Roach - Kommentare

Alle Kommentare von Roach

  • "Spike Lees Thriller", alles klar.

    In diesem Fall sollte man sich, falls man es noch nicht gesehen hat, das Original nicht im Voraus durch ein Fast Food-Remake versäuern lassen. Wieso das ZDF sich nicht dazu anschicken konnte, stattdessen das zu zeigen, leuchtet mir auch nicht ein. Wieso muss man immer bis 3Sat, arte und ServusTV vordringen, um asiatisches Kino im Fernsehen zu Gesicht zu bekommen?

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    • "Der großartige Film von Martin Scorsese ist ein Remake des koreanischen Films Internal Affairs."
      Das bitte so schnell wie möglich korrigieren. Ist ja verwirrend, wo Infernal Affairs überall hingesteckt wird, Japan, Korea ... ist natürlich aus Hong Kong, das gute Stück!

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      • Einen Film wirken zu lassen wie eine Sinfonie, alle seine Elemente in Einklang zu bringen in einem Gesamtbild, das alle Tonhöhen der menschlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten ausfüllt und damit eine regelrecht überirdische Erfahrung von Schönheit und Erhabenheit zu kreieren, sollte eines der höchsten Ziele des Filmemachens sein, und für mein Empfinden ist es niemandem sonst so oft so gut gelungen wie Park Chan-wook. In den Tönen seiner „Sinfonien“ schwingt es alles mit, der Schmerz, die Schönheit, die Ehrfurcht, die Einsamkeit und der Trost und die Vergebung. Das Kino seiner Filme ist nicht nur gewalt-sam, es ist vor allem gewalt-ig, in den schieren Ausmaßen seiner Ausdruckskraft, in der ganzen Macht seines Zusammenspiels. Wenn ein großes Stück klassischer Musik vom Zusammenklang aller Instrumente des Orchesters in jedem seiner Momente lebt, dann lebt ein wirklich großer Film vom Zusammenklang all der Kunstformen, die in ihm vereint sind, zu einem großen, breiten Klang, in jedem seiner Momente. Dass ein Mensch behauptet, er hätte die ganze Farbpalette menschlicher Empfindung in Beethovens Siebter gehört, scheint nichts Besonderes mehr zu sein … ich finde sie in Lady Vengeance, The Handmaiden und Thirst.

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        • Roach 15.08.2017, 22:50 Geändert 16.08.2017, 16:57

          Der Schrecken hat in den Filmen von David Cronenberg seine fleischliche Verkörperung gefunden, auf die eine oder andere Weise. Nicht umsonst spreche ich von "Schrecken" und nicht von "Horror" im Sinne des Genres, denn diese Sparte ist bei Weitem zu klein, selbst für jene (hauptsächlich früheren) Werke Cronenbergs, die ihr gerne zugeordnet werden. Es mag für jene, die mit dem Namen dieses Regisseurs hauptsächlich Ekel und Widerwärtigkeiten verbinden (und das sicherlich zurecht), komisch wirken, das zu lesen, aber Cronenberg hat eigentlich fast immer Dramen gedreht – oder zumindest Horrorfilme, die gedreht sind, als wären sie Dramen. Die Kamera gleitet oft durch die Räume, dazu die Musik von Howard Shore, schwelgerisch und meistens getragen von Streichern und Holzblasinstrumenten – die Inszenierungsart seiner Filme ist weich und nah an ihren Hauptfiguren.

          Und das ist es, was er anderen Regisseuren, die sich in ähnlichem Maß wie er für das Abscheuliche begeistern, in der Regel voraushat: Seine Filme sind menschlich, sie spielen sich auf Augenhöhe der Figuren ab und zeigen sie nicht als zum Sterben verdammte Strohpuppen (selbst, wenn sie das sind), sondern als Menschen mit Gefühlen und mit jenen Dingen, an denen sie hängen und ohne die sie nicht leben können. Filme wie „The Fly“ und „Dead Ringers“ haben begriffen, dass Horror ohne Menschlichkeit nur Attrappe ist, nicht als hohle Effekthascherei. Der auf Film gebannte Schrecken ist immer mit dem Seziermesser entstanden und nicht mit dem Hammer. Cronenbergs Horror ist nicht Horror im Sinne des Genres und seiner Konventionen, sondern im Sinne dessen, was er als "Kino des Schreckens" eigentlich sein muss: Ein chirurgischer Griff in die Tumore des menschlichen Geistes. Präzise und sorgfältig, jede Bewegung der Kamera wohlüberlegt gewählt. Cronenberg ist der Meister des Skalpells unter den Regisseuren.

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            Roach 15.08.2017, 22:36 Geändert 16.08.2017, 16:55

            Nach dem hohlen Geballer des ersten Teils überrascht der zweite mit guter Story, einer starken Cinematographie, bei der vor allem die agile Kamera auffällt, die ein starkes Gefühl für die Räumlichkeiten der Szenen verursacht, sowie überzeugenden Figuren mit Persönlichkeit – und stellt dabei auch unter Beweis, dass ein Actionblockbuster gleichzeitig ein Kunstwerk mit Tiefgang sein kann: „Terminator 2“ ist sich der philosophischen Probleme bewusst, die sich aus der Handlung des ersten Teils ergeben haben – nämlich dass, wenn alles dazu bestimmt ist, so zu passieren, wie es in der Zukunft, aus der die Zeitreisenden kommen, bereits passiert ist, der Mensch keinen freien Handlungsspielraum hat, keine Entscheidungsgewalt darüber, was passieren wird und wie die Geschichte sich entwickeln wird, woraus konsequenterweise gefolgert werden müsste, dass der Mensch nur eine andere, deterministisch vorprogrammierte Maschine ist. Vergleichbar also mit dem Terminator. Dagegen kämpft die Fortsetzung nun an und fordert diesen Determinismus heraus, indem seine Figuren die Zukunft der Menschheit verändern wollen, die vorbestimmt zu sein scheint; Sarah und John kämpfen nicht nur gegen Maschinen im wörtlichen Sinne, sondern darüber hinaus auch gegen die Vorstellung, dass sie selber nur Maschinen sind, dass sie selber keine Möglichkeit haben, anders zu handeln als es die Zukunft es ihnen bereits gebietet, bevor diese eingetreten ist, und im Rahmen dieses Ringens läuft Sarah dann ständig in Gefahr, selber zur emotionslosen Killermaschine zu werden, der jedes Mittel recht ist, um ihre Ziele zu erreichen.

            Der Konflikt in „Terminator 2“ ist nicht nur der zwischen den Protagonisten und einem maschinellen Verfolger, sondern auch einer gegen grundlegende Prinzipien des Menschseins. So eine unterschwellige Kraft und Konsequenz kann man von einem Blockbuster sonst eigentlich nicht erwarten, weshalb ich behaupte, dass es in den letzten zwanzig Jahren an genau Filmen wie diesem gefehlt hat – selbst wenn ich kleine Schönheitsfehler wie einen eher unsauberen dramaturgischen Ablauf (in der Mitte wird völlig das Gas rausgenommen und am Ende reiht er Verfolgungsjagden ziemlich undynamisch hintereinander), einem platten (wenn auch stark umgesetzten und inszenierten) Antagonisten oder eben das dem ersten Teil sehr ähnelnde Finale dabei berücksichtige.

            Das Interesse am dritten Teil ist aufgrund der Abgeschlossenheit des Handlungsbogens aber gering. In der Hinsicht ist Terminator wohl mit Alien zu vergleichen: Nach dem zweiten Teil ist eigentlich alles gesagt, was es dazu zu sagen gab, und das wurde auch wirklich gut gesagt.

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            • Großartiges Interview über Okja: https://www.youtube.com/watch?v=tY6w_X4wWk4

              • Sion Sono hat ein Gefühl dafür, Filme zu machen, von denen man sich nie bewusst war, dass man sie schon immer sehen wollte. Ich schätze, er stellt sich immer zuallererst die Frage, was für einen Film er immer schon brauchte, aber nie zu Gesicht bekam, und versucht dann, genau so einen zu machen … Zum Glück hat er dabei eine Menge Fantasie. Je nachdem, worauf er gerade Lust hat, kommt dabei Exploitations-Trash, ein Familiendrama, ein dystopisches Hip-Hop-Musical, ein Kaiju-Rockstar-Weihnachtsfilm, blutige Action zwischen Yakuza und Samurai, ein poetischer Science Fiction-Film oder eben ein vierstündiges Charakterdrama über Jugend in Japan raus. Davon kommen dann zwei bis fünf Filme im Jahr, alle mit derselben berauschenden Cinematographie gesegnet, jeder für sich unvergleichlich und, egal ob gut oder nicht, definitiv eine Grenzerfahrung für den Zuschauer. Man weiß eben nie, was man bei Sono kriegt, und genau das macht es so schwer, von seiner Filmographie satt zu werden – immerhin weiß man, dass darin noch Weiteres verborgen liegt, was man so noch nie gesehen hat.

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                • 7 .5

                  Gott ist tot, das Skelett des mächtigen Wals liegt gestrandet an der Küste und erinnert noch an seine einstige Macht. Indes scheint die Welt einen neuen Gott gefunden zu haben, den Leviathan, einen Menschen, vom Volk gewählt, eine gottesähnliche Allmacht zu besitzen und mit dieser nach seinem Belieben zu herrschen. Opfer seiner Herrschaft ist ein moderner Hiob, der der Gewalt dieses neuen Gottes schutzlos ausgeliefert ist, gegen sie anzukämpfen versucht, mit aller Macht, die ihm das Justizsystem erlaubt, doch auf taube Ohren stößt, ganz wie Josef K. beim „Prozess“. Zwischen den Zeilen von „Leviathan“ gelesen, finden Nietzsche, Hobbes, Kafka und die Bibel in ihr zusammen und dienen gemeinsam einem Porträit über willkürliche Staatsgewalt in Russland und die Folgen für die Betroffenen, das auch mit Kritik an der Kirche nicht spart, sodass all das oben erwähnte zu keinem Moment wie ein Patchwork aus Referenzen an Klassiker der Weltliteratur wirkt, sondern wie ein sehr natürliches Gebilde, in dem sich die Symbolik der erwähnten Werke nahtlos eingliedert. Der tristen Parabel voller langer Kameraeinstellungen und wunderbar kargen Landschaftsaufnahmen wird dabei gerne vergeben, wenn sie sich in ihrer recht langen Laufzeit hier und dort in ihren Handlungssträngen verzettelt. Die eine oder andere Grenze des Verzeihlichen wird im Laufe des Filmes dann doch überschritten, als manche dieser Stränge ganz fallen gelassen und nie wieder aufgenommen werden; ansonsten fällt mir als Kritikpunkt nur noch ein, dass die Protagonisten – ganz dem Vorurteil entsprechend – ca. 85% des Filmes in Trunkenheit durch den Film wüten, was auf Dauer ziemlich anstrengend ist. Schlussendlich bleibt aber trotz kleinerer Mäkel ein beeindruckender, vielsagender Film, der mit seinen Figuren umzugehen weiß und eine besondere Atmosphäre aufbaut, die ihn zu mehr macht als nur einer gut gemachten Lehrstunde über Macht und Ohnmacht, sondern im Endeffekt vor allem zu einer Geschichte über Menschen. Und so soll es bei Filmen ja auch sein.

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                  • Roach 18.06.2017, 15:27 Geändert 18.06.2017, 15:28

                    Als Cooper in der dritten Twin Peaks-Folge träumt, sieht er einen Ort, dem die Gesetze der Realität fremd sind. Zeit und Raum sind dort nur Schein, nichts hat tatsächliche Kontinuität. Dieser Ort existiert nicht auf physikalische Weise, er setzt sich aus Gedanken zusammen, denn er liegt tief in der Welt des Geistes. Er ist der Rote Raum, ein Ort auf dem Grunde des Meeres des Unterbewusstseins. Was für Cooper in dem Moment nur ein kleiner Ausflug in diese Welt ist, ist tatsächlich der Blick durch ein Fenster in eine psychische Welt des Mystischen, der Wunder und auch der Ungewissheiten und Ängste. Vor allem ist es aber ein Fenster in jene Welt, in der sich der Großteil der Werke Lynchs zu einem gewissen Maß, vielleicht sogar voll und ganz, abspielt. Der Rote Raum ist nur ein Ort dieses Imperiums, des „Inland Empire“, das keinen Gesetzen folgt außer denen der menschlichen Psyche. Hier ist alles eine Möbiusschleife, die Menschen sind seltsame Gestalten, teilweise wirken sie eher wie Schatten von irgendetwas Anderem, Realem, teilweise scheinen sie von sehr weit weg zu kommen, von Orten, die noch tiefer liegen, und sie reden wirres Zeug. Es ist ein Ort, der zunächst beängstigend wirkt, der abschreckt, weil er so anders ist. Überwindet man aber erst einmal den ersten Eindruck der Furcht und Befremdung, bildet sich Faszination, man will mehr sehen, tiefer hinab in die schwindelerregenden Tiefen des Meeres. Die Angst vor den Dingen dort unten weicht immer mehr einem Verständnis dafür, was für ein wundersamer Ort er tatsächlich ist. Ab da gibt es kein Zurück mehr aus dem Wunderland auf der anderen Seite des Kaninchenbaus. Man muss es nur wagen, dem humanoiden Hasen zu folgen, den blauen Vorhang zur Seite zu schieben und einen Blick dahinter zu werfen, hinter die Kulissen, denn es gibt keine Band, es ist alles nicht mehr als eine Illusion, und die Wahrheit, sie ist schräg und beängstigend, und gleichzeitig ist sie wunderbar. Die Welt der Filme David Lynchs ist eine wirklich seltsame, und doch will man sich nicht mehr von ihr abwenden, denn sie ist allen voran auch eines, nämlich schön. Irgendwie.

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                      über Noah

                      Eigentlich hat Aronosfsky durchaus ein Gespür für Ästhetik und dieses hat er in der Vergangenheit auch oft genug unter Beweis gestellt, nicht nur in „Black Swan“ sondern ganz besonders im prächtig bebilderten „The Foutain“. Zu diesem stellt „Noah“ auch in mancher Hinsicht ein geistiges Geschwisterwerk dar, leider nicht in stilistischen Belangen. Statt einem prächtigen Bilderreigen ist „Noah“ in viel zu vielen Momenten ein hässlicher Schandfleck von Blockbuster-Matsche, völlig charakterlos aus Close-Ups zusammengeschnitten. Hin und wieder finden sich gute Ideen, wie die Silhouetten-Aufnahmen oder die experimentell gefilmte Genesis-Geschichte, auch sonst findet in seltenen Augenblicken ein kleines Aufleben von Feinsinn statt, eine symmetrische Aufnahme oder dergleichen. Trotzdem ist „Noah“ schon allein aus stilistischer Perspektive meilenweit hinter dem zurück, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Das würde ihn nicht davon abhalten, nichtsdestotrotz ein gelungener, für sich stehender Film zu sein, der mit anderen Dingen glänzen kann, doch gerade inhaltlich wurde hier vieles versucht, aber nichts davon gekonnt.

                      Ein großer Fehler liegt allein schon am gewählten Sujet. Von all den hanebüchenen Geschichten des Alten Testaments ist „Noah“ eine der unsinnigsten. Als die Erzählung von der berüchtigten Arche geschrieben wurde, waren den Schreibern wahrscheinlich nur so viele Tierarten bekannt, dass man sich durchaus hätte vorstellen können, die alle in zweifacher Ausführung auf ein Schiff zu kriegen. Nach der Entdeckung zahlloser weiterer Arten über die Jahrtausende hinweg beschließt sich der Film dazu, möglichst viele von ihnen miteinzubeziehen, mit dem offensichtlichen Problem, dass das ganze Getier sowieso auf keinem Schiff der Welt Platz finden könnte. Nicht nur die Tiere sorgen für Logikfehler, sondern auch das gänzliche Fehlen andersfarbiger menschlicher Insassen, wodurch die hinterfragenswürdige Situation entsteht, dass zum Schluss im Grunde ein Haufen weißer Amis vor der Flut gerettet wird.

                      Da kann man natürlich sagen: Es ist ja nun mal nur ein Märchen, versteh es doch mal so und vergess die Logik – sieh es doch einfach als stumpfeste Art eines Fantasyfilms. Klar, kann man machen, und dann gibt es ja tatsächlich ein paar coole Einfälle. Ich mag die Idee, dass ein selbsternannter König der Meinung ist, die Arche für sich nehmen und damit davonschippern zu dürfen, sodass er versucht, die Arche gewaltsam einzunehmen, woraufhin diese von gottgesandten Engeln beschützt werden muss. In den Trailern wirkten die Schlachtszenen damals schrecklich erzwungen, so als wären sie nur da, weil es sich mittlerweile für einfach Blockbuster gehört, welche zu haben … doch im Endeffekt mag ich den Gedankengang an sich schon gerne. Damit, wie dieser im Film dann ausgespielt wird, kann ich mich aber gar nicht anfreunden. Der König wirkt nie gefährlich, nie bedrohlich, erscheint in jeder Faser seines Benehmens abgedroschen und hinterlässt deshalb so überhaupt keinen Eindruck. Die Engel hingegen sind Steintransformers im Ent-Modus, die obendrein unmöglich solche Massen von Menschen aufhalten könnten, wie sie es hier in der (ohnehin völlig wüsten und misslungenen) Schlachtszene tun.

                      Auf diese Weise wurde der Klimax des Films – die Flut und mit ihr die Schlacht – zu einer vertanen Chance, die so zu dem Zeitpunkt aber nicht mehr überraschend war, da der Film genau in den paar Szenen davor völlig über Bord gegangen ist. An Absurdität ist die Vorbereitungsphase auf die Flut eigentlich nicht mehr zu überbieten. Hier nun eine bis zum Ende des Kommentars geltende Spoilerwarnung für diejenigen, die es noch nicht haben mitansehen mussten – alle Augen und Ohren geschlossen? Okay! – man muss es sich mal vor Augen führen, da rennt Noahs frustrierter, pubertierender Sohn auf der Suche nach einem Mädchen für die Arche in das Camp des Königs rein, stolpert – rein zufällig! – in eine Grube voller stinkender Leichen und findet da genau eine einzige lebende Person, nämlich ein hübsches Mädel. Ja prächtig! So viel Glück kann man ja gar nicht haben! Er füttert sie durch, holt sie raus und sie stirbt. Eine storytechnische Relevanz dieser Episode ist nicht vorhanden.

                      Zeitgleich geht das nächste Desaster vonstatten: Hermine sucht nach besagtem Lüstling, der sich gerade auf dem Weg ins Camp befindet, und findet stattdessen Anthony „Hannibal“ Methusalem, der sie mit einer einzigen Handberührung so rattig macht, dass sie sofort über ihren Freund herfällt. Dabei ist sie so fruchtbar geworden, dass sie von ihm gleich Zwillinge kriegt, und übrigens vergessen die beiden dabei VÖLLIG, dass besagter Lüstling ja immer noch weg ist, nämlich irgendwo zwischen Leichen (oh, und einem hübschen Mädel) in einer Grube liegt, während sie Kinder machen. Da gucken sie aber blöd, als ihnen das wieder einfällt.

                      Obwohl dieser zweite Handlungspunkt später noch einigermaßen von Belang sein wird und dadurch nicht ganz so überflüssig ist wie der erste, regt er mich im Nachhinein dezent mehr auf – gerade weil er noch eine Auswirkung auf die Handlung und die Aussage des Films hat, denn schließlich kommen diese beiden Zwillinge auf die Welt und – oh Wunder – es sind zwei Mädchen. Hey, zwei Mädchen, ist das nicht passend, das ist ja genau dieselbe Zahl wie es noch ledige junge Männer gibt. Die beiden verbliebenen Söhne Noahs, die noch keine zukünftigen Frauen haben, müssen ja auch noch ihren Teil zum Fortbestand der nun erschreckend dezimierten Menschheit beitragen, wer bietet sich dafür denn dann auch mehr an, als ihre Nichten? Ich bitte um den entsprechenden Song aus dem South Park-Film und verabschiede mich kopfschüttelnd.

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                      • 9 .5
                        Roach 14.06.2017, 19:36 Geändert 14.06.2017, 19:39

                        Zu versuchen, ein vierstündiges Epos voll bizarrem Humor, emotionaler Zerrissenheit und durchgehend mächtigem Filmemachen in einer Wertung zusammenzufassen, kann nie wirklich funktionieren. Im Endeffekt ist keine der vielen Zahlen, die Leute ihm auf dieser Kommentarseite zugeordnet haben, dazu in der Lage, „Love Exposure“ gerecht zu werden, und dasselbe gilt für die Kommentare selbst. Ein vielzitiertes Zitat lautet, dass über Musik zu sprechen so wäre, als würde man über Architektur tanzen … Und so ähnlich verhält es sich auch mit „Love Exposure“. Was hier entfesselt wird, ist eine cinematische Wucht, ohne Übertreibungen eine Out-of-body-Experience jenseits von bekannten Mustern plotbetonter Filme. Quasi filmgewordene Musik. Ob es sich bei dieser Musik der Metapher gemäß nun eher um eine Sinfonie oder doch um eine Rockoper handeln würde, kann man aufgrund der enormen Stimmungsschwankungen von Szene zu Szene gar nicht so genau sagen. Aber ich schätze, in einem Film, in dem Kurt Cobain-Fans zu Beethoven aus der Bibel zitieren, ist das letztendlich auch nicht wichtig: Für Genres ist der Film zu groß.

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                        • 7

                          Wer würde denken, dass sich hinter einem so blöden Titel eine dermaßen fiese, schwarzhumorige, und trotzdem irgendwie liebenswerte Groteske verbirgt? – Wahrscheinlich nur diejenigen, die mit Bong Joon-ho vertraut sind, der seinen skurrilen Humor seither in jedem seiner Filme – mal in höherer und mal in geringerer Intensität – unter Beweis gestellt hat. „Barking Dogs“ war sein Langfilmdebüt. Mit diesem Umstand im Hinterkopf finde ich zwei Dinge nennenswert: Erstens ist Bongs spezieller Stil hier schon erstaunlich ausgeprägt, vor allem was eines seiner Lieblingsstilmittel angeht, nämlich das ständige Wechseln zwischen Stimmungen, also im Paarsekundentakt zwischen dramatisch, humoristisch, spannend, und so weiter (eine Tugend, die er bei „The Host“ perfektionierte); und zweitens ist die Inszenierung schon hier kreativ, nie um Spielereien verlegen und mit Kameraarbeit auf Weltklasseniveau gesegnet (diese Attribute würde er hingegen bereits im nächsten Film, „Memories of Murder“, auf die Spitze treiben, dem in der Hinsicht von keinem Film jemals etwas vorzumachen ist – auch erstaunlich für ein Zweitwerk).

                          Im Gesamtbild bleibt vor allem die Darstellung des Wohnkomplexes in Erinnerung, in der die von Pech und Dummheit/Naivität gleichermaßen geplagten Figuren ihre Leben führen und sich unter skurrilen Umständen über den Weg laufen. Zuweilen erkannte ich gewisse Ähnlichkeiten zu den Filmen der Coen-Brüder, vor allem den fünf Jahre später erschienenen „A Serious Man“. Mit dem teilt er sich zufälligerweise auch die Wertung. Mehr ist es nicht, da der letzte „Biss“ fehlt (da passt der Titel wohl), der den Film so besonders machen würde wie die drei grandiosen Nachfolgefilme. Ein wenig skeptisch bin ich außerdem gegenüber der Behandlung der Hunde bei den Dreharbeiten. Zwar wird am Anfang (nicht wie üblich erst im Abspann) darauf hingewiesen, dass keine Tiere dabei zu Schaden gekommen sind, aber so ganz traue ich dem Braten angesichts mancher einzelner Szenen nicht.

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                          • 7 .5
                            Roach 13.06.2017, 10:14 Geändert 13.06.2017, 10:15

                            Anders als vielleicht zu erwarten, versteht sich „Noriko’s Dinner Table“ definitiv nicht als Sequel/Prequel/Sonstwasquel zu „Suicide Circle“, sondern hebt sich cinematographisch und handlungstechnisch stark von diesem ab und baut auf diese Weise einen ganz eigenen Charakter auf, der viel geerdeter und auch ruhiger ist als besagter Vorgänger. Wo jener noch auf Trash und Groteske setzte, ist von beidem hier kaum mehr etwas zu spüren: „Noriko’s Dinner Table“ ist erwachsen, durchdacht und handelt von ehrlichen Emotionen, die der Film – wie bei Sono üblich – hervorragend in fesselnden Situationen zum Überkochen zu bringen weiß. In diesen Momenten bildet dieser Film bereits eine Art Präludium zum Magnum Opus „Love Exposure“ und behandelt obendrein auch genau wie dieser das Thema einer Jugend, die in einer von älteren Generationen bestimmten Gesellschaft versucht, eine eigene Identität zu finden. Ob in diesem ausufernden Familiendrama von annähernd drei Stunden dabei unbedingt die ständigen Voice-Overs nötig gewesen wären, die den Film, würde man das Bild weglassen, auch locker zum Hörbuch machen würden, ist natürlich fraglich. Allerdings lohnt sich all das allermindestens für die letzte halbe Stunde, denn das ist Sono pur in seiner Kompromisslosigkeit und Rauheit – nicht auf stumpf-provokante Weise wie „Suicide Circle“ es (wenn auch offensichtlich gewollt und darin auch durchaus versiert) tat, sondern auf diese Weise, wie man es hier zum ersten Mal erleben konnte und danach bei Sono (und meines bisherigen Wissens in dem Ausmaß wirklich nur bei ihm) immer wieder zu spüren bekommen durfte: Ein Filmemachen, bei dem man das Gefühl hat, es würden Blitze zwischen den Schauspielern springen. Wer also Fan von Sonos späterem Werk ist, dem sei gesagt, dass hier die Anfänge dessen verborgen liegen, was seine Filme für ihn höchstwahrscheinlich so ekstatisch, machtvoll und tiefgreifend macht. Nicht zu hundert Prozent ausgereift, aber doch unübersehbar.

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                            • Cronenberg hat auch seine Abneigung gegenüber "The Shining" (und Kubrick generell) geäußert und meinte dazu, Kubrick hätte das Genre nicht verstanden: https://www.theguardian.com/film/2013/nov/05/david-cronenberg-stanley-kubrick-horror-the-shining

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                              • Meinst du etwa: Deine englischsprachigen Lieblingsregisseure? ;)

                                • Roach 20.05.2017, 14:55 Geändert 20.05.2017, 15:05

                                  http://www.moviepilot.de/liste/meine-top-10-lieblings-regisseure-roach:
                                  1. Park Chan-wook. Auf immer und ewig und wahrscheinlich nicht mehr zu toppen. ♥
                                  2. David Lynch
                                  3. Satoshi Kon
                                  Ab hier ohne Reihenfolge und deshalb alphabetisch geordnet:
                                  4. Ingmar Bergman
                                  5. Bong Joon-ho
                                  6. Tim Burton
                                  7. David Cronenberg
                                  8. Christopher Nolan
                                  9. Sion Sono
                                  10. Wong Kar-wai

                                  Fast drin: Die Coen-Brüder, Hayao Miyazaki und Jean-Pierre Jeunet.

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                                  • Ist das eigentlich nur bei mir so oder sind tatsächlich die Kommentare zu den einzelnen Einträgen in Listen verschwunden..?

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                                    • Zweifelsohne "I'm a Cyborg But That's Okay" als ein weicher, lieblicher Film mit einem der besten Soundtracks überhaupt, wobei er obendrein auch mutig genug ist, ernste Themen anzusprechen und an mehr als einer Stelle an Durchgedrehtheit im wahrsten Sinne des Wortes durch die Decke zu gehen - auf eine unfassbar kreative Weise. Ein wundersamer Film für welche, die Filme mit im eigentlichen Sinne des Begriffs >>außergewöhnlichen<< Figuren nicht scheuen.

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                                      • Roach 26.01.2017, 13:00 Geändert 26.01.2017, 13:01

                                        Der 3D-Hype war ehrlich gesagt von vornherein zu einem großen Teil nur gespielt. In vielen Kinos kommen die meisten Filme kaum mehr in 2D (wenn überhaupt), wodurch den Kinogängern 3D aufgezwungen wird - und dann wird davon gesprochen, wie hoch doch das Interesse an der Technik ist. Im Endeffekt haben viele 3D nur unterstützt, weil sie es in Kauf nehmen mussten, um den Film überhaupt in ihrer Nähe sehen zu können. Die tatsächlichen Befürworter sind, meiner Erfahrung nach, recht spärlich gesät.

                                        Ich für meinen Teil könnte zudem kaum froher darüber sein, dass der "Schein-Hype" langsam abebbt/abebben könnte, da ich davon tränende Augen bekomme, zudem fiel es mir bei 3D-Filmen immer schwerer, mich auf Details wie die Hintergrundgestaltung zu konzentrieren. Einen Mehrwert hatte die Technik für mich persönlich also nie.

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                                          Episode 6: Return of the Jedi
                                          Episode 8: The Last Jedi
                                          ... hat ja super geklappt mit der Rückkehr.

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                                          • Roach 11.01.2017, 17:39 Geändert 11.01.2017, 17:39

                                            Das sind viel mehr Folgen als erwartet. Wenn ich mich richtig erinnere, war zuerst die Rede von 9, dann die Rede von 12 ... anscheinend hat Lynch noch mal einiges vor, worauf ich sehr gespannt bin. Allerdings stelle ich mich darauf ein, dass Lynch nicht wirklich versuchen wird, das vertraute Feeling der ersten Staffel wiederzubeleben. Wahrscheinlich wird er eher darauf setzen, Twin Peaks was Neues abzugewinnen - ist halt Lynch. Könnte mich darüber aber ehrlich gesagt nicht beschweren.

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                                              Roach 30.12.2016, 21:07 Geändert 31.12.2016, 00:49

                                              Von Filmen der Sorte von „Peppermint Candy“ braucht die Welt dringend mehr. Er ist still und charakterbetont, dabei einfühlsam, aber durchaus fordernd dem Zuschauer gegenüber, dem er ein eigenes Urteil über die dargestellten Situationen, Verhältnisse und (Rückwärts-)Entwicklungen abringen will. Kein Film, dem es um eine Geschichte geht, sondern einer, dem es um einen Prozess im Kopf des Zuschauers geht, nämlich um das Verstehen. Und doch macht er nicht den Fehler, zu behaglich zu plätschern, zu harmlos zu sein, um wirklich zu fesseln, was eine Angewohnheit von vergleichbaren „Filmfestival-Charakterdramen“ ist. Stattdessen bietet „Peppermint Candy“ inmitten seiner Plansequenzen und brillanten Bilder auch eine besondere Eigenständigkeit, die unter anderem durch die unkonventionelle Erzählweise zustandekommt, sowie einige wirklich denkwürdige Momente. Über die eine oder andere Länge muss man aber auch in diesem Film steigen, der Gesamteindruck überzeugt jedoch genug, dass darüber hinweggesehen werden kann.

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                                                Roach 29.12.2016, 18:17 Geändert 29.12.2016, 18:18

                                                Bei „Rogue One“ handelt es sich eigentlich um einen sehr starken halbstündigen Kurzfilm mit einer Menge großartiger Momente und einigen gute Ideen, der aber völlig unnötigerweise durch anderthalb Stunden lautem und nervigem Nichts zu etwas aufgeblasen wurde, das nun versucht, als Kinofilm durchzugehen.

                                                So ist es regelrecht grausam zu bemerken, wie wenig nach nur kurzer Zeit hängen geblieben ist. Rückblickend scheint es aber auch nicht verwunderlich, schließlich ist jeder Charakter lediglich eine Pappfigur (gerade, dass Mads Mikkelsen so verschwendet wurde, ist traurig), was auch daran liegt, dass einfach viel zu viele Figuren auf einem Haufen wuseln, von denen mindestens die Hälfte völlig überflüssig ist und nichts direkt zur Handlung beiträgt. Tatsächlich kümmert sich der Film die ganze Zeit einen Mist um seine Charaktere und scheint die nächste Explosion viel interessanter zu finden. Selbst wenn es mal zu emotionalen Momenten kommt (ein paar davon gibt es!), finden sie nie Anklang, genau weil die Figuren verloren zu sein scheinen in einer Handlung, die zu keiner Sekunde eine Rhythmik findet, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt ist, von Schauplatz zu Schauplatz zu springen, anstatt auch nur irgendein Ereignis tatsächlich wirken zu lassen. Eine Stärke der Originaltrilogie war die ausgiebige Erzählweise, die es ermöglicht hat, die Orte wirklich kennenzulernen, wodurch diese zum Leben erweckt wurden (sogar eine Eiswüste wie Hoth). Ab Episode 2 war alles anders und seitdem scheint jeder Film der Saga von katastrophalem Pacing geplagt (man könnte sogar behaupten, dass gleich mehrere dieser Filme – der hier eingeschlossen – zu den extremsten Beispielen für misslungene Erzählrhythmik zählen).

                                                Das alles aber mal beiseite, eine Sache sollte noch ausgesprochen werden, aber die ist ein SPOILER, also ihr seid gewarnt:

                                                Der Motion-Capture-Tarkin ist eine Scheußlichkeit sondergleichen. Unfassbar, wie scheiße das aussieht und dass man da so dreiste Close-Ups drauf zeigt, wohl in der Hoffnung, dass das Publikum blöd (oder blind) genug ist, diese Abscheulichkeit einfach so zu schlucken. Generell sind die Anspielungen auf vorige Filme der Saga eine Frechheit in ihrer Aufdringlichkeit und der schieren Dummheit ihrer Ausführung. Da hätte man sich entscheiden müssen – einen eigenständigen Sci-Fi-Kriegsfilm draus machen oder einen Teil der Saga. Aber so wie es gemacht wurde – einen für sich stehenden Film zu machen und dann alle paar Minuten ein richtig schlecht platziertes Easter Egg reinzuschmeißen, in der Hoffnung, dass die Fanboys total auf fünf Sekunden Bail Organa steilgehen - ist ein extrem peinlicher und erzwungen wirkender Mittelweg.

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                                                • Roach 29.12.2016, 17:32 Geändert 29.12.2016, 17:58

                                                  Die ethische Frage ist es in diesem Kontext zwar wert, gestellt zu werden - ich würde nicht wollen, dass jemand mit meinem Gesicht 20 Jahre nach meinem Tod irgendwelche Sachen macht, die ich nicht will -, aber nicht ganz so leicht zu beantworten wie die künstlerische. Von der aus gesehen ist es offensichtlich, dass die CGI-Technik nicht ausgereift genug ist (und wahrscheinlich auch nie sein wird, bzw. nur mit einem enormen Arbeitsaufwand, der sich nicht lohnt), um etwas so unfassbar Komplexes wie ein menschliches Gesicht so klar nachzuzeichnen. Bei einer grotesken Figur wie Gollum funktioniert sowas, bei tatsächlichen Menschen überhaupt nicht. Natürlich gibt es diejenigen, denen es angeblich nicht aufgefallen ist (wobei: "You didn't notice, but your brain did."), aber solange die andere Hälfte der Leute sich im Nachhinein lustig drüber macht, hat man das Ziel weit verfehlt.

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                                                  • Roach 19.12.2016, 00:14 Geändert 19.12.2016, 00:16

                                                    1. Oldboy (2003)
                                                    2. The Lord of the Rings
                                                    3. Lady Vengeance
                                                    4. Sweeney Todd
                                                    5. Dead Ringers
                                                    6. Heat (1995)
                                                    7. The Nightmare Before Christmas
                                                    8. Léon the Professional
                                                    9. Mary & Max
                                                    10. Pans Labyrinth

                                                    Die Reihenfolge ist zugegeben ausgesprochen lose.
                                                    Fast dabei:
                                                    Inland Empire, Tokyo Godfathers, Das Siebente Siegel, I'm a Cyborg But That's Okay, Angel's Egg

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