektheit finde ich erfrischend, soweit sie nicht wirklich diffamierend ist und bestenfalls durch andere positive Eigenschaften der Figur kompensiert wird.
                                      Ärgerlich finde ich allerdings, dass hier unter dem Deckmantel cooler Komik bekannte Vorurteile insbesondere gegenüber Juden, Schwarzen und dem sogenannten „Fahrenden Volk“ massiv kultiviert werden. Gerade weil dieser Film gemocht und von vielen Personen geschaut wird, finde ich die offen zur Schau gestellten schablonenhaften Klischees umso bedenklicher. Zumindest ist dies äußerst einfallslos. Daher gebe ich als Gegengewicht zu den Lobpreisungen in Punkten einmal ein „Ärgerlich“.

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                                        MareikeHB 27.06.2021, 19:01 Geändert 27.06.2021, 19:04

                                        „High Society“ von Anika Decker ist eine recht amüsante, aber auch infantile und stereotype Rollentausch-Komödie mit einer Liebesgeschichte, die immerhin so einige der vielversprechendsten deutschen (Jung-) Stars bereit hält.
                                        Die Gags sind oft sehr überzogen und platt, provozieren aber schon auch ein gelegentliches Schmunzeln. Dabei prallt die Welt des Luxus auf die links-aktivistische Hartz 4-Welt.
                                        Die talentierte Emilia Schüle weiß in der Hauptrolle mit ihrem natürlichen Charme zu überzeugen. Jannis Niewöhner, hier als sympathischer Polizist, hat ebenfalls eine wunderbare Leinwandpräsenz.
                                        Grand Dame Iris Berben, als Upper-Class-Mutti, und Jannik Schümann, in einer kleinen Nebenrolle als ihr Sohn, übertreiben es zuweilen mit ihrem gekünstelten Spiel.
                                        Wundertüte Katja Riemann, ich nenne sie wegen ihrer überragenden Wandlungsfähigkeit einmal die deutsche Meryl Streep, erkennt man erst auf den zweiten Blick. Sie beweist besonders viel Mut zur Hässlichkeit in der Rolle der in einfachen Verhältnissen lebenden Aktivistin. Bin immer wieder begeistert von ihr, da sie selbst mittelmäßigen Filmen Glanz verleiht. Alles in allem bietet der Streifen (sehr) leichte Unterhaltung mit schön anzuschauenden Stars.

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                                          MareikeHB 27.06.2021, 17:54 Geändert 27.06.2021, 18:01

                                          Streaming-Abo-Tipp für filmhistorisch Interessierte!
                                          „Marx Brothers: Eine Nacht in Casablanca“ von Archie Mayo ist für mich letztlich der amüsantere „Casablanca“. Das Spätwerk der legendären Marx Brothers, das nur wenige Jahre nach dem berühmten Filmklassiker „Casablanca“ entstand, ist eine erfreulich beschwingt und flott inszenierte Parodie mit dem typisch „anarchistischem“ Humor der komischen Brüder.
                                          Hier geht es um die Entlarvung eines deutschen Nazi-Verbrechers, der wertvolles Nazi-Raubgut in einem Hotel in Casablanca versteckt hat.
                                          Inhaltlich ist der Film kein anspruchsvoller Propaganda-Film, wie sein Vorbild.
                                          Vielmehr werden hier die Nachwehen des Zweiten Weltkriegs beschrieben, wo es darum ging, verborgene Nazi-Verbrecher aufzuspüren, die im Ausland inkognito lebten und geschehenes Unrecht wieder gutzumachen. Dieses ernste Thema wird von Archie Mayo gekonnt leichtfüßig aufbereitet.
                                          Die zeitlos gelungene Mischung aus Slapstick und Wortwitz hat es in sich. Dabei sind die Zuständigkeiten der Brüder mit ihrem ikonischen Aussehen wieder klar verteilt: Groucho ist der intelligente, wortgewandte Zyniker, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Chico, der „italienische“ Frauenheld, darf einmal mehr ein virtuoses Klavierstück zum besten geben. Der auch hier stumme Harpo erfreut mit ein paar grandiosen pantomimischen Einlagen sowie mit einem raffiniert gespielten Stück auf der Harfe. Die beiden dargebotenen Stücke unterbrechen zwar etwas den Erzählfluss, da sie ein wenig in den Film hineingepresst wirken, sind aber sehr angenehm zu hören und äußerst gekonnt dargeboten.
                                          Nicht umsonst gehören die vielseitigen Brüder noch heute zu den größten Stars, die Hollywood je hervorbrachte und ihre Fans seit nunmehr vielen Jahrzehnten generationenübergreifend erfreuen.
                                          Sig Ruman mimt in einer Nebenrolle den stereotypen Nazi, der im englischen Originalton immer wieder herrlich „Du Schweinhund“ schimpft.

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                                            MareikeHB 23.06.2021, 18:57 Geändert 23.06.2021, 18:57

                                            „Nachts, wenn das Skelett erwacht“ klingt nach klassischem Horrortrash - ist es letztlich auch. Aber immerhin ist es einer von der unterhaltsameren Sorte.
                                            Die hanebüchene Geschichte, angesiedelt im 19. Jahrhundert, um ein uraltes Skelett, das durch Wasser zum Leben erweckt werden kann und das Blut des ultimativen Bösen in sich trägt, ist ein Selbstläufer. Hinzu kommt noch, dass der Besitzer des Skeletts, ein Professor (natürlich passend: Peter Cushing), von jetzt auf gleich einen Impfstoff aus dem Blut entwickelt, damit er das Böse auf der Welt bekämpfen kann. Hätte er diesen Impfstoff doch wenigstens einmal ordentlich getestet und nicht äußerst leichtfertig vorschnell verimpft!
                                            Damit nicht genug. Stress bereitet noch ein bösartiger und von Neid erfüllter Halbbruder (natürlich passend: Christopher Lee), der eine Heilanstalt für Geisteskranke leitet und auch gerne einmal Experimente an ihnen oder mit diversen Körperteilen à la Frankenstein durchführt. Es gibt tatsächlich viele äußerst faszinierende Handlungsstränge, die mehr oder weniger in Einklang gebracht werden. Schon bald zeigt sich, dass das wandelnde Skelett nicht das einzige Übel, sondern eher eine Randerscheinung ist.
                                            Tatsächlich ist der Film nie langweilig und auch wenig vorhersehbar. Insbesondere gilt dies für den einfallsreichen Schluss.
                                            Ansonsten wird man aber auch mit einigen mäßigen Nebendarstellern und einem „lebendigen“ Skelett mit einer schön grobschlächtig gestalteten Plastik-Maske konfrontiert.

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                                              „Die Abservierer“ ist eine gelungene Action-Komödie von John Badham, die einige wunderbare Gags bereithält, aber gelegentlich auch vor Albernheiten nicht zurückschreckt.
                                              In dieser deutlich überdrehteren Fortsetzung des Action-Komödien-Klassikers „Die Nacht hat viele Augen“, ebenfalls von John Badham, übernehmen erneut Richard Dreyfuss und Emilio Esteves als Polizisten einen Observierungs-Job. Diesmal müssen sie sich als Familie tarnen, sodass ihnen noch eine extra schräge Staatsanwältin (Rosie O‘Donnell) zur Seite gestellt wird. Allein aus dieser „Familien“-Konstellation ergeben sich oft schon sehr komische Momente. Die Kriminalgeschichte ist dagegen eher zu vernachlässigen.
                                              Wie beim Film-Vorgänger liefert der Beginn und das Ende ernsthafte Action. Die ersten Gags wirken noch etwas recycelt aus dem ersten Teil, nur mit noch größeren Übertreibungen. Dann wird der Film zunehmend origineller.
                                              Der Höhepunkt ist für mich ein komödiantisch absolut perfekt inszeniertes Abendessen mit dem zu observierenden Ehepaar (köstlich: Dennis Farina und Marcia Strassman). Selten habe ich einen größeren Lach-Flash bekommen. Dreyfuss, Esteves und O‘Donnell sind wirklich bestens aufgelegt und mit Spielfreude dabei.
                                              Am besten genießt man den Streifen mit „Giiiiiiiiiiiiiiiiiiiin - Tonic“.

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                                                MareikeHB 17.06.2021, 22:05 Geändert 17.06.2021, 22:06

                                                „Vor der Morgenröte“ von Maria Schrader ist ein besinnliches, aber leider auch extrem spannungsarmes, Biopic über die Exiljahre des Schriftstellers Stefan Zweig. Stefan Zweig war neben Thomas Mann der weltweit am meisten gelesene Schriftsteller aus dem deutschsprachigen Raum im 20. Jahrhundert. Am bekanntesten dürfte wohl sein Spätwerk „Die Schachnovelle“ sein.
                                                Bereits kurz nach Hitlers Machtergreifung emigrierte der gebürtige Österreicher aufgrund seines jüdischen Glaubens zusammen mit seiner Frau nach England und später nach Brasilien. Er führte dort ein ruheloses Leben und reiste viel umher, denn er war ein gefragter Redner und wurde immer wieder von Intellektuellen aller Nationalitäten, darunter von vielen aus Europa emigrierte Künstlern, hofiert. Trotz aller Schreckensnachrichten und des Krieges in Europa hielt er sich mit kritischen Meinungsäußerungen über das nationalsozialistische Deutschland zurück. Zweig wird als Melancholiker dargestellt, der die europäische Kultur in seiner Wahlheimat vermisst, sehr viel auf Reisen ist und damit nicht wirklich sesshaft wird. Zudem plagt ihn sein schlechtes Gewissen, dass es ihm so viel besser als den Juden in Europa geht.
                                                Im Februar 1942 nahmen sich er und seine Frau durch Gift in Petrópolis, Brasilien, das Leben.
                                                Die hochkarätige Besetzung mit Joseph Hader, Barbara Sukowa und in einer kleinen Rolle Charly Hübner, überzeugt, so auch die übrigen internationalen Darsteller, die in untertiteltem Original-Ton sprechen. Alles wirkt authentisch, und die Kamera fängt schöne Bilder ein. Das größte Problem des Films ist der fehlende Spannungsbogen und die fehlende emotionale Nähe zu den Protagonisten, sodass schnell Langeweile entsteht.
                                                Der Freitod wird gekonnt beiläufig inszeniert. In einer sehr langen, statischen Einstellung sieht man lediglich die Haustür, das Ein- und Austreten von Bekannten der Zweigs. Dabei hört man diverse Gesprächsfetzen. Schließlich wird der kurze Abschiedsbrief verlesen.
                                                Letztlich kann man getrost lieber die Zeit mit der Lektüre der „Schachnovelle“ verbringen, als mit diesem recht verkopften, langatmigen Epos.

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                                                  MareikeHB 13.06.2021, 16:34 Geändert 13.06.2021, 16:35

                                                  Die Dokumentation „Frank Capra - Der amerikanische Traum eines Cineasten“ ist eine sehenswerte, kurze Dokumentation über einen der bedeutendsten U.S.-amerikanischen Filmemacher - Frank Capra (1897-1991). Capra war einer der erfolgreichsten und renommiertesten Regisseure aus dem „Goldenen Zeitalter“ Hollywoods (ca. 1930-1950) und war stilprägend für das typische „Hollywood-Kino“.
                                                  Sein Spezialgebiet waren geistreiche Komödien und Tragikomödien. Er erfand die sogenannte „Screwball-Komödie“, die von intelligenten Wortgefechten lebt und gebrauchte in seinen Werken erstmals sich überlappende Dialoge. Seine Filme sind einerseits von einem patriotischen American Way of Life, aber zugleich auch von Sozialkritik und dem (gerechten) Kampf eines Individuums gegen die Massen geprägt. Jeder noch so kleine Filmrolle maß er großes Gewicht bei und er legte viel Wert auf ein sehr hohes Erzähltempo, damit das Publikum fokussiert und interessiert dem Geschehen folgt. Dabei verkürzte er in vielen Szenen das damalige normale Erzähltempo um ein Drittel! Seine eskapistischen „Happy End“-Filme boten einen starken Kontrast zu den düsteren Noir-Filmen aus der Zeit.
                                                  Persönlich steht er für die Verwirklichung des „Amerikanischen Traums“. Als er ein Kind war, wanderte seine Familie aus Italien aus. Er lebte zunächst in äußerst prekären Verhältnissen, kämpfte in der Familie für seine Schulbildung. Wie viele Einwanderer fühlte er sich oft als Außenseiter und hatte immer das Gefühl, sich beweisen zu müssen. Er begann als Gag-Schreiber für den Film. Später gelang es ihm sowohl das Publikum, wie auch Kritiker für sein Schaffen zu begeistern und schuf einige der populärsten Filme aus der Zeit.
                                                  Seine wichtigsten filmischen Werke sind der Weihnachtsklassiker „Ist das Leben nicht schön?“, „Es geschah in einer Nacht“, „Mr. Smith geht nach Washington“, „Mr. Deeds geht in die Stadt“, „Arsen und Spitzenhäubchen“, „Hier ist John Doe“, „Lebenskünstler“ und „In den Fesseln von Shangri-La“. Dreimal erhielt er insgesamt eine „Oscar“-Auszeichnung als bester Regisseur.
                                                  Während des Zweiten Weltkriegs schuf er sehr bedeutende Propaganda-Filme und wurde mit höchsten militärischen Ehrungen ausgezeichnet.
                                                  In der McCarthy-Ära hat er sich dagegen nicht mit Ruhm bekleckert und hat, wie viele anderer seiner Kollegen, gewisse Kollegen angeschwärzt, um keine beruflichen Nachteile zu erleiden.
                                                  Noch heute bieten seine Filme mit ihrer Kurzweiligkeit, ihrem feinen, lebensnahen Humor, den hervorragenden Charakterzeichnungen, ihrem handwerklichen Geschick und ihrem moralischen Anspruch äußerst intelligent gemachte Unterhaltung.

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                                                    In der Arte-Mediathek: Zum hundertsten Todestag von Ludwig van Beethoven entstand im Jahre 1927 der recht sparsam produzierte Stummfilm „Beethoven“ von Hans Otto Löwenstein. Wirklich gepackt hat mich dieses biographische Werk inhaltlich zwar nicht, auch wenn Fritz Kortner durchaus als Beethoven überzeugt.
                                                    Die neu eingespielte musikalische Untermalung mit Auszügen aus diversen bekannten Werken Beethovens war auf jeden Fall gelungen. Der Film sei daher zumindest Fans des großen Meisters empfohlen.

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