SoulReaver - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+19 Kommentare
-
EternautaEternauta ist eine Drama aus dem Jahr 2025 mit Ricardo Darín und Carla Peterson.+17 Kommentare
-
AdolescenceAdolescence ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Stephen Graham und Jack Thorne mit Stephen Graham und Owen Cooper.+13 Kommentare
-
Die GlaskuppelDie Glaskuppel ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 mit Léonie Vincent und Johan Hedenberg.+12 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Mission: Impossible 8 - The Final Reckoning187 Vormerkungen
-
From the World of John Wick: Ballerina154 Vormerkungen
-
Final Destination 6: Bloodlines124 Vormerkungen
Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Hier wird selbstverständlich kein Elendstourismus übersetzt, sondern auf einer weiteren Ebene an die Empathie appelliert: Wir dürfen uns nicht vor dem verschließen, was an den entlegenen Flecken der Erde passiert, sondern müssen hinsehen, mitfühlen, weil wir alle zusammengehören, weil wir eins sind, egal ob es sich nun um Ostsibirien, Papua-Neuguinea, Tansania oder Deutschland handelt. Zugegeben, wenn Wim Wenders dergleichen aus dem Off raunt, dann hat das nicht selten etwas Kitschiges, die Überzeugung, die hinter „Das Salz der Erde“ und den Anekdoten von Sebastião Salgado steckt aber nimmt mit und berührt: Wer das Leben nicht liebt, es nicht jeden Tag neukennenlernt, hat dessen Erhabenheit nicht verdient.
Bevor Harrison Ford Indien ein Jahr später im herausragenden „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ als mystischen Abenteuerschauplatz kennenlernen durfte, wurde unserer kavaliersmäßigen Doppelnull bereits das Privileg zuteil, die indische Küche kennenzulernen (glubschender Schafkopf) und in höchster Not durch das Unterholz vor Ort zu wurschteln, wo Tiger, Spinnen, Schlangen, Blutegel und Krokodile nicht unbedingt liebevoll seinen Weg passierten. Aber „James Bond 007 – Octopussy“ ist mal wieder ein Bond, der das große Kuddelmuddel in beinahe jedem Moment sucht (und findet), angenehmer als „James Bond 007 – Diamantenfieber“, aber dann doch nicht ganz so spaßbringend wie etwa „James Bond 007 – Moonraker – Streng geheim“. Die Pre-Titel-Sequence zeigt dann auch handfest auf, dass John Glen James Bond nicht mehr in etwas melancholischer Taktung fungieren lässt, wie noch im Vorgänger „James Bond 007 – In tödlicher Mission“, hier wird dem Affen Zucker im Übermaß durch die Gitterstäbe geworfen. Und passenderweise darf sich James Bond (weniger Bond, mehr der Alain Delon aus den oftmals unsäglichen 80s-Action-Vehikel: Roger Moore) dann auch mal in ein Gorillakostüm quetschen, bevor er sich unter Clownschminke gar zu selbigem Kasper für die Massen erklärt. „James Bond 007 – Octopussy“ ist nicht einfach als nonchalante Parodie auf das eigene Universum und all seine ikonischen Eigenheiten zu verstehen, oftmals verliert die Inszenierung den Boden unter den Füßen und lässt seinen Titelhelden Opfer einer unzulässigen Bloßstellung werden. Dass „James Bond 007 – Octopussy“ zweifelsohne Unterhaltung generiert, ist nicht von der Hand zu weisen, diesem Kessel Buntes entspringt sogar auch mal ein sanfter Rupienregen und eine Dame mit Oktopus-Fimmel, während Kamal Khan und General Orlov nie in der Lage sind, echte Bedrohung in das Szenario zu befördern, obwohl hier ein Atomkrieg provoziert werden will. Hier gilt eben nur eine Sache: Manege frei und ab dafür.
[...] Natürlich ist „Strange Blood“ nicht darum verlegen, die gammelige Hybris-Kritik im wissenschaftlichen Korsett von A bis Z durchzudeklinieren, wenn er eine revolutionäre Schöpfung direkt auf seinen Schöpfer zurückfallen lässt. Dass Chad Michael Ward natürlich kein David Cronenberg ist und „Strange Blood“ nicht ansatzweise im Windschatten von „Die Fliege“ existieren könnte, macht sich nicht nur am handwerklichen Dilettantismus der Produktion bemerkbar, „Strange Blood“ besitzt zudem auch keinerlei doppelten Boden: Von einer feinen charakterlichen Justierung darf keine Rede sein, stattdessen verständigt sich Chad Michael Ward in abgehalfterten Fragmenten und wirkungslosen Impressionen. Das handgemachte Geschmiere ist, ähnlich wie die computergenerierten Lächerlichkeiten, selbstzweckhafte Staffage im so schematisierten wie banalisierten Prozedere. [...]
[...] Ausgangspunkt ist Suzie (Christina Ricci), die als Kind mit ihrer Familie aus einem russischen Schtetl floh, allerdings niemals im idealisierten Amerika angekommen ist, sondern in London strandete, wo sie dank ihrer Stimme Teil einer flamboyanten Revuetruppe wurde. Dieser Auftakt, dessen Tragik in einigen wenigen jiddischen Dialogen komprimiert wird, ist für „In stürmischen Zeiten“ grundlegender Baustein im schwer- und wehmütigen Befindlichkeitsmosaik. [...] „In stürmischen Zeiten“ möchte nicht überlebensgroß daherkommen, sondern vergießt seine Tränen in der Stille. [...] „In stürmischen Zeiten“ schämt sich seiner Lückenhaftigkeit keineswegs, im Unrunden, im Löchrigen schlummern sie, die interessanten, gefühlsselig Gesten, ein zügiger Augenkontakt zwischen Suzie und dem verwegenen Gypsie Cesar (Johnny Depp) genügt, um die Leidenschaft aus dem Stand lodern zu lassen. Darüber hinaus ist es durchaus wohlig anzusehen, wie demütig Potter den folkloristischen Anteil immer wieder in den Film integriert und die Charaktere sich ihrer ethnischen Wurzeln bewusst werden lässt.
[...] Für diese in der Essenz ja durchaus richtige Feststellung aber ist die sinnwidrige Ausgangslage der falsche Weg, gerade auch, weil sich „Ich und mein Ding“ höchstselbst natürlich als 90-minütigen Peniswitz verstehen möchte, sich in Wahrheit dann aber doch nicht in der untersten Schublade heimisch glaubt, wird hier doch (auch) etwas ganz Grundlegendes über eine jede Partnerschaft dargeboten. Is' klar. Adam Sandler und Dennis Dugan wären für „Ich und mein Ding“ die besseren Anlaufstellen gewesen. Sicher wäre der Film auch nicht viel besser geworden, in seinem anvisierten Dadaismus aber weitaus ehrlicher.
Gleich zu Beginn spielt „James Bond 007 – In tödlicher Mission“ die schwermütige Emotionskarte aus: Rosen gegen das Vergessen legt er seiner verstorbenen Frau auf das Grab, der Agent, der sich bis auf „James Bond 007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ doch niemals darum scheren musste, Rücksicht auf die Gefühle seiner Mitmenschen zu nehmen; der jeden seiner von höchster Instanz autorisierten Aufträge primär mit der durchgeladenen Walther PPK und dem geöffneten Hosenstall bestritt. Dass sich James Bond danach seinem Erzfeind Blofeld mal wieder äußerst comichaft entledigen darf und diesen nach einer halsbrecherischen Runde Hubschrauber-Rodeo direkt in den schmalen Schlot einer riesigen Fabrikanlagen plumpsen lässt, ändert nichts an der tonalen Besonnenheit dieses nunmehr zwölften James-Bond-Abenteuers. Man sieht es Roger Moore ohnehin an, dass sich 007 weiterentwickelt hat, reifer geworden ist, ständig legt er die Stirn in Falten, versucht alte Wunden zu kleben und ist endlich auch mal in der Lage, den überfallartigen Avancen des schönen Geschlechts zu widerstehen: Roger Moores Bond ist im besten Sinne in die Jahre gekommen. Ihm zur Seite steht mit Melina Havelock (Carole Bouquet) aber gleichermaßen eine Dame, die für festgefahrene Geschlechterrollen nichts übrig hat und die gespannte Armbrust am höchsten gen Himmel streckt, wenn James Bond mal wieder in der Klemme steckt. Ansonsten aber ist „James Bond 007 – In tödlicher Mission“ auch ein Paradebeispiel dafür, wie ein gelungener James-Bond-Film aussehen kann: Die Stunts sind dynamisch gefilmt, die Schauplätze echte Blickfänge, die Action immer mit einem gesunden Nervenkitzel grundiert, und doch schwingt sie immer mit, die Nachdenklichkeit, die Melancholie dieses einen Mannes, auf dessen Schultern in Wahrheit vielleicht doch zu viel Verantwortung lastet.
[...] Als auf temporeichen Thrill ausgelegtes Konstrukt aber bleibt Alan Whites Inszenierung beinahe noch herber auf der Strecke: Wo es nicht reicht, inhaltliche Unwahrscheinlichkeiten an formale Unsauberkeiten zu ketten, obsiegt im Allgemeinen endgültig die Vorhersehbarkeit, kulminierend in einer ganz und gar altbackenen Sequenz, in der das Auto der Familie an den Klippen hängt und Vater Steven nur noch wenige Sekunden Zeit hat, Frau und Kind aus dem herabrutschenden Boliden zu zerren. Man muss allerdings sagen, so viel Fairness sei erlaubt, dass „Reclaim – Auf eigenes Risiko“ trotz seines konsequent obligatorischen Charakters niemals wirklich enerviert, fad vielleicht, belanglos definitiv, aber keinesfalls anstrengend. Dafür ist er schlichtweg zu uninteressant.
[...] Das von Richard Maltby junior niedergeschriebene Drehbuch zu „Miss Potter“ ist weniger darauf beflissen, die ausschlaggebenden Etappen in der Vita der gebürtigen Londonerin abzugrasen, um sich dank lexikalischem Wissen auf die Schulter zu klopfen, stattdessen ist die Konstruktion des Films eine elliptische; eine, die es sich erlaubt, narrative Leerstellen zu hinterlassen, der es nicht um das minutiöse Ausformulieren von Fakten, Fakten und noch mehr Fakten geht, sondern um das malerische Fabulieren. Da dürfen die Helden aus ihren Büchern auch mal kurz aus den glattgestrichenen Seiten emporhüpfen und ein neckisches Zwinkern in Richtung Kamera werfen. [...]
[...] Dabei hätte „Cobbler – Der Schuhmagier“ ohne Weiteres das Zeug dazu gehabt, als genreunspezifisches Kleinod in den Sphären des Indie-Kinos aufzuleuchten, gerade auch als Konventionen unterlaufende Antithese zum hyperbolischen Superhelden-Überdruss. Der ungemein metaphorische „Cobbler – Der Schuhmagier“ aber bleibt zu simplistisch, sieht sich nicht in der Lage, seine Möglichkeiten auszureizen und vertraut auf die naturgegebene Traurigkeit des mal wieder wunderbar zurückgenommen agierenden Adam Sandlers, die hier zwar durchaus Anklang findet und „Cobbler – Der Schuhmagier“ in seinen besten Augenblicken mit Herz menscheln lässt, aber niemals über die Hürde hinausbewegt, die einen sympathischen Film zu einem wirklich bewegenden Film erklärt. [...]
[...] Mit Gina Carano entsprechend in der Hauptrolle besetzt, geht es Stockwell prinzipiell um die physische Stoßkraft seiner wuchtigen Amazone, die sich hier während der Flitterwochen mit geballter Faust auf die Suche nach ihrem Ehemann begibt. Und das geht tatsächlich gut ab! [...] Man wusste schon vorher, dass Gina Carano es durchaus drauf hat, knochenbrechende Hiebe auszuteilen, doch – und damit übertreibt man nicht – keinem Filmemacher ist es vor John Stockwell so gut gelungen, ihre Qualitäten als Power Women so dringlich in Szene zu setzen. Carano ist keine Schauspielerin, ihr Gefühlsdusel versiegt immer wieder in einer irritierenden Indifferenz; als Kämpferin, die sich ihrer Weiblichkeit bewusst ist und schlichtweg zu früh mit dem Tod konfrontiert wurde, lässt sie es jedoch nachhaltig rappeln im Karton. Vor traumhaft-romantisierter Karibikkulisse gibt Carano erst dann auf, wenn auch der letzte Widersacher mit dem Gesicht nach unten im Dreck kauert. [...]
[...] Beide wollten sie „Freitag, der 13.“ schließlich in keinem Augenblick unter der heuchlerischen Maskierung der eigenständigen Individualität versilbern, sondern tragen ihre (audiovisuellen) Anleihen und Referenzen ohne jede Zaghaftigkeit offen aus. Das „Freitag, der 13.“ in seinem – aus heutiger Sicht – abgegriffenen Genre-Kosmos so außerordentlich gut funktioniert, liegt vor allem am symptomatischen (Roh-)Charme der Umsetzung, die aus ihrer formalen Begrenzung und der inhaltlichen Schlichtheit eben doch einen beachtlichen Radius an atmosphärischer Spannweite generiert. [...] Harry Manfredinis zuweilen an „Psycho“ orientierter Score besitzt zudem noch den echten Symbolcharakter der lauernden Bedrohung und kann im Zusammenspiel mit den unheimlichen Point-of-View-Einstellungen sowie den ordentlich blutrünstigen Kills seine erhoffte Wirkung in Sachen Unbehagen durchaus entfachen. [...] „Freitag, der 13.“ bleibt ein großartiger Horror-Film und ein in seinem rustikalen Minimalismus noch besserer Slasher.
Wie oft hat man nun schon gedacht, dass das James-Bond-Universum seinen inhärenten Irrsinn nicht noch höher türmen könnte. „James Bond 007 – Moonraker – Streng geheim“ aber schafft es mühelos, ein neues Kapitel in Sachen entfesseltem Geblödel aufzuschlagen. Lewis Gilbert, der hier zum letzten Mal ein Leinwandabenteuer der Doppelnull unter seine Ägide genommen hat, lässt den Dingen herrlich unbekümmert freien Lauf, Roger Moore wirkt steifer denn je, rückt sein aristokratisches Äußeres mit Entzücken ins Rampenlicht und findet seine verbalen Klopper dann letztlich selber etwas zuuu lustig. In der programmatischen Pre-Titel-Sequenz aber geht es erst mal ums Eingemachte: In luftiger Höhe muss sich James Bond im sinkenden Nahkampf beweisen, um an den Fallschirm heranzukommen, den sein Gegner auf dem Rücken trägt. Wenn die Kastenkante Beißer dann hinterhersaut, wird der Nervenkitzel schlagartig in reinrassigen Klamauk konvertiert – Aber um etwas anderes ist es „James Bond 007 – Moonraker – Streng geheim“ gar nicht gelegen. Die Ermittlungsarbeit von Bond hätten die Pfefferkörner erledigen können, der Stimulus (eine entwendetes Space Shuttle) deutet es indes geradewegs an: Der Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät wird den Sternen noch zum Greifen nahe sein, denn es geht für ihn ab in die unendlichen Weiten des Alls, auch wenn ihm das verdiente Kopulieren in der Schwerelosigkeit dann doch etwas mehr am Herzen liegt. „James Bond 007 – Moonraker – Streng geheim“ ist eskapistischer (Weltraum-)Quatsch zum Liebhaben, nicht mehr nur nahe der Persiflage, sondern immer mittendrin und voll dabei. Dass Bonds Widersacher Sir Hugo Drax (Michael Lonsdale) als abgebrochener Gartenzwerg mit Fascho-Phatansie daherkommt, passt da natürlich wunderbar ins unbefangene Bild. Und dank Derek Meddings' eindrucksvoller Effekte, die im richtigen Moment von John Barrys Kompensation akzentuiert werden, vermag auch das Bauklötzestaunen nicht gänzlich der Sinnbefreitheit in den Schoß fallen.
Meine Güte, langsam wird der Neill Blomkamp aber wirklich unausstehlich. „District 9“ war ja schon nicht wirklich subtil, die filmische Synthese aus Apartheid-Parabel und haptischer Sci-Fi-Action kam jedoch geschmeidig, innovativ um die Ecke, da hatte jemand eine Vision und konnte sie – wenn auch nicht in Gänze – spektakulär umsetzen. „Elysium“ konnte dann schon nur noch hervorragende Bilder bieten, aber mit „Chappie“ schießt Blomi nun wirklich das schwarze Schaf ab. Mit einem so hochinteressanten Thema wie der künstlichen Intelligenz und der daraus resultierenden Chance, einer Maschine ein echtes Bewusstsein zu verleihen, also zu ermöglichen, freie Entscheidungen zu treffen, hatte „Chappie“ eine gar unerschöpfliche Plattform für philosophische Gedankenspiele zur Verfügung. Blomfeld aber lässt den Karren mal wieder unkontrolliert gegen die Wand krachen, was sich natürlich am heftig ausgefransten Drehbuch widerspiegelt. „Chappie“ ist nicht nur inkohärent erzählt, da wird alles in den Topf geworfen, was ulkig klingt (oder zerstört werden kann), und von den beiden Antwoord-Vögeln grauenhaft gespielt, „Chappie“ ist in seiner didaktischen Wertevermittlung auch gnadenlos plakativ und dummdreist-manipulativ. Wo ein so vielschichtiger Diskurs über das Vermögen moderner (Robotik-)Technik im Raum steht, beschränkt sich Blomkamp auf Popanz und Krawall. Back endlich mal kleinere Brötchen.
[...] „Die 12 Geschworenen“ lässt differente Charakter- und Ideologiemodelle kollidieren, individuelle Erfahrungen treffen auf einen verbalen Schwanzvergleich, bis die Gerechtigkeit Gefahr läuft, nur noch als schwammiger Gegenstand einer situativen Laune wahrgenommen zu werden. Die drückende Schwüle des Sommers erscheint in diesem psychologisch aufgeladenen Kammerspiel spätestens nach der ersten Hälfte zum Schneiden dick, was geradewegs auf die hervorragenden Schauspielleistungen zurückzuführen ist – George C. Scotts Zusammenbruch in den letzten Minuten ist famos, ebenso Jack Lemmons Beharrlichkeit, die Fakten noch einmal minutiös zu sezieren. Dass „Die 12 Geschworenen“ letztlich vielleicht ein Stück weit der klaustrophobischen Dichte des Originals abhandenkommt, mag auch am fehlenden Schwarz-Weiß-Kolorit liegen, fesselnd aber ist Friedkins Remake dennoch bis zuletzt.
Astreine Indie-Tragikomödie vom Reißbrett, dass es einem ganz schummerig in der Birne wird. Keine einzige Figur darf hier auch nur einen winzigen Funken Eigendynamik entfalten, stattdessen hört man im Hintergrund permanent das Drehbuch knistern, damit auch bloß jeder Kommentar maßgeschneidert zum Wohl-Fühl-Kollaps bereitgestellt werden kann. Der assige Misanthrop wird vor versammelter Mannschaft zum Heiligen erklärt und damit gleichwohl all seiner Geheimnisse beraubt, weil man ihn selbstverständlich nach Strich und Faden psychologisieren muss, bis er nur noch eine leere Hülle ist – Aber wenn jemand eine leere Hülle gut verkörpern kann, dann wohl Bill Murray. Ein kleiner Junger wird daneben zur altklugen Pissbirne stilisiert, der für jede Situation den passenden Spruch auf den Lippen trägt,, dass es selbst Murray die Schuhe auszieht und Melissa McCarthy sowie Naomi Watts dürfen als überforderte Frauen (letztere ist übrigens auch eine mit russischem Akzent ausgestattete Prostituierte, oioioi) durch die Gegend eiern, um sich letztlich noch als gute Mütter zu bewiesen. Und was die verheulten Jammerfratzen nicht auszudrücken wissen, übernimmt das elendige Indie-Geseiere von der Tonspur. „St. Vincent“ ist mal wieder ein wunderbares Paradebeispiel für den heuchlerischen Anbiederungsschlonz dieser doch unerträglichen Sektion.
Die Pre-Titel-Sequenz macht gleich alles klar und lässt keine Zweifel dahingehend aufkommen, dass der sich großzügig an „James Bond 007 – Man lebt nur zweimal“ bedienende „James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte“ womöglich doch nicht der imposante Blockbuster wird, den man nach „James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt“ zu erwarten hatten: Auf Skiern in den österreichischen Alpen unterwegs, stürzt James Bond nach einem appetitlichen Techtelmechtel und einer knackigen Verfolgungsjagd eine gefühlte Ewigkeit in die Tiefe, bis sich der mit der Nationalflagge bedruckte Fallschirm endlich erlösend öffnet: Nicht nur die Frauenwelt zehrt es nach James Bond, auch England ist abhängig von seiner schwanzgesteuerten Doppelnull (andersherum aber ist es wohl genauso). Über den Dächern von Kairo gibt es dann alsbald einen gehörigen Faustkampf, der beweist, wie wichtig ein gewissenhafter Krawattenknoten doch manchmal sein sein kann, außer man bekommt es mit dem Beißer, ein archaischer Schrank von einem Kämpen, zu tun, der nimmt es sich mit seinem markanten Edelstahlgebiss nämlich auch mit Haien auf. Der eigentliche Star vom verschwenderischen „James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte“ aber ist nicht Curt Jürgens als Bösewicht mit maritimer Affinität, der glänzt mit Abwesenheit und fingert, tritt er denn mal auf, nur an irgendwelchen Knöpfen herum, sondern wie so oft Ken Adam: Die von ihm gestaltete (Unterwasser-)Zitadelle „Atlantis“ ist nicht nur äußerlich als spinnenartiges Gebilde ein echter Blickfang, die famosen Interieurs der labyrinthischen Geheimbasis sorgen für permanenten Szenenapplaus. Ohnehin, das muss man „James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte“, ist der Film von Claude Renoir durchweg formidabel bebildert worden. Ein echtes Vergnügen.
[...] Doch all das gerechtfertigte Lob für die Schauspielriege ändert nichts daran, dass „Fräulein Julie“ ein ungemein phlegmatisches Sittengemälde geworden ist, welches Rollenklischees innerhalb der Standesunterschiede nicht entkräftet, sondern einzig und allein ausstellt. Die Aristokratin und der Diener: Sie liebt ihn, er liebt sie, sie liebt ihn nicht, er liebt sie nicht und wieder von vorne. Es steht außer Frage, dass die Thematik von „Fräulein Julie“ auch in unserer Zeit noch das Zeug dazu hat, mitzureißen, werden hier doch mit dem starren Klassenkampf und einer unerwünschten Liebe Blickwinkel eingenommen, die universelle, überzeitliche Tragweite genießen. Liv Ullmann aber macht nichts daraus, sie verharrt im theatralisch-blumigen Sprech, lässt die Schauspieler, während sie größtenteils im hochherrschaftlichen Anwesen in der Küche kauern, uninspiriert aneinandergereihte Worthülsen herunterbeten. [...]
[...] So richtig rund läuft er tatsächlich nicht, dieser „James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt“. Zerfasert und mitunter unorganisiert tingelt unsere liebgewonnene Doppelnull durch ein fernöstliches Ambiente, wie wir Pfeifen aus dem Westen es uns nur zu gerne imaginieren. Der geballte Hass, den das neunte Abenteuer des 24 Stunden rolligen Agenten erfährt, aber entzieht sich jeglicher Verhältnismäßigkeit, schließlich ist Regisseur Guy Hamilton auf seiner James-Bond-Abschiedstournee immer noch ein so qualifizierter Handwerker, dass er versteht, wie er den von Christopher Lee großartig verkörperten Bösewicht Francisco Scaramanga adäquat in Szene zu setzen hat, um diesen so die Chance zu verleihen, zu einem der memorabelsten Widersacher des filmischen Endlosuniversums aufzusteigen: Ein mit drei Brustwarzen und Goldfimmel ausgestatteter Waffennarr (und seine Knarre auch als Phallussymbol einzusetzen versteht), der im Zirkus aufgewachsen ist und seine Herausforderer im eigenen Spiegelkabinett, welches sich innerhalb von Sekunden zur psychedelischen Manege des Wahnsinns entwickeln kann, mit Vorliebe zur Strecke bringt. [...]
[...] Um den Frieden in dieser zerrütteten amerikanischen Familie wieder herstellen zu können, benötigt es einen langen Atem und viel Waffengewalt, die „Run All Night“ entsprechend dynamisch und ohne großen Schnickschnack von der Leine lässt: Wenn abgedrückt wird, hallt der Schuss in tiefschwarzer Nacht noch lange nach. Narrativ aber ist „Run All Night“ nicht nur auf den reinen Überlebenskampf vor verregneter Großstadtkulisse interessiert, der gefühlvolle Unterbau erzählt von der Suche nach Vergebung und von mystifizierter Gangster-Loyalität, die dort endet und ernüchtert wird, wo die Familie ins Spiel kommt. Jimmy hat zu viel Scheiße gebaut, die es ihm heute unmöglich macht, einen Blick in den Spiegel zu werfen, doch vielleicht gibt es da ja doch noch eine winzige Möglichkeit, nicht gänzlich als Versager und wandelnde Enttäuschung in die ewigen Jagdgründe entlassen zu werden. Liam Neeson und Joel Kinnaman harmonieren blendend, ihre Szenen sind fernab jeder Theatralik, während Ed Harris eine Leere in den Augen trägt, wie sie nur ein Vater besitzen kann, der sein Kind verloren hat. [...]
[...] Beginnen darf Multitalent Jörg Buttgereit mit seiner gut 25-minütigen Episode „Final Girl“. Von den Dächern Berlins geht es in ein verranztes Appartement, in dem ein 14-jähriges Mädchen mit ihrem dreibeinigen Meerschweinchen Mucki haust. Wie Buttgereit es hier von der Aufblende an gelingt, das sicheres Gespür für den Moment aufrechtzuhalten, ist schon beachtlich: Erst nur lässt er die Kamera verselbstständigt fungieren, tastet mit ihr die divergierenden Texturen von Mensch und Tier im Close-up ab, bis er uns einen tristen Einblick in die von der Außenwelt beinahe gänzlich abgeschottete Wohnung gibt. Dreck, Schimmel und Kalk dominieren, und im Nebenzimmer des Mädchens liegt ihr Vater in Unterwäsche ans Bett gefesselt. Peng. Dass es in „Final Girl“ nun unweigerlich auch mal ans Eingemachte gehen wird, macht die rostige Geflügelschere, die Freigang aus der Besteckschublade gewährt bekommt, eindeutig. Buttgereit aber konzentriert sich auf Impressionen, saugt das durch die Räumlichkeit mäandernde Unbehagen auf, akzentuiert es mit dem dröhnend-industriellen Klangteppich, macht den Zuschauer zu einem Gefangenen der wabernden Audiovisualität.
Das geht doch schon mal zünftig los, wird man sich denken, doch die zweite Episode „Make a Wish“ von Mikal Kosakowski ernüchtert rigoros. Was beginnt, wie eine mit den Elementen der Phantastik ausgebaute Rache-Phantasie, schlägt zum Ende hin in ein ganz und gar enervierendes Bruchstück um. Im Mittelpunkt stehen zwei taubstumme Immigranten, die von einer Bande Neo-Nazis aufgemischt werden. Als das polnische Mädchen ein rotes Amulett aus der Jackentasche zieht, kommt es zum Körperwechsel zwischen ihrem Lover und dem Anführer der Glatzen – Das hat auch schon damals ihre Großmutter vor den einmarschierenden Nationalsozialisten gerettet. Danach wird dann erst mal deftig ausgeteilt und gefoltert, bis sich Kosakowski für eine törichte Pointe entscheidet, die in der Vorab-Konzeption sicher als entlarvende Reflexion über unsere Wahrnehmung von fiktionaler Gewalt verstanden wollte, im Endeffekt aber nur genau die Oberlehrerphonetik hinter der Kamera heraushängen lässt, die Michael Haneke fälschlicherweise so oft unterstellt wird. Nachdem sich „Final Girl“ gerade durch seinen elliptischen Gestus auszeichnete, ist alles, was „Make a Wish“ kredenzt, nur quälende Selbstüberschätzung.
Das letzte Wort gebührt dann Andreas Marshall, der mit „Alraune“ einiges von dem wieder ins Reine rückt, was Mikal Kosakowski mit gebrochenen Knochen und brennenden Leibern radikal gegen die Wand gefahren hatte. Den Aspekt, dass „Alraune“ inhaltlich vielleicht nicht sonderlich spannend geraten ist, neutralisiert die ungemein ästhetische Aufmachung wieder. Eden (Milton Welsh) wird Teil eines mystischen Geheimbundes, der sich durch den Saft der Alraune so richtig in pulsierende Lüsternheit bringt – natürlich hat dieser drogeninduizierten Sinnesrausch auch seine Schattenseiten. Andreas Marshall liefert mit „Alraune“ einen weiteren Grund dafür, vielmehr in der Szene geschätzt zu werden, sein sich über circa 40 Minuten erstreckender kaleidoskopischer Fiebertraum ist stilistisch herausragend gelöst und liest sich in seiner kontrastreichen Farbdramaturgie nicht nur als Reminiszenz an die malerische Gialli-Ära, in seinem Schattenspiel wartet auch der surreale Expressionismus der Nachkriegszeit. „Alraune“ ist damit übrigens auch der einzige Film im blutverkrusteten Tryptichon, bei dem der Gedanke nicht vergebens wäre, daraus einen abendfüllenden Spielfilm zu bauen.
Fazit: Wäre der furchtbare Mittelteil anders, weitsichtiger gelöst worden, könnte sich „German Angst“ zweifelsohne eines noch dickeren Lobes erfreuen. Im Großen und Ganzen beweist die dreifache Anthologie allerdings definitiv, dass das deutsche Genre-Kino noch einiges an Klasse in petto trägt und in Zukunft unbedingt gefördert werden sollte – Potenzial, Arbeitseifer, Fachkompetenz und Hingabe sind zu genüge vorhanden! Und beim nächsten Mal würde dann auch die Chance bestehen, dass eine solch ergebene Liebeserklärung ein durchgängiges Hochgefühl generiert.
[...] Der Bezug zur Social-Media-Welt nämlich wirkt in „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ zeitweise ungemein anachronistisch, was die Vermutung nahe legt, Jon Favreaus charmanter Wohl-Fühl-Food-Porn wäre einem älteren Semester zugeschrieben, was ob seines universellen Resonanzraumes aber definitiv nicht der Fall ist. Der Twitter-Erklärbär-Modus lässt „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ gerne mal ins Hinken geraten, werden dann aber wieder die Messer gewetzt, die Pfannen erhitzt, das Gemüse geschnippelt, die Kräuter drapiert und das Geflügel tranchiert, bringt „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ eine bisweilen hinreißend gute Laune in den Frühsommer dieses Kinojahres. Man sollte sich dementsprechend wappnen, denn wer mit knurrendem Magen das Lichtspielhaus aufsucht, wird 120 kräftezehrende Minuten vor sich haben, lange schon sah kein Käsefaden mehr so begehrenswert aus wie in „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“. Bon appétit.
Eine zum Teil wirklich unfassbar kompromisslose, steinharte Dampframme des Frühneunziger-Action-Kinos. Nach „Nico“, „Zum Töten freigegeben“ und „Hard to Kill“ lässt Steven Seagal zum ersten Mal so richtig die Sau raus: Wer sich ihm in „Deadly Revenge – Das Brooklyn Massaker“ in den Weg stellt, wird nicht erst über die Schulter abgerollt, um eine zweite Chance zu bekommen, hier gibt es so was von ruppig auf die alte Glocke, dass es dem Zuschauer eins ums andere Mal das Grinsen aus der Visage wischt. „Dead Revenge – Das Brooklyn Massaker“ ist straight-primitives Männerkino im Gewaltrausch, mit einem durchaus stimmigen Lokalkolorit des vom Verbrechen verseuchten Brooklyn verbunden, aber doch nur bündig auf eine Sache aus: Immer feste druff. Und William Forsythe gibt da einen ekelhaften Antagonisten mit Popelbremse und dorftrotteligem Mittelscheitel, dem man eine gepflegte Gesichtsbehandlung von Stevie nur von ganzer Seele wünscht.
Eindrucksvoller, exquisit gefilmter Nonsese, da lacht das Herz. Mit Roger Moore hat sich dann auch endlich ein Schauspieler gefunden, der langfristig Gefallen an der Rolle des James Bond finden konnte und die Amboss-Doppelnull eines Sean Connery mit viel gezügelter Grazilität neuinterpretierte – Der pomadige Sexismus sitzt aber genauso (keine Frau muss ihr Leben lassen, bevor nicht gevögelt wurde. Jeder braucht eben ein Motto.). „James Bond 007 – Leben und Sterben lassen“ könnte man natürlich eine rassistische Gesinnung unterstellen, aber um den schneidig-exploitativen Humbug hier wirklich ernstzunehmen, ist die Nummer dann doch zu Balla Balla. Und Regisseur Guy Hamilton maßregelt den Klamauk keinesfalls, er gibt ihm ordentlich Zucker. Der Voodoo-Kult samt kugelspuckender Vogelscheuchen bringt an und für sich etwas exotische Mystik ins Geschehen und erklärt die fiktive Karibikinsel San Monique zum dschungelbewachsenen Hort des Irrsinns. Roger Moore selbst kalauert sich mit Zynismen durch die ordentlichen Sets, entjungfert ein Medium, welches sodann ihren übersinnlichen Fähigkeit nicht mehr nachgehen kann, hüpft über eine Reihe gefräßiger Krokodile und bollert eine halbe Ewigkeit mit dem Motorboot durch die Walachei. In Wahrheit aber hat es dieser James Bond eigentlich gar nicht eilig, nicht einmal die Pre-Titel-Sequenz nimmt er für sich in Anspruch, stattdessen staunt er über seine neue Uhr, die magnetische Felder erzeugen kann und lässt den Martini mal im Regal, der Bourbon ist schließlich die vollmundigere Spirituose – aber bitte ohne Eis.
[...] Dass „Schmerzensgeld – Wer reich sein will, muss leiden“ durchaus unterhaltsames Potenzial besitzt und jenes dank der guten Chemie seines Hauptgespanns (und einem Auftritt von Alexis Bledel als bitchy High-Society-Chick) bisweilen zu entfalten versteht, verschleiert nicht den konservativen Gestus im Kern der Geschichte: Denn egal, wohin dich die Unmengen an Geldscheinen auch befördern mögen, am Ende zählt eben doch nur die Liebe und eine Schulter, an der man sich geborgen dürfen darf. Der Teekessel, der zum ersten Mal in der Folklore zu Zeiten von Jesus' Kreuzigung aufgetaucht ist, darf den Zuschauer aufgrund seines ungemein destruktiven Charakters amüsieren, die Ausmaße an physischer und emotionaler Zerrüttung aber bringen tatsächlich auch einige wirklich packende Momente mit sich, die zumeist vom ordentlich aufspielenden Michael Angarano in Gang gesetzt werden (Stichwort: Silvesterkuss). Wenngleich „Schmerzensgeld – Wer reich sein will, muss leiden“ so harmoniesüchtig wie simplistisch mit seiner originellen Prämisse verbleibt, ist Ramaa Mosleys Ulk für den verregneten Sonntag definitiv geeignet.
[...] Sollte dieses allerdings geschehen, muss mit sofortiger Wirkung für Transparenz gesorgt werden, um die Macht des Staates im Vergleich zu den Möglichkeiten des Volkes nicht gänzlich aus dem Ruder laufen zu lassen: Letzten Endes muss es sich schließlich um Gewählte und Wählende, nicht um Herrscher und Beherrschte handeln. „Citizenfour“ macht sie wieder deutlich, die beißende Paranoia, die sich seit jener Aufdeckung, jener Preisgabe, in unseren Köpfen breitgemacht hat. Laura Poitras' Dokumentation aber zeigt auch unmissverständlich auf, dass der Kampf um die geistige Freiheit der Allgemeinheit ein uneigennütziges Vorhaben des gesunden Menschenverstandes ist, denn wer sich mit intellektuellen Einschränkungen anfreunden kann, hat bereits aufgegeben und wird sie keinesfalls nachvollziehen können, die tiefen, schwarzen Augenringe in Edward Snowdens Gesicht. [...]