MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

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    „Das Mädchen und der Kommissar“ von Claude Sautet ist ein ruhiger, subtiler Krimi und perfektes Schauspielkino. Der Kommissar (Michel Piccoli) bewegt sich hier als Agent Provocateur in den Grauzonen des Rechts, ebenso wie das „Mädchen“ (Romy Schneider).
    Piccoli und die Schneider, die beiden sind einfach DAS Traumpaar des europäischen Kinos der 1970er. Hier lässt Sautet die beiden durch ihr charismatisches und äußerst nuanciertes Schauspiel unmittelbar nach seinem grandiosen Meisterwerk „Die Dinge des Lebens“ wieder einmal glänzen. Wo findet man heute in Europa noch derartige Stars mit einer solchen Ausstrahlung und Tiefgründigkeit?
    Aber bei allem Enthusiasmus sollte man doch wissen, dass dies ein Film der leisen Töne ist. Kleine Gesten und Dialoge bestimmen den Film, nicht die Action. Man muss bei dem recht hohen Gesprächstempo auch gut zuhören können. Die Ausdauer lohnt sich schließlich. Das Ende hält einen Knalleffekt bereit.

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    • 8 .5
      MareikeHB 18.07.2021, 12:13 Geändert 25.07.2021, 08:56

      „Der Stern des Gesetzes“ von Anthony Mann ist ein packender, zeitloser Western alter Schule, der noch heute zu begeistern vermag.
      Ein erfahrener und abgeklärter Kopfgeldjäger (Henry Fonda) zeigt einem jungen, überforderten Sheriff (Anthony Perkins), wie man sich behauptet und seine Aufgaben meistert. Diese recht simple Geschichte wird optimal ausgearbeitet, psychologisch stimmig und vielschichtig erzählt. Regisseur Anthony Mann führt seine Akteure mit einer subtilen Perfektion. Fonda, mit seiner selbstbewussten Lässigkeit, und Perkins, mit seiner angespannten Verbissenheit, sind einfach grandios in den Hauptrollen. Auch die Nebenrollen sind mit der charmanten Betsy Palmer und dem charismatischen Neville Brand als Gegenspieler optimal besetzt.
      Die kontrastreiche Schwarzweiß-Kinematografie ist exzellent und lässt keine Wünsche offen. Auch die Film-Restaurateure haben wieder einmal Wunder vollbracht und präsentieren gestochen scharfe Bilder.
      Auf übertriebene Grausamkeiten wartet man vergeblich. Auch so wird die Spannung durchgehend gehalten, schließlich lassen einen die authentisch wirkenden Protagonisten immer mitfiebern.

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      • 7
        MareikeHB 13.07.2021, 19:21 Geändert 13.07.2021, 19:36

        „Satanas - Das Schloß der blutige Bestie“ von Roger Corman ist im Streaming unter dem Titel „Die Maske des roten Todes“ zu finden! Dieser Okkult-Thriller im historischen Gewand besticht durch ein grandioses, surreal-artifiziell wirkendes Bühnenbild und eine fantastische Ausstattung voller Skurrilitäten.
        Vincent Price ist ein charismatischer, dekadenter Schlossherr, der seine Untergebenen quält und Kontakt zum ultimativen Bösen hält. Außerhalb seines Schlosses grassiert der „rote Tod“, der Ähnlichkeiten mit der Pest aufweist.
        Symbolbeladen geht es um den immer währenden Kampf zwischen Gut und Böse sowie Schuld und Sühne. Einige Menschen können den verlockenden, satanischen Versuchungen nicht widerstehen und versündigen sich. Doch die Endabrechnung wird kommen! Und diese wird blutrot sein.
        Tatsächlich ist dieser Film eine Mischung aus überkandideltem Trash (einige Darsteller sind nicht so ganz auf der Höhe) und visueller Kunst.

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        • 8 .5
          MareikeHB 13.07.2021, 18:14 Geändert 13.07.2021, 22:47

          „Der zehnte Tag“ ist ein sehr wendungsreicher und unterhaltsamer Psycho-Thriller von Meisterregisseur Claude Chabrol. Sicherlich ist das fintenreiche Kriminaldrama um eine rätselhafte, großbürgerliche Familie etwas überkonstruiert, aber die Spannung wird durchgehend gehalten.
          Der Film ist in zehn Kapitel (1. bis 10. Tag) unterteilt und nahezu jedes Kapitel weist eine Pointe auf.
          Chabrol erweist sich wieder einmal als ein sehr einfallsreicher Regisseur, der die mysteriöse Stimmung gut einfängt. Auch die Kamera ist exzellent.
          Mit der Besetzung Orson Welles als Familienoberhaupt hat sich Chabrol einen lang gehegten Traum erfüllt. Aber auch Anthony Perkins darf wieder einmal als labiler Typ glänzen. Michel Piccoli ist gewohnt souverän als Gast der Familie, der mit dem einen oder anderen dunklen Familiengeheimnis konfrontiert wird.
          Chabrol drehte diesen ambitionierten, aber nicht immer ganz schlüssigen Film in englischer Sprache. Ein kommerzieller Erfolg war dieses für manche vielleicht etwas zu abgehobene Werk nicht.

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          • 7
            MareikeHB 11.07.2021, 13:37 Geändert 11.07.2021, 14:14

            Verrückte Filmtitel wie „Die neunschwänzige Katze“ wecken immer wieder meine Neugierde. Man hat das Gefühl, dass es heute derartig kreative Titel kaum noch gibt.
            Der unterhaltsam von Dario Argento inszenierte Whodunit stammt aus der Hochzeit des italienischen Kinos, einer Zeit, in der italienische Filme noch stilprägend und international erfolgreich waren. Dies gilt insbesondere für die speziell italienischen Subgenres des Giallo und die Poliziotteschi.
            Dieses Werk weist alle Merkmale eines typischen Giallo auf, einer Untergruppierung des Thrillers. Es geht um die Aufdeckung einer Mordserie im Umfeld eines Biotech-Unternehmens, das Gen-Experimente durchführt. Dabei werden die unnatürlichen Todesfälle recht brutal und explizit dargestellt.
            Die kreativ eingesetzte Kamera fängt stilvolle Bilder in satten Farben ein: Zum Beispiel wird von dem unbekannten Täter insbesondere vor den Morden immer nur ein Auge in Großaufnahme gezeigt. Sodann folgt eine kurze subjektive Kameraführung.
            Die Darsteller überzeugen allesamt. Wie bei italienischen Großproduktionen aus dieser Zeit üblich, schmückt sich die Darstellerriege mit einem internationalen Cast, u.a. mit den markanten Typen Karl Malden und Horst Frank. Der blonde Protagonist (B-Movie Star James Francisco) bietet den gut aussehenden Gegenpol.
            Die wieder einmal herausragende Filmmusik von Ennio Morricone mit gelegentlichen Klangexperimenten untermalt das Geschehen perfekt.
            Allerdings sind die nicht besonders glaubwürdig Handlung und die vernachlässigte Figurenzeichnung ein Schwachpunkt des Films. Eine Liebesszene ist sehr ungelenk inszeniert und damit unfreiwillig komisch. Aber die Spannung wird durchgängig gehalten. Das mag auch an der knackig kurzen Laufzeit liegen. Im Streaming gibt es nur die gekürzte deutsche Version zu sehen.

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            • 8
              MareikeHB 05.07.2021, 19:39 Geändert 06.07.2021, 09:04

              Schaut euch hier den Trailer zu diesem Film an!!! Danke, Moviepilot, für die berühmt berüchtigte Schulungsfilm-Parodie „Staplerfahrer Klaus“ - Der erste Arbeitstag“. Denn der knapp 10 Minuten lange „Trailer“ ist bereits der ganze (Kurz-) Film.
              Er zeigt sehr anschaulich, was man als angehender Gabelstapler-Fahrer alles beachten sollte. Dabei führt er den Zuschauenden die Sicherheitsregeln vor Augen und zwar auf eine Weise, sodass garantiert alles im Gedächtnis bleibt.
              Staplerfahren ist sicherlich kein Zuckerschlecken, aber nach diesem prägnanten „Schulungsfilm“ würde auch ich mich gewappnet sehen, ein derartiges Fahrzeug zu bedienen. Der Rest ist natürlich reine Übungssache.
              Erstmals habe ich einen kurzen Ausschnitt dieses Kurzfilms in dem Film „In den Gängen“ von Thomas Stuber gesehen, als der Protagonist seinen Gabelstapler-Führerschein machte.
              Damals wusste ich noch nicht, dass dieser mittlerweile legendäre Kurzfilm tatsächlich gerne zu Schulungszwecken gezeigt wird. Der Film lief zudem auf zahlreichen Filmfestivals, u.a. in Cannes, und wurde auch international ein Erfolg.
              Die Altersempfehlung von 16 ist übrigens absolut gerechtfertigt. Man muss schon eine gewisse Reife haben, eine derartige Schulung über sich ergehen zu lassen :-D. Der Humor kommt in diesem Filmchen jedenfalls nicht zu kurz. Auch wenn er rabenschwarz ist. Also rein ins Vergnügen!

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              • 2 .5
                MareikeHB 01.07.2021, 22:00 Geändert 01.07.2021, 22:37

                „Snatch - Schweine und Diamanten“ von Guy Ritchie: Diese blutige Gangstergroteske hätte ich mögen können. Generell mag ich schräge Typen, ausgefallene Dialekte, schwarzen Humor, eine ausgefallene Erzählstruktur und flotte Soundtracks - auch die Darsteller dieses Films (das *innen kann man hier getrost weglassen :) weiß ich zu schätzen. Selbst eine gelegentliche politische Unkorrektheit finde ich erfrischend, soweit sie nicht wirklich diffamierend ist und bestenfalls durch andere positive Eigenschaften der Figur kompensiert wird.
                Ärgerlich finde ich allerdings, dass hier unter dem Deckmantel cooler Komik bekannte Vorurteile insbesondere gegenüber Juden, Schwarzen und dem sogenannten „Fahrenden Volk“ massiv kultiviert werden. Gerade weil dieser Film gemocht und von vielen Personen geschaut wird, finde ich die offen zur Schau gestellten schablonenhaften Klischees umso bedenklicher. Zumindest ist dies äußerst einfallslos. Daher gebe ich als Gegengewicht zu den Lobpreisungen in Punkten einmal ein „Ärgerlich“.

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                • 5 .5
                  MareikeHB 27.06.2021, 19:01 Geändert 27.06.2021, 19:04

                  „High Society“ von Anika Decker ist eine recht amüsante, aber auch infantile und stereotype Rollentausch-Komödie mit einer Liebesgeschichte, die immerhin so einige der vielversprechendsten deutschen (Jung-) Stars bereit hält.
                  Die Gags sind oft sehr überzogen und platt, provozieren aber schon auch ein gelegentliches Schmunzeln. Dabei prallt die Welt des Luxus auf die links-aktivistische Hartz 4-Welt.
                  Die talentierte Emilia Schüle weiß in der Hauptrolle mit ihrem natürlichen Charme zu überzeugen. Jannis Niewöhner, hier als sympathischer Polizist, hat ebenfalls eine wunderbare Leinwandpräsenz.
                  Grand Dame Iris Berben, als Upper-Class-Mutti, und Jannik Schümann, in einer kleinen Nebenrolle als ihr Sohn, übertreiben es zuweilen mit ihrem gekünstelten Spiel.
                  Wundertüte Katja Riemann, ich nenne sie wegen ihrer überragenden Wandlungsfähigkeit einmal die deutsche Meryl Streep, erkennt man erst auf den zweiten Blick. Sie beweist besonders viel Mut zur Hässlichkeit in der Rolle der in einfachen Verhältnissen lebenden Aktivistin. Bin immer wieder begeistert von ihr, da sie selbst mittelmäßigen Filmen Glanz verleiht. Alles in allem bietet der Streifen (sehr) leichte Unterhaltung mit schön anzuschauenden Stars.

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                  • 7 .5
                    MareikeHB 27.06.2021, 17:54 Geändert 27.06.2021, 18:01

                    Streaming-Abo-Tipp für filmhistorisch Interessierte!
                    „Marx Brothers: Eine Nacht in Casablanca“ von Archie Mayo ist für mich letztlich der amüsantere „Casablanca“. Das Spätwerk der legendären Marx Brothers, das nur wenige Jahre nach dem berühmten Filmklassiker „Casablanca“ entstand, ist eine erfreulich beschwingt und flott inszenierte Parodie mit dem typisch „anarchistischem“ Humor der komischen Brüder.
                    Hier geht es um die Entlarvung eines deutschen Nazi-Verbrechers, der wertvolles Nazi-Raubgut in einem Hotel in Casablanca versteckt hat.
                    Inhaltlich ist der Film kein anspruchsvoller Propaganda-Film, wie sein Vorbild.
                    Vielmehr werden hier die Nachwehen des Zweiten Weltkriegs beschrieben, wo es darum ging, verborgene Nazi-Verbrecher aufzuspüren, die im Ausland inkognito lebten und geschehenes Unrecht wieder gutzumachen. Dieses ernste Thema wird von Archie Mayo gekonnt leichtfüßig aufbereitet.
                    Die zeitlos gelungene Mischung aus Slapstick und Wortwitz hat es in sich. Dabei sind die Zuständigkeiten der Brüder mit ihrem ikonischen Aussehen wieder klar verteilt: Groucho ist der intelligente, wortgewandte Zyniker, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Chico, der „italienische“ Frauenheld, darf einmal mehr ein virtuoses Klavierstück zum besten geben. Der auch hier stumme Harpo erfreut mit ein paar grandiosen pantomimischen Einlagen sowie mit einem raffiniert gespielten Stück auf der Harfe. Die beiden dargebotenen Stücke unterbrechen zwar etwas den Erzählfluss, da sie ein wenig in den Film hineingepresst wirken, sind aber sehr angenehm zu hören und äußerst gekonnt dargeboten.
                    Nicht umsonst gehören die vielseitigen Brüder noch heute zu den größten Stars, die Hollywood je hervorbrachte und ihre Fans seit nunmehr vielen Jahrzehnten generationenübergreifend erfreuen.
                    Sig Ruman mimt in einer Nebenrolle den stereotypen Nazi, der im englischen Originalton immer wieder herrlich „Du Schweinhund“ schimpft.

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                    • 6 .5
                      MareikeHB 23.06.2021, 18:57 Geändert 23.06.2021, 18:57

                      „Nachts, wenn das Skelett erwacht“ klingt nach klassischem Horrortrash - ist es letztlich auch. Aber immerhin ist es einer von der unterhaltsameren Sorte.
                      Die hanebüchene Geschichte, angesiedelt im 19. Jahrhundert, um ein uraltes Skelett, das durch Wasser zum Leben erweckt werden kann und das Blut des ultimativen Bösen in sich trägt, ist ein Selbstläufer. Hinzu kommt noch, dass der Besitzer des Skeletts, ein Professor (natürlich passend: Peter Cushing), von jetzt auf gleich einen Impfstoff aus dem Blut entwickelt, damit er das Böse auf der Welt bekämpfen kann. Hätte er diesen Impfstoff doch wenigstens einmal ordentlich getestet und nicht äußerst leichtfertig vorschnell verimpft!
                      Damit nicht genug. Stress bereitet noch ein bösartiger und von Neid erfüllter Halbbruder (natürlich passend: Christopher Lee), der eine Heilanstalt für Geisteskranke leitet und auch gerne einmal Experimente an ihnen oder mit diversen Körperteilen à la Frankenstein durchführt. Es gibt tatsächlich viele äußerst faszinierende Handlungsstränge, die mehr oder weniger in Einklang gebracht werden. Schon bald zeigt sich, dass das wandelnde Skelett nicht das einzige Übel, sondern eher eine Randerscheinung ist.
                      Tatsächlich ist der Film nie langweilig und auch wenig vorhersehbar. Insbesondere gilt dies für den einfallsreichen Schluss.
                      Ansonsten wird man aber auch mit einigen mäßigen Nebendarstellern und einem „lebendigen“ Skelett mit einer schön grobschlächtig gestalteten Plastik-Maske konfrontiert.

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                      • 7 .5

                        „Die Abservierer“ ist eine gelungene Action-Komödie von John Badham, die einige wunderbare Gags bereithält, aber gelegentlich auch vor Albernheiten nicht zurückschreckt.
                        In dieser deutlich überdrehteren Fortsetzung des Action-Komödien-Klassikers „Die Nacht hat viele Augen“, ebenfalls von John Badham, übernehmen erneut Richard Dreyfuss und Emilio Esteves als Polizisten einen Observierungs-Job. Diesmal müssen sie sich als Familie tarnen, sodass ihnen noch eine extra schräge Staatsanwältin (Rosie O‘Donnell) zur Seite gestellt wird. Allein aus dieser „Familien“-Konstellation ergeben sich oft schon sehr komische Momente. Die Kriminalgeschichte ist dagegen eher zu vernachlässigen.
                        Wie beim Film-Vorgänger liefert der Beginn und das Ende ernsthafte Action. Die ersten Gags wirken noch etwas recycelt aus dem ersten Teil, nur mit noch größeren Übertreibungen. Dann wird der Film zunehmend origineller.
                        Der Höhepunkt ist für mich ein komödiantisch absolut perfekt inszeniertes Abendessen mit dem zu observierenden Ehepaar (köstlich: Dennis Farina und Marcia Strassman). Selten habe ich einen größeren Lach-Flash bekommen. Dreyfuss, Esteves und O‘Donnell sind wirklich bestens aufgelegt und mit Spielfreude dabei.
                        Am besten genießt man den Streifen mit „Giiiiiiiiiiiiiiiiiiiin - Tonic“.

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                          MareikeHB 17.06.2021, 22:05 Geändert 17.06.2021, 22:06

                          „Vor der Morgenröte“ von Maria Schrader ist ein besinnliches, aber leider auch extrem spannungsarmes, Biopic über die Exiljahre des Schriftstellers Stefan Zweig. Stefan Zweig war neben Thomas Mann der weltweit am meisten gelesene Schriftsteller aus dem deutschsprachigen Raum im 20. Jahrhundert. Am bekanntesten dürfte wohl sein Spätwerk „Die Schachnovelle“ sein.
                          Bereits kurz nach Hitlers Machtergreifung emigrierte der gebürtige Österreicher aufgrund seines jüdischen Glaubens zusammen mit seiner Frau nach England und später nach Brasilien. Er führte dort ein ruheloses Leben und reiste viel umher, denn er war ein gefragter Redner und wurde immer wieder von Intellektuellen aller Nationalitäten, darunter von vielen aus Europa emigrierte Künstlern, hofiert. Trotz aller Schreckensnachrichten und des Krieges in Europa hielt er sich mit kritischen Meinungsäußerungen über das nationalsozialistische Deutschland zurück. Zweig wird als Melancholiker dargestellt, der die europäische Kultur in seiner Wahlheimat vermisst, sehr viel auf Reisen ist und damit nicht wirklich sesshaft wird. Zudem plagt ihn sein schlechtes Gewissen, dass es ihm so viel besser als den Juden in Europa geht.
                          Im Februar 1942 nahmen sich er und seine Frau durch Gift in Petrópolis, Brasilien, das Leben.
                          Die hochkarätige Besetzung mit Joseph Hader, Barbara Sukowa und in einer kleinen Rolle Charly Hübner, überzeugt, so auch die übrigen internationalen Darsteller, die in untertiteltem Original-Ton sprechen. Alles wirkt authentisch, und die Kamera fängt schöne Bilder ein. Das größte Problem des Films ist der fehlende Spannungsbogen und die fehlende emotionale Nähe zu den Protagonisten, sodass schnell Langeweile entsteht.
                          Der Freitod wird gekonnt beiläufig inszeniert. In einer sehr langen, statischen Einstellung sieht man lediglich die Haustür, das Ein- und Austreten von Bekannten der Zweigs. Dabei hört man diverse Gesprächsfetzen. Schließlich wird der kurze Abschiedsbrief verlesen.
                          Letztlich kann man getrost lieber die Zeit mit der Lektüre der „Schachnovelle“ verbringen, als mit diesem recht verkopften, langatmigen Epos.

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                          • 7 .5
                            MareikeHB 13.06.2021, 16:34 Geändert 13.06.2021, 16:35

                            Die Dokumentation „Frank Capra - Der amerikanische Traum eines Cineasten“ ist eine sehenswerte, kurze Dokumentation über einen der bedeutendsten U.S.-amerikanischen Filmemacher - Frank Capra (1897-1991). Capra war einer der erfolgreichsten und renommiertesten Regisseure aus dem „Goldenen Zeitalter“ Hollywoods (ca. 1930-1950) und war stilprägend für das typische „Hollywood-Kino“.
                            Sein Spezialgebiet waren geistreiche Komödien und Tragikomödien. Er erfand die sogenannte „Screwball-Komödie“, die von intelligenten Wortgefechten lebt und gebrauchte in seinen Werken erstmals sich überlappende Dialoge. Seine Filme sind einerseits von einem patriotischen American Way of Life, aber zugleich auch von Sozialkritik und dem (gerechten) Kampf eines Individuums gegen die Massen geprägt. Jeder noch so kleine Filmrolle maß er großes Gewicht bei und er legte viel Wert auf ein sehr hohes Erzähltempo, damit das Publikum fokussiert und interessiert dem Geschehen folgt. Dabei verkürzte er in vielen Szenen das damalige normale Erzähltempo um ein Drittel! Seine eskapistischen „Happy End“-Filme boten einen starken Kontrast zu den düsteren Noir-Filmen aus der Zeit.
                            Persönlich steht er für die Verwirklichung des „Amerikanischen Traums“. Als er ein Kind war, wanderte seine Familie aus Italien aus. Er lebte zunächst in äußerst prekären Verhältnissen, kämpfte in der Familie für seine Schulbildung. Wie viele Einwanderer fühlte er sich oft als Außenseiter und hatte immer das Gefühl, sich beweisen zu müssen. Er begann als Gag-Schreiber für den Film. Später gelang es ihm sowohl das Publikum, wie auch Kritiker für sein Schaffen zu begeistern und schuf einige der populärsten Filme aus der Zeit.
                            Seine wichtigsten filmischen Werke sind der Weihnachtsklassiker „Ist das Leben nicht schön?“, „Es geschah in einer Nacht“, „Mr. Smith geht nach Washington“, „Mr. Deeds geht in die Stadt“, „Arsen und Spitzenhäubchen“, „Hier ist John Doe“, „Lebenskünstler“ und „In den Fesseln von Shangri-La“. Dreimal erhielt er insgesamt eine „Oscar“-Auszeichnung als bester Regisseur.
                            Während des Zweiten Weltkriegs schuf er sehr bedeutende Propaganda-Filme und wurde mit höchsten militärischen Ehrungen ausgezeichnet.
                            In der McCarthy-Ära hat er sich dagegen nicht mit Ruhm bekleckert und hat, wie viele anderer seiner Kollegen, gewisse Kollegen angeschwärzt, um keine beruflichen Nachteile zu erleiden.
                            Noch heute bieten seine Filme mit ihrer Kurzweiligkeit, ihrem feinen, lebensnahen Humor, den hervorragenden Charakterzeichnungen, ihrem handwerklichen Geschick und ihrem moralischen Anspruch äußerst intelligent gemachte Unterhaltung.

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                              In der Arte-Mediathek: Zum hundertsten Todestag von Ludwig van Beethoven entstand im Jahre 1927 der recht sparsam produzierte Stummfilm „Beethoven“ von Hans Otto Löwenstein. Wirklich gepackt hat mich dieses biographische Werk inhaltlich zwar nicht, auch wenn Fritz Kortner durchaus als Beethoven überzeugt.
                              Die neu eingespielte musikalische Untermalung mit Auszügen aus diversen bekannten Werken Beethovens war auf jeden Fall gelungen. Der Film sei daher zumindest Fans des großen Meisters empfohlen.

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                                MareikeHB 07.06.2021, 19:29 Geändert 07.06.2021, 22:41

                                Trailer: https://m.youtube.com/watch?v=zAdOMFtRZKQ
                                Der ehemalige Nummer 1 Hit und melodiöse Gute-Laune-Song „Georgy Girl“ von den Seekers ist immer noch ein bekannter Klassiker aus den 1960ern - ein Song, den man so schnell nicht aus dem Kopf bekommt. Die gleichnamige unkonventionelle Tragikomödie von Silvio Narizzano war seinerzeit ebenfalls ein großer Erfolg, ist aber leider heute, zumindest außerhalb Großbritanniens, völlig in Vergessenheit geraten.
                                Der Film ist extrem vom damaligen Zeitgeist geprägt und fängt das Lebensgefühl der Briten in den 1960ern gekonnt ein. „Zeitgeist“-Filme haben generell das Problem, dass sie schon wenige Jahre später unmodern wirken. Wenn man derartige Werke allerdings mit dem Abstand von Jahrzehnten sieht, werden sie wieder richtig interessant, da sie perfekte Zeitdokumente darstellen.
                                Der leichtfüßig inszenierte Beziehungsfilm ist sehr originell und spielt gekonnt mit den Erwartungen der Zuschauenden. Hier geht es auf amüsante Art um Sozialkritik, Emanzipation und sexuelle Befreiung sowie den Konflikt zwischen Althergebrachtem und der nahenden 1968er Revolution. Der Film ist zwar gelegentlich etwas überdreht, aber das Ende ist genial bitter.
                                Die Protagonistin Georgy (äußerst temperamentvoll: Lynn Redgrave) ist eine ungewöhnliche junge Frau mit Ecken und Kanten. Ihr Handeln wird beeinflusst durch das mit ihr befreundete, sehr progressive Liebespaar (cool und sexy: Charlotte Rampling und Alan Bates) und dem Upper Class „Sugar Daddy“ Leamington (gekonnt schlitzohrig: James Mason). Leamington zu Georgy, die die Tochter eines Angestellten von ihm ist, sinngemäß: „Willst Du meine Geliebte sein? Ich bezahl Dich gut!“. Nun ja, wird Georgy diesem Angebot wohl widerstehen können?
                                Die Kamera mit den ausgezeichneten Schwarzweiß-Bildern, die Musik, der Song sowie Lynn Redgrave und James Mason erhielten „Oscar“-Nominierungen. Leider scheint der Film in der deutschen Sprachfassung nirgendwo verfügbar zu sein.
                                Zeit für eine Wiederentdeckung!

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                                • Sehr lesenswerter Artikel, gerne mehr davon, Jenny! 😊Ich fand den Film auch bemerkenswert. Leider ist er nach wie vor ziemlich unbekannt. Aber vielleicht sieht man ihn jetzt, wo er digitalisiert wurde, häufiger im Fernsehen oder im Stream. Noch kurz ist er ja in der ZDF- und 3Sat- Mediathek verfügbar.

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                                    Noch kurze Zeit in der ZDF und 3sat Mediathek! „Schwarzer Kies“ von Helmut Käutner ist ein hervorragender Noir-Film, der in den letzten Jahren erst wiederentdeckt und von der Murnau-Stiftung digitalisiert wurde.
                                    Seinerzeit von der Öffentlichkeit zerrissen, vieles war hier wohl zu provokant, ist dieses Werk heute ein äußerst faszinierendes Zeitportrait aus der frühen Bundesrepublik.
                                    Der Filmtitel demonstriert in seiner Mehrdeutigkeit, dass es hier einmal um Kies, wörtlich verstanden, geht, der für den Ausbau einer U.S. Airforce Basis im Hunsrück benötigt wird, aber auch um Kies im Sinne von Geld, dem Traum von einem besseren Leben. Gleich zu Beginn des Films wird der Kies auch zur Grabstätte eines Hundes. Weitere Leichen sollen folgen. „Schwarz“ ist hier einmal Sinnbild für den Tod, aber auch für die Schattenwirtschaft, die im Umfeld der Militärbasis entsteht.
                                    Viele desillusionierte Menschen versuchen von der Anwesenheit der amerikanischen Soldaten zu profitierten. Einige Frauen prostituieren sich, oder versuchen sich einen Soldaten als Ehegatte zu angeln. Erzählt wird die Liebesgeschichte zwischen einem dubiosen „Kies“-Fahrer und seiner Ex, die inzwischen mit einem amerikanischen Offizier eine Vernunftehe eingegangen ist. Das Liebespaar wird perfekt von Helmut Wildt und Ingmar Zeisberg verkörpert, die beide sehr charismatisch sind. Aber auch alle anderen Darsteller und Darstellerinnen werden von Käutner hervorragend geführt. Der vielschichtige Film wird zunehmend spannender, immer mehr zum Krimi, bis zum wendungsreichen Finale.
                                    Es ist ein faszinierender Film, der mit seinem düsteren Realismus und Zynismus den Zahn der Zeit bestens überstanden hat.

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                                      Das zeitlos unterhaltsame Western-Abenteuer „Unter Geiern“ von Alfred Vohrer hat recht wenig mit dem gleichnamigen Roman Karl Mays und natürlich noch weniger mit der Realität des „Wilden Westens“ gemein. Dennoch verweist er auf das dunkelste Kapitel amerikanischer Siedlungspolitik. Verbrecherische Banden haben immer wieder einmal ganze „Dörfer“ amerikanischer Ureinwohner dem Erdboden gleichgemacht. Die „Rothäute“ konnten den „Bleichgesichtern“ nicht viel entgegensetzen und wurden häufig zum Spielball der Eindringlinge. Dieses Unrecht hat Karl May schon im 19. Jahrhundert in seinen äußerst beliebten Romanen angeprangert und mit Winnetou eine heldenhafte, überidealisierte Identifikationsfigur geschaffen.
                                      Mit leichter Hand inszenierte Vohrer diesmal ein Abenteuer des gewitzten und schusssicheren Old Surehand, perfekt verkörpert durch den sehr spielfreudigen Stewart Granger. Granger sieht vielleicht nicht so blendend wie Lex Barker in seiner Rolle als Old Shatterhand aus, ist diesem aber in Sachen Charisma deutlich überlegen. Seine selbstbewusste Lässigkeit ist immer wieder ein Quell der Freude.
                                      Die Besetzung in diesem Film ist überhaupt großartig. Götz George tritt äußerst athletisch in Erscheinung. Sieghart Rupp glänzt als markanter, verbrecherischer Gegenspieler. In einer kleinen Rolle sieht man auch Terence Hill.
                                      Die größte Überraschung ist Elke Sommer, der erfreulicherweise entgegen üblicher Klischees eine äußerst schlagkräftige Rolle zugedacht wurde.
                                      Mit gekonnter Action und viel Witz vermag dieses Werk als Unterhaltungsfilm noch heute Alt und Jung zu erfreuen. Die hervorragende Filmmusik Martin Böttchers untermalt das Geschehen perfekt.

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                                        MareikeHB 27.05.2021, 21:40 Geändert 28.05.2021, 07:56

                                        „Love Steaks“ von Jakob Lass ist eine wild romantische Komödie der etwas ausgefalleneren Art. Er ist eher schüchtern und unsicher. Sie ist extrem draufgängerisch, risikofreudig und trinkt schon einmal einen Schluck zu viel. Er ist der neue Masseur aus dem Wellnessbereich eines Luxushotels an der Ostsee. Sie ist dort Köchin in der Großküche und schon bestens, wirklich allerbestens, mit allen Kollegen vertraut.
                                        Langsam kommen sich beide erwartungsgemäß näher. Klingt banal. Ist es vielleicht auch. Aber trotzdem kommt eine erfrischende Liebesgeschichte zum Vorschein.
                                        Einige Gags sind neben einigen Albernheiten sehr gut platziert. Die improvisierten Dialoge und der Handkamera-Look geben der Love Story einen lebensechten Anstrich.
                                        Am gelungensten ist die Besetzung. Die beiden Hauptdarsteller Lana Cooper und Franz Rogowski sind ein tolles Paar und zwei große Schauspieltalente. Sie wirken immer überzeugend. Dies gilt aber ebenso für alle Nebendarsteller. Auch der dynamische Soundtrack gefiel mir sehr.
                                        Ein Schwachpunkt ist allerdings der mangelhafte Ton, der anscheinend besonders authentisch wirken soll. Er wurde wohl direkt mit dem Dreh aufgenommen und nicht nachbearbeitet.
                                        Letztlich fühlte ich mich stilistisch etwas an das ebenfalls hervorragend improvisierte „Wir werden uns wiederseh‘n“ von Oliver Paulus und Stefan Hillebrand aus dem Jahr 2007 erinnert.

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                                          Mit „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ findet Roy Anderssons kuriose sowie groteske Kunstfilm-Triologie über die menschliche Existenz (schwedisch: du levande-trilogin) ihren Abschluss. Dieses Werk ähnelt den beiden Vorgängern „Songs from the Second Floor“ und „Das jüngste Gewitter“ in jeder Hinsicht. Letztlich kann man alle drei Filme als ein Gesamtwerk betrachten. Eine Chronologie ist nicht erkennbar, sodass man die Filme in beliebiger Reihenfolge sichten kann. Auch gilt hier wegen der ausgesprochenen Ähnlichkeit der drei mit vielen Metaphern gespickten Werke das Prinzip „Kennst Du einen, kennst Du alle“.
                                          Andersson hat als Regisseur wirklich einen sehr eigenen, besonderen Stil. Sein besonderes Kennzeichen: kurze Episoden mehr oder weniger skurriler Lebenssituationen, mit Ruhe in einer Einstellung, oft ohne Schnitte, gedreht, mit statischen, streng durchkomponierten, pastellfarbenen Bildern, einer altbackenen, minimalistischen Ausstattung, oftmals urig-hässliche Darstellern und Darstellerinnen, erkennbaren Studioaufnahmen und seinem extrem trockenen Humor.
                                          Aus einer Dokumentation über den Regisseur geht hervor, dass er zunächst erfolgreicher Werbefilmer war, sich sodann einen Lebenstraum erfüllte und sein eigenes Filmstudio im schwedischen Nirgendwo schuf. Genau dort entstanden seine Werke, unter der Regie eines oft sehr verschmitzt und schelmisch lächelnden Filmschaffenden. Andersson scheint bereits beim Dreh eine diebische Vorfreude auf sein Schaffen zu entwickeln.
                                          Für alle Kunstfilm-Liebhaber ist Andersson sicherlich ein Muss. Andere werden ratlos auf die scheinbar völlig zusammenhangslosen Episoden blicken und sich an manch langatmigen Szenen stören, in denen scheinbar nicht „passiert“.
                                          Der „Whow“-Effekt war sicherlich beim ersten Film am größten. Trotzdem wurde dieser letzte Teil, dessen Titel allein einmal in einem missglückten Kindergedicht bei einer Schulaufführung Erwähnung findet, mit dem Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig prämiert.

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                                            „Angriffsziel Moskau“ ist einer dieser Filme von dem ich mir mehr erhofft habe. Sidney Lumet zählt immerhin zu meinen Lieblingsregisseuren und auch die Darsteller, wie Henry Fonda und Walter Matthau, verstehen etwas von ihrem Geschäft.
                                            Zu dem Thema Kalter Krieg und Verselbständigung der Kriegsmaschinerie habe ich bereits vorher das Remake zu diesem Film „Fail Safe“ von Stephen Frears und Stanley Kubricks Kriegsgroteske „Dr. Seltsam...“ gesehen. Daher war die Thematik für mich vielleicht schon etwas zu abgestanden.
                                            Das Remake bestach durch sein faszinierendes Konzept eines „Live“ Films, der ähnlich wie bei einem Theaterstück in Echtzeit gedreht wurde und durch seine knackige Laufzeit. Kubrick betonte in seinem Werk mit komischen Momenten die Absurdität des Krieges und bot im Vergleich etwas mehr Unterhaltung.
                                            Letztlich wirkt „Angriffsziel Moskau“ dagegen recht langatmig zäh und staubtrocken. Durch die sehr nüchterne Realisierung der Thematik lassen einen die Charaktere weitestgehend kalt (Dies ist mir bei den beiden anderen Filmen allerdings ebenfalls aufgefallen, wie auch der kammerspielartige Inszenierungsstil, der all diesen Filmen gemein ist).
                                            Positiv anzumerken ist, dass die Schauspieler auch hier tadellos agieren. Zudem ist das Thema einfach erschreckend zeitlos. Gerade in heutigen Zeiten, in denen die Technisierung der Welt den Menschen immer mehr aus den Händen gleitet und man sich einer Übermacht der Maschinen gegenübersieht, ist und bleibt die Thematik eines außer Kontrolle geratenen Angriffs aktuell. Die zunehmende Aufrüstung vieler bedeutender Mächte auf dieser Welt tut sein Übriges. Da bleibt auf jeden Fall ein beklemmendes Gefühl.

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                                              Das filmische Meisterwerk „Birdman“ von Alejandro Iñárritu scheint inhaltlich perfekt auf „Batman“ Schauspieler Michael Keaton zugeschnitten zu sein. Es wirkt fast so, als würde seine Geschichte als alternder Star und ehemaliger Superheld-Darsteller erzählt.
                                              Riggan (Michael Keaton) erhofft sich durch die Inszenierung eines Broadway Bühnenstücks und Übernahme der Hauptrolle ein Comeback sowie Renommee als ernstzunehmender Schauspieler und Regisseur. Schon bald zeigt sich, dass das ganze Unterfangen eine beträchtliche psychische Belastung für ihn darstellt. Er schwankt zwischen Selbstzweifeln und seinen Fähigkeiten als früherer „Superheld“, gefühlsmäßig immer nahe an der Schwelle zum Größenwahn und Überforderung.
                                              Wie in einem abstrakten Gemälde verwischen mehr und mehr Traum, Realität sowie das Bühnenstück mit dem wirklichen Leben. Das zeigt sich gerade auch im überraschenden Ende.
                                              Losgelöst vom grotesk surrealen Erzählstil werden sehr anschaulich Sorgen und Nöte im Schauspielberuf und Showbusiness geschildert. Dialoge sind sehr pointiert.
                                              Die äußerst kreative Kameraführung, die extrem dynamisch, immer nah am Geschehen ist und fast ohne erkennbare Schnitte auskommt, lässt das Geschehen sehr persönlich und lebendig erscheinen. Der wiederkehrende peitschende Trommelwirbel im Soundtrack signalisiert den ansteigenden Stresspegel des Protagonisten.
                                              Aus der grandiosen Darstellerriege: Michael Keaton, Edward Norten und Emma Stone, holt Iñarritu das Maximum heraus, sodass sie perfekte Leistungen liefern können.
                                              Völlig zurecht gab es „Oscars“ in den Kategorien „Bester Film“, „Regisseur“, „Kamera“ und Drehbuch. Nur die oben genannten Darsteller mussten sich leider allesamt mit Nominierungen zufriedengeben. Gerade Michael Keaton hätte ich die Trophäe gegönnt. Eine derartige Rolle gibt es nur einmal im Leben.

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                                                MareikeHB 13.05.2021, 19:24 Geändert 13.05.2021, 19:31

                                                "Red Sparrow" ist ein durchaus reißerisch unterhaltsamer Ost-West-Agentenfilm, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Einerseits sieht man Fahrzeugmodelle aus der heutigen Zeit, andererseits scheint der Inhalt des Films aus Tagen des kalten Kriegs zu stammen. Auch die oft anachronistisch altmodisch wirkende Ausstattung und das Fehlen moderner Kommunikationsmittel, wie z.B. Smartphones, wirkt in der heutigen Zeit befremdlich. Das kommunizierte Schwarzweiß-Denken: Russen (=bösartig und pervers), Amerikaner (ohne Fehl und Tadel) erinnert an einen Propaganda-Film der USA aus alten Zeiten.
                                                Kostenintensive Special Effects sucht man hier vergebens, dafür wird die klassische Agentengeschichte oftmals mit reißerischen Szenen, bestehend aus Sex und Gewalt, angereichert. Jennifer Lawrence muss sehr viel nackte Haut zeigen und ein Nebendarsteller komplett blankziehen. In der russischen Agentenschule der "Red Sparrows", geleitet von einer köstlich diabolisch agierenden Charlotte Rampling, findet übelste sexuelle Ausbeutung statt.
                                                Man könnte den Film als billigen Exploitation Trash bezeichnen - schließlich kommt er weitestgehend ohne aufwändige Außenaufnahmen aus. Aber dafür ist die Agentengeschichte letztlich zu clever konstruiert, die Nebenrollen mit der Rampling, Joel Edgerton und Jeremy Irons zu gelungen besetzt, und auch sonst ist handwerklich wenig auszusetzen. Nur warum müssen alle Russen ständig mit einem Akzent sprechen? Die akzentfreien Amerikaner bleiben eher eine Randerscheinung in diesem Fake-Akzent-lastigen Film.

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                                                  MareikeHB 11.05.2021, 09:32 Geändert 11.05.2021, 13:51

                                                  Danke, Moviepilot, für den gelungenen Trailer für diese Rarität!
                                                  „Heiße Erde“ (Island in the Sun) von Robert Rossen ist eine schön bebilderte, nett dahinplätschernde, aber leider recht spannungsarme Seifenoper mit erstklassigen Stars und viel karibischem Flair (weitestgehend auf der Insel Granada gedreht).
                                                  Die filmhistorische Bedeutung des Films liegt darin, dass Filmlegende Joan Fontaine eine Liebesbeziehung mit der sympathischen Gesangslegende Harry Belafonte eingehen darf und dass Rassismus thematisiert wird. In den 1950er Jahren waren Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarben gesellschaftlich und in Filmen weitestgehend undenkbar. Joan Fontaine hat dementsprechend leider auch viele Hassbriefe für ihre Rolle geerntet.
                                                  In Nebenrollen sind James Mason, einmal mehr als charakterlich komplexer Gegenspieler, zwischen arrogantem Machtbewusstsein, Unbeherrschtheit und tiefer Verunsicherung, und die noch junge Joan Collins zu sehen.
                                                  Der Film wurde zu über 90 Prozent an Originalschauplätzen gedreht, von Regierungsgebäuden bis Fischerdörfern.
                                                  Zudem war es für den legendären Filmproduzenten Darryl F. Zanuck die erste unabhängig von den großen Hollywood-Studios gedrehte Produktion.
                                                  Harry Belafonte steuert seinen schön romantischen Song „Island in the Sun“ zum Soundtrack bei, der Urlaubsgefühle aufkommen lässt.

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                                                    MareikeHB 09.05.2021, 12:24 Geändert 09.05.2021, 14:21

                                                    „Die fetten Jahre sind vorbei“ von Hans Weingartner ist ein einfallsreiches, spannendes und sehr unterhaltsames Werk mit gesellschaftskritischen sowie leicht grotesken Tönen.
                                                    Die politischen Botschaften der Protagonisten, drei linksradikale Aktivisten, kommen zwar in verbaler Hinsicht schon arg plakativ daher, aber sie stammen anscheinend nicht gerade aus den Mündern Intellektueller. Die Aktionen wirken da schon erfrischender, allerdings bewegen sie sich bereits jenseits des gesetzlich Erlaubten. Letztlich erinnert das geschilderte linksradikale Milieu mit dem übertriebenen Schwarzweiß-Denken stark an die längst vergangenen Zeiten der 1970er. Dementsprechend wird der bereits ältere großkapitalistische Gegenspieler an seine wilden Jugendjahre erinnert. Von den schablonenhaften
                                                    politischen Ansichten machen sich die Filmemacher jedoch niemals wirklich frei.
                                                    Der manchmal ruppige Schnitt passt gut zu den oftmals radikalen Äußerungen. Die Kameraarbeit von Matthias Schellenberg ist ausgezeichnet, und die gezeigte Urlaubsidylle Tirols steht im schönen Gegensatz zu der aufgewühlten Gemütslage der Hauptfiguren.
                                                    Auch die vier Hauptdarsteller, Daniel Brühl, Julia Jentsch, Stipe Erceg und Burghart Klaussner, überzeugen in jeder Hinsicht. Passend ist zudem der hörenswerte Soundtrack.
                                                    Das etwas konstruiert wirkende Ende hat zumindest eine treffende Botschaft: „Manche Menschen ändern sich nie“. Auf wen die Zuschauer und Zuschauerinnen diese beziehen, bleibt ihnen glücklicherweise selbst überlassen. Nach dem Abspann folgt eine weitere geistreiche Pointe!

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