RoboMaus - Kommentare

Alle Kommentare von RoboMaus

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    RoboMaus 01.02.2023, 07:25 Geändert 01.02.2023, 18:23

    Einer der besseren Haunted House-Grusler aus neuerer Zeit. Man fragt sich allmählich, was Filmemacher aus diesem Konzept noch herausholen wollen, ohne dass es wie hundert Mal gesehen wirkt. Hier punktet 'The Cellar' (2022) mit einigen guten Ideen zu dem, was im Keller vor sich geht. Wohltuend im Aufbau, kommt man zügig zur Sache und verzichtet auf eine lange Exposition der Verhältnisse unter den Mitgliedern der einziehenden Familie, was bei manchen Genrevertretern gut ein Drittel bis die Hälfte einnimmt, bevor etwas Nennenswertes passiert. Auch zum Ende betritt man nicht die ausgetretenen Pfade (der vorhersehbare, mitunter hanebüchene "Showdown"), sondern hat sich etwas anderes einfallen lassen. Dazwischen gibt es allerdings auch die üblichen Horrorklischees, wie z.B.: die Frau und das Kind merken, dass etwas nicht stimmt und Übles im Gange ist, während der Mann versucht, alles rational wegzuerklären und nicht einmal die Holzhammer-Hinweise versteht..... Zudem hält sich der Grusel bzw. die Präsenz der Bedrohung phasenweise auf Sparflamme, wodurch die Spannungskurve v.a. im mittleren Drittel merklich abflacht. Unter dem Strich bietet 'The Cellar' jedoch einen ansprechenden Plot mit wohlplatzierten, wenn auch zu seltenen Gruseleinlagen, um sich im Genre noch leicht über dem breiten Mittelfeld zu platzieren und für solide Unterhaltung zu sorgen. Gut im Ansatz und der Darstellung, aber nicht intensiv genug für einen wirklich starken Horrorfilm.

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      RoboMaus 31.01.2023, 07:18 Geändert 01.02.2023, 06:46

      Die Vergleiche von 'Wednesday' (S1, 2022) mit 'Harry Potter' sind nicht von der Hand zu weisen, und wäre Tim Burtons Serie nicht so nerdig, fantasy-lastig und manchmal zu albern ("Händchen"), würde sie besser ihre gute Story, Spannung und die Gruselwirkung entfalten. Natürlich schreibt so etwas nur, wer 'Harry Potter' öde findet und viel mehr im Horror- als im Fantasy-Genre beheimatet ist ;-) Im umgekehrten Fall mag 'Wednesday' einschlagen wie eine Bombe und ist eine unbedingte Empfehlung.
      Die Handlung baut auf der 90er Addams-Family auf: Mom und Dad (stark verkörpert von Catherine Zeta-Jones und Luis Guzman) schicken ihre Tochter Wednesday auf ein Internat von "Außenseitern", die sich durch übermenschliche Fähigkeiten kennzeichnen. Angetrieben von ihrem morbiden, unbeirrbaren Charakter, verfolgt Wednesday mysteriöse Mordfälle im Zusammenhang mit einem Monster aus dem Umfeld des Internats. Jenna Ortega spielt die Rolle der emotionslosen, kitschverachtenden Soziopathin sehr stark und wirkt in jeder Phase glaubhaft als gothic-Ausgabe von Harry Potter. Weitere Pluspunkte sind die einnehmende Grusel-Atmosphäre, der Score mit starken Songs, die in den richtigen Momenten angespielt werden, und das straffe Pacing. Die Handlung ist nicht durch unnötige Nebenhandlungen verwässert, wie in so vielen Serien, sondern bleibt eng am Thema und entwickelt die leider etwas vorhersehbare Story konsequent bis zum (Staffel-)Ende. Langatmig wird es hier nicht, und das ist doch schon die halbe Miete für ordentliche Unterhaltung.

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        RoboMaus 28.01.2023, 10:24 Geändert 28.01.2023, 10:35

        Die 'Deadpool'- und Guy Ritchie-Vergleiche zu 'Bullet Train' (2022) haben mich zunächst abgeschreckt, weil mir diese Art von Humor und Pseudo-Coolness überhaupt nichts gibt. Auch mit Tarantino wird verglichen, und zum Glück liegt 'Bullet Train' stilistisch näher an einigen Tarantino- und Rodriguez-Werken vor 2010. Es wird ein Spiel zwischen dubiosen Charakteren aufgezogen, deren Ziele und Gemeinsamkeiten zunächst unklar sind, sich aber im Laufe der Zeit herausschälen. Natürlich versuchen sie alle, sich gegenseitig umzubringen, was mit einem Augenzwinkern und jeder Menge schwarzen Humors / Sarkasmus serviert wird, der eine amüsante Grundstimmung erzeugt und meine Lachmuskeln einige Male in Bewegung setzte. Die Handlung um das "warum ist wer hinter wem her?" ist komplex aufgebaut und schafft es, den Zuschauer zu beschäftigen, wobei die kaum bekannten Drehbuchautoren Z. Olkewicz/K. Isaka nie zu viel preisgeben und im Verlauf mit ein paar Überraschungen aufwarten. Der Cast überzeugt, allen voran Brad Pitt als Killer, der es vorzieht, ohne Handfeuerwaffen zu arbeiten... und eine nur kurz, dafür umso beeindruckender auftretende Sandra Bullock, die locker 15 Jahre jünger aussieht als sie wirklich ist.
        Überraschend starke Unterhaltung, die gewiss zur Wiederauflage kommen wird.

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          RoboMaus 27.01.2023, 09:01 Geändert 30.01.2023, 07:58

          Die erste Folge von 'The Good Doctor' (ab 2017) führt den Charakter des autistischen Arztes mit einem Paukenschlag ein - das ist sehr stark gemacht, und natürlich hat er damit so gut wie jeden im Publikum auf seiner Seite. Das Ringen um Anerkennung, Abbau von Vorurteilen - man traut dem Autisten nur allmählich zu, ein Lebensretter zu sein: technisch unschlagbar, wie etliche Autisten ein wandelndes Lexikon (daher auch "Savants" genannt), aber keine empathischen Fähigkeiten. Kann das gutgehen im Umgang mit Patienten und Kollegen? Genau aus dieser Frage bezieht die Serie Folge für Folge ihre Spannung und beleuchtet wohl jede nur erdenkliche Facette im Aufreten und Wirken des autistischen Krankenhaus-Arztes. Das Privatleben und die durch seine Empathie-Unfähigkeit aufflammenden Probleme eingeschlossen. Ein dickes Lob an Fredddie Highmore, der die Rolle überzeugend spielt und sich im autistischen Umfeld dafür sehr genau umgesehen hat. Auch die Visualisierung seiner medizinischen Ideen und Geistesblitze ist sehr anschaulich und nachvollziehbar dargestellt.
          Doch während der dritten Staffel schien mir das Konzept allmählich verbraucht. Die vorher noch vorhandene Frage "Wie wird der gute Doktor seine Probleme meistern?" hat sich aufgelöst, bzw. ging in die Wiederholungsschleife, und damit wich die Spannung der Krankenhaus-Routine. Der Appetit auf die nächste Folge schwand zunehmend, was ein Gradmesser für die wahrgenommene Qualität einer Serie ist - irgendwann in S3 war unbewusst Schluss (d.h., es wurde nicht entschieden, die Serie nicht mehr zu schauen), wodurch sie ins Aus dümpelte und de facto uninteressant wurde. Bis heute. Mit S1-S3 lag sie abfallend bei 8-5 Punkten, woraus die Bewertung entsteht.

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            RoboMaus 23.01.2023, 08:26 Geändert 23.01.2023, 09:56

            Gewiss ist 'Meine Stunden mit Leo' (2022) kein Film, der ein großes Publikum anzieht: Emma Thompson und Daryl McCormack halten sich beinahe ausschließlich in einem Hotelzimmer auf und reden. In Ermangelung einer Handlung kommt es somit hauptsächlich auf die Dialoge, deren Inhalt und das Schauspiel an, und damit überzeugen sowohl das Drehbuch als auch die Akteure. Die 63jährige, vormalige Lehrerin Emma Thompson hatte nie ein erfülltes Sexleben und will das Versäumte nachholen - sie bucht einen Callboy. Zwei Stunden Himmel auf Erden. Doch während McCormack sich als unerwartet einfühlsam und gebildet erweist, bekommt Emma kalte Füße....
            In diesem Film geht es nur am Rande um Sex. Hauptsächlich dreht es sich um Annäherung, (Abbau der) Vorurteile, Selbstwahrnehmung, die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Die Dialoge sind scharfsinnig gescriptet, in jeder Phase glaubhaft - nie wird es hier trivial, was auch der starken Leistung der Schauspieler zu verdanken ist. Als reiner Dialogfilm erreicht 'Meine Stunden mit Leo' zwar nicht das Niveau von z.B. 'Die zwölf Geschworenen' (1957), überzeugt jedoch durch die gefühlvolle Platzierung seiner auf den Punkt gebrachten Inhalte.

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              RoboMaus 21.01.2023, 14:51 Geändert 21.01.2023, 17:47
              über Men

              Wie übel muss es im Kopf von jemandem aussehen, der sich umbringt? Schlimmer kann es kaum sein, doch die Steigerung davon ist, wenn jemand seinen Suizid so inszeniert, dass ein Ex-Partner maximal getroffen wird und Schuldgefühle induziert werden. Gewissermaßen als "Abschiedsgeschenk". Um nichts weniger geht es im Psycho-Grusler 'Men' (2022). Dem Titel würde man per se wohl entnehmen, dass er andeuten will, wie Männer ticken (etwa wie in Grönemeyers 'Männer' von 1984). Im Bezug auf derartige Suizid-Inszenierung müsste ich das sogar bestätigen, denn tatsächlich habe ich so einen Fall im Freundeskreis erlebt.
              Im Film will eine Frau Abstand von solch einem Erlebnis nehmen und mietet ein großes Haus auf dem Land. Allmählich häufen sich jedoch die Merkwürdigkeiten, wodurch sie sich verfolgt fühlt. Allerdings bleibt es auf die ersten zwei Drittel bei Andeutungen, wonach es doch noch creepy wird. Der Stil setzt auf artsy und gibt sich undurchsichtig, was ich als teilweise gelungen erachte. Vor allem im optischen Bereich bekommt man einige Sequenzen mit ästhetischen Leckerlis, wobei der Grusel-Anteil im letzten Drittel etwas in Richtung Lars von Trier geht (ähnlich diesen kurzen, aber knackigen Horror/Ekel-Einschüben in LvT-Filmen). Weniger gelungen finde ich dagegen den 'Donnie Darko'-artigen Auftritt eines "rätselhaften" Typen, der seinen Pimmel in die Kamera hält - ohne das geht's wohl nicht im Arthaus (in 'Donnie Darko', 2001, ist es ein Typ im Hasenkostüm, der rätselhaft herumsteht....).
              Wenn auch manchmal unnötig abstrus, ist 'Men' ein interessanter Psycho-Grusler, der sein Thema mit einigen guten Ideen an den Zuschauer bringt, sich jedoch im Aufbau und dem Anziehen der Spannungsschraube etwas zu viel Zeit lässt.

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                RoboMaus 17.01.2023, 11:32 Geändert 17.01.2023, 13:34

                Ein Haufen Dumpfbacken will ein Ding durchziehen, klaut damit aus Versehen Heroin der Mafia und richtet Chaos an. Die meisten Charaktere, natürlich auch die Polizei, erscheinen unterbelichtet, ausser Hauptdarsteller Kim Bodnia, der den Schlamassel in Ordnung bringen will. Die Handlung dieser schwarzhumorigen dänischen Krimikomödie ist natürlich Gaga, und die aus der Konstellation von Charakteren resultierenden Dialoge sind oft am Rande des erträglichen..... außer, natürlich, man findet das witzig oder wenigstens amüsant. Leider ist das in meiner Wahrnehmung von Humor nicht der Fall, obwohl ich den Erfolgsfilm des Teams Olsen/Bodnia 'In China essen sie Hunde' (1999) in Ordnung fand. 'The Good Cop' (2004) erscheint dagegen wie ein Abklatsch, der einen Erfolg wiederholen möchte, dabei jedoch Konzepte und Ideen verwendet, die ausgelutscht sind oder einst in den unteren Schubladen verschwanden und nun wieder hervorgekramt wurden.

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                  RoboMaus 17.01.2023, 07:01 Geändert 06.02.2023, 17:23

                  'Star Trek' rockt wieder! Nachdem die letzten Serien-Inkarnationen des Franchise auf ernst/düster/dialoglastig mit eher langsamem Pacing setzten, atmet 'Strange New Worlds' (S1/2022) wieder den Geist der ursprünglichen Weltraumhelden-Serie um Captain Kirk aus den Sechzigern.
                  Stilistisch gibt man sich sich locker und verzichtet auf lange, reflektierende Dialogpassagen, wie man es z.B. aus dem unseligen TNG-Ableger 'Picard' (2020) kennt. Nun steht die Handlung in abgeschlossenen Folgen wieder im Vordergrund, worin die Besatzung immer wieder Bedrohungen und Herausforderungen ausgesetzt ist, denen man mit Entschlossenheit, aber auch mit Diplomatie entgegentreten muss. Zeitlich ist man hier unmittelbar vor Kirk angesiedelt, als Captain Pike noch das Kommando der Enterprise führte (Pike war von Gene Roddenberry als Captain in der allerersten produzierten Folge eingeführt worden, die jedoch wieder eingestampft wurde). In der Crew von Pike sind mit Uhura und Mr. Spock schon zwei Charaktere der späteren Crew um Captain Kirk. Den meisten Folgen liegen gute Plotideen zu Grunde, doch manchmal führt die Handlung zu ausgedehnt in die Charakter- bzw. Beziehungsbeleuchtung einzelner Crewmitglieder (eine ganze Folge zu Spocks Liebesleben?? Das hätte nun wirklich nicht sein müssen). Ein Wermutstropfen ist der Auftritt von Paul Wesley alias Captain Kirk, der William Shatner von 1966 überhaupt nicht ähnlich sieht. Aus meiner Sicht hätte man sich um eine derart ikonische Figur optisch mehr bemühen müssen, evtl. auch mit Tricksen, damit das wenigstens einigermaßen authentisch wirkt. Chris Pine war als Kirk für das 'Star Trek' Reboot von 2009 eine wesentlich bessere Wahl.
                  Dennoch ist Staffel 1 insgesamt ein starker Neubeginn, der v.a. Star Trek Fans der ersten Stunde ansprechen dürfte.

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                    RoboMaus 13.01.2023, 11:12 Geändert 14.01.2023, 07:53

                    "Fick mich, Yankee" - ob George Clooney auf diese verlockende Einladung einsteigt?
                    'The Good German' (2006) ist ein wenig bekannter Film von Steven Soderbergh, der seinen Buddy George Clooney in der Hauptrolle sieht, verstärkt von Cate Blanchett und Tobey Maguire. Neben der üppigen Prominenz ist eine weitere Besonderheit das Setting im zerbombten Berlin von 1945, worin eine Kriminalstory um nebulöse Interessen und Täuschung im Geflecht der Nazi-Verfolgung angesiedelt ist. Soderbergh hält das Format in 4:3 und leicht grieseligem Schwarzweiß, so dass der Film wie damals gedreht wirkt. Das ist gelungen und erzeugt eine authentische Thriller-Atmosphäre, ähnlich der von 'Der dritte Mann' (1949) oder 'Casablanca' (1942), was gewiss kein Zufall ist. Die Story ist nicht vorhersehbar und wartet mit ungeahnten Finessen auf, was den Zuschauer von Anfang an beschäftigt. In solch einem Film darf die geheimnisvolle, attraktive Frau nicht fehlen, stark verkörpert von Cate Blanchett. Das Spiel, das sie aufzieht, und ihre Motive schälen sich erst mit der Zeit heraus, was zu einer (jedoch kaum überraschenden) Message zum wenig moralischen Verhalten und den Interessen der Amerikaner im Deutschland der Nachkriegszeit führt. Alles in allem ein gelungener Retro-Thriller, der allein schon durch das besondere Setting in Erinnerung bleiben dürfte.

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                      RoboMaus 10.01.2023, 15:40 Geändert 25.01.2023, 07:49

                      'Das große Fressen' (1973) serviert auf vollen zwei Stunden vorwiegend belangloses, zuweilen auch ätzendes Gerede einer Gruppe, die sich bis zum Stehkragen vollstopft. In den Fresspausen wird reichlich gekotzt, gefummelt und gevögelt. Darüber hinaus besitzt dieser Film kaum Handlung. Was wohl als Kritik an der dekadenten (oberen) Gesellschaft verstanden werden möchte, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als einfallsloses Siebziger-Arthouse, das lediglich durch Provokation punkten will, jedoch schnell das Opfer seiner Eindimensionalität wird. Als zehn Minuten-Kurzfilm wäre das noch erträglich, doch über die volle Laufzeit erhöht sich der Langweilfaktor exponentiell. Bis kurz vor dem Ende stand die Bewertung daher bei 2 Punkten, doch als Schlusspunkt kommt im Sinne der Dekandenzdarstellung unerwartet noch eine gute, witzige Idee, die einen halben Extrapunkt liefert. Gemessen am Bekannheitsgrad dieses "Skandalfilms" ist der Eindruck ernüchternd: über banales, repetitives Provozieren und ermüdendes Geschwätz kommt 'Das große Fressen' nicht hinaus.

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                      • RoboMaus 04.01.2023, 10:52 Geändert 04.01.2023, 18:19

                        '1899' hat auf MP einen Schnitt von 6,6 - das ist für eine Serie verheerend, weil vor allem die Leute bewerten, die bis zum Ende dabei sind, und das sind i.d.R. die, die das sowieso ganz toll finden. Wer vorher gelangweilt oder entnervt aussteigt, bewertet meist nicht, weshalb gerade bei den Serien die Durchschnitts-Bewertungen am stärksten ins Positive verzerrt sind.
                        Das Gejammer der Fans kann nicht darüber hinweg täuschen, dass das Gros der Zuschauer diese Serie gedisst hat, und das muss sich am besten in den Netflix-Statistiken zeigen, die leider nicht veröfffentlicht werden. Wären sie veröffentlicht, würde den Fanboys wohl der Kiefer runterklappen. Den mit Sicherheit unterrepräsentierten negativen Kommentaren nach empfindet ein großer Teil der User '1899' als inhaltlich zu dünn, zu zäh im Fortschritt und zu wirr im Aufbau, was mutmaßlich zum Ausstieg im großen Maßstab geführt hat. Eine Serie, die nur relativ wenige User sehen wollen, hat aus betrieblicher Sicht keine Berechtigung und wird zwangsläufig abgesetzt, ausser bei den öffentlich-rechtlichen, bei denen das Geld durch so etwas wie Straßenräuberei eingetrieben wird. Gott sie Dank ist das bei Netflix nicht so.

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                          RoboMaus 30.12.2022, 20:47 Geändert 02.01.2023, 07:29

                          Dustin Hoffman in einer Rolle ähnlich der von Forrest Gump: als Jack Crabb in 'Little Big Man' (1970) irrt er von einer skurrilen Episode des Lebens in die nächste. Die Handlung ist in der zweiten Häflte des 19. Jh. angesetzt, wo er als Zehnjähriger seine Eltern verliert und bei Indianern aufwächst. Nach einem abstrusen Sinneswandel kommt er wieder in die Welt der Weißen......
                          Die Erlebnisse des Jack Crabb werden mit einem komisch-parodistischen Unterton erzählt, der dazu führt, dass man das Gebotene nicht ernst nehmen kann. Für meinen Geschmack ist das auf weite Strecken zu albern und lapidar, manchmal auch absurd. Es wirkt somit langatmig, und obwohl einige gute Ideen dabei sind, bleibt mit einer Laufzeit von 2h20min der Blick zur Uhr nicht aus. Eine halbe Stunde weniger wäre für diesen Film ein Gewinn. Als roter Faden, der immer wieder durch den Plot blitzt, wird der Genozid an der indigenen Bevölkerung Nordamerikas thematisiert, was eine Anspruchsnote verschafft. Allerdings hört bei diesen Einlagen der Spass auf, denn das Abschlachten wird teilweise mit drastischer Härte gezeigt. Das erzeugt maximale Kontrastwirkung, mit der diese Szenen aus dem humorigen Kontext herausstechen. Die Komödie wird hier eher als Vehikel benutzt, um die Genozid-Message zu transportieren - das mag mancher als genialen Kunstgriff verstehen; man kann das aber auch als forcierte Vermengung zweier Genres auffassen, die kaum kompatibel sind, was eher meiner Sichtweise entspricht.
                          Unter dem Strich reicht es für ein "geht so", aber 'Little Big Man' ist gewiss kein Film, den ich mir noch einmal anschauen würde.

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                            RoboMaus 26.12.2022, 09:12 Geändert 26.12.2022, 11:54

                            "Jetzt geh' erstmal eine rauchen" - ein guter Truppführer wie Laurence Fishburne weiß seine Leute zu motivieren. Unzweifelhaft sind wir damit in vergangenen Zeiten des Kinos, als politische Unkorrektheit noch Konjunktur und Stil hatte, und gerade im SF-Genre grandiose Filme in Serie erschienen. Mein Gott, wie vermisse ich die 90er! 'Event Horizon' (1997) verkörpert diese Kino-Kultur in Reinstform und erschien mir genau richtig zum Test des neuen 65 Zoll OLED-Fernsehers, dessen vorgeblich satte Farben und tiefes Schwarz gerade bei düsteren Weltraumschockern das Filmerlebnis steigern sollten. Tatsächlich, da wurde nicht zu viel versprochen (kein colour banding!); dazu der krachende und wummernde Sound des Heimkinos - näher war ich auf dem Sofa noch nicht am echten Kino, zumal die Augen nur zwei Meter vom Bildschirm entfernt sind.
                            Die nahezu perfekten Rahmenbedingungen sind eines Filmes würdig, der in typischer 90er-Manier von Beginn in das Kernthema einsteigt, auf lästiges Geschwafel und Nebenhandlungen verzichtet und somit die Spannungsschraube stetig anzieht. Paul W.S. Anderson lässt sein Können als SF-/Horror-Regisseur aufblitzen, indem er über Optik und Score eine Atmosphäre kreiert, die in jeder Phase das sich anbahnende oder tatsächlich passierende Grauen unter die Haut des Zuschauers bringt. Abstriche muss man jedoch beim Inhalt hinnehmen, denn eine Story ist nur in Ansätzen vorhanden, und die Handlung ergibt mit zunehmender Laufzeit immer weniger Sinn. Wären hier im Narrativ noch einige starke Ideen an- und umgesetzt, hätte 'Event Horizon' das Zeug zum 10 Punkte-Film, doch auch so verfehlt dieser Weltraum-Horrortrip seine Wirkung nicht und ist ein Muss für Genre-Liebhaber.

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                              RoboMaus 19.12.2022, 20:28 Geändert 19.12.2022, 21:18

                              Unglaublich, wie moderne Wissenschaft den Hinterlassenschaften lange vergangener Kulturen das Alter und manche Eigenschaft entlockt. In der Doku 'Auf den Spuren der Neandertaler - Das Rätsel der Bruniquel-Höhle' (2019) geht es um ein von Neandertalern errichtetes Konstrukt in einer Höhle, das in allen Belangen rätselhaft ist und dessen Bedeutung vor allem mit der Datierung zusammen hängt. Wie die zweifelsfreie Datierung gelang (somit der Beweis, dass das Konstrukt vom Neandertaler stammt und nicht vom Homo sapiens), wie die Höhle damals ausgeleuchtet wurde und wie es im regionalen Zusammenhang steht, ist gut verständlich und nachvollziehbar erklärt. Dazu ist das eine dieser spannenden Science-Stories, die sich häufig um wichtige Entdeckungen ranken, schön dargestellt vom frühen Engagement eines Teenager-Hobbyforschers bis zum Erreichen der Titelseite eines der global renommiertesten Science-Journals ('Nature').
                              50 Minuten, die sich wirklich lohnen: https://www.youtube.com/watch?v=S8bNweOfDoM

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                                RoboMaus 17.12.2022, 08:05 Geändert 19.12.2022, 20:32

                                Das Konzept für 'The Advent Calendar' (2021) ist stark und innovativ; zumindest habe ich das bisher nicht gesehen: ein unheimlicher, aber auch mit viel Geschick kunstvoll gestalteter Adentskalender wird einer Querschnittsgelähmten zum Geschenk gemacht. Jedes Türchen birgt eine Überraschung, die der Besitzerin sehr gute, aber auch beängstigende bis alptraumhafte Situationen beschert. Dabei zeigt Patrick Ridremont (Drehbuch & Regie) großen Einfallsreichtum bei der Bestückung seiner Türchen und lässt den Zuschauer mitfiebern, was die Besitzerin wohl nach dem nächsten mitternächtlichen Öffnen erwartet.....
                                Nach der Mitte stand diese kalendarische Schlittenfahrt durch die französische Grusellandschaft bei soliden 8 Punkten, was durch ein Anziehen der Horrorschraube zum Finale hin steigerungsfähig gewesen wäre. Doch Patrick Ridremont verzichtet darauf, im letzten Drittel eine Schippe draufzulegen und lässt damit die Spannungs-/Gruselkurve eher abflachen. Zudem geht das Überraschungsmoment verloren, womit 'The Advent Kalender' ungefähr so endet, wie es sich schon länger vorher angedeutet hat. Doch auch wenn er das hohe Niveau nicht halten kann, ist dieser Beitrag eine Bereicherung für das Genre und in jedem Fall empfehlenswert.

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                                  RoboMaus 06.12.2022, 08:09 Geändert 17.12.2022, 08:15
                                  über 1899

                                  Positiv muss man der deutschen Mystery-Serie '1899' (2022) eine einnehmende Atmosphäre anrechnen, die über Optik und Score einen permanent unheimlichen Druck auf den Zuschauer ausübt. Der Einsatz der hinteren Lautsprecher erreicht sein Ziel u.a. mit unheilschwangeren Klängen wie niederfrequentem Maschinengewummer der riesigen Schiffsmotoren, während von vorn der Sound der Handlung kommt. Handwerklich ist das astrein. Inhaltlich ist das Gebotene jedoch zu mager. Lediglich die erste Folge vermag einen ansprechenden Plot mit gelungenen Suspense-Sequenzen aufzubauen, was bereits mit F2 in einen verwässerten Handlungsrahmen führt, der wenig Fortschritt zeigt. Stattdessen gibt es die typischen Drama-Füllstoffe mit ausgetretenen Nebenhandlungen, z.B. um ein Schwulen-Pärchen oder das Beleuchten der üblichen Animositäten zwischen den Charakteren, usw.. Der Mystery-Hauptstrang kommt hingegen kaum voran, wobei die Sachverhalte absichtlich lange im Unklaren gehalten werden, was eher unnötige Verwirrung als Unterhaltungswert erzeugt. Die Bereitschaft zu folgen sinkt mit zunehmender Laufzeit, und es wird schnell klar, dass Baran bo Odar und Jantje Friese storytechnische Inhalte nur für ein max. zwei Stunden-Drehbuch entworfen haben, das sie auf die acht Stunden von S1 strecken.
                                  Zu dünn, zu zäh, zu wirr, in Summe belanglos, wenn auch technisch stark gemacht - leider nur eine hübsch schimmernde, aber weitgehend leere Hülle.

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                                    RoboMaus 30.11.2022, 08:22 Geändert 30.11.2022, 19:55
                                    über Elvis

                                    Elvis rocks the nation - Baz Luhrmanns Würdigung des King of Rock'n'Roll ist zumindest in meiner Lesart sein bester Film. Hier verzichtet Luhrmann weitgehend auf den inflationären, theatralischen Schnickschnack, den er üblicherweise in seine Filme einbaut. 'Elvis' (2022) ist ein straight und einnehmend erzähltes Biopic, das mit so wuchtigen wie kunstvollen Bildern unterlegt ist. Im Narrativ legt Luhrmann wert auf die Beziehung zu Elvis lebenslangem Manager "Colonel Parker" (stark: Tom Hanks), der Elvis wohl eher als Melkkuh gehalten hat und den Druck auf ihn so hoch schraubte, dass er letztendlich seiner Tablettensucht erlag und mit 42 Lenzen den Rock'n'Roll-Tod starb. Elvis wäre heute 87 Jahre alt und könnte noch leben.
                                    Allerdings erscheinen die zweieinhalb Stunden Überlänge (ohne Abspann) vor allem in H2 etwas gestreckt. Luhrmann peitscht durch die frühen Jahre, mit denen Elvis für alle Zeiten seinen Ruhm zementierte, lässt dabei aber wesentliche Punkte aus. Dafür verzettelt er sich in H2 über die Auseinandersetzungen mit Parker. Eine halbe Stunde weniger hiervon hätte diesem Werk gut getan, was zu einem runderen und ausgewogeneren Eindrück geführt hätte (dafür mehr aus der musikhistorisch wichtigsten Phase 1955-58). Ein leider nicht auszublendendes optisches Manko ist, dass Elvis-Darsteller Austin Butler kaum wie Elvis aussieht, sondern eher wie John Travolta in jungen Jahren. Es gibt Elvis-Imitatoren wie Sand am Meer, von denen etliche Elvis ähnlicher sehen als Butler - konnte Luhrmann wirklich keinen finden, der etwas schauspielerisches Talent hat? Mit zwei Imitatoren hätte er auch das Problem der Alters-Unglaubwürdigkeit lösen können, denn Butler sieht bis auf die letzte Szene immer gleich jung aus, was für die späten Jahre nicht überzeugend wirkt.
                                    Unter dem Strich bleibt ein sehenswerter Film, der trotz inhaltlicher Abstriche über weite Strecken starke, visuell und akustisch einnehmende Unterhaltung bietet.

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                                      RoboMaus 17.11.2022, 09:28 Geändert 17.11.2022, 11:51

                                      Ein Totgeglaubter findet sich plötzlich in einem Bett der Psychiatrie, deren Personal allerdings nichts von seinem vorherigen Aufenthalt in der Leichenhalle weiß..... Es wird schnell klar, dass der Wiederkehrer in irgendeiner Form besessen ist und seiner Umgebung übel mitspielen wird. Doch schon nach der Einführung entwickelt sich die Handlung kaum noch weiter, sondern tritt inhaltlich auf der Stelle und wiederholt sich lediglich in den Aktionen, die damit immer vorhersehbarer werden. Im mittleren Drittel bin ich mangels Beschäftigung für 20-25 min eingeschlafen, hatte jedoch nicht das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben - das typische Kennzeichen inhaltlich schwacher Filme.
                                      Es wird versucht, 'The Dead Center' (2022) etwas in der Art von 'The Autopsy of Jane Doe' (2016) aufzuziehen, was vor allem am Drehbuch und über weite Strecken an fehlender Spannung scheitert. Immerhin punktet Billy Senese (Regie & Drehbuch) mit einer permanent bedrohlichen Atmosphäre in seinem Krankenhaus-Horrortrip, begeleitet von gelungenen Visualisierungen des gequälten Geisteszustands der Betroffenen, die sich jedoch auch nur wiederholen. Keineswegs wirkt die Umsetzung billig. Leider kann das allein dem schwachen Plot kaum entgegenwirken, so dass es trotz unbestreitbarer handwerklicher Qualitäten nur zu einem "geht so"-Eindruck reicht.

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                                        RoboMaus 12.11.2022, 23:18 Geändert 13.11.2022, 18:16

                                        Leider wie so oft: nach wirklich starkem Beginn flacht die Serie Folge für Folge ab. Schon ab F3 werden nur noch minimale Information über die anfangs eröffneten Zusammenhänge herausgegeben. Entsprechend dreht sich die Story weitgehend im Kreis, und die Zeit wird zunehmend mit Füllstoff-Dialogen totgeschlagen. Dazu ist die Handlung an etlichen Stellen nicht nachvollziehbar - nicht etwa, weil das zu komplex ist, sondern, weil schlecht durchdacht und hanebüchen (# Lesbierin weiht ihre Ex-Freundin mal eben so in die tiefsten Firmengeheimnisse im tiefsten Geheimkeller der Bösen ein, wo sie angestellt ist; natürlich keinerlei Schutzmaßnamen, Security, etc., etc.......).
                                        Schon nach F4 war die nächste Folge nur noch aus Hoffnung dran, aber nach F5 ist nun endgültig Schluss.

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                                          RoboMaus 07.11.2022, 06:51 Geändert 07.11.2022, 07:32
                                          über Lou

                                          Auf einer kanadischen Insel in den 80ern - Lou ist eine taffe Frau Mitte/Ende Fünfzig, die alleine lebt und nicht empathiefähig ist. Doch als ein Mann auftaucht, der das Kind ihrer Mieterin entführt, bringt sie die Talente aus ihrer geheim gehaltenen Vergangenheit hervor...... Es stimmt, was hoch bewertende Kommentare zu 'Lou' (2022) sagen: gut gefilmt, ansprechende Survival-Action im matschigen Urwald, eindrucksvolle Natur, starke 80er-Hits im Score, die Laune machen. Wem das für eine hohe Punktzahl reicht, hat das beneidenswerte Talent, die dicksten Mankos auszublenden: an zu vielen Stellen ist die Handlung unglaubwürdig und durchzogen von nicht nachvollziehbarem Verhalten. Die Fights erscheinen absurd, weil Allison Janney alias Lou einfach zu dürr und zu alt ist, um glaubhaft z.B. einen muskelbepackten, durchtrainierten Marine umzuwuchten. Anstatt auf plumpes Gekloppe zu setzen, das hier Fehl am Platz ist, hätte man Smartheit gegen Muskeln ausspielen müssen, wodurch ein überlegener Geist zum Sieg kommt. Zudem ist das Verhalten der Mutter manchmal an Dämlichkeit nicht zu überbieten, was den einzigen Zweck hat, eine billige Dramaturgie anzusetzen (nach dem Motto: jetzt hab ich dich, aber weil ich zu dumm bin, kannst du mich übertölpeln und weiterhin den Bösen spielen.....). Über die generische Handlung ist das leider nur ein Genre-Verschnitt, der gängige Action-Klischees bedient und sich wie hundertmal gesehen anfühlt, aber durch die erwähnten positiven Punkte insgesamt noch einen "geht so"-Eindruck erzeugt. Typisches Netflix-Mittelmaß.

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                                            RoboMaus 06.11.2022, 07:09 Geändert 06.11.2022, 07:20

                                            Einen Dank an RolfMuller und pischti, die diesen Film in meiner FL zuletzt besprochen haben - im arg gebeutelten Horrorgenre kann man für einen guten Tipp nicht dankbar genug sein!
                                            Mitnichten ein "Kriminalfilm", so die prophane Genre-Zuordnung auf MP. 'Ostatnia Wieczerza‘ aka 'Hellhole‘ (2022) ist ein polnischer Horrorfilm, der geschickt Elemente aus dem Dämonen/Exorzismus-Bereich mit einer Kriminalstory verstrickt und sich mit seinem clever erdachten Plot abseits der ausgetretenen Pfade bewegt. Das Setting ist klassisch düster und wirkt mit seinen heruntergekommenen Klostermauern gelungen unheimlich, gar angsteinflößend. Käme man in echt an diesen Ort, würde man es sich zweimal überlegen, hier einzutreten. Der Aufbau ist so gehalten, dass man als Zuschauer lange nicht weiß, was wirklich gespielt wird. Das allein schon hebt diesen Film von der Masse der einfallslosen Horrorfilme ab, die sich im Mittelfeld des Genres tummeln (von dem vielen Schrott ganz zu schweigen). Die Bedrohung ist unterschwellig ständig spürbar, womit Regisseur B.M. Kowalski eine solide Grundspannung erzeugt, in die er seine wohlplatzierten Horrorelemente bettet. Gewiss wurde die Handlung von Filmen wie 'Der Name der Rose‘ (1986) oder 'Die purpurnen Flüsse‘ (2000) inspiriert, doch auch wenn Kowalski in der Erzählkunst nicht an diese Vorbilder herankommt, macht er es mit der Gruselatmoshäre und seinen Mystery/Horroransätzen wieder wett und versteht es dabei, die Spannungsschraube stetig anzuziehen. Zum Ende mangelt es jedoch an Konsequenz - ich hatte das Gefühl, dass der Film jetzt erst richtig losgehen müsste und verspürte einen Cliffhanger, aber vielleicht gibt es ja noch einen zweiten Teil.....

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                                              RoboMaus 05.11.2022, 06:23 Geändert 05.11.2022, 06:59

                                              Altstar Marlon Brando und 90er Jungstar Matthew Broderick in einer Komödie/Satire auf den Mafiafilm. Fans von 'Der Pate' (1972) dürften entzückt sein, ihren Star mit 'Freshman' (1990) in dieser Rolle gereifter zu erleben, wenn auch gute 30 Kilo schwerer. Nur spielt er eben genau den Paten, wobei das Drehbuch nicht einen Gag hervorbringt, der diesen Charakter persifliert, obwohl er mehr als genug Angriffsfläche bietet. Bloß keine Blasphemie, und womöglich hätte Brando dann nicht mitgemacht. Broderick (Hauptrolle in Emmerichs 'Godzilla', 1998) mimt einen Studenten, der aus Geldnot für die Mafia einen Transportjob annimmt und damit immer tiefer in Kalamitäten gerät. Der Humor ernährt sich daraus, dass er die kriminelle Natur der Machenschaften lange nicht durchschaut und gutgläubig mitmacht, wodurch er in Brandos engsten Kreis aufsteigt. Doch Humor, der sich überwiegend von unglaubwürdiger Dämlichkeit bzw. ausgenutzter Naivität ernährt, ist leider nicht der meine. Selbst in einer Komödie sollte das Verhalten wenigstens einigermaßen nachvollziehbar sein, was hier überhaupt nicht der Fall ist. Denn um nicht zu verstehen oder zu ahnen, was wirklich unter Brando abläuft, müsste Broderick als smarter Student einen IQ von 60 haben, was die Handlung absurd erscheinen lässt. Von amüsant oder gar witzig ist das so weit entfernt wie Brando damals von einer Schlankheitskur. Immerhin bringt 'Freshman' ein paar gute Plotideen, und Brando wertet diesen Film allein mit seiner Präsenz spürbar auf, so dass es noch zu akzeptabler Unterhaltung reicht.

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                                                RoboMaus 03.11.2022, 10:40 Geändert 05.11.2022, 07:05

                                                Adrien Brody - die meisten Filme mit ihm haben einen starken bis ausgezeichneten Eindruck hinterlassen, nicht jedoch sein selbst-produziertes Rache-Drama 'Clean' (2020). Wie so viele Schauspieler aus der ersten Reihe, packte auch ihn die Ambition des eigenen Films - zwar führte er hier nicht Regie, lieferte jedoch Produktion, Drehbuch und sogar den Score. Wenn es darum geht, deprimierte Charaktere in einem abgefuckten, düsteren Setting mit gedämpften Dialogen der Ausweglosigkeit Trübsal blasen zu lassen, durchsetzt von Gewaltspitzen, die zum Ende natürlich kulminieren, müsste dieser Film 10 Punkte bekommen. Höchstbewertungen werden damit nachvollziehbar, aber muss man sich so etwas im Unterhaltungskino antun? Dabei geht es nicht einmal darum, dem depressiven Grundton zu widerstehen, sondern eher der damit erzeugten Handlungsarmut und Langeweile. Im ersten Drittel ist 'Clean' die reine Milieustudie einer verwahrlosten, teilweise aufgegebenen Wohngegend, worin lediglich die Situation der desillusionierten Charaktere dargestellt wird. Dann erscheint ein übler Schläger, der die Macht im Viertel hat und dieses mit seinen Schergen regiert. Kaum überraschend, hat er auch in Brodys Vergangenheit gewütet, und noch weniger überraschend, gibt ihm Brody dafür irgendwann Saures. Gespoliert? Wohl kaum, denn dieser Ablauf ist schon von Anfang an klar. Offensichtlich ist der Weg das Ziel, doch bei einem Pacing wie im Schneckenrennen, Dialogen aus dem Verein depressiver Charaktere, sowie nichts, das in irgendeiner Weise überraschend oder gar innovativ wäre, gestaltet sich dieser Weg deutlich zu mager. Erschwerend kommt hinzu, dass der Showdown zu unglaubwürdig ist - die Schergen sind mehr oder weniger Hohlköpfe, die nur auftauchen, um sich von Brody abknallen zu lassen. Spannend ist anders. Positiv ist hingegend die Düster-Optik des verwahrlosten Settings, und die Schauspieler sind tatsächlich so überzeugend, dass man sich ständig fragt, weshalb sich keiner umbringt. Leider ist das allein zu wenig.

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                                                  RoboMaus 26.10.2022, 11:55 Geändert 26.10.2022, 11:59

                                                  Wow, das war mal ein super Start. So wünscht man sich einen clever, stringent und spannend aufgebauten SF-Plot. Am besten sollte man überhaupt nichts zum Inhalt in Erfahrung bringen, sondern den Erkenntnisstand mit der Protagonistin (stark: Chloë Grace Moretz) erwerben, sonst spoilert man sich selbst. Die zweite Folge lässt leicht nach (langameres Pacing, längere Dialoge, die so nicht unbedingt nötig wären), ist aber immer noch sehr gut. Mal sehen, ob das Level gehalten wird......

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                                                    RoboMaus 26.10.2022, 11:18 Geändert 27.10.2022, 06:49

                                                    James Bond! Im Zuge der Präsentation fast aller Bond-Filme im P-Abo ist auch eine 90 min-Doku über die Bond-Titelsongs und den Score erschienen: "The Sound of 007" (2022). Dazu gehört noch der einstündige Konzertmitschnitt "The Sound of 007 / Live from the Royal Albert Hall". In die Bewertung fließen beide Filme ein.
                                                    Die Doku bringt eine unterhaltsame und informative Aufbereitung des Titelsong-Inventars und des in jedem Film präsenten Bond-Themes, vor allem der starken Songs, die es zu anhaltender Bekanntheit geschafft haben. Beleuchtet wird ihre Entstehung, die Komponisten, die Performer, die Einbindung in den jeweiligen Film und natürlich die Zusammenarbeit aller. Es wird gut dargestellt, welch ein Aufwand dahinter steckt. Manche Künstler kommen neben den Song-Ausschnitten auch mit Original-Statements zu Wort, wobei Billie Eilish, die Sängerin des aktuellen Bond-Titels 'No Time to Die' gefühlt so viel Screentime hat wie alle anderen zusammen. Auch wenn man Bond-Filme nicht mag, sich aber für Musik und Musikgeschichte interessiert, ist das ein sehenswerter Film, erhellt er doch nichts weniger als ein eigenes (Musik-)Universum. Dafür 7,5 Punkte.
                                                    Das Konzert erzeugt einen zwiegespaltenen Eindruck. Muss man eine 85jährige Shirley Bassey noch antreten lassen, deren Vokalbereich auf eine Oktave geschrumpft ist? Sie hätte sich als Grand Dame im Publikum wohl besser gemacht, einer Künstlerin applaudierend, die das so abliefert wie Bassey in den 60ern und 70ern. Nicht weniger irritierend ist der Auftritt von Hans Zimmer zu seinem 'No Time to Die' - Billie Eilish war wohl nicht zu motivieren, so dass man eine Instrumentalversion mit Zimmer an der Solo-Gitarre präsentiert. Bei allem Respekt für Zimmer und seine grandiose Filmmusik: er ist ein lausiger Gitarrist, und der Auftritt ist nicht nur wegen des Fehlens von Eilish eine Enttäuschung. Manche Songs werden von Nachwuchskünstlern gesungen, zwar ordentlich, von denen jedoch keiner an das Original herankommt. Wieder andere werden von profilierten Sängern gebracht, von denen Skin mit McCartneys 'Live and Let Die' die beeindruckendste Performance hinlegt. Alles in allem bleibt das Konzert deutlich hinter den Erwartungen zurück und generiert trotz der starken Kompositionen lediglich einen "geht so"-Eindruck (5,0).

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