MareikeHB - Kommentare
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Alle Kommentare von MareikeHB
„Bob & Carol & Ted & Alice“ von Paul Mazurski ist eine offensichtliche Hommage an das Lebensgefühlt der 1968, an die Zeit der sexuellen Befreiung. Es ist eine Zeit, an der ich noch nicht einmal das Licht der Erde erblicken durfte, also weit weg. Paul Mazurski schaut liebevoll satirisch auf das damals angesagte Lebensgefühl. Ja, gerade über seine Gefühle sollte man als zeitgeistgeprägter Mensch für sein Wohlbefinden immer sehr offen sprechen, auch wenn diese Offenheit für die Mitmenschen oftmals irritierend war. Bob (Robert Culp) und Carol (Natalie Wood) sind ein derartiges, sehr fortschrittliches Ehepaar, das sich auf schrägen Selbsterfahrungskonventions herumtreibt und eine offene Beziehung pflegt. Das Best Friends Ehepaar Ted (Elliott Gould) und Alice (Dyan Cannon) ist dagegen treu und ziemlich verklemmt. Sie sind von dem Lebensgefühl ihrer Freunde einerseits schwer beeindruckt, andererseits auch schockiert. Da wird zusammen viel palavert, Pot geraucht und Platte gespielt. Wird vielleicht auch mehr daraus, z.B. ein flotter Vierer?
Der Film zeigt zwar nackte Haut und auch Herumgetätschel, aber mehr nicht. Da war man im Jahr 1968 wohl doch noch zu keusch. Charmant unterhaltsam war diese gesprächige Komödie, in der eigentlich nicht viel passierte, trotzdem. Die Darsteller waren jedenfalls wirklich erstklassig und sehenswert.
Liebe Marie, ich habe dir ja versprochen, noch etwas zu Deinem Buch zu schreiben.
Es hat mir große Freude bereitet, es zu lesen. 😊
Besonders interessant für mich war, dass es sich inhaltlich um eine Familiengeschichte unter Einbeziehung von wenig bekannten Aspekten der Deutsch-Französische Geschichte des 20. Jahrhunderts handelte. Insbesondere wissen die Deutschen relativ wenig über die Besetzung der Ardennen und anderer östlicher Gebiete Frankreichs durch deutsche Soldaten während des ersten Weltkriegs. Ich kann mir gut vorstellen, wie die Liebe zwischen deutschen Soldaten und Französinnen zu größten Gewissenskonflikten bei den Betroffenen geführt hat. Schließlich wollte niemand sein Heimatland „verraten“. Es drohte zudem nicht nur eine Bestrafung, sondern auch eine gesellschaftliche Ächtung. Letzteres betraf insbesondere die Französinnen, die sich im Gegensatz zu den fremden Soldaten in ihrem normalen gesellschaftlichen Umfeld bewegten.
Du hast wirklich sehr lebendig geschildert, wie die Deutschen damals von den Franzosen wahrgenommen wurden. Sie erfuhren nicht nur eine kategorische Ablehnung als Feind, sondern wurden auch für ihre positiven Eigenschaften bewundert. Umgekehrt empfanden die Deutschen ganz ähnlich. Die geschilderten Begegnungen zwischen Deutschen und Franzosen sind in den unterschiedlichen Generationen immer wieder von Vorurteilen, aber auch von verbindenden Elementen und Überraschungen geprägt. Dies zeigt auch, wie wichtig der Austausch und die Offenheit für fremde Kulturen generell ist. Nur so können Freundschaften, Verständnis und eine wahre Verbundenheit zwischen den Völkern entstehen. Man kann nur hoffen, dass jungen Menschen weiterhin die Möglichkeit gegeben wird, an Austauschprogrammen teilzuhaben. Bei mir hat ein derartiger regelmäßiger Austausch mit Vertretern anderer Nationen auch immer sehr positive Spuren und bleibende Eindrücke hinterlassen.
Die äußerst bildhafte, kreativ eingesetzte Sprache, der Humor und die Großzügigkeit mit allzu menschlichen Schwächen zeichnen das Buch aus. Es gibt für jedes Kapitel ein sehr passendes Filmzitat - das gefällt natürlich uns Cineasten! Für Enthusiasten der Poesie und der Literatur werden die Kapitel gelegentlich mit Textausschnitten aus diversen bekannten Werken angereichert, die inhaltlich auf die Handlung Bezug nehmen. Auch gibt es Textpassagen, die an ein Drehbuch bzw. an ein Theaterstück erinnern.
Es ist ein origineller, tragikomischer Lobgesang auf die Liebe, den interkulturellen Austausch, insbesondere auf die Deutsch-Französische Freundschaft und nicht zuletzt auf den Film sowie die Literatur!
Viel Erfolg weiterhin mit diesem Buch, Marie, und allen Leserinnen und Lesern ein schönes Lesevergnügen!
„Iwans Kindheit“ ist ein sowjetisches Antikriegsdrama von Großmeister Andrei Tarkowski mit einigen ikonischen Szenen, die sich in das Gedächtnis einbrennen.
Der zwölfjährige Vollwaise Iwan (Nikolai Burlyayev) findet Zuflucht bei einer sowjetischen Einheit während des Zweiten Weltkriegs, für die er sich als Aufklärer einbringen möchte. Als sich der Feind nähert, wollen ein Hauptmann (Valentin Zubkov) und ein Leutnant (Yevgeni Zharikov) den Jungen durch die feindlichen Linien in Sicherheit bringen.
In pointierten, symbolreichen Szenen wird indirekt die Grausamkeit des Krieges gezeigt. Gefechtsszenen sucht man hier vergebens. Mit vereinzelten Leichen, Inschriften: „ Es waren acht. Keiner wurde älter als 19 Jahre“, einem alten Mann, der in einer Ruine lebt, einem abgestürzten deutschen Jagdbomber, Explosionen in der kargen Landschaft, Aufzeigen mangelhafter Versorgung und vereinzelt lautstarken Gefechtsgeräuschen wird alles über den Krieg und seine Grausamkeiten gesagt. Die Geschichte wird teilweise aus der Perspektive des traumatisierten, aber äußerst willensstarken Jungen, gelegentlich unterlegt mit kunstvollen Traumsequenzen, aber auch aus Sicht der beiden fürsorglichen Soldaten geschildert.
„Iwan“ gibt einerseits russischen Kriegsopfern ein Gesicht und steht zugleich für alle Kriegskinder, die ihre Kindheit im Krieg verloren haben. Nur im (Tag-)Traum dürfen sie unbeschwert Kind sein. Gegen Ende des Films sieht man, wie sich russische Soldaten nach der Eroberung Berlins mit den Opfern des Krieges befassen. In diesem Zusammenhang werden in einer Archivaufnahme auch kurz die Leichen der Familie Goebbels gezeigt. Die mit Zyankali vergifteten deutschen Kinder wurden damit ebenfalls zu Kriegsopfer erklärt.
Die äußerst charismatischen Darsteller mit kantigen Charakteren und der großartige, sparsam eingesetzte Soundtrack sind ebenfalls eine Bereicherung für dieses herausragende, universelle Filmkunstwerk, das den Krieg verdammt.
Coole Liste! Da fällt mir auf Anhieb „Was ist mit Bob?“ ein. Der hilft gegen Trübsinn und hält auch großartige Therapieansätze, z.B. der Gedanke der kleinen Schritte, um Probleme zu lösen (Babyschritte), bereit. 😀
„West Side Story“ von Robert Wise zählt unter Kennern noch heute zu den großartigsten Musicals, die je gedreht wurden. Es geht um zwei bis aufs Blut befeindete New Yorker Jugend-Gangs, die einheimischen „Jets“ und die aus Puerto Rico zugewanderten „Sharks“, sowie die Liebesgeschichte zwischen Tony (Richard Beymer) von den „Jets“ und Maria (Natalie Wood), die wiederum die Schwester eines „Shark“ ist. Letztlich ist es eine Variation der Shakespeare-Tragödie „Romeo und Julia“, in die Zeit der 1960er verlegt.
Die jazzige Musik Leonard Bernsteins ist höchst komplex arrangiert und zugleich aber auch sehr eingängig. Bernstein gehört sicherlich zu den bedeutendsten US-amerikanischen Komponisten und liefert hier einen kongenialen Soundtrack, der andere Musicalkompositionen blass aussehen lässt.
Die großartig designten und bewusst artifiziellen Kulissen mit perfekt arrangierten Farbkompositionen sind eine Augenweide. Sie erinnern zugleich daran, dass „West Side Story“ auch ein erfolgreiches Broadway Musical war.
Bei den Darstellern glänzt insbesondere Natalie Wood mit einer tollen Ausstrahlung. Gesanglich lässt sie sich allerdings doubeln. Die Tanzeinlagen und die Choreographie sind meisterhaft und oftmals ausgesprochen athletisch. „Tonight, Tonight“, „Maria“ und „America“ sind die Songs, die man so schnell nicht wieder aus dem Kopf bekommt.
Die mutlose Verfilmung „Der Besuch der alten Dame“ nach dem Theaterstück Friedrich Dürrenmatts wird der Vorlage leider nur teilweise gerecht. In dem Stück geht es um eine ältere Milliardärin (Christiane Hörbiger), die in ihren Heimatort Güllen zurückkehrt, um sich an ihrem früheren Geliebten Alfred Ill (Michael Mendl) und den Dorfbewohnern zu rächen, die aus Feigheit und aus Selbstsucht vor Jahrzehnten ihren Ruf ruiniert haben. Sie verspricht den verschuldeten und von Arbeitslosigkeit geplagten Einwohnern 2 Milliarden, wenn sie Ill töten.
Das Theaterstück mit all seinen Themen um Schuld, Sühne sowie Kapitalismuskritik ist als klassische Tragikomödie konzipiert. Dabei stellt es mit beißendem Witz und grotesken Überzeichnungen ein äußerst unterhaltsames Stück Weltliteratur dar.
Bei dem Film geht der Humor leider völlig verloren. Handwerklich solide, aber staubtrocken wird die Geschichte gefühlt als moralinsauere Tragödie erzählt. Das leicht abgewandelte Ende wirkt im Film sogar unglaubwürdig, in der Originalvorlage großartig. Sehr bedauerlich ist auch, dass in dem Film alle grotesken Erzählelemente gestrichen wurden und die Geschichte aus den 1950er Jahren in die 2000er Jahren verlegt wurde. Nur die Werbeprospekte in dem Autohaus des Alfred Ill sind eine Reminiszenz an die ursprüngliche Entstehungszeit. Weiter reichte womöglich das Budget nicht.
Der Film ist letztlich von Angst geprägt: Von dem ach so ernsten Thema könnte der Humor und das Groteske der Vorlage zu sehr ablenken. Lachen wurde hier anscheinend verboten. Durch diese Verschlimmbesserung wurde das Original in meinen Augen gezielt entwertet. Auch wollte man in dem Autohaus anscheinend tunlichst Schleichwerbung vermeiden und überklebte sogar das Markenzeichen auf einem Auto mit einem fiktiven Logo.
Der schulmeisterliche erhobene Zeigefinger und übertriebene Korrektheit vernichten letztlich den brillanten Geist der Vorlage.
„Der Hofnarr“ ist eine sehr liebenswert, beschwingte Parodie, die diverse Ritter- und Robin Hood-Filme aufs Korn nimmt.
„Hofnarr Undercover“ Danny Kaye blödelt sich mit Wortwitz und visuellen Gags auf elegante Weise an einem Königshof durch ein Netz von Intrigen. Zwischendurch zeigt er in gesanglichen Einlagen, dass er auch eine schöne Tenor-Stimme hat. Einige Szenen sind wunderbar einfallsreich inszeniert, z.B. der Endkampf im Schloss mit den zahlreichen Kleinwüchsigen und dem Katapult, mit dem die Feinde in den Schlossgraben befördert werden. Außerdem gibt es lustige Hypnose-Szenen, Zweikämpfe und natürlich der legendäre Spaß mit dem Becher mit dem Fächer. Die Komödie ist ein unbeschwertes Vergnügen für Groß und Klein. Auch wenn sie in manchen Teilen etwas altbacken wirkt, hält sie doch einige zeitlose Witze bereit.
Hier die berühmte Szene mit dem Becher mit dem Fächer (ca. 4 Min.):
https://m.youtube.com/watch?v=jOvHMOjIG9s
„The House That Jack Built“ von Lars von Trier ist ein extrem gewalttätiges, verstörendes, aber auch überaus kunstvolles Porträt eines Serienkillers.
In fünf Kapiteln werden Mordtaten des überintelligenten Serienkillers (großartig: Matt Dillon) mit einer immer wieder sich steigernder Brutalität und Boshaftigkeit geschildert. Über einen Dialog aus dem Off sowie Sequenzen aus Rückblenden, kurzen Ausschnitten aus Dokumentationen und Trickfilmen können wir immer einmal wieder an der Gedankenwelt und den Kindheitserinnerungen des Täters teilhaben. Zudem wird er mit seinem „Gewissen“ (Bruno Ganz) konfrontiert und psychologisch seziert.
Letztlich mildert die Übertreibung in der Schilderung des „absolut Bösen“ bis hin zum Surrealen und die dadurch geschaffene Distanz des Zuschauenden die Grausamkeit der Taten ab. Hier geht es den Zuschauern ähnlich wie bei einem beliebigen Horrorfilm oder Psychothriller. Der Voyeurismus wird stimuliert und bedient. Bei dem Humor von der makabersten Sorte bleibt einem immer wieder das Lachen im Halse stecken. So hat der Killer z.B. aus einer abgetrennten Brust eines Opfers ein Portemonnaie hergestellt, das er in seinem bevorzugten Waffengeschäft zum Bezahlen für Mantelgeschosse hervorholt.
Generell kann man sich fragen, ob es unmoralisch ist, wenn man sich durch einen derartigen, großartig inszenierten Film unterhalten lässt. Interessant ist, dass von Trier am Ende ganz klar ein moralisches Urteil über den Täter fällt und diese Geschichte konsequent auf fantastische Art und Weise zu Ende erzählt.
Es ist ein Film, dem ich gerne 10 Punkte gegeben hätte, wenn er nicht so kunstvoll manipulativ Kapital aus extremen Gewaltdarstellungen geschlagen hätte. FSK 18 war selten mehr gerechtfertigt. Zum Teufel damit!
„Die Nächte der Cabiria“ ist ein symbolreiches Sozialdrama von dem großen Frederico Fellini, das allerdings hier bei Moviepilot unter vielen Hassbewertungen zu leiden hat. Der Einstieg war auch für mich nicht leicht, da der Beginn des Films ein wenig zu melodramatisch wirkte. Zudem empfand ich die Sychron-Stimme der temperamentvollen Hauptdarstellerin (großartig emotional: Giulietta Masina) manchmal recht schrill und unangenehm. Trotzdem bin ich sehr froh, dass ich den Film zu Ende geschaut habe.
Es war einfach eine wunderschön erzählte, episodenhafte Geschichte über eine junge Prostituierte, die trotz ihrer prekären Lage ihren Lebensmut nicht verliert und von der großen Liebe träumt.
Das Rom der 1950er Jahre wird brillant und mit subtiler Gesellschaftskritik porträtiert. Die (platonischen) Begegnungen der jungen Frau repräsentieren alle gesellschaftlichen Schichten: diverse Menschen in ärmlichsten Lebensverhältnissen, der dekadente, intellektuell deutlich überlegene, superreiche Filmstar, der „Zauberer“, der sie während einer Show zur Belustigung der Zuschauer hypnotisiert, der undurchschaubare Fremde aus der Mittelschicht, der vielleicht ihre große Liebe sein kann. Religion tritt in Form einer exzessiven Prozession und eines Mönches als vermeintlicher Heilsbringer in Erscheinung.
Es ist ein fesselnder, entlarvender und auch zuweilen in leisen Tönen emotionaler Film zwischen Neorealismus und übersteigerndem Surrealismus. Die Parallelität des Anfangs und des Endes zeigen einen Kreislauf des Lebens, bei dem Begriffe wie „Anfang“ und „Ende“ in ihrer Mehrdeutigkeit verwischen. Aus dem „Ende“ geht die Hauptfigur schließlich gestärkt hervor. Daher versprüht der Film trotz seiner tragischen Elemente Optimismus.
Die sehr sehenswerte Dokumentation „Laurel und Hardy: Die komische Liebesgeschichte von ‚Dick und Doof‘“ ist derzeit in der Arte- Mediathek zu finden. Filmhistorisch sehr aufschlussreich, erfährt man viel Wissenswertes und Überraschendes über das wohl bekannteste Komiker-Duo der Filmgeschichte.
Ihre Sketche wurden zeitweise mehrsprachig, z.B. auch in Deutsch und Französisch, gedreht, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Der starke Akzent der beiden und natürlich der Aufwand des Mehrfachdrehs waren ein Problem, bis sich schließlich das Synchronisieren von Filmen im Laufe der 1930er Jahren durchsetzte.
Nachdem sie sich schon relativ früh aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hatten, gingen die beiden gut befreundeten Darsteller mit einer Bühnenshow weltweit immer wieder sehr erfolgreich auf Tournee.
Obwohl Laurel in den Sketchen meist der „Doofe“ war, war er der kreativere Kopf der beiden und häufig an der Erstellung der genialen Drehbücher beteiligt.
Privat waren Laurel und Hardy den Frauen sehr zugetan und vor allem Laurel vielfach verheiratet.
Noch heute sind weltweit hunderttausende Fans in Clubs wie „Sons of the Desert“ vereinigt, um den beiden Komiker-Ikonen zu huldigen.
Aufgelockert wird die faktenreiche und sehr unterhaltsame Dokumentation immer wieder mit inhaltlich passenden Sketch-Einlagen der beiden brillanten Komiker.
„Pappa ante Portas“ von Vicco von Bülow alias Loriot klingt nicht von ungefähr wie „Hannibal ante portas“ nach einer Bedrohung und einem Belagerungszustand. Lauerte einst Feldherr Hannibal vor den Toren des antiken Roms, ist es nun der Vater, der als soeben Entlassener den familiären, gut eingespielten Haushalt konfrontiert. Berufliche Erfolgsrezepte lassen sich nunmal nicht so leicht auf den Haushalt übertragen. Da ist ein (liebevolles) Chaos vorprogrammiert. Der etwas weltfremde Pappa (hervorragend: Loriot) kauft da einmal z.B. eine ganze Palette Senfgläser, weil es schließlich einen kleinen Mengenrabatt gibt. Mutter (köstlich: Evelyn Hamann) kann es kaum fassen, trägt die sonderbaren Allüren ihres Ehemanns aber weitestgehend mit stoischer Fassung.
Die Situationskomik, die Dialoge, die kleinen Spitzen sind einfach zum Niederknien. Der gutbürgerlichen Spießigkeit und dem Patriarchat wird ein Spiegel vorgehalten. Trotz seiner überzeichnenden Kritik an bestehenden Verhältnissen, nimmt Loriot seine Hauptfiguren immer ernst und zeichnet sie mit einer liebevollen Wärme.
Loriot, der als einer der beliebtesten deutschen Komiker gilt, liefert hier ein Meisterstück mit Niveau ab, das bis in die kleinsten Nebenrollen großartig besetzt ist.
Der Film ist jedoch auch ein Spiegelbild seiner Entstehungszeit und demonstriert an manchen Stellen auch, wie sich die Lebensverhältnisse und der Zeitgeist in Deutschland über die Jahre geändert hat.
In Sachen Humor hat die Komödie selbst einen Engländer-Test bestanden. Der Engländer, ein Austauschschüler, konnte ebenfalls herzhaft über diesen Film lachen und war sehr überrascht, dass auch den Deutschen gute Komödien gelingen können.
Hier ein paar spontane Einfälle für Deine schöne Liste:
- Was ist mit Bob? - Was „Babyschritte“ und „Todestherapie“ bedeuten.
- Victor/Victoria - warum Frauen sich manchmal für einen Mann ausgeben sollten, der so tut als sei er eine Frau.
- Der rosarote Panther (1963) - dass damit nicht nur ein Tier gemeint sein kann.
- Die Reise zum Mittelpunkt der Erde (1959) - wie „Gertrud“ auf Isländisch ausgesprochen wird und dass man besser keinen Appetit auf sie haben sollte.
„Berg der Versuchung“ von Edward Dmytryk ist ein spannendes, mit Ruhe erzähltes Bergsteigerdrama.
Zwei sehr ungleiche Brüder, Zacharias (Schauspiellegende Spencer Tracy) und Chris (ein noch sehr junger Robert Wagner) besteigen aus völlig unterschiedlichen Motivationen einen Berg, auf dem ein indisches Passagierflugzeug abgestürzt ist.
An Originalschauplätzen in den Alpen gedreht ist der Film hervorragend bebildert. Die Kletterszenen sind meisterhaft, detailliert und sehr fesselnd inszeniert. Die Charakterzeichnungen der beiden Protagonisten sind extrem stringent, und die beiden liefern sich ein starkes (Psycho-)Duell.
Der Altersunterschied der beiden Brüder ist natürlich frappierend. Eine Vater und Sohn Konstellation wäre da glaubwürdiger gewesen, aber da mochte man wohl nicht von der Romanvorlage abweichen. Außerdem wollte Dmytryk unbedingt die beiden Hauptdarsteller, mit denen er schon erfolgreich in „Die gebrochene Lanze“ zusammengearbeitet hatte, verpflichten.
Tracy und Wagner sind hier in ihrer Unterschiedlichkeit beide sehr überzeugend.
Das Verhalten und die Einstellung Zacharias am Ende des Films wurde manchmal kritisiert, weil beides nicht den Erwartungen entsprach. Letztlich resultiert es aber eindeutig aus einer psychischen Überforderung. Gerade traumatisierte Menschen verhalten sich einfach nicht immer berechenbar wie Uhrwerke und rational. Letztlich prallen hier in dem Bruderzwist in jeder Beziehung Welten aufeinander, zwei Pole, die gegensätzlicher nicht sein können.
Streaming-Tipp für Freunde des derben Humors und Monty Python!
Bei der äußerst makabren, manchmal geschmacklosen und natürlich extrem polarisierenden Piratenkomödie „Dotterbart“ verteilt sich die Bewertung ziemlich gleichmäßig auf alle Punktzahlen. Da ich mich generell manchmal zu solch bösen, völlig übertriebenen Scherzen hingezogen fühle, hatte ich definitiv meinen Spaß und konnte tatsächlich einmal wieder ein paar Lachsalven loswerden. Manche werden dafür vielleicht ein paar stärkere Drogen brauchen. Andere werden sich von vornherein angewidert von diesem Film abwenden und die Nase rümpfen.
Der völlig überzogene und drastische Humor wird stark von der legendären Monty Python Truppe geprägt, die zudem als (erstklassige) Darsteller mit von der Partie sind. Nur fehlen hier die surrealen Zeichentrick-Intermezzi.
Graham Chapman, der auch am Drehbuch mitgewirkt hat, mimt den widerlichen Pirat mit der dottergelben Haarpracht, der aus dem Gefängnis ausbricht, dabei mit seinem schönen, kultivierten Sohn konfrontiert wird und seinen verbuddelten Schatz in México ausgraben möchte (Gold und Klunker, nicht seine Angetraute). Andere Schatzjäger (überzeugend: Peter Boyle) und Vertreter der britischen Krone (Eric Idle) sind ihm dicht auf den Fersen, wie auch die Spanier, die über die „Schatzinsel“ herrschen. Dabei wird wirklich jedes Klischee eines Piratenfilms persifliert und ad absurdum geführt. Auch gibt es immer wieder viel Blut und abgetrennte Gliedmaßen zu sehen.
In Nebenrollen tauchen Marty Feldman, Madeline Kahn und David Bowie auf. James Mason hat einen schönen Kurzauftritt als sadistischer Kapitän. Die Gag-Dichte ist, ähnlich wie bei den „Nackte Kanone“ Filmen sehr hoch, so dass Mehrfachsichtungen durchaus angezeigt sind.
Leider gibt es nur die deutsche Sychronfassung (die aber durchaus gelungen ist).
Nach meiner Erstsichtung vor ca. 25 Jahren habe ich einmal wieder „The Mission“ von Roland Joffé geschaut. Bin restlos begeistert von diesem grandiosen epischen, historischen Drama! Der Zahn der Zeit konnte diesem Meisterwerk nichts anhaben.
Die historisch belegte Geschichte voller Symbolik um internationale (Kolonial-)Politik, die Macht der Kirche und gelebtem Glauben in der Zeit um 1750 fesselt noch heute.
Hervorragend sind auch die Hauptdarsteller: ein Vertreter der (ur-) christlichen reinen Lehre (Jesus-gleich: Jeremy Irons), der allzu menschliche Kämpfer zwischen Gut und Böse (Robert de Niro) und der mächtige, aber zugleich auch machtlose Repräsentant der Kirche (Ray McAnally). Sie verkörpern die unterschiedlichsten christlichen Archetypen und zeigen zahlreiche Facetten, wie der christliche „Glaube“ tatsächlich gelebt wurde. Gut und Böse verwischen hier vielfach, weil Menschen beide Elemente in sich tragen. Die Menschen bewegen sich immer zwischen dem Paradies auf Erden und der Hölle auf Erden. Beides liegt dabei in ihrer Hand, zumindest in der Hand der Mächtigen! Leicht zu verdauen ist dieser mit bedächtiger Ruhe erzählte Film jedenfalls nicht, wenn der Menschheit so schonungslos der Spiegel vorgehalten wird.
Hinzu kommt die überragende, „Oscar“-prämierte Kamera, die absolut atemberaubende Bilder und auch Naturaufnahmen Südamerikas einfängt.
Zu guter Letzt ist der stimmungsvolle Soundtrack ein weiterer kreativer Höhepunkt des großartigen Ennio Morricone und zählt wohl zu den besten Filmmusiken aller Zeiten.
Da mich dieses nahezu perfekte Werk auch emotional ansprach, kann ich nur die höchste Punktzahl vergeben.
Der Noir Film "The Reckless Moment" von Max Ophüls wirkt ein bisschen wie ein ungeschliffener Rohdiamant, der mit den Sehgewohnheiten heutiger Zuschauer spielt.
Einerseits zeigt sich die wegweisende Genialität Ophüls (hier internationalisiert unter dem Namen Opuls) durch Detailverliebtheit, seine bewegliche Kameraführung und durch (wieder einmal) eine starke Frauenfigur. Andererseits konnte er anscheinend aus Budget-Gründen nicht jede Einstellung wunschgemäß drehen (wie sich aus dem Audiokommentar der DVD ergibt). Einige ungewöhnliche Kameraeinstellungen sind dadurch aber auf jeden Fall sehr interessant geworden. Auch wirkt es sich positiv aus, dass er nicht so viel Geld für Studioaufnahmen hatte und überwiegend an Originalschauplätzen drehte.
Die angedeutete Liebesgeschichte, die gewisse Erwartungen bei heutigen Zuschauern erweckt, zwischen einer Mutter mit Familie und dem Erpresser durfte er jedoch aufgrund des damaligen Hays Code nicht, wie zunächst geplant, verwirklichen. Der Code verbat Filmemachern unter anderem, dass außereheliche Beziehungen ungestraft bleiben und "Verbrecher" davonkommen.
Interessant ist, dass damals schon das Phänomen des „Stockholm-Sydroms“, also dass das Opfer Sympathien für den Täter entwickelt, thematisiert wurde.
James Mason mimt souverän den liebenswerten Erpresser. Joan Bennett verkörpert ebenfalls sehr überzeugend die selbstbestimmte Mutter, die wegen der längeren Abwesenheit des Ehemanns mit der Erpressung alleine fertig werden muss. Sie versinnbildlicht die starke Frau und Mutter, die in Zeiten der Krise und Abwesenheit des Ehemanns ihren "Mann stehen muss". Dies war zur damaligen Zeit, auch noch nach dem zweiten Weltkrieg, oft bittere Realität, aber letztlich eine Chance für die Emanzipation. Ein großartiges und ungewöhnliches Noir-Werk!
„Der Besessene“ (alternativ: „Noch hänge ich nicht“) von Marlon Brando ist ein für die damalige Zeit fortschrittlicher, spannender Western, der gekonnt das althergebrachte Gut/Böse-Schema aufbricht.
Zwei befreundete Gesetzlose gehen zwei unterschiedliche Wege, nachdem der eine, Longworth (Karl Maldon) den anderen, Rio (Marlon Brando), in einer brenzlichen Situation im Stich gelassen hat. Rio saß deswegen fünf Jahre im Gefängnis und Longworth wurde Sheriff im kalifornischen Monterey, ist inzwischen mit einer Mexikanerin verheiratet und hat die nunmehr erwachsene Tochter seiner Frau wie eine eigene Tochter großgezogen. Rio sucht Longworth auf, um Rache zu nehmen... Objektiv betrachtet, handelt es sich hier um zwei unsympathische Charaktere. Der eine hat niedere, egoistische Rachepläne und der scheinbar geläuterte Longworth hat eindeutig eiskalte, sadistische Züge. Dennoch liegen die subjektiven Sympathien eindeutig bei Brando, obwohl man sein Verhalten vielfach nur verurteilen kann. Das Ende hat daher auch einen leicht bitteren Beigeschmack, gerade wenn man an gewisse unschuldige Opfer in diesem Film denkt.
Brando und Malden liefern sich ein Duell der Extraklasse, auch schauspielerisch. Die Oscar-nominierte Kamera zeigt ein erfrischend anderes Western-Setting am pazifischen Ozean. Brando setzt sich sehr schmeichelhaft, aber die anderen Schauspieler ebenfalls gekonnt in Szene und zeigt durchaus Talent als Regisseur. Auch hier lässt er erkennen, dass er ein extrem ausstrahlungsstarker Schauspieler war, vielleicht mit einem gewissen Hang zum Narzissmus.
Für einen Western aus der damaligen Zeit ist der Film erstaunlich multikulturell. Die eigentlichen Sympathieträger sind die beiden mexikanischen Frauen, Mutter (Katy Jurado) und Tochter (Pina Pellicer), die sich auch immer einmal in ihrer Muttersprache unterhalten. Auch asiatische Fischer werden kurz gezeigt, aber sprachlich etwas klischeebehaftet ohne korrekte Aussprache des „r“, wie das leider oft damals üblich war. Für Western-Fans ist der Film insgesamt eine Empfehlung.
(Gesehen im Streaming-Abo)
Der schräge Titel „Schade, dass Du eine Kanaille bist“ ist nicht etwa eine dieser weit hergeholten fantasievollen Übersetzungen fremdsprachlicher Titel, die vor ein paar Jahrzehnten nicht unüblich waren, sondern eine ziemlich akkurate Übertragung aus dem Italienischen.
Damals gab es eben derartige Titel, die oft wie die Faust aufs Auge passten. 😁
Natürlich haben wir es hier daher auch mit einer romantischen Gaunerkomödie zutun. Man merkt ihr allerdings gerade zu Beginn den Zeitgeist der 1950er deutlich an, sodass der Humor zunächst ziemlich angestaubt wirkt. Nach einer Weile, wenn man einmal in diesen italienischen Mikrokosmos eingetaucht ist, wird der Film immer besser. Man kann sich dem besonderen Charme der Hauptdarsteller einfach nicht entziehen. Immerhin vereinigen sich hier drei der größten italienischen Stars aller Zeiten: Sophia Loren, Marcello Mastroianni und Vittorio de Sica. Diese Traumbesetzung darf sich unter der kompetenten Regie Alessandro Blasettis bestens entfalten. Der Humor resultiert aus witzigen Dialogen in bester Scewball-Komödien-Tradition und aus der überragenden Mimik sowie Gestik der Hauptdarsteller. Die recht simple Geschichte, wie ein aufrechter Taxifahrer in Rom an eine Gaunerfamilie gerät, wird sehr liebenswert erzählt. Trotz aller komödiantischen Elemente haben auch die oft sehr prekären Lebensverhältnisse der Italiener zu der Zeit zumindest beiläufig Platz in diesem Film. Vittorio de Sica, den man vor allem als einen der bedeutendsten Filmemacher Italiens kennt, zeigt hier, dass er offensichtlich auch ein äußerst versierter Darsteller war.
Großartig, Marie! Das Buch macht mich sehr, sehr neugierig. (Da kann ich mich ja über ein weiteres Weihnachtsgeschenk freuen 😀.)
Der britische Fernsehzweiteiler „Frankenstein - wie er wirklich war“ interpretiert in rund 180 Min. einmal mehr Mary Shelleys „Frankenstein“ neu, ohne sich, wie der Titel vermuten lässt, strikt an die Buchvorlage des Horrorklassikers zu halten.
Nie waren die von Dr. Viktor Frankenstein geschaffenen „Kreaturen“ schöner. Das aus diversen Körperteilen Verstorbener zusammengeflickte erste männliche Exemplar ist von unschuldiger Schönheit (Michael Sarrazin) und darf in der Wohnung des ebenfalls sehr ansehnlichen Dr. Frankensteins (ein Sympathieträger: Leonard Whiting) nächtigen. Das Ganze hat schon etwas dezent Homoerotisches.
Aber leider ist diese erste Kreatur nicht fehlerfrei, sondern verschlechtert sich im Aussehen zunehmend. Dementsprechend stößt die zunächst geliebte Kreatur seitens des Doktors auf immer weniger Zuneigung. Die Ablehnung macht das Geschöpf zur mörderischen Kreatur.
Der gehandicapte und rücksichtslose Dr. Polidori (gruselig: James Mason) erpresst schließlich Frankenstein, ihm zu helfen, ein perfekteres Geschöpf zu schaffen: eine Frau, ebenfalls makellos schön: Jane Seymour. Werden sie der eifersüchtigen ersten Kreatur Einhalt gebieten können?
Die Horror-Elemente des Films sind wohldosiert: Man sieht einige Leichen und Körperteile, ein Arm wird lebendig, ein Kopf abgerissen etc. Das Make-Up und die Spezialeffekte sind auch für heutige Verhältnisse noch beeindruckend gut gelungen und nicht zu grausam, Altersfreigabe ist 12. Das Setting im 19. Jahrhundert ist für eine TV-Produktion ebenfalls hochwertig. Die namhafte Besetzung wird noch von David McCallum, Sir John Gielgud und Agnes Moorhead in Nebenrollen ergänzt. Insgesamt handelt es sich hier um eine überdurchschnittlich gute TV-Produktion in bester britischer Tradition. Da verschmerzt man auch gelegentliche Längen.
Dr. Polidori kommt in dem Buch nicht vor. Im wirklichen Leben war er ein Bekannter Mary Shelleys und soll sie zum Buch durch einen Schreibwettbewerb inspiriert haben. Wie sich aus der Einführung des Films ergibt (ein Extra auf der DVD), hat sie die „Frankenstein“ Geschichte bereits im zarten Alter von 19 Jahren entwickelt.
Hallo Ines,
Du bist die einzige Redakteurin bei MP, bei der ich auf den Button „folgen“ gedrückt habe! Daher finde ich es natürlich sehr schade, dass Du nicht mehr Teil des MP-Teams sein wirst. Insbesondere Deine filmhistorischen Beiträge und Deine Artikel jenseits des Mainstreams habe ich immer gerne gelesen. Hoffentlich tritt jemand in Deine Fußstapfen, so dass die Berichterstattung nicht zunehmend einseitiger wird.
Mir ist schon klar, dass es Vorgaben wirtschaftlicher Art gibt, die ihr erfüllen müsst. Trotzdem freuen sich viel Leser auch über Artikel fernab kommerzieller Interessen und „Big Budget-Produktionen“.
Es erfordert sicherlich auch Mut, über (vermeintlich) unangesagte Resultate Film- oder auch Serienschaffender zu schreiben. Aber die Mischung macht’s. Die Leserschaft ist vielfältig. Nicht zuletzt ist der Film auch eine Form von Kunst und fester Bestandteil unseres kulturellen Gedächtnisses.
Für die Zukunft Dir alles erdenklich Gute. Du wirst uns fehlen!
„Nosferatu-Phantom der Nacht“ von Werner Herzog ist ein kunstvoll inszenierter Dracula-Film. Die Vampir-Geschichte variiert Bram Stokers „Dracula“, aber die Hauptfiguren bleiben. Klaus Kinski ist ein überaus überzeugender, hochdramatischer Graf Dracula mit sehr speziellen Vampir-Zähnen, die etwas an ein Nagetier erinnern. Bruno Ganz gefällt ebenfalls als Jonathan Harker. Manche Darsteller, insbesondere Isabelle Adjani, agieren allerdings etwas sehr gekünstelt.
Auch die Locations sind nicht immer realistisch gewählt. Das „Wismar“ sieht schon sehr niederländisch aus. Schließlich musste wohl Delft herhalten. Zudem erinnert der Heimatort Draculas in Transylvanien optisch sehr an die Alpen. Dies gilt vor allem für die bestens gesicherten Wanderwege, die zu modern und zivilisiert erscheinen.
Die perfekt ausgeleuchteten Bilder, die die Kamera einfängt, sind aber dennoch großartig. Der Film vermittelt eine ganz eigene, surreale Atmosphäre.
Cool, cooler, Eastwood! Clint Eastwood inszeniert sich als Regisseur und Hauptdarsteller in dem mystischen, düsteren Westernthriller „Ein Fremder ohne Namen“ als Über-Eastwood.
Eastwood ist hier der rächende Teufel unter all den verlorenen Seelen. Er kann alles und darf alles. Keiner kann ihm annähernd das Wasser reichen. Die Frauen verfallen ihm natürlich alle. Geht das einmal nicht schnell genug, gibt es eben eine Vergewaltigung. Die Frau wollte es ja nicht anders. Schließlich hatte sie ihn angerempelt und angemotzt. Für den „Fremden ohne Namen“ waren damit die Signale klar und Gewalt die logische Konsequenz. Diese völlig sinnentleerte Szene fand ich (wie anscheinend ja auch andere) wirklich befremdlich. Was sagt das über Eastwood zu der damaligen Zeit?
Dabei ist der Film ansonsten sehr ansehnlich. Eastwoods Performance mit der minimalistischen Mimik ist zwar wirklich nichts Neues mehr. Aber den harten (Kotz-) Brocken kann er schon sehr gut spielen. Ich sehe seine Supermacho-Auftritte tatsächlich immer wieder gerne und kenne seine meisten Filme. Auch als Regisseur ist er oft großartig. Sogar den Fan-Button habe ich gedrückt. Aber hier hat er den Bogen überspannt. Daher lass ich denn auch einmal Gerechtigkeit walten: Da dieser Film schon genug gute Bewertungen bekommen hat, bekommt er von mir ein „Ärgerlich“. Hochmut kommt vor dem Fall!
Streaming-Tipp! Mit „25 km/h“ tuckern zwei ungleiche Brüder in diesem gelungenen Roadmovie von Markus Goller auf ihren alten Mofas aus Teenie-Zeiten vom Schwarzwald bis an die Ostsee und nehmen sich eine Auszeit von ihrem alltäglichen Leben. Tischler Georg (Bjarne Mädel) hat das Elternhaus bis zum Tod seiner Eltern nie verlassen und Geschäftsmann Christian (Lars Eidinger) die letzten 20 Jahre nur im Ausland gearbeitet. Während der Reise stoßen die beiden auf diverse schräge Gestalten und müssen auch ein paar Abenteuer bestreiten. Finden die Brüder zueinander und zu sich selbst?
Handwerklich sehr solide gemacht, punktet diese leichtfüßige Komödie aber vor allem durch die hervorragenden und sehr gut aufgelegten Hauptdarsteller. Lars Eidinger und Bjarne Mädel zählen einfach zu den besten Charakterdarstellern Deutschlands und überraschen hier unter anderem als Stepptänzer. 😀 Ihnen zur Seite gestellt wurden noch unter anderem die wunderbare Sandra Hüller und Franka Potente in kleinen Rollen und auch Wotan Wilke Möhring als gefährlicher Superproll „Hantel“.
„25 km/h“ vermag als gut ausbalancierter Feelgood-Film mit einem feinen Humor und ausgesprochen viel Charme sehr gut zu unterhalten. Auch der abwechslungsreiche Soundtrack ist gelungen.
„Die gebrochene Lanze“ von Edward Dmytryk ist für mich einer der schönsten und anspruchsvollsten, aber leider fast vergessenen "Edelwestern". Dieses Familiendrama ist inhaltlich äußerst vielschichtig ausgestaltet mit zahlreichen Bezügen zur Weltliteratur: u.a. "King Lear". Der Konflikt zwischen den Halbbrüdern erinnert auch an das alttestamentarische "Kain und Abel". Das Gut/Böse-Schema vieler älterer Western wird hier aufgebrochen, indem wir differenzierte Hauptfiguren erleben, die psychologisch glaubwürdig handeln. Handwerklich ist der Film solide gemacht, mit malerischen Landschaftsaufnahmen Arizonas und einem gelungenen Soundtrack. Spencer Tracy ist überragend als Familienoberhaupt, aber auch sonst lässt die Besetzung nichts zu wünschen übrig.
Außergewöhnlich für die damalige Zeit war die Tatsache, dass der Familienpatriarch (in zweiter Ehe) mit einer starken, liebevollen "Indianerin" (Katy Jurado) verheiratet ist. Gerade der aus dieser Ehe hervorgegangene Sohn (Robert Wagner) darf der Sympathieträger unter den Söhnen sein. Er hat immer unser Mitgefühl, da er unter den Vorurteilen seiner Mitmenschen besonders zu leiden hat. Die großartige Katy Jurado war übrigens die erste Schauspielerin mexikanischen Ursprungs, die für die oben genannte Rolle eine Oscar-Nominierung erhielt! Einen "Oscar" bekam dieser Film schließlich für das gelungene Drehbuch.
Die "Gebrochene Lanze" setzte dem neuen Zeitgeist folgend seinerzeit ein Zeichen für Toleranz zwischen den unterschiedlichen amerikanischen Ethnien und war in dieser Hinsicht seiner Zeit weit voraus. Belohnt wurde dies mit einem "Golden Globe" für "Best Film Promoting International Understanding". Das Publikum dürfte der Film dagegen damals teilweise schockiert haben.