SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Jonay Nay ist die Idealbesetzung für diesen jungen Mann, der nicht nur zwischen die Fronten zweier Systeme gezwungen wird, sondern auch nach und nach eine Identitätskrise inmitten kultureller Dissonanz austragen muss. Seine Unbeholfenheit spiegelt sich in den großen Augen, die nur schauen, aber oft nicht verstehen; und eigentlich möchte er ja nur wieder zurück in die Heimat, zur kranken Mutter, zur schwangeren Freundin. Anhand von Martin und seiner zunehmend gespaltenen Persönlichkeit rührt „Deutschland 83“ an moralischen Diskursen, die über die gesamte Laufzeit mitnehmen, weil die Angst in seinem Herzen, die Zerrissenheit in seiner Seele so plastisch dargelegt werden und das gesamte Suspense-Konzept der horizontalen Erzählung so konsequent effektiv verdichtet. Zweifelsohne aber ist es auch ein Verdienst des gestalterischen Handwerks, dass „Deutschland 83“ so wunderbar aufgeht: Die Kraft ruht im Detail, im famos gewählten Soundtrack, im Tapetenmuster, im Ornament der Nachttischlampe, im Gewirke der Kleidung. [...]
[...] Es tut tatsächlich weh mit anzusehen, wie pointiert Robin Williams diesem Mann, der in seinem jetzigen Leben schlicht keine Erfüllung mehr finden kann, ein Gesicht verleiht, wie er ihn als fragile Persönlichkeit porträtiert, die bei der nächsten Erschütterung in tausend Teile zu zerbrechen droht. [...] Ein letztes Aufbegehren wartet in seinem Inneren und wird vom jugendlichen Stricher Leo befeuert, der im unerkannten Licht der Großstadt – schicksalhafter könnte dieser Umstand wohl nicht sein – zufällig vor sein Auto läuft. „Boulevard“ aber vermag es nicht, diese so elementare Figur wie Leo greifbar zu machen, er bleibt ein attraktiver Schlagschatten, der auf Robin Williams fällt, ihn, so scheint es, aber niemals im Zusammenspiel berührt. Williams allein sorgt dafür, dass „Boulevard“ einen Anschein von Intimität erweckt, sein Befreiungsschlag von Lebenslügen und dem Bemühen, das Leben zu leben, welches er seit Jahrzehnten zu verdrängen versuchte, werden von ihm in einem Höchstmaß an Menschlichkeit ausgespielt und von Dito Montiel ohne Hang zur Grobschlächtigkeit inszeniert. Schade ist nur – und das raubt dem Film einiges an Intensität -, dass sich Montiel immer noch zu selten darauf verlässt, Bilder und Gesichter sprechen zu lassen, oftmals muss noch einmal verbalisiert werden, was ohnehin jedem ersichtlich ist.
Egal, egaler, David O. Russell. Die Filme von dem Mann sind ja nicht nur von einer leichten, tragbaren Patina der Trivialität überzogen, sie haben sich vielmehr eine unglaubliche Bedeutungslosigkeit bis ins Mark einverleibt, vor der es kein entrinnen zu geben scheint. Nach „Silver Linings“ und „American Hustle“ beweist David O. Russell mit "Joy - Alles außer gewöhnlich" nicht nur ein weiteres Mal, dass er ein äußerst (!!!) mäßiger Geschichtenerzähler ist, er ist auch gleichwohl nicht in der Lage, sich einen gewissen ästhetischen Stilwillen anzueignen. Nichts ist von Belang, nichts zieht Blicke auf sich, die emotionale Fallhöhe bleibt reine Behauptung, man merkt dem Ganzen (auch ohne das Vorwissen um die wahre Geschichte) immer an, dass es hier nicht darum geht, menschliche Schicksale greifbar zu machen, sondern um das Erfüllen einer verwässerten Märchen-Dramaturgie, die ihrem eigenen, harmoniehescheinden Gebaren unterliegt. Da passt es natürlich, dass die Figuren als eindimensionale Abziehbildchen im Gültigkeitsbereich des American Dream herhalten müssen (auch wenn Jennifer Lawrence durchaus anständig gegen dieses Brandmal anspielt), die fortwährend in einer klaren Funktion zu verharren haben, anstatt sich als eigendynamische Charaktere aus Fleisch und Blut beweisen – aber dafür einem David O. Russell, diesem irrelevanten Döskopp, der (kunst-)schöpferische Geist.
[...] Man arbeitet sich an genreinhärenten Konventionen, sowohl an denen des Dramas, als auch an denen des Heist-Thrillers, entlang, findet aber in der zentrierten Vater-Sohn-Beziehung einen ansprechenden Gefühlsknoten, der es wert ist, im Folgenden behandelt und verfolgt zu werden. Wenngleich es ist ein alter Hut ist von der im halbseidenen Gewerbe verhafteten Vaterfigur, die nun endlich bereit ist, ihren väterlichen Pflichten nachzukommen, zu erzählen, zeigt „Der Auftrag – Für einen letzten Coup ist es nie zu spät“, wie sich eine solch – auf dem Papier - klischierte Angelegenheit durch das gekonnte Auftreten willfähriger Künstler kaschieren lässt. „Der Auftrag – Für einen letzten Coup ist es nie zu spät“ lebt von seinen Darstellern, sie geben dem Film Halt, fungieren als Kitt, der die konventionellen Bausteine vor dem Zusammenbruch bewahrt.
Er sucht den Notausgang aus der Manege der Eitelkeiten; die Traumfabrik hat sich ihm, Rick, einem erfolgreichen Drehbuchautoren, fortwährend dahingehend in den Weg gestellt, eine brauchbare Form der (Selbst-)Verwirklichung zu finden – all dem Ruhm, den leichten Frauen, dem knalligen Exzess präsentiert er sich überdrüssig. Und angesichts dieser Prämisse, aus der Terrence Malick erneut die kosmologische/ontologische Sinnsuche eines strauchelnden Individuums destilliert, möchte man sich nicht mehr interessiert geben, sondern verschreckt, dass ein einst so visionärer Künstler wie Terrence Malick eine derart platte Metapher bemüht: Hollywood als hohle Scheinwelt. Es passt aber zum gesamten Film, denn der ungemein pomadige „Knight of Cups“ ist vor allem eine Sache: Leer. Leere Bilder. Leere (Charakter-)Gefäße. Leere Worthülsen. Während sich die assoziative Montage darin versucht, den Weltschmerz vom dem Leben entrückten Rick in ein fluides Klagelied zu kanalisieren, offenbart „Knight of Cups“ immer gleiche Bewegungsabläufe: Figuren drehen sich um die eigene Achse, blicken schwerfällig gen Horizont, fallen auf die Knie, waten durch Wüstenlandschaften und kommentieren das Ganze in einem schwülstigen Voice-Over, in dem Malicks Faible für Spiritualität und Esoterik endgültig zur Selbstparodie angelangt. Auch „Knight of Cups“ ist nicht viel mehr als eine prätentiöse Zumutung, ein salbungsvoller Bewusstseinsrausch, der von einer Wanderschaft berichtet, die das Ende als Beginn versteht. Welch Erkenntnis. Aber vielleicht liegt genau darin der einzige Gedanke, der etwas Mehrwertiges in sich trägt respektive tragen könnte: Der Zirkelschluss als Existenzmöglichkeit.
[...] Mel Gibson verzichtet jedoch darauf, seine Geschichte, basierend auf einem Roman von Isabelle Holland und adaptiert von Malcolm MacRury, über larmoyante Posen zu entwickeln und sucht den engen Kontakt zu seinen Hauptcharakteren, die beide auf ihre Weise (wieder) ins Leben zurückfinden müssen. Die lauten dramaturgischen Spitzen tun sich auf, wenn es um die Spekulationen des Umfelds um die Person des Justin McLeod geht: Ist er ein Pädophiler? Ein Mörder? „Der Mann ohne Gesicht“ hält dem Zuschauer dabei aber immer eine Sache gekonnt entgegen: Und wenn es so wäre, glaubst Du nicht, anhand des Gesehenen, dass eine Läuterung im Bereich des Möglichen liegt? Eine zweite Chance ist eine Frage der Toleranz, die die dunklen Wolken oberhalb der Kleingeistigkeit vertreiben, auch wenn dafür ein Lebewohl manchmal der einzige Weg scheint.
[...] „Taxi Teheran“ appelliert an die Demokratie, rückt seinen humanistisches Impetus ins Zentrum und hat sichtbare Freude daran, dem konservativen Mullah-Regime eine lange Nase zu drehen, egal, welch drakonische Konsequenzen das für Dissident Panahi in Zukunft auch nach sich ziehen könnte. „Taxi Teheran“ ist der warmherzige und uneigennützige Versuch, ein Gefühl von Freiheit in einer Welt zu gewährleisten, die ihre Bevölkerung bereits für Lappalien zur Schlachtbank führt (der Iran hat die höchsten Hinrichtungsraten nach China vorzuweisen). Jafar Panahis Diskurs über (soziale) Realität und (filmische) Fiktion bezirzt gerade durch seinen spielerischen Erzählfluss, der oftmals einem Episodenfilm gleicht: Fremde, alte Bekannte und Freunde bestimmen auf Rückbank und Beifahrersitz die lebensbejahende Dynamik dieses mutigen Werkes. Und als Zuschauer gesellt man sich nur zu gerne dazu.
[...] Dominik Graf, ein langjähriger Vertrauter Althens und ebenso bedeutsamer Geist der deutschen Filmlandschaft, setzt in dieser essayistischen Liebeserklärung an das Kino und die Kulturkritik auf überlegt gewählte Auszüge von Michael Althens Kritiken oder Nekrologen, die sich nach und nach zu einer sensiblen Spurensuche in der Brechung des Kinos selbst bündeln, um die Frage zu beantworten: Was heißt denn „Ende“ in diesem Kontext nun eigentlich genau? Für Michael Althen jedenfalls hieß ein auslaufenden Abspann, ein sich schließender Vorhang, dass die wahre Tiefe der Kunst erst in diesen Augenblicken beginnen kann, in den Gedankenschächten der Zuschauer, in der die Bewunderung und die Neugierde mit der Deutungsvielfalt des Gesehenen konsequent verschränkt wird. [...]
[...] Eine mailändische Familie unter dem patriarchalen Kommando des gutsituierten Industriellen Paolo (Massimo Girotti) gerät in Kontakt mit der Inkarnation des Messias (Terence Stamp). Die soziale Impotenz, die das familiäre Geflecht unlängst infiziert hat, wird durch den mysteriösen Fremden für kurze Zeit kuriert – und das letztlich schlichtweg durch die Kraft aufrechter Liebe. Tatsächlich aber ist die Liebe hier nicht nur die Erlösung vor der zwischenmenschlichen Abschottung, dem Aneinandervorbeileben. Die gutbürgerliche Festung hinter dem verstärkten Schmiedeeisenzaun ist ein Hort der Einsamkeit, in dem die Zärtlichkeit des Fremden schnell destruktive Ausmaße annimmt: Wenn sich die Liebe selbst schon nur noch als Abzweigung der Norm verstehen lässt, ist es ohnedem bereits zu spät, der Irrealität der herrschenden Klasse mit einem ordentlichen Hieb an Wahrhaftigkeit vor den Bug zu schießen. Das System muss zerbrechen, die Wirklichkeit lässt sich nicht mathematisch auflösen.
1. Bester Film: Whiplash
2. Bestes Drehbuch: Birdman / Inherent Vice
3. Beste Regie: George Miller (Mad Max: Fury Road) / Whiplash (Damien Chazelle)
4. Beste darstellerische Leistung: Charlize Theron (Mad Max: Fury Road), Paul Dano (Love & Mercy)
5. Beste Technik: Mad Max: Fury Road / The Walk
6. Wichtigster Film: Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht
7. Bestes Popcorn-Kino: Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht / Mad Max: Fury Road
8. Bester Soundtrack: The Guest
9. Bester Filmcharakter: Doc (Joaquin Phoenix, Inherent Vice), Furiosa (Charlize Theron, Mad Max: Fury Road)
10. Bestes Filmpaar: Max & Furiosa (Mad Max: Fury Road), Finn & Rey (Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht)
11. Bester Look: Mad Max: Fury Road / The Guest
12. Bestes Feel-Good Movie: Inherent Vice / Kiss the Cook
13. Beste Direct-to-DVD Veröffentlichung: The Guest / Heart of a Lion
14. Bester Genrefilm: Mad Max: Fury Road / The Guest
[...] Was „Creed – Rocky's Legacy“ aber schadet, ist seine augenscheinliche Mutlosigkeit. Denn, obgleich die Chemie zwischen Michael B. Jordan und Sylvester Stallone, der die autoritäre Präsenz mitbringt, um den geerdeten Trainer als motivierende wie moralische Stütze gekonnt auszufüllen, wirklich stimmt und auch die Box-Sequenzen mit Schlagfolgen wie Gewehrschüsse reichlich dynamisch über die Leinwand bersten, muss man sich abseits jedweder rückwirkender Verklärung und stimuliertem Sentiment eingestehen: „Creed – Rocky's Legacy“ ist dramaturgisch dermaßen formelhaft, dass es ihm tatsächlich in keinem Moment gelingen mag, der Geschichte um Mentor und Schüler, um die Aussicht, Teil des American Dream zu werden und das obligatorische Love Interest (Tessa Thompson, „Selma“), neue Akzente innerhalb des Genres – oder auch der gesamten „Rocky“-Mythologie - abzuringen. „Creed – Rocky's Legacy“ verharrt kontinuierlich vor der Folie des Originals, schabloniert Szenenabläufe und pinselt Slvester Stallone dermaßen penetrant den Bauch, dass der nostalgierte Blick auf den Italian Stallion fast schon leicht unangenehm wird.
[...] Mit der glattpolierten Digitaloptik eines „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“ und Co. hat „Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht nichts mehr gemein. J. J. Abrams hat erkennbaren Wert darauf gelegt, die Physis zurück ins „Star Wars“-Universum zu bringen, was nicht nur bedeutet, dass wir uns über den abgenutzten Look der Sternenjäger, Frachter und Raumstationen erfreuen können, der uns an das verbogene Metall eines „Krieg der Sterne“ gemahnt. Die Charaktere sind wieder aus Fleisch und Blut, sie leiden, mühen ihre abgekämpften Körper durch die Wüste, durch den Wald, über das Eis – und handeln auch mal aus eigennützigem Antrieb. [...] Zurück zum Ursprung der Mythologie aber scheint indes nur auf den ersten Blick bisweilen die Devise gewesen zu sein. Ohne Frage, „Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht“ bereitet reinrassigen Fanservice auf, mit jeder Menge Easter Eggs, Querverweisen und cineastischen Referenzen versehen. J. J. Abrams aber ist in der Lage, seine Star-Wars-Revitalisierung mit einer Eigendynamik durchströmen zu lassen, die sich aus der Synergie des hintergründigen Wissens des Zuschauers und der hier dargebotenen neuen Zeitrechnung zusammensetzt: Nostalgie verkommt hier keinesfalls zum Deckmantel, unter dem es sich zu verstecken gilt. Das Alte umrahmt vielmehr das Neue und lässt den offenherzigen Fan sowie den unberührten Neuling über gut 140 Minuten auf einer eskapistischen Wolke durch das innig geliebte Universum im interstellaren Raum treiben, welches einst so bahnbrechend, stilprägend und liebevoll mit „Krieg der Sterne“ von George Lucas initiiert wurde. Man kann J. J. Abrams für diesen Siegeszug wahrlich nur gratulieren.
[...] Wie er sich den erschlagenden, in Kanada und Argentinien eingefangenen Naturimpressionen annimmt und aufsaugt, sie bestaunt und verabscheut, um gleich danach wieder den Kontakt zum Menschen zu suchen, zu den schmerzverzerrten Gesichtern, den schlammbesudelten Visagen, die immer wieder den gesamten Kader ausfüllen, zeugt von einer künstlerischen Intelligenz und Kompetenz, die womöglich nur eine Handvoll Kameramänner momentan vorzuweisen haben. „The Revenant – Der Rückkehrer“ jedenfalls besitzt Bilder und Einstellungen, die in ihrer naturalistischen Gewalt unvergesslich erscheinen; die in ihrer Erhabenheit gar musische Gedanken bemühen: Selten, wahrscheinlich nie in den letzten Jahren, waren Schneewüsten auslaugender, Stromschnellen reißerischer, Bärentatzen angsteinflößender, Fleischwunden klaffender, Speichelfäden endloser und die physische Entkräftigung greifbarer. „The Revenant – Der Rückkehrer“ ist so nah am Geschehen und der Tour de Force des erneut bestechend agierenden Leonardo DiCaprios, die motivische Verknüpfung von unberührter und menschlicher Natur so archaisch, dass man sich wohl den ganz dicken Rollkragenpullover überwerfen muss, um dieses Survival-Epos halbwegs unbeschadet zu überstehen. [...]
[...] In den ersten 30 Minuten seiner Drei-Akt-Dramaturgie vitalisiert „DUFF – Hast Du keine, bist Du eine“ ein angenehm frisches Lüftchen, welches offenlegt, in welche Richtung sich der Teenie-Flic hier hätte bewegen können/müssen: Die Typologie US-amerikanischer High-Schools wird mit schwungvoller Selbstironie ins Fadenkreuz genommen und immerhin im Ansatz demontiert. Das Narrativ aber verfolgt andere Ziele, rührt penetrant an der Parabel des Hässlichen Entlein und appelliert mit dem Holzhammer im Schlepptau an die Akzeptanz des Andersartigen: Hinter dem abschätzig beleumundeten Etikette der DUFF steckt (welch Überraschung) eben auch nur ein Mensch, der eigenen Interessen folgt. Verwerflich ist die Botschaft nicht und Hauptakteurin Mae Whitman hat ein wunderbar nonchalantes Naturell, doch dem Schubladendenken, welches „DUFF – Hast Du keine, bist Du eine“ zu Beginn noch zu zerschmettern versuchte, biedert sich der Film letztlich doch etwas zu beißend an.
Mein vierter Wichtelkommentar im Rahmen der Advents-Aktion-2015 auf Moviepilot, (abermals) adressiert an den liebsten lieben_tee, der hoffentlich nicht gehetzt, sondern voll der besinnlichen Ruhe in den heiligen Abend finden wird.
Wenn „Der Gehetzte der Sierra Madre“ etwas ist, dann wohl ein geschliffenes Juwel im ausladenden Genre-Kosmos, und am besten zusammen mit „Keoma – Das Lied des Todes“ und „Mercenario – Der Gefürchtete“ zu goutieren, wenngleich er die Klasse des Letztgenannten nicht ganz erreichen mag. Aber Sergio Sollimas erster Exkurs in die janusköpfige Welt des Italowestern ist weit, weit, weit mehr als nur eine Fingerübung auf fremdem Terrain. Man KÖNNTE es ihm beinahe ankreiden, denn mit der urwüchsigen Borstigkeit dieses Gefilde hat „Der Gehetzte der Sierra Madre“ recht wenig gemein, dafür ist er zu sorgfältig arrangiert in seiner technischen Komposition, kommt aber so effektiv und durchdacht als Polit-Parabel um Jäger und Gejagte daher geritten, dass er stimmungsmäßig immer noch ins Schwarze trifft – und das Herz eines jeden Italowestern-Anhängers zuweilen durchaus jubeln lässt. Egal ob Kopfgeldjäger Jonathan Corbett (Lee van Cleef) oder der vermeintlicher Vergewaltiger Cuchillo Sanchez (Tomas Milian), sie alle sind nur Marionetten in einem von opportunistischer Politik fehlgeleiteten System, in dem die Grenzlinien zwischen Gut und Böse längst ausgefärbt sind, die soziale Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft und das Recht kaum mehr eine Beziehung zur Gerechtigkeit pflegt. Wenn man dazu noch in den Genuss der elaborierten Kamerafahrten kommt, die durch die ausgedörrten Weiten der Sierra Madre streifen, sowie die von Maestro Morricone beigesteuerte musikalische Untermalung (sein auch in „Inglourious Basterds“ verwendetes „La Resa“ kommt so richtig derbe im tollen Revolver-vs.-Messer-Finale), kann man sich unschwer vorstellen, warum „Der Gehetzte der Sierra Madre“ vollkommen zu Recht als edler Tropfen des Genres gilt. Restzweifel beseitigt Charakterfresse Lee van Cleef.
„Wer will sich in meinem Mund mal so richtig ausschiffen?“
Was für ein unangenehmes Brett. Ehrlich, der nimmt mit, der zieht den Schlagring über die Knöchel und haut dir unnachgiebig auf die Fresse. „Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ ist deutsches Kulturgut, wer den Film nicht gesehen hat, besitzt wohl eine klaffende Bildungslücke, die schleunigst geschlossen werden sollte – vollkommen zu Recht gehört dieser Film zum Standardmaterial in deutschen Schulen. Wie „Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ durch das damalige Berlin führt, diese geteilte Stadt, der hier ein scheußlicher Grundpessimismus anhaftet - es läuft einem eiskalt den Rücken runter. Ganz benommen von den urbanen Impressionen wird man mitgeschliffen, ganz nah an den Puls der Metropole, und mittendrin die Kinder vom Bahnhof Zoo, Bazillen, Krebsgeschwüre im großstädtischen Organismus, mit denen man sich nicht auseinandersetzen wollte, bis sie sich gnadenlos ins eigene Gewissen vorfressen. Dieser Film hier ist als Menetekel zu verstehen, als ewig währendes Mahnmal, und in dieser Funktion geht er wirklich unter die Haut, wenn er die Orientierungslosigkeit von Gottes vergessenen Kinder, diesen gescheiterten Seelen, diesen gestrandeten Existenzen, in bitterer Authentizität dokumentiert. Eine Zerreißprobe.
[...] Dass diese Beziehungskonstellation reichlich unter Strom steht, erklärt sich von allein. „Legend“ ist allerdings zu keiner Zeit in der Verfassung, seine zwischenmenschlichen Gefühlsknoten adäquat zu behandeln und flüchtet sich über beinahe endlos erscheinende 120 Minuten in trübe Genre-Klischees, die man schon im kürzlich erschienenen „Black Mass“ mit Johnny Depp voller Gleichgültigkeit über sich ergehen lassen musste: Vom händeringenden Versuch, dem halbseidenen Gewerbe zu entfliehen, bis zu der Erkenntnis, dass man den schwarzen Fängen dieser Parallelgesellschaft nicht entkommen kann, weil das Damoklesschwert mafiöser Macht über jedem Handgriff schwebt, schabloniert „Legend“ in seiner pulpigen Ausstaffierung die großen Vorbilder ohne falsche Scham, vergisst dabei aber vollständig, eigene Akzente zu setzen. [...]
[...] Sicherlich, die Nebenfiguren (beispielsweise verkörpert von Ben Kingsley oder Charlotte Le Bon) fallen der erzählerischen Kompaktheit zum Opfer und verbleiben in der Position stereotyper Stichwortgeber und Motivatoren verhaften. „The Walk“ jedoch ist ein so herrlich schwungvolles Unterfangen, dass man sich ihm schlichtweg nicht entziehen kann: Robert Zemeckis ist sich vollkommen darüber im Klaren, dass wir ohnehin wissen, wie „The Walk“ enden wird, was er zum Anlass nimmt, jedweden Bierernst aus dem Szenario zu vertreiben und so Selbstdarsteller Philippe Petit ungemein leichtfüßig dabei begleitet, wie er seinen Plan in bester Heist-Movie-Manier ausarbeitet und letztlich ungemein spektakulär in die Tat umsetzt. Als Meister der szenischen Geographie gibt sich Robert Zemeckis durchweg zu erkennen, die immersive Wirkung seiner Einstellungen ist enorm, der Blick nach unten, direkt in den Orkus, so schwindelerregend wie beflügelnd. Folgerichtig wird auch Petits legendärer Drahtseilakt in dieser Ode an die menschliche Kühnheit als transzendente Erfahrung geschildert: Ein schwebend-gerades Seil, direkt in die Ewigkeit gespannt.
[...] The Ridiculous 6“ unterliegt keiner Ideologie, „The Ridiculous 6“ möchte nicht in einen politischen Kontext gezwängt werden, stattdessen überhöht er Ethnien (ob Indianer, europäische Siedler oder Mexikaner) in ihren traditionellen Eigenheiten ohne üble Gesinnung und verfügt darüber hinaus über so viel Herz, um sich schlussendlich für ein multikulturelles Miteinander auszusprechen. Im Finale, bevor ausgelassen gemeinschaftlich gefeiert werden darf, entsagt Tomy „White Knife“ Stockburn (Adam Sandler) der von Gewalt und Betrug verseuchte Mentalität seines Vaters (Nick Nolte), um sich zu seinen ehrenvollen Schöpfern im Geiste zu bekennen: Den Indianern. [...] „The Ridiculous 6“ erzählt im Kern von Brüderlichkeit, Loyalität und Nächstenliebe, appliziert Anachronismen und schert sich keinesfalls um eine verbürgte Historisierung des Geschehens. Hier regiert der sympathische Unsinn und das launige Gepolter, während die Tropen, die Stereotype und die Ikonographie des amerikanischen Western emuliert und folgerichtig durch den Kakao gezogen werden. [...]
Mein dritter Wichtelkommentar im Rahmen der Advents-Aktion-2015 auf Moviepilot, (erneut) adressiert an den liebsten lieben_tee, der mit diesem breitärschigen Fantasy-Rohrkrepierer glücklicherweise keine nostalgischen Gefühle in Verbindung bringt.
Der Abwärtstrend von M. Night Shyamalans Karriere war anno 2010, schenkt man dem damaligen Kritiker-Kanon Glauben, bereits beschlossene Sache. Ratlosigkeit bahnt sich trotzdem ihren Weg, stellt man sich die Frage, was den indischen Autorenfilmer an einem Stoff wie „Die Legende von Aang“ gereizt haben könnte: Die Aussicht auf eine langfristige Kurskorrektur? Nun, einen künstlerischen Siegeszug hat Shyamalan mit „Die Legende von Aang“ selbstredend nicht in die Annalen der Filmgeschichte gemeißelt, ebenso wenig, wie er mit diesem auf einem 150-Millionen-Dollar-Verschleiß beruhenden Fantasy-Epos auf dem Tiefpunkt seines Schaffens angekommen ist. Man möchte „Die Legende von Aang“ das Potenzial (auch als Franchise) nicht absprechen, die Geschichte um Menschen, deren Werdegang von den vier Elementen determiniert werden, wäre immerhin Plattform genug gewesen, um eine (für das Kino) originäre Fantasy-Welt zu eröffnen, die sich durch eine verspielte Lust an der rigorosen Effekthascherei auszeichnet und über eine Laufzeit von gut 100 Minuten angenehm unverkrampften Kurzweil generiert. „Die Legende von Aang“ aber ist ein sich graduell steigernder Wust aus zerschossener Kreativität, von dem letzten Endes nur ein konfuser Eindruck purer Lächerlichkeit übriggeblieben ist. All die Ideen, die durch das pathetische Eso-Kitsch-Szenario mäandern, versickern in der ausgestellten Seriosität, die „Die Legende von Aang“ unentwegt an den Tag legt: Da werden die Augen weit aufgerissen und die Wangenmuskulatur aufs Herbste strapaziert. Ein unangenehm-peinlicher Klumpatsch eben, aber auch das hat Shyamalan noch unterbieten können.
[...] „Dämonen und Wunder – Dheepan“ lässt sich zu der These hinreißen, dass jeder Krieg und jeder Konflikt im Kern den gleichen Bedingungen unterliegt. Viel interessanter wäre es jedoch für den Zuschauer gewesen, in Erfahrung zu bringen, welch stützende Argumente Jacques Audiard diesbezüglich bereithalten würde. Stattdessen bleibt „Dämonen und Wunder – Dheepan“ in seiner konventionellen Dramaturgie über weite Strecken simplistisch, die Gefechte der Gangs sind der Fortsatz des Bürgerkriegs in Sri-Lanka, Unterstützung vom Staatsapparat fällt aus und irgendwann muss man die Sache, vor allem als von Chaos und Terror gebeutelte Seele, eben selbst in die Hand nehmen. Ganz so platt erscheint „Dämonen und Wunder – Dheepan“ zwar nicht, doch sein Sozialrealismus, der dokumentiert, wie die Zweckgemeinschaft zur Familie heranreift, wie sie sich näher untereinander kommt und sanft einer Vereinigung verschreibt, die sich über Vertrauen und Verantwortung klarlegt, beißt sich zusehends mit der stilistischen Genre-Mixtur, in der Audiard Rache-Thriller, Schicksalsdrama und sogar Anleihen zum Western kombiniert. [...]
[...] Könnte es bei der Fülle an Sherlock-Holmes-Abenteuern allerdings schon zu einem Übersättigungsgefühl kommen? Möglicherweise, allerdings nicht bei „Mr. Holmes“, haben Bill Condon und Jeffrey Hatcher doch eine Herangehensweise an das populärkulturelle Phänomen gewählt, die sich weniger dadurch auszeichnet, genau diesen allseits bekannten Personenkult zu stimulieren, denn Sherlock Holmes (Ian McKellen) als Menschen zu zeigen, der nicht mehr nur mit verzwickten Rätseln zu kämpfen hat, sondern auch mit der Unbarmherzigkeit des Alters, welches ihm nach und nach seine stärkste Waffe zu entreißen versucht: Seinen Verstand. „Mr. Holmes“ ist kein Film, der sich einem rein kriminalistisch geprägten Narrativ unterwirft, stattdessen ist es Bill Condon daran gelegt, ein greifbares Porträt des Mannes zu entwerfen, den die breite Masse nur mit Deerstalker-Mütze und Rauchinstrument im Mundwinkel wahrzunehmen scheint. Angenehmerweise blickt „Mr. Holmes“ hinter die Markenzeichen des scharfsinnigen Detektivs, schlägt seine schnippisch-ironischen Spitzen in Richtung Legendenbildung und definiert sich primär als fiktives, erfrischend unaufgeregtes Biopic. [...]
Ein schöner Film, den uns Ridley Scott, Drew Goddard und Andy Weir hier geschenkt haben. Und natürlich ist „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ auch ein schöner Blockbuster, wirklich. Die ersten 50 Minuten sind sogar herausragendes Unterhaltungskino, brillantes Pacing, wissenschaftlich nicht uninteressant, visuell spektakulär und mit einem Matt Damon als namhaftes Zugpferd, der inzwischen unlängst die nötigen Starmuskeln trägt, um eine solch hochbudgetierte Produktion mühelos zu stemmen. Was „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ aber so gelungen macht, ist sein Humor, der ist nonchalant, sarkastisch, steckt an, lässt den Zuschauer einfach lässig im Sitz fläzen und Matt Damon dabei zusehen, wie er sich selbst mit seiner eigenen Scheiße aus der Scheiße zieht und den Mars kolonisiert, in dem er dort Kartoffeln kultiviert. Doch auch wenn „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ durchweg sympathisch bleibt und von einer kosmopolitischen Allianz berichtet, die die Menschheit in Not bildet, um an einem Strang zu ziehen: Die durchexerzierte Rettungsstrategie ist weit weniger einnehmend als Damons One-Man-Show, die „Cast Away – Verschollen“ und „Apollo 13“ im besten Sinne auf einen Nenner bringt und sogar wieder von den unendlichen Weiten träumen lässt. Da wird „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ konventionell, dämmt sein kreatives Feuer in der Brust etwas ein (bleibt dennoch vital, was er auch sein muss, wenn Hochspannung schon gänzlich ausbleibt – wie die Nummer ausgeht, ist eh klar) und hat dort immer noch über 80 Minuten vor der Nase. Trotzdem, sehenswert, nicht zuletzt aufgrund des Gefühls, mal wieder erleben zu dürfen, dass nach wie vor an das Sci-Fi-Kino und seinen sentimentalen Mehrwert geglaubt wird.
[...] Mit „Was?“ wagt sich Roman Polanski in Gefilde, auf die sonst in berauschender Qualität eigentlich ein gewisser Luis Bunuel („Viridiana") abonniert war: Die Offenlegung der Gepflogenheiten und Eigenarten der Bourgeoisie. In „Was?“ verschlägt es die naive Nancy (Sydne Rome, „Il Mostro“), nachdem sie einem Vergewaltigertrio geradeso vom Lümmel gesprungen ist, in eine luxuriöse Villa, mitten in einem pittoresken italienischen Küstenstädtchen. Hier wird die großbürgerliche Daseinsberechtigung vor allem mit Promiskuität zu besiegeln versucht, während sich das hiesig residierende Volk um Alex (Marcello Mastroianni, „8 ½“) letztlich kaum mehr Facetten als einen Hang zum Wollüstigen, zum Neurotischen, zum Raffgierigen und zum Cholerischen zugestanden wird. „Was?“ fehlt unverkennbar die analytische Präzision eines „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“, vielleicht auch aus dem Grund, weil Polanski noch etwas zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. [...]
[...] Was im sonnengefluteten Postkarten-Suburbia-Limbus startet, wandelt sich zunehmend zur Coming-of-Age-Schnitzeljagd samt Road-Movie-Anhang. Q und seine Freunde begeben sich auf die Suche nach der verschwundenen Margo, die sich Zeit ihres Lebens am liebsten selbst enigmatisierte, was dem Drehbuch natürlich genügend Chancen verleiht, den Charakteren fade Floskeln auf die Zunge zu legen. Nur ein Beispiel: „Man muss sich erst verlieren, bevor man sich finden kann.“ „Margos Spuren“ bemüht sich keinesfalls darum, die ranzige Indie-Teenie-Film-Rezeptur um einige originelle Ingredienzen zu erweitern. Die Suche nach der eigenen Wohlfühlzone, die Selbstfindung und das Erkennen, dass die wahre Schönheit des Lebens in den kleinen, alltäglichen Dingen lauert, das Abklappern von Konventionen eben, genau diese Marschroute pflegt „Margos Spuren“ entgegen jedweder schöpferischen Sprengkraft. Immerhin bleiben verwerfliche Misstöne aus dem Spiel, stattdessen muss man die ganze Chose hier einfach nur aussitzen.