Nonkonformist - Kommentare

Alle Kommentare von Nonkonformist

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    22:17 Uhr.

    Ich fahre durch das regnerische Münster nach Hause, es ist warm, doch ungemütlich, aus meinem Autoradio erhellt Sturgill Simpsons "The Dead Don't Die" die Stadt, die wie leer gefegt ist. Ein paar wenige Menschen sitzen noch in den Bars der Stadt, einsame Seelen an einem Mittwochabend allein am Tresen, im Bier ihre Zuflucht findend. Countrytöne auf den leeren Straßen, eine Wüste in der Stadt, die kurze Zeit später komplett verstummt. Kein Sturgill Simpson mehr, nur noch ich, meine Gedanken, viele Fragen.

    Als ich 2011 meine Jarmusch-Box in den Händen hielt und in wenigen Tagen systematisch alle neun Filme abarbeitete fiel mir schnell auf, dass mit der voranschreitenden Zeit mein Interesse an den Filmen geringer wurde. Mir gefiel das unperfekte, rohe Frühkino Jarmusch, während mir die späteren Filme, wie"Broken Flowers" zwar nett erschienen, aber eben auch nicht mehr, sie letztendlich nicht wirklich besonders waren.

    Adam Driver und Bill Murray.
    Steve Buscemi und Tilda Swinton.
    Tom Waits und Iggy Pop.
    RZA. Selena Gomez.

    Es ist schwer nicht davon zu reden, dass sich bei Jarmusch längst die Stars die Klinke in die Hand geben. Alte Freunde und lange Wegbegleiter, Wiederkehrer in seinen Filmen und doch gewiss alles andere als Namen, die nicht unmittelbar Erwartungen an einen Film hegen. Mich nervt das eher, ist es erfahrungsgemäß eher selten ein gutes Zeichen, wenn ein Film (auch) von den Namen seiner Darsteller lebt, statt von seinem Inhalt und dem, was er dem Zuschauer vermitteln möchte. Komisch erscheint es, wenn man sich dann die Rollen der einzelnen Darsteller anschaut, einem bewusst wird, dass jeder einzelne eine absolut perfekt auf ihn zugeschnittene Rolle spielt und auch die weniger bekannten Nebendarsteller (Caleb Landry Jones!) wunderbar in das Gesamtwerk passen.

    Vieles wirkt experimentell, anders, so als wenn Jarmusch einfach mit ein paar Wegbegleitern Spaß am Set haben wollte, das Ganze selbst nicht zu Ernst nahm. Anders als in vielen anderen Zombiefilmen werden diese hier nicht als selbstverständlich angesehen, sondern als etwas, dass es doch unmöglich geben könne, wie Fantasie in einem Film, der eigentlich realistisch ist. Einer, dessen Ende ja bekannt ist, da Adam Driver ja das Drehbuch gelesen habe, wie er uns, die vierte Wand durchbrechend, gerne mitteilt. Mich stört das nicht, so befremdlich es auch erscheint, hat mir doch der sich durch den ganzen Film ziehende Humor in "The Dead Don't Die" durchaus gut gefallen. Auch das durchbrechen der vierten Wand ist legitim, doch sicherlich nicht jedermanns Sache, so erstaunlich passend ich es in dem Film auch durchaus fand.

    Soundtrack, Humor und Besetzung gefallen, vieles gefällt und doch wird es Jarmuschs neuester Film schwer haben bei meinem regisseurinternen Ranking seiner jetzt dreizehn Spielfilme auch nur einen Platz unter den besten Zehn zu bekommen. So sehr mich der Film auf meiner Heimfahrt auch begleitete, so sehr ich darüber auf den nassen Straßen der leere Stadt nachdenken musste, so wenig bleibt vom Film, wenn man ihn erstmal sacken lassen hat. Experimentierfreude ist nicht automatisch verwerflich - in diesem Ausmaß aber etwas, an dem man sich schnell übernimmt. Ich weiß, dass ich den Film wie alle Jarmusch-werke in ein paar Monaten noch einmal daheim mit etwas Abstand sehen werde, auch aber, dass mir die UFO-Sequenz auch zukünftig übel aufstoßen wird, da sie unpassender kaum sein könnte. Ich weiß, dass die augenscheinliche Tiefgründigkeit in Tom Waits' Abschlussworten auch in Zukunft nichts an Ihrem Übermaß an Pathos verlieren und die Frage was aus den drei Kindern wird und welchen Sinn dann ihre ganze Sequenz hat, unbeantwortet bleiben wird.

    Ich ziehe mir gerne das Gute aus den Filmen, fokussiere mich auf die für mich positiven Aspekte, werde auch in Zukunft zu Sturgill Simpsons Klängen durch die Stadt fahren und doch wenn ich Adam Driver in der Rolle eines Paterson sehen will zu einem anderen Werk greifen.

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      Nonkonformist 18.06.2019, 09:37 Geändert 18.06.2019, 11:32

      Schaut man sich meine Wohnung genau an, sieht man bis an die Decke gestapelte Berge an Filmen, eine nicht zu verachtende Anzahl an Büchern (auch wenn diese noch immer viel zu wenig sind) und Schallplatten, sowie ein paar Videospiele. Vielleivht erscheint man so schnell wie ein Nerd, ein Technikfreak, gefangen in virtuellen Welten ohne Bezug zur Realität. Ich hatte immer Angst davor, Angst davor irgendwann nur noch vor Bildschirmen zu sitzen, mit dem Gedanken an das nächste Level, die nächste Serienepisode ins Bett zu gehen und mich zu isolieren in meiner eigenen Welt.

      Heute bin ich isoliert, treffe außerhalb meiner Arbeit nahezu niemanden und verbringe regelmäßig ganze Wochenenden vollkommen allein. Bloß, dass die Beweggründe andere sind, ich nur selten Menschen vermisse und Freunde zwar existent aber in weiter Ferne sind. Ja, zugegeben, ich gucke gerne und viele Filme, mittlerweile auch nahezu alles, ob moderne Highschool-Komödie oder dreistündige Dramen aus den 60ern, doch der oberflächliche Eindruck hinter der Fassade täuscht gerne.

      "Wovon träumt das Internet?" ist, wie bei Herzog üblich, eine wundervolle Kombination aus Information und herzog'scher Exzentrik, zwischen "wie entstand das Internet?" und "kann Technik sich ineinander verlieben?", zwischen Realität und Träumereien. Was mir auffiel war, an welchen Herzog drehte, sieht man hinter den Bildschirmen der interviewten Personen, oft exzellent ausgebildete Informatiker, oft beeindruckende Natur, Berge, Seen, fast als sei dieses hintergründige Paradoxon Inspiration für jene hervorragende Arbeiten.

      In den Sommermonaten verbringe ich wahrlich nicht gerne Zeit im Haus, mag aber auf die von mir geliebten Dinge nur ungerne verzichten. In den Abendstunden wandere ich durch die Natur oder gehe joggen, bemüht meine 10.000 Schritte am Tag trotz meines Bürojobs zu erreichen und schaue anschließend in meiner Hängematte liegend draußen Filme. Alles ist grün, drinnen und draußen, Pflanzen gegenwärtig wie diese wundervolle Kunstform, hat mich das doch alles schon immer mehr interessiert als die Technik als solche.

      Obwohl ich nun im Grunde mein halbes Leben mit Filmen verbringe, interessierte mich nie die Theorie, die Technik dahinter. Ich weiß nur in Grundsätzen wie Filme entstehen, wie sie restauriert oder synchronisiert werden, verstehe nicht viel von Lizenzvergaben oder Preisverleihungen, habe ich mich mit den Hintergründen wahrlich nur selten beschäftigt. Ich wollte Hobby nie zum Beruf machen und das Hobby immer mit einer möglichst naiven Schönheit betrachten, ohne über jede Belichtung, jedes kleinste Detail nachdenken und die Dinge allzu sachlich betrachten zu müssen. Vielleicht auch hat mich Herzogs Film über das Internet deshalb immer weniger interessiert als Forschungsstationexkursionen oder seine Widmung an mit Bären lebende Exzentriker.

      Doch Herzog wäre nicht er, wenn er nicht weitergehen würde, den Kern des Themas betrachtet, ihn kurz anschneidet und sich dann bewusst um ihn herum bewegt. Fragen stellt, die erst einmal unkommentiert bleiben, über die genauer nachgedacht werden muss, wie die Fragen eines kleinen Kindes, was die Welt verstehen möchte, nicht merkend, dass es nicht auf alles immer unmittelbar eine passende Antwort gibt. Ich mag das, höre Herzog gerne zu, wie er seine eigenen Blickwinkel hat und versucht nicht noch eine langweilige Doku über ein Thema zu machen, das schon zahlreich beleuchtet wurde.

      Die Faszination in den Dingen liegt immer dort, wo man sie selbst finden möchte. Unweigerlich.

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        Nonkonformist 11.06.2019, 22:39 Geändert 12.06.2019, 15:42

        Mit 19 habe ich mit meiner Mathe-Lehrerin zwei Stunden nach der Unterrichtsstunde gesprochen, um ihr mitzuteilen, dass sich die Schüler vor ihr fürchten, sie herablassend und oft persönlich ist, nicht fair ist. "Du bist der sozial kompetenteste Schüler, den ich je hatte" sagte sie mir.

        Zwei Jahre danach hatte ich ein anderes Gespräch, ähnliche Zeit, ähnlicher Ort, mit einer anderen Lehrerin, die erbost war über mich, mich zum Problemschüler ausgemacht hatte und nicht mehr wusste, wie sie die unüberwindbaren Probleme mit mir und einigen Mitschüler bewältigen sollte.

        Ich verstehe vieles nicht, obwohl ich stets achtsam bin, stets versuche die Feinheiten hinter der Oberfläche zu beobachten. Menschliche Verhaltensmuster zu studieren, das Aufeinandertreffen sich fremder Personen zu analysieren. Die sich plötzlich streitenden Personen an der Kasse am Supermarkt, der freundlich grinsende Herr der in der engen Einkaufsstraße auch nicht weiß, ob nun er oder ich zur Seite gehen soll. Die Komplexität hinter den Dingen reizt mich, wohl wissend, selbst immer ein schwieriger Charakter gewesen zu sein.

        In einem fremden Land trampen, aber keine schöne Frau ansprechen können, ich in meiner Paradoxie, als Mensch mit Gegensätzen, ein in mir ruhender Fluss, der selten die Ruhe verliert, ein tobender Orkan, für den innere Ausgeglichenheit dennoch stets ein Fremdwort bleibt.

        Einige Monate habe ich mit meiner Mutter nach der Trennung meiner Eltern nicht gesprochen, nicht verstanden, wie sie sich auch von uns so abwenden konnte, sie so befremdlich werden konnte, als sein wir verantwortlich für das, was geschehen war. Zeit heilt Wunden sagt man und so schwierig das mit den Sprichwörtern ist, so richtig ist dies in jenem Fall. Es gibt da keine Probleme, keine Unstimmigkeiten größeren Umfangs mehr, auch weiß ich aber nicht, wie lange ich nicht mehr mit meinem Vater gesprochen habe. Die Annäherung ihr gegenüber war die Entfremdung ihm gegenüber wie ein Tauziehen bei dem man sich für eine Seite entscheiden muss.

        Ich sehe Wong kar-Wai.
        Ich sehe Kieslowski.
        Ich sehe Aufnahmen wie aus einem Musikvideo.

        So aalglatt, so formvollendet.

        Doch wie, wie nur, kann jemand in dem Alter so eine Lebensreife besitzen, sein Handwerk so gut verstehen? Wie kann er einen Charakter erschaffen, der nicht greifbar und doch so nah ist?
        Mir ist es egal, wie sehr mein Kopf sagt, dass das alles weit weniger spektakulär, weit weniger gut ist als meine Bewertung es gerade aussagt, meine Wertung möglicherweise eine Frechheit gegenüber manchen anderen Filmschaffenden, deren Werke ich schlechter bewertet habe ist, solange ich voller Faszination mehr merke, wie unfassbar gut mir "I killed my Mother" getan hat. Visuell, inhaltlich, als Mensch, als Filmfanatiker mit dem ewigen Kampf gegen eine schwindende Leidenschaft, als jemand, der mittlerweile ewig suchen muss um mal einen Film zu finden, der ihn wirklich fesselt.

        "Jeder Mensch ist liebenswert, wenn er wirklich zu Worte kommt."
        Hermann Hesse

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          Hola liebe Moviepiloten,
          auch wenn ich aktuell wenig aktiv bin und auch nur wenig Filme schaue (, was zuletzt vor allem daran lag, dass ich viel gearbeitet habe und viel gereist bin), an dieser Stelle ein kurzer sachdienlicher Hinweis, dass sich derzeit ein Blick in die ARTE-Mediathek lohnt. Auch wenn ich vor etwa einem Jahr meine Aussage, irgendwann nur noch Filme aus Mediatheken schauen und weniger kaufen zu wollen, eher bewusst etwas zu überspitzt ausgedrückt habe, macht mein derzeit geringer Filmkonsum, die über die Jahre gesammelten Filme aus Mediatheken und die derzeit herausragende Auswahl das aber tatsächlich möglich.

          Aktuell in der ARTE Mediathek zu sehen sind u.a.:

          - Die mit der Liebe spielen (Michelangelo Antonioni)
          - Land and Freedom (Ken Loach)
          - Hände über der Stadt (Francesco Rosi)
          - Arme Millionäre (Dino Risi)
          - die Vier Jahreszeiten-Reihe (Eric Rohmer)
          - Das Biest muss sterben (Claude Chabrol)

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            Ich war nie in Schweden, habe keine Ahnung wie schön Kroatien ist und habe auch noch nie den Geruch des Mittelmeeres einatmen dürfen. Nun, meine Eltern sind wohl einfach nie besonders wohlhabend gewesen, hatten immer nur gerade so genug Geld für das Wichtigste und wenn es dann doch einmal in den Urlaub ging, war es meist die deutsche Nord- oder Ostsee als das ferne Ausland. Für uns Kinder war das egal, da es uns nie so bewusst gewesen war, doch als später Freunde von der Schönheit ferner Länder erzählten, die wir nur aus Büchern oder aus Filmen kannten, war es schon so ein wenig so, als sei die Schönheit der Welt im eigenen Leben unter präsentiert.

            Zugegeben, in meiner Jugend und auch noch mit Anfang 20 war mein Bedürfnis die Welt zu erkunden gering gewesen, ich fühlte mich wohl wo ich daheim war und genoß es in den Sommerferien stundenlang im Garten mit einem guten Buch zu sitzen und die zahlreiche Natur, die mich unmittelbar umgab zu erkunden. 2013, längst erwachsen, fuhr ich mit meinem alten Fiesta alleine bis an die Nordsee und empfand es als ein unglaubliches Abenteuer, weil es neu und fremd für mich war, ich nie unterwegs gewesen war, während andere bereits Austauschjahre in Australien oder Neuseeland hinter sich hatten oder Jahr für Jahr die Schönheit dieser Welt erkundeten.

            Ein Hindernis war dabei für mich immer gewesen, dass ich neben begrenzten finanziellen Möglichkeiten auch einen an Überschaubarkeit kaum zu übertreffendes soziales Umfeld hatte, nur ein paar wenige Freunde, die ich auch nur unregelmäßig saß und mit denen ein gemeinsamer Urlaub ebenso wie die Urlaubsziele in weiter Ferne lag. Ich laß Kerouac, Jack London, sog voller Faszination "Into the Wild" in mich auf und begann mich immer mehr für andere Kulturen zu interessieren, guckte Dokus über Dokus, las Reisebücher und durchstöberte Internetforen, doch vergaß, dass man sich bewegen muss, um etwas von der Welt zu sehen. Ein bisschen zumindest, irgendwie, einen Anfang finden, ganz unabhängig wie es mit den eigenen Möglichkeiten aussieht.

            Vielleicht lernt man mit der Zeit wie das mit dem Alleinsein funktioniert. Vielleicht lernt man, was Unabhängigkeit bedeutet und, dass es auch eine Form der Freiheit ist, an niemanden, nichts gebunden zu sein, raus zu können, wann immer es einem die eigene Freizeit erlaubt.

            Anfang letzten Jahres, mitten im tiefsten Winter packte mich die Reiselust und ich entschied spontan mir ein paar Tage Auszeit zu genehmigen, während ich erneut Internetforen durchsiebte und mich kurzum entschloss einfach loszufahren. Am nächsten Morgen saß ich im Zug nach Kopenhagen, nicht viel mehr im Kopf, außer, den Namen des Hostels in dem ich unterkommen würde und ein paar, sehr ungenaue Informationen über eine Stadt, die ich zum ersten Mal sehen sollte. Dann eben drei Tage Kopenhagen, irgendwo musste man ja anfangen, ganz egal wie fremd einem das auch mit Mitte 20 noch immer auf erschreckende Weise war. -6 Grad zeigte das Thermometer an diesem eher kühlen Mittag, als ich aus dem Zug stieg, Kälte, die ich zwar erwartet hatte, die mich aber dennoch zu überraschen vermochte, weil -6 Grad eben einfach nicht die idealste Temperatur war, um eine Städtetour zu unternehmen.

            Und doch lernte ich schnell mich zu organisieren, durchforstete die Stadt zielgerichtet auf Empfehlungen, die ich zwischen Touristeninformationen, Wegweisern und den Gesprächen anderer Reisender aufschnappte. Ha, wie einfach das doch eigentlich war, wie sehr mein Kopf mir (wieder einmal) Steine in den Weg legte, mich fesselte an meine Wurzeln, die doch längst immens gereift waren. Ich war selbstständig, immer schon, ebenso wie ich mein ganzes Leben lang ein Einzelgänger gewesen bin, wissbegierig und mit dem steten Drang neues zu entdecken. Nur eben, dass es meist das war, was sich direkt von meiner Haustüre befand.

            Zwei Wochen nach meiner Rückkehr, durchforstete ich meinen Terminkalender, bereits wissend, dass ich weitermachen wollte, zwar (noch) nicht in die große Ferne, aber bereit für die Schönheit der umliegenden Länder. Auf Kopenhagen folgte noch im letzten Jahr Amsterdam, und Anfang diesen Jahres dann eine kleine Reise, die ich allein' nach Sylt unternahm. Vielleicht habe ich, wie man so schön sagt, endlich "Blut geleckt". Vielleicht aber profitiere ich dabei auch von einem viertel Jahrhundert (nahezu) vollständiger Reiseabstinenz, ist jeder Kilometer den meiner weiter fährt doch faszinierender, wenn einem die große Welt noch vollkommen fremd erscheint. Irgendwie zumindest. Und man lernt, wie normal es doch ist, auch zwischen Menschenmengen unabhängig genug zu sein um alleine zu reisen, auch alleine in einem Café zu sitzen und Menschen zu beobachten, auf das Meer zu schauen und mit Menschen in Kontakt zu kommen, die auch ohne Reisebegleitung auf irgendeine Weise an genau diesen Ort zu genau dieser Zeit gelangt sind.

            Als ich auf meiner Rückreise aus Sylt einen Zwischenstopp in Hamburg einlegte, tauschte ich mich fast eine Stunde mit einem älteren Herren aus dem Vietnam aus, der gerade eine Scheidung von seiner Frau durchlebte, und jetzt endlich alles machen könne, was er schon immer habe machen wollen. Ich reise zwei Wochen lang durch Europa, erzählte er mir, ich habe das schon immer machen wollen, aber konnte es nie. Freiheit. Vielleicht war das diese Freiheit, die ich immer hatte, aber nie sah, bis sie mir irgendjemand, der mehrere tausend Kilometer gereist war, auf diese Weise eindrucksvoll und unbewusst verdeutlichen musste. "It's an amazing place, Hamburg is awesome" erzählte er voller Faszination, während ich leise überlegte welche Orte wohl noch "awesome" sein würden.

            Heute, zwei Wochen nach meiner letzten Reise, wie bereits im vergangenen Jahr, nach meiner Rückkehr aus Kopenhagen, habe ich den nächsten Urlaub eingereicht und angefangen eine Rundreise durch Italien für den Sommer zu planen, zwei Wochen, quer durch ein Land, das mir ebenso fremd ist, wie die 99,9% dieser großen Welt, das ich aber, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wirklich lieben werde, weil es so reich an Kultur und Kulinarik ist, so wunderbar Natur und Architektur zu vereinen scheint. Wieder ein paar Kreuze mehr auf meiner kleinen Karte, die mittlerweile über dem kleinen Tisch neben meinem Filmregal hängt. Vielleicht bin ich einfach spät dran, habe für alles in meinem Leben etwas länger gebraucht, doch umso klarer wird mir auch, dass es nie zu spät ist damit zu anzufangen. Ciao, amici!

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              Endlich passiert mal etwas auf dem deutschen DVD-/Blu-Ray-Markt, was die Releases japanischer Klassiker angeht.

              Pfahl in meinem Fleisch erscheint unter dem englischen Titel "Funeral Parade of Roses" in zwei Wochen auf DVD von Rapid Eye Movies.

              Außerdem bekommt bald der Kaneto Shindo-Film "Die nackte Insel" zum ersten Mal in Deutschland ein Release, wenn auch nur in der "DEFA Filmjuwelen" ohne O-Ton, was aber in dem Fall nicht wirklich von Bedeutung ist, da es sich hier ja ohnehin (fast) um einen Stummfilm handelt.

              Zwar sind beide Filme auch in den UK erhältlich, aber so werden sie möglicherweise einem (zumindest etwas) größerem Publikum in Deutschland bekannt :)

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              • A - Apus Weg ins Leben: auf der Straße - Indien - 1955
                B - Bilder einer alten Welt - Tschechien - 1972
                C - Chunking Express - Hong Kong - 1994
                D - Die mit der Liebe spielen - Italien - 1960
                E - Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen - Frankreich - 1956
                F - Fahrraddiebe - Italien - 1948
                G - Die Geschichte der Nana S. - Frankreich - 1962
                H - Hiroshima mon amour - Frankreich - 1959
                I - Das Irrlicht - Frankreich - 1963
                J - Jules und Jim - Frankreich - 1962
                K - Ein kurzer Film über die Liebe - Polen - 1988
                L - Das Leben der Boheme - Finnland/Frankreich - 1992
                M - Mein Onkel - Frankreich - 1958
                N - Die Nacht - Italien - 1961
                O - The Only Son - Japan - 1936
                P - Persona - Schweden - 1966
                Q - Quer durch den Olivenhain - Iran - 1994
                R - Rocco und seine Brüder - Italien - 1960
                S - Sie küssten und sie schlugen ihn - Frankreich - 1959
                T - Taxi Driver - USA - 1976
                U - Die unschuldigen Zauberer - Polen - 1955
                V - Die Verachtung - Frankreich - 1963
                W - Wer hat Angst von Virginia Woolf? - USA - 1966
                X - Xur Sache, Schätzchen - Deutschland - 1968
                Y - Yi Yi - Taiwan - 2000
                Z - Zwischen Himmel und Hölle - Japan - 1963

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                  Nonkonformist 16.03.2019, 14:03 Geändert 16.03.2019, 14:09

                  Wie bei vielen anderen asiatischen Regisseuren auch ist mir das Kino des Hsiao-hsien Hou bisher gänzlich fremd (gewesen). Heute morgen sah ich zwei Frühwerke seines Schaffens und bin, obgleich die Geschichten beider Filme jetzt nichts grundlegend neues oder besonderes waren, bereits gefangen in dem Wunsch mehr von ihm zu sehen. "The Green, Green Grass of Home" begeistert mich, weil hier die audiovisuelle Stimmung einfach überragend ist. Kamerafahrten, Aufnahmen, der Soundtrack, ja sogar die Farbgestaltung, die rundum liebevolle Inszenierung ist schlichtweg so herausragend und versetzt mich fast automatisch in meine Kindheit, in die Zeit in der ich als Kind nach der Schule mittags vor dem Fernseher saß um irgendwelche japanischen Animes zu gucken, von unendlicher Schönheit und Unschuld. Vielleicht ist all' das Style over Subtance, diese Worte die ich immer so abwertend gesehen habe, wenn ich sie anderen Regisseuren vorwarf, aber hier bleibt einfach ein rundum zufriedenes, nostalgisches Gefühl, etwas, was ich so vorab in keinster Weise erwartet habe. Lange habe ich die Filme vor mich hin geschoben, weil ich etwas komplexes erwarten habe, etwas anstrengendes, doch stattdessen rauschten die Bilder wie beispielsweise bei einem Wong kar-Wai einfach über den Bildschirm, klar verdeutlichend, das hier ein Meister sein Handwerk verübt.

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                    Nonkonformist 09.03.2019, 23:22 Geändert 09.03.2019, 23:24

                    Ich mag, wie offenbar auch einige andere hier, das neue Design. Es ist schlicht. Und schön.

                    Ich mag die kleinen Veränderungen, die vorgenommen wurden nach dem ursprünglichen, grauenhaften "Upgrade". Mag, dass ich Filme wieder direkt oben auf der Seite bewerten kann, ich den Originaltitel wiedersehe und, dass die Bewertungen meiner Freude weiter oben stehen (so unfassbar bescheuert es auch immer noch ist nochmal zu klicken um alle Bewertungen zu sehen).

                    Ich sehe generell mittlerweile (jaja, dieser Gewöhnungseffekt) manches entspannter.

                    Und doch gibt es irgendwie so manch unnütze Dinge, die mich noch immer (oder mehr denn je) sehr stören.

                    Warum schreibe ich das unter Pulp Fiction?
                    Weil Pulp Fiction ein guter Beweis für eine kleine Neuigkeit im Rahmen des "Updates" ist, die ich grauenhaft finde. Sie ist nicht wichtig, aber sie stört mich, einfach weil sie vollkommen unnötig und falsch ist.

                    Es geht um die Labels.
                    Pulp Fiction, gedreht 1994, ist "total klassisch". Ja, sogar Fight Club, gedreht 1999, ist "total klassisch". Labels ins Leben gerufen für eine Netflix-Generation, die alles was älter als 10 Jahre ist als total alt und uncool empfindet. Aber wenn wir schon Filme aus den späten 90ern als klassisch bezeichnen, was ist dann erst mit den Filmen der 60er, 50er oder gar der Vorkriegsjahre? Warum wird hier Klassiker mit Kultfilm verwechselt und warum sind dramatische Dokumentarfilme wie Black Fish "jetzt schon kultig"?

                    Nur etwas, was mir auffiel und mich massiv stört. Wie die Werbung, die jetzt überall hier präsent ist. Obwohl, Werbung zwischen den Suchergebnissen, mittendrin und völlig deplatziert ist eigentlich "jetzt schon kultig".

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                      Nonkonformist 09.03.2019, 13:32 Geändert 09.03.2019, 13:43

                      Herbst 2013. Ich kam spät nach hause, als ich feststellte, dass der Wagen meiner Mutter und der meines Bruders nicht vor der Tür standen. Mein Bruder war gerade 18 geworden, viel unterwegs und ohnehin fast nie zuhause, ein beneidenswerter Zustand wie ich später merken sollte. Aus der Ferne sah ich das fast dunkle Haus, nur erhellt durch die kleine Lampe in der Küche, fast als habe jemand bewusst eine Lampe angelassen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass das Haus verlassen sei. Schon beim Betreten stellte ich fest, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien. An der weißen Wand waren auffallende rote Flecken, zunächst nur ein paar vereinzelte, später, je weiter ich Richtung Küche lief, immer mehr und immer größere. Irgendetwas stimmte nicht, irgendetwas musste vorgefallen sein in den zwei Stunden in denen ich nicht zuhause gewesen war. Wo waren alle und warum nur waren überall Flecken, die ganz offensichtlich Blut zu sein schienen?

                      Meine gesamte Kindheit war geprägt von Disharmonie, streitenden Eltern und einem Verhältnis zu meinem Bruder, das erst in unserer Jugend besser wurde. Oft hörte ich die Streitereien meiner Eltern, Diskussionen von denen wir offenbar nichts mitbekommen sollte, immer mehr merkte ich, wie mein Vater viel zu viele Stunden auf der Arbeit verbrachte und die Grundstimmung meiner Mutter sich zunehmend verschlechterte. Irgendetwas stimmte nicht, ich spürte das und hockte abends oft Ewigkeiten zu später Stunde mit dem Ohr an meiner Tür um herauszuhören, was genau die beiden zu verbergen versuchten. Damals, im Herbst 2013, ich war längst volljährig, wusste ich es noch immer nicht, nicht sicher jedenfalls, auch wenn die Anzeichen sich in den letzten Jahren immer mehr verdichtet haben. Es war nicht nur der Streit meiner Eltern, der wie ein Fluch über uns zu schweben schien, es war die Ursache jener Streitereien, die Schuld sein musste.

                      Völlig kraftlos zerrte ich die knapp 90kg meines Vaters die Treppen hinauf, bat ihn, vorsichtig einen Fuß vor den nächsten zu setzen, nicht wissend, wie ich mit der Situation sonst hätte umgehen oder generell wie sehr dieser Abend alles verändern sollte. Ich selbst wog nur gut 2/3 meines Vaters und hatte sichtlich Mühe ihn gegen seinen Willen die rund 20 Stufen bis ins Obergeschoss zu befördern. Was sonst aber hätte ich machen können, wie sonst reagieren sollen? Niemand war zu erreichen gewesen, mein Bruder noch immer unterwegs und meine Mutter offenbar mit ein paar Freundinnen essen, nicht ahnend, was sich zwischenzeitlich hier abgespielt hatte. Auch ich wusste es noch nicht bis ins Detail, sah nur das viele Blut, das mit einer Blutlache in der Küche endete, die dicke Wunde am Schädel meines Vaters und die Reste des Vodkas, der sich langsam auf dem Küchenboden ausbreitete.

                      Das war es, das hatte ich all die Jahre nicht erfahren dürfen, das war die Ursache zahlreicher Streitereien und Geheimnisse, das der Grund, wegen dem sich meine Eltern nur ein halbes Jahr später endgültig scheiden lassen sollten. Mein Vater war ein Alkoholiker, einer der in der Frühphase meiner Kindheit wegen Trunkenheit am Steuer 2 Jahre lang seine Fahrerlaubnis verlor, einer der gegenüber meiner Mutter aggressiv wurde, wenn wir im Bett waren und wegen dem Kindermädchen gefeuert wurden, weil ihnen vorgeworfen wurde, sie hätte den Alkohol aus dem Keller entwendet. Es war ein Dilemma und noch dazu ein grauenhaftes Deja Vu für meine Mutter, die mit 16 von zuhause flüchten musste, als sie die andauernde Trunkenheit ihrer sich streitenden Eltern nicht mehr auszuhalten wusste.

                      Mühevoll wischte ich den Flur, die Küche, jede einzelne Stufe sauber, füllte ganze Küchenrollen mit Blut und versuchte die 21 Jahre in meinem Leben aufrechterhaltende Illusion der Unschuld auch an diesem Abend zu bewahren. Auch den Vodka wischte ich auf, behielt jedoch die einzelnen Bestandteile der inzwischen fast leeren Vodka-Flasche mitsamt den von der Küche geschossenen Fotos für spätere Diskussionen über diesen Abend auf, als ich hörte, wie das Schloss der Haustür aufging. Warum erst jetzt, dachte ich, warum erst jetzt, zu meiner Ernüchterung zudem feststellend, dass es nur mein Bruder, nicht aber meine Mutter war, der wieder nach Hause zurückgekehrt war. Schnell machte ich mich auf leisen Sohlen auf, um nicht gesehen zu werden, ging meinem Bruder aus dem Weg und verkroch mich in mein Zimmer, nicht wissend, ob und wie ich ihm all das erzählen sollte.

                      Stundenlang redete ich am kommenden Tag in Abwesenheit meines Bruders und Vaters mit der Person, die all die Jahre unter der Situation am meisten zu leiden hatte und erfuhr grauenhafte Details eines seit Jahrzehnten bestehendem Problems im Leben meines Vaters. Schon damals, vor diesem Abend, war das Verhältnis zu meiner Mutter besser als das zu meinem Vater gewesen, schon damals hatte es Andeutungen gegeben, die wir nur nicht ganz richtig einzuordnen wussten. Vielleicht musste das passieren, vielleicht brauchte es diesen Abend, damit auch meine Mutter realisierte, dass so weiterzuleben keine Option mehr sein konnte. Anders als zuvor redete sie jetzt offen davon, erzählte Freunden und Familien von nicht zu bewältigenden Problemen und setzte im Hintergrund alles daran die Trennung von meinem Vater in Gang zu setzen. Hinter seinem Rücken suchte sie sich einen zweiten Job, legte Geld zur Seite und besichtigte Wohnungen, rede erst später vom Auszug und hatte dann weniger als eine Woche danach ihre Sachen gepackt.

                      Manchmal denkt man sich, dass solche Momente im Leben eines Menschen etwas ändern, er lernt und begreift, merkt, dass die Fortsetzung der bisherigen Lebensumstände die schlechteste aller Optionen ist. Nun, in seinem Fall galt dies ganz offensichtlich nicht. Mein Vater trank noch immer, immer häufiger in einem Ausmaß, das einen Kontrollverlust zwangsläufig auslösen muss, um ihm auch noch das letzte bisschen Hoffnung auf ein besseres Leben in Zukunft zu nehmen. Auch fünfeinhalb Jahre nach diesem Abend hat sich nur wenig daran geändert, außer, dass seine Einsamkeit und die gesundheitlichen Folgen weiter zunahmen. Drei Mal bekam ich im vergangenen Jahr einen Anruf meines Bruders, dass es wieder passiert sei, drei Mal rief ich aus der Ferne den Krankenwagen, da es sonst keiner gemacht hätte. "Ich kann das nicht mehr", sagte ich ihm, "ich kann mir selbst nicht mehr immer dieses Leid antun, er ist erwachsen und wird sich nie ändern, du weißt, was wir alles in den vergangenen Jahren versucht haben."

                      Gespräche und Beratungsvorschläge, Gespräche und die Kontrolle, dass er nicht wieder heimlich trinkt, Offenheit mit dem Thema und immer und immer wieder weitere Gespräche hatten auch nach Jahren keinerlei Früchte getragen. Der Alkohol blieb sein Laster, nahm ihm erst seine Frau und dann auch seine neue Freundin, sowie zunehmend seinen älteren Sohn. Wie soll man einen Menschen lieben, der alles in seinem Leben gibt um die jahrelange Disharmonie weiter aufrecht zu erhalten, wie einen Menschen lieben, der es mit Mitte 50 oft nicht einmal mehr schafft normale Konversationen zu führen, wie jemanden, der die Geburtstage seiner Kinder vergisst, weil die Flaschen ihm ein besserer Freund waren?

                      Winter 2019. Ich fuhr spät abends nach mehreren Monaten wieder einmal nach hause, als ich feststellte, dass Wagen meines Bruders und der meiner Mutter nicht mehr vor der Türe standen. In der Küche leuchtete immer noch nur die kleine Lampe, fast als wäre die Zeit stehen geblieben, fast wie damals, als ich erst wenige Minuten später von der Realität erfahren sollte.

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                      • Nonkonformist 23.01.2019, 12:31 Geändert 23.01.2019, 12:34

                        Aus gegebenem Anlass mache ich hier mal einen Sammel-Kommentar für eventuell zukünftig primär auf anderen Filmseiten (Letterboxd; IMDB; OFDB; ...) aktive Mitglieder (oder natürlich einfach um auch dort befreundet sein zu können) - zum Austausch der Accountdaten etc.:

                        Ich mache einfach mal den Anfang, da ich wohl fortan vor allem dort online sein werde:

                        Letterboxd:
                        https://letterboxd.com/Nonkonformist/

                        IMDB (bin nicht sicher, ob man da Leuten folgen kann):
                        https://www.imdb.com/user/ur66142573/?ref_=nv_usr_prof_2

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                        • Nonkonformist 23.01.2019, 10:41 Geändert 23.01.2019, 15:38

                          Zugegeben war ich bereits in der Vergangenheit selten jemand, der "Updates" begrüßt hat, sehe die heutigen Änderungen aber noch mit anderen Augen als vorherige. Manch einer mag anderer Ansicht sein, aber für mich ist das ein ästethisches Verbrechen und das Ende jeglicher Übersichtlichkeit. Man wird uns zwar darauf verweisen, dass man sich daran gewöhnen wird, doch sollten anderthalb (?) Jahre in denen die Serienseiten weitestgehend ähnlich aussehen ausreichen, um zu wissen, dass dem nicht so ist. Vielleicht ist mein Verständnis gut gestalteter Webseiten auf Grund einer außerordentlichen Vorliebe für Übersichtlichkeit und Symmetrie einfach ein anderes, aber so wirklich nachvollziehen, wie das Layout jemand so durchgewunken haben kann, habe ich ehrlich gesagt nicht.

                          Hierzu aufzuführen sind bereits beim Serienseiten-Update kritisierte, aber nicht ausgebesserte Punkte, wie die fehlende Individualität/Gleichschaltung der Profilbilder, durch die fehlende Farbe; die Verbannung der Kommentare ins Niemandsland der Seite und die äußerst unglücklich gestaltete Übersicht der Bewertungen meiner Freunde. Statistiken, elf neue Symbole, viel zu große Schriften und ewiges Scrollen kann man mögen, führt für mich aber nur zu einer kompletten Unübersichtlichkeit beim Bestreben nach "immer mehr". Benutzerfreundlichkeit sieht nicht nur anders aus, sondern wird somit nahezu gänzlich umgangen.

                          Ich habe seit dem Tag an dem die Serienseiten so aussehen gehofft, dass Moviepilot diese Änderung nicht auch auf die Filmseiten überträgt.

                          Nur meine persönliche Meinung mit der man natürlich nicht d'accord gehen muss.

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                          • Nonkonformist 23.01.2019, 10:11 Geändert 23.01.2019, 12:41

                            Hiermit danke ich allen Menschen, die mir vor ein paar Monaten letterboxd empfohlen haben.

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                              Ich musste an Lebenserfahrung und -jahren gewinnen, wie ein guter Wein erst reifen, um in Rohmers Filmen die ungemeinen Schätze zu entdecken. Jahrelang ließ ich mich von Oberflächlichkeiten blenden, den eher schnörkellosen Inszenierungen, den vielen Dialogen, nicht erkennend, dass Rohmers Filme sind wie Gespräche mit einem alten Freund, den man nach Jahren wiedersieht, bei dem man sich einfach mal zurücklehnen und zuhören muss. Nicht immer muss gutes Kino sich in einem schönen Antlitz präsentieren und von erhabener Schönheit sein, um mit der Poesie eines guten Buchs seine Geschichten zu erzählen. Keine Ahnung ob ich mit 26 bereits alt genug bin um die Kunst in ihrer Gänze zu schätzen, doch weiß ich, dass es zweifelsfrei die richtige Entscheidung war nach jahrelanger Rohmer-Abstinenz wieder mit einer kleinen Retrospektive seiner Filme ins Jahr zu starten. Nebenbei, neben zu vielen anderen Beschäftigungen, dem Schreiben von Mails und dem erledigen anderen eher nerviger Nichtigkeiten, sah ich sie mir kapitelweise an, schnappte stets ein paar Minuten der Inspiration auf um mich - ganz feindlich zu meinen sonstigen Gewohnheiten - portionsweise mit seinem Werk auseinanderzusetzen. Doch das ändert nichts an der Klasse, wenn man anschließend gereift die Filme beendet, kurz in sich kehrt und sich wünscht, man hätte die Formvollendung in der Einfachheit doch schon ein paar Jahre zuvor erkannt. Meine Leidenschaft für das französische Kino ist zweifellos um einen weiteren Regisseur reicher, auch ganz ohne ihn in irgendeine Relation mit den anderen Regisseuren, die ich so sehr schätze, setzen zu wollen.

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                                Nonkonformist 10.01.2019, 21:33 Geändert 11.01.2019, 08:24

                                Ja, war ja klar. "Werner Herzog eats his shoe" ist wie man es bei Werner Herzog eben schon erwartet mal wieder klassisches 08/15-Popcornkino mit Szenen, die man schon tausend Mal gesehen hat. Werner Herzog spielt sich selbst, einen ganz normalen, fast langweiligen Durchschnittstypen, der sich etwas zu Essen zubereitet und viel redet. Alltagsszenen ohne echte Highlights. Manchmal lachen im Hintergrund ein paar Leute, sodass man kurz denkt, es handele sich hier um eine typische Sitcom bei der einem gesagt wird, wann man zu lachen hat, aber zwischendurch wird alles ein bisschen tiefgründiger und dialogreicher, was wohl darauf abzielen soll auch wirklich jede Zielgruppe abzugreifen - Mainstream-Produktionen eben. Leider fehlt dem Film jegliche Spannung, eine Spannungskurve ist wirklich überhaupt nicht vorhanden und außerdem verrät der Titel des Films bereits das Ende. Was soll das denn? Mit etwas mehr Explosionen, Special Effekten und weniger durchschnittlichen Typen wäre es bestimmt ein guter Film gewesen. Selbst die Kochtipps sind scheiße.

                                Fans dieses Films interessierten sich auch für folgende Filme:
                                - Der kleine Spinner mit dem großen Socken
                                - Roboter essen kein Sauerkraut
                                - Willst du meinen hübschen Bauchnabel sehen?
                                - Bauch Beine Bürzel
                                - Der Geschmack von Rost und Knochen
                                - Billys Wette oder Wie man gebratene Würmer isst
                                - Ein Dollar zwischen den Zähnen

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                                • 1. Die Nacht (Michelangelo Antonioni / 1961)
                                  2. Sie küßten und sie schlugen ihn (Francois Truffaut / 1959)
                                  3. Chungking Express (Wong kar-Wai / 1994)
                                  4. Apus Weg ins Leben: Auf der Straße (Satyajit Ray / 1955)
                                  5. Das Irrlicht (Louis Malle / 1963)
                                  6. Im Lauf der Zeit (Wim Wenders / 1976)
                                  7. Stranger than Paradise (Jim Jarmusch / 1984)
                                  8. Bilder einer alten Welt (Dusan Hanak / 1972)
                                  9. Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen (Robert Bresson / 1956)
                                  10. Die unschuldigen Zauberer (Andrzej Wajda / 1960)

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                                    Nonkonformist 06.01.2019, 21:03 Geändert 06.01.2019, 21:16

                                    Als ich ungefähr 19, vielleicht 20 war, inspirierte mich "Into the Wild" mehr als jeder andere Film. Es war die Zeit in der ich mich sehr intensiv mit dem Kino, aber auch mit Literatur auseinandersetzte, ich viel Zeit hatte mich mit den für mich essenziellen Dingen im Leben auseinanderzusetzen. Zwischen Büchern und Filmen trieb es mich raus in die einladende Natur, die direkt neben dem Haus meiner Eltern begann. Christopher McCandless Flucht in die Natur war, insbesondere in ihrer sowohl im Buch als auch im Film beschönigten Form, eine große Inspirationsquelle und brachte auch mich für zunehmend längere Perioden weg aus meinem immer disharmonischer gewordenen Elternhaus. Ich flüchtete mich, mal körperlich, mal im Geiste, in andere Welten, versuchte mit allen Mitteln die raue Realität zu überwinden und steigerte meine Bemühungen noch als der Ärger zuhause zunahm.

                                    Ich las viel von Bukowski, Kerouac und Thoreau, durchsuchte aber auch das Internet nach Informationen der Person hinter der Geschichte von "Into the Wild". Was im Film nur angedeutet und im Buch von Jon Krakauer zumindest minimal vertieft wird, wurde spätestens bei der Recherche im Internet zunehmend deutlicher: Chris McCandless Weg in die Natur war nicht nur die Suche nach Einsamkeit, nicht nur die Suche nach dem Ursprünglichen, sondern auch der Versuch sich soweit es nur irgendwie möglich war von seinem geordneten Leben und den ihn verhassten Eltern zu entfernen. Der ewige Ehestreit seiner Eltern, der eine weitere Parallele zu meinem Leben in jenen Tag war, als auch die nur nach außen hin funktionierende Darstellung einer intakten Familie, sowie die Gewaltbereitschaft seines Vaters gegenüber den eigenen Familienmitgliedern hatten ihn immer weiter in seinem Wunsch unterstützt all dem ein Ende zu bereit, mit aller Konsequenz, die dies für ihn bedeutete.

                                    Lange habe ich mich vor allem mit der Oberfläche beschäftigt, mochte die schönen Naturaufnahmen und das Streben nach einem naturverbundenen Leben, nicht erkennend, dass wohl hinter jeder Gesellschaftsflucht auch eine gut begründete, sich häufig auf negative Ereignisse im eigenen Leben zurückzuführende, Erklärung liegt. So ist "Into the Wild" zwar auch ein nett anzusehender Roadmovie, der die Abenteuerlust in mir und sehr vielen Mitmenschen meiner Generation gestärkt haben dürfte, auch aber ein in den Untertönen mitunter düsteres Sozialdrama, von dem hier auch ganz bewusst und ausdrücklich ein wenig abgelenkt wird.

                                    "Bevor Carine mir die Briefe zu lesen gab, bat sie mich nichts davon in meinem Buch zu verwenden." schreibt der Autor des Buches zu "Into the Wild", Jon Krakauer, viele Jahre nach dem Erscheinen seines Werkes.. Carine, die Schwester von Christopher McCandless, der hier von Emile Hirsch gespielt wird, hatte vor der Reise ihres Bruders zahlreiche Briefe mit ihm ausgetauscht, aus denen allen voran seine negativen Emotionen, seine Wut, all die Ablehnung seinen Eltern gegenüber zum Ausdruck gebracht wurde. Heute, 26 Jahre nach seinem Tod, gibt es ein von ihr geschriebenes Buch in dem sie, als die Person, die Christopher sein ganzes Leben lang am nächsten stand, die andere Seite der Geschichte erzählt. Die Vorgeschichte zur Flucht, die bisher nur angerissen wurde, der nach außen dargestellte American Dream fleißig arbeitender Eltern, der sonntägliche Gang zur Kirche und die heuchlerisch glücklichen, jährlichen Familienportraits als Kontrast zu dem von Gewalt und Streits geprägten zuhause, das nach außen hin - auch nicht nach seinem Tod - niemand sehen sollte.

                                    Vielleicht, ganz sicher, ist "Into the Wild" kein absolutes filmisches Meisterwerk und doch wird er für mich immer, sowohl aus dem naiven Blickwinkel, der die wundervolle Natur Amerikas und dem eigenen Wunsch aufzubrechen zeigt als auch aus dem gereiften Blickwinkel, den ich mit dem Lesen des Buches seiner Schwester erlangte und das mir Möglichkeit gab diverse Parallelen zu meinem Elternhaus zu ziehen, betrachtet, wohl für immer ein ganz persönliches, wichtiges Erlebnis bleiben, bei dessen Bewertung ich schwer zwischen Objektivität und Subjektivität schwanke. So oder so gehört der Film aber zu jenen, die zwar nicht mein Blick auf das Kino aber auf mich als Person verändert haben.

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                                      Nonkonformist 03.01.2019, 15:14 Geändert 03.01.2019, 15:30

                                      "Genau jetzt sehen Sie, wenn ich nach draußen will, und mähe und vielleicht ein großes Feuer mache und koche und etwas Musik spiele, ich habe keine Nachbarn oder nichts, was mich beunruhigt, wissen Sie, aber wenn ich fischen gehen will, kann ich einfach über die Straße gehen, Sie wissen schon, ins Bayou, und fischen gehen, wenn ich jagen will, kann ich gleich hier durch meine Hintertür gehen. Man ist frei, es ist ein Gefühl der Freiheit, und ich muss Ihnen nicht erzählen, was das ist. Wenn man im Gefängnis war, weiß man, was es bedeutet. Ich bin 24 Stunden im Gefängnis gewesen und man, das waren die schlimmsten 24 Stunden meines Lebens. Nun, ich denke, ich würde mich genauso fühlen, wenn ich in einem Ort wie New York leben müsste, oh, Herr, erbarme dich, ich denke, ich würde einfach zusammenschrumpfen und sterben. Ach Junge, dieses Rattenrennen, niemals. Wenn mir jetzt jemand gesagt hätte, dass ich nach New York City, im Herzen der Stadt, umziehen müsste, und in einem Wohnhaus oder so etwas leben müsste, wenn ich jeden Morgen zur Arbeiten gehen müsste, gekleidet in Krawatte und weißem Hemd und gut rasiert und mein Haar genau richtig gekämmt und meine Schuhe gut gebunden und noch weiteren solchen Schwachsinn, würde ich sagen, naja, dann gehe ich gleich wieder ins Gefängnis, weil das das gleiche für mich bedeutet. Jetzt habe ich auch ein Gefühl der Befriedigung durch die Art der Arbeit, die ich mache, was, wie ich vermute, jedem, der seine Arbeit genießt, das gleiche vermittelt. Für mich ist das ein Urlaub, mein Beruf, deshalb habe ich auch nichts dagegen lange Arbeitszeiten einzuplanen. Ich mache das genauso gerne wie ich angeln gehe, ich gehe nämlich sehr gerne angeln, aber das macht mir überhaupt garnichts aus. Es gibt niemanden, der mir sagt, wann ich zur Arbeit muss, wann ich Schluss machen muss. Natürlich lege ich mehr Stunden ein, viel mehr Stunden, als wenn ich für irgendjemand anderen arbeiten würde. Aber ich genieße es, würde ich es nicht genießen, würde ich wahrscheinlich gar nicht arbeiten, ich wäre einfach unverantwortlich und würde sagen: "Naja, zum Teufel damit." Ich nehme Bretter, Klebeband, und alle Arten von Material, Garn, Leder, eine Menge Ellenbogen-Fett und ich mache ein Akkordeon daraus. Es ist eine große Genugtuung, dann geht es mir gut, nachdem ich mit dem verdammten Ding fertig bin und es spielt, und ich setze mich hin und spiele eine Melodie und sage: "Nun, ich habe diesen Mistkerl gebaut."

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                                        Nonkonformist 03.01.2019, 13:19 Geändert 03.01.2019, 15:29

                                        "A Well Spent Life" ist wie der Regisseur hinter dem Film, Les Blank, wahrlich sehr unbekannt und doch so sehenswert. Obgleich in den USA immerhin eine Les Blank-Box mit 14 Filmen in der Criterion Collection zu erhalten ist, ist er hierzulande nahezu gänzlich unbekannt. Glücklicherweise gibt es dank Amazon Prime die Möglichkeit ein paar seiner dokumentarischen Arbeiten mit deutschen Untertiteln und in akzeptabler Qualität zu sehen. "A Well Spent Life" erzählt dabei die Geschichte des wenige Jahre nach dem Film im Alter von damals 81 Jahren verstorbenen Bluessängers Mance Lipscomb. Ein bisschen erinnert das, auch ohne Off-Kommentar, an die wundervollen Dokus von Werner Herzog (Les Blank war auch Regisseur des Films "Die Last der Träume" über die Dreharbeiten zu Herzogs "Fitzcarraldo"). Ganz ruhig und unaufgeregt wird das sehr einfache Leben von Menschen gezeigt, die ihr Leben lang hart arbeiten mussten, einfache, ärmlich lebende Menschen, denen Musik und ihre Religion Kraft gibt. Herzlich und im Alter milde geworden erzählen sie, ohne sich offenbar bewusst zu sein, das in ihren Worten durchaus so manch eine kleinbürgerliche Weisheit steckt, über ihre Kindheit, ihre Beziehungen, die Musik und gutes Essen. Zwischen wundervollen Bluesklängen und Lebensphilosophen wird so in 44 Minuten eine kleine Ode über und für das Leben vorgetragen.

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                                          Nonkonformist 30.12.2018, 19:06 Geändert 30.12.2018, 19:15
                                          über Monster

                                          Filme. Wie wählt man aus, welche Filme man sieht, ist es intuitiv oder gezielt? Geht man offen an jeden Film heran oder schafft man sich Grenzen, schließt Genres, Dekaden, Schauspieler aus?

                                          Ich habe das lange gemacht. Oft saß ich zuhause und durchstöberte stundenlang Moviepilot-Listen und bewertete Filme meiner Freunde, schlug in Werken wie "1001 Filme..." nach um Wissenslücken zu schließen und macht es mir zum Ziel filmgeschichtlich elementare Werke nach und nach "abzuarbeiten". Nie hatte ich das Gefühl etwas bewusst auszugrenzen, mehr, dass der Fokus auf einzelne Abschnitte der Filmgeschichte unterbewusst immer größer wurde. Allen voran das exorbitant wirkende europäische Kino der 50er und 60er-Jahre fesselte mich, die Nouvelle Vague ebenso wie der italienische Neorealismus und die Bunuels oder Bergmans jener Tage. Ohne feste Struktur, doch zunehmend vollständiger erschloß ich nahezu gesamte Werke, kenne heute sämtliche Kernwerke Godards, Truffauts, Malles, Fellinis, Viscontis oder eben Bunuels und Bergmans. Ich war wie besessen darauf alles zu kennen, nicht merkend, dass mir aber auch der Blick für die Realität ein klein wenig verloren ging.

                                          Hatte ich vor zehn Jahren noch gute Kenntnisse über moderne amerikanische Filme ist das heute nicht mehr so. Ich kenne fast nichts, stoße oft erst auf interessante Filme Jahre nachdem sie veröffentlicht wurden, wenn sie nicht gänzlich an mir vorbeigehen. Ein weiteres Problem ist, dass der Qualitätsanspruch mit den Jahren enorm geworden ist. Kein Wunder eigentlich, wenn man bedenkt, dass ich wöchentlich Meisterwerke sah, Filme sah, die ich noch heute nach dem zehnten Mal als unglaubliche Inspirationsquelle empfinde. Ein Francois Truffaut oder Ingmar Bergman war eben einfach nie besonders schlecht. Wie aber soll man mit dieser Ausgangslage an ein Kino herangehen für das man den Blick verloren hat, ohne Gefahr zu laufen, permanent nur enttäuscht zu werden?

                                          Ich habe es versucht und muss mir heute eingestehen, dass ich es noch immer nicht weiß. In keinem Jahr dieses Jahrzehnts fiel es mir schwerer wirklich gute neue Filme zu finden, vielleicht weil ich mich ein wenig "satt" gesehen hatte, weil mein Kino jahrelang "zu gut" war als dass ich weiterhin nur Filme von solch einer Qualität finden könnte, vielleicht weil ich fast alle in Deutschland auf DVD/BD erschienen Werke "meines Kinos" längst kenne und mir oft die Konzentration fehlt permanent Filme mit englischen Untertiteln zu sehen, nur, weil es eben nicht jeder Film auf den deutschen Markt geschafft. Von Zeit zu Zeit schaut man sie sich dann mal an, die Filme eines Theo Angelopoulos, einer Agnes Varda oder eines Kenji Mizoguchi, eben jene Werke, die Konzentration und den Import nach Deutschland benötigen. Was aber dazwischen, was aber zwischen "ich habe einen Sonntagnachmittag an dem ich mal ausgeschlafen und konzentriert genug bin" und ich möchte gute Filme sehen, die meinen müden Kopf nicht überanstrengen, bei dem ich nicht permanent noch mit meinen bescheidenden Englischkenntnissen hadere?

                                          Vielleicht doch Hollywood, vielleicht doch die jahrelang verteufelte Traumfabrik und die Suche nach den wenigen Werken, die mich begeistern könnten. Vielleicht so, wenn man nur einen Weg findet Werke herauszufiltern, die einen begeistern könnten.

                                          "Monster".
                                          Zugegeben habe ich auch von diesem Film bis vor ein paar Monaten nie etwas gehört, ihn bisher nie gesehen und doch hat er mir schon jetzt einen Weg gezeigt die Begeisterung möglicherweise zurückzufinden. Als ich damals die DVD mit zwei Bonus-Dokumentation kaufte, fiel mir auch auf, wie leicht es doch sein kann, das für mich verloren gegangene Kino zurück in meine Welt zu holen. Vielleicht muss man zur Erklärung dessen ein klein wenig weiter zurückgehen. Ich liebe das, gucke oft spätabends Dokus über aus psychologischer Sicht interessante Menschen, wie die hier verkörperte Aileen Wuornos, bin stundenlang gefesselt von "Medical Detectives" und vergleichbaren Dokumentationen, scheint die menschliche Psyche doch niemals vollständig erforschbar zu sein. Was bewegt Menschen dazu zu morden, kaltblütig das Leben eines Menschen zu opfern, wie perfide ist schon der Gedanke und die Planung jener Taten? Mich fasziniert das, sehr sogar, sind solche Gedankengänge eben einfach vollkommen entfernt von jenen, die mir vertraut sind. Schon immer, in Büchern, Serien, Filmen sind es die Einzelgänger und sozialen Außenseiter, die für mich interessant sind, Menschen, die am Rande der Gesellschaft und im Fokus großartiger Sozialdramen stehen. Mörder ebenso wie friedliebende, vereinsamte Menschen wie in "Mary & Max", skurrile Rentner wie in "Nebraska" oder "Lucky" und ausgeschlossene Teenager wie in "Ghost World", all jene, die mich in 2018 mit Hollywood wieder ein klein wenig vertrauer werden ließen. Vielleicht sind es gerade die hollywooduntypisch, nicht-harmonischen, oft ohne Happy-End-auskommenden Werke, die in der Traumfabrik für mich zu traumhafteren Begegnungen wurden.

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                                            Nonkonformist 23.12.2018, 13:28 Geändert 23.12.2018, 13:32

                                            Mir egal, wie schlecht die Weihnachtsfilme noch werden, ich ziehe das jetzt durch!
                                            Allen, die sich jetzt denken: "Hä? Hat der Nonkonformist plötzlich einen noch schlechteren Geschmack als sonst?" kann ich versprechen, dass ich ab übermorgen im Rahmen meiner bescheidenden Möglichkeiten wieder ganz normale Sehgewohnheiten entwickel.
                                            P.S. Der Film ist wirklich voll megasuperhyper-nichtgut.
                                            P.P.S. Vorweihnachtsfreude ist ja auch ein Stück weit die Vorfreude auf die Rückkehr zu gutem Kino oder so.

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                                            • Ich habe nicht nur die 30 genannten Filme nicht gesehen, ich habe auch sonst keine Filme aus dem Jahr 2018 gesehen, abgesehen von lediglich zwei Dokumentationen. Tja, was soll man sagen, böse Zungen würden wohl behaupten, ich habe das Kino nie geliebt :))

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                                              • Nonkonformist 12.12.2018, 10:43 Geändert 12.12.2018, 16:29

                                                1. Was denkst du über die "Jugend von heute"?
                                                - Jung und wild, forsch und unangepasst - wie eben jede andere Jugend zuvor auch.

                                                2. Bist du ein Tierliebhaber? Hast du vielleicht selber Tiere zu Hause?
                                                - Manchmal, in den kalten Tagen, kommen einzelne Marienkäfer durch den Fensterspalt zu meiner Wohnung hinein. Ich behandele sie sehr liebevoll.

                                                3. Was ist dein Lieblingsdessert?
                                                - Siehe Frage 15.

                                                4. Was ist dein Lieblingssong von einer Serie!
                                                - Immer der der Serie, die ich aktuell gucke. Also aktuell etwa so: "My eyes are gettin' weary, my back is gettin' tight, I'm sitting here in traffic on the... lalala tonight"

                                                5. Was dein Lieblingsbuch-Genre?
                                                - Ich präferie das von ihm selbst entwickelte Subgenre des Charles Bukowskis.

                                                6. Wer ist deine Lieblingsschauspielerin? Wieso magst du sie?
                                                - Die junge Anna Karina. Ihr wisst ganz genau warum.

                                                7. Was denkst du über die Deutsche Sprache?
                                                - Trotz ihres dereinst dezent brachialen Klangbildes obliegt es mir meine Wertschätzung gegenüber dem Anmut unserer deutschen Sprachkultur kundzugeben.

                                                8. Was hast du letztens gegessen?
                                                - Eine von der noch frisch backenden Traditionsbäckerei wundervoll vorgeschnittene Scheibe vorzügliches Kürbisbrot, welches ich mit herausragender importierter Erdbeermarmelade aus Dänemark formvollendet... mal im Ernst, wen interessiert das?

                                                9. Was denkst du über Piercings und Tattoos?
                                                - Selbstverständlich ausschließlich etwas für Kriminelle.

                                                10. Was hast du letztens geträumt?
                                                - Ich habe geträumt, dass ich einen Traum von einem Traum habe, in dem ich davon träume, dass ich einen Traum... äh, ja

                                                11. Was ist dein Lieblingsbuch? Erzähl mal die Handlung davon?
                                                - "Gammler, Zen und hohe Berge" von Jack Kerouac. Es geht um Menschen, die auf Berge klettern, Buddhismus toll finden, etwas zu viel der Muße nachgehen und manchmal etwas Liebe machen. Und solchen Firlefanz eben.

                                                12. Wie viele Sprachen sprichst du denn?
                                                - Once when I was in school I had french lessons but to be honest I was so unbelievable bad at it that I wouldn't mention it nowadays. So, I would say that I only speak two languages.

                                                13. Disney oder DreamWorks?
                                                - Schönes Wetter, heute, oder? Und bei euch so?

                                                14. Was hast du als Kind gerne gespielt? Waren es Brettspiele oder waren es Videospiele?
                                                - Ich suchte mit Link nach Zelda, ließ Pokémon in ungemein brutalen Kämpfen gegeneinander ankämpfen und manövrierte mich in seriöseren Momenten durch die Welt der Brettspiele.

                                                15. Welche ist dein Lieblingsschokoladensorte: Edelbitter, Vollmilch oder Weisse Schokolade?
                                                - Siehe Frage 3. (Hä?)

                                                16. Wovor hast du Angst?
                                                - Andrea Nahles. Panische Angst.

                                                17. Was ist deine Meinung über RTL?
                                                - RTL ist sehr, sehr gut.

                                                18. Glaubst dass es ein Leben nach dem Tod gibt?
                                                - Manchmal zweifele ich sogar daran, dass es Leben vor dem Tod gibt.

                                                19. Bist du ein politisches korrekter Mensch?
                                                - Ja, und links-grün-versifft.

                                                20. Wie geht es dir?
                                                - Vorweihnachtsstress. Zu viel Arbeit. Zu wenig Zeit, zu wenig Geld. 7,5 Arbeitstage noch. Dann durchatmen. Kann nicht reden, muss weitermachen, tschüß. Tschau, bis bald.

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                                                • Nonkonformist 10.12.2018, 15:22 Geändert 10.12.2018, 15:33

                                                  Emmanuelle Béart war einst in ihren jungen Jahren eine der zweifelsfrei schönsten Schauspielerinnen, die das Kino je gesehen hat. Noch dazu mit Ausstrahlung, Charme und beeindruckender Filmauswahl unter der Regie von u.a. Jacques Rivette, Claude Sautet und Claude Chabrol. Als ich vor ein paar Tagen, nachdem ich per Zufall nach langer Zeit mal wieder auf einen Ausschnitt aus Rivettes "Die schöne Querulantin" stieß, ihren Namen googelte, musste ich mit Erschrecken feststellen, dass sie zu einem Beweis dafür geworden ist, wie unnötig Schönheitsoperationen doch sind oder zumindest sein können.
                                                  Ihre Vorher-Nachher-Bilder sollten als ein (abschreckendes) Beispiel für all' jene jungen naiven Frauen dienen, die glauben, dass man auf dem OP-Tisch zwingend zu einem (äußerlich) schöneren Menschen werden kann.
                                                  Die einst schöne Querulantin.

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                                                    Nonkonformist 09.12.2018, 21:18 Geändert 09.12.2018, 21:19

                                                    Manchmal, wenn ich am Wochenende wieder einen ganzen Tag allein zuhause verbracht habe, mich nach Menschen sehe, obwohl auch ihre Anwesenheit mich beunruhigt, gehe ich nachts, wenn es bereits dunkel und kalt ist, und die Straßen leer sind, noch eine Runde um den Block, lasse den Tag Revue passieren und genieße die selten gewordene Stille in solchen Momenten. Häufig laufe ich dann vorbei der kleinen Kneipe zwei Straßen weiter, in der ein paar ebenso Verlorene, immer gleiche Gäste sitzen, die ich aus der Ferne im kargen Licht miteinander kommunizieren sehe. Mich beruhigt das, schaffen mir meine Gedanken in ihrer Naivität in solchen Momenten eine beruhigende Harmonie. Vielleicht muss man genau so sein, genau so ein Träumer wie ich es bin sein um "Chungking Express" in vollen Zügen schätzen zu können, irgendwie ein bisschen verloren, ein bisschen melancholisch und in sich versunken sein. Ich bin das ziemlich oft, merke selbst wie ich zwischen erwachsender Vernunft und kindlicher Naivität schwanke, die Träume in meinem Kopf mich durch meine Tage tragen, auch wenn ich mich eigentlich Ernsterem widmen sollte. Ich brauche das, suche oft zwanghaft nach jener zarten Melancholie und weiß, dass ich sie im Zweifel immer in diesem Ausnahmewerk finden werde.
                                                    2018 wäre das erste seit sehr vielen Jahren in denen ich den Film zu keinem Zeitpunkt gesehen habe, versüßte er mir doch sonst in äußerst regelmäßigen Abständen meine Abende allein. Allein sein werde ich in diesem Jahr auf Grund ungünstiger Planungen auch in der Silvesternacht, in der ich erfahrungsgemäß das Alleinsein als besonders erdrückend empfinden werde. Dann aber wird "Chungking Express" wieder einmal da sein, mich in das neue Jahr begleiten und ich den Film voller Faszination studieren wie alte Liebesbriefe längst vergangener Tage oder Fotos aus der eigenen Kindheit, wohlwissend, dass auch er längst ein großer Teil in meinem Leben geworden ist. Filme bleiben eben am Ende dann doch immer mehr als nur Unterhaltung. Sie bleiben etwas persönliches, für mich jedenfalls. "Chungking Express". Immer und immer wieder.

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