Schlopsi - Kommentare

Alle Kommentare von Schlopsi

  • 7

    Ein Film wie ein Unfall... ich konnte mich einfach nicht davon abwenden. Auf der einen Seite diese Neonlichter in dunklen verregneten Gassen, die dreckigen Kabuffs und kaputten Seelen Maruyama-Chos und auf der anderen Seite dieses fast unschuldige und sexuell unterdrückte Ding, das sich nach persönlicher Freiheit sehnt, dabei nur im Kreis spaziert und den Absturz nicht wahrnimmt.
    Es ist (visuell in allen Belangen) heftig und Sono, wurde mir trotz oder gerade wegen der detaillierten Figuren jedoch nach einiger Zeit zu krass und abgedroschen. Aber da "Guilty of Romance" wie eingangs schon erwähnt ohnehin den Charakter eines Unfalls in sich vereint, komme ich nicht drum herum, diesen aufgeladenen Film als sehenswert einzustufen. Und bitte: Kaum einer vermag es einem Müllwagen so viel Poesie einzuverleiben, wie Sion Sono.

    10
    • Hmpf. Traurige Ausbeute. Der einzige der mich anspricht, ist The Assassin. Mit etwas Glück läuft er hier auch.
      Schade dass das meiste hier nahezu nur als DVD/BD released wird.

      1
      • 7 .5

        Da sich die Handlung nach dem Ende von Teil 1 abspielt, warne ich vor Spoilern zu "Infernal Affairs I"! Außerdem bespreche ich den rund 17 Minuten längeren Director's Cut.

        Wer in Teil 2 bereits mit der komplexen Struktur gehadert hat, der wird mit "Infernal Affairs III" vor eine harte Geduldsprobe gestellt. Denn nun wird es wirklich verzwickt:

        Es vermischen sich aufgrund der tragischen Ereignisse aus dem ersten Teil die Handlungsstränge der Vergangenheit mit denen der Gegenwart und zeichnen so zwei völlig neue und verschiedene Bilder der Protagonisten Yan (Tony Leung Chiu wai) und Lau (Andy Lau). Während sich die primäre Geschichte rund um Lau in der Gegenwart abspielt und er, mit seinem Bestreben ein besserer Polizist zu werden, hadert und noch dazu den Verdacht hegt, dass Superintendant Yeung (Leon Lai) ein Spitzel der Triaden ist, erleben wir in der Vergangenheit mittels längerer Flashbacksequenzen den Werdegang Yans unter dem Triadenboss Sam (Eric Tsang), der einen Waffendeal mit dem unbekannten Shen (Chen Dao Ming) abwickelt...

        Wenn mich nicht alles täuscht.

        Wie gesagt, der dritte Teil ist extrem komplex und fordert ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit, um nicht den Faden zu verlieren. Wie schon zuvor werden im nun mehr dritten Ableger zwei unterschiedliche Handlungen erzählt, die sich öfters kreuzen. Dennoch verlaufen sie vorrangig strikt getrennt voneinander und vertiefen die Charakterportraits der Figuren Yan und Lau zusehends.

        Die Filme "Infernal Affairs I & II" standen schon immer auf dem Fundament ihrer detailliert ausgearbeiteten Figuren. Identitätskrisen aufgrund ihrer Arbeit als Maulwurf, verpasstes Glück im Leben und die Hoffnung, rechtzeitig den Absprung zu schaffen, um sich wenigstens ein bisschen der alten Persönlichkeit zu bewahren. All das sind Themen, die bereits ausreichend beleuchtet wurden, jetzt aber auf die Spitze getrieben werden. Und das muss nicht zwangsläufig negativ gemeint sein, verändert sich der Ton des Films im direkten Vergleich mit den Vorgängern jedoch deutlich.

        "Infernal Affairs III" beginnt wieder mit dem visualisierten Abstieg in die (achte) Hölle, dargestellt durch einen Aufzug, der in Teil I handlungstragend wurde - stellvertretend für die Gefühlslage, in der sich Polizist Lau zunächst befindet. Er muss sich einer internen Anhörung die Ereignisse zuvor betreffend stellen, gelangt jedoch zügig wieder in den Polizeidienst. Dennoch hat er mit seinen Handlungen zu kämpfen und verfällt in Panik, da er nur zu genau weiß, dass Sam noch mehr Spitzel im Polizeidienst eingeschleust hat, die ihm seine Zukunftspläne madig machen können. Lau, der nun neben seinen eigentlichen Pflichten die restlichen Maulwürfe ausfindig machen muss, sieht sich jedoch zusehends von Superintendant Yeung bedroht, der wiederum nur sehr schwer zu durchschauen ist.

        Faszinierend ist auch hier wieder, wie divers sich der dritte Film präsentiert. Ein Mittelding zwischen dem schnörkellosen ersten Teil, dem finsteren zweiten Teil und nun der völlig unterkühlte Abschluss, der mit surreal anmutenden Elementen und Filtern die Farbe herausnimmt und alles trostlos erscheinen lässt. Dazu die Figur des Yeung, dessen Motive man nicht erahnen kann, aber immer wieder Andeutungen fallen, auf wessen Seite er womöglich steht. Vehement versucht man als Zuschauer, die Zusammenhänge zu finden; was die Drehbuchschreiber Alan Mak und Felix Chong jedoch alles andere als einfach gestalten. Dabei verzetteln sie sich hin und wieder, und fügen der Geschichte teilweise schwer nachvollziehbare Handlungsweisen ein, die wieder ein völlig neues Bild auf die Szenerie und deren Figuren werfen. So beobachtet man Yan dabei, wie er eine unerwartet lakonische Seite zeigt, wenn er sich mit der Psychologin (Kelly Chen) neckt. Wie er wieder Hoffnungen schürt, vielleicht doch eines Tages aus seinem Moloch zu fliehen und seinen Dienst als offizieller Polizist wieder aufzunehmen. Es ist das konträre Bild zu Lau, der mit den Konsequenzen seiner Handlungen leben muss und dabei immer paranoider wird, aus Angst dass seine Vergangenheit aufgedeckt wird.

        Es entwickelt sich also erneut ein Katz- und Mausspiel, bei dem es um Leben und Tod geht. Um die eigene Ehre, die Überhand und vor allem um den Durchblick. Und der kann durchaus abhandenkommen und in vereinzelten "Was zum... ?"- Momenten münden. Mit viel Zeit und einem Sinn fürs Detail werden neue Figuren eingeführt, die einen erhöhten Einfluss auf sämtliche involvierte Personen ausüben. Das gestaltet das Ganze zu einer Art Puppentheater, in der die Schicksale des Einzelnen in den Händen der Anderen liegen. Daraus zieht "Infernal Affairs III" seinen Thrill, nebst der unterkühlten Machart, bei der sämtliche Nerven, außer denen des kalten Hundes Yeung blank zu liegen scheinen. Es ist der filigranen Performance Leon Lais geschuldet, dass die neue Bedrohung nicht zu cool erscheint. Er ähnelt dabei sehr der Figur des Ngai (Francis Ng) aus Teil II. Beide sind sie durchkalkuliert und zurückhaltend, agieren mehr mit Verstand als der Faust. Dennoch sind sie nicht zu unterschätzen, da sie wie Haifische um ihre Beute kreisen und geduldig auf ihre Gelegenheit warten. Auch wenn der Film vereinzelt mit einer Haudrauf-Mentalität zu Buche schlägt, so präsentiert er sich im Allgemeinen eher als zurückhaltender und ruhiger Thrill, der genauso wie ein Hai auf den richtigen Moment hinarbeitet, um dann Chaos zu stiften. Welches übrigens wieder durch ein hervorragendes, aber doch etwas übermütig erscheinendes Ende sämtliche zuvor erlebten Strapazen (einigermaßen) relativiert.

        "Infernal Affairs III" lebt vorrangig vom Charisma seiner Darsteller, während die Handlung (zu) komplexe Züge annimmt und sich zu einer strengen Geduldsprobe entwickelt. Während den Figuren wieder neue Seiten abgerungen werden, gelingt es dem Drehbuch jedoch nicht, diese fließend einzufügen. Stattdessen gestalten sie den Abschlussfilm als zu komplizierte Geschichte, in der sie auf Biegen und Brechen alle zuvor vielleicht noch unerwähnt gebliebenen Details unterbringen möchten. Dazu ein zeitübergreifendes Storygerüst, und fertig ist ein extrem anspruchsvoller Film, der nur in Anbetracht seiner gekonnt ausgearbeiteten Vorgänger funktionieren kann. Aber eben auch etwas zu viel verlangt, um den Bogen zum ersten Teil der Trilogie zurück zu schlagen. Als kleine Gedächtnisstütze sei daher das beiliegende Making Of empfohlen, in dem noch einige Motive des Films erläutert werden, die so nicht unbedingt im Zentrum der Betrachtung liegen.

        Allerdings gilt auch zu beachten, in welchem Tempo alle drei Filme gedreht wurden: Während Teil 1 2002 abgedreht wurde, wurden die Teile 2 & 3 gemeinsam 2003 fertiggestellt. Vielleicht erklärt das das etwas dehnbare Script dieses Teils. Aber es ist nicht verwunderlich, dass Infernal Affairs III nicht auch noch an die Qualitäten der beiden Vorgänger heranreichen kann.

        https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/06/12/film-infernal-affairs-iii-2003-hkch/

        5
        • 9
          Schlopsi 08.06.2016, 11:41 Geändert 08.06.2016, 11:42

          "Infernal Affairs II – Abstieg in die achte Hölle". Das Sequel, das als Prequel dient und trotzdem eine weitestgehend eigenständige Handlung verfolgt. Es wird darauf verzichtet, bereits bekanntes unnötig wiederzukäuen, um diese kostbare Zeit stattdessen für Charakterentwicklungen und neue Handlungswege zu sichern. Dabei wird schnell klar: "Infernal Affairs" war nur der Anfang.
          Erst mit dieser Quasi-Fortsetzung lernt man den Vorgänger noch mehr zu schätzen, wenn man als Zuschauer gemeinsam mit Yan (jetzt: Shawn Yue) und Lau (Edison Chen) in deren persönliche achte Hölle abtaucht. Es wird der Weg aufgezeigt und was sie zu tun gezwungen waren, um ihre Positionen innerhalb der Polizei oder der Triaden überhaupt erst zu erhalten. Wie bittere Entscheidungen mit ihren weitreichenden Konsequenzen, die sie auch rund 5 Jahre später noch zu spüren bekommen sollen, getroffen und welche Opfer gebracht wurden. Und da gibt es einiges an neuem zu entdecken.

          Der zweite Teil der Trilogie dürfte für jeden geeigneter sein, der im ersten Teil vom Style und der Schnitttechnik abgeschreckt wurde. Hier wird die Unterwelt Hongkongs gezeigt: schnörkellos, dreckig und finster. Es werden keine Filter angewandt, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen; alles ist runtergebrochen auf das was ist und wie es ungeschönt sein muss. Die Geschichte dreht sich dabei um… ja, worum genau eigentlich?

          Zum einen werden, wie oben bereits beschrieben, Yans und Laus Eingliederung in deren Umfelder gezeigt. Allerdings ist das gar nicht unmittelbarer Mittelpunkt der Geschichte. Denn zum anderen wird in "Infernal Affairs II" auch die Relation zwischen Polizeiinspektor Wong (Anthony Wong) und dem (wie bereits bekannt ist) werdenden Triadenboss Sam (Eric Tsang) thematisiert und mit neuen sachdienlichen Hinweisen versehen, die zwar vereinzelt etwas überraschend kommen, sich bei genauerer Betrachtung jedoch in den Kontext der filmübergreifenden Handlung einpassen.
          Ob diese Fortsetzung allein darauf fußen könnte, das weiß ich nicht so recht. Um dem ganzen etwas mehr Spielraum zu gewähren, wird daher eine weitestgehend alleinstehende Geschichte erzählt, die alleinigem Sinn und Zweck dient, den damaligen Familienanführer Sam als späteren Chef der Hongkonger Unterwelt zu etablieren; seinen Aufstieg und vor allem seine Herkunft in Bilder zu fassen. Aus diesem Grund führt der Film die Figur des Ngai Wing Hau (Francis Ng) ein, der selbst die Herrschaft der Drogengeschäfte anstrebt und sich mit den rivalisierenden Familienclans herumschlagen muss.
          Am Ende wird es ein Kampf auf Leben und Tod, der sich jedoch nicht zwangsläufig um die Anführer der beteiligten Parteien dreht.

          Und zugegeben: Es hilft zwar, den Vorgänger zu kennen, dennoch wirkt das Sequel relativ komplex geraten und es braucht einiges an Durchblick und auch Durchhaltevermögen, um die verschiedenen Bande zwischen den einzelnen Akteuren bis ins kleinste Detail nachvollziehen zu können. Gerade weil sich die Regie dafür entschieden hat, die beiden Protagonisten Yan und Lau durch jüngere Schauspieler zu ersetzen, während der Rest von bereits bekannten Gesichtern gespielt wird. Aber auch das wurde im Prinzip bereits im Vorgänger angekündigt.
          Um das Interesse an der verzwickten Handlung durchgehend aufrecht zu erhalten, unterstützen die gekonnten Darstellungen der Schauspielriege. Allen voran soll Francis Ng erwähnt werden, der als lukrativer Bandenboss Ngai mit mehr Verstand denn als Gangsterposse agiert und es so vermeidet, in unsympathisches oder gar schwer nachvollziehbares Verhalten abzudriften. Er kreiert einen dieser besonnenen Typen, die sich zur Not die Hände schmutzig machen, aber auch genug Abstand zum Geschehen genießen, ohne dabei den Eindruck zu vermitteln dass sie ungehindert über alles und jedem thronen würden. Gerade zum Ende hin habe ich wiedermal gemerkt, wie sich meine moralische Grenze aufgrund einzelner Charaktermomente zusehends verschiebt. Was bei solchen Gangsterfilmen übrigens immer als interessantes Gedankenexperiment betrachtet werden kann…
          Eine weitere Erwähnung gilt außerdem Roy Cheung, der trotz wortkargem Nebenrollendasein eine angenehme Präsenz abliefert. Ja, solche Typen sind mir wohl die liebsten.

          "Infernal Affairs II – Abstieg in die achte Hölle" erfindet das Rad nicht neu. Er nimmt sich die Prämisse seines Vorgängers zu Herzen und führt dessen Geschichte im übertragenen Sinne fort, ohne jedoch auf Individualität zu verzichten. Trotz bekannter Motivik etablieren die beiden Regisseure Andrew Lau und Alan Mak eine weitere, eigenständige Geschichte im Hongkonger Drogenmoloch, die noch roher und brutaler daherkommt, als es in "Infernal Affairs – Die achte Hölle" schon der Fall war. Und als Subtext packen sie gemeinsam mit Drehbuchautor Felix Chong die Ungewissheit des Landes vor und während der Regierungsübergabe seitens der Briten zur deklarierten (semiautonomischen) Sonderverwaltungszone Hongkongs im Jahre 1997 auf…
          Also wenn schon über Fortsetzungen nachgedacht wird, dann bitte so wie hier. "Infernal Affairs II" bietet definitiv und selbst bei bereits bekanntem Ausgang der Geschichte erhöhtes Wiedersehpotential. Und das nicht nur, weil die Handlung etwas schwerer zu durchdringen ist. Sondern gerade weil sich getraut wird, neue Wege einzuschlagen. Sei es im optischen oder narrativen Sinne. Hut ab für diese Detailverliebtheit.

          https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/06/08/film-infernal-affairs-ii-2003-hkcnsgp/

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          • Sehr interessanter und vor allem informativer Einblick. Danke dafür! Ich denke sowas hilft, dieses Fest(ival) besser einzuordnen wenn man eher auf die Filmauswahl und Vorführpraktiken schielt. War ja dann nicht so ganz perfekt, aber schön zu lesen, wenn die anderen Themenschwerpunkte umso gelungener waren.

            Bin ja mal gespannt wann es für uns tatsächlich zum Mars geht. Die Mars1-Mission ist ja... eher ein Witz. ;)

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            • 10
              Schlopsi 03.06.2016, 22:30 Geändert 07.06.2016, 14:09

              Ich war ja höchst skeptisch, wie der Film bei der nun schon dritten Sichtung innerhalb von 4 1/2 Jahren wirken würde. Schon damals hatte er sich prompt in mein Herz geschlichen, dennoch muss ich gleichermaßen zugeben, dass "Infernal Affairs – Die achte Hölle" keiner der Filme ist, den man sich immer und immer wieder anschauen kann. Wie also wirkt ein solcher Film nach all den Jahren, den man innerlich auch über die Zeit hinweg mächtig hochstilisiert hat?

              "Die schrecklichste der acht Höllen wird die „Ewige Hölle“ genannt. Dies bedeutet immerwährendes Leid. Daher der Name."

              Mit diesem Zitat und einem visualisierten Abstieg in die achte Hölle beginnt der Film. Eine Metapher, die gar nicht unmittelbar auf die Handlung selbst angewendet werden muss, sondern sich viel mehr um die Charaktere in der Geschichte dreht. Ein Leitmotiv dieses Undercoverdramas, in dem sich zwei Maulwürfe versuchen, sich gegenseitig zu enttarnen.

              Für Undercovercop Yan (Tony Leung Chiu wai) gleicht der Job dem Dasein in der achten Hölle. Sollte er anfangs nur für drei Jahre in die Welt der Hongkonger Triaden eintauchen, wurden daraus schnell zehn. Eine lange Zeit, in der er allmählich merkt, wie seine Identität als Cop zu verwischen droht. Hat er sich doch schon längst ins Triadendasein eingelebt und das Vertrauten seines Bosses erlangt. Dabei will Yan nur noch aus der Nummer raus. Police Officer Lau (Andy Lau) hingegen, hat sich in seine Rolle als Polizist perfekt eingefügt. Als ein Drogendeal schiefgeht, wird jedoch schnell klar, dass sich sowohl auf Seiten der Triaden als auch der der Polizei ein Maulwurf befinden muss. Um die eigene Tarnung nicht zu gefährden, muss der jeweils andere Spitzel schnellstens ausfindig gemacht werden…

              Infernal Affairs mag zwar vorrangig ein Polizeithriller sein, dennoch verwendet er viel Zeit darauf, seine beiden Protagonisten Yan und Lau vorzustellen. Dass so ein Undercoverakt nicht spurlos an einem vorbeizieht, sollte klar sein. Dennoch bietet der Film mit vielen kleinen Details ein anspruchsvolles Bild dieser dreckigen Arbeit, in der man frisst oder stirbt. Wer zögert, stirbt. Wer sich etwas anmerken lässt, stirbt.
              Gerade das gefällt mir hier so unglaublich gut. Durch die überragenden Akteure (T. Leung, A. Lau, A. Wong), die bis in die kleinste Nebenrolle exzellent besetzt sind, hebt sich dieser handwerklich ohnehin schon perfekt inszenierte Film auf eine andere Ebene, die neben dem Thrill auch konfliktgeladene Charaktere aufweist. Statt eine platte schwarz/weiß-Malerei zu präsentieren, werden sämtliche Rollen mit kleineren Krisen ausgestattet, die sich immerzu um die (eigene) Identität drehen. „Ist er ein Cop?“ „Bin ich überhaupt noch ein Cop?“ „Ich musste schlimme Dinge tun, bin ich trotzdem ein guter Mensch?“ „Was würde passieren, wenn mir mein Leben so gefällt und ich einfach genau so weitermachen will?“
              Fragen über Fragen, für die es keine direkte Antwort gibt. Das Rätselraten bleibt der Moral des Zuschauers überlassen, der selbst entscheiden muss, ob jemand ein guter Mensch ist und wie schwer manche Taten wiegen. Eine Entscheidung, die niemandem abgenommen werden kann, die sich auch die Protagonisten ständig stellen müssen und die daran zusehends scheitern. Auch wenn diese Frage schon Police Officer Lau (Andy Lau) quält, so wird diese innere Identitätskrise erst durch Yan (Tony Leung) auch für den Zuschauer vermittelbar. Er, der ständig auf der Hut sein muss; er, dessen eigentliches Leben schon vorbei war, als es gerade anzufangen schien. Da schmerzt so manche Begegnung umso mehr, wenn ihm vor Augen geführt wird, was hätte sein können, hätte er sich nicht dafür entschieden. Aber auch hier wendet der Film wieder zahlreiche Kniffe an, die das Ganze umso tragischer erscheinen lassen.

              Was nun so klingt als hätte "Infernal Affairs" nichts anderes zu bieten, dem sei versichert: Doch, das hat er. Die Inszenierung ist nicht ganz so geradlinig, wie sie der westliche Zuschauer vielleicht gewohnt sein mag. Es wird mit kleinen Flashbacks gearbeitet, Farbfiltern und einer sehr dynamischen Kameraführung, die sich auch so manchem Achsensprung nicht unterordnet. Die Art ist fordernd, aber nicht überfordernd, die Geschichte selbst ist nicht ausschweifend, sondern auf das Wesentliche runter gebrochen. Dennoch, oder gerade deswegen intensiviert sich eine Szene sehr schnell. Bereits zu Beginn wird durch eine schnelle Montage eine angespannte Atmosphäre vermittelt, die mit blassen Farbfiltern für unbequeme Visualisierungen sorgt, um so den Eindruck der für die Spitzel lebensbedrohlichen Situation noch zu verstärken. Bequem ist dieser Job nicht und das wird allein durch die Machart überdeutlich, während wir als Zuschauer einem Drogendeal beiwohnen, der von der Polizei überwacht wird. Schuss und Gegenschuss, das im Prinzip die gleiche Situation gespiegelt, bzw. modifiziert wiedergibt, werden zum Sinnbild der pulsierenden Stimmung.
              Beeindruckend ist auch die Kameragestaltung selbst, die Details ins Zentrum rückt und die vorherrschende Atmosphäre permanent mitgestaltet. Auch wenn sie vereinzelte Hinweise auf die Identitäten der Maulwürfe bewusst einfängt, so kann man trotzdem nicht anders, als zu bangen dass sie nicht auffliegen. Oder zumindest der eine von ihnen, der so ziemlich alle Sympathien auf seiner Seite weiß.

              Der Film bietet in der Hinsicht tatsächlich sehr viel Style. Ob es aber mehr Style als Substance ist, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. Aus meiner Warte ist hier keine Einstellung zu viel, keine Zeile zu kurz und die Geschichte genau richtig, um den Figuren genügend Raum zur Entfaltung zu bieten und trotzdem für eine intensive Spannungskurve innerhalb der Handlung zu sorgen. So bleiben selbst kleine Randfiguren wichtig, die jeweils ihre eigenen kleinen Spotlights erhalten und die Geschichte mit Akzenten versehen, die auf lange Sicht notwendig sind oder gar als Schlüsselmomente dienen.

              "Infernal Affairs – Die achte Hölle" ist ein nonchalanter schnörkelloser Thriller, der sich um ein Psychogramm zweier Cops dreht, die undercover agieren. Der eine in den Reihen der Triaden, der andere in den Riegen der Polizei. Hier wird 102 Minuten auf Vollgas gedrückt, bei der das Spannungsmoment in einer geraden Linie nach oben verläuft. Es ist ein Film, der mich gestern tatsächlich noch mehr beeindruckt hat, als er es damals, vor vier Jahren schon vermochte. Von daher kann ich hier nur von meinem persönlichen Lieblingsfilm schwärmen, der aus oben genannten Gründen und des wunderbaren Inszenesetzens Hongkongs auf immer und ewig das Sinnbild für meinen perfekten Film sein wird. Ich bin noch immer hin und weg. [...]

              https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/06/03/film-infernal-affairs-2002-hk/

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              • Ich finde den Artikel super! Die Nippon Connection mag zwar vorrangig ein Filmfetival sein, aber eben nicht nur. Sie ist auch ganz klar darauf ausgelegt, Leute durch das gemeinsame Interesse an Japan zu verbinden. Und dazu gehören auch die Essensstände mit den unzähligen Köstlichkeiten, Bars und Origamistände. Kann Hypnohouse auch nur beipflichten: Die Atmosphäre war wirklich großartig und sehr familiär. Schauspieler und Regisseure tummeln sich in den Massen und genießen das Fest, genauso wie wir Filmvernarrte oder auch nur Gelegenheitsgucker (wie es sie übrigens zuhauf gab) es ihnen gleichtaten. Man hatte das Gefühl, mit vielen einfach so drauflosplaudern zu können. Das hatte ich so vorher absolut nicht erwartet. Natürlich bin ich auch auf deine Meinung zu den Filmen gespannt, finde es aber toll, dass du auch diesen Aspekt hervorgehoben hast. Der spielt nämlich auch eine große Rolle.

                5
                • 7
                  über Creepy

                  Nippon Connection Short Report 4 - Creepy

                  "Creepy" ist der Nachbar schon nach kurzer Zeit... Dennoch lässt der handfeste Psychoterror lange auf sich warten. Hier wird lange mit dem Brecheisen gespart, bis es in aller Öffentlichkeit zur Schau gestellt wird. Allerdings gelingt es Regissur Kurosawa, der hier einen völligen Gegensatz zu seinem fantastischen Liebesdrama "Journey to the Shore" präsentiert, mit ungemütlichen Setdesigns, durchkalkulierten und absolut kontrollierten Bildern zu überzeugen. Die Spannung zieht kontinuierlich an und mündet schließlich in einem zwar nicht gänzlich klischeebefreiten Katz- und Mausspiel, aber dennoch reichen die Präsenzen von Nishijima und Kagawa für ein fieses Nervenduell völlig aus.

                  4
                  • 6 .5

                    Nippon Connection Short Report 3 - Gonin Saga

                    Dieser Gangsterfilm, der auf den beiden 90er Jahre Filmen "Gonin" und "Gonin 2" basiert, ist so oldschool, dass einzig die modernen Smartphones auf den modernen Anstrich schließen lassen. Gespickt mit Running Gags, Blei, Blut und Blödeleien finden auch Neueinsteiger nach kurzer Eingewöhnung in die Reihe. Allerdings interessiert mich nach der Sichtung nun der Erstling sehr viel mehr. Bei solchen Flicks braucht es einfach das grobkörnige Bild der 90ies.
                    Einzig 30 Minuten weniger wären dem sehr ausufernd geratenen Bandenfilm zuträglich gewesen. So verpufft das Spektakel des mit Spannung erwarteten Showdowns, in seiner Langezogenheit.

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                    • Nippon Connection Short Report 2 - My Technicolor Girl

                      Sexeskapaden und Fukushimaaufarbeitung.
                      Hauptdarsteller Kazuhiro Sano verlor vor wenigen Monaten aufgrund einer Krebserkrankung seine Stimme. Das sollte ihn jedoch nicht daran hindern, wieder vor der Kamera zu stehen. Und so macht es sich Regisseur Rei Sakamoto zu eigen, seinem kleinen Indieprojekt einen stimmlosen Protagonisten zu verpassen, der sich aufgrund des Fukushimaunglücks auf die Suche nach einer alten Jugendliebe macht.

                      Der Independentaspekt wird großzügig bedient. Entweder mit statischen langen Kameraeinstellungen, die das gleiche Motiv für mehrere Minuten einfangen, oder es geht hektisch mit der Handkamera zugange. Was bei My Technicolor Girl jedoch schnell zum greifbaren Gedanken wird ist, dass Sakamoto wohl die Idee für eine einzige Szene hatte und Rest drumherum inszeniert, um die Laufzeit zu füllen. Was zusehends langwieriger und befremdlicher erscheint. Dennoch fesselt Kazuhiro Sano mit einprägsamer Dominanz das Geschehen und spricht stumm mehr als genügend Worte.

                      3
                      • 7
                        Schlopsi 25.05.2016, 02:53 Geändert 25.05.2016, 02:53

                        Nippon Connection Short Report 1 - Journey to the Shore

                        Kiyoshi Kurosawa macht das, was er am besten kann: Eine Distanz zu den wunderbar gespielten Figuren entwickeln (das stille Charisma Tadanobu Asanos ist umwerfend!), ehe sich der Film dann fest an einen drückt und nicht mehr loslässt. Die Bitte um Vergebung mal ganz frisch ausgearbeitet.

                        Journey to the Shore will gut verdaut werden, denn er wird sicherlich noch einige Zeit in der Gedankenwelt des Zuschauers verweilen wollen.

                        6
                        • Schlopsi 15.05.2016, 18:12 Geändert 15.05.2016, 18:13

                          Hmm, irgendwie dachte ich mir das was du zu "The Handmaiden" schreibst schon. Schade dass es sich wohl bewahrheitet hat. Bin zwar trotzdem noch gespannt drauf, aber wieder wesentlich entspannter.
                          Bei "Train to Busan" frage ich mich allerdings, ob er nun die im Trailer gezeigte Dynamik durchhalten kann, oder ob er in der Machart doch strauchelt? Den Subtext kann man sich ja getrost schenken. Was anderes wäre jetzt auch nicht unbedingt von Belang gewesen ,als wenn man es sich so hinbiegt wie es der Film offensichtlich macht.

                          • 7

                            [...] Eine Frau, die auch heute noch mit Vorurteilen zu kämpfen hat und es damals erst recht nicht leicht hatte, in Gewerkschaften für ihre Belange zu kämpfen, ist dabei nur ein vergleichsweise kleineres Übel. Karen Silkwood, entdeckte Missstände, die von erschwerten Arbeitsbedingungen, schlechter Bezahlung etc. reichten, zu weitaus gravierenderen Erkenntnissen über die Machenschaften der Firma, für die sie arbeitete. Es ist Kapitalismuskritik, die im kleinen Maßstab beginnt, sich nach und nach jedoch zu unglaublichen Ausmaßen entwickeln wird, die gerade in der damaligen Zeit, als die Atomenergie noch wesentlich unsicherer war, für blankes Entsetzen sorgt. Dass sich dabei eine einzige Person, und dann noch eine Frau, mitten in das Fadenkreuz eines solchen Konzerns begibt, gebührt Anerkennung und Mut. Und das wird auch hier im Film mehr als deutlich. Obwohl gerade diese Elemente relativ kurz kommen, so sind sie in ihrer Quintessenz so deutlich auf den Punkt gebracht, dass beklemmende Gefühle nicht unüblich sind, wenn man sich in der Position des reinen Beobachters wiederfindet. Im Film dargestellt wird ihr einsamer Aktivismus, der sie fast alles kosten wird. Nicht nur die Beziehung zu ihrem Freund wird auf eine harte Probe gestellt, auch die Abkehr ihrer Arbeitskollegen ist erschreckend, aus Angst ihre Posten zu verlieren. Dabei gibt sich der Film größte Mühe, beide Seiten verständlich darzulegen, sodass man sich nicht auf eine blanke schwarz-weiß-Malerei verlassen kann. [...]

                            https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/05/15/film-silkwood-1983-us/

                            4
                            • - Hana-bi & Dolls von Takeshi Kitano (Mediabook)
                              - Aftershock (Mediabook)
                              - Macbeth (Special Edition mit Reclamheft)
                              - Ran (Arthaus Premium)
                              - Lawrence von Arabien (Popart Steelbook)
                              - Ip Man 1+2 (Digipack)

                              diverse Steelbooks, mit ziemlich coolen, respektive sehr gewöhnlichen Designs.

                              Und an Serien
                              - The Dark Knight Trilogie (Digipack)
                              - Band of Brothers (Steelbook <3)
                              - Und zu Last Exile eine bombastische Limited Edition Box mt einem wirklich ausuferndem Booklet
                              Das sind zumindest die, die mir spontan einfallen.

                              • Uh yes. "'Goksung" wird ja jetzt schon gefeiert. Da bin ich doch direkt auf deine Meinung gespannt. Ebenso wie das Gesamtpaket von "Train to Busan" abschneiden wird.
                                Ich wünsche viel Spaß und gut Filme!

                                4
                                • 7 .5
                                  über Free!

                                  [...] Die Geschichte des (wieder)gegründeten Iwatobi Swimclubs ist auf Wettkampf ausgelegt und das trägt diesen Anime auch über 12 Folgen geschmeidig hinweg. Viele Trainingseinheiten, die den Slice of Life-Charakter etwas einengen, sprich, sich weniger auf den gesamten Alltag auswirken, stören dabei nicht. Es bleibt dank einiger erzählerischer Kniffe noch genug Raum, um für Abwechslung zu sorgen, auch wenn so manches zugegebenermaßen etwas vorhersehbar ist. Da man aber ohnehin von Nostalgie umwabert, von den beachtlichen Körperstatuten beeindruckt *hust, Fanservice, hust (aber immerhin passend!)* oder schlicht und ergreifend vom sommerlichen Flair gepackt wird, der darf sich auch ruhig dazu verleiten lassen, die Anforderungen an Dramatik und Co. nicht ganz so streng zu sehen. [...]

                                  https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/05/10/serie-free/

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                                  • Klingt ganz nach deinem Ding. Meine Stimme hast du! :)

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                                      Das Gefühl bei diesem semibiographischen Coming-of-Age Film ist so ziemlich genau das, was Tyler_Durden im Kommentar weiter unten zitiert. Der Film ist unglaublich lang und erzählt vergleichsweise wenig auf direkte Art. Es geschieht viel im Stillen, oftmals sprechen überhaupt nur die Bilder. Aber nicht nur die betont letzte Einstellung belohnt für das Durchhalten, auch schafft es "A Time to Live and a Time to Die" mit wunderschönen Bildern ein ungewohnt beruhigendes Gefühl beim Schauen auszulösen. Und das ist verdammt viel wert.

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                                      • Hui, gerade mal drübergeflogen und schon so süßliche Perle entdeckt. "Ein streunender Hund" von Kurosawa sagt mir bisher noch nichts, aber der ist sofort vorgemerkt. Ansonsten gewohnt tolle Mischung!

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                                        • Dann mache ich es mal ganz offiziell, denn diese Möglichkeit KANN ich gar nicht sausen lassen!
                                          http://www.moviepilot.de/news/warum-ich-nippon-connection-blogger-werden-will-171265

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                                          • 6

                                            Der erste Teaser ist schon ziemlich kaputt, die angewandten physikalischen Eigenschaften ebenfalls. Ob es nun an der musikalischen Untermalung liegt, warum ich den ersten Teaser so klasse finde, kann ich nicht sagen. Aber ich schätze, TRAIN TO BUSAN wird verdammt viel Spaß machen.

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                                            • 6 .5
                                              Schlopsi 01.05.2016, 17:00 Geändert 01.05.2016, 17:15

                                              Das Erfolgskonzept von Marvel geht weiter auf, die Bilanzen sehen jetzt schon strahlend aus. Und für eine ganze Weile habe auch ich im Kino gestrahlt, wie zuletzt beim Politthriller "The Return of the First Avenger: The Winter Soldier". Denn auch hier durften wieder die Russo-Brüder Anthony und Joe Regie führen und setzten damit ihren politischen Diskurs innerhalb des Superheldenfranchise gebührend fort. Denn mit "Civil War" ist die Avengers-Angelegenheit nicht mehr als nationales Problem eingestuft, sondern als ein internationales. Und das wird durchaus clever angegangen.

                                              >>Wer den Film noch völlig unbefangen sehen möchte, läuft hier u.U. Gefahr, in unbeabsichtigte Spoiler zu laufen. Zwar versuche ich mich möglichst grob zu halten, aber ich lasse vorsorglich eine kurze Warnung da!<<

                                              Wer den Tonus von "The Winter Soldier" schon mochte, der wird auch hier wieder vollends bedient. Wieder manövrieren sich die Avengers, oder zumindest ein Teil der Gruppe, in einen Zwischenfall, wieder nehmen die Schäden größere Ausmaße an und wieder reichen die Geschehnisse bis in die höchsten politischen Kreise, in denen neben Politik auch Moral und persönliche Leitlinien eine gesonderte Rolle spielen. Und wie es der Titel des neuesten Franchise-Ablegers ankündigt, trennen sich die moralischen Grundsätze innerhalb der Gruppe, was weitreichende Folgen für die weitere Erzählung haben wird. Oder auch nicht.

                                              Aber beginnen wir von vorne. Was den Russos gelingt, ist ein imposanter Einstieg in "Civil War". Fantastisch getimte Action mit ebenso guter Showessenz der einzelnen Marvelhelden, wobei hier nochmal gesondert erwähnt werden will, dass die Damen Black Widow und Scarlet Witch ganz klar die Show ihrer Kollegen stehlen und richtig sehenswert in Szene gesetzt sind. Hier ist noch nichts in überbordendem Maße zu finden, Action und Drama halten sich die Waage. Der Konflikt, der die ganzen Ereignisse lostreten wird ereignet sich im Eifer des Gefechts und bietet mehr als genug fruchtbaren Boden, um daraus eine politische Ebene zu ziehen, was der Film auch prompt macht. Nebenbei darf aber auch zeitgleich nicht die Einführung eines greifbaren Gegenspielers fehlen, der von Daniel Brühl ziemlich lässig verkörpert wird. Dennoch kommt man um die Frage nicht herum, ob es wirklich immer notwendig ist, dem Bösen ein Gesicht zu verleihen, anstatt den Zuschauer im Dunkeln tappen zu lassen und so mit dessen Erwartungshaltung zu spielen. Aber das ist nur ein kleiner Gedanke, der keine weitere Rolle spielen soll. Er dient als Bindeglied in die Vergangenheit, entbehrt also nicht jeglichem Nutzen und treibt die Geschichte aus dem Hintergrund voran.
                                              Was weiter auffällt, ist, wie natürlich sich der Film im Universum ansiedelt und mit zahlreichen Querverweisen um sich wirft. Mittlerweile sind es schon so viele, dass ich im ersten Moment tatsächlich schwertat, die bisherigen Ereignisse und kurzen Dialogfetzen in den Gesamtkontext der bisherigen Filme einzuordnen. Es wird immer fülliger, wodurch es immer schwerer wird, dem ganzen im jeweiligen neuesten Teil ausreichend Platz zu verschaffen, um wirklich das Gefühl zu erhalten, es mit waschechten Konsequenzen zu tun zu bekommen, die mit jedem weiteren Teil zunehmen. Gelingt hier etwas abgekürzt, dennoch ausreichend genug, um den titelgebenden Konflikt zu schaffen. Der übrigens etwas sehr hoch gegriffen scheint, aber dazu später mehr.

                                              Ein bisschen Skepsis machte sich breit, als der gesamte Cast bekanntgegeben wurde und auf zahlreiche, (noch nicht ins MCU eingeführte) Superhelden setzte. Nun verhält es sich so, dass tatsächlich die meisten genug Background erhalten und mit ziemlicher badass-Attitude eingebracht werden. Der Black Panther rockt ziemlich, Ant-Mans naive Art geht auch im Zusammenspiel mit den anderen einigermaßen auf. Nun bemüht sich Civil War jedoch sichtlich darum, auch den bekannten Gesichtern ihren Auftritt zu gewähren. Was wiederum bei manchen mehr klappt, bei manchen weniger. Im ersten Akt sind die Bindungen und Sympathien glasklar abgesteckt. Die Motive sind klar: Wenn man es schon kann, dann kann man die Welt auch auf eigene Art verändern und dabei auf das Herz hören. Oder man kann sich den (eigenen) ethischen Grenzen unterwerfen und aus der Vergangenheit lernen. Wo der Film nun aber ins Schwanken gerät, setzt sich aus zwei verschiedenen Dingen zusammen. Auf der einen Seite, wo wir schon bei Sympathien sind, werden nicht alle Handlungsmethoden zufriedenstellend erklärt. Warum schließt sich Hawkeye Team Cap an? Er taucht auf, stellt sich auf seine Seite und schert sich um nichts weiter. Ohnehin gefällt mir seine arrogante Art immer weniger, aber hier zeigt sich überhaupt kein Nutzen aus seiner Einbindung in das Geschehen. Numerischer Ausgleich? Die wahrscheinlich einzige Erklärung dafür. Ebenso der plötzliche Wandel einer Figur, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Hawkeye steht. Und nein, ich meine nicht Black Widow… Hier übereilen sich die eigenen Anforderungen am Zeitmanagement des Films und scheitern an konsequenter Narrative. Mit welcher es "Civil War" ohnehin bei fortschreitender Laufzeit immer weniger am Hut zu haben scheint.
                                              Ein weiterer, schwerwiegender Kritikpunkt ist die erzwungene Einführung eines für die Geschichte völlig irrelevanten Superhelden. Die Rede ist von Spider-Man. Nicht nur verbraucht der Film zu viele Ressourcen, um die Eingliederung ins MCU zu ermöglichen, es ist auch der Moment, an dem der komplette Film kippt. Vom gehobenen Anspruch straight to the ground. Denn der ernste Ton geht in unsäglichem und noch dazu weitestgehend floppenden Oneliner-Humor über, was den Mid-Showdown, der so ausufernd ist, dass es locker als Finale hätte gelten können, unerträglich langweilig macht. Jetzt stehen sich die beiden Seiten gegenüber, die Motive der einzelnen mal mehr mal weniger klar beleuchtet, und hauen sich kurz und klein. Aber nicht einmal das passiert! All die Konsequenzen, die vorher so schön vorgestellt und angeprangert werden, greifen nicht, weil sich Marvel vor der Entschlossenheit der angepeilten Geschichte verschließt. Am Ende verkommt der Kampf zu einer mickrigen Schulhofklopperei, bei der nicht nur dämliche Sprüche gerissen werden, die genau das eigentlich anprangern sollten und schlussendlich blöde parodieren, auch sitzen am Ende (fast) alle wieder fröhlich im selben Boot und prosten sich zu.

                                              Wo der Trailer munter eine bestimmte Szene propagiert, wird auch das nicht völlig durchgezogen (zugegeben, ich bin auch ganz froh drum), was der Auseinandersetzung wieder jeglichen Sinn abspricht. Am Ende muss es dann ein dritter Plotpoint richten, der… aus dem Hut gezaubert scheint und, zumindest aus meiner Sicht, den eigentlichen Bezug zur Handlung verliert. Darüber kann man sich sicherlich streiten, deswegen möchte ich noch einmal betonen, dass das nur meine ganz persönliche Meinung ist. Natürlich wurde die Tür vorsorglich geöffnet, aber warum man dann wieder auf sowas zurückgreifen muss, ist wieder so schematisch langweilig ausgerichtet.
                                              Immerhin darf nun zum großen Finale hin nochmal ein Face-to-Face-Geraderücken der Ereignisse stattfinden, was zumindest einiges wieder relativiert. Doch auch hier wird sich im finalen Akt wieder strikt geweigert, die einzig logische Schlussfolgerung durchzuziehen und stattdessen auf Nummer sicher zu gehen. Erinnert mich irgendwie an die letzte Szene aus "Batman v Superman: Dawn of Justice", der exakt den gleichen Fehler begeht.

                                              Am Ende gibt sich "The First Avenger: Civil War" damit zufrieden, ein Hybrid aus gekonnt politisiertem Moralitätsgemenge und viel zu nachsichtiger Superheldenkomödie mit Handschlag zu sein. Der Mix misslingt und trübt den hohen Unterhaltungswert, den der Film dennoch bietet. Es hätte nur mehr Beständigkeit gebraucht, um dem gigantisch anmutenden Beititel auch gerecht zu werden.

                                              https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/05/01/film-the-first-avenger-civil-war-2016-us/

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                                                [...] Residue ist bisher ein unbefriedigender Appetizer auf eine volle Serie, die in noch nicht geklärter Zukunft folgt. Zwar beherbergt sie stimmungstechnisch eine Menge Potenzial, verzichtet dafür aber auf Erklärungen und einen tieferen Einblick in die Geschehnisse innerhalb der Quarantänezone, was in Anbetracht der Geschichte zu wenig ist. Aus diesem Grund verhält es sich mit der Serie so, als sei es nicht wirklich schade, wenn es sie gar nicht erst geben würde. Mal sehen wann und vor allem was da noch folgt.

                                                Komplett: https://infernalcinematicaffairs.wordpress.com/2016/04/30/serie-residue-2015-gb/

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                                                • Schlopsi 28.04.2016, 22:59 Geändert 28.04.2016, 22:59

                                                  Und die neue Lara Croft heißt... Alicia Vikander!
                                                  Interessante Wahl, die ich so nicht habe kommen sehen. Schauspielern kann sie zur Genüge, aber jetzt bin ich tatsächlich auf die Umsetzung gespannt.

                                                  http://deadline.com/2016/04/alicia-vikander-cast-as-lara-croft-in-tomb-raider-reboot-1201746253/

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                                                  • Ahh, schön dass ihr die Serie angelegt habt. Dann kann ich sie demnächst in Angriff nehmen. :D
                                                    Von der Serie hatte mich vor Beginn der Ausstrahlung bereits das Poster völlig für sich vereinnahmt und nach dem gewaltigen Hype erwarte ich großes.