SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

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    SoulReaver: FILMSTARTS.de 08.11.2015, 22:03 Geändert 09.11.2015, 10:22

    [...] Wurde in „James Bond 007 – Skyfall“ noch ausgehandelt, ob es in dieser, in unserer Welt überhaupt noch Platz für James Bond gibt, ist „James Bond 007 – Spectre“ nun die konsequente Fortsetzung dessen: James Bond fühlt, also geht es ihm beharrlich unter die Haut, direkt ins Herz, dort, wo nicht nur das Pochen det Schmerzen allen Boden zum Vibrieren bringt. Hier lässt sich auch der Urheber entdecken, der sich für die Marter in Bonds Inneren bekennt. Immer wieder werden alte Narben aufgebrochen, die Geister der Vergangenheit klopfen mit ihren Ketten gegen die Tore der gewissenhaften Instanz, bis sich das brüderliche Geflecht im Meteoritenkrater in einem aufbrausenden Gefühlswust entlädt: Zwei Kinder, die austragen, was losgetreten wurde, als ihnen die emotionale Intelligenz fehlte, Entscheidungen adäquat abzuwägen. Dieser in seiner Aufmachung, seinen Einfällen, seinen Locations, sehr klassische Bond, reiht nicht nur Referenzen und Motiven der sich über fünf Dekaden erstreckenden Franchisehistorie aneinander. „James Bond 007 – Spectre“ glaubt an Stille und Stillstand, die formidabel arrangierten Fotografien erfüllen die Funktion des Narrativkörpers, leiten, verweisen, offenbaren und transzendieren eine Story, über die man keinerlei Worte verlieren muss (der Film tut es manchmal leider dennoch). „James Bond 007 – Spectre“ liebt das Stillleben, hier wohnt die Imposanz inne, die austrägt, was die Lizenz zum Töten wirklich bedeutet: Nämlich die Möglichkeit, den Abzug nicht zu betätigen.

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      SoulReaver: FILMSTARTS.de 07.11.2015, 11:38 Geändert 07.11.2015, 11:38

      [...] Selbstverständlich bekommt auch „Fassbinder“ sie vor die Kamera, die üblichen Verdächtigen wie Hanna Schygulla und Irm Hermann , die beide auf Fragen über ihr exzentrisches Rainerchen nur mit Sentiment reagieren. „Fassbinder“ ist tragischerweise ungemein tendenziös geraten und fertigt ein hagiografisches Bild des meisterlichen Querkopfes an, dem alle wohl am liebsten die Füße küssen wollten – damals wie heute. Es ist allerdings ein Armutszeugnis, ein so brisantes, polarisierendes und obsessives Leben, wie Rainer Werner Fassbinder es geführt hat, dahingehend zu verkürzen, dass man sich permanent darauf beruft, Fassbinder hätte quasi kein Privatleben gehabt: Wenngleich der Mann einmal gesagt haben mag, „Ich bin meine Filme“, muss es nicht gleichzusetzen damit sein, dass sein KOMPLETTES Leben, jeder Gedanke, jede Regung, jedes Extrem, durch die Sichtung seiner Filme zu dechiffrieren gewesen ist. Fassbinder war mit ziemlicher Sicherheit mehr. Und er war nicht nur der Engel ohne Flügel.

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        [...] „Kubrick, Nixon und der Mann im Mond“ hingegen genießt einen satirischen Unterbau und verfolgt in augenzwinkernder Zielstrebigkeit die Intention, den Zuschauer dahingehend wachzurütteln, wie schnell man sich doch vom Fernsehen respektive den Massenmedien an der Nase herumführen lässt. Der Teufel steckt hier in der findigen Montage, hat sich William Karel doch (angeblich) durchaus namhaftes Personal ins Boot geholt, welches vor der Kamera seinen Standpunkt zur Wirrsal rundum die Apollo-11-Mission kundtun. Die Krux beziehungsweise der Clou des Ganzen: Die Antworten passten schlussendlich nicht mehr zu den Fragen. [...] William Karel hat sich die Freiheit erlaubt, die Interviews so zusammenzuschneiden, dass das eigentliche Thema nicht mehr präsent scheint und die versammelte Mannschaft (zum Beispiel Astronauten, Regierungsassistenten, Politiker und hochrangige CIA-Agenten) einen riesengroßen Wust zum zentralen Thema ablässt – ohne zu Anfang eine Ahnung davon gehabt zu haben. [...] „Kubrick, Nixon und der Mann im Mond“ ist dahingehend ungemein clever, weil er die Manipulationsmechanismen des Fernsehens in einem wunderbar spielerischen Mockumentary-Habitus offenlegt, dass man, sollte man nur mit einem Augen verfolgen, was sich dort gerade für ein abstruses Treiben auf der Mattscheibe abspielt, durchaus in die Falle tappen könnte und dem Konzept auf den Leim geht.

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          SoulReaver: FILMSTARTS.de 05.11.2015, 13:45 Geändert 05.11.2015, 13:45

          [...] „The Nightmare“ gelingt es auch über die Hälfte seiner Laufzeit sehr gut, den Zuschauer mitzureißen und den Gedanken präsent zu machen, dass das heutige Einschlafen womöglich von einem herben Gefühl des Unwohlseins begleitet wird. Schnell allerdings erschöpft sich das doch sehr auf seine audiovisuelle Qualität ausgelegte Konzept von „The Nightmare“. Die harten Farbkontraste wiederholen sich, die Berichten vertiefen sich niemals, sondern werden nur immer weiter ins Abstruse ausgedehnt. Und da lässt sich das Problem entschleiern, mit dem Rodney Ascher von Anfang an zu ringen hat: Der dokumentarische Mehrwert hinter „The Nightmare“ ist quasi nicht existent, weil Ascher niemals das Erzählte hinterfragt und sich niemals darauf einlässt, sein Sujet auf einer intellektuellen Ebene zu reflektieren. Stattdessen hören wir schlicht 90 Minuten dabei zu, wie Menschen vielfach an einem gar horrenden Wach-Schlaf-Zustand leiden. Das mag auch durchaus sein, doch „The Nightmare“ verleitet zu einer ungemein passiven Antwort: Dann ist das eben so.

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            [...] „Love & Mercy“ fertigt eine ungemein feingliedrige Psychografie seiner Hauptfigur an, Bill Pohlad begnügt sich nicht damit, die obligatorische Genie-und-Wahnsinn-Plattitüde zu stimulieren, das Narrativ geht mühelos darüber hinaus und lässt jedwede tränenheischende Verzerrung in der Charakterbeschreibung hinter sich. Die Inszenierung findet einen ganz eigenen Rhythmus, ein vitales, von den Songs der Beach Boys motivisch katalysiertes Konstrukt, das sowohl ins dysfunktionale familiäre Gefüge blickt, sowie es den schöpferischen Drang eines Künstlers nicht nur als Segen definiert, sondern ebenso dessen destruktive Ausmaße für den innerseelischen als auch sozialen Komplex thematisiert. Brian Wilson ist ein so fragiler Mensch, dass er sich solang in sich selbst verlieren wird, bis nur noch die reine Liebe von Melinda ihn daran zu erinnern scheint, was es bedeutet, ein Leben außerhalb der quälenden Apathie zu führen. Und hier lässt sich ein kleiner Störfaktor im ansonsten tadellosen „Love & Mercy“ entdecken, ist die wie ein Stern in finsterster Nacht erstrahlende Figur der Melinda schlicht zu transparent in ihrer Erlöserfunktion gezeichnet.

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              SoulReaver: FILMSTARTS.de 03.11.2015, 13:45 Geändert 03.11.2015, 13:46

              [...] „Blacktape“ ist keine Mediation über das stilistische wie politische Movement hinter dem Hip Hop, spätestens wenn zum ersten Mal der Name „Tigon“ in die Kamera geworfen wird, richtet „Blacktape“ seinen (pseudo-)dokumentarischen Blick offensichtlich auf eine klar vorangetriebene Thrillermechanik, die die Antwort auf die alles entscheidende Frage als Klimax gelobt: Wer ist dieser Tigon?! Zusammen mit Marcus Staiger und dem Musikjournalisten Falk Schacht begibt sich Sekou Neblett auf eine regelrecht investigative Schnitzeljagd. [...] „Blacktape“ generiert mit Wonne Kurzweil, lässt Marcus Staiger immer wieder ergrimmte Unterredungen mit Falk Schacht austragen und eine klare Paranoia entwickeln: Wer möchte das Mysterium Tigon im Hintergrund noch aufspüren und zu seinem Vorteil instrumentalisieren? [...] Indes aber schafft es Sekou Neblett aus all der dramatisch zugespitzten Menschenjagd auch eine wertvolle Botschaft zu schälen: Für jeden kommt irgendwann die Zeit im Leben, seinen Feinden zu vergeben. Für manche eben vielleicht erst dann, wenn sie lang genug mythologisierte Schatten verfolgt haben.

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                SoulReaver: FILMSTARTS.de 02.11.2015, 16:05 Geändert 02.11.2015, 16:15

                Kommerziell ein Flop, künstlerisch ein absoluter Siegeszug. „The King of Comedy“ ist zweifelsohne einer der besten Filme, für die sich Martin Scorsese verantwortlich zeigen darf. Das liegt nicht nur an den hervorragenden Darstellern (Robert De Niro und Jerry Lewis brillieren im höchsten Maße), sondern am blendenden Drehbuch, welches mit Rupert Pupkin und Jerry Langford zwei hochinteressantere Charaktere darreicht: Während sich der obsessive Pupkin als realitätsentrückter Soziopath bestätigt, der sich nicht nur nach Erfolg auf der Bühne sehnt, sondern in Wahrheit mit seinem Idol Jerry Langford verschmelzen möchte, ist sich Langford seiner Rolle als Spaßvogels vollkommen überdrüssig geworden. Weil er es allerdings nicht vermag, dieser Rolle zu entkommen, wenn mal keine Kamera auf sein Gesicht gerichtet ist, scheint er auch des Lebens müde geworden zu sein. „The King of Comedy“ erzählt im Kern der bissigen Showbiz-Satire eine tieftragische Geschichte darüber, was die geifernde Unterhaltungsmaschinerie sowohl mit seinen Künstlern, als auch mit der Zuschauerschaft macht. Der immense Stress auf der Bühne raubt den ausgeschlachteten Gesichtern massenkompatibler Abendunterhaltung jedwede Passion, den Anhängern vor der Mattscheibe wird ein entspanntes, immerzu umschwärmtes (Luxus-)Leben vorgegaukelt, welches schlicht nicht existent ist. Und wenn genau dieser Eindruck in einem Menschen wie Rupert Pupkin gepflanzt wird, der sich seine applaudierende Traumwelt nach Strich und Faden imaginiert, kann das nur böse enden. Auch wenn der amerikanische Traum als Möglichkeit bestehen bleibt, am Ende schneiden einem die spitzen Kanten der Realität doch immer wieder tiefe Wunden ins Fleisch.

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                  Der Meister des geschliffenen Bonmots offenbart seiner selber mal wieder voll im musischen Saft. Wie Woody Allen die divergierenden Welten der Theater-Boheme und der mafiösen Unterwelt in den 1920er Jahre verknüpft, um hinter grunzenden Gorillas auch einen schöpferischen Geist zu entdecken, der die Sprache der Kunst beherrscht, ist schon außerordentlich begnadet. „Bullets Over Broadway“, dieses sepiagetränkte Kleinod, verfolgt seine spleenige Hortung von Charakteren nicht über ihre oberflächliche Typisierung, sondern über die Stärken und Schwächen, über ihre Menschlichkeit eben. Da zeigen sich die Probleme, mit denen jeder irgendwann mal zu hadern hat: Das Ego, die Triebhaftigkeit und letzten Endes die eigenen Ideale. Und wenn man dann miterlebt, welch pointierte Worte Woody Allen seinem tadellosen Ensemble mal wieder in den Mund gelegt hat, versteht sich von allein, warum sich der Spielwitz hier unhaltbar in die Höhe potenziert. Offenherzig, ausdrucksstark, knacklustig. Woody eben.

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                  • 7
                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 30.10.2015, 19:18 Geändert 30.10.2015, 19:26

                    [...] Unter der kompetenten Ägide eines Fujita wächst „Lady Snowblood zu einem Erlebnis für die Sinne heran: Es sind nicht nur die ikonographische Illustrationen vom leise rieselnden Schnee, der sich auf dem Boden langsam blutrot färbt, die „Lady Snowblood“ eine stilistische Meisterklasse attestieren. Kameramann Tamura Masaki kreiert darüber hinaus beinahe feingliedrige Bilder, deren immense Kraft aus der farbdramaturgischen respektive synästhetischen Komponente emporsteigt. Wo das Geschehen um Hauptdarstellerin Yuki Kashima wiederholt in angeschlagenen, abgehetzten Farbakzenten zu verfließen droht, kontrastiert „Lady Snowblood“ diesen Eindruck durch die aus den Körpern hervorbrechenden Blutkaskaden: Zückt Yuki das Samuraischwert, streuen Blutfontänen prachtvoll wie aus einem Zierbrunnen durch die Lüfte. [...] Was „Lady Snowblood“ beschreibt, ist der Teufelskreis der Vergeltung, in den die augenscheinlich grazile Yuki unweigerlich abrutschen wird. Yuki jedoch ist ein Charakter, der gewisse Ambivalenzen zulässt, eben weil sie nicht die selbstbestimmte Killermachine darstellt, die es inbrünstig nach Rache durstet. Stattdessen wird Yuki in einen Strudel des Schicksals geworfen, in dem ihr die Bürde des Hasses schon vor ihrer Niederkunft auferlegte. [...] Der so gedrungene wie poetische „Lady Snowblood“ glorifiziert seine zentrale Akteurin niemals, die schiere Ausweglosigkeit dirigiert den Takt der Blutsymphonie.

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                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 29.10.2015, 20:02 Geändert 29.10.2015, 22:29

                      Wenn man sich das verhältnismäßig geringe Budget vor Augen führt und im nächsten Schritt das, was „Beasts of No Nation“ damit auf die Beine gestellt hat, dann muss man dem Ganzen schon ordentlich Respekt erweisen. Technisch ist der Film wirklich tadellos, Cary Fukunaga ist ein wahrer Könner wenn es darum geht, die Geographie einer Szene adäquat auszustaffieren. Untermalt von einem beinahe sphärischen Soundtrack, folgen wir Agu (Abraham „Ich bin nicht der Teufel, ich hatte eine Mutter“ Attah), einem kleinen Jungen, der von jetzt auf gleich aus seiner (auch) metaphorischen Pufferzone gerissen wird und sich auf dem blutverschmierten Pfad der Entmenschlichung wiederfindet. Irgendwann ist dieses Kind eine automatisierte Killermaschine, verstrahlt von Drogen, distanziert von zwischenmenschlichen Bindungen, gebrochen von einem mit gefährlichem Charisma ausgestatteten Kommandanten (Idris „Es ist an der Zeit, dass du mir einen Gefallen tun musst“ Elba) – es gibt nur noch den Geruch des Todes, während in der Ferne die Gewehrsalven kreischen. Allerdings ist „Beasts of No Nation“ dann doch zu akademisch geraten: Man wollte es unbedingt perfekt machen, wollte über die menschliche Natur sinnieren und geopolitische Verstrickungen, mit dem Katalysator der von militanten Rebellen rekrutierten Kindersoldaten in Westafrika, ansprechen, um alles noch und nöcher mit einem lyrischen Voice-Over zuzukleistern, bis der „Schlag in die Magengrube“ im hoffnungsvollen Keim zur reinen Behauptung wird. „Beasts of No Nation“ ist kein schlechter Film, ganz im Gegenteil, es gibt einige WIRKLICH famose Sequenzen, das Trommelfeuer der Kunstfertigkeit jedoch mutet ein wenig blechern an.

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                        SoulReaver: FILMSTARTS.de 28.10.2015, 11:04 Geändert 28.10.2015, 11:11

                        [...] Tatsächlich ist es „Nacht und Nebel“ nur an einer Sache gelegen: Er stemmt sich gegen das Vergessen. An eine steife Informationsflut ist nicht zu denken, die schwebende Kamera fährt vielmehr unter der musikalischen Begleitung von Hanns Eisler sowie dem reflektierten Text des Jean Cayrol die verranzten Elektrozäune, die Fingerabdrücke im einst aufgeweichten Beton und umwucherter Gleise ehemaliger Konzentrationslager ab. Die Tore mögen sich für den Moment geschlossen haben, doch wer glaubt, dass jene unmöglich in Worte zu fassenden Verhältnisse heute nicht mehr möglich sind, der täuscht sich und schenkt der Menschheit mehr Vertrauen, als ihr in Wahrheit zugesteht.

                        "...und es gibt uns, die wir beim Anblick dieser Trümmer aufrichtig glauben, der Rassenwahn sei für immer darunter begraben, uns, die wir tun, als schöpften wir neue Hoffnung, als glaubten wir wirklich, dass all das nur einer Zeit und nur einem Land angehört, uns, die wir vorbeisehen an den Dingen neben uns und nicht hören, dass der Schrei nicht verstummt." [...]

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                        • 7

                          Als würde irgendein Dussel die Jukebox in der Ecke belagern und alle 5 Minuten einen neuen Titel spielen, obwohl man sich doch eigentlich nur mal in aller Ruhe, ohne ständige Hintergrundbeschallung, unterhalten möchte. Dass die Audioebene von „Vanilla Sky“ wirklich permanent von - im Prinzip gar nicht mal schlechten - Songs ausstaffiert wurde, geht schon auf den Senkel, weil sich der Film dadurch auch auf lange Sicht immer mehr den komfortablen Freiraum nimmt, anregende Gedanken aus der Stille zu destillieren. Und darum geht es doch eigentlich: Was ist im Kopf dieses von Tom Cruise formidabel verkörperten David Aames los? Was passiert mit dem neureichen Erben eines Verlagsimperiums, wenn ihm nicht mehr ständig eine Horde von Leute am Rockzipfel hängt, sondern er auch, im wahrsten Sinne des Wortes, sein Gesicht verliert? Die Süße des Lebens jedenfalls wird einem erst bewusst, wenn man dessen Bitterkeit erfahren hat. Der Verstand ist ein Gefängnis, das von den gierigen Klauen des Unterbewusstseins in Schacht gehalten wird, bis alles zu einem wahren Alptraum angeschwollen scheint. Und Höhenangst beschreibt nicht die Furcht vor dem Gipfel, sondern vor dem Aufprall – wie in der Liebe. Dass man sich zum Ende hin gezwungen fühlt, noch einmal alles ausführlich totzulabern, nachdem so getan wurde, als würde man sich Hals über Kopf in eine vogelwilde Mindfuck-Dramaturgie stürzen, ist wohl eine klassische Hollywood-Krankheit.

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                            [...] Anhand der in seiner Zerrissenheit einnehmenden Figur des Richters Pernell Harris sowie seinem Trauma verhandelt die Serie mit dem Zuschauer aus, ob respektive wie lange es noch nachvollziehbar ist, in welch spirituellen Sphären der liederliche Kadi nach und nach abrutscht. Durch den Selbstmordversuch seines Sohnes findet Harris angeblich zu Gott, hört Stimmen, spricht in fremden Zungen, betet. Für „Hand of God“ ist Gott – oder eben die Religion allgemein – keine Stütze in schwerster Stunde, hier folgt man vielmehr dem Ansatz, Gott als Mittel zum Zweck zu instrumentalisieren: Eine Ausrede, ein Deckmantel, um die fehlgeleitete Trauerarbeit irgend möglich in Selbstjustiz zu kanalisieren. Harris ist genau deshalb ein religiös verbrämter Fanatiker, weil er sich nicht um den Weg des Glaubens schert, sondern sich abgrundtief in die Möglichkeiten hineinsteigert, die ihm ein frommer Vorwand gereicht. [...]

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                              Ja, auch „Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith“ hat mit unübersehbaren Defiziten zu ringen. Ohnehin gleicht diese gesamte Prequel-Trilogie einem kinematographischen Trümmerpfad – und vor allem als inbrünstiger Anhänger der Ursprungsfilme fängt man sich in seinen Schuhen immer wieder spitze Steinchen ein, die den nächsten Schritt erschweren. ABER: Endlich gibt es auch mal in der von astronomischen Erwartungen quasi bewegungsunfähig gemachten Vorgeschichte einen Anflug von Stimmung, von Emotionalität, von effizient kanalisiertem Pathos (wenn auch größtenteils nur für die Zuschauerschaft, die mit nostalgierten Blick auf die mitreißende Metamorphose des Anakin Skywalker schaut) wahrzunehmen. „Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith“ ist Fanfiction, wenn man so will, und im Großen und Ganzen wahrscheinlich auch keine sonderlich zufriedenstellende. Dennoch, der Film berauscht in seiner Vehemenz, konsequent auf sein schweres Ende zuzurollen: Allianzen zerschlagen, die Demokratie wird abgeschafft, Schüler brechen mit ihren Mentoren. Hass und Furcht reagieren. Eine griechische Tragödie im digitalisierten Space-Opera-Gewand. Salbungsvoll, knechtend, prickelnd.

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                                SoulReaver: FILMSTARTS.de 25.10.2015, 10:56 Geändert 25.10.2015, 10:57

                                [...] Der recht archetypisch angelegte Benson möchte seine Menschlichkeit nicht verlieren, für ihn gibt es keine Monster, sondern nur Menschen. Montana hingegen ist bereits in einem barbarischen Geisteszustand angekommen, in dem es nur noch das Töten oder das Getötet werden verläuft – er ist ein Produkt des Krieges. „Tag ohne Ende“ erzählt über seine gut 100-minütige Laufzeit primär von Ausweglosigkeit und desillusionierten Soldaten, deren angsterfüllten Gesichter im Dreck der kargen Felder verharren. Diese letzten 20 Kilometer sind ein Martyrium, die Natur pflegt ein schimärisches Antlitz, überall scheint der Feind zu lauern, im dichten Geäst, hinter trockenen Gesteinserhebung, in den Baumkronen, während die Räumlichkeit des Territoriums an und für sich mehr und mehr verschwimmt: Sie wird ungreifbar und damit eben auch unbezwingbar. [...]

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                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 24.10.2015, 16:12 Geändert 25.10.2015, 09:46

                                  [...] „Secret Service – Barely Lethal“ versucht dabei, sich seinem Sujet auf einer reflektorischen Plateau zu nähern: Immer wieder kommentiert Megan die Gepflogenheiten innerhalb der traditionsbewussten Highschool, fängt Rollentypen ein und unterstreicht somit die Konventionen des Teenie-/Highschool-Films. Allerdings ist „Secret Service – Barely Lethal“ nicht so raffiniert, gekonnt von seiner Meta-Ebene zu zehren und scheitert durchweg daran, (s)ein filmisches Muster offenzulegen, in dem er dieses letztlich doch nur bestätigt und reproduziert.Dass Kyle Newman einfach keinen Schwung in sein Narrativ bekommt, liegt nicht NUR daran, dass es durch vollkommen trübe Gewässer paddelt, auch die namhafte Schauspielriege zeigt sich mit überschaubarer Begeisterung dem Projekt gegenüber. Ob Hailee Steinfeld, „Game of Thrones“-Star Sophie Turner, Jessica Alba oder Allesdreher Samuel L. Jackson, sie alle agieren auf Autopilot, immer dem Scheck, denn der Vision entgegen.

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                                    über Wolfen

                                    [...] „Wolfen“ ist ein waschechter, in seiner schroffen Bildsprache unverwechselbarer Stimmungsmacher, der sich über die konventionellen Handhabung des Werwolf-Topos hinwegsetzt und sich vielmehr als ökologischer Großstadt-Thriller mit mystifizierten Horror-Elementen verstehen lässt. Tatsächlich kann es Michael Wadleigh nicht vermeiden, den kritischen Ansatz von „Wolfen“ in eine leicht ulkige Naivität ausarten zu lassen (wenn es um die Darstellung von amerikanischen Ureinwohnern geht – da spielt das Drehbuch ganz romantisch die „edle Wilde“-Karte). Die eindrucksvolle Inszenierung allerdings ist so einnehmend, dass es einem bei all dem markanten Stallgeruch doch ordentlich am Kragen packt: Wie sich diese mit Dreck, Schmerz und Einsamkeit beladenden Fotografien mit James Horners, das triste Szenario immer adäquat akzentuierenden Komposition verbinden, geht dem Zuschauer schon in beklemmender Art und Weise nahe. [...]

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                                    • 7

                                      Früher die leuchtenden Glubscher, wenn Marty McFly auf dem Hoverbord über die Straßen gefegt ist; in Schuhe schlüpfte, die sich selbst schnürten und eine Pepsi beim artifiziellen Michael Jackson bestellte, deren Gefäß nichts mehr mit einer handelsüblichen Flasche zu tun hatte, sondern vielmehr einem gescheiterten Versuch moderner Kunst entsprach. Heute, vielleicht auch mit etwas Schwermut in der Brust, hat unsere Zeitrechnung das Jahr 2015 eingeholt und das Zukunftsszenario, welches „Zurück in die Zukunft II“ so detailliert wie buntscheckig servierte – es ist nunmehr Vergangenheit. Aber zerstört das den Zauber des Films? Sicherlich nicht. „Zurück in die Zukunft II“ ist eine Fortsetzung nach Maß, die nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, bis der DeLeorean geschmeidig wie eh und je den nächsten Sieg einfahren darf. Mit einer sagenhaften Spritzigkeit, immer in Kombination mit dem unbändigen Spielwitz der Besetzung (Doc Brown ist nun auch in der Deus-Ex-Machina-Rolle präsent), setzt sich „Zurück in die Zukunft II“ clever mit dem Original auseinander, baut es aus, verleiht ihm neue Gesichtspunkte, verweist in seiner eigenen Zeitlosigkeit auf dessen Zeitlosigkeit. Und wer von dem heutigen 2015 enttäuscht sein mag, sollte sich an die Worte von Christopher Lloyd halten: Die Zukunft ist ganz allein das, was Du daraus machst.

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                                        30 Jahre auf dem Buckel und doch immer noch eine so delikate Leckerei wie an dem Tag, als man dieses Schätzchen zum ersten Mal aus dem Bonbonpapier gerollt hat. Der Charme von „Zurück in die Zukunft“ kommt nicht nur dann zur Geltung, wenn man ihn bis tief in die Spule des Fluxkompensators nostalgiert, stattdessen hat Robert Zemeckis hier noch einen Blockbuster abgeliefert, der sich noch als echtes, amerikanisches Erzählkino definiert: Charaktere werden sauber eingeführt, es wird sich die nötige Zeit genommen, die Geschichte zu etablieren und wenn gelacht wird (und das geschieht zu genüge!), dann niemals aus dem Grund, weil hier ein zwanghaft auf Pointe geschnittenes Konstrukt versehentlich mal einen Treffer gelandet hat. Diese popkulturelle Zeitreise, die selbst schon unlängst beständiges Element der Popkultur geworden ist, begegnet dem wissenschaftlichen Quantensprung mit vitaler Begeisterung, ist ironisch-durchdacht und ist ein Gewinn auf ganzer Linie, weil er seine quirligen Akteure mit so viel Liebe durch die chaotischen Verschachtlungen des Raum-Zeit-Kontinuums scheucht, dass man sie einfach in sein Herz schließen muss.

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                                          »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
                                           
                                          #07 (Staffel – 2)
                                          G...wie Gewerkschaftsfilm

                                          Ob sich Elia Kazan mit „Die Faust im Nacken“ bisweilen rechtfertigend auf die von ihm getroffenen Aussagen vor dem 'Komitee für unamerikanische Umtriebe' rekurrierte, als er ehemalige Vertraute als Anhänger der Kommunistischen Partei denunzierte, sei mal dahingestellt. Verdient hat es sich dieses mit Auszeichnungen geradezu überschüttete Sozialdrama redlich, im Kanon der Filmhistorie als echter Klassiker deklariert zu sein. Der bildsprachlich am italienischen Neorealismus geschulte „Die Faust im Nacken“ begnügt sich als sozialpolitischer Diskurs nicht damit, den inhumanen Antrieb im Kern des Kapitalismus offenzulegen und die mafiösen Verstrickungen, die sich hinter der Gewerkschaftsfassade im Hafenmilieu vorfinden, als grobschlächtiges Terrorregime zu überstilisieren. Was sich in „Die Faust im Nacken“ widerspiegelt, ist der nackte Sozialdarwinismus, dessen die Arbeiterklasse nach und nach zermahlenden Mühlen nur dann gestoppt werden können, wenn sich jemand bereiterklärt, den Preis der Wahrheit zu zahlen – was auch immer er kosten möge. Und in dem von jungen Marlon Brando b-r-i-l-l-i-a-n-t verkörperten Terry Malloy findet sich dieser jemand: Kein Intellektueller, der durch rhetorische Finesse mitzureißen wüsste, aber ein Kämpferherz mit Pferdelunge, das sich sich nicht auf die Bretter schicken lässt und den Weg der Gewissenhaftigkeit von der ihn umwuchernden Angst und Verzweiflung freischlägt. Brandos blutverschmiertes, schmerzverzerrtes Gesicht wird zum Epitom der Gerechtigkeit.

                                          [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

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                                          • SoulReaver: FILMSTARTS.de 20.10.2015, 22:17 Geändert 31.01.2016, 20:04

                                            Lieblingsschauspieler:

                                            Joaquin Phoenix
                                            Casey Affleck
                                            Tom Cruise
                                            Ethan Hawke
                                            John Cusack
                                            Mel Gibson
                                            Billy Bob Thornton
                                            Nicolas Cage

                                            Lieblingsschauspielerinnen:

                                            Juliette Binoche
                                            Julianne Moore
                                            Kate Winslet
                                            Amy Adams

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                                            • 4 .5

                                              [...] Reichlich konstruiert nämlich erscheint es, dass Graf Dracula seine Aversion gegen alles Menschliche in Teil 2 wieder aufleben lässt und seinen Enkel Dennis nicht nur als lockenköpfiges, sondern als eckzähniges Goldstücke unter seine Fittche nehmen möchte. Wenn sich die bunt gecheckte Monsterhorde auf den Weg in ein Schreckenscamp macht, um Dennis beizubringen, wie man wirklich gruselig ist, dann besitzt das zuweilen schon eine nette dadaistische Nonchalance, die nicht nur den Humor des kleinen Publikums bedient, sondern durch den anachronistischen Charme, auf den auch „Hotel Transsilvanien“ schon gesetzt hat, auch die Erwachsenen amüsiert. Der dramaturgisch erwartbar dösige „Hotel Transsilvanien 2“ jedoch ist nur ein lauer Aufguss des weitestgehend ordentlichen, aber ebenfalls nie sonderlich mitreißenden Vorgängers, kann für sein transparentes Figurenarsenal niemals echte Empathie wecken und wartet am Ende natürlich mal wieder mit der exorbitanten Moralkeule auf, um sie dem Zuschauer wuchtig um die Ohren zu schleudern.

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                                              • 8 .5

                                                [...] Für Liebe ist in dieser Zeit kein Platz mehr, das werden Fran und Stephen in einer regelrechten Ohnmacht lernen, und wer die Chance hat, alles besitzen zu können, wird für nichts mehr Verwendung finden. „Zombie – Dawn of the Dead“ ist als humanistisches Manifest, welches an Nächstenliebe, an Verbundenheit und auch an Hoffnung glaubt, deswegen so effizient, weil es auch folgerichtig offenbart, dass sich all die Menschlichkeit nicht immer als Schlüssel für eine echte Perspektive zeigt – Aber es macht vieles, auch in derart düsteren Zeiten, erträglicher. Und all die unterschiedlichen Charaktertypen, die „Zombie – Dawn of the Dead“ interagieren lässt, studiert George A. Romero, um sie den schlurfenden Wiedergängern adäquat gegenüberzustellen. Stephen, Fran, Peter und Roger müssen realisieren, dass die Zombie ein Teil von ihnen sind und eine Zukunft nur dann gewährleistet scheint, wenn dem Morden der Menschen endlich Einhalt geboten wird. Da keimt aus der Essenz des „Zombie – Dawn of the Dead“ auch ein zutiefst pazifistisches Plädoyer: Gesellschaften werden nicht auf Blut errichtet, sie versinken zwangsläufig darin.

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                                                • 7

                                                  »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns« 

                                                  #06 (Staffel – 2) 
                                                  F...wie Familienfilm.

                                                  Die gefühlsselige Trinität um Richard Donner, Steven Spielberg und Chris Columbus hat, gerade gegen Ende, ohne falsche Scham alles dafür getan, „Die Goonies“ mit einer dicken Schicht Zuckergussglasur einzupinseln: Da kann es einem bei all dem überstrapazierten Wohlfühlkitsch schon mal kurzzeitig ganz duselig im Kopf werden. Aber geschenkt, irgendwie gehört es ja auch dazu, wenn man sich so ein herzensgutes 1980er-Vehikel zu Gemüte führt. „Die Goonies“ ist keinesfalls so poetisch wie der wunderbar sensible „Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers“ von Rob Reiner, mit dem er immer wieder unverdrossen in Verbindung gebracht wird. Dafür ist Richard Donners Duktus zu hektisch, zu energiegeladen, zu actionorientiert, zu (im wahrsten Sinne des Wortes) abenteuerlustig und mitnichten daran interessiert, die Protagonisten, die an der folgenschweren Schwelle zur Pubertät verkehren, in melancholischer Einkehr zu üben. Diese vergnügliche Achterbahnfahrt durch ein unterirdisches Pappmachelabyrinth allerdings kann seine eskapistischen Reize voll ausspielen, zeigt man sich bereit, der grell-albernen Ode an den kindlichen Entdeckungsdrang auf Augenhöhe entgegenzutreten (etwas nostalgische Verklärung spielt da natürlich in die Karten). Hat man aber erst mal den Glauben an die großen Abenteuer im Leben verloren, wird sich auch die mystische Schatztruhe verschließen, die „Die Goonies“ im Inneren mit sich trägt.

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                                                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 17.10.2015, 19:38 Geändert 17.10.2015, 19:39

                                                    [...] „Black Mass“ stellt sich von Beginn an in die Tradition des Genres, rollt die Geschichte des James J. Bulger chronologisch auf und montiert in den primären Handlungsteil, die unheilige Allianz zwischen Bulger (Johnny Depp, „Edward mit den Scherenhänden“) und dem FBI, immer wieder Verhörszenen, die die Aussagen der ehemaligen Mitglieder von Bulgers Winter Hill Gang aufzeigen. Fein säuberlich wird der Zuschauer darauf hingewiesen, in welchem Jahr wir uns gerade befinden, während sich „Black Mass“ damit begnügt, klassische Basiskoordinaten des Gangsterkinos zu emulieren, Versatzstücke zusammenzuklauben, Stereotypen zu bedienen, Desinteresse zu schüren. Ja, „Black Mass“ ist mit Sicherheit kein schlechter Film, doch Scott Cooper schafft es nicht, den durchaus spannenden Stoff physisch oder psychisch erfahrbar zu machen. [...] „Black Mass“ ist zu festgefahren in seinen von den unzähligen gleichartigen Vorgängern schablonierten Genreplattitüden und möchte als handwerklich durchaus solide Nummernrevue die klaren Grenzen des Sujets zu keiner Zeit transzendieren. [...]

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