moviesforlife - Kommentare
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Alle Kommentare von moviesforlife
Ich suche noch eine freundliche Person als Wichtelpartner für den zweiten Advent. Wer Zeit und Interesse hat, der darf so frei sein und sich hier einfach zu Wort melden.
PS: Die Person kann meinetwegen auch unfreundlich sein, ich will hier schließlich niemanden ausgrenzen.
Grund 6: Weil kaum ein anderer Horrorfilm oder eine aktuell laufende Horrorserie der - leider nach wie vor - stark von Vorurteilen und Diskriminierung geprägten amerikanischen Gesellschaft so geschickt den Spiegel vorhält, wie es "American Horror Story" tut.
Alle Mann mal hergehört.
Da ich mit dieser Kommentar-Reihe sowieso schwer in Verzug bin (huch, es ist ja schon November) und "Trick'r Treat", der sechste Film auf meiner Liste, so unendlich durchschnittlich ist, dass ich keinen Kommentar an ihn verschwenden will, nehme ich mir einfach mal die Freiheit, diesen Titel zu überspringen. Selbstverständlich gibt es hier trotzdem einen kurzen Kommentar dazu.
"Trick'r Treat" ist nämlich ein Film, der durchgehend versucht, den Zuschauer und sein eigenes Genre vorzuführen, aber der einzige, den er bei diesem kläglichen Versuch vorführt, ist er selbst. Der Film will andauernd - und zwar auf extrem nervige und penetrante Art - mit den Erwartungen des Publikums spielen. Das Ganze wirkt so gewoll intelligent, dass es schon geradezu vorhersehbar wird. Als Beispiel: Es gibt eine Szene, in der es den Anschein hat, als würde gleich ein Kind von seinem eigenen Vater ermordet werden, nur damit sich dann herausstellt, dass der kleine Sohnemann selbst ein Mörder ist. Oder in einer anderen Szene wird ein Mädchen von einem geisteskranken Killer vergewaltigt, doch dann entpuppt sich, dass auch das Mädchen ein dunkles Geheimnis in sich trägt und es eigentlich der Killer ist, der in Gefahr schwebt. Und auf diese Art geht es dann fast den ganzen Film über weiter.
Sicher, einige interessante Einfälle will ich "Trick'r Treat" nicht absprechen und allein für seine ambitionierte - wenn auch gescheiterte - Herangehensweise an das Genre kann man ihn gar nicht schlecht finden. In vielen Momenten vermittelt "Trick'r Treat" jedoch den Eindruck, als würde er dem Zuschauer ganz verzweifelt mit einem Schild vor der Nase herumfuchteln, auf dem groß und breit geschrieben steht "Look at me, I'm so unique". Und dieser Umstand macht ihn garantiert nicht zu einem guten Film.
Nächstes Mal gibt es dann wieder einen vernünftigen Kommentar zu einem hoffentlich vernünftigen Film. Nämlich "Vampyr - Der Traum des Allan Grey".
Naja, das Wörtchen "clever" ist auch ein ziemlich dehnbarer Begriff.
Nachträglicher Horrorctober #5: "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens"
Es wäre eine anmaßende Untertreibung, "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens", das bedeutendste Werk des deutschen Stummfilmpioniers Friedrich Wilhelm Murnau, lediglich als ein weiteres Glied in der Kette von filmischen Meilensteinen zu bezeichnen. Nein, "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" ist etwas Besonderes. In all seiner poetischen Eleganz sticht die lose Adaption von Bram Stokers Kultroman "Dracula", welcher ohne Zweifel noch heute zu den prunkvollsten Stücken der Horrorliteratur gerechnet werden darf, aus der Masse an formvollendeten Kunstwerken hervor. Denn "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" ist - und das lässt sich nicht oft genug betonen - Filmkunst in ihrer urtümlichsten, unmittelbarsten und direktesten Form. Es ist, wie der Titel zu Recht verspricht, eine wahrhaftige Symphonie.
"Nosferatu. Tönt dies Wort dich nicht an wie der mitternächtliche Ruf eines Totenvogels? Hüte dich es zu sagen! Sonst verblassen die Bilder des Lebens zu Schatten, spukhafte Träume steigen aus dem Herzen und nähren sich von deinem Blut."
Es ist eine Symphonie der Schönheit.
Freilich, es mag gewagt klingen, einen nunmehr knapp hundert Jahre alten Film als bildgewaltig zu umschreiben. Doch "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" hat diese Bezeichnung redlich verdient, zumal mir bei manch einer Aufnahmen, in ihrer ganzen Fülle an ureigener Schönheit, mehrmals die Kinnlade in eine beinahe scherzhafte Position heruntergeklappte. Zu verdanken ist dies in erster Linie der Entscheidung Murnaus, seinen Film ausschließlich an Originalschauplätzen zu drehen, was für die damalige Zeit als äußerst ungewöhnlich galt, da es nicht zuletzt mit einer hohen Menge an Kosten verbunden war. Murnau wählte für seinen Film Drehorte in Wiesmar, Lübeck, Rostock, Lauenburg und dem Tengeler Forst. Der Authentizität halber wurde sogar in Rumänien gefilmt, beispielsweise an dem Karpatenschloss Oravsky oder dem Vrátna-Pass. Mit diesem außerordentlich hohen Sortiment an Außenaufnahmen bildet "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" einen scharfen Kontrast zu den damals üblichen, an die Malerei des Expressionismus angelehnten Studiokulissen, wie sie etwa in "Das Cabinet des Dr. Caligari" oder "Der Golem, wie er in die Welt kam" zur Verwendung kamen.
Murnau stellte sich damit nicht nur gegen einen zeitgenössischen Trend, sondern erhöhte infolgedessen auch den Aufwand der gesamten Filmproduktion in drastischem Maße. Doch dies ist nur ein vergleichsweise kleines Risiko, in Relation zu dem überwältigend schönen Resultat. Speziell die Naturaufnahmen imponieren durch ihre ursprüngliche, bodenständige und zu keinem Zeitpunkt überstilisierte Ästhetik. Es werden Landschaften gezeigt, so anmutig und mystisch, dass man nicht übel Lust bekommt, sich von ihnen voll und ganz verschlingen zu lassen: Hell schillernde Bäche durchgraben uralte Wälder, besprenkelt von breiten Matten an wogenden Wiesen und himmelhohen Gebirgszügen, deren schwarze Konturen im fahlen Licht der Abenddämmerung mit dem Himmelszelt zu verschwimmen beginnen. Eine heruntergekommene Burg, deren Silhouette sich in der finalen Einstellung des Filmes nach wie vor dunkel und bedrohlich gegen das Firmament abzeichnet. Und nicht zu vergessen die unendlich weite Ödnis des rauen Meeres, welche die tödliche Bedrohung auf einer pfeifenden Brise herbeiträgt.
Demzufolge bildet die Natur eines der wichtigsten Motive in "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens". Inszeniert wird sie als ein Ort der Mystik, als ein Ort, an dem Logik und Rationalität keine Bedeutung mehr besitzen, da an ihrer Stelle Dunkelheit und Willkür regieren. Ein unwirtlicher und lebensfeindlicher Ort, an dem die wildesten Fantasien von Vampiren und Werwölfen zur tödlichen Realität werden. Es ist ein uns fremder, unvertrauter Ort. In einer kurzen Szene im Mittelteil des Films wird die Natur sogar direkt mit den blutsaugenden Vampiren assoziiert, anhand des Beispiels einer Venusfliegenfalle und eines Süßwasserpolypen.
Und gerade weil sie so grausam, unnachgiebig und geheimnisvoll ist, löst die Natur bei uns als Zuschauer einerseits ein nagendes Unwohlsein und andererseits eine unstillbare Faszination aus. Es ist jedoch nicht lediglich die Natur als bloße Kulisse, die Murnau benutzt, um sein Publikum das Fürchten zu lehren - die "natürliche Natur" dient darüber hinaus auch als eine Parabel für die "menschliche Natur", die in ihren tiefsten Wurzeln nicht minder finstere Geheimnisse birgt. "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" ist nämlich, auch wenn dies gerne geflissentlich ignoriert wird, ein zutiefst menschlicher Film.
"Reisen sie schnell, reisen sie gut, junger Freund. In das Land der Gespenster."
Es ist eine Symphonie des Verlangens.
Wie anfangs bereits erwähnt, erzählt "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens", untergliedert in fünf Akte, die Geschichte von Bram Stokers "Dracula", nur in stark verkürzter Form, in einem anderen Setting und mit abgeänderten Namen der Protagonisten. So wird aus dem Grafen Dracula der Graf Orlok, Abraham Van Helsing wird zu Bulwer und das junge Liebespaar Mina und Jonathan Harker zu Ellen und Thomas Hutter.
Dennoch darf man Murnaus Adaption der literarischen Vorlage als eine äußerst werkstreue Verfilmung betrachten. Vor allem der stilistische Kniff, zwischen den einzelnen Szenen immer wieder Tagebuch- beziehungsweise Logbucheinträge oder alte Schriftstücke einzublenden und die bei Stummfilmen obligatorischen Zwischentitel, schaffen es wie keine zweite Umsetzung von "Dracula", die Atmosphäre des Romans einzufangen. Denn auch dieser ist keine zusammenhängend erzählte Prosa, sondern setzt sich aus einer Ansammlung an verschiedenen Aufzeichnungen und Tagebucheinträgen der Hauptpersonen zusammen.
Doch wenn es zu der Figur des Grafen Dracula - des Nosferatu - kommt, gibt es einige gravierende Unterschiede zwischen dem Roman und seiner filmischen Aufbereitung. In Stokers Buch ist es der reine Arterhaltungsdrang, der den Grafen dazu antreibt, Menschen zu beißen und damit zu Seinesgleichen zu verwandeln. Doch in "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" werden die Opfer des Vampirs durch dessen verhängnisvollen Biss nicht ebenfalls zu Vampiren, sondern sie sterben ganz einfach. Nosferatu wird also von Murnau zum schlichten Todesboten degradiert, der nicht umsonst mit der todbringenden Krankheit Pest in Verbindung gebracht wird. Nur wieso beißt der Vampir Menschen und schickt diese somit in ein verfrühtes Grab, wenn es nicht seiner Rasse zu Gunsten kommt? Die Frage ist schnell beantwortet: Er tut es aus Lust, aus Wohlgefallen und aus einem unstillbaren Verlangen nach dem roten Lebenssaft, der sekündlich durch die menschlichen Adern gepumpt wird. Damit sind Nosferatus Motivationen überaus primitiver Natur, gleichzeitig entfernen sie den Fürsten der Vampire aber auch von seiner mythischen, undurchdringlichen Darstellung und rücken ihn sehr nahe an eine menschliche Interpretation. Nosferatu ist keineswegs eine Gottheit der Finsternis oder ein unbesiegbares Monster, wie er in Stokers Buchvorlage charakterisiert wird, sondern ein gefährliches, aber dennoch triebgesteuertes Wesen. Ein Wesen, das sogar menschliche Emotionen empfinden kann.
"Und der junge Hutter reiste viele staubige Straßen, aber endlich glühten doch die Gipfel der Karpaten vor ihm auf."
Es ist eine Symphonie der Liebe.
Ja, der Vampir Nosferatu ist tatsächlich dazu fähig, ein Gefühl wie Liebe zu empfinden. Schließlich handelt es sich bei "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" in den Grundzügen um nichts anderes, als um eine mit vielen Versatzstücken des Horrorfilms ausgeschmückte Liebesgeschichte. Es ist eine Geschichte, in der zwei grundverschiedene Männer, Graf Orlok und Thomas Hutter, um das Herz von Hutters Frau Ellen kämpfen. Thomas repräsentiert hierbei den Vorzeigeehemann: Er ist treu, liebevoll, freundlich, humorvoll und schreibt seiner Frau Briefe aus dem fernen Transsilvanien. Er nimmt sogar den langen und beschwerlichen Landweg auf sich, um zurück zu seiner Geliebten zu gelangen. Orlok hingegen ist das genaue Gegenstück zu Ellens Gemahl. Er ist verschlagen, manipulativ, emotionskalt und er macht sich den einfachen und schnellen Seeweg zunutze, um Ellen so rasch wie möglich zu erreichen. Und dennoch scheint er ein Gefühl der Liebe und des Verlangens zu empfinden, das ihn unweigerlich zu Ellen hinzieht und sein untotes Herz verzehrt. Und auch die begehrte Frau fühlt eine unheimliche, widernatürliche Anziehung von dem Vampir ausgehen, die sie in seinen Bann schlägt. Es ist das Mystische, das Unbekannte, das Fremde, das Riskante, das Ellen an dem Grafen fasziniert, genau wie auch wir, die Zuseher, von der Wildheit und dem unergründlichen Zauber der Naturaufnahmen paralysiert werden.
Nicht umsonst werden sowohl die Figur des Grafen Orlok, als auch die von Hutter im Anschluss an ihre Begegnung in Transsilvanien mit einer vergleichbaren Menge an Leinwandpräsenz versehen. Und es ist auch kein Zufall, dass ihrer beiden Wege immer wieder simultan zueinander gezeigt werden. Ich würde mich an diesem Punkt meines Kommentars weit aus dem Fenster lehnen und die gewagte Interpretationsthese aufstellen, dass die beiden männlichen Widersacher nichts anderes sind, als eine Metapher für zwei unterschiedliche Seiten ein und desselben Mannes. Einmal wäre da die helle, herzliche, sympathische und im Übrigen auch sehr oberflächliche Seite, die er der Welt nach außen hin zeigt. Ein selbstgeformtes Idealbild, das sich gut als Frauenmagnet eignet. Und zum anderen existiert in ihm eine dunkle, geheimnisvolle und mysteriöse Seite, die er vor der Gesellschaft verborgen hält, die aber gleichsam die ehrlichere und authentischere der beiden Seiten ist.
Indem Murnau diese beiden Facetten der männlichen - oder besser gesagt der menschlichen - Natur offenlegt und gegeneinander antreten lässt, stellt er Ellen vor eine schicksalsschwere Wahl. Denn einerseits sehnt sich die Frau nach der Wärme und Geborgenheit, die ihr nur der geliebte Ehemann spenden kann, andererseits fühlt sie sich immer stärker zu dessen dunkler und exotischer Seite, symbolisiert durch den Grafen Orlok, hingezogen.
Am Ende mündet dieses Debakel schließlich in einer unausweichlichen Katastrophe. Ellen wendet sich zu lange der dunklen Seite ihres Geliebten, also dem Grafen, zu und wird von ihr dahingerafft. Bevor dies geschieht, gelingt es ihr allerdings noch, die dunkle Seele des Vampires, im wahrsten Sinne des Wortes, mit Licht zu fluten. Damit opfert Ellen ihr eigenes Leben, um das dunkle Innenleben ihres Mannes - also die Symbolfigur des Nosferatu - zu vernichten und nur dessen reine, unschuldige Seite zurückzulassen. Diese ist jedoch durch den Verlust der geliebten Frau schwer mitgenommen und es wird am Ende des Films offen gelassen, ob in Hutter durch dieses Trauma erneut ein Fragment der ehemaligen Dunkelheit zu keimen beginnt.
"Es schlich sich eine Seuche durch das Schiff. Der erste Matrose, der befallen war, zog die ganze Besatzung nach sich in das dunkle Grab der Wellen."
Es ist eine Symphonie der Atmosphäre.
Nebst seiner inhaltlichen Genialität, ist es letztlich in erster Linie die unverwechselbare Atmosphäre, die "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" die Dekaden hat überdauern lassen. Der Film entwickelt, mehr als es den meisten Beiträge zum Horror- und Thrillerkino dieser Tage gelingt, eine sogähnliche Wirkung, deren hypnotischen Bann man sich, ist man erst einmal in ihm gefangen, nicht mehr entziehen kann.
Einen großen Beitrag zur atmosphärischen Dichte des Films zollt hauptsächlich seine Beleuchtung und Farbgebung. Die meisten Szenen, vorrangig die unheimlichen Momente, sind im Low-Key-Stil gehalten, also mit nur kleinen beleuchteten Flächen des Szenenbildes, während sein restlicher Teil in dämmrigem Schummerlicht oder im Schatten verbleibt. Und bei der ersten Begegnung zwischen Hutter und Orlok, einer für die Handlung extrem wichtigen Szene, blendet Murnau sogar ein Negativbild ein. Diesen visuellen Einfällen ist es zu verdanken, dass besonders die Szenen bei Nacht in eine spukhafte, okkulte Atmosphäre eingebettet werden, wozu auch die Farbauswahl entscheidend beiträgt. Die nächtlichen Aufnahmen werden in einem trüben Blau dargestellt, während die Szenen am Tage in einem sonnigen Sepiafarbton gehalten sind.
Außerdem entwickelt der Film in seinem Verlauf eine seltsame, eigenwillige Dynamik, was nicht nur auf die, für damalige Verhältnisse, sehr hohe Anzahl an Schnitten zurückgeht. Die fast immer statische, unbewegte Kamera gleicht "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" damit aus, dass sich innerhalb der einzelnen Einstellungen eine große Menge an Bewegung abspielt. Es gibt kaum eine Einstellung, in der das Szenenbild nicht von dynamischen Vorgängen dominiert ist; sei es durch die Natur oder die sich stetig bewegenden Hauptfiguren. In manchen Momenten bringt Murnau auch einen Zeitraffereffekt zum Einsatz, was den surreale, übernatürlichen Flair und die Dynamik des Films noch einmal auf eine neue Stufe emporhebt.
Nur der sinistere Nosferatu selbst verharrt zumeist starr und bewegungslos im Bild. Wie eine Spinne, die reglos den richtigen Moment abwarten will, ihre Beute zu erlegen. Dadurch wird erneut die Gegensätzlichkeit zwischen dem allseits fidelen und energischen Hutter und dem sowohl stillen, als auch emotionsarmen Grafen Orlok betont.
"Und das Wunder sei der Wahrheit nach bezeugt: Zur selben Stunde hörte das große Sterben auf und wie vor den siegreichen Strahlen der lebendigen Sonne war der Schatten des Totenvogels verweht."
Zweifellos, Friedrich Wilhelm Murnaus "Opus magnum" ist ein Abbild des deutschen Horrorkinos zu seiner glorreichsten Stunde. Es ist ein alles verschluckender Strudel, zusammengesetzt aus Bildern, Emotionen und einer subtilen Liebesgeschichte, der sich in vollkommener cineastischer Perfektion entäußert. Es ist ein geschliffener Diamant unter den Stummfilmen. Ein Diamant, der auch künftig die Jahrzehnte überstehen wird, ohne Schaden davon zu tragen. Es ist eine Symphonie des Grauens.
Nächstes Mal dann: "Trick'r Treat - Die Nacht der Schrecken".
Der schwarze Spiegel zählt in der Tat zu den Serien, die man dieses Jahr keinesfalls verpassen sollte, wenn man die Nase voll von der immer gleichen, überbewerteten Fanboy-Stangenware hat.
Da ich voraussichtlich an allen vier Terminen Zeit habe, frage ich nun mal ins Blaue hinein: Wer will mich?
Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, weshalb diese Folge von vielen Leuten als die Schwächste der dritten Staffel angesehen wird. Ich gebe zu, nach der bewegenden Episode "San Junipero" wirkt "Men Against Fire" in emotionaler Hinsicht eher aufgesetzt und vom Handlungsverlauf her manchmal sehr konstruiert, aber davon abgesehen versinnbildlicht diese Folge in meinen Augen eine perfekte Kriegs-Metapher. Stehen sich zwei Fronten auf einem Schlachtfeld gegenüber, so setzt die eine Seite logischerweise alles daran, ihre Gegner auszuschalten - und umgekehrt. Als einfacher Soldat sieht man die Feinde in einer solchen Situation nur als Ziele, als Objekte, gar als Monster, die es auszumerzen gilt. Man tötet nicht gerne, natürlich nicht, aber man muss es tun. Denn sonst verliert man womöglich selbst sein Leben auf dem Schlachtfeld. Töten, um nicht getötet zu werden. Ein fairer Deal, oder?
Ganz im Gegenteil. Sobald es einem Soldaten nämlich gelingt, hinter seine "Maske" - also das stark simplifizierte Freund-Feind-Denken, welches ihm von der Regierung aufgezwungen wird - zu blicken, wird er realisieren, dass die Menschen, gegen die er kämpfen muss, nichts anderes sind, als eben das: Menschen. Es sind Menschen wie er, die ein Leben führen wie er, die Freunde und Familie besitzen wie er, die Hoffnungen und Wünsche haben wie er und die vielleicht auch lieber in ihrem warmen und geborgenen Zuhause in der sicheren Heimat wären, als auf dem kalten, weit entfernten Schlachtfeld.
Da denke ich in meiner grenzenlosen Naivität, dass mich "Black Mirror" inzwischen nicht mehr verstören kann und dann wird mir eine Folge wie diese um die Ohren geschmettert. Kaum zu glauben, was hier aus einer anfänglich eher uninteressanten Grundidee herausgekitzelt wird. Vom lehrbuchreif aufgebauten Spannungsbogen bis zum früher oder später absehbaren, aber dennoch zutiefst unangenehmen Ende. Und nein, diese Episode ist selbstverständlich nicht nur eine "Das Internet ist böse"-Metapher.
Die dritte Season entwickelt sich langsam aber sicher wirklich zu meiner Lieblingsstaffel. Oder um es prägnanter zu formulieren: Die übliche "Black Mirror"-Genialität hat wieder zugeschlagen.
Um es in einem Wort zusammenzufassen: Nein!
Horrorctober #4: "Suspiria"
"Suspiria", meine bislang erste Begegnung mit Dario Argento, entpuppt sich weder als ein außergewöhnlich gut geschriebener, noch als ein sonderlich ausgeklügelter oder durchdachter Horrorfilm, sondern zieht seine immense Einschlagskraft einzig und allein aus der eleganten Inszenierung und der nicht minder hervorstechenden audiovisuellen Aufmachung.
Sicher, man könnte sich nun lang und breit über die nichtssagenden Charaktere auslassen, die sich zu jedem Zeitpunkt eifrig darum bemühen, ein nervtötendes Klischee nach dem anderen abzuarbeiten und dabei in jeder Gefahrensituation ganz gewiss die dümmstmögliche Entscheidung treffen. Ebenso könnte man sich über die Dialoge beschweren, die gelinde gesagt nicht mehr als ein dem bloßen Selbstzweck dienliches Feuerwerk an Plattitüden darstellen, wenngleich man ihnen eine gewisse Schärfe von Zeit zu Zeit nicht absprechen mag. Und schließlich könnte man "Suspiria" die mangelnde Originalität seiner Geschichte ankreiden, die im finalen Akt zu einer plumpen und uninspirierten Schablone ihrer selbst ausufert.
Hängt man sich jedoch zu sehr an den erzählerischen Schönheitsfehler von "Suspiria" auf, so vermindert dies den Genuss des Filmes um ein Vielfaches. Daher ist stark davon abzuraten, "Suspiria" auf Handlung oder Figuren zu reduzieren und sich stattdessen voll und ganz an dem brodelnden Schwall aus gleichermaßen akustischen wie optischen Sinneseindrücken zu ergötzen, den Argento in geballter Ladung und ohne falsche Zurückhaltung auf sein Publikum einregnen lässt.
Es ist ein buchstäbliches Farbengewitter, dominiert von den prachtvollen Primärfarben Rot und Blau, das in Gestalt einer überwältigenden Reizüberflutung durch die Pupillen hinein ins Auge bricht, auf die überstrapazierten Lichtsinneszellen in der Netzhaut einprasselt und über Nervenbahnen bis in die tiefsten Windungen des Gehirns transportiert wird, welches sich angesichts dieser visuellen Wucht vor Entzückung krümmt und wendet.
Mittels dieser eindringlichen Beleuchtung gelingt es Argento, ein Szenenbild von kongenialer Schönheit zu modellieren, umschmeichelt durch die zauberhafte Musikuntermalung der italienischen Band Goblin.
Doch der permanente Einsatz der Farben Blau und ganz besonders Rot, wird nicht ausschließlich aus der entzückenden Beleuchtung gewonnen, sondern kommt ebenso in der räumlichen Gestaltung des Szenenbildes zu tragen. Die Tanzschule, in der sich ein großer Teil der Handlung ereignet, ist beispielsweise komplett in Rot gestrichen und auch an vielen anderen Handlungsorten ist die Farbe in unterschiedlichen Formen vertreten. Selbst auf dem Filmcover von "Suspiria", das fast ausschließlich in Schwarz und Weiß gehalten ist, stellt Rot die einzige Farbe dar.
Gleichsam werden in "Suspiria", visualisiert durch den immer wiederkehrenden Gebrauch von Rot und Blau, zwei an sich inkompatible, vollkommen gegensätzliche Welten abgezeichnet, die ständig miteinander um die Vorherrschaft ringen und letztendlich ineinander übergreifen. Zum einen gibt es die sichere und behütete Welt des warmen Zimmers, in der geredet, gelacht und sich amüsiert wird, unberührt von der grausamen Außenwelt, deren Existenz lediglich ein kleines, dunkles Fenster an der Zimmerwand bezeugt. Und dann gibt es die Welt jenseits des Fensters. Des nachts lauern dort die finstersten Alpträume, tausend drohende Schatten tanzen und toben vor dem dünnen Fensterglas umher und in der pulsierenden Dunkelheit tut sich ein allumfassender Schlund auf, in dessen tiefster Tiefe eine Vielzahl grüner Augen bösartig zu funkeln beginnt, während der kühle Nachtwind ein weit entferntes, unnatürlich röchelndes Atmen mit sich trägt.
Es gibt die Welt der noblen Ballettschule und die widernatürliche, madenzerfressene Welt dahinter, in der das wahrhaft Böse sein Unwesen treibt.
Diese beiden Welten - getrennt durch die kleine, viereckige Öffnung eines Fensters, durch eine versteckte Tür in der Wand und manchmal bloß durch einen halbtransparenten Vorhang - sind es, die in "Suspiria" miteinander konkurrieren.
Gleich zu Beginn des Films, unmittelbar vor der ersten Todesszene, wird die eine Welt gegen die Andere ausgespielt. Mit tödlichem Resultat.
Später kommt es dann zum neuerlichen Kontakt und dann schließlich zur Kollision der beiden Fronten. Und wie es immer verläuft, wenn zwei gegensätzliche Mächte aufeinandertreffen, so erringt auch in "Suspiria" letztlich eine der beiden Parteien die Oberhand über ihre Gegenseite. Es ist ein ungleicher Kampf, doch bringt er einen überraschenden Sieger hervor. Wie in einem Märchen mutet das Ende an: Obwohl die dunkle und böse Welt wiederholt versucht, die schöne und gute Welt zu vernichten, so triumphiert das Gute, das Unschuldige und Reine, am Ende dennoch.
Zusammen mit dem theatralischen Untergang der bösen Welt, geht in der letzten Szene von "Suspiria" auch die gesamte Tanzakademie zu Bruch. Wie ein zerstörtes Märchenschloss nach dem Tod der bösen Hexe stürzt sie in sich zusammen, während die Protagonistin dem Alptraum in letzter Sekunde entkommen kann. Der finale Kamerazoom während des Abspanns in Richtung eines zerstörten, brennenden Fensters könnte dabei nicht aussagekräftiger sein. Die Welt auf der anderen Seite des Fensters, die grausame und alptraumhafte Welt, ist in Flammen aufgegangen und das Fenster, also die Verknüpfungsstelle zwischen den beiden Welten, ist vernichtet. Somit scheint unsere Welt - die gute Welt - gerettet und in Sicherheit zu sein. Wenigstens für den Moment.
Abschließend sollte noch einmal erwähnt werden, dass Dario Argentos "Suspiria" alles andere als ein makelloser Film ist, ganz im Gegenteil. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass viele Leute den Film für seine erzählerischen Mängel scharf in die Kritik nehmen. Auch ich kann darüber nicht gänzlich hinwegsehen. Falls man allerdings einzig und allein darauf beharrt und Augen sowie Ohren vor Argentos Sinneskino verschließt, so verpasst man eine wesentlich subtiler erzählte Horrorgeschichte. Denn "Suspiria" ist kein Horror, der vorrangig durch aufwendigen Splatter und Ekel funktioniert. Es ist auch kein Horror, der sich mit der Psyche seiner Figuren auseinandersetzt. Es ist kein Horror des Grusels oder des Schocks, genauso wenig wie es ein Horror der Mystik ist. Und es ist auch kein Horror der Angst. Es ist ein Horror der Ästhetik.
Nächstes Mal dann: "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens".
Es erstaunt mich immer wieder aufs Neue, welch Unmengen an Kreativität, Innovation und Finesse die Drehbücher von "Black Mirror" mitunter auffahren. Die erste Episode der dritten Staffel hat mich - wie eigentlich nicht anders zu erwarten war - schonungslos mitgerissen, beeindruckt und zutiefst bewegt. Eine Stunde lang eine geballte Ladung Gesellschafts- und Medienkritik, die wir uns alle zu Herzen nehmen sollten. Gerade in unserer heutigen Zeit, in der die sozialen Medien immer mehr und mehr Raum im Mikrokosmos unseres Lebens und im großen Miteinander unserer Gesellschaft einnehmen. Nicht selten leidet unter der oftmals wahnhaften Sucht nach Likes und positiven Bewertungen, dem krankhaften Betteln nach Aufmerksamkeit und dem Verlangen nach einer möglichst guten Selbstdarstellung in erster Linie die Ehrlichkeit. Und ohne Ehrlichkeit sind wir alle nur Schauspieler und spielen Rollen, die wir uns selbst so zurechschneidern können, wie es uns in den Kram passt. Wo bleibt in einer solchen Gesellschaft noch Platz für Menschlichkeit und aufrichtiges Glück?
Das in seiner grausamen Ironie fast schon poetische Ende der Episode zeigt schließlich auf, wie befreiend es manchmal sein kann, sich von den Idealen dieser heuchlerischen Gesellschaft loszulösen und endlich wieder man selbst zu sein.
Eine großartige und nachdenkliche Einstiegsepisode zu einer garantiert großartigen dritten Staffel.
Ein Trailer, der in knapp 90 Sekunden ziemlich präzise zusammenfasst, was aktuell im Superheldenkino falsch läuft. Bravo.
Horrorctober #3: "The Vanishing - Spurlos verschwunden"
"The Vanishing - Spurlos verschwunden" von George Sluizer ist ein Film, den man mit mehreren Fragezeichen im Kopf beginnt und mit einem dicken, fetten Ausrufezeichen beendet. War ich am Anfang noch etwas verwirrt, ob der vielen aufgeworfenen Fragen, so kam mir am Ende des Films nur noch ein leises, zaghaftes, beinahe trockenes "Oh" über die Lippen.
Dabei ist "The Vanishing" vieles, nur kein Horrorfilm. Stattdessen widmet sich der Film einer Geschichte, deren Ursprünge im Mystery-Genre zu finden sind, die aber andererseits auch viele Elemente des Kriminalfilms und des Thrillers aufweist.
Nach der Exposition zu Beginn des Films, in der wir mit den beiden Hauptcharakteren, Rex und Saskia, vertraut gemacht werden, kommt es bald schon zum großen Mysterium, dem zentrale Ereignis, auf welchem später die gesamte Handlung fußt: Saskia verschwindet. Spurlos. Ohne ein Zeichen zu hinterlassen. Ohne einen ersichtlichen Grund für ihr Verschwinden. Ohne Beweise. Und ohne Rex, ihren Lebensgefährten.
Von dieser vielversprechenden Prämisse ausgehend, versucht "The Vanishing" ein interessantes Krimi-Konstrukt aufzubauen, in dem sich der Protagonist Rex ständig auf der Suche nach dem unbekannten Täter und der Wahrheit hinter dem Verschwinden seiner Freundin befindet. Mit diesem altgedienten Prinzip erschließt Sluizer selbstredend längst kein filmisches Neuland und grast zum größten Teil auf bereits zu Genüge abgeweideten Wiesen, denn weder narrativ, noch inszenatorisch erbringt "The Vanishing" in seinen ersten beiden Dritteln erkennbare Innovation. Dennoch baut der Film ein ordentliches Maß an Spannung auf, was der Tatsache geschuldet ist, dass auch der Zuseher die meiste Zeit über - nicht anders als der Protagonist Rex - im Ungewissen gelassen wird und ihm nichts anderes übrig bleibt, als den Fischzug im Trüben durch eine kleine Handvoll an Hinweisen zu erleichtern, die Sluizer hin und wieder wie Samenkörner in die Handlung seines Filmes einbettet.
Im finalen Drittel kommt es dann zur unausweichlichen Konfrontation zwischen Opfer und Täter, dem dramaturgischen Höhepunkt des Films. Doch das Aufeinandertreffen von Protagonist und Antagonist verläuft überraschend unkonventionell und klischeefrei, was bereits damit beginnt, dass es der Entführer ist, der Rex bewusst aufsucht und bittet, mit ihm mitzukommen und nicht andersherum. Außerdem kommt es während dieses ungewöhnlichen Showdowns endlich zur Auflösung, zu der großen Enthüllung. Ab diesem Punkt spielt die Frage "Was?" keine große Rolle mehr, denn wir alle wissen im Grunde genommen, was passiert ist. Wir alle wissen, dass die Freundin von Rex entführt wurde. Viel interessanter ist hier das "Wie?" und natürlich auch das "Warum?".
In dieser Passage zückt Sluizer in geballter Form alle Register seines Könnens und zieht die Spannungsschraube gnadenlos immer enger und enger bis hin zu einem der belastendsten und kaltherzigsten Filmenden, die ich in den letzten Monaten gesehen habe.
Doch bevor ich auf dieses Ende zu sprechen komme - denn dazu gibt es nicht wenig zu sagen - will ich noch einige lobende Worte über den bereits des Öfteren erwähnten Antagonisten von "The Vanishing" verlieren, einen unscheinbaren Mann mit dem Namen Raymond Lemorne. Das Adjektiv "morne" bedeutet im Französischen in etwa so viel wie "freudlos" oder "freudeleer". Und genau so lässt sich Lemorne auch charakterisieren - als ein empathie- und emotionsloser, aber dafür umso intelligenterer Soziopath.
Was diesen Charakter auszeichnet, ist einerseits sein ungewöhnliches Tatmotiv, das sich von bloßer Bedürfnisbefriedigung emanzipiert, stattdessen intellektuellen Ursprungs ist und andererseits die große Leinwandpräsenz seiner Figur. Auf Lemorne wird beinahe so viel Fokus gelegt wie auf die Hauptperson Rex. Und das ist auch gut so, denn Letztgenannter ist eine recht platte und zwischenzeitlich mehr als öde Figur, während der Antagonist einen äußerst ambivalenten und somit auch sehr interessanten Charakter darstellt. Und das macht es zu einem teuflischen Vergnügen, seine Taten und besonders seine Gedankengänge mitzuverfolgen, selbst wenn es unmöglich ist, diese gänzlich nachzuvollziehen.
Im nun folgenden Teil meines Kommentars werde ich das Ende von "The Vanishing" vorwegnehmen und ein paar Parallelen zwischen dem Beginn und dem Abschluss des Films aufzeigen. Daher sollte jeder, der den Film und sein Finale unvoreingenommen genießen möchte, ab dieser Stelle nicht mehr weiterlesen. Ihr wurdet gewarnt.
Lemorne sagt am Ende zu Rex, dass er seine Freundin das Schlimmstmögliche durchleben hat lassen, dass er sich vorzustellen fähig ist. Dann fügt er noch hinzu, dass der Tod für ihn nicht das Schlimmste ist. Kurz darauf erfahren wir ganz nebenbei, dass Lemorne an Klaustrophobie leidet. Daher liegt es nahe, dass das Schrecklichste, zu dem seine Vorstellungskraft ausreicht, das Schicksal eines bei lebendigem Leibe und in einer engen, kleinen Kiste unter der Erde begrabenen Menschen ist. Und in eben dieser Situation findet sich auch Rex am Ende des Films wieder. In dieser Szene vollzieht "The Vanishing" einen grausamen Kreisschluss zu seiner Anfangsszene, in der Rex und Saskia mit ihrem Auto in einem Tunnel stecken bleiben. Sie kommen nicht mehr voran und trennen sich schließlich. Am Ende dieser Szene verlässt Rex die Dunkelheit des Tunnels und trifft daraufhin Saskia, ummantelt von hellem Tageslicht, an dessen Ausgang wieder.
Diese Szene beschreibt eine makabere Metapher für den restlichen Verlauf des Films und speziell das Ende. Denn auch hier trennen sich Rex und Saskia an ihrem Auto und sehen sich lange Zeit nicht mehr wieder. Ganze drei Jahre, um genau zu sein. Und auch am Ende des Films findet sich Rex in einer erdrückenden Dunkelheit wieder, dieses Mal aber nicht in der Schwärze eines Tunnels, sondern in einer Kiste unter der Erde, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Und wie in der Tunnel-Szene trifft Rex zuletzt auch wieder auf seine Freundin - im Tod. Das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels, in dem Rex seine Geliebte am Filmbeginn wiederfindet, ist in diesem Kontext als Metapher für den Tod und die mögliche Wiedervereinigung in einer "Welt danach" zu verstehen.
Dass ein unterschwelliger Zusammenhang zwischen der Anfangs- und der Endszene von "The Vanishing" besteht, kündigt sich außerdem dadurch an, dass sowohl die erste Einstellung des Films, als auch die erste Einstellung seiner letzten Szene ein ungewöhnliches Insekt zeigt. In der Anfangsszene ist es eine Stabschrecke, in der Schlussszene eine Gottesanbeterin, eine Mantis. Natürlich bleibt nun noch eine Frage offen: Was haben diese Insekten zu bedeuten? Die Antwort ist relativ simpel. Sie stehen beide sinnbildlich für Lemorne. Die charakteristische Fähigkeit der Stabschrecke besteht darin, sich perfekt an ihre Umgebung anzupassen, mit dieser zu verschmelzen und sich dadurch vor Feinden zu verstecken. Und genau so verfährt auch Lemorne, denn er verbirgt sich, er tarnt sich, um nicht von der Polizei oder von Rex gefunden zu werden. Auch Lemorne verschmilzt in gewisser Weise mit seiner Umgebung und zwar indem er sich als ein einfacher Passant in der Menge ausgibt. Er wirkt wie ein ganz gewöhnlicher Fußgänger, wie ein ganz normaler Mann. Die perfekte Verkleidung für einen Kriminellen wie ihn. So kommt es auch, dass Rex ihn nicht einmal bemerkt, als er in einem Café direkt hinter ihm sitzt.
Und auch die Mantis verkörpert eine Facette von Lemornes Charakter. Gottesanbeterinnen sind nämlich dafür bekannt, stundenlang reglos an einem Punkt zu verharren und dann ganz plötzlich wie aus dem Nichts zuzuschlagen um ihre Beute zu fangen. Dieses Verhalten adaptiert Lemorne, indem er Rex sage und schreibe drei Jahre lang im Ungewissen warten lässt, bis er ihn letztendlich aufsucht, um seine tödlichen Fänge in ihn zu schlagen.
Doch so bedrückend und hoffnungslos das Ende von "The Vanishing - Spurlos verschwunden" auch sein mag, so lässt es dennoch als eine Art düsteren Kompromiss betrachten. Denn schließlich hat sich Lemorne schlussendlich bewiesen, dass er dazu fähig ist, das aus seiner Ansicht Schlimmstmögliche zu tun. Dadurch kommt er mit sich selbst ins Reine und erreicht, was er zu erreichen versuchte. Und auch Rex hat dies geschafft. Denn in den letzten Stunden seines Lebens konnte er schlussendlich die Wahrheit über das Verschwinden seiner Freundin in Erfahrung bringen, selbst wenn es dafür vonnöten war, sein eigenes Leben zu opfern. Außerdem sollt man nicht vergessen, dass Rex und Saskia zuletzt wieder miteinander vereint sind. Sei es auch nur im Tode oder lediglich in Form zweier ovaler, eiförmiger Bilder auf der Titelseite einer Zeitung.
Nächstes Mal dann: "Suspiria".
Horrorctober #2: "Amityville Horror"
Die ersten zwei Minuten von Stuart Rosenbergs "Amityville Horror" dürften ohne Zweifel zu den schönsten Eröffnungsszenen des Horrorkinos der späten 70er und frühen 80er Jahre gezählt werden. Gezeigt wird die pechschwarze Silhouette eines Hauses, rechts und links mit den verästelten Kronen alter Bäume gesäumt, eingebettet in das sich zunehmend aufhellende Licht des frühen Morgens - zuerst ein unheilverkündendes Rot, das bald einem fahlen Grauton weicht - und untermalt mit den melodiösen Klängen von Lalo Schifrins Musik, die berechtigterweise im Jahr darauf für den Oscar nominiert wurde.
Zugegeben, auf inhaltlicher Basis mag dieser kurze Prolog nichts zu bieten haben, dafür sorgt er aber als eine in hohem Maße ästhetisierte Aufbereitung des Hounted-House-Genres direkt in den Anfangsminuten des Films für eine unheimliche, gänsehauterregende Stimmung, deren Zentrum das bedrohlich in Szene gesetzte Geisterhaus bildet, welches auch in der Anfangsszene passenderweise in der Bildmitte positioniert ist.
So wird das besessene Haus direkt in der Filmeröffnung von "Amityville Horror" als eine mystische, nicht greifbare und dennoch allgegenwärtige Bedrohung vorgestellt. Erst später kristallisiert sich jedoch hervor, dass nicht nur die uralte, von unzähligen Grausamkeiten heimgesuchte Lokalität eine antagonistische Rolle einnimmt, sondern auch die geistige Verfassung der Protagonisten, insbesondere die des Familienvaters George Lutz, immer näher an die steile Kante eines mentalen Abgrundes rückt. Damit weist "Amityville Horror" einen sehr ähnlichen Handlungsverlauf wie Stanley Kubricks im folgenden Jahr erschienenes "Shining" auf. Abgesehen von dem identischen Erzählschema bestehen jedoch noch weitere Parallelen zwischen den beiden Klassikern des Horror-Genres; von der unverkennbaren Ähnlichkeit zwischen der Hauptperson des jeweiligen Films und einem alten Bild - bei "Shining" handelt es sich um ein Portrait in der Bildergalerie des Overlook Hotels, bei "Amitiyville Horror" ist es ein Foto in einem älteren Zeitungsartikel - bis zur markanten Axt-Szene oder den in schnellen Rückblenden gezeigten Familienmorden.
Doch der Vielzahl an Ähnlichkeiten zum Trotze, braucht sich "Amityville Horror" keineswegs im Schatten seines filmischen Verwandten zu verstecken, denn in ihrem Schlussakkord schlagen die beiden Filme schließlich völlig unterschiedliche Wege ein. Ja, man könnte das Ende von "Amityville Horror" tatsächlich als einen Gegenbeweis zum Finale von "Shining" werten - und umgekehrt. Zudem orientiert sich Rosenbergs Vision mehr an diversen religiösen Themen, während Kubricks Horrorkino ganz und gar auf die Figur des Jack Torrance und die räumliche Gestaltung des Overlook Hotels bedacht ist.
Neben den spirituellen und religiösen Inhalten ist das Hauptmotiv in "Amityville Horror" die Entfremdung. Bereits in der ersten längeren Szene des Films, in der George und seine Frau Kathy durch die Räumlichkeiten des berüchtigten Hauses von Amityville geführt werden, wird das augenscheinlich harmlose Etablissement als etwas Fremdartiges, als etwas Gefährliches präsentiert. Zwischen den Aufnahmen von Küche, Ess-, Schlaf- und Kinderzimmer werden immer wieder rasche Bilder von brutalen Morden geschnitten, die das harmlos wirkende Anwesen als einen Hort des Schreckens entlarven.
Untermauert wird dies durch eine große Menge inszenatorischer Kniffe und kleiner Details, die in ihrer Subtilität das Wahrnehmungsvermögen des Betrachters verzerren und das Gebäude zusätzlich entfremden. Mal hängt ein Bilderrahmen leicht schief an der Wand, mal hat es den Anschein, als würde sich ein Kronleuchter von selbst bewegen. Und in einer Szene zu Beginn des Films, in der ein Priester das Haus besucht und ein Zimmer im ersten Stock betreten will, filmt die Kamera die Tür des Zimmers aus einer Froschperspektive, während ein Vorhang neben der Tür aus einem spitzen Winkel in den Türrahmen ragt, wodurch für einen kurzen Moment eine optische Illusion entsteht, die den Eindruck erweckt, die Tür würde leicht schräg in der Wand stehen.
Und ebendiese Entfremdung ist es, die den größten Teil der atmosphärischen Dichte von "Amityville Horror" ausmacht. Es ist ebendiese Entfremdung, die am meisten Angst erzeugt. Doch um was für eine konkrete Art der Angst handelt es sich hierbei? Um diese Frage zu erörtern, möchte ich kurz über das Thema Angst referieren und so gut es geht erklären, was man denn überhaupt unter Angst zu verstehen hat.
Ein Mensch fürchtet sich bekanntlich von Geburt an vor allen Dingen, die er als unheimlich oder potenziell gefährlich erachtet. Unvertraute Orte wie Friedhöfe, dunkle Höhlen oder die Kanalisation erregen bei uns von Natur aus ein mächtiges Gefühl des Unwohlseins. Nicht anders verhält es sich bei gefährlichen Tieren wie Spinnen, Schlangen, Krokodilen oder fiktiven Monstern. Und noch natürlicher ist die Angst vor potenziell tödlichen Situationen, zum Beispiel dem Einbruch eines bewaffneten Unbekannten in der Nacht oder dem Sturz aus einer großen Höhe.
Diese Ängste - wir bezeichnen sie gerne als "Urängste" - sind einem Menschen von Natur aus angeboren, denn bei der Angstreaktion handelt es sich um einen Instinkt, der dem Schutz des nackten Überlebens dient und unseren Körper im Notfall vor einer eventuellen Lebensbedrohung retten soll.
Um nun beim Filmpublikum eine möglichst starke Schockreaktion zu erzielen, wird in Horrorfilmen sehr gerne mit den besagten Urängsten gespielt. Doch ein wesentlich subtileres und nachhaltigeres Grauen entsteht dann, wenn ein Horrorfilm nicht die menschlichen Urängste gegen seinen Zuschauer einsetzt - obschon dies bisweilen auch eine enorme Wirkung entfaltet - sondern wenn ein Film etwas vermeintlich Harmloses und Vertrautes in etwas Unbekanntes und Gefährliches, in etwas Abnormales und Unergründliches verwandelt. Sei es der einstmals treue Hund in "Cujo", die titelgebenden Vögel in "Die Vögel", der Wald in "Blair Witch Project", der Strand in "Der weiße Hai", die nächtlichen Träume in "Nightmare - Mörderische Träume", ein Auto in "Christine", ein Kind in "Das Omen" oder gar die eigenen Mitmenschen in "Das Ding aus einer anderen Welt".
Diese Gattung des Grusels ist deshalb so effektiv, da sie den Zuschauer nachhaltig beeinflusst. Unser Gehirn stellt nach Beendigung des jeweiligen Filmes unbewusst Assoziationen zu unserem Alltag her und verbindet die harmlosesten Orte und Gegenstände mit deren entfremdeten Äquivalenten aus der Filmwelt, sodass wir selbst nach Sichtung des Horrorfilms noch Angst davor verspüren. Es ist keine Urangst, sondern eine Angst vor Dingen, die wir zuvor nicht gefürchtet haben, aber vor denen wir nach der Sichtung des Films - mal mehr und mal weniger - eine unterbewusste und nachhallende Furcht entwickeln.
Dahingehend überrascht es nur wenig, dass viele Klassiker des Horror-Genres, aber auch einige seiner modernen Vertreter, diese Art des Grusels gezielt zum Einsatz bringen. Auch von "Amitiyville Horror" wird dies in nahezu jeder zweiten Szene praktiziert.
So wird ein Schwarm von Fliegen zu einem Vorboten des Bösen umfunktioniert, eine Katze sorgt für einen kleinen Schockmoment, ein Fenster wird zur Todesfalle, ein begehbarer Schrank löst panische Angst aus, ein Telefon wird als Werkzeug dämonischer Kräfte missbraucht, eine Puppe wird durch einen kurzen Kamerazoom zu einem fremdartigen und unheimlichen Wesen, ein augenscheinlich freundlicher Nachbar wird zu einem unheilverheißenden Teufelsboten, aus dem Prozess des Holzhackens wird eine Vorankündigung der kommenden Katastrophe und selbst die Toiletten des alten Hauses beherbergen dunkle Geheimnisse.
Am aussagekräftigsten in ihrer Botschaft ist jedoch eine kurze Szene, in der die halb nackte Kathy diverse Tanzübungen vor einem Spiegel vollführt. Für einen kurzen Moment verharrt ihr Körper in einer Pose der vollkommenen Ästhetik, auch im erotischen Sinne. Doch dann wird Kathy von ihrem Mann George erschreckt und zuckt vor Entsetzen zusammen. Die Ästhetik, die Schönheit, verschwindet urplötzlich und weicht dem blanken Horror. Und obwohl es sich um keine ernsthaft gefährliche Situation handelt, ist die Aussage dieser Szene glasklar: Eine wunderschöne, ganz natürliche Sache kann in dem Geisterhaus von Amityville von jetzt auf gleich in blanke Angst umschlagen. Hiermit reflektiert sich "Amityville Horror" in einer knapp dreißigsekündigen Sequenz auf subtile Art und Weise selbst.
Die Atmosphäre wird zusätzlich verdichtet durch die dauerhafte Präsenz der Farbe Rot. Als Alarmfarbe, aber auch als die Farbe von Blut, erfolgt ihr Einsatz in den verschiedensten Formen: Die Eingangstür des Hauses ist rot, genauso wie der geheime Raum im Keller, das dämonisch leuchtende Augenpaar vor dem Fenster, die herbstlichen Blätter der Laubbäume um das Haus herum oder die Blume, die der Familie Lutz von einer Verwandten als Präsent überreicht wird. Auch als sich George im Mittelteil des Films über das Kaminfeuer beugt, wird sein Gesicht rot beleuchtet. Und in zwei Szenen - eigentlich sogar in Dreien, rechnet man die Eröffnungssequenz mit dazu - ist das gesamte Haus in einen kontrastreichen, roten Farbton getaucht.
Dieser Farbeinsatz markiert eine weitere Parallele zu Kubricks "Shining", denn auch dort ist die Farbe Rot ein häufig präsentes Symbol und hat eine zentrale, durchaus für die Handlung wichtige Position inne.
Zu guter Letzt komme ich nicht umhin, noch ein paar abschließende Worte über die religiösen Motive in "Amityville Horror" zu verlieren, zumal die Geistlichkeit in diesem Film eine derart wichtige Rolle spielt, dass sie eine eigene, autonome Nebenhandlung einnimmt. Nur ist es in "Amityville Horror" erfreulicherweise nicht die Kirche, die das Böse und Satanische unterjocht und Erlösung spendet. Ganz im Gegenteil, es ist das Böse, das letztendlich über den Glauben triumphiert. Die Protagonisten suchen wiederholt Hilfe im Gebet und flehen Gott um Gnade an, doch am Ende nützt ihnen ihr Flehen rein gar nichts. Auch der Priester, welcher zu helfen gedenkt, zieht im Kampf gegen das dämonische Haus den Kürzeren und wird von diesem gebrochen. Hiermit setzt der Film ein relevantes Statement: Die Kirche und der Glauben mischen sich gerne in die Leben anderer Menschen ein und können diese bisweilen auch positiv beeinflussen und Linderung verschaffen. So können sie beispielsweise gegen seelische Schmerzen und die Ungewissheiten der Zukunft helfen. Gegen einen Mann mit Axt in der Hand aber eher weniger.
Nächstes Mal dann: "The Vanishing - Spurlos verschwunden".
Horrorctober #1: "Die Hexe"
Während in diesem Jahr Robert Eggers' "The Witch" mit einer spannenden Herangehensweise an die familiäre Interpretation der Hexe für Furore in den Kinosälen sorgte, geht es in meinem ersten Horrorctober-Kommentar dieses Jahres um den über 90 Jahre alten Stummfilm "Die Hexe" von Benjamin Christensen; die erste umfassende Auseinandersetzung des Filmmediums mit Themen wie Hexerei, Teufelsanbetung und der Hexenverfolgung unter der kirchliche Inquisition.
Das Interessante an "Die Hexe" - besser bekannt unter dem klangvollen Originaltitel "Häxan" - ist, dass der Film sowohl die Charakteristika einer Dokumentation, als auch die eines Spielfilms erfüllt. Untergliedert in sieben Akte, stellt "Häxan" einerseits einen dokumentarischen Abriss von Glauben und Aberglauben zur Zeit des Mittelalters bis hinein in die Frühe Neuzeit dar, hangelt sich an durchaus interessanten Fakten und kruden Halbwahrheiten entlang und nimmt in den letzten Abschnitten sogar eine in höchstem Maße kritische Position gegenüber der Kirche und deren Hexenprozessen ein.
Auf der anderen Seite beinhaltet der Film nicht wenige Elemente des Horror-Genres und spart unter anderem nicht an Darstellungen von Hölle, Fegefeuer und Teufel. Mehr noch, der Film projiziert diese sogar in die reale Welt hinein und erschafft damit ein düsteres, surrealistisches Szenenbild, das in seinen besten Momenten selbst auf den abgestumpften Zuschauer des einundzwanzigsten Jahrhunderts eine verstörende Wirkung entfalten könnte - der immensen Ausstattung an Requisiten und der liebevoll gestalteten Kostüme und Masken sei es verdankt.
Was mich aber an "Häxan" am meisten fasziniert und beeindruckt, ist weniger die Vereinigung von Dokumentar- und Horrorfilm in einem Gesamtwerk, sondern vielmehr die spielerische Leichtfertigkeit, mit der Christensen den Stil seines Filmes von einer Sekunde auf die Nächste zu ändern vermag. In einem Moment gleicht "Häxan" noch einer trockenen Ereignisdokumentation, nur um einen Wimpernschlag später in einen exzessiven Bilderregen zu ergehen; ein fiebriges Schauerspiel, gefüllt mit gänsehauterregenden Darstellungen von Hexenküchen, Hexensabbats, Besenritten, Kindesopferungen, besessenen Nonnen, aufrecht gehenden Ungeheuern, der Geburt zweier Untiere oder nächtlichen Besuchen durch den Teufel höchstpersönlich.
Und während die dokumentarischen Passagen des Films heutzutage niemanden mehr hinter dem Herd hervorlocken werden, denn dafür ist deren Inszenierung zu spannungsarm, zu altbacken und letztendlich auch zu reißerisch, so entwickelt "Häxan" in seinen sowohl makabren, als auch für damalige Verhältnisse extrem konsequenten Horrorfilm-Sequenzen, einen unheimlichen Bann und eine atmosphärische Dichte, wie es sie in jüngeren Produktionen leider häufig zu vermissen gilt.
Obgleich sich "Häxan" die meiste Zeit über an der kirchlichen und biblischen Vorstellung der Hexen, Satans und seines Höllenreichs festhält, so ist Christensens Werk alles andere als ein kirchenfreundlicher Film. In den letzten zwei bis drei Akten übt Christensen sogar eindringliche Kritik an den Hexenprozessen der Kirche aus und entlarvt diese als eine groß angelegte Betrügerei, die ihre Wurzeln in den zumeist vollkommen unbegründeten, religiös motivierten Ängsten des Bürgertums findet. Im vorletzten Akt legt "Häxan" anschaulich dar, dass jede Frau - sei sie schuldig oder unschuldig - unter den grausamen Foltermethoden der Inquisition die Zugehörigkeit zu Satan gestanden hätte. Und im finalen Abschnitt geht der Film noch ein Stück weiter und zieht eine Parallele zur damaligen Gegenwart, mit der Bemühung, die signifikanten Verhaltensmuster einer Hexe auf psychologischer Basis nach Siegmund Freud zu erklären. Eine Theorie, die zur damaligen Zeit, den frühen 1920er Jahren, noch nicht weit etabliert war.
Unter Anbetracht der verschärften Religionskritik und einiger äußerst gewagter Gewaltdarstellungen, ist es kaum verwunderlich, dass "Häxan" bei seiner Erstveröffentlichung für Kontroverse sorgte und eine Menge Gegenwind seitens der Kirche ernten musste, woraufhin der Film in manchen Ländern sogar verboten wurde.
Freilich ist es für uns heutzutage längst kein Geheimnis mehr, dass zur Zeit der Hexenverbrennungen unzählige unschuldige Frauen festgenommen, gefoltert und hingerichtet wurden. Daher hat der Film über die Jahrzehnte hinweg viel von seiner ehemaligen Aktualität verloren und kann heutzutage kaum mehr Relevanz aufweisen.
Trotz alledem und obwohl "Häxan" in seiner Gesamtheit nicht rund genug erscheint, um an seinen großen Bruder "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" - auch aus dem Jahr 1922 - heranzukommen, so trifft der Film wenigstens mit einer Aussage genau ins Schwarze: Wenn sich die Menschen etwas nicht erklären können, dann bekommen sie unweigerlich Angst davor. Und wenn sie Angst haben, dann verstecken sich Menschen gerne hinter dem vermeintlichen Schutz des Glaubens. Denn wir alle brauchen einen Zufluchtsort in unserem Leben und Religion beziehungsweise Glauben scheinen eine vernünftige Möglichkeit dafür zu bieten. Ich denke sogar, dass kein Mensch ein gefestigtes Dasein führen kann, ohne an etwas zu glauben. Sei es nun Gott, der Teufel, eine höhere Existenz oder auch die Wissenschaft, das Gute im Menschen, die Liebe, das rationale Denken oder meinetwegen an sich selbst. Aber an irgendetwas müssen wir glauben, das ist unabänderlich. Dank dieser Konstante wird uns im Leben viel Unsicherheit erspart. Doch eine Wahl bleibt uns dennoch. Nämlich die Entscheidung, was es sein soll, an das wir zu glauben gedenken.
Nächstes Mal dann: "Amityville Horror".
Sehr starke Auswahl, zu der ich selbstverständlich meinen Senf geben muss.
"Deep Blue Sea" ist ziemlicher Fanboy-Kram. Für mich als absoluter Verehrer des Tier-Horrors ist das natürlich die Crème de la Crème, auf der anderen Seite kann ich aber absolut nachvollziehen, dass man den Film nicht mag beziehungsweise ihn als Trash abtut.
Aber solange du dich nicht zu sehr an dem teils mittelmäßigen bis schlechten CGI aufhängst, dürftest du den Film mögen.
"Der Babadook" gehört zu den - aus psychologischer Sicht - interessantesten Horrorfilmen der letzten Jahre. Ein sehr unkonventioneller Film, der garantiert nicht bei jedem Genre-Fan auf Anklang stoßen wird, aber wenn du den Film verstehst und über den nervtötenden Jungen hinwegsehen kannst, wirst du ihn lieben. Solange man nicht den Fehler begeht und den Film auf seine Oberflächliche reduziert und auch kapiert hat, um was es hier wirklich geht, sollte man "Der Babadook", speziell das Ende, einfach nur schön finden. Also enttäusche mich bloß nicht. ;D
"The Crazies" fängt richtig stark an und hätte im Prinzip ein herausragender Thriller werden können - einige Szenen haben sich bis heute in mein Gedächtnis gebrannt - baut jedoch im letzten Drittel enorm ab und verkommt gegen Ende zu einem hirnlosen Splatter-Jumpscare-Aneinanderreihung mit einem verblödeten Schluss. Nichtsdestotrotz ein guter, sehenswerter Beitrag zum Zombie-Genre.
"The Others" ist einer der besten Horrorfilme zum Thema Spuk, die ich kenne. Informiere dich im Vorhinein am besten so wenig wie möglich über diesen Film, dann wird er dich kalt erwischen. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.
Selbiges gilt für "Das Waisenhaus", dem man den Einfluss von Guillermo del Toro stark anmerkt. Eine intelligente Handlung und subtilen, atmosphärischen Grusel findet man in Horrorfilmen heutzutage nicht mehr oft. Aber hier schon. Und zwar im Überfluss. Wird dir garantiert gefallen.
Bin mal gespannt, ob ich auch dieses Jahr alle Filme schaffen werde. Ich halte es eher für unwahrscheinlich, aber Spaß machen wird es ganz bestimmt wieder.
Hier gibt es meine Liste: http://www.moviepilot.de/liste/mein-horrorctober-2016-moviesforlife
"Shoah". Ein Wort von grauenvoller Endgültigkeit. Ein Wort, das in seiner endlosen Bedeutungsschwere unmittelbar in Verbindung mit einer für den Verstand kaum kompensierbaren Menge menschlichen Leides steht. Ein Wort, bei dessen Gebrauch eine Mischung aus Ehrfurcht, Schrecken und einer tief verwurzelten, unendlichen Traurigkeit mitschwingt. Es ist ein Wort, das Erinnerungen an eine Zeit der bodenlosen Menschenverachtung mit sich trägt, wie wir es uns heutzutage nicht im Entferntesten vorstellen könnten.
Aus dem hebräischen Sprachgebrauch übersetzt, bedeutet das Wort "Shoah" in etwa so viel wie "Abgrund", "Vernichtung", "Unheil" oder auch "große Katastrophe" beziehungsweise "Untergang". Erst später etablierte sich der Begriff als die jüdische Bezeichnung für das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte - den Völkermord an schätzungsweise sechsmillionen europäischen Juden zur Zeit des dritten Reiches, damals beschönigend als "Endlösung" bezeichnet, heute besser bekannt als der Holocaust.
Einen Dokumentarfilm über dieses hochgradig komplexe und schwierige Thema auf die Beine zu stellen, dürfte weiß Gott keine leichte Aufgabe sein. Denn wie soll man einem derart schrecklichen Ereignis überhaupt ansatzweise gerecht werden? Und wie lässt sich der schmale Pfad zwischen einer langweiligen, staubtrockenen Nacherzählung und der überambitionierten Moralkeule sinnvoll bewältigen? Kann ein solches Projekt überhaupt realisiert werden? Und wenn ja, was ist die richtige Herangehensweise dafür?
Auf diese Fragen lieferte der französische Regisseur Claude Lanzmann mit seinem monumentalen Dokumentarfilm "Shoah" im Jahr 1985 eine knapp neuneinhalbstündige Antwort.
Gleichwohl wäre es auf vermessene Weise abwertend, Claude Lanzmanns "Shoah" als eine bloße Dokumentation abzustempeln. Nein, "Shoah" ist keine Dokumentation; nicht im herkömmlichen Sinne. "Shoah" ist ein filmisches Jahrhundertdenkmal.
Während seiner imposanten Laufzeit von 566 Minuten zeichnet "Shoah" ein umfassendes, bewundernswert subtiles Portrait des Holocausts und des damit einhergehenden dunklen Abgrundes der menschlichen Psyche. Dabei verzichtet der Film, um die schwermütige, deprimierende Stimmung angemessen zu transportieren, auf jedwede musikalische Untermalung und setzt stattdessen eine minimalistische - aber nichtsdestoweniger eindringliche - Geräuschkulisse ein, die sich aus dem monotonen Rattern fahrender Eisenbahnen, dem qualvollen Stöhnen alter Fabrikschlote oder dem nervenzerreibenden Trappeln von Pferdehufen auf Asphalt zusammensetzt.
Zudem verwendet Lanzmann in seinem Film keine historischen Archivaufnahmen, was für eine Ereignisdokumentation relativ untypisch ist. Stattdessen konzentriert sich "Shoah" auf die teils informativen, teils emotionalen Interviews mit etlichen Opfern, Tätern und Zeugen des Holocausts.
Begleitet werden die bedrückenden, nicht selten sogar schwer belastenden Zeitzeugenberichte von Bildern, die in ihrer ganzen Fülle an Schön- und Hässlichkeit nicht absoluter sein könnten. Es sind Aufnahmen von breiten Matten an Tannenwäldern oder saftig grünen Wiesenflächen, die sich in ihrem gewaltigen Umfang bis hin zum fernen Horizont erstrecken.
Häufig werden auch winterliche, schneebedeckte Ackerlandschaften oder die kargen, ausgestorbenen Straßen eines kleinen Dorfes gezeigt, wodurch die Tristesse der eisig kalten Grundstimmung des Films ins Visuelle transferiert wird.
Die bleischwere Atmosphäre manifestiert sich außerdem durch träge, entschleunigende Kamerafahrten und lange, langsame Zoom-ins und -outs.
Überdies werden die monologartig vorgetragenen Interviews häufig von aktuellen Bildern der historischen Schauplätze begleitet. Claude Lanzmann beschränkt sich nicht lediglich auf das Nacherzählen von Fakten. Nein, er nimmt sein Publikum bei der Hand und führt es durch die mittlerweile heruntergekommenen Gänge der Auffang- und Vernichtungslager, über von den Nazis angelegte Massengräber bis hin zu den originalen, zur Deportation der Juden eingesetzten Zugstrecken.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt setzt die schreckliche Erkenntnis ein: Dieser Film ist nicht nur eine Berichterstattung über fiktive Ereignisse. Es ist kein ausgedachtest Szenario, gefüllt mit erfundenen Leidensgeschichten. Das sind keine Schauspieler vor der Kamera, die nur ihren Rollentext herunterleiern. Es sind echte, in der Realität existierende Menschen. Und sie erzählen von Grausamkeiten, die sich in der Vergangenheit faktisch genau so zugetragen haben, wenngleich es für uns verständlicherweise nicht leicht fällt, diese Einsicht zu gewinnen.
Doch trotz dieser rationalen Erkenntnis bedarf es noch einer ganze Weile, bis man irgendwann endlich realisieren kann - realisieren will - dass die Geschichten der Zeitzeugen allesamt wahr sind. Jede einzelne, so erschütternd sie sein mag, ist wahr. Sei es der Bericht von Jan Karski, der durch das Warschauer Ghetto geführt wurde und dort der puren Verelendung begegnen und sogar einen Menschen beim Sterben beobachten musste. Oder der Friseur, dessen Freund in einem Konzentrationslager dazu gezwungen wurde, seiner eigenen Familie die Haare zu schneiden, kurz bevor diese in die Gaskammer gebracht und getötet wurde. Oder der Überlebende des Holocausts, der ständig lächeln muss, da er seine mentale und emotionale Situation nicht anders auszudrücken weiß.
Es handelt sich um Momente, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt, die man nur schwer vergessen kann und die einen auf ewig begleiten werden. Und das ist auch gut so. Denn offenkundig war es Lanzmanns Intention, einen Film zu drehen, der die Menschen dazu bewegt, sich ihrer Vergangenheit, ihrer Geschichte, zu erinnern.
Und genau das ist womöglich die beste Lösung, ein Ereignis von der Größenordnung des Holocausts zu verdauen: Man darf sich deswegen keine Selbstvorwürfe machen, sollte nicht in Melancholie oder totaler Resignation versinken und den Glauben an das Gute im Menschen verlieren. Noch kontraproduktiver wäre es allerdings, die Geschehnisse unter Hitler zu verdrängen oder gar ihre Existenz abzustreiten. Meiner Meinung nach ist es am besten, sich diese Ereignisse ins Bewusstsein zu rufen und sich ihrer zu erinnern. Auch wenn es hart ist und definitiv fordert, man muss sich mit diesem Thema auseinandersetzen, sei es auch nur oberflächlich. Denn es betrifft uns alle. Und wir alle sollten aus der Vergangenheit - sowohl aus ihren positiven, als auch den vielen negativen Facetten - für unsere gemeinsame Zukunft lernen und die Fehler von früher kein zweites Mal begehen.
Am Ende gelangt "Shoah" dann zu einer erschreckenden Konklusion. Und zwar in Form der Anfangs- und Abschlussszene. Der Film beginnt mit dem Bild eines schmalen Flusses, auf dem sich ein kleines Boot mit einem singenden Mann darauf von der Kamera wegbewegt und er endet mit der Frontaleinstellung eines sich nähernden Zuges, der schlussendlich die Kamera passiert und an ihr vorbeifährt. Die Botschaft ist eindeutig: Die Zeiten der Ruhe und Idylle, verbildlicht durch das gemütlich dahinfließende Gewässer mit dem Boot, bewegen sich immer weiter von uns fort, während die kalte Gefühllosigkeit unserer technisierten Welt, symbolisch durch den Zug dargestellt, in raschem Tempo immer näher und näher rückt.
Insbesondere das Motiv des strömenden Wassers nimmt in "Shoah", auch außerhalb der Anfangsszene, eine gewichtige Rolle ein. Zumeist durch kleine Bäche oder größere Flüsse repräsentiert, steht dieses Motiv im übertragenen Sinne für den Prozess des Vergessens. Am einprägsamsten ist diesbezüglich die lange Kamerafahrt über ein breites Gewässer während der ersten Filmhälfte. Dazu wird aus dem Off der tragische Bericht eines Zeitzeugen eingesprochen, welcher schließlich in dem traurigen Lied des singenden Mannes aus der Eröffnungsszene mündet. Ein melancholisch anmutender Kreisschluss zurück zum Beginn des Filmes, durch den die Bedeutungsschwere des Wassermotives hervorgehoben wird.
In „Shoah“ symbolisiert fließendes Wasser das Vergehen der Zeit. Die Zeit trägt langsam aber sicher alle Erinnerungen an die Vergangenheit davon und bringt stattdessen völlig neue, fremdartige Dinge mit sich. Wie ein strömender Fluss, der Treibgut hinfort spült, werden die historischen Begebenheiten der Weltgeschichte im Verlauf der Jahrzehnte aus unserem Gedächtnis verdrängt. Unter dem permanenten Druck des nagenden Zahns der Zeit geraten sie in Vergessenheit und es wächst besorgniserregend schnell wieder Gras darüber.
Und an genau diesem Punkt lässt sich "Shoah" im Ansatz begreifen. Es ist ein Film, der Erinnerungen - schlimme Erinnerungen - am Leben zu erhalten versucht. Ein Film gegen das Vergessen.
Abschließend lässt sich Claude Lanzmanns "Shoah" mit Fug und Recht als ein Meilenstein des Dokumentarfilms kategorisieren. Mehr noch, es ist ein Film, der seine Zuschauer nicht bloß mit Bildern und Informationen bombardiert, sondern sie unmittelbar mit in das Geschehen involviert, sie in einem Strudel der Emotionen gefangen hält und den Blick in einen tiefen, dunklen Abgrund schweifen lässt, aus dessen schwarzem Schlund leise das kontinuierliche Rattern von Eisenbahnwaggons ertönt. Doch wer sich auf diesen Abgrund einzulassen vermag und ihm neun Stunden lang standhalten kann, ohne unter Anblick seiner immensen Tiefe das Bewusstsein zu verlieren, der ist hinterher ein schlauerer Mensch. Und so wird auch jeder, der diesen Film gesehen und verstanden hat, im Geiste seine eigene "Shoah" erlebt haben.
"Fast & Furious 7" mag zwar ein strunzdummer und dämlicher Film sein, doch eines muss ich ihm hoch anrechnen: Das Ende ist so wunderschön. Lasst es doch bitte einfach darauf beruhen. Bitte.
Ein Obdachloser trifft in einer Kneipe auf eine Gruppe von Leuten, mit denen er daraufhin einen langen Roadtrip beginnt. Sie werden allerdings von einem Psychopathen verfolgt, der ihnen beinahe ihren kostbarsten Besitz entwendet. Und am Ende gibt es dann noch einen Bootsausflug in ein exotisches Land. Doch welcher Film könnte das wohl sein?
https://www.youtube.com/watch?v=xz3PbpPR6DY
Die besten Filme des 21. Jahrhunderts fehlen zwar leider auf der Liste und es sind natürlich ein paar ganz hässliche Aussetzer mit dabei, aber alles in allem ein annehmbares Ranking. Da ein paar großartige Kandidaten vertreten sind und sich "Mulholland Drive" auf Platz 1 befindet, kann ich dieser Liste irgendwie auch nicht böse sein.
Hab auch einen Beitrag: https://www.youtube.com/watch?v=owJmergYgP8
Sehr empfehlenswerter und überaus intelligenter Zombiefilm. Auf deutsch und in vernünftiger Qualität. Kopfkino at it's best.
"Schauen Sie Olympia?"
-- Nein. Sport im Allgemeinen interessiert mich herzlich wenig und insbesondere Olympia könnte mir nicht egaler sein.
"Kennen Sie gute Kurzfilme? Wenn ja, welchen würden Sie empfehlen?"
-- Ja, ich kenne tatsächlich viele sehenswerte Kurzfilme. An dieser Stelle alle aufzuzählen, würde allerdings eine geschätzte Ewigkeit in Anspruch nehmen, deswegen will ich mich auf die wesentlichen Vertreter konzentrieren: Da gäbe es "Die Reise zum Mond" von Georges Méliès als Urvater des Sci-Fi-Kinos und eine Ode an die menschliche Fantasie und ihren angeborenen Entdeckerdrang.
Dann gilt es noch "Das Haus aus kleinen Schachteln" zu erwähnen. Dieses wundervolle Werk ist mit deutlichem Abstand der schönste Kurzfilm, den ich kenne und zwischenzeitlich hatte ich bei der Erstsichtung sogar Pipi im Auge.
Der Animationsfilm "A Lost and Found Box of Human Sensation" ist ebenfalls sehr einprägsam und hat ein überaus poetisches Ende, welches ich wahrscheinlich nie mehr vergessen werde.
Und dann gibt es einige gute Horror-Kurzfilme, die ich keinesfalls unerwähnt lassen möchte. Beeindruckt haben mich in diesem Bereich beispielsweise "Bedfellos", der atmosphärisch dichte "He Dies At The End", "Still Life" wegen seines intelligenten Endes und - früher oder später musste dieser Titel fallen - "Lights Out", da man einen Jumpscare nicht besser aufbereiten kann, als in David F. Sandbergs sinistren Kurzfilmperle.
"Schauen Sie Nachrichten im TV oder holen Sie sich die News eher aus dem Internet?"
-- In der Regel nutze ich dafür das Internet. TV ist bei mir in letzter Zeit generell eine Seltenheit geworden.
"Wie lange am Tag hören Sie Musik?"
-- Keine Ahnung. Nicht lange jedenfalls.
"Welchen Film haben Sie zuletzt geschaut?"
-- Das war "Paprika" von Satoshi Kon. Gestern. Und ja, der Film war toll. Kann ich nur jedem wärmstens empfehlen, der bereit dazu ist, seine cineastische Komfortzone zu verlassen und etwas Neues zu entdecken. Und der bessere "Inception" ist der Film nebenbei auch.
"Für welche Sache konnten Sie sich zuletzt am meisten begeistern?"
-- In filmischer Hinsicht? Also wirklich begeistert war ich zuletzt von der Anime-Serie "Gintama". Weil episch.
"Gehen Sie gerne auf Flohmärkte? Wenn ja, warum?"
-- Nein, überhaupt nicht.
"Haben Sie schon dieses Trendfutter Quinoa probiert?"
-- Dafuq?
"Essen Sie, wenn Sie im Ausland sind gerne auch mal etwas Einheimisches oder bleiben Sie lieber beim altbekannten?"
-- Abwechslung ist immer gut und ich bin jederzeit dazu bereit, meinen Horizont zu erweitern. Und solange ein Gericht gut aussieht, bin ich sowieso nicht wählerisch.
"Welcher war für Sie der glücklichste Moment in einem Film?"
-- Da gibt es bestimmt mehr als nur einen. So ganz spontan fällt mir diese Szene ein: https://www.youtube.com/watch?v=nyiax2XzEVU
Das, die Abschlussrede in "Der große Diktator" und die Schlussszene von "Das Geheimnis von Kells".
"Welche fünf Serien können Sie immer wieder sehen?"
-- "Game of Thrones" (der Inbergiff von Mehrwert), "Fullmetal Alchemist: Brotherhood" (bereits zwei mal gesehen und ein drittes Mal wird folgen), "Hunter x Hunter" (lang und für einen Rewatch eher ungeeignet, aber einzelne Episoden gönn ich mir in unregelmäßigen Abständen immer und immer wieder) und "Ping Pong the Animation" (sehr kurz, kann man schnell durchschauen und man lernt bei jeder Sichtung etwas für's Leben; mehr Kunst geht nicht).
Wie? Das waren nur vier Serien? Ich weiß, ich weiß, aber mit meiner langen Merkliste an Filmen und Serien fehlt mir ganz einfach die Zeit für mehrfache Sichtungen. Insbesondere bei langen Serien.
"Von welchem Film waren Sie zuletzt richtig enttäuscht und warum?"
-- Zuletzt bei "Irreversibel" von Gaspar Noé. Ging in Erwartung eines weiteren Ultrameisterwerks des Kalibers von "Enter the Void" an den Film heran, nur um feststellen zu müssen, dass mir Noés Misantrophie und der überzogene Voyeurismus in diesem Film ziemlich übel aufstoßen. Ich bin mir immer noch nicht ganz im Klaren darüber, ob ich Noé dafür nun hassen oder lieben soll. Jedenfalls ist "Irreversibel" trotzdem ein guter und sehenswerter Film, jedoch Welten von einem Meisterwerk entfernt. Möglicherweise wurde hier die berüchtigte Messlatte meinerseits zu hoch angesetzt.
"Ihr bisheriges Kinohighlight dieses Jahr?"
-- "The Hateful 8" von Quentin Tarantino.
"Welcher Person vertrauen Sie am meisten?"
-- Mir.
"Ihr aktueller Ohrwurm?"
-- "Donten" von DOES. Geht mir seit geraumer Zeit nicht mehr aus dem Kopf. Der Song ist das fünfte Opening von "Gintama" und bereitet mit seiner schroffen und einprägsamen Art perfekt auf die endlose Epicness vor, die einen bei diesem genialen Anime erwartet.
Ach, ich würde jetzt gerade am liebsten laut lossingen: "Namariiiii no sora, omoku tarekomiiiii, mashirooooo ni dayoooono n da..."
"Welchen Film würden Sie nicht einmal geschenkt nehmen?"
-- "Birdemic: Shock and Terror".
"Welche Serie hätten Sie gerne auf DVD?"
-- Ich hätte unheimlich gerne "Fullmetal Alchemist: Brotherhood" komplett in meiner Filmsammlung stehen. Am besten als Blu-ray. Bei MediaMarkt ist mir das erste Volume mal ins Auge gesprungen und es sah zum anknabbern lecker aus. Ich hätte um ein Haar zugeschlagen, wenn da bloß nicht das Preisetikett gewesen wäre, welches meine plötzliche Euphorie sofort im Keim erstickte. 40 Euro für ein Volume mit acht Folgen. Macht bei acht Volumes also über 300 Euro für eine Serie, die ich schon gesehen habe. Nein danke.
"Ist Pünktlichkeit für Sie ein Muss?"
-- Kein Muss, aber eine Tugend.
"Welches ist das beste Buch der Welt?"
-- Das lässt sich pauschal nur schwer beantworten. Mein liebstes Buch ist nach wie vor Stephen Kings "Es".
"Spielen Sie lieber Games oder Brettspiele?"
-- Games. Als Anhänger des audiovisuellen und narrativen Mediums eine ganz klare Sache. Bei Brettspielen kommt es allerdings stark darauf an, mit wem man sie spielt. Kann mitunter auch recht unterhaltsam werden.
"Finden Sie die heutigen Kinderserien unpassend und wünschten, die Kinder von heute würden das gucken, was wir früher angesehen hatten? Oder sehen Sie das alles nicht so eng?"
-- Wenn ich mir das heutige Kinderprogramm so anschaue, dann wirkt es auf mich in der Tat wie totaler Bullshit. Wenn ich jedoch bedenke, was ich mir früher als Kind für einen Kram zu Gemüte geführt habe, werde ich mich vorsichtshalber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Kinder sollten meines Erachtens sowieso (bis zu einem gewissen Grad) alles gucken können, was ihnen gefällt.