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Alle Kommentare von moviesforlife
Ich habe den Link zwar bereits gepostet, aber da ich soooo unbedingt die Tickets für einen schlechten Film gewinnen will, hier noch einmal:
http://www.moviepilot.de/liste/weil-es-dieses-jahr-doch-ein-paar-ordentliche-filme-gab-das-gute-am-kinojahr-2016-moviesforlife
Witzig, dass jetzt ernsthaft Leute behaupten, Scott dürfte dieses Genre nicht kritisieren, nur weil er sich in den letzten zehn Jahren selbst überwiegend dem Blockbusterkino gewidmet hat. Einerseits ist diese Aussage allein deshalb schon Quatsch, da es sich hier offensichtlich um seine Meinung handelt und er diese immer und zu jeder Zeit kundtun darf und auf der anderen Seite ist auch die ständige Kritik an seinen vergangenen Arbeiten nur bedingt berechtigt.
Gut, es mag sich hier de facto um Hollywood-Blockbuster handeln, was ihn aber nicht automatisch auf eine Stufe mit Marvel oder DC und deren Verständnis des Blockbuster- und Actionkinos stellt. Ganz im Gegenteil: Mit "Königreich der Himmel" inszenierte Scott nicht - wie landläufig gerne behauptet wird - eine kitschige und hollywoodgerechte Version der Kreuzzüge, sondern zumindest im fantastischen "Director's Cut" ein hochdifferenziertes Glaubens- und Religionsportrait und zugleich ein sehr einfühlsames Charakterdrama, dessen Fokus ganz bestimmt nicht bei pompös ausgeschmückter Action liegt, was man auch erkennen sollte, wenn man den Film halbwegs verstanden hat.
Auch sein zu Unrecht verrissener Film "Prometheus - Dunkle Zeichen" verkörpert genau das, was Blockbusterkino sein sollte und was die meisten Superheldenfilme nicht sind: Intelligentes, ambitioniertes Bilderkino, das sich weitaus besser mit den "großen Fragen" auseinandersetzt, als es die meisten Blockbuster der letzten Jahre auch nur versucht haben. Gewiss, das macht den Film noch nicht zwangsläufig zu einem philosophischen und tiefgründigen Meisterwerk und bestimmt auch zu keinem neuen "Blade Runner", aber im Vergleich zu anderen Action- oder Science-Fiction-Filmen unserer Zeit, geht "Prometheus" sehr wohl in die Tiefe und somit in eine Richtung, vor der sich fast alle Superheldenfilme konsequent verweigern. Aber dem kann man sich natürlich nicht öffnen, wenn man in diesem Film nur einen spannenden Sci-Fi-Thriller im Stil eines "Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt" erwartet.
Die meisten Fans der "Alien"-Reihe eskalieren bei "Prometheus" immer aus demselben Grund: "Oh nein, Ridley Scott versucht sich an etwas Neuem und nicht an der gleichen, abgenutzten Schiene, die schon vier Filme dieses Franchises ausgelutscht haben, verbrennt ihn! Ich will keine Handlung über den Ursprung der Menschheit, ich will Xenomorphs sehen, die Menschen abschlachten! Kackfilm!"
Davon ganz abgesehen mag "Prometheus" seine Fehler haben, keine Frage. Aber immerhin erkennt man bei diesem Film einen Versuch, einen Ansatz, eine Vision, den Mut zu etwas Eigenständigem. Und außerdem hat "Prometheus" das, was die immer gleichen Marvel-Filme nie erreichen werden - ästhetische Bilder und einen einprägsamen Soundtrack.
Ähnlich verhält es sich auch bei "Der Marsianer", der sich zwar an einige Konventionen Hollywoods anlehnt, aber nichtsdestotrotz weitaus mehr in die Tiefe geht, als man es heutzutage von einer derart großen Produktion erwarten würde. Der Film stellt schlussendlich ein Zeugnis für den Überlebenswillen der Spezies Mensch dar und appelliert an das Publikum, selbst in den hoffnungslosesten (Lebens-)Situationen nicht aufzugeben und weiterzukämpfen, bis man ein Problem überwunden hat.
Abschließend habe ich zu dem Thema auch noch einen Appell: Ihr müsst ja nicht unbedingt derselben Meinung wie er sein und ihr dürft ihn für seine Meinung gerne hassen, aber bitte, bitte setzt einen begnadeten Künstler wie Ridley Scott nicht gleich mit der öden Superhelden-Stangenware der letzten Jahre. Denn er verkörpert genau das, was der aktuellen Blockbusterlandschaft fehlt. Und das sind Individualität, Kreativität und Köpfchen.
Lustig, ich habe drei Filme aus dieser Liste mit 5,5 Punkten bewertet, einen mit 4,5 und zwei nicht gesehen. Der Rest passt aber. Irgendwie.
Wenn es eine Sache gibt, die man Tom Ford und seinem neuen Film "Nocturnal Animals" zugutehalten muss, dann ist es das gekonnte Erzeugen von Spannung. Die Autoentführung und das nervenaufreibende Streitgespräch mit den Kidnappern am Rande einer Fahrbahn inmitten der nächtlichen Pampa und die darauf folgende Abrechnung dürften mit annähernder Sicherheit zu den packendsten Filmszenen des vergangenen Kinojahres 2016 gehören. Und auch insgesamt mag man "Nocturnal Animals" eine bannende, sogartige Atmosphäre, eben dank der präzise gesetzten Spannungsmomente, nicht absprechen. Doch blöderweise stellt sich Tom Ford allein schon bei der Aufbereitung seiner Prämisse wieder und wieder selbst ein Bein, sodass von "Nocturnal Animals" rückblickend betrachtet nicht viel mehr übrig bleibt, als ein durchaus lobenswerter, aber leider unzureichend ausgearbeiteter Ansatz, der so gesehen von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
Da dem Regisseur nämlich offenkundig keine interessante Geschichte einfallen will, die nicht bereits von dutzenden anderen Filmen wesentlich besser erzählt worden wäre, hat sich Tom Ford, dieser clevere Spitzbube, etwas ganz Tollkühnes für "Nocturnal Animals" einfallen lassen: Eine Geschichte in einer Geschichte will er erzählen. Und diese Geschichte, die - oh, wie subtil - ebenfalls den Titel "Nocturnal Animals" trägt, soll einem Schriftsteller dabei helfen, sein familiäres Scheitern und das daraus entspringende Emotionsgewitter zu verarbeiten. Dass dieses Konzept weder von allzu großer Innovation, noch von besonderer Finesse zeugt und ganz alleine niemals im Stande sein kann, den gesamten Film zu tragen, scheint Ford aber augenscheinlich nur wenig zu stören, kann er sich doch im Notfall immer noch auf seine hübsch anzusehenden, aber reichlich glattgeleckten Bilder, die selbstverständlich zu keinem Zeitpunkt an die schwebende Eleganz eines David Lynch heranreichen, verlassen.
Letzten Endes scheitert "Nocturnal Animals", also sowohl der Film als auch das handlungsbestimmende Buch, schlicht an der fatalen Tatsache, dass beide nüchtern betrachtet längst nicht so komplex und doppelbödig sind, wie sie sich gerne einbilden mögen. Ein Autor verliert seine Frau, da diese ihn für zu schwach hält und schreibt daraufhin einen Roman, in dem er selbst als Hauptperson fungiert und abermals nicht im Stande ist, seine Familie zu beschützen. Während die überpräsenten Selbstvorwürfe des Schriftstellers hierbei noch einen recht interessanten Ansatz stellen, bröckelt diese Idee aber spätestens mit dem schwammigen Racheakt am Ende des Films, respektive des Romans. Offen bleibt dort etwa, an wem sich der Schriftsteller mit dieser Bluttat nun überhaupt rächen will. An seiner Frau, die ihn verlassen und sein Kind abgetrieben hat? An einem fiktiven Widersacher? An sich selbst für seine Schwäche? Oder gar an uns Zuschauern beziehungsweise den Lesern seines Buches, die das Geschehen von Anfang bis Ende geradezu voyeuristisch observieren müssen?
Dem offenen Ende nach zu urteilen, kennt Ford die Antwort auf diese Frage selbst nicht so wirklich und will dies, der Einfachheit halber, lieber dem geneigten Zuseher überantworten. Jener sieht hier schließlich ein Werk, das weit zugänglicher und irgendwo auch zeitgemäßer als ein Film von Lynch oder Kubrick konzipiert ist und der sich gleichzeitig für extrem intelligent hält, daher muss er wohl oder übel auch intelligent sein, oder? Diese schillernde und prachtvoll aufgeblähte Seifenblase zerplatzt aber spätestens nach dem Abspann mit der ernüchternden Erkenntnis, wie wenig schlussendlich doch von "Nocturnal Animals" übrig bleibt. Einzig und allein die Überlegung, welche realen Ereignisse dem Schriftsteller denn als Vorbild für die fiktiven Handlungsstränge seines Buches gedient haben mögen, ist einen kurzen Gedankengang wert. Und diesem kleinen Mehrwert ist es, zusammen mit der mitreißenden Inszenierung, auch zu verdanken, dass "Nocturnal Animals" nicht gänzlich in der Mittelmäßigkeit versinkt.
Am Ende des Tages ist "Nocturnal Animals" allerdings nach wie vor ein Film über eine gescheiterte Künstlerin, die sich langsam aber sicher von ihrer Kunst distanziert und einen gescheiterten Künstler, der sich zusehends in seine Kunst flüchtet, ohne dabei wirklich etwas zu erreichen oder von der Stelle zu kommen. Und so ist es ironischerweise auch der Film "Nocturnal Animals", der gewissermaßen vom Scheitern eines Künstlers an seinen eigenen Ambitionen zeugt und schließlich auch nichts zu erreichen weiß, nicht von der Stelle kommen will, nur im Kreis herumirrt. Und so komplex diese letzten Sätze auch wirken mögen - sie sind es nicht. Genauso wenig wie "Nocturnal Animals".
Filme gibt es viel zu viele, die ich noch unbedingt sehen will. Was Serien angeht, habe ich da schon wesentlich konkretere Vorstellungen:
http://www.moviepilot.de/liste/gute-vorsatze-fur-das-neue-jahr-diese-serien-werde-ich-2017-erstsichten-versprochen-moviesforlife
Nicht mit 10, nicht mit 15, sondern gleich mit 18 Einträgen gibt es meine Abrechnung zum Kinojahr 2016 in Listenform hier:
http://www.moviepilot.de/liste/weil-es-dieses-jahr-doch-ein-paar-ordentliche-filme-gab-das-gute-am-kinojahr-2016-moviesforlife
Das Jahr 2016 neigt sich nun langsam aber sicher seinem Ende zu und da ich schon immer mal ein schickes Filmtagebuch anlegen wollte, werde ich einfach mal frei heraus die Gelegenheit nutzen und auf den alljährlichen Trend aufspringen. Daher finden sich ab dem ersten Januar alle Filme oder Serien, die ich mir ansehen werde, in diesem Filmtagebuch vermerkt. Und einen kurzen Kommentar gibt es dazu natürlich auch immer. Sonst wäre das nämlich langweilig.
Was lange währt wird endlich gut. Hier ist mein verspäteter Kommentar für HeartOnFire zu "The Neon Demon":
http://www.moviepilot.de/movies/the-neon-demon/comments/1637187
Folgender Kommentar ist ein verspäteter Wichtelkommentar im Rahmen der User-Kommentar-Wichtel-Aktion-2016 und für den netten, den wunderbaren, den humorvollen, den hartgesottenen, den erotischen HeartOnFire! Nunja, HeartOnFire und ich kennen uns hier wirklich verdammt lange. Seit nunmehr knapp zwei Jahren, wenn ich mich recht entsinne. Genaugenommen habe ich ihn schon zu einer Zeit kennengelernt, als sein Herz noch nicht in Flammen stand und stattdessen der Name eines gewissen Charakters aus "Game of Thrones" sein ständig wechselndes Profilbild betitelte.
Jedenfalls war HeartOnFire einer meiner ersten Freunde hier bei "moviepilot" und zählt auch nach all der Zeit immer noch zu meinen Teuersten, was hauptsächlich dem Umstand geschuldet ist, dass wir - bis auf den einen oder anderen kleinen Streitpunkt - einen unheimlich deckungsgleichen Filmgeschmack haben und es in unseren Unterhaltungen sowieso immer einen gewissen (Mulholland) Drive gibt. Aber nun genug des besinnlichen Geschwafels und der Lieblingsfilm-Anspielungen. Weihnachten, Fest der Liebe, hin oder her. Genug Platz für eine knüppelharte Analyse muss trotzdem bleiben. Und somit geht es nun in meinem vierten und letzten Wichtelkommentar des Jahres um "The Neon Demon". Ab dem fünften Absatz dieses Kommentars werde ich etwas konkreter auf die Handlung des Films eingehen, vor Spoilern sei an dieser Stelle also gewarnt.
Immer wieder liest man in den relativ zwiespältig ausfallenden Rezensionen zu Nicolas Winding Refns neuestem Werk, "The Neon Demon" sei ein Film über die Schönheit, welche im Zusammentreffen mit der skrupellosen und ausbeuterischen Modeindustrie über Kurz oder Lang ihre Unbescholtenheit einbüßen muss und daran schließlich zugrunde geht. So ganz will diese Umschreibung dem Kern des Films aber nicht gerecht werden, ist "The Neon Demon" doch vor allen anderen Dingen ein Film über die Hässlichkeit. Oberflächlich betrachtet ist es zwar de facto korrekt, dass "The Neon Demon" die menschliche und gewissermaßen auch die übermenschliche Schönheit beziehungsweise deren Idealisierung behandelt. Darüber hinaus zeigt der Film aber gleichzeitig in eindringlichster und einprägsamster Form das Hässliche, das Unschöne, ja, das Animalische hinter der undurchsichtigen Fassade des Ästhetischen.
Diese relativ simple These macht Refn jedoch nicht nur anhand seiner Protagonistinnen - dem bildhübschen Model Jesse, ihrer frisch gewonnen Freundin Ruby, sowie deren unerbittlichen Nebenbuhlerinnen Gigi und Sarah - fest, sondern benutzt dafür sogar seinen eigenen Film, also "The Neon Demon" selbst, als unwiderlegbares Beweisstück. Einerseits lässt Refn seine Hauptfiguren auf der Handlungsebene wiederholt in menschliche Mariannengräben hinabsteigen, wobei er selbst vor der Darstellung von Kannibalismus oder Nekrophilie nicht zurückschreckt. Im Klartext heißt das: Schöne Frauen tun die hässlichsten Dinge und enthüllen damit ein raubtierhaftes Gesicht; quasi ihr wahres Ich hinter dem trügerischen Deckmantel ihres Aussehens. Zur selben Zeit ist der Film aber auch durch seine gesamte Inszenierung ein einziger, großer Beleg für den erschreckend schmalen Grad zwischen Ästhetik und Hässlichkeit. Man könnte sogar ein Stück weiter gehen und behaupten, "The Neon Demon" würde gewissermaßen einem der bösartigen Models gleichkommen, die er portraitiert: Oberflächlich betrachtet wunderschön, darunter aber voller Brutalität, Ekel und hässlicher Gewaltakte.
Die Vereinbarkeit dieser beiden Gegenpole macht "The Neon Demon" in unterschiedlichster Form geltend. Das beginnt schon mit der Ästhetisierung eines augenscheinlichen Mordszenarios während der Einleitung des Films und endet beim visuell stimulierenden Gewaltexzess an dessen Ende. Am bezeichnendsten hierfür ist allerdings die eindrucksvollste und womöglich auch beste Szene des gesamten Films, als ein majestätischer Berglöwe in Jesses Motelzimmer eindringt und mit einem lauten Brüllen auf ihr Bett hinaufspringt, umhüllt vom dumpfen Lichtkegel einer Taschenlampe, während die Musik im Hintergrund zu einem dröhnenden Crescendo anschwillt.
In diesem nur wenige Sekunden umfassenden Moment werden ohne Worte und allein durch die Kraft von Bild und Ton zutiefst hintergründige Emotionen angesprochen und eine rohe Aussagekraft entfesselt, die „The Neon Demon“ höchstens in seinem Finale noch einmal überbieten kann. Die stolze Raubkatze als Symbol für Blutdurst und Trieb, die jedoch ebenfalls eine schwer greifbare, animalische Schönheit repräsentiert und deren markerschütterndes Brüllen inmitten des eingeengten Zimmers einem urtümlichen Schrei nach Freiheit gleichkommt. Nebenbei stellt diese Szene erstklassiges Foreshadowing auf ein wesentlich gefährlicheres Raubtier dar, das sich im späteren Verlauf des Films Zugang zu Jesses Raum verschaffen will, dabei jedoch scheitert.
Mit der eben beschriebenen Einheit aus Horror und Schönheit, aus Schrecken und Glamour, geht meistens auch eine gewisse Oberflächlichkeit einher, die von "The Neon Demon" in erster Linie optisch aufgegriffen wird. So filmt Refn seine Figuren häufig durch spiegelnde Oberflächen, seien es gläserne Tischplatten, Fenster oder spiegelnde Böden. Allein der ersten Dialogszene des Films, einer Unterhaltung zwischen Jesse und Ruby, müssen wir durch zwei Spiegel hindurch beiwohnen, in denen wiederum die Spiegelbilder der beiden jungen Frauen reflektiert werden, wie sie vor ihren Spiegeln sitzen. Es entsteht eine endlose Aneinanderreihung von Spiegelbildern in Spiegelbildern in Spiegelbildern, bei der sich unweigerlich die Frage aufdrängt, was denn überhaupt noch Realität und was reine Illusion ist. Oder besser gesagt, was ist die wahre, menschliche Seite der Charaktere und was ist lediglich ein Spiegelbild, eine Maske, ein Schwindel? Die weiblichen Hauptfiguren von "The Neon Demon" verbergen ihren wahren Charakter jedenfalls mehr als gekonnt hinter ihrem Aussehen. Ihre Schönheit, sei sie nun echt oder durch chirurgische Eingriffe entstanden, ist so gesehen ihr schützender Spiegel. Und es benötigt die von Refn angeprangerte Oberflächlichkeit, um diesem Trugbild zu erliegen und nicht die hässliche Wahrheit hinter dem blendenden Prunk zu erkennen.
Zu dem im obigen Abschnitt erwähnten Dialog vor den Spiegeln, bietet sich außerdem der Vergleich mit einer kurzen Szene aus "Sucker Punch" von Zack Snyder, dem genau wie Refn ebenfalls immer wieder das Betreiben von sogenanntem "Style-over-Substance-Kino" unterstellt wird, an. In dieser Szene sitzen die Protagonistinnen nebeneinander vor einer Spiegelfront und sind in eine Unterhaltung vertieft, ähnlich wie bei "The Neon Demon", während die Kamera eine ausschweifende Kreisbewegung um sie herum vollführt und dabei einzig auf die Spiegelbilder der Frauen fokussiert, wodurch von den realen Personen nur die Rücken zu sehen sind, um daraufhin dann urplötzlich durch die Spiegelebene der Glasfront hindurchzugleiten und am Ende dieser Kamerafahrt zu offenbaren, dass ebenjene Spiegelbilder die ganze Zeit über die echten Charaktere und die vermeintlich echten Personen nichts anderes als deren Spiegelungen waren.
Ähnlich verwaschen verhält es sich mit der Grenze von Lüge zu Wahrheit in "The Neon Demon". Nur ist es hier nicht die Kamera, die die Brücke zwischen den beiden Seiten des Spiegels überwindet, denn diese bleibt während des angesprochenen Dialogs statisch und unbewegt. Vielmehr sind es die Protagonistinnen selbst, die mit ihrem scheinheiligen Handeln besagte Brücke bilden. Auch Jesse, die bei jeder erdenklichen Gelegenheit als rein und unschuldig charakterisiert wird, kommt nicht umhin, sich ähnlich wie ihre Konkurrentinnen in einen Schleier aus Trug und Schwindel zu hüllen. Dies tut sie bereits, indem sie bei ihrer Modelagentur aus praktischen Erwägungen ein falsches Alter angibt oder indem sie lügt, als sie zu Beginn des Films gefragt wird, ob sie bereits mit einem Jungen geschlafen habe.
Im letzten Filmdrittel gelingt es Jesse allerdings endlich, aus dieser Welt des Scheins, der Spiegelwelt, zu entkommen und unter die Oberfläche zu blicken. Essenziell für diese Entwicklung ist vor allem Jesses letzter Auftritt am leeren Swimmingpool. Von einem Sprungbrett aus blickt das Model in dieser Szene auf Ruby hinab, die auf dem Boden des Pools direkt unter ihr steht. Ausschlaggebend an dieser Stelle ist außerdem das Fehlen von Wasser im Swimmingpool, ergo das Fehlen einer Oberfläche. Ohne das Vorhandensein einer Oberfläche kann Jesse von ihrer Position auf dem Sprungbrett folglich alles sehen, was sich auf dem Boden des Pools befindet. Sie blickt also im wahrsten Sinne des Wortes hinter die Oberfläche - in gewissem Maße auch hinter die Oberflächlichkeit - und erkennt Rubys wahre Natur, ihre Verschlagenheit und ihre krankhafte Eifersucht auf Jesses makelloses Aussehen.
Im letzten Akt von "The Neon Demon", während des Fotoshootings mit Gigi und Sarah, verwendet Refn ein zweites Mal das Motiv der Wasseroberfläche als Metapher für die Oberflächlichkeit der Modewelt. Und das gleich in zweierlei Form. Einmal in Gestalt des Meeres im Szenenhintergrund und ein zweites Mal in Form eines anderen Swimmingpools. Letzterer ist jedoch nicht leer, wie noch in der Szene mit Jesse, sondern bis zum Rand mit Wasser gefüllt, womit ein weiteres Mal die Oberflächlichkeit von Gigi und Sarah, somit auch der gesamten Modewelt, aufgegriffen wird. Dieses Mal gelingt es aber zumindest Gigi, für einen Sekundenbruchteil tatsächlich hinter die Oberfläche zu sehen. Urplötzlich verlässt sie daraufhin die Fotosession und erbricht Teile der toten Jesse, unter anderem ihr Auge, auf den Boden. Sie tut dies aber nicht etwa, weil sie sich vor Jesses gegessenem Körper ekelt, sondern weil sie sich just in diesem Moment ihrer eigenen oberflächlichen Existenz bewusst wird. Sie ekelt sich nicht vor Jesses Körperteilen in ihrem Magen, sondern vor sich selbst, vor ihrem eigenen Wesen. Somit gelingt es Gigi, durch den Konsum von Jesses sehendem Organ, dem Auge, im übertragenen Sinne ein gewisses Maß an Weitsichtigkeit zu erlangen.
Bezeichnend ist diesbezüglich auch das ausgetrocknete Meer im Abspann von "The Neon Demon", begleitet von Sias wundervollem Lied "Waving Goodbye". Ähnlich wie zuvor bei dem Swimmingpool fällt auch hier augenblicklich das Fehlen des Wassers, damit auch der Wasseroberfläche, auf. Mit diesem Schlussmotiv zeichnet Refn die träumerische Vision einer Welt ohne Oberflächen, also einer Welt ohne Oberflächlichkeit, in der es uns Menschen möglicherweise gelingt, hinter die Fassade von Haut und Make-up zu blicken und den wahren Wert einer Person - im Umkehrschluss also auch den wahren Wert von "The Neon Demon" und nicht nur dessen Look - schätzen zu lernen.
Ob und wie uns dieser, zugegeben, sehr gewagte Schritt überhaupt gelingen soll, gibt Refn allerdings nicht preis. Vielleicht liegt aber gerade darin der große Reiz von "The Neon Demon". Alles Andere wäre schließlich auch langweilig und würde dem Ego dieses begnadeten Regisseurs nicht gerecht werden. Denn Nicolas Winding Refn liebt sich selbst und seine Filme. Verdenken kann man es ihm allerdings nicht. Nach der zweimaligen Sichtung von "The Neon Demon" tue ich das nämlich ebenfalls.
Ich werfe an dieser Stelle einfach mal "White Christmas", das Weihnachts-Special von "Black Mirror", in den Raum. Besser kann man sich die Weihnachtsstimmung eingentlich gar nicht ruinieren.
Wären das hier wirklich die 25 besten Filme des Jahres 2016, gäbe es für das Kino wohl endgültig keine Hoffnung mehr. Aber hey, zum Glück sind es ja nur die 25 bestbewerteten Filme laut dem Community-Schnitt.
Na sowas, wer hätte denn gedacht, dass der Film "Moana" von 1926 in der Kategorie "Best Motion Picture, Animated" nominiert werden würde. Man lernt nie aus.
Mein Kommentar für cobaltstring zu "American History X". Voilà:
http://www.moviepilot.de/movies/american-history-x/comments/1630522
Folgender Kommentar ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der User-Kommentar-Wichtel-Aktion-2016 für Buddy cobaltstring und dreht sich um keinen geringeren Film als die legendäre Anti-Rassismus-Parabel "American History X". Ein Werk, das ich bis vor wenigen Wochen noch zu meinen schwerwiegendsten cineastischen Bildungslücken zählen durfte. Nun habe ich den Film aber endlich nachgeholt und werde im folgenden Kommentar darlegen, weshalb er mich so schwer beeindrucken konnte.
Bei "American History X" handelt es sich um einen auffallend radikalen Film. Nicht minder radikal als die widerliche Ideologie und deren verblendete Anhängerschaft, gegen die sich Tony Kayes Regiedebüt einvernehmlich richtet. "American History X" belässt es aber zu meiner großen Freude nicht allein dabei, das menschenfeindliche Weltbild und die verzerrte Logik der rechten Hetze "ad absurdum" zu führen, sondern erörtert stattdessen ausführlich deren Ursprung und - was noch wesentlich wichtiger ist - deren Faszination. "American History X" nimmt demzufolge, anders als ich es im Vorfeld befürchtet hatte, nicht die Rolle eines strengen Oberlehrers ein, der mit hoch erhobenem Zeigefinger mahnend auf den fett gedruckten Satz "Nazis sind böse!" verweist und diesen daraufhin dutzende Male rezitiert, um ihn auch bloß dem letzten Hauptschulabbrecher im Publikum begrifflich zu machen. Nein, "American History X" geht mehrere Stufen weiter, dringt tief in die Gehirnwindungen der rechten Propaganda vor und beleuchtet die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Rassismus. In erster Linie ist "American History X" aber ein aufrichtiges Plädoyer für weniger Hass und Vorurteile, dafür aber mehr Nächstenliebe, in unserer heutigen Gesellschaft.
Um nun ebenjene Vorurteile an den Pranger zu stellen und die Rassenideologie der im Film gezeigten Gruppierungen vorzuführen, nutzt "American History X" nicht ausschließlich seine intensiven Bilder, die mitunter auch nicht vor heftiger - und dennoch sehr subtil inszenierter - Gewaltdarstellung zurückschrecken. Ebensowenig stellt Edward Nortons charismatische Figureninterpretation den Grundpfeiler, auf welchen sich der eindringliche Appell des Filmes stützt. Vielmehr ist es die Macht des gesprochenen Wortes, die Kraft der Dialoge, der Argumentationen zwischen verschiedenen ideologischen Parteien, die das Geschehen in "American History X" erschreckend nahe an die Realität tragen.
Ich selbst hatte es privat schon des Öfteren mit fremdenfeindlich eingestellten Menschen zu tun, kenne folglich deren Art der Argumentation nur allzu gut und habe mich deswegen bei mehreren Dialogen aufgrund deren angsteinflößender Authentizität und Realitätsnähe regelrecht erschrocken. Um ein Vielfaches bestürzender ist jedoch die raffinierte Art, mit der es Nortons Figur, dem kahlköpfigen Vorzeige-Nazi Derek, im Streitgespräch am heimischen Tisch gelingt, seine Familie und nicht zuletzt auch uns, die Zuschauer, mit schlagfertiger Zunge um den Finger zu wickeln. Derek argumentiert absolut nachvollziehbar, appelliert ein ums andere Mal an die menschliche Vernunft, bringt Belege für seine Behauptungen - obgleich es sich dabei meist um Lügen und aberwitzige Halbwahrheiten handelt - und steckt seine Finger tief und genüsslich in die etlichen Wunden der amerikanischen Nation hinein.
Nicht verwunderlich also, dass sich nach und nach immer mehr unzufriedene und vom Staat enttäuschte Jugendliche um den polarisierende Derek zusammenrotten, bis sich schließlich eine ganze Traube von Anhängern hinter seinem Rücken versammelt hat. Auch das Publikum klebt dem Argumentationskünstler zu diesem Zeitpunkt bereits hoffnungslos an den Lippen und fiebert sogar mit ihm mit, etwa bei einem Basketball-Match im ersten Filmdrittel. So wenig sich Derek auch als Identifikationsfigur anbietet, so sehr erliegt man als Betrachter früher oder später seiner einnehmenden Persönlichkeit. Und diese erschreckende Tatsache ist es, die mich an "American History X" am meisten verstört hat; mehr als es die berüchtigte Bordstein-Szene oder das kompromisslose Ende je könnten: Dass selbst ich, der Fremdenhass in jedweder Form verabscheut, nicht umhin kann, Dereks gewandte Reden in mich aufzusaugen wie ein trockener Schwamm das Wasser. Dass ich mich nicht gegen die Argumente, die vorwurfsvolle Anklage und die augenscheinlich so simplen Lösungen aus seinem Munde zur Wehr setzen kann und bis zu einem gewissen Grad sogar Empathie für seine Figur entwickle.
Umso eindrucksvoller wird "American History X" ab dem Punkt, als Derek während seines dreijährigen Gefängnisaufenthaltes selbst damit beginnt, die nationalsozialistische Rassenideologie zu hinterfragen und dabei zu dem Schluss gelangt, dass jene Ideologie, die Ideologie, an die er sich jahrelang so verzweifelt geklammert hat, schlichtweg verlogen ist. Und was sehen wir als Beobachter in dieser ideologischen Weiterentwicklung? Wir sehen Derek, den Ober-Nazi, den Felsen, das Bollwerk, den Blutmessias der rechten Szene, dem wir eine halbe Stunde zuvor noch dankbar aus der Hand gefressen haben, wie er tatsächlich anfängt zu zweifeln, wie er einknickt, bis er letztendlich zu der Einsicht gelangt, dass es nicht richtig sein kann, andere Menschen - gleich welcher Abstammung, Religion, Sprache, Kultur oder Hautfarbe - zu hassen.
Und so zeigt uns der Film in seinen letzten Minuten einen bilderbuchreifen Strand, getaucht in sonnige Rot-, Gelb- und Orangetöne. Einen Ort, an dem ein jeder über seinen aufgestauten Hass hinwegsehen und einfach nur die Schönheit des Lebens genießen kann. Es ist der gleiche Strand, der "American History X" bereits als Einleitungsmotiv dient, nur nicht mehr in schwarz-weiß wie in der Eröffnungsszene, sondern in Farbe. Nicht anders verhält es sich auch bei Derek: Zu Beginn des Films nimmt er die Welt in Schwarz und Weiß wahr, er unterteilt die Menschen rigoros in protestantische Weiße und den verachtenswerten "Rest". Doch nach seinen prägenden Erfahrungen im Gefängnis und dem darauf folgenden Gesinnungswandel, verschwindet sein striktes Schwarz-Weiß-Denken und macht einer offenen, differenzierten und in viele Farbabstufungen untergliederten Weltanschauung Platzt.
Und auch wir, als stille Voyeure, können nach diesen zwei Stunden Film ein anderes und vielleicht sogar besseres Verständnis für die fehlgeleiteten Mitläufer der rechten Szene erübrigen. Denn "American History X" demonstriert beispielhaft, wie leicht es mitunter doch sein kann, in dieses Milieu abzurutschen und wie mühevoll es im Umkehrschluss ist, wieder hinauszufinden, sich von Hass und Vorurteilen freizusagen und ein neues Leben zu beginnen. "American History X" packt seine Zuschauerschaft grob am Ärmel und führt sie, parallel zum Protagonisten Derek, durch einen mentalen Entwicklungsprozess. Indem wir uns zwangsläufig in Dereks Position hineinversetzen und uns mit seinen radikalen Ansichten beschäftigen müssen, nur um uns später dann von seiner Propaganda zu distanzieren, entwickeln auch wir uns innerlich weiter. Am Ende bleibt allerdings, wie so oft, die Möglichkeit offen, uns selbst oder unsere Mitmenschen nachhaltig zu verändern, uns weiterzuentwickeln und damit die Geschichte - natürlich nicht nur die amerikanische Geschichte - der Zukunft zu gestalten. Wir selbst sind nämlich die Variable "X" im Filmtitel.
Sehr erfreulich Liste, die fast alle interessanten Titel dieses Jahres beinhalten dürfte. Sogar den einen oder anderen Geheimtipp, den ich selbst noch sowas von überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Sehr schön auch, dass es "Raum" und "Anomalisa" bei dir so weit nach oben geschafft haben. Insbesondere Letzterer ist bei mir in diesem Jahr einer der absoluten Favoriten. Auch "Wiener Dog" und "Der Schamane und die Schlange" sind beides wundervolle Filme, bei denen ich irgendwie das Gefühl habe, dass sie absolut nichts von der Aufmerksamkeit abbekommen, die sie gemessen an ihrer Qualität eigentlich verdient hätten. Einzig und allein "The Lobster" fand ich leider längst nicht so gut, wie ich es mir erhofft hatte.
Naja, wenn ich so darüber nachdenke, dann gab es dieses Jahr schon ein paar fantastische Filme. Das Schlechte überwiegt aber leider mal wieder.
Ich finde es ja relativ witzig, wie hier nun die gesamte Kommentarsektion "Kinderfilm!" brüllt, während alle Welt den wesentlich kindischeren Trailer zu "Guardians of the Galaxy 2" vor einigen Tagen noch bis zum Gehtnichtmehr abgefeiert hat und man sich als neutraler Beobachter gar nicht mehr schnell genug vor Aussagen wie "Ohhh, Baby-Groot ist ja soooo süüüüß, ich will ein Fan-T-Shirt von dem!" verstecken konnte. Menschen sind komisch.
Und noch etwas, auf das man sich im kommenden Jahr freuen kann. Langsam ist es aber auch an der Zeit, dass sich Studio Wit wieder an eine vernünftige Arbeit setzt, bei der sie ihre animationstechnische Kompetenz demonstrieren können. Durch mehr belanglosen Abfall wie "Kabaneri of the Iron Fortress" wird niemand glücklich werden.
Grrr, da muss ich jetzt tatsächlich zugeben, dass dieses Nerd-Klischee voll und ganz auf mich zutrifft. Im Prinzip wechselt mein Desktop-Hintergrund alle paar Monate nach Lust und Laune, bleibt aber immer bei einem Motiv aus der Film- oder Serienwelt. Seit längerer Zeit ziert meinen Desktop - oh, wie einfallsreich - ein Bild von "Der Herr der Ringe", das es mir nicht nur wegen seiner beruhigenden Farbgebung angetan hat, sondern auch, da es die Trilogie wunderbar zu dem Gesamtwerk verknüpft, als das sie ursprünglich konzipiert wurde.
Hier ein Link: http://411posters.com/wp-content/uploads/2013/10/The-Lord-of-the-Rings.png
Mein Kommentar für Big T. zu "Menschenfeind" ist hier zu finden:
http://www.moviepilot.de/movies/menschenfeind/comments/1627730
Folgender Kommentar ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der User-Kommentar-Wichtel-Aktion 2016 und gewidmet an Big T., der es mir laut eigener Aussage an diesem Termin ordentlich besorgen wollte. Na gut. Challenge accepted.
Anlässlich des zweiten Advents habe ich mir also einen Film von seiner Wunschliste heraussuchen dürfen und meine Wahl viel recht schnell auf ein Werk, das ich ohnehin seit längerer Zeit ins Auge gefasst hatte. Gemeint ist "Menschenfeind" von Gaspar Noé. Ein Film, für den ich zur Abwechslung keinen analytischen Text verfasst habe, in der Hoffnung, diesem Werk auf eine andere Art gerecht zu werden.
"Sehnsucht." Für einen Sekundenbruchteil flackert das Wort, gleich einem grellen Blitzschlag, durch das Labyrinth meiner wirren Gedanken, während ich langsam in dem kleinen, quadratischen Zimmer auf und ab gehe, das ich im Moment mein Eigen nenne. Die Wände des minimalistisch eingerichteten Raumes wirken auf mich einmal mehr wie die Mauern eines Gefängnisses. Beengt, klaustrophobisch, ohne Möglichkeiten, ohne individuelle Freiheit. Genau wie momentan mein gesamtes Leben einem Gefängnisdasein gleichkommt. Eingesperrt in einer stickigen, grauen Gefängniszelle, vermodernd und von der Außenwelt vergessen, ohne die Hoffnung auf Befreiung.
Ja, das Gefängnis ist ganz gewiss kein schöner Ort, das musste ich am eigenen Leib erfahren. Wesentlich schlimmer als der Moment, in dem man sich zum ersten Mal mit der Möglichkeit einer gefühlt unendlich andauernden Haftstrafe konfrontiert sieht, ist jedoch der Moment, in dem man das Gefängnis nach Beendigung der qualvollen Haft endlich verlassen kann und sich in die ersehnte Freiheit begibt, nur um kurz darauf feststellen zu müssen, dass man nach wie vor eingesperrt ist - nur in einer größeren, unsichtbaren Zelle.
Das Leben, einstmals noch voller offener Wege und vielversprechender Möglichkeiten, liegt nun wie ein brachliegender Acker vor meinen Füßen. Nichts will mehr gedeihen. Die von mir sorgsam ausgestreute Saat zeigt keinen Ernteertrag mehr, keine Früchte, keinen Lohn. Es stimmt. Die Erkenntnis, sein eigenes Leben verfehlt zu haben, ist wahrhaft ein niederschmetterndes Gefühl. Alles zu Bruch gegangen, nichts funktioniert mehr, keine Rettung in Sicht. Es ist mehr als zermürbend, nichts mit seinem Leben anfangen zu können. Tja. Noch zermürbender ist es allerdings, keine Arbeit zu haben. Natürlich, man beschwert sich normalerweise Tag und Nacht, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, leidenschaftlich über die ach so ausbeuterische Arbeitsstelle und betont immer wieder, wie schlecht es einem doch bei seinem Job ergehe. Und ja, es ist wahr: Immer die gleiche Knochenarbeit, immer der gleiche Stress, die gleiche Müdigkeit, das gleiche Gefühl der Ausgelaugtheit an jedem Feierabend.
Und dennoch definiert sich der Mensch durch seine Arbeit und kann ohne diese nur schwer einen Sinn in seiner Existenz finden. Der Mensch braucht Arbeit, er braucht etwas zu tun in seinem Leben. Einen Zweck, auf den es sich hinzuarbeiten lohnt. So viel ist mir mittlerweile klar. Jetzt, da ich seit geraumer Zeit schon ohne einen Arbeitsplatz durch den urbanen Moloch Frankreichs krieche, als nutzloser Müll der Gesellschaft. Beinahe reumütig erinnere ich mich dabei an meine Zeit als Pferdefleischer zurück. An das monotone Hacken, das krachende Geräusch der zersplitternden Knochen unter meinem rasiermesserscharfen Metzgerbeil, das Reißen von Fleisch und Sehnen und der penetrante Geruch nach totem Tier in meiner Nase. Ja. Das war was. Das hatte was. Das war erfüllend. Das wäre mir heute sofort klar geworden.
Sehnsucht? Sehnsucht wonach? Etwa nach diesem Job? Gut möglich. Denn nun, da ich arbeitslos bin, weiß ich die damalige Zeit mit ihrem routinierten Arbeitsablauf endlich zu würdigen. Damals hätte ich jeden Tag erbrechen können. Schön über die zerstückelten Pferdehälften drüber! Heute verzehre ich mich geradezu nach der damaligen Zeit. Damals, als mein Leben noch kein nutzloser Abfall war. Damals, als es nur fad und eintönig verlief. Zum Kotzen, ja, aber noch nicht unerträglich, noch keine Hölle, kein Fegefeuer, kein satanisches Inferno wie es mir im Moment immer wieder vorkommt. Wie ironisch.
So lasse ich meine düsteren Gedanken treiben, in verbittertes Selbstmitleid abdriften, während meine Augen langsam über die spärlich tapezierten Wände meines Zimmers, meiner Zelle, gleiten. Durch ein halb geöffnetes Fenster dringen die lachenden Stimmen von Kinder an meine Ohren, wie sie auf der Straße spielen, glücklich und sorglos durch die verzweigten Gassen hüpfen, tollen, springen und gleichzeitig durch den Mikrokosmos ihres noch frischen Lebens tanzen. Noch unverbraucht. Noch voller Hoffnung auf eine zufriedenstellende Zukunft. Noch mit guten Aussichten auf ein erfülltes Leben. Noch nicht desillusioniert und von der Welt misshandelt wie ein geprügelter Hund - oder ein mit barschen Peitschenhieben bestraftes Pferd - noch voller Enthusiasmus, voller Unschuld und voller Lebensfreude.
Unwillkürlich muss ich an meine Tochter denken. Ob auch für sie noch die Chance auf ein glückliches Dasein besteht? Hat sie sich ihre kindliche Unschuld bewahren können? Ich weiß es nicht. Denn ich vermag nicht, hinter ihre ausdruckslose Mine zu blicken, kann die Gedanken hinter ihrer Maske nicht erraten, weiß zu keiner Zeit, was in ihrem Inneren vorgehen mag. Nur eines weiß ich mit Bestimmtheit: Sie ist das einzig Gute, das ich in meinem jämmerlichen Leben jemals zustande gebracht habe. Das Einzige, auf das ich wirklich stolz sein kann, neben den kümmerlichen Ruinen meiner bemitleidenswerten Existenz. Es ist dieses Gefühl, das beruhigende Gefühl, etwas wahrhaft Schönes und Gutes mit meinem Samen geschaffen zu haben - auch wenn es im Prinzip nichts als ein Unfall war, unbeabsichtigt - das mir über viele dunkle und stille Stunden hinweg Trost gespendet hat.
Während ich so in Gedanken über meine Tochter versunken bin, fällt mein Blick unwillkürlich auf die Schusswaffe in meiner Hand. "Drei Patronen übrig.", denke ich geistesabwesend und stelle mir dabei bildhaft vor, wie ich diese drei Kugeln in die Gehirnwindungen dreier Arschlöchern jagen könnte, um deren Elendsdasein zu beenden. Dieser Gedanke schafft es, den leichten Ansatz eines Lächelns auf meine trockenen Lippen zu zaubern. Früher hätte ich mit dieser Pistole ohne zu zögern drei Reiche erschossen. Reiche Schweine! Denken, sie könnten sich alles auf der Welt erkaufen, mit ihrem dreckig ergaunerten Geld. Das Leben eines Menschen ist für sie, die sie noch nie Armut oder Verzicht erleben mussten, nicht viel mehr wert als der Ertrag, den es in ihre Taschen spült. Menschenleben abgewogen mit Papier. So läuft das Leben heutzutage.
Aber seit ich selbst zum Bodensatz der Gesellschaft gehöre, sehe ich das Gesamtbild um einiges schärfer: Es sind nicht nur die Reichen, der Tumor unserer Welt, die mich anwidern. Es sind vielmehr alle meine Mitmenschen. So ist es. Die Gesellschaft, unsere Gesellschaft, ist von Grund auf böse und verkommen. Früher, ja früher haben mich die Menschen auf der Straße noch gegrüßt. Heute schauen sie mich an wie Ungeziefer, mustern mich wie einen Haufen Dreck, der am Straßenrand liegt. Etwas, an dem man normalerweise naserümpfend vorbeigeht. Wie Pistolenschüsse treffen mich ihre abschätzigen Blicke jedes Mal.
Meine Finger verkrampfen sich um die Waffe, sodass an meinem Handgelenk dicke, bläulich-grüne Adern hervortreten. Dann lasse ich mich mit einem lauten Seufzer auf mein Bett fallen. Die purpurrote Decke umfängt meinen müden Körper, ähnlich einem Leichentuch. Die Waffe in meiner Hand, kalt und schwer, schmiegt sich an meine schweißnasse Handinnenseite. Ein letztes Mal lasse ich meinen Blick durch das karge Zimmer gleiten, das Gefängnis meines Lebens. Dann hebe ich meine Hand und richte die Pistole direkt auf mein Gesicht. Wie ein tiefschwarzes Auge starrt mir die Mündung der Waffe entgegen. Ein Hauch von Endgültigkeit. Ist das die Sehnsucht, die ich die ganze Zeit über in mir gespürt habe? Todessehnsucht?
Ich male mir in Gedanken aus, wie es sich anfühlen würde abzudrücken. Einfach loszulassen von diesem Leben, das mir so viel Schlechtes und so wenig Gutes beschert hat. Ein grelles Aufflackern an der Mündung, ein lauter Knall, "Peng!", ein stechender Schmerz. Und dann Stille. Das wären die letzten Dinge, die ich in meinem Leben wahrnehmen würde. Und danach? Was dann? Mein Gesicht würde sich in einen roten, deformierten Fleck verwandeln, mein Gehirn würde in einem matschigen Schwall aus meinem Hinterkopf spritzen und sich auf die Bettdecke ergießen. Das viele Blut würde sich gierig in mein Leintuch hineinfressen und einen großen, ekelhaften Flecken auf dem Bett hinterlassen. Ein roter See, eine Lache, die meinen schlaffen Körper wie ein Heiligenschein umgeben würde. Und ich? Ich dürfte in die große Leere übergehen, die danach kommt. Und selbst wenn danach nichts kommen sollte - es wäre immer noch um Längen besser als mein jetziges Ich.
Plötzlich bemerke ich, dass mein Finger, der Finger am Abzug, zu zittern beginnt. Fürchte ich mich etwa vor dem Tod? Ist das die Möglichkeit? Es scheint fast so, denn auf einmal kostet es mich schier unendlich viel Überwindung, den Abzug zu betätigen. Ich versuche es, versuche mich selbst mit aller Kraft dazu zu zwingen, aber stoße auf unerwarteten Widerstand. Mein Körper scheint noch nicht bereit dazu zu sein. Nein, noch nicht.
"Komm schon!", flüstere ich mir selbst zu, versuche mich zu ermutigen. "Komm schon. Tu es. Tu es endlich! Betritt die Leere! Enter the Void!"
Aber nichts geschieht. Gar nichts.
Nach minutenlangem Hadern mit mir selbst lasse ich die Waffe wieder sinken, schließe die Augen und entspanne meinen ganzen Körper, versinke in der Matratze meines Bettes. Sollte nun nicht das bisherige Leben vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen? Sagt man das nicht so? Vor meinem inneren Auge läuft aber nichts dergleichen ab. Keine Rückblende, kein Film, kein Fotoalbum. Höchstens eine triste Ansammlung meiner großen Lebensstationen. Eine blamabler und schmerzvoller als die nächste. Nur meine Zeit als Pferdefleischer, die ist mir positiv in Erinnerung geblieben. Auch wenn ich es damals wie die Pest verabscheut habe. "Schon seltsam.", denke ich. "Manchmal lernt man wirklich gute Dinge erst dann zu schätzen, wenn sie unwiderruflich vergangen sind." Das ist der vorletzte Gedanke, den ich in meinem Leben haben sollte.
Und noch bevor ich ihn zu Ende gedacht habe, hebe ich die Pistole ein zweites Mal an und richte sie auf meinen Hals, sodass ihr kalter Lauf sanft die Haut an meinem Kinn berührt. Meine Augen lasse ich geschlossen, während mein Zeigefinger langsam aber entschlossen zum Abzug wandert. Nur noch ein Sekundenbruchteil trennt meinen Körper vom Zustand des Totseins, das ist mir klar. Und in diesem Sekundenbruchteil begreife ich es, begreife ich tatsächlich, an was sich meine Sehnsucht gerichtet hat. Unter all der Feindlichkeit gegenüber dem Leben und den Menschen, die darin auftreten, mitspielen und dann verschwinden, habe ich es erfolgreich verdrängt. Es ist die Sehnsucht, die flüchtige, kaum greifbare Sehnsucht nach einem Neubeginn. Das ist mein letzter Gedanke. Im selben Herzschlag berührt mein Zeigefinger den Abzug der Waffe. Ich drücke ab. "Peng!"
Long story short: Ich kam, um Filme oder Serien zu bewerten und blieb schließlich für die Community.
Hier ist mein Kommentar für Deusfantasy zu "Die Melodie des Meeres":
http://www.moviepilot.de/movies/die-melodie-des-meeres/comments/1625058
Folgender Kommentar ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der User-Kommentar-Wichtel-Aktion 2016 und gewidmet an Deusfantasy, den ich hier nicht bloß als einen sehr umgänglichen und angenehmen User mit einem sehr ähnlichen Filmgeschmack erleben durfte, sondern auch als einen interessanten Diskussionspartner, was sich zuletzt in wunderbaren Unterhaltungen zu den beiden Spielen "Life is Strange" und "Journey" oder zu der gar nicht mal so schlechten Serie "The Walking Dead" entäußerte. Und weil es mein Wichtelpartner so wollte: Ab dem sechsten Absatz seien alle Angsthasen unter euch vor kleinen Spoilern gewarnt.
Doch ich schweife ab. Denn eigentlich soll es in diesem Kommentar nicht um unsere persönlichen Erlebnisse auf "moviepilot" gehen, sondern um einen Film - um einen ganz besonderen Film sogar - der unsere beider Herzen mit einem neckischen Lächeln gestohlen hat, nur um sie für immer fest umschlungen bei sich zu behalten, sie uns nie wieder zurückzugeben und uns in der bittersüßen Gewissheit zurückzulassen, dass es vermutlich nur wenige andere Filme auf diesem Planeten geben wird, die jemals vergleichbar tiefgründige Emotionen in uns wecken könnten. Zumindest empfinde ich das so und will mich nicht erdreisten, an dieser Stelle auch für Janus zu sprechen. Ich bin mir jedoch relativ sicher, dass er über diesen Film sehr ähnlich denkt. Über "Die Melodie des Meeres".
Jedes Mal, wenn ich in den vergangenen Jahren einen Blick auf die aktuelle Landschaft an Zeichentrick- und Animationsfilmen riskiere, könnte mir glatt ganz schummrig vor Augen werden. Zwischen dem einen oder anderen viel zu unbekannten Geheimtipp, tummelt sich nichts als oberflächlicher, uniformer und maßlos überbewerteter Einheitsbrei von Disney oder Pixar auf dem Markt, der entweder in überzuckertem Kitsch ertrinkt oder verzweifelt versucht, sein Publikum mit vorgegaukelter Emotionalität zu umgarnen, aber auf Grund ebendieses erschreckenden Kalküls nur umso kläglicher scheitert. Schaue ich mir nun die immensen Einspielergebnisse solcher Produktionen und die Myriaden an Zuschauerströmen an, welche Jahr für Jahr die Kinosäle überfluten, nur um sich von dem immer gleichen Strickmuster einlullen zu lassen, frage ich mich ernsthaft, warum ein auf derart heilsame Weise herzlicher, aufrichtiger, zauberhafter und vor künstlerischem Wert nur so strotzender Film wie Tomm Moores "Die Melodie des Meeres" bei der alles abfeiernden Masse kaum bis gar keine Beachtung findet und gnadenlos unter schleimigen Tonnen an animierter Fließbandware begraben wird.
Es ist hauptsächlich der eben angesprochenen künstlerischen Unbescholtenheit gedankt, dass sich "Die Melodie des Meeres" vom Großteil der aktuelleren Zeichentrickfilme zu emanzipieren versteht. Dies beginnt bereits mit einem von sanfter Frauenstimme melodiös aus dem Off eingeflüsterten Gedicht, begleitet durch leichtfüßige Pinselstrichen, die in ihrer Vollendung einen kunstvollen Prolog zum musikalischen Auftakt des Films bilden. Hier werden Emotionen noch auf subtilem, unterschwelligem Wege transportiert und nicht nur vorgespielt. Alles dreht sich um die Kunst und die Kunst dreht sich um alles, in einem epochalen Taifun aus unvergleichlicher Musik und einer anmutigen, detailverliebten Optik, die Bild für Bild aus einem Märchenbuch stammen könnte, mit unzähligen abstrakten Strukturen im Vorder- und Mittelgrund, sowie Hintergründen und Unterwasser-Szenen im Aquarell-Stil.
Diesem erfrischend unkonventionellen Zeichenstil steht das wunderbar plastische Figurendesign gegenüber. Verglichen mit den oftmals seelenlosen Pfuschwerken der großen Animationsstudios, agieren und interagieren die Charaktere in "Die Melodie des Meeres" noch durch und durch lebendig; sekündlich spiegeln sich in ihrer Mimik und Gestik die komplexesten Emotionen wieder. Beobachtet man diese Figuren, so sieht man keine lieblos animierten Modelle. Man sieht echte, lebende, empathiefähige Menschen, deren Schicksal den Zuschauer tatsächlich beschäftigt, emotional mitnimmt, ihm an die Nieren geht. Und ich bin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Einzige, der eine ganze Ladung an Taschentüchern benötigt hat, um diesen Film heil zu überstehen. Wobei mir die Taschentücher nur gegen das salzige Brennen in meinen Augen und die kühle, hinabrinnende Feuchtigkeit an meinen Wangen helfen konnten, die gelegentlich während der Sichtung des Films auftauchten und teilweise minutenlang anhielten. Das stille Weinen in meinem Herzen konnten sie jedoch nicht stoppen. Dafür würden wahrscheinlich sämtlich Taschentücher dieser Welt nicht ausreichen.
Doch nicht allein wegen der lebendigen und feinfühligen Inszenierung oder weil "Die Melodie des Meeres" einer emotionalen Achterbahnfahrt - mit Bergen, Tälern, Kurven und Loopings, die in einem derart halsbrecherischen Affenzahn durchrast werden, dass unweigerlich die Augen zu Tränen beginnen - gleichkommt, wird Tomm Moore immer wieder mit dem populären Anime-Regisseur Hayao Miyazaki verglichen. Genau wie Miyazaki, entführt auch Moore seine Zuschauerschaft in eine fantasievoll gestaltete Zeichentrickwelt, in der ganz besonders die unberührte Natur im Mittelpunkt steht. Auch bewältig Moore in seinen zwei bislang erschienenen Regiearbeiten leichtfüßig den Sprung zwischen kreativen Fantasievorstellungen und tristem Alltagsrealismus. So bedient sich der irische Regisseur großzügig bei der keltischen Mythologie seines Heimatlandes, bringt aber auch Versatzstücke aus der schottischen Sagenwelt mit ein und steht seinem japanischen Kollegen somit in nichts nach. Und nicht anders als Miyazaki, belässt es auch Moore nicht bei reinrassigem Fantasykino, sondern benutzt dieses vielmehr als Parabel für ein überaus ernstes, tragisches und gleichsam wichtiges Thema.
Denn wo sich bereits Tomm Moores erstes Meisterwerk "Das Geheimnis von Kells" um die Loslösung aus einem konservativen, innovationsfeindlichen System und um einen universellen Appell nach mehr Kreativität und Entdeckerlust dreht, geht es auch in "Die Melodie des Meeres", Moores zweitem und hoffentlich nicht letztem Spielfilm, um die Weiterentwicklung von einer schlechten Situation hin zu einem besseren, erstrebenswerteren Zustand. Verglichen mit "Das Geheimnis von Kells" ist "Die Melodie des Meeres" aber ein Film, der sich in erster Linie auf familiäre Themen festlegt: Der junge Ben und seine kleine Schwester Saoirse - was sich wie ein Zungenbrecher liest, aber wunderbar melodisch als "Sierscha" ausgesprochen wird - leben zusammen mit ihrem Vater in einem alten Leuchtturm auf einer abgeschotteten, von der unendlichen Weite des Meeres umgebenen Insel. Doch seit dem Tod von Bens Mutter geht es mit der einstmals glücklichen Familie immer weiter und weiter bergab. So illustriert "Die Melodie des Meeres" eine zutiefst emotionale Odyssee, in deren Verlauf jede Hauptfigur ihren eigenen Weg finden muss, mit Schmerzen und Verlust umzugehen, diese zu verarbeiten und schließlich über sie hinwegzukommen.
Die Überwindung dieses Verlustes ist es, die Moore in "Die Melodie des Meeres" als Hauptmotiv behandelt und die sowohl den Weg als auch das Ziel des Films kennzeichnet. Diese Weiterentwicklung gilt es für die zerrissene Familie zu bewältigen; einen Prozess, den Moore nicht nur in einer berührenden Geschichte verpackt, sondern zugleich durch Einsatz eines simplen, aber nicht minder effektiven Kniffs auch optisch erkennbar macht: Immer dann, wenn sich die Charaktere im Film von der linken zur rechten Seite des Bildes bewegen, erleben sie einen Rückschritt in ihrer Entwicklung, während eine Bewegung von rechts nach links das genaue Gegenteil, also einen Fortschritt, dokumentiert.
Als Saoirse beispielsweise zum ersten Mal mit den Robben schwimmt, läuft sie von rechts nach links in das seichte Meerwasser hinein, erlebt also eine positive Weiterentwicklung - einen Fortschritt. Auch bei Bens erster Begegnung mit den Fabelwesen betritt und verlässt er deren Unterschlupf von rechts nach links. Nicht anders verhält es sich ebenfalls bei der Heimreise von Ben und seiner Schwester, die den Anfangspunkt ihrer Weiterentwicklung kennzeichnet und auf der sich das Geschwisterduo immer nur von der rechten zur linken Bildseite bewegt.
Als der Bus jedoch an einer Stelle ihrer Reise in die entgegengesetzte Richtung weiterfährt, also von links nach rechts, drängt Saoirse ihren Bruder, umgehend aus dem Bus auszusteigen und zu Fuß weiterzulaufen. Doch selbst hier verirrt sich Ben in einem düsteren Wald, da er den falschen Weg nach rechts, sprich den Rückschritt, einschlägt. Und auch die gesamte Fahrt des Geschwisterpaars von ihrem Zuhause auf der kleinen Insel bis in die fremde, unangenehme und kinderunfreundliche Welt der Großstadt findet von links nach rechts statt, ist also eine negative Entwicklung, der die Kinder nur durch ihre spätere Flucht und ihre Rückkehr zum Leuchtturm entgegenwirken können.
Das Berührendste an "Die Melodie des Meeres" ist aber ohne Zweifel das Ende, dem es für einen Sekundenbruchteil tatsächlich gelingt, den Glauben an das wahrhaft Gute im Menschen wieder herzustellen. Und spätestens nach dem farbenfrohen Auszug der Fabelwesen in ihre neue Welt - der wohlgemerkt vom rechten zum linken Bildschirmrand stattfindet - bleiben von "Die Melodie des Meeres" nur noch Tränen. Es ist die hier erreichte Erlösung, der kurze Moment unendlichen Glücks und inneren Friedens, den wir uns am liebsten alle in unser eigenes Leben projizieren würden. Und obgleich dies kaum möglich ist, reicht das lebensbejahende Ende von "Die Melodie des Meeres" aus, um uns in einen Zustand unendlicher Glückseligkeit zu befördern. Denn es ist der kleine Hoffnungsschimmer am tristen, grauen Nachthimmel, der letzte Funke in der alles verschlingenden Dunkelheit. Es ist der Beweis dafür, dass wahres Glück, echte Liebe und aufrichtige Versöhnung in unserer Welt existieren können. Und das macht dieses Ende nicht nur zu einem wundervollen Schlusskapitel, sondern auch zu einem der rührendsten und emotional überwältigendsten Filmenden der jüngeren Filmgeschichte.
"Die Melodie des Meeres" ist, so unscheinbar diese oftmals unterschätzte Perle im ersten Moment wirken mag, ohne Übertreibung einer der größten Filme der letzten Jahre. Es ist ein Film, der in mir ein ähnliches Gefühl weckt, wie es die Umarmung einer geliebten Person tut, an deren Schulter man sich nach monatelangem Kummer endlich mal so richtig ausheulen kann. Es ist ein Film, der mich immer wieder aufs Neue aufgeregt und euphorisch stimmt, ähnlich einem Wiedersehen mit sehr engen Freunden, die man allerdings nur ein einziges Mal im Jahr treffen kann, gemischt mit der schwermütige Traurigkeit, die nach dem unausweichlichen Abschied folgt. Es ist ein Film, dem man ohne zu zögern all seine Sorgen, Ängste, Hoffnungen und Wünsche anvertrauen will, um sich im Schoße seines vertrauten Antlitzes zur Ruhe zu betten und sich im besten Fall vollkommen von seiner zärtlichen Melodie mitreißen zu lassen. Ja, vielleicht werde auch ich eines Tages ganz und gar von dieser Melodie davongetragen.
Nachträglicher Horrorctober #7: "Vampyr - Der Traum des Allan Grey"
Allan Grey träumt nicht. Allan Grey ist tot. Wenigstens solange man meiner Interpretation von Carl Theodor Dreyers "Vampyr - Der Traum des Allan Grey" Glauben schenkt. Tut man dies, so sollte nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass es sich bei "Vampyr - Der Traum des Allan Grey" mitnichten um einen gewöhnlichen Vampirfilm handelt, wie es der irreführende Titel vermuten ließe. Ganz im Gegenteil. Der Film erzählt die mit zahlreichen Allegorien angereicherte Geschichte und den leidvollen Pilgerweg des Allan Grey, eines Mannes, der seinen eigenen Tod nicht akzeptieren will - oder vielmehr nicht akzeptieren kann - und sich deswegen in einer schattenhaften, surrealen Zwischenwelt wiederfindet, bis er schlussendlich sein Schicksal anerkennt und von seinem Phantomdasein erlöst wird.
Gleich im einleitenden Teil des Films findet sich eine exorbitante Menge an Todesmotiven wieder. Während des Vorspanns zeichnen sich etwa die Umrisse eines Totenschädels im Hintergrund ab und auch während der immer wiederkehrenden Zwischentitel werden Symbole wie ein Kruzifix oder eine Sanduhr, die im übertragenen Sinne für das rasche Verrinnen der Lebenszeit steht, eingeblendet. Auch machen brennende Kerzen einen Kernbestandteil der Requisiten des Filmes aus und versinnbildlichen, ähnlich wie es auch die Sanduhr tut, das Dahinschmelzen der menschlichen Daseinszeit. Die wichtigsten Handlungsorte des Films sind zudem mit Skeletten oder Totenschädeln ausgeschmückt, welche entweder auf alten Portraits an den Wänden eines Zimmers oder in Form von schauderhaften Figuren und makaberen Statuetten auf den Regalen und dem Kaminsims Position beziehen.
Das einprägsamste Todesmotiv ist jedoch ein furchterregender Anblick, der sich dem jungen Allan Grey zu Anfang des Films am nebelverhangenen Ufer eines träge vor sich hinströmenden Flusses unterbreitet: Am Flussufer steht ein Mann, gehüllt in einen langen Mantel und mit einem breiten Hut auf dem Kopf, der eine Sense in der Hand trägt und die Glocke für den Fährmann läutet. Allan scheint im Angesicht dieses Mannes große Angst zu verspüren und flüchtet sich vor der geisterhaften Erscheinung in ein nahegelegenes Gasthaus. Dies ist das erste Mal, dass Allan im Verlauf des Films mit seinem eigenen Tod konfrontiert wird, denn die unheimliche Gestalt am Flussufer symbolisiert offenkundig keinen Geringeren als den Sensenmann, den Gevatter Tod, höchstpersönlich. Der Fluss nimmt hierbei als eine Referenz zum Totenfluss Styx, welcher laut der griechischen Mythologie die Seelen der Verstorbenen in die Unterwelt transportiert, ebenfalls eine essenzielle Rolle ein. Folgt man diesem Denkansatz, so hat der fleischgewordene Tod, der die Glocke des Fährmannes betätigt, mutmaßlich nichts anderes im Sinne, als Allan darauf aufmerksam zu machen, dass für ihn die Zeit gekommen ist, in die Welt der Toten überzusetzen. Es hat, im wahrsten Sinne des Wortes, sein letztes Stündlein geschlagen. Doch Allan ignoriert diesen Aufruf und klammert sich weiterhin an seiner verblassenden Existenz fest.
Wie der Film mehrfach bekräftigt, befindet sich der Charakter des jungen Allan Grey auf der Durchreise. Hierbei handelt es sich allerdings weniger um eine Reise im eigentlichen Sinn, sondern mehr um den Übergang von Allans rastlos umherstreunender Seele zwischen seinem alten Leben und dem unvertrauten, kalten Tod. Es ist daher nur allzu verständlich, dass sich der junge Mann vor der absoluten Endgültigkeit des Todes fürchtet und deswegen verzweifelt versucht, sein Dahinscheiden abzuleugnen. Das Gasthaus, in dem er sich im ersten Filmdrittel aufhält, könnte des Weiteren als eine Verbildlichung seiner aktuellen Situation gedeutet werden. Ein Gasthaus wird in der Regel für einen kürzeren Aufenthalt während einer Durchreise genutzt - in Allans Fall also der Durchreise von seinem irdischen Dasein bis hin zum Jenseits - und erfüllt darüber hinaus die Aufgabe, ein Zuhause zu imitieren, ohne dabei wirklich ein Zuhause zu sein. Nicht viel anders lässt sich die Zwischenwelt beschreiben, in der sich unser Protagonist wiederfindet: Sie stellt eine Kopie der ihm bekannten Welt dar, ist aber letztendlich nichts als eine Nachahmung und in vielen Details weit unheimlicher und schattenhafter, als es die Realität je sein könnte.
Geradezu kafkaesk mutet die Welt an, in der sich die Handlung von "Vampyr - Der Traum des Allan Grey" abspielt. Es ist eine Welt, in der Realität und Fiktion miteinander verschwimmen, in der menschliche Schatten beginnen, ein groteskes Eigenleben zu führen und in der leibhaftige Vampire des Nachts ihr spukhaftes Unwesen treiben. Das ist die Welt, in der Allans verträumte Seele umherirrt, von Illusionen geplagt und immer noch nicht befähigt, ihr endgültiges Schicksal anzuerkennen. Und es ist den für damalige Zeit überragenden Spezialeffekten zu verdanken, dass "Vampyr - Der Traum des Allan Grey" selbst heute noch, mit einem stolzen Alter von mehr als 80 Jahren, verblüffend viele optische Schauwerte bietet.
Auch die Kamera verhält sich überraschend agil. Passend zu Allans Wanderung durch die geisterhafte Zwischenwelt springt auch sie, durch oftmals schnelle Kameraschwenks, in stetiger Bewegung hin und her. In einer Szene im Schlussteil filmt die Kamera sogar aus der Egoperspektive, wodurch einerseits das Tempo und die subtile Atmosphäre des Films in exponentiellem Maße zunehmen, auf der anderen Seite zielt aber vor allem der Point-of-View-Shot darauf ab, den Zuseher in das Geschehen zu involvieren, ihm praktisch einen Spiegel vor die Nase zu halten, ihm förmlich entgegenzurufen: "Sieh dir das an, so könnte es dir eines Tages auch ergehen. So könnte es uns allen eines Tages ergehen."
In Anbetracht der Tatsache, dass wir hier von Dreyers erstem Tonfilm reden, beinhaltet "Vampyr - Der Traum des Allan Grey" immer noch auffällig viele Merkmale des Stummfilms. Angefangen bei den Zwischentiteln, über das äußerst körperbetonten Schauspiel der Akteure bis hin zur allgemeinen Dialogarmut des Films - gesprochen wird hier nur sehr selten und wenn, dann in der Regel nur in einer leisen, gedämpften Stimmlage. Dieses Mittel setzt Dreyer ausgesprochen effektiv dazu ein, seinen Film noch mehr von der Realität loszulösen und in ein traumähnliches, surreales Ambiente einzubetten. Das Fehlen an gesprochenen Worten ist außerdem eine akustische Darstellung der buchstäblichen Totenstille, also der tristen Stille nach dem Tod; nach Allans Tod.
Die letzte Station, die Allan auf seiner Durchreise passiert, ist ein altes Schloss, welches von diesem Punkt an als wichtigster Handlungsort des Films fungiert und in dem der junge Mann erneut seinem Lebensende ins Gesicht blicken muss. Nicht anders als das Gasthaus vom Filmbeginn, hat auch besagtes Schloss eine symbolische Funktion inne und dient zu mehr als lediglich der Visualisierung einer beklemmenden Atmosphäre. Das Schloss repräsentiert, als ein Ort des Prunks, des Wohlstandes und des Exzesses, den materiellen Reichtum und die leiblichen Freuden des Lebens, verbildlicht gleichzeitig aber auch dessen unermessliche Größe und Komplexität. Angesichts dieses Bauwerks fällt es Allan zusehends schwerer, sich von der Fülle seines irdischen Seins zu trennen. Er wirkt im Laufe des Films immer verstörter, torkelt unbeholfen und unsicher mit emotionsloser, maskenähnlicher Mimik durch die Szenerie und wird zusätzlich erschüttert durch den plötzlichen Tod des Schlossbesitzers, dem er unfreiwillig beiwohnen muss. Dies ist Allans nunmehr zweite Konfrontation mit dem Tod, doch auch dieses Mal wendet er sich davon ab, denn nach wie vor will er die Wahrheit nicht anerkennen.
An dieser Stelle kommen nun die Vampire ins Spiel, welche die eigentliche Prämisse von „Vampyr - Der Traum des Allan Grey“ ausmachen. Auf den ersten Blick wirken diese jedoch eher stümperhaft und unpassend in die Handlung integriert, wollen sie doch beim besten Willen nicht zur Thematik des Films passen. Schaut man allerdings genauer hin, so entpuppen sich gerade die Vampire als eine Instanz, die den entscheidendsten Teil zu Allans Reise beiträgt. Die Rolle der Vampire ist jedoch ziemlich kryptisch und um diese zu entschlüsseln, sollte man zuerst die Beschaffenheit eines Vampires nach Dreyers Inszenierung verstehen. Laut dieser werden böse Menschen nämlich nach ihrem Tod zu Vampiren verwandelt, steigen aus ihren Gräbern empor und beginnen damit, ein zweites Leben zu führen.
Die Vampire stellen also ein Bindeglied zwischen dem Totenreich und der Welt der Lebenden dar, weswegen sie auch in der Zwischenwelt umherwandeln können, in der sich die Handlung des Films ereignet. Viel wichtiger ist jedoch ihre Bedeutung für Allan selbst: Für ihn bekräftig die bloße Existenz eines Vampirs die Tatsache, das Leben und Tod nicht zwangsweise inkompatibel sein müssen. Ein Vampir ist de facto bereits tot, kann jedoch immer noch ein relativ normales Leben führen, das sich nur wenig von seinem vorherigen Dasein unterscheidet. Dadurch wird die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tod oder wenigstens einer Weiterexistenz der Seele in Allans Gedanken eingepflanzt, wodurch der Tod für ihn vieles von seiner schrecklichen Endgültigkeit einbüßt.
Bekräftigt durch diese beruhigende Vorstellung, begibt sich Allan im finalen Abschnitt des Films endlich auf die Schlussetappe seiner Reise. Dabei wird er ein letztes Mal mit seinem Ableben konfrontiert; er sieht sich selbst in einem Sarg liegen und wohnt ein Stück weit seiner eigenen Beerdigung bei. Und während er zu Beginn noch verwirrt auf seine eigene Leiche hinabblickt, so verwandelt sich diese Verwirrung sehr bald in bittere Erkenntnis und schließlich, nachdem er selbst in die Rolle des Toten schlüpft, in Akzeptanz. Der letzte Schritt zu dieser Akzeptanz stellt Allans Marsch zum nahegelegenen Friedhof dar. Er entfernt sich dabei von dem Schloss, also seinem vergangenen Leben und begibt sich zu seiner letzten Ruhestätte. Zusammen mit der dort begrabenen Vampirfürstin tötet er abschließend auch die letzten in ihm keimenden Zweifel und tritt erhobenen Hauptes dem Ende seines Schicksals entgegen.
Und dieses Ende findet genau dort statt, wo der Film auch beginnt - an dem Fluss, vor dem sich Allan zuvor noch fürchtete und der den Übergang aus der Zwischenwelt in das große Unbekannte ermöglicht, das danach kommen mag. Rasch gleitet Allan mit einem kleinen Boot über die leicht wogenden Wellen des Flusslaufes, wird von einer sanften Strömung hinfortgetragen und gelangt schließlich an ein von dichten Nebelschwaden vermummtes Ufer. Ohne zu zögern setzt er über. Und mit seinem ersten Schritt von dem Boot auf das unbekannte Festland, verlässt er gleichzeitig auch die Welt des Lebens und tritt über in die geheimnisvolle Welt des Todes.
Nächstes Mal dann: „Cheap Thrills“.
Zwei Episoden der sechsten Staffel habe ich nun gesehen und bereits nach den ersten Minuten von Folge 1 war mir eines klar: "American Horror Story" erfindet sich mal wieder komplett neu.
Über die vorangegangenen Staffeln der Horrorserie haben die gleichen Schauspieler unterschiedliche Rollen verkörpert. In "American Horror Story: Roanoke" wird dieses Prinzip nun invertiert, denn hier spielen unterschiedliche Schauspieler die gleichen Rollen. Damit liefern die Drehbuchautoren nicht nur eine interessante Basis für die aktuelle Staffel, sondern betreten gleichzeitig innerhalb des Horrorgenres nahezu inszenatorisches Neuland.
Nach zwei gesehenen Episoden will ich noch nicht zu viel erwarten, schließlich nimmt die Qualität auch in "Coven" und "Freak Show" über die Staffel hinweg stark ab, aber vielversprechend ist der Start von Staffel 6 allemal. Und ohne mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, kann ich ziemlich deutlich wittern, dass hieraus etwas Großes werden könnte.