SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] In dem feingliedrigen Modus, in dem „Das Schweigen“ die emotionale Verflochtenheit der beiden Frauen dokumentiert, wird genau das titelgebende Schweigen zur deutlichsten Sprache: Das Schweigen nämlich ist Verachtung, Verurteilung, Demütigung, aber niemals vollständiges Auflösen, denn Schweigen bedeutet niemals Sterben. Die Kameraarbeit von Sven Nykvist saugt sich an den Körperpartien, den Regungen und Ausdrücken in den Gesichtslandschaften der Frauen fest, rekapituliert, observiert, analysiert und stellt sie dementsprechend als Interpretationsplattform für den Zuschauer frei. [...] In „Das Schweigen“ scheint eine emotionale Impotenz, eine existentielle Verzweiflung durch den verschwommenen Raum zu mäandern, die immerzu von den Entdeckungsreisen des kleinen Johans konterkariert werden: Seine Streifzüge durch die ewigen Korridore des herrschaftlichen Hotels sind es, die hier Hoffnung verlauten lassen, weil Johan noch in einer kindlichen Phase verkehrt, in der er unvoreingenommen auf seine Mutter und Tante blicken kann – und dort Worte findet, wo sich zwei Frauen unlängst in den Hass geschwiegen haben, einfach weil sie sich so zwanghaft lieben wollten, weil das Mentale (Ester) ohne den Körper (Anna) nicht bestehen kann und deswegen auch brachial gebrochen wurde. [...]
[...] „Preservation“ nimmt sich die Zeit, um seine Charaktere zu etablieren, was selbstredend nicht bedeutet, dass wir uns als Zuschauer in irgendeiner Weise mit ihnen identifizieren können. Ob Sean, der verwegene Veteran, Mike, der eifersüchtige Techniknarr oder Mit, die schwangere Mediziner – sie alle wurden am Reißbrett entworfen und nur dafür verantwortlich, den Weg allen Fleisches zu gehen oder, ganz in genreinhärenter Final-Girl-Tradition, den maskierten Schurken das Handwerk zu legen. [...] Dass man es sich hat nicht verkneifen können, Genre-Standards, wie den Ausfall jedes Empfangs zur Außenwelt oder den am Boden liegenden Tätern (denen noch schnell eine platte Motivation angedichtet wird) rücksichtslos den Rücken zuzukehren, einzubauen, ist durchaus störend. Diese Klischees nämlich nehmen aufgrund ihrer heftigen Obsoletheit immer mal etwas Dampf aus dem Narrativ, einfach weil derartige Vorfälle zu vorhersehbar sind, um wirklich eine Form von nervenzerreißender Spannung generieren zu können. Dennoch, „Preservation“ ist kompetent inszeniertes Survival-Kino für den hohlen Zahn.
[...] Seine Kinder sind unlängst zu Randgestalten in seiner Welt geworden, Gespräche mit seiner Frau drehen sich allein um das Unternehmen, um den Erfolg, den Profit – Abel funktioniert nur noch geschäftlich. Grundsätzliche Fragen, wie die seines Anwalts und Beraters Andrew, warum er diesen Weg überhaupt geht, kann er nicht beantworten. Es geht ihm um ein Prinzip, welches sich ihm selbst offenkundig zu abstrakt präsentiert, als dass er sinnstiftend in Worte fassen könnte, warum er kämpft. Aber gerade da gebiert „A Most Violent Year“ die Ambivalenzen, die für einen so auf innere Charakter-Dynamik fokussierten Film auch essentiell sind: Abel möchte ehrliche Arbeit leisten, nicht, weil ihm am Wohl seiner Mitmenschen gelegen ist, weil er einer eindrücklich pazifistisch-integeren Ideologie folge leistet, sondern einfach aus dem Grund, weil ihm das Geschäft nicht plötzlich absacken soll. Selbst das – vordergründig – ehrenwerte Beharren auf eine klare Moralität ist hier noch Abstrahleffekt einer getriebenen Erfolgsorientierung. [...] Gewalt nämlich ist neben ihrer archaischen Bestialität auch immer eine einschüchternde Option. Dass J. C. Chandor es größtenteils vermeidet, explizite Brutalitäten zu visualisieren und sie vielmehr, genau wie die entrückte Skyline von Manhattan, immer in den Hintergrund streut, macht ihren pulsierenden Charakter umso bedrückender, beschleicht den Zuschauer doch permanent dieses kratzende Gefühl eines ungeheuren Unwohlseins, als wolle dort etwas unter die eigene Haut krauchen. [...]
Wenn aus einer kümmerlichen Rinnsal ein donnernden Strom hervorbricht, dann muss es wohl Kunst sein: „Der weiße Hai“ hätte schnell zur primitiven B-Movie-Kolportage verkommen können, Steven Spielberg aber entwirft ein unerschütterliches (Genre-)Monument, bis heute beispielhaft in Sachen Spannungsaufbau und der konstanten Aufrechterhaltung von siedender Bedrohung – Der reine Blick auf das Meer hat seit diesem Film jedwede Unschuld verloren und wurde fortan mit einem Höchstmaß an Schrecken konnotiert. Und im Kampf gegen den maritimen Jäger überlappen sich die Lebenslinien, „Der weiße Hai“ interessiert sich noch für seine Figuren, ihre Motivationen, ihre ideologischen Gegensätze und setzt das maskuline Trio um Brody, Quint und Hooper im Folgenden ganz gezielt über ihre Männlichkeitskomplexe hinweg, wenn die 3-Tonnen-Fressmaschine den Aufenthalt in der heruntergekommenen Barkasse zur Zerreißprobe für das Nervenkostüm macht (wenn es um die Psychologie geht, ist „Der weiße Hai“ selbstredend gerade an gruppendynamischen Prozessen interessiert. Das Spiel mit den menschlichen Urängsten, das Anprangern einer kapitalistischen Ratio in heimeligen Urlaubsgebieten, die kreative Aufbereitung nationaler (Vietnam-)Traumata, verknüpft mit einem an Alfred Hitchcock geschulten Blick für die Bedrängung des unbestimmten Moments, machen „Der weiße Hai“ so unfassbar effektiv. Die auratische Präsenz des weißen Koloss dominiert jede Einstellung, Steven Spielberg liefert ein Creature-Horror-Manifest, das die Mechanismen des Genres bestätigt, ausbaut, neu anordnet und dementsprechend verdichtet.
[...] Stattdessen funktioniert Tarkowskis erlesenes Vermächtnis auch als herausragender Stimmungsfilm, der den Zuschauer durch einen endzeitlichen Luzidtraum streifen lässt, an dessen Ende eine (mit autobiographischen Überbau verknüpfte) Geschichte über die väterliche Liebe bleibt, die doch nur versucht hat, seinem Sohn eine gesunde Zukunft in einer besseren Welt zu ermöglichen. Nicht umsonst ist die letzte Szene ausschlaggebend dafür, dass Jungchen unter dem Lebensbaum – der (nicht nur) irdische emotionale Bezugspunkt zu seinem Vater – beginnt, eigenmächtige Gedanken zu entwickeln und damit genau den hoffnungsvollen Schritt vollbringt, dem sich die Gesellschaft offenkundig so überdrüssig präsentiert. Wie man also auch zu Andrei Tarkowski stehen mag, seine Filme sind auch immer pointierte Spiegelungen des persönlichen Innenlebens und dabei so erhellend wie herausfordernd.
[...] Manchmal könnte man bei all den bedeutungsschwangeren Posen glauben, dass es in „Skin Trade“ tatsächlich um irgendetwas gehen würde – Natürlich ist dem nicht so, Regisseur Ekachai Uekrongtham hat hier einen reinrassigen Exploiter in Szene gegossen. Allerdings muss das ja erst mal nichts Negatives verheißen, vor allem nicht, wenn man sich so kompetent wie Uekrongtham durch die Standardtopoi des kernigen Action-Films wühlt. [...] Dass „Skin Trade“ eben auch „nur“ primitiver Männerpopanz ist, dem das Testosteron aus jedem Frame tropft, muss bei dieser Besetzung wohl kaum noch gesagt werden – aber hat denn wirklich jemand mehr erhofft? „Skin Trade“ erfüllt die Erwartungen dahingehend, dass er dem Action-Fan sauber arrangierte Schusswechsel und durchaus dynamische Kämpfe serviert, die – da fokussiert sich der Film ganz auf den athletischen Tony Yaa – auch so manch durchaus dynamische Choreographie bei der Nutzung von Alltagsutensil in das Geschehen einfließen lässt. [...]
Findet sich dann und wann zwar etwas zu hipp, macht allerdings innerhalb seiner Meditation über die Bedeutung des strahlenden Superheldentypus deutlich, dass dieses omnipotente Dasein nicht zwangsläufig auf dem Privileg des Geburtsrecht basiert, sondern aus einem übermäßigen Grad an Einsamkeit und Verzweiflung keimt. Wie viele Tode muss man in den Umkleidekabinen, den Klassenräumen und auf den Schulhöfen sterben, bis man in der Lage ist den klaren Willen zu mobilisieren, sich gegen die (willkürliche) Unterdrückung seiner Umgebung aufzulehnen. Und wie das in der Realität wahrscheinlich aussehen würde, veranschaulicht „Kick-Ass“ in seiner ersten starken Stunde sehr gut: Mit einem Messer im Bauch, mit Sorgen erfüllten Elternaugen im Nacken und der erneuten Erkenntnis, dass Zivilcourage ein äußerst seltenes Gut in unserer Gesellschaft bleibt. Auf der Meta-Ebene funktioniert „Kick-Ass“ dazu durchweg als satirischen (Zeitgeist-)Rundumschlag und teilt derbe gegen das ihm innewohnende Sujet aus. Dass die Figuren dabei nur allzu funktional bleiben, mag sich durchaus bestätigen lassen, und trotzdem nimmt der tonal etwas unsorierte „Kick-Ass“ sie letztlich (überwiegend) ernst, wenngleich er zum Ende hin genau der Verklärung zum Opfer fällt, der er sich eigentlich überlegen fühlen und dementsprechend ironisieren wollte. Star des Films ist aber nicht das auf Tabubruch gezwirbelte Hit-Girl, sondern ein schnauzigbärtiger Nicolas Cage, dessen doch tragischer Big Daddy zum emotionalen Kitt der Geschichte heranreift.
[...] Dabei geht es Larry Clark und Drehbuchautor Harmony Korine weniger darum, den Sex als reinen, triebhaften Akt zu verdinglichen, sondern ihn ganz symbolisch in den hiesigen zeitlichen Kontext einzuordnen. Wenn hier zwei Menschen miteinander schlafen, dann hat das nichts mit Liebe zu tun, vielmehr steht der Sex einen in Relation mit einem überdeutlichen Hilferuf, dem sich nur niemand annehmen möchte. [...] „Kids“ ist ein bedrückendes Zeitdokument und gerade aufgrund seines aufklärerischen Anliegens als Menetekel ungemein wichtig, gerade wenn man bedenkt, in welcher Zeit dieser Film entstand: Als AIDS beinahe ausschließlich als eine Art abstrakter Mythos stigmatisiert wurde. Larry Clark ergötzt sich nicht touristisch an der Orientierungslosigkeit der 1990er-Jahre-Jugendkultur, er macht in dokumentarischen Bildern auf ihre Resignation und Gleichgültigkeit aufmerksam – und man sollte ihm dabei nach wie vor Gehör verschaffen.
[...] Erlingsson geht es weniger darum, eine klare hierarchische Ordnung zwischen beiden Parteien anzulegen, also klare Dominanzstrukturen an die Oberfläche zu tragen, sondern vielmehr ihre (gerne funktionelle) Interaktion aufzuzeigen. Nicht umsonst wird immer wieder ein sich über die gesamte Mattscheibe erstreckendes Pferdeauge in den Fokus genommen, in dem sich die die Umgebung reflektiert: Sehen wir das Pferd, dann sehen wir auch den Menschen. [...] Oftmals gewinnt man anhand dieser Einstellungen den Eindruck, dass Benedikt Erlingsson eine gewisse seelische Verschmelzung im Sinne hatte, um, wie in einem offenen Sozialkaleidoskop, einzelne Lebenslinien zu spiegeln und aus mehreren Blickwinkeln zu beleuchten. Die perspektivische Parallelität trägt daher auch nicht unwesentlichen Anteil am tragikomischen Anteil von „Von Menschen und Pferden“: Wie der Mensch auf das Pferd blickt, wie das Pferd den Menschen ansieht, immer wieder gelingt es Erlingsson, das Tragische im Komischen und das Komische im Tragischen zu entdecken und freizulegen. [...]
[...] Es ist der Blick aufs Detail, der das technokratische Szenario vitalisiert und mannigfach in seinem Gebaren erscheinen lässt. Allein die Ballszene zu Anfang des Filmes gibt viel über die Figur des Bruce Wayne preis: Während sich das versammelte Volk hinter edlen Masken verbirgt, ist es Bruce Wayne, der sein Gesicht kenntlich macht und durch die gediegen tanzende Menge schreitet. Ist sich Bruce Wayne des Versteckspiels überdrüssig geworden oder ist dies der erste Schritt der Befürchtung, die Alfred seinem einstigen Schützling kundtat – Zurückzukommen, nur um dieses Mal wirklich vollends zu scheitern. [...] Bruce Waynes Traumata spiegeln sich in der bulligen Präsenz Banes, der es höchstselbst ist, Bruce in einem Gefängnis in der alten Welt zurückzulassen, welches ihn direkt in Relation mit der Brunnen-Erfahrung aus seiner Kindheit stellt. Hier allerdings kann sich Bruce nicht auf die Hilfe seines Vaters verlassen, sondern muss verstehen, dass er aus nur aus eigener Willenskraft vollbringen kann, diesem stickig-feuchten Loch zu entkommen, um das nach wie vor an Post-9/11-Befinden gekoppelte Gotham City zu retten. Dabei kommt es nicht auf körperliche Attribute an, der Schlüssel liegt mal wieder im Geist. Bruces Aufenthalt in dieser ehemaligen Mine, aus der – so heißt es – damals nur Bane entfliehen konnte, ist als purer psychischer Kraftakt angelegt und eine Facette mehr in der angestrebten Menschwerdung des ikonischen Superhelden: Bruce muss noch einmal Schritt für Schritt durchstehen, was ihn einst beinahe zerstört hätte. Von dort an ist es tatsächlich belanglos, ob wir Batman oder Bruce Wayne vor Augen haben – Was bleibt, ist der Mensch und sein Vermögen, wieder und wieder über sich hinauszuwachsen.
[...] „Heart of a Lion“ wagt den Blick hinter die Springerstiefel, die Tattoos und Glatze und porträtiert Menschen, keine Monster, die in ihrem Leben – aus welchen Gründen auch immer – die falschen Entscheidung trafen (oder treffen mussten) und in dem blinden Fremdenhass sowie der krankhaften Vorstellung von Ehre eine Vereinigung mit anderen ebenso orientierungslosen Personen gefunden haben. [...] „Heart of a Lion“ stellt die Liebe selbst als Chance auf eine Katharsis aus, und wenn man als Zuschauer nur einmal in seinem Leben erfahren hat, wie extrem es um die Macht der Liebe bestellt ist, der weiß, inwieweit man sich für einen Menschen verändern würde, nur damit dieser sich nicht irgendwann abwendet. „Heart of a Lion“ schafft es, seine Geschichte und Charakter-Konstellation mit dem nötigen Feingefühl anzufassen, er berichtet im doppelten Sinne und nicht befreit von skandinavischer Lakonie vom Wert der Familie, bleibt aber ebenso ambivalent: Obwohl Teppo sich unlängst mit Rhamadhani arrangiert hat, zieht er nachts erneut mit seiner Skinhead-Truppe los, um ein Lager von Gypsies gewalttätig aufzumischen. Und genau dort schafft es „Heart of a Lion“ den tendenziösen Blick von „American History X“ zu überholen.
[...] Die lavendelfarbenen Chips und gläsernen Würfel werden zum funkelnden Ausdruck einer den Geist vernebelnden Versuchung und „Casino“ blickt schon beinahe dokumentarisch hinter die seine Unmengen an Touristen nach Strich und Faden ausnehmenden Maschinerie: Alles ist hier Überwacht, jeder Trick bekannt, hinter der Fassade der Glitzerwelt wartet ein gieriges Netz aus Strohmännern, Kollaborateuren, geschmierten Polizisten und Informanten. Sam, Nicky und auch Ginger gehen der Dekadenz auf den Leim. Martin Scorsese veranschaulicht den Aufstieg und Fall oftmals introspektiv durch das Voice Over der Hauptdarsteller, die nicht das Gezeigte zerlabern, sondern es ausbauen, vertiefen, Las Vegas als die verlockende Falle preisgeben, welche die Stadt letzten Endes auch darstellt. Der Soundtrack gleicht einer Hitparade, dehnt „Casino“ beinahe zu einer einzigen Musikmontage und rhythmisiert das Geschehen so gekonnt, wie es in dieser formalen Brillanz nur ein Martin-Scorsese-Film bewerkstelligt. Doch der Glanz perlt ab, die Vertreibung aus dem Paradies ist unumgänglich, das Geld hat die Seelen vergiftet.
[...] Es steht daher, auch wenn Christopher Nolan diese Sichtweise beharrlich widerlegen möchte, auch gar nicht zur Debatte, dass „The Dark Knight“ sich auch als maßgebliche Replik auf eine Gesellschaft verstehen lässt, deren – primär dem 11. September geschuldeter - kollektiver Angstzustand sich bis tief ins Herz eines jeden Bürgers gefressen hat. Der Joker, schlecht geschminkt, schmatzend, nervös und verkommen, lässt Krankenhäuser in die Luft gehen, spricht Morddrohungen öffentlich aus und führt zuletzt nichts anderes im Schilde, als den strahlenden Harnisch des weißen Ritters, Harvey Dent, mit einer massigen Schicht Schlamm zu überziehen. Ist die Galionsfigur der Gerechtigkeit erst einmal gebrochen, steht auch Gotham vor seinem Untergang. [...] Christopher Nolan erzählt „The Dark Knight“ als stahlblaues Epos, in dessen Epizentrum Batman, sein Antipode, der Joker, sowie Harvey Dent in ein stetig konfligierendes Gewissensnetz gestoßen werden, in dem sich ein Held letztlich unkenntlich machen muss, um der Stadt die Hoffnung zu verleihen, die ihr beinahe vollends entrissen wurde. [...]
[...] „Batman Begins“ ist infolgedessen auch eine Variation des Coming-of-Age-Topos und Bruce Wayne der Dreh- und Angelpunkt der Handlung, an dem das Narrativ mit Gesichtspunkten wie Furcht, Zorn, Schuld und Verantwortung kontinuierlich rührt. Bruce Wayne stellt sich seinen Ängsten und Traumata und vollbringt es so, seine die Seele vergiftende Wut ob der Geschehnisse in der Vergangenheit zu überwinden und zum geduldigen Krieger heranzuwachsen, dem immer eine Wahl in seinem Handeln geblieben ist. Wir fallen, um das erneute Aufbäumen zu lernen. [...] Metaphorisch wird diese Rise-and-Fall-Parabel in „Batman Begins“ in der Szene auf den Punkt visualisiert, in der Bruce zum zweiten Mal in den Brunnen hinabsteigt und in der Höhle dahinter in einen aufgescheuchten Fledermausschwarm gerät, dem er sich allerdings nicht angstvoll verschließt, sondern durch das Aufrichten in der Mitte des Sturmes endgültig neugeboren wird: Die Ängste wurden überwunden und können nun verwendet werden, um als Machtinstrument zu fungieren. [...]
[...] Immerzu erweckt der Film den Eindruck, den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Publikum und Sujet aufzugreifen und diesen an der Oberfläche wieder fallenzulassen, anstatt sich in das Innere seines ansprechenden Themenspektrums hineinzubohren. Die Beziehungen zwischen den Figuren verlassen nie ihren funktionalen Rahmen, dass Nebenbuhler Brian Speer selber Familienvater ist und zu den Investoren gehört, die sich beim Verkauf von Matts geerbten Land auf Kaua'i an den Provisionen dumm und dämlich verdienen würden, ist nur eine zwanghaft-konstruierten Konnotation des zerstreuten Narratives. Der natürliche Erzählfluss, wie man ihn aus Alexander Paynes vorherigen Filmen kennen und lieben gelernt hat, ist verloren gegangen und der einzige Augenblick, in dem Payne eine wahrhaft eruptive Gefühlsgewalt entlädt, ist Alexandras stummer Schrei im Swimmingpool. Darüber hinaus wirkt dieses Werk in seiner thematischen Handhabung oftmals ähnlich banalisiert wie sein deutscher Beititel.
[...] „Ted“ war einer der Filme, die auf dem Papier noch eine herrliche Sause versprachen, sich in der Umsetzung dann aber doch in Windeseile abnutzten. Da hat „Ted 2“ natürlich schon einen schwerwiegenden Nachteil, sind das Konzept und der Schauwert inzwischen bekannt und Seth MacFarlane kaum erkennbar daran interessiert, sein Sujet in irgendeiner Weise ersprießlich weiterzuentwickeln. Stattdessen wird „Ted 2“ nun mit einer philosophischen Dimension verknüpft und die Frage mäandert durch den Raum, ob wir es bei Ted denn nun mit einer Sache oder doch mit einer Person zu tun bekommen. Wer aber glaubt, dass dies das Hauptmotiv von „Ted 2“ sei und sich darauf dementsprechend konzentriert wird, der hat MacFarlanes Schludrigkeit in Sachen Storytelling vergessen: Wieder und wieder werden Handlungsstränge übereinander geschichtet, um dann in ihren erzwungen-dramatischen Zuspitzungen doch keinerlei dramaturgischen Ertrag vorzuweisen – Ganz zu schweigen vom forcierten Pennälerhumor, der nicht anarchisch, sondern einzig penetrant auf den Zuschauer einwirkt.
[...] Markus Blunder beschränkt sein Narrativ auf ein obsoletes Gut-und-Böse-Schema, dem er keinerlei nuancierte Psychologie zuspricht, sondern als Projektionsfläche altbackener Topoi wie der verlorenen Unschuld und der fehlgeleiteten männlichen Dominanz verwendet. Prinzipiell sind diese Aspekte natürlich elementaren Statuten des Rape-n-Revenge-Genres, allerdings ist „Autumn Blood - Die Zeit der Rache“ niemals in der Verfassung, seine ansprechenden Anlagen in irgendeiner Weise zu grundieren. Bezeichnend palaktiv ist da die Szene, in der das Mädchen während der Hetzjagd durch die Tiroler Wälder auf eine Engelsskulptur stößt. Die erlesenen und tatsächlich von der Kamera herausragend eingefangenen Naturimpressionen, mit denen sich „Autumn Blood – Die Zeit der Rache“ brüstet, folgen weniger einem allegorischen Effekt, stattdessen wird hier in beinahe prätentiösen Ausmaß Schönfilmerei ausgelebt. [...] Aber was bringt diese Schönheit nur, wenn sie – gerade in diesem Gefilde – ohne Hintersinn auskommen muss? Wenn alles immer genau das aussagt, was es letzten Endes auch darstellt? Nicht viel.
[...] „Backcountry – Gnadenlose Wildnis“ aber zeigt kein Interesse daran, Allgemeinplätze des Backwood- respektive Survival-Horrors abzugrasen, sondern erzählt vielmehr davon, wie es ist, wenn von der Gesellschaft eindeutig festgelegte Attribute der Geschlechteridentitäten mit der Urgewalt der Wildnis kollidieren. Im undurchdringlichen Unterholz Kanadas scheitert das Paar nicht nur darum, ihr Ziel zu erreichen (ein See, so schön, dass er der Realität wie entrückt erscheint) und somit ein erneutes Entflammen ihrer bisweilen abgestumpften Liebe in Gang zu setzen (Tragischer Höhepunkt: Der Heiratsantrag), der Herr der Waldes, ein Schwarzbär, dekonstruiert die fragilen Männlichkeitsideale und das anvisierte Festhalten des liebestollen Kerns der Beziehung ganz explizit: Die Nahrungskette wird auf den Kopf gedreht und die latente Gefahr martialisch zum Ausdruck gebracht.
[...] Noch mehr als in „Cabin Fever“ demonstriert Eli Roth sein Verständnis für dringliche Spannungsanordnungen: Roth hat an inszenatorischem Geschick dazugewonnen, seine außerordentlich nihilistische Inszenierung ist reibungslos aufeinander abgestimmt, Bild und Ton gehen ein beängstigendes Bündnis ein. Seinen einnehmenden Terror destilliert „Hostel“ konsequent aus der Tatsache, dass wir hier nicht mit paranormalen, übersinnlichen, okkulten Phänomenen konfrontiert werden, sondern mit einem Schrecken, der seit jeher in unserer Gesellschaft wächst und gedeiht: Dem Kapitalismus und seiner Pervertierung. [...] Darüber hinaus thematisiert Eli Roth die gewissenlosen Ausformungen der globalen wie geschlechtlichen Ausbeutung. Während die drei Touristen nur darauf aus sind, die Damen in den jeweiligen Städte aufgrund ihrer körperlichen Reize auszuschlachten, werden die Männern schlussendlich ausgeweidete Opfer genau dieses ausweidenden Verhaltens. „Hostel“ verfolgt die Ausmaße der Gewalt in unserer Gesellschaft, ihre Schächte, die sich durch jede Alters- und Sozialschicht geschlagen haben. Was bleibt, sind die markerschütternden Schreie, die durch die grauen Korridore der Industrieruine hallen und die lähmende Ohnmacht, die sich in uns allen breitmacht. [...]
[...] Und so beginnt „Jurassic World“ das Panikszenario der Vorgänger nachzuempfinden, obgleich Colin Trevorrows Blockbustertaufe inhaltlich den breitärschigen „Vergessene Welt: Jurassic Park“ als auch den knackige Popcorn-Flic „Jurassic Park III“ geflissentlich außer Acht lässt. „Jurassic World“ befindet sich in einer pausenlosen Ehrerbietung, Steven Spielbergs Klassiker thront über so gut wie jedem Set Piece, was man „Jurassic World“ allerdings nicht als bloßes Plagiieren ankreiden muss, sondern als eine herzliche Rückbesinnung auf nostalgische Werte. Dementsprechend ironisiert erscheint die Selbstreferentialität des Films, wenn er anhand dessen preisgibt, dass all das Spektakel und die Furore letztlich doch nur in voller Effektivität auftreten, wenn der Bezug zum Alten, zum Ehemaligen und Vorausgegangenen fester Bestandteil der Modernisierung bleibt, selbst (oder gerade!) wenn das Chaos nun auch über die rechteckigen Digitalkacheln der Sicherheitszentrale wütet. [...]
»SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«
#02 (Staffel – 2)
B... Backwoods-Film
Frankreich befindet sich im Klammergriff des Rechtsextremismus, bis in die hintersten Winkel des Landes hat er seine destruktiven Sprengsel verteilt: Während in und um die Hauptstadt schwere Unruhe toben, nachdem die Front National drauf und dran ist, die politische Machtzepter gen Himmel zu recken, treiben in der Provinz die verstrahlten Auswüchse der NS-Doktrin ihr Unwesen. Zugegeben, seine gesellschaftspolitische Dimension hat „Frontier(s) nicht im Griff, reine, ungestüme Palaktivtät und dazu noch instrumentalisiert als fadenscheiniger Plot Point, um die Geschichte irgendwie ins Rollen zu bringen. Wenn Xavier Gens seine vier Hauptdarsteller dann aber erst mal in die Mangel nimmt und eine kannibalische Nazi-Familie sadistisch das Mordinstrument wetzt, beweist „Frontier(s)“ nicht nur seine Genre-Affinität, er schwingt sich auch zum nihilistischen Manifest auf: Niemand ist hier sicher, die braune Welle reißt verschluckt alles. Xavier Gens inszeniert „Frontier(s)" rein auf die Körperlichkeit seiner Protagonisten und damit auch auf die unnachgiebigen Deformationsmöglichkeiten. Blut, Gekröse und Schmodder zieren ein extremes Martyrium, aus dem Gens immerzu den bekloppten Nonsense herausschält und Karina Testa zu einem Final Girl stilisiert, dem in der bis auf die Knochen zermürbenden Extremsituation keine übernatürlichen Fähigkeiten zu eigen werden. Man kann sich schon mühelos an dem durchweg misanthropischen Habitus stoßen, dieses Frankreich ist moralisches Brachland, aber wenn Xavier Gens seine stimmungsvollen Set Pieces auspackt, dann brechen in „Frontier(s)“ Spannungsspitzen auf, die das Gefühl von Ausweglosigkeit radikal erfahrbar machen.
[http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]
[...] „Casino Royale“ zählt auch nicht zu den Filmen, die dem Zuschauer in ihrem legendären Scheitern eine gewisse Faszination abringen können, im Gegenteil – Was hier auf die Welt losgelassen wurde, ist eine Katastrophe ohne Sinn und Verstand. Man muss „Casino Royale“ allerdings dann doch ein Stück weit in Schutz nehmen, hinter der Kulissen soll es von Beginn an nicht nach Maß verlaufen sein, künstlerische Diskrepanzen spannten das Arbeitsklima fortwährend an, Woody Allen und Peter Sellers zogen gar die Reißleine und verzogen sich vom Set, während man „Casino Royale“ ohnehin erst mal als ernsten James-Bond-Ableger aufziehen und Sean Connery für die Hauptrolle gewinnen wollte, um dann Plan B aufzurufen und auf die Parodie-Schiene auszuschlagen. „Casino Royale“ ist zur desorganisierten, zerschnittenen Nummernrevue verkommen; ein 130 Minuten strapazierendes Kuddelmuddel, ein einziges Chaos, welches stetig die Drehzahl erhöht und mit dementsprechenden Vollgas in das Verderben brettert. Da verkommt sogar die herausragende Besetzung (zum Beispiel: David Niven, Ursula Andress, Jean-Paul Belmondo, Orson Welles) nur noch zum müden Namedropping.
[...] „Young Adult“ hat seine humorvollen Momente, ohne Frage, doch was Jason Reitman und Diablo Cody hier auf die Beine gestellt haben, ist eine mit pointierten Dialogsequenzen ausgestattete Charakter-Studie, in der Charlize Theron womöglich ihre bisher eindruckvollste Performance abliefert: Ohne etwaige Eitelkeiten stürzt sich die Südafrikanerin in die Fremdscham-Untiefen ihrer Figur und lebt ihr gestörtes Realitätsempfinden nuanciert aus. „Young Adult“ lässt Mavis aber nicht vollends zerbrechen, ihre Heimkehr ist auf der einen Seite sicher ein persönlicher Misserfolg, aber vielmehr bleibt doch die Aussicht, das eigene Dasein grundlegend zu überdenken. Ob Mavis dieses Angebot annimmt, steht auf einem anderen Blatt Papier, die Erfahrungen dafür hat sie nun jedenfalls mehr denn je gesammelt.
Von der Mutter Zeit ihres Lebens eingetrichtert bekommen, immerzu auf Nummer sicher zu gehen, fristet Susan ihren Arbeitsalltag im ranzigen CIA-Kellergewölbe und koordiniert ihr Herzblatt Bradley Fine, die Personifikation des mondänen Spions, durch die tückischen Genfahrzonen, die so ein Außeneinsatz nun mal mit sich bringt. Der Titel „Spy – Susan Cooper Undercover“ aber expliziert bereits, dass hier nicht der athletische James-Bond-Verschnitt im Mittelpunkt steht, sondern das vom Leben enttäuschte Mauerblümchen, das von jetzt auf gleich in ein kunterbuntes Agenten-Abenteuer geschubst wird. Dass Melissa McCarthy genau diese Susan verkörpert, alarmiert gewaltig, hat sich die Frau in ihren bisherigen Kinoausflügen doch überwiegend durch eine Sache auszeichnet: Enervierenden Brachialhumor. Im „Spy – Susan Cooper Undercover“ ist das anders, der sexistische Humor, der hier aufgeboten wird, steht in einem anderen Kontext. Paul Feig benutzt all die genreinhärenten Gender-Klischees und übersteigert sie permanent, um den konservativen Kern, den diese streng reglementierte Männerdomäne, die der Agenten-Film nun mal seit jeher darstellt, bloßzustellen und die festgewachsenen Statuten zu verschieben. „Spy – Susan Cooper Undercover“ kehrt das Sujet in eine feministische Perspektive um und die Emanzipation von Melissa McCarthys Charakter erzwingt sie förmlich, die Degenderisierung des Genres. Und das klappt außerordentlich lässig, ist dabei nie auf den großen Brüller forciert, sondern auch mal mit einem kleinen Schmunzeln zufrieden. Außerdem ist Jason Statham im selbstironischen Modus wunderbar und zieht seinen selbstüberschätzenden Ein-Mann-Armee-Typus süffisant durch den Kakao.
[...] „Cruising“ fungiert daher auch als pessimistisches Zeitdokument und geleitet in einen urbanen Moloch, in dem Identifikation nicht über den sozialen Status, sondern über das Geschlechtsorgan herbeigeführt wird. Die Beschränkung auf eine klare sexuelle Orientierung führt nicht dazu, dass man selbst die Macht über das eigene Geschlecht erlangt, stattdessen vollstreckt sich das genaue Gegenteil – Repräsentiert durch den schemenhaften Killer, der einer väterlichen Gewalt ausgeliefert war, die ihm nur noch den Schwanz und das Messer zum Kommunikationsmittel bereitstellt: Penetration als letzte Bastion der Verständigung. [...] Während einerseits natürlich die Gefahr durch den ominösen Killer bleibt, der sich ebenfalls an der knarzenden Lederkluft und verschwitzten Muskelshirts reibt und sich somit vollends in der Masse auslöst, sind die testosterongeschwängerten Hallen der Fleischeslust auch identitätsstiftende Projektionsflächen einer faszinierenden Scheinrealität. Steve muss sich verlieren, um sein wahres Ich zu erfassen. Allerdings ist dieses „wahre Ich“ eine widersprüchliche Illusion, eine Hülle, eine Maske, die es abzulegen gilt, wenn man sich weiterhin am Leben beteiligen möchte. Die Identität, und das macht „Cruising“ ersichtlich, entfaltet nicht deine Persönlichkeit, sie stellt nur das aus, was andere Menschen in dir sehen möchten.