YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

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    YupYum 25.07.2023, 17:05 Geändert 25.07.2023, 22:15

    „Hier ist das deutsche Fernsehen mit der Tagesschau: ... Fünf Wochen nach der Ermordung des Bankiers Ponto … Linienmaschine der deutschen Lufthansa ist seit dem Nachmittag in der Gewalt von Entführern … Baader lag tot auf dem Zellenboden … Hanns Martin Schleyer heute Abend ermordet aufgefunden worden …“

    Als der Terror der RAF auf seinem Höhepunkt 1977 die Bundesrepublik sechs Wochen lang in den Ausnahmezustand stürzte, versuchten namhafte deutsche Filmautoren Stellung zu den Ereignissen in einem von ihnen kreierten und wild zusammengeschusterten Episodenfilm zu beziehen. So entstand das Zeitdokument „Deutschland im Herbst“ (1978).

    Die Gruppe um Alexander Kluge und Volker Schlöndorff wollte eine Gegenöffentlichkeit schaffen, um eine offene Diskussion zur gesellschaftlichen Lage in Gang zu bringen. Viele bekannte Linksintellektuelle, wie Wolf Biermann oder Heinrich Böll, der Teile des Drehbuchs entwarf, engagierten sich. Denn eine Hysterie im Land griff um sich: Lehrer etwa wurden denunziert und angezeigt, wenn sie das Thema Terrorismus im Unterricht behandelten. Wer kritische Fragen stellte, galt umgehend als verdächtig,

    Diese Episoden sind - obwohl von grundsätzlich verschiedener Vorstellung jedes einzelnen Autors in ihrer Realisierung und ohne roten Faden umgesetzt - eigentlich unkenntlich miteinander zusammengeflossen, alles ist brachial umgesetzt, vieles oft zu langfädig und ausufernd: Von Dokuszenen, Bildcollagen, endlos scheinenden Interviews, mit kompletten Brachial-Selbstdarstellungen, bishin zum Laientheater, ist alles drin.

    Mit den Szenen einer streng protokollierten Staats-Trauerfeier für Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer beginnt das Sammelsurium, mit der Beisetzung im anonymen Grab der sich erhängeten Terroristen in den Zellen endet es. Das ist der einzig strukturierte Aspekt des Ganzen, ansonsten herrscht der Zeitgeist von Punk und Anarchie.

    Erwänt sei hier noch besonders die erste Episode, in der Fassbinder mit seiner Mutti endlos am diskutieren ist. Er will die Nation vorsätzlich schocken, zeigt sich am Morgentisch voller ausgesoffenen 🍷 Weinpullen, ist ständig mit Koks zugedröhnt und zupft meistens nackt an seinem Ding herum. Ein Bürgerschreck mit Nachhaltigkeit.

    Der Film braucht nach über 45 Jahren heute ein grosses Mass an Durchhaltewillen beim Zuschauer. Das Setting ist trostlos, die Himmel sind immer grau. Immerhin kann man sich am Zeitkolorit erfreuen: An den 70er-Jahre-Mercedes-Staatskarossen, den gläsernen Massiv-Quadrat-Aschenbechern, der Einrichtung der Gefängniszellen von damals, den Büro-Monoblock-Chrome-Stühlen - und an Fassbinders schäbiger Wohnung.

    Die Generation der 68er, die die verkrusteten Strukturen einer die NS-Zeit verdrängenden Gesellschaft erneuern wollte, geriet plötzlich unter Generalverdacht: Sie wurde mitverantwortlich gemacht auch für den irrationalen Terror der RAF-Kommandos. Wer sich als Linker nicht eindeutig für den Staat aussprach, war also gegen ihn. Diesen Automatismus wollten Schlöndorff und seine Regie-Kollegen aufbrechen:

    „Es wird dauernd verlangt, dass man sich geistig mit dem Terrorismus auseinandersetzt. Das kann ja nicht darin bestehen, dass man nur dauernd seinen Abscheu äußert gegenüber dem Terrorismus.“

    Im Frühling 1979 schockierte dann das vierteilige TV-Ereignis „Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss“ die deutsche Nation und Öffentlichkeit in einer breiten und kommerziellen Hinsicht (statt wie in diesem Nischen-Produkt hier). Von da an war die Nicht-Aufarbeitung der NS-Zeit dann für jeden Bürger ein nicht mehr zu umgehendes Fazit davon geworden.

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      YupYum 25.07.2023, 14:31 Geändert 25.07.2023, 21:15

      Im unbeholfenen Weihnachts-Thrillerlein „While She Was Out“ (2008), in dem sich Kim Basinger aus unerfindlichen Gründen reinverirrt hat, wird sie nicht nur von ihrem Ehegatten mies behandelt und von ihren oberdoofen Bekannten beim Geschenkpapier-Einkauf in der überdekorierten Shopping Mall in blöde Smalltalks verwickelt, sondern anschliessend noch von einer Gruppe minderbemittelten Halbstarken durch den nahen Wald gejagt.

      Das ist alles so dermassen uninspiriert, mit lächerlichen Löchern im Detail angereichert und so sturzlangweilig, dass man mit der armen Kim nur noch Mitleid empfinden tut. Doch ein riesiges Plus gibt es hier zu verzeichnen: Der Trailer erzählt nämlich das ganze dünne Geschichtlein in zwei Minuten, inklusive dem bekloppten Schluss! Praktisch, wie man so seine wertvolle Zeit sparen kann!

      PS: Entschuldigen Sie bitte wiedermal meine Abwesenheit hier, aber im Hochsommer bin ich selten in der Movie-Stimmung - da sitze ich lieber am Abend auf dem Balkon und geniesse ein kühles Blondes! 🍺

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      • 3 .5
        YupYum 29.05.2023, 22:24 Geändert 01.06.2023, 02:09
        über Old

        Ein weiterer Höllenstuss aus der Hirnwindungsküche des durchgeknallten Inders, der (erneut) keinen Thrill mit sich bringt, dafür den obligaten Publikumsverarsche-Twist am Schluss: Statt einer tollen Maske für den beschleunigten Altersprozess (der hier anscheinend nur für die Kinder gilt), wurden einfach die Schauspieler/innen kurzerhand ausgewechselt oder die hauseigene Shakira-Blondine („Hats denn auch genug Kalzium in dieser Kalziumbombe drin?“) sieht dann plötzlich wie Nina Hagen aus. Aus dem Nichts auftauchende Notizbücher lesen sich klaro auch gut bei Dunkelheit. Und natürlich muss bei der erstbesten Gelegenheit gleich mal eine Runde gev—gelt werden! Warum wird man dann nicht auch bei Ankunft an diesen Traumstrand 🏖️ ohnmächtig? Und aus jeder (Film-)Falle gibt es natürlich einen Ausweg, es sei denn, man ist genug schlau dafür diesen zu finden, bevor die Laufzeit des Films vorüber ist.

        Keine Kritik am Massenverblödungstourismus („Hier ist‘s ja toller als in Cancún!“) oder dem Jugendwahn wird hier laut, dabei hätte die Thematik gut dafür gepasst. Als Fazit, ein lapidares Nichts von einem Film!

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          YupYum 26.05.2023, 00:01 Geändert 26.05.2023, 13:42

          „Natürlich geht‘s ihr gut, sie weint ja nur…“

          William Tell (Oscar Isaac) ist ein Spieler und ehemaliger Soldat, der auf das Kartenzählen spezialisiert ist, was ihm besonders beim Black Jack und Poker hilft. Er tingelt durch die untere USA und spielt in den Casinos um wenig Cash, um nicht aufzufallen. Seine routinierte Existenz gerät ins Wanken, als ihn bei einer schrägen Vorlesung für Polizeiwaffen der junge Cirk (Tye Sheridan) anspricht: Der will nämlich Hilfe bei der Ausführung seines Racheplans an einem Militäroberst (Willem Dafoe), der seinen Alten auf dem Gewissen hat und mit dem Tell ebenso eine Rechnung offen hat. Tell sieht in der Beziehung zu Cirk eine Chance auf eigene Erlösung…

          POSSIBLE SPOILER ALERT:
          Dieser William Tell schiesst keine Äpfel 🍏 mit der Armbrust von Köpfen, sondern hantiert flink mit Chips und Cards. Doch wer einen Zockerfilm wie „21“ oder „Der Croupier“ erwartet, hat sich geschnitten. Dieser Film ist eine einzigartige Psychohygiene und Traumata-Bewältigung von (schwer erträglichen) Erinnerungsfetzen von Folterknästen, wie Abu Ghraib und Guantanamo.

          Oscar Isaac agiert dabei äusserst wortkarg und seine Miene ist stoisch und unterkühlt. Er und der ganze Film erinnert an Billy Bob Thornton in „The Man Who Wasn’t There“ (2001) - schon dieser harte Brocken hatte viele Fans, und genau diesen Leuten wird auch das spröde Roadmovie-Drama „The Card Counter“ (2021) wieder gefallen. Paul Schrader geniesst seit „Taxi Driver“ (1976) und „Wie ein wilder Stier“ (1980) eh unhinterfragten Kultstatus, doch von seinen neueren Werken überzeugte mich bisher noch keines. Reumütig denke ich an wahre Perlen zurück, für die er mitverantwortlich war, wie das mystische „Schwarzer Engel (1976) oder das schräge „Trost von Fremden“ (1990), die beide in Italien 🇮🇹 spielten.

          Dieser Trip hier ist eintönig, desillusionierend, deprimierend, trostlos und schwerfällig und die Message eines amerikanischen Traumas ist schnell kapiert. Ich bin jedenfalls kein Fan dieser Sorte Filme und auch nicht vom Verlag „Weltkino“, der auch diesen hier wieder publizierte. Die Casinos darin sind typische Beispiele, die verschiedene Staaten im Rahmen des „Gaming Control Board“ 🇺🇸 zulassen, obwohl solche in den meisten von ihnen eigentlich illegal wären. Es sind schäbige Buden für die Unterschicht und verstrahlen kein Las Vegas-Glanz. Bei meinem Besuch in Colorado landeten wir in „Black Hawk“, einem ehemaligen Goldgräber-Städtchen, das von solchen Billig-Casinos voll war. Das Publikum bestand aus vielen Veteranen und Hausfrauen, und was mir auch aufgefallen war, war dass viele Leute eine Tasche mit einer Sauerstoffflasche harumkarrten - einfach, dass das auch noch gesagt wurde.

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            YupYum 19.05.2023, 23:58 Geändert 20.05.2023, 15:39

            „Whatever you wanna say now, wait. You can still tell it to me when summer is over - tell me then…“

            Sommer 1991: Daniel (Timothée Chalamet) erfüllt alle Teenie-Clichés, er ist eigen, leicht durch den Wind, ziemlich introvertiert und hockt auch bei Sonnenschein gern zuhause in seinem Zimmer. Darum schickt ihn Ma zur Tante für die Sommerferien an die Küste von Cape Cod, Massachusetts. Dort lernt er den Haschdealer Hunter (James Dean-Typ Alex Roe) kennen, der von jeder Schule flog und eine richtig berühmt-berüchtigte Nummer im Küstenort ist. Gemeinsam ziehen sie also den Weed-Trade immer grösser auf. Hunter hat aber so seine eigenen Prinzipien: Wer z.B. seine sexy Blondinen-Schwester (Maika Monroe) anbaggert, wird als Konsequenz gnadenlos verdrescht. Doch Danny (wie er nun gennant wird) trifft sich schon lange heimlich mit ihr…

            Jungspund Timothée Chalamet war 2017 ziemlich gefragt, nachdem er in Luca Guadagnino‘s eigenem Schwulentraum „Call Me By Your Name“ seine Chance bekam: Ausgerechnet der grässliche und selbstgefällige Armie Hammer wurde zu seinem Sexpartner erkoren und servierte Timothée in seiner Rolle danach eiskalt ab („I‘m engaged now!“). Weshalb dieser Film damals so unhinterfragt über allen Klee gelobt wurde, hab ich nie begriffen. Der Jungschauspieler machte auch von sich reden, weil er die verwöhnte Tussi-Gören-Tochter von Madonna, Lourdes Ciccone, bestieg. Nun denkt man, mit dem Dramödchen „Hot Summer Nights“ (selben Jahres) wäre ihm besser gedient, aber ich bezweifle es:

            Der schwarze Jung-Director Eliyah Bynum war 1991 wahrscheinlich noch ein kleiner Windelscheisser, wie soll er also ein für ihn unbekanntes Zeitkolorit überhaupt adäquat wiedergeben? Die eingeflochtenen hippen Songs von Mott The Hoople, Bowie, Can und den Shangri-Las sprechen jedenfalls die Sprache früherer Dekaden. 1991 löste der (Ambient-)Techno den 80s-Pop ab, mit Projekten wie The Orb, Orbital, System 7, Spooky und der abgekulteten „Space Night“, die jeder Party-Heimkehrer frühmorgens auf Bayern 3 einschaltete. Man ist ja grosszügig, wenn wenigstens die Story rund wäre, doch die scheitert vom Beginn weg:

            Was in alles in der Welt will der coolste Typ und die heisseste Schnitte der Stadt mit so einem schmächtigen Casual in Streif-Polo und abgelatschten Converse-Boots nur anfangen? Wie will es passen, dass der erste Eindruck von unserem Möchtegern-James Dean beim Teenager (und uns) dieser ist, dass der grad mal ein Unbedarfter halbtot prügelt? Wie gelangte Timothée plötzlich zu den Koks-Dealern?

            Überhaupt: Warum konzentrierte sich Bynum nicht auf klassisches Coming-Of-Age und vermischt alles mit unglaubwürdigem Drugs, Blood & Crime-Gesuddel? Warum sind sämtliche Charakterzeichnungen so derart ungereimt? Muss das Ende darum so desillusionierend sein, um als neues Regie-Talent anerkannt zu werden? Das einzig atmosphärisch Packende ist noch der Sturm aus der Windmaschine gegen Ende, alles andere ist restlos austauschbar und emotional völlig vergeblich hier.

            Sie merken es schon: Hier stimmt wirklich gar nichts! Wer tolles Summer-Coming-Of-Age sehen will, schaut lieber das umwerfende „The Way, Way Back“ (2013, mit Sam Rockwell, Liam James und Toni Collette) an.

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              YupYum 18.05.2023, 23:40 Geändert 19.05.2023, 11:11

              Der ehemalige Feuerwehrmann Theo Abrams (Jarrid Geduld) musste seinen Job aufgeben, nachdem ein Rettungseinsatz misslungen ist. Seitdem leidet er unter den schweren posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), wurde vom Dienst suspendiert und zu einer Therapie bei Psychiaterin Dr. Tumbridge (Susan Danford) verdonnert. Als er eines Morgens neben seiner ermordeten Frau aufwacht und sich an nichts erinnern kann, hält ihn die Polizei für einen Mörder. Theo gelingt per glücklichem Zufall die Flucht. Gleichzeitig verfolgt von Polizei und erbarmungslosen Brutalo-Verbrechern versucht er den wahren Täter zu finden und kommt einer Verschwörung auf die Spur…

              Hier kann ich die lauen, wenigen und euphorisch gedämpften Kommentare und die eine dürftige Kritik in Pink eines Möchtegern-Profis nicht verstehen: Diese südafrikanische Dr. Kimble-Variate ist seltsam rau, desillusionierend und realistisch ausgestaltet, sodass man sie fast als Ausnahmeerscheinung im Rache-Genre definieren kann. Hier ist die Titelfigur kein geschliffener Action-Hero à la Gerald Butler, Liam Neeson, Mel Gibson oder gar Tom Cruise (und wie sie denn alle sonst noch heissen), denen alles mit zwei, drei Kniffen kurzerhand gelingt, sondern ein echter Normalo, dem man gut in irgendeiner Strassenbahn begegnen könnte oder im Handwerks-Kollektiv Ihrer Hausverwaltung. Er ist vulnerabel, sensibel, macht Fehler und muss einstecken.

              Die Action in „Indemnity“ (2021) ist dementsprechend realistisch herausgekommen, die Zweikämpfe sind hart und brutal, es geht um viel - besagte Verschwörung ist nicht mal abwegig, die Drahtzieher derer echt diabolisch. Die Dramaturgie ist durchgehend geschliffen, die Spannungskurve sich stetig steigernd und das ungewöhnliche Setting gibt zusätzlich Punkte. Hier sterben auch die „Guten“, und einige von ihnen verhalten sich in Ausnahmesituationen auch unlauter - wie im richtigen Leben halt.

              Mein Tipp: Schauen Sie diesen Thriller ohne vorhergehende Infos an, ziehen Sie nicht mal den Trailer rein: Hier ist es besser, man weiss wirklich gar nichts, so sitzten die gekonnten Überraschungen und Wendungen noch perfekter!

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                YupYum 18.05.2023, 19:35 Geändert 19.05.2023, 11:59

                Im Zentrum der südafrikanischen Serie „Reyka - Mord in Afrika“ (2021) steht die Profilerin Reyka Gama (Kim Engelbrecht). Ihre eigene traumatische Vergangenheit beschäftigt sie stets, denn sie wurde in ihrer Kindheit vom Farmer Speelman (Iain Glen) entführt, was ihr als Erwachsene hilft, die gefährlichsten Verbrecher Afrikas zu stellen. Sie ermittelt in einem Serienkillerfall, der sich in den Zuckerrohrfeldern von KwaZulu-Natal ereignet hat. Opfer: alle weiblich und alle mit abgetrennten Gliedmassen.

                Man staune: In Südafrika, dem wohl gefährlichsten Land auf der Karte, werden nach bestem Netflix-Vorbild auch echte Crime-Serien gedreht, denn Vorbildfälle gibt es ja genug. Nur wurde hier ins Paket einige Indgredienzien zuviel hereingepackt: Multikulti, Stämme, Rasse, Migration, Feminismus, Alkoholismus, Psychohygiene, Profiling (Serienkiller, Ritualmorde oder Auftragsmörder?), eigene Vergangenheitsbewältigung, Beziehung zur Mutter, Erziehungsprobleme mit der eigenen Tochter, Voodoo, Hoodoo, Zulu und dazu noch eine Prise Hannibal Lector.

                Leider wurde bei all dieser Überambition das Kriterium eines einigermassen schnitten Drehbuchablaufes komplett links liegengelassen: Spannungsmomente sind rar gesät und wenn sie dann mal kommen würden, wird die Szene just dann beendet, wenn es mal einigermassen interessant würde. Überhaupt ärgert man sie schon früh über die holprige und schwerfällige Dramaturgie an sich (die vollends überladen ist), diffuse und zu lange Flashbacks inklusive. Die eigenen Problemwälzugen der Kommissarin nehmen zudem weit zuviel Platz ein. Immerhin ist es atmosphärisch recht dicht. Die deutsche Synchro ist ein Graus, unsere Sprache passt eifach nicht zum Bushlife.

                Gestaunt habe ich zudem erneut, wie wichtig in Afrika die Rassenzugehörigkeit und damit die biologische Einteilung der Leute ist. Ist jemand Mischling wie die titelgebende Inspector Rayka, wird sie auch hier von irgendeinem Stammesvater schnell mal als „Kokosnuss“ 🥥 bezeichnet - also schwarz und weiss. Ich dachte immer, die Grundlage der Antirassismus-Debatte würde eigentlich bedeuten, dass die Hautfarbe eines Menschen sekundär und in den Hintergrund gestellt würde - diese Serie zeigte mir wiedermal exemplarisch das glatte Gegenteil.

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                  YupYum 16.05.2023, 22:42 Geändert 17.05.2023, 15:11

                  „Verbrechen ist eine Krankheit, die geheilt wird, wenn die soziale Frage gelöst ist.“

                  Der Kriminologe Peter Perg (Murathan Muslu) kehrt 1920 nach zwei Jahren Kriegsgefangenschaft in Russland nach Wien zurück. Dort muss er feststellen, dass ein Serienkiller es auf seine ehemaligen Kameraden abgesehen hat und diese auf bizarre Weise abschlachtet. Daraufhin nimmt er die Ermittlungen auf und macht sich auf die Suche nach dem Täter. Währenddessen wird er in einer düsteren Welt von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt. Etwas Halt gibt ihm wenigstens Gerichtsmedizinerin Theresa (Liv Lisa Fries)…

                  Der Plot ist zwar ursimpel und für routinierte Krimifans gänzlich uninteressant, dieser wurde von Director Stefan Ruzowitzky (Oscar für „Die Fälscher“) darum wahrscheinlich mit allerlei geschichtsträchtigem und psychologischem Firlefanz aufgebretzelt, um ihn möglichst schwermütig, mystisch und verworren auszugestalten. Bemerkenswert erwähnt sei aber das düstere Szenebild dieses surreal und expressionistisch gestalteten Wien mit einem ständig bedrohlich dunklen Himmel darüber, voller schrägen Häuser, Brücken, Kirchtürmen und Fenster: Dieser Greenscreen ist mal eine echte und kuriose Augenweide und erinnert an eine Welt zwischen „Metropolis“ und Hundertwasser. Eine Kulisse wie ein Gemälde.

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                  • 3 .5
                    YupYum 15.05.2023, 21:29 Geändert 16.05.2023, 00:30

                    Weil das Baugewerbe den Wald bald umgraben wird, um schicke Neubauten darauf zu errichten, könnte die Leiche von Elsie unverhofft auftauchen, die Nathan mit seinem Kumpel Bob vor drei Jahren mal im Boden nach biologischen Richtlinen entsorgt hatte. Das ist insofern blöd, weil Nathan inzwischen die Schwester Holly des damaligen Opfers geheiratet hat.

                    Unglaublichwürdiger Krimiplot, null Spannung, Pseudo-Mystery, nervende Musik und Schauspiel auf besonders bescheidenem Niveau: Vor allem Russel Tovey‘s britische Dumpfbacken-Mimik (gepaart mit seinen Segelohren), mit derer er lügt, vertuscht, verdutzt aus der Wäsche schaut, peinlich berührt ist, unbeholfene Sätze stammelt oder was auch immer, nervt selten bad. Sein Kumpel Bob, der aussieht als wäre er grad von einem Trash Metal-Konzert gekommen, ist höchstens plakativ und künstlich „creepy“. Das Polizeiverhör und die Recherchen sind zum Lachen doof, und wiederum ist die zuständige Officer eine Freundin seiner Frau Holly! Ja, so klein können Welten sein…

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                      YupYum 14.05.2023, 21:15 Geändert 15.05.2023, 23:02

                      (Kurzkommentar:)
                      Trotz stimmigem Zeitkolorit, toller Ausstattung, multinationaler Sprache und viel szenischer Abwechslung, seltsam trockene Geschichtslektion, die ihre Authentizität schon zu Beginn selbst anzweifelt und ohne nennenswerte Hohepunkte routiniert vor sich hinplätschert. Nach drei Stunden ist man jedenfalls erschlagen. Das Biopic „Carlos - Der Schakal“ (2010) ist weder lang- noch kurzweilig, sondern irgendwo dazwischen, was keine dramaturgische Glanzleistung ist - immerhin ist es historisch interessant, über den Terrorismus in Deutschland vor der RAF wusste ich selbst auch nicht viel. Leider haben solche Figuren wie Illich Ramirez Sánchez immer das Potential von Massen später blind vergöttert zu werden, bei meinem kürzlichen Spanien-Besuch werden z.B. T-Shirts mit der grinsenden Fresse von Pablo Escobar an jeder Ecke an Touristendeppen verdealt.

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                        YupYum 13.05.2023, 23:23 Geändert 19.05.2023, 12:42

                        Ginger und Rosa sind beste Freundinnen und unzertrennlich (gemäss Film-Info). Sie leben im London zu Beginn der 60er Jahre, in dem die Unruhe des Kalten Krieges auf die Spannungen der Sexuellen Revolution treffen. Die beiden Mädchen halten stets zusammen, auch als Ginger immer mehr Zeit auf ihr politisches Engagement verwendet und über den Kalten Krieg zu schreiben beginnt. Als Rosa sich schliesslich auf eine Affäre mit Ginger‘s Vater Roland einlässt, droht ihre tiefe Freundschaft zu zerbrechen.

                        Zuerst mal ist „Ginger & Rosa“ nur ein Titel mit Programm - es ist vor allem Ginger alleine, alias Elle Fanning, und ihre alles dominierende One Girl-Show, Rosa hingegen („introducing“ Alice Englert) ist kaum präsent. Warum die beiden adoleszenten Mädchen für einander so „unzertrennlich“ empfinden, ist kaum ersichtlich und nachvollziehbar - es ist einfach das vorgegebene Storyboard. Ginger selbst soll als besonders clever, smart und sensibel charakterisiert sein, bei jeder dritten Einstellung kullert ihr auch inflationär ein künstliches Tränchen über das rosa Bäckchen herunter - Rosa ist lediglich das für die Geschichte notwendige Perma-Beigemüse.

                        Ausser einem hingestellten, alten Gasherd ist nichts hier Sixties - es ist eher der erwachsen gewordene Punk-Spirit (andauernd bis ins Heute) von Leuten jenseits der 50, der sich hier in der bigotten Variante bemerkbar macht (z.B. in Annette Benning‘s Kurzhaar-Lesbian-Haircut - undenkbar für 1960). Alles ist ideologisch und politisch korrekt, auch die konstruierte Tatsache, dass Ginger‘s Vater Roland irgendwann diese blutjunge Rosa flachlegt - ungewollte Schwangerschaft obligatorisch. Ja, Männer sind nämlich echte Schweine, da haben wir es ja wieder! Und diese Zutaten ergeben schlussendlich die (künstlich herbeigezoomte) Super-Drama-Szene, die dem Zuschauer dann - ach so sehr! - zuzusetzen hat.

                        Mehr als ein Film für angehende Sozialarbeiterinnen und ihren pseudo-feministischen Dozentinnen, die in ihren ewigen ideologie-verbrämten Vorurteilen bestärkt und bestätigt sein wollen, ist Sally Potter‘s „Ginger & Rosa“ (2013) nicht geworden.

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                          YupYum 12.05.2023, 22:20 Geändert 12.05.2023, 22:59

                          (Kurzkommentar:)
                          Schaut man nach einer gefühlten, langen Stunde mal auf sein Display und sieht, dass man erst 35 Minuten hinter sich hat, ist das immer ein alarmierendes Zeichen für die eigens gefühlte Langeweile und dass es einfach nicht vom Fleck gehen will. Alles ist hier nur grau, eintönig und blass: Die Schauspieler, das Szenenbild, die Gähn-Dramaturgie. Für den irischen Stolz und als Geschichtslektion ist das Ausbruchs-Dramödchen auf TV-Niveau „Maze“ (2017) bestimmt ein relevantes Zeitdokument für sie, für den Zuschauer ausserhalb nur dröge und ermüdend.
                          Jetzt aber ein Guiness! 🍺

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                            YupYum 10.05.2023, 21:58 Geändert 11.05.2023, 21:18

                            Dr. Patrick Sumner (Jack O‘Conell), ein unehrenhaft aus der Armee des British Empire entlassener irischer Chirurg, bewirbt sich 1859 in der Küstenstadt Hull als Schiffsarzt auf einem Walfangschiff, um Distanz zu seiner Vergangenheit zu bekommen. Es dauert nicht lange, bis es zwischen dem eher vornehmen und gebildeten Arzt und der teils sehr vulgären Besatzung zu Misstrauen und Reibereien kommt. Als er schliesslich den Cabin Boy Joseph Hannah untersucht, der über starke Bauchschmerzen klagt, stellt der Arzt fest, dass dieser brutal von einem Besatzer vergewaltigt wurde. Am nächsten Tag ist der Junge tot! Gleichzeitig überschattet ein perfider Plan zum Versicherungsbetrug von Schiffseigner Baxter (Theaterschauspieler Tom Cortenay) die Begebenheiten auf offener See: Dieser fordert den Kapitän (Stephen Graham) auf, die „Volunteer“ mitsamt der Besatzung absichtlich havarieren und sinken zu lassen, um die (damalig) fette Summe von £ 12‘000 Pound Sterling einzusacken…

                            Höllisch düster, beklemmend und rau ist diese unglaublich packende BBC-Miniserie, die einem eine Packeis-Odyssee hautnah miterleben lässt. Inspiriert von den Notizen von Schriftsteller Arthur Conan Doyle („Sherlock Holmes“), der zu dieser Zeit ebenfalls als Schiffarzt 🚢 unterwegs war, um persönliche Eindrücke „des echten Lebens“ zu gewinnen. Weiter ist Charles Dickens und Melvilles‘ „Moby Dick“ eine Inspiration, genauso schrieb Ian McGuire dieses Buch: Spannend und brachial, aber literarisch hochwertig.

                            Man hätte auch mit Dutzenden Greenshots arbeiten können, sagte er, stattdessen nahm Director Andrew Haigh lieber eine echte Fregatte und gefilmt wurde auch auf eisiger See bei der Spitzbergen-Inselgruppe. Diese Authentizität merkt man der Drama-Serie auch immer an. Die dadurch voll geforderten Schauspieler sind allesamt top-charakterisiert: U.a. auch Colin Farrell als Harpunier Henry Drax, der weder ein Gewissen hat, noch seine Emotionen kontrollieren kann - dieser ist so unglaublich creepy und unberechenbar, dass er für echtes und wiederholtes Schaudern sorgt.

                            Fazit: In „The North Water“ (2021) kommt alles für den perfekten und ausweglosen Crime-Cocktail zusammen, mal auf engstem Raum, mal in den Weiten des Meeres und der arktischen Eiswüste: Psychothrill, fatale Dynamiken, Denunziationen, Egoismus, Raubbau und Tierquälerei, Surviving, Lüge und Verrat - atmosphärisch unglaublich dicht umgesetzt.
                            Absolute Empfehlung!

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                              YupYum 08.05.2023, 23:34 Geändert 09.05.2023, 00:25

                              Die beiden Freunde Bill Haskell (Richard Madden) und Byron Epstein (Augustus Prew) verfallen Ende des 19. Jahrhunderts dem Goldrausch und ziehen ins Yukon-Territorium nach Dawson City, Grenze Kanada zu Alaska. Die ersten Probleme und Abenteuer lassen nicht lange auf sich warten; die beiden haben mit harten Umweltbedingungen, Wölfen, Indianern und skrupellosen Spekulanten und sonst gierigen Stadtbewohnern zu kämpfen. Dramatisch wird es für Bill, als Byron von einem Unbekannten erschossen wird und er sich seinen Claim mit der schönen Geschäftsfrau Belinda Mulrooney (erhaben: Abbie Cornish) teilen muss.

                              An der Goldgräber-Saga „Klondike“ (2013; based on true events) gibt es kaum was auszusetzen: Abwechslungsreich-dichte Dramaturgie, ein Drehbuch, das immer neue Überraschungen im Köcher bereithält, kurzweilige Edel-Dialoge in rauem Amerikanisch, wohldosierte Melodramatik, authentische Ausstattung, historische Relevanz, schöne Landschaftsbilder, gemeine Lumpensäcke und wenige, aber dafür tolle Frauenrollen. Drei Folgen à 90 Minuten ist ein toll gewähltes Zeitformat einer (fast) makellosen Mini-Serie.

                              Geschäftsfrau und Hotelière Belinda Mulrooney, Superintendent-Polizist Sam Steele, Spekulant Soapy Smith, Pater William Judge, Freund Joe Meeker und Autor Jack London sind historische Figuren.

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                                YupYum 08.05.2023, 22:03 Geändert 09.05.2023, 00:54

                                (Kurzkommentar:)
                                Wenn Michelle Monaghan wiedermal in einer Rolle als toughe Braut zu sehen ist, ist das bei mir jedenfalls schon mal die halbe Miete. Trotzdem: Director Sophia Banks geht es anscheinend nur darum, kernige Action im Wüstenbunker zu realisieren - wer auf solche steht, ist denn bei „Black Site“ (2022) auch voll bedient. Wer hingegen Anspruch an eine einigermassen interessante und plausible Story gepaart mit der hat, ist hier von vornherein fehl am Platz. Jason Clark kann zwar böse aus der Wäsche gucken, aber den Superlative-Terroristen nahm ich ihm nicht ab. Und über die groben Ungereimtheiten und Blindflüge im Drehbuch muss man hier aber super-generös hinwegsehen!
                                PS: Das Ende deutet (oder besser: droht) eine Fortsetzung an…

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                                  YupYum 07.05.2023, 23:38 Geändert 08.05.2023, 00:11

                                  Auch das Arthouse-Publikum sieht hin und wieder gern mal echten Sex & Crime mit abgestürzten Junkiebräuten, kaputten Hurensöhnen und hysterisch-aggressiven Frauen oberen Alters - das hilft ihnen dazu, sich in ihrer eigenen distinguierten Welt besser zurechtzufinden.

                                  In fünf Episoden sehen wir also allerhand befremdliche Handlungen merkwürdiger Leute, denen fast allen Mitgefühl bis Mitleid vom Zuschauer auf sicher ist: Eine (sexuell) verunsicherte Toni Collette bei einem Date mit einem simpel gestrickten Giovanni Ribisi, eine keifende und ans Bett gefesselte Rabenalte (Piper Laurie, „Carrie“), eine in der Gerichtsmedizin arbeitende Rose Byrne, die in den Augen ihrer Mutter den Familiensegen stört, die Mutter (Marcia Gay Harden) des titelgebenden Opfers, die auf eigene Faust recherchiert und auf Blackgirl Kerry Washington stösst, die Blowjobs für wenig Geld macht und das Vokabular der Gosse spricht. Und schliesslich treffen wir das Opfer (Brittany Murphy) selbst, die ihr primitiver Lover (Josh Brolin) mit Schimpf und Schande entlässt.

                                  Besonders sei aber Episode drei erwähnt: Hier macht eine frustrierte Frau Ende der fünfzig (Mary Beth Hurt) ihrem Ehegatten das häusliche Leben mit ihren Schimpftiraden buchstäblich zur Hölle. Ich hatte doch zeitlebens einige Einblicke in solch ähnliche Haushalte (auch familiär): Es ist mir immer wieder aufgefallen, dass es viele Männer gibt, die gerne eine Flasche Wein 🍷vor sich auf dem Küchentisch haben, nur dass sie das Weibsbild noch ertragen, dass sie mal vor einer Ewigkeit geehelichtet hatten. Die denken sich einfach, solange die noch gut kochen kann, soll die doch reden was sie will, ich höre es schon gar nicht mehr…

                                  Gemäss Drehbuch soll sich hier also das Stelldichein dieser Schauspieler/innen dann in „The Dead Girl“ (2006) zum schnittigen Ganzen verweben. Aus soziologischer Sicht ist das bestimmt interessanter denn aus kriminalistischer, es sei denn, man kann mit diesem Arthouse-geschwängerten Voyeurismus auch etwas anfangen - und ich eben herzlich wenig, denn auch hier ist die Intention wieder „vorsätzlich runterziehen“.

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                                    YupYum 07.05.2023, 00:13 Geändert 07.05.2023, 01:00

                                    (Kurzkommentar:)
                                    Knochentrockene Geschichtslektion auf zwei Ebenen mit Judi Dench in einer ihr typischen Rolle, die sie nicht wirklich mehr als routiniert abspult. Sophie Cookson als junge Joan ist denn auch nicht Ingrid Bergman, und über den Schrecken von Hiroshima gibt es filmisch auch weitaus besseres. Emotional weiss einem das Historiendrama „Red Joan“ (2018) nicht wirklich abzuholen. Lieber wiedermal „Philomena“ (2013) anschauen, in dieser tollen Aufarbeitung war dann die grosse Judi echt Klasse!

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                                      YupYum 05.05.2023, 22:20 Geändert 08.05.2023, 00:40

                                      Es gibt schon Dinge im Leben, die einem so derart unfassbar erscheinen und erwischen, dass man denkt, man müsse sich nun möglichst angestrengt konzentrieren, sich winden und kneifen, und der böse Alptraum ist dann endlich zu Ende:

                                      Die Langeweil-Möchtegern-Westernpersiflage „Damsel“ (2018) ist in jeder Hinsicht so brutal lächerlich, idiotisch und von archaisch schlechter (Anti-)Qualität - von der Dramaturgie her, dem unglaubwürden Szenenbild, den unbeholfenen „Action“-Einlagen, den nicht endenden Leerläufen (wo schlicht gar nichts passiert), der unfreiwilligen Komik, der „Geschichte“ schlechthin und dem nicht fassbaren, desaströsen Schauspiel (ja, trotz der beiden Namen!): Das alles hätte die sechste Primarschulklasse zum Abschluss-Elternabend 1000-fach besser hinbekommen, wie Pattinson (ist nach 60 Minuten eh vom Erdboden verschluckt, hat davor gar noch eine Gesangseinlage zu bieten!), Wasikowska (mit völlig lächerlichen Wannabe-„Toughness“ und krummem Gewehrlauf) und Zellner (der nicht mehr als unbeholfe Sätze leiern kann) - und „Smoking Guns - Nicht jede Braut will gerettet werden“ (deutscher Kreativ-Titel) ist denn auch nichts anderes als ein (schlecht verfasstes) Schülertheater auf der Wiese, ohne die Kleinen mit dem Vergleich etwa noch unnötig beleidigen zu wollen!

                                      Tiefer wie das hier, geht es wirklich nicht mehr. Ergebnis: Eine glatte Eins!

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                                        YupYum 04.05.2023, 23:02 Geändert 07.05.2023, 23:52

                                        Unsagbar langwieriges, hoffnungsfreies und einspuriges Soziogramm mit dem üblichen Kunstkino-Anspruch (und seinen visuellen Gadgets) voller Langweil-Klischees - vollgestopft ausschliesslich mit unsympathischen, gewalttätigen, psychosomatisch kranken, sadistischen, nekrophilen, sex- und saufgeilen Minderbemittelten, mit der ein Junge aufzuwachsen hat, nur um als Erwachsener dann ein gleiches heterosexistisches A-Loch zu werden. Der einzig Nette im Bunde zu ihm ist noch ein angedeuteter Pädosexueller - sämtliche Erwachsene sind eh überzeichnet und eindimensional charakterisiert. Dazu immerzu die alternierend gleichen szenischen Eintönigkeiten des vom Kohlerauch durchzogenen 60s-Ruhrgebiet - gähn!

                                        Besonders vermerkt seien noch die grausamen Cello- und Geigenklänge und ein völlig unpassender Pseudo-Proll-Punk-Song des Schäm-Soundtracks. Ein eigentlich interessantes Thema als Sinfonie in Grau zum ausschalten serviert!

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                                          YupYum 03.05.2023, 17:30 Geändert 04.05.2023, 00:07

                                          Buchhalter Jonathan (Ewan McGregor) prüft gerade wiedermal die Finanzen einer shiny Firma in N.Y. und macht dabei seine nächtlichen Überstunden, als der smarte Anwalt Wyatt (Hugh Jackman) seinen Weg kreuzt und den komplett in Arbeit vergrabenen jungen Mann an das Leben ausserhalb des Zahlendschungels erinnert. Denn so eine Haschtüte zusammen lockert auch gleich mal die Stimmung etwas auf. Fasziniert entdeckt Jonathan auf Wyatts Anregung eine schillernde Sexclub-Subkultur reicher Swinger, die sich anonym in Edelhotels treffen. Bedingung: Keine Namen, keine (Business-)Talks, keine groben Sachen. Doch als dann zufällig die geheimnisvolle S. (Michelle Williams) zu einem dieser Sex-Treffen auftaucht (der Jonathan schon zuvor in der Subway kurz begegnete), ist es um den biederen Buchprüfer geschehen: Er kippt die Regeln kurzerhand über Bord und wickelt sie in ein Gespräch ein. Ein folgenschwerer Fehler…

                                          „Deception - Tödliche Versuchung“ (2008) ist eigentlich ein verdammt schnittiger Thriller voller toller Noir-Elemente geworden: Meistens ist es hier Nacht in der Metropole und von Frank Sinatra wissen wir auch, dass die Stadt niemals schläft. Dass in dieser Business-Hochglanz-Welt exzessiv anonymen Sex praktiziert wird, passt vollends zur kalten Grundmentalität dieser New Yorker (köstlich, wie plötzlich noch Charlotte Rampling mit ihrem Dackelblick und Zigarette zu einem Treffen aufkreuzt und Ewan sie später auf der Titelseite des Forbes-Magazine als „Belle of Wallstreet“ wiedererkennt - ja, auch Geld und Macht bedeutet nämlich Erotik!). Personen verschwinden hier und tauchen unverhofft wieder auf, Michelle bringt das perfekte Hitchcock-Blond mit, eine Prise „Fenster zum Hof“ gibt’s auch. Zudem liebe ich einfach so genial eingefädelte Täuschungsmanöver und Intrigen, in die Ewan hier gerät.

                                          Die eiskalten Hochglanz-Bilder der Nacht von Dante Spinotti sprechen eine geniale, unterminierende Sprache: Schicke kühle Appartements und Hotelrooms, Neon-Bars und Nightclubs, anonyme Metrostationen und -fahrten, Häuserfassaden mit tausenden von Fenstern und vorallem endlose Gänge in allen Variationen - „Miles Of Aisles“, wie es Joni Mitchell schon sang. Die schwirrenden Soundtack-Synth-Flächen von Ramin Djawadi ergänzen diese Impressionen in perfekter Symbiose.

                                          Vergessen Sie bitte wiedermal alle Miesmachereien in den Comments hier von wegen „ist ja sooooo leicht vorhersehbar!“ dieser klugscheisserischen Smartasses hier: Dass Ewan am Schluss wieder auftauchen wird, ist ja klar, nicht aber den genialen Griff WIE er alles dann noch dreht. „Deception“ blieb der einzige Film des Schweizers Marcel Langenegger. Er starb 2015 mit nur 48 Jahren - Todesursache unbekannt.

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                                            YupYum 02.05.2023, 16:40 Geändert 02.05.2023, 17:12

                                            „The Mallorca Files“ (2019) ist eine britische Polizei-Krimi-Fernsehserie, die von Dan Sefton erfunden wurde und auf der spanischen Insel Mallorca spielt. Die Rollen der Ermittler werden von Elen Rhys und Julian Looman gespielt. Normalerweise ist jede Folge in sich abgeschlossen, sie ist also ein sogenanntes „Procedural Drama“.

                                            Warum nur zu Hause im grauen London drehen, wenn man auf der schönen Baleareninsel nach Feierabend sich an der Beach 🏖️ relaxen, auf Arbeitszeit Sonne tanken und mit der Crew abends süffigen Albariño schlürfen kann? So und nicht anders kann man die Beweggründe deuten, warum es diese überflüssige Serie mit ihrem völlig unsympathischen Ermittlerduo, ihren Langweil-Fällen und der grottigen Synchro überhaupt gibt, um die Zuschauer zu ärgern. Serien, die keine Geschichte über mehrere Folgen zu erzählen haben, empfinde ich eh als Zeitverschwendung, und diese hier ist einer BBC einfach nicht würdig.

                                            Meine Grossmutter Marlies, die während dem Krieg von Nürnberg nach Bern übersiedelte und so vor Hitler floh, hätte sich ab „The Mallorca Files“ wohl total geärgert - die war nämlich ein anbsolter Krimifan und Serienjunkie! Keine Folge von „Derrick“, „Der Alte“, „Matula“ oder „Tatort“ verpasste sie damals, und wenn sie zufällig grad mal Gäste hatte, für die sie ihre exzellenten Nürnberger Aufläufe im Ofen brutzelte, sagte sie denen auch schon mal: „Kommt, nehmt mal den Teller mit hinüber, jetzt schaunwer uns den Derrick an!“

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                                              YupYum 01.05.2023, 21:52 Geändert 02.05.2023, 10:57

                                              „No way can I become a snitch, a grass, a chivato, a stool pitching, a squealer, a rat, a traitor, wrongan, a betrayer, a Judas…“

                                              Howard Marks (Rhys Ifans, sieht hier aus wie Noel Gallagher von der Brit-Proll-Band Oasis), Student der Philosophie und Physik am Balliol College in Oxford, lernt gleich dort bei seinen Studi-Kollegen ziemlich schnell die Freuden von Sex, Hasch und Rock’n’Roll kennen. Was mit kleineren Schiebenreien beginnt, beflügelt seine Karriere durch Rafinesse und Zufälle bald zum größter Drogenschmuggler in der Geschichte Großbritanniens. Unter Nutzung diverser falscher Identitäten, zum Beispiel unter dem Decknamen Mr. Donald Nice, schmuggelt er Marihuana und Haschisch aus und in die ganze Welt. Nebenbei hilft er dem MI6 gegen die Mafia und die IRA, und dieses Doppelspiel bewahrt ihn immer vor dem Gefängnis - doch bei den Amis zieht diese Masche jedoch nicht, denn symbolisch verkündet die erzkonservative First Lady Nancy Reagan schon ihr berühmtes „Say No To Drugs!“ im grossen Krieg den Drogen am TV…

                                              „Mit Hasch im Kampf gegen das Spiessbürgertum“, könnte etwa das Motto dieses britischen Freak-Movies handeln. Zu Beginn ist das im Film auch detailliert und mit Liebe geschildert und dementsprechend toll ausgestattet, so schön drug-colour-mässig in Szene gesetzt (mit Einwebung der ganzen kulturgeschichtlichen Relevanz der 60s) und auch ziemlich absurd schräg und komisch inszeniert (besonders der Abstecher nach Irland zu seinem IRA-Kumpel David Thewflis): Kurz, der Einblick in die swingenden Sixties mit der musikalischen British Invasion und Carnaby Street ist ziemlich gelungen.

                                              Doch ja länger der Film andauert, je weiter lässt er nach. Rhys Ifans‘ permanent non-chalante Art beginnt irgendwann zu nerven, charakterlich wird ihm keinen einzigen Fehler attestiert. Obwohl er auf dem Höhepunkt seiner Dealer-Karriere viel Geld hat, verstrahlt das kaum Glamourösität trotz Cars, Pools und Girls. Der Film verliert sich in Unwichtigkeiten und die Story wird so fahrig, dass sie einem immer weniger zu interessieren vermag. Auch wenn die Dialoge auf hohem Niveau sind, wirken sie auch bemüht. So merkwürdig es klingen mag, aber der Ehrgeiz-Scientologe Tom Cruise fand ich in seiner (ähnlichen) Rolle als Barry Seal (2017) um einiges spassiger.

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                                                YupYum 01.05.2023, 21:51 Geändert 01.05.2023, 22:11

                                                Michelle Williams besitzt ein Reinvermögen von geschätzten 30 Millionen Dollar plus - und ähnlich wie Schauspielmillionärs-Kollegin Frances McDormand, fand auch sie es schick, mal so voll eine Outlaw und Obdachlose zu spielen, die auf der Durchreise mit ihrer malträtierten Karre nichts besseres zu tun weiss, als die Leute vor Ort zu nerven. Ähnlich wie unsere verwahrlosten Wanna-Be-Punks, die den ganzen Tag beim Hauptbahnhof herumlungern, Dosen-Bier saufen, rumrülpsen, Leute anpöbeln und diese ohne Ende um Geld „schlauchen“ (=schweizerdeutsch für aufdringliches Anbetteln), verhält sich auch diese Wendy hier: Sie ist ihr eigener Makrokosmos und die Leute haben sich gefälligst ihr anzupassen. Vermissen tut man vor allem eines bei ihr: Nämlich ein Minimum an Anstand oder ein gewisses Mass an Manieren. Und ein ungepflegter Hund („Lucy“) ist immer auch vorhanden, auch bei denen bei uns am HB: Haben alle dort auch so einen, weil das mehr Sozialhilfegeld miteinbringt.

                                                Dieser Film mit seiner Minimal-Dramaturgie ist eine derart prätentiöse Angelegenheit, weil er voll darauf abzielt, beim unbedarften Zuschauer ein schlechtes Gewissen zu verursachen. Er will sich anscheinend selbst als radikale Kritik am Kapitalismus verstehen: Ich bin ja sicher nicht Fan von irgendwelchem neo-liberalem oder libertärem Gedankengut oder Idealen, nur weiss ich einfach beim besten Willen nicht, was denn besser sein soll, als eine soziale Marktwirtschaft in einer funktionierenden (direkten) Demokratie. Alle anderen planwirtschaftlichen Experimente - das zeigte uns die Geschichte - führten unmittelbar zu Zuständen und Menschenrechtsverletzungen, wie wir sie heute aus Ländern wie Russland, China, Venezuela und Nordkorea her kennen oder zu ähnlich gelagerten Gottesstaats-Diktaturen. Und darauf kann ich einfach gerne schön verzichten!

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                                                  YupYum 29.04.2023, 23:31 Geändert 30.04.2023, 15:44

                                                  „Last time I was here you said you‘d tell me something. You said you‘d tell me about… spooning…“

                                                  Der 12-jährige Leo (Dominic Guard, war hier schon 15) verbringt den Sommer 1900 bei der wohlhabenden Familie Maudsley seines Schulfreundes Marcus auf deren feudalen Anwesen in Norfolk. Leo schwärmt insgeheim schon bald in kindlicher Manier von Marcus' älterer Schwester Marian (Julie Christie). Doch Marian, die eigentlich dem Adligen Trimingham versprochen ist, führt heimlich eine Affäre mit dem ruppigen Farmer Ted (Alan Bates). Marian und Ted schreiben sich versteckt Verabredungsnotizen und spannen Leo als heimlicher Überbringer und Postboten dieser ein. Doch irgendwann riecht die keifende, alte Mom Maudsley davon Lunte und mit der ist weiss Gott nicht spassen! 50 Jahre später treffen sich Marian und Leo noch einmal…

                                                  Nach der klassischen Novel von Leslie Poles Hartley, die 1953 erschien, haben wir also die daraus erfolgte, ebenso strenge britische Verfilmung „The Go-Between“. Als Fan des 60s-Brit-Kinos und Alan Bates musste ich da halt mal durch. Bei den Comments fällt mir auf, dass einige Leute den Film von Anfang zu Ende schildern - und man kann nicht mal von „spoilern“ reden: Denn der Schluss und eigentliche Clou dieses Dramas ist so diffus erzählt, dass sie alle wahrscheinlich danach mal auf Wikipedia gingen, um zu lesen, um was es hier eigentlich genau ging.

                                                  Wären hier zudem keine Jugendlichen mit dabei, wär das alles eine recht staubtrockene Angelegenheit geworden mit diesen stocksteifen Upperclass-Brits der Belle Epoque. Ellenlange Dinier- und Cricketspielszenen 🏏 verlangen viel Durchhalten beim Zuschauer, denn eine schöne Landschaft und erlesene Kostüme sind nicht alles. Obwohl der schlaue Leo für Marian Gefälligkeiten erweist, fährt die dem Jungen mal ganz schön an den Karren, als der mal kleinlaut Zweifel an der ganzen Sache hegt: „What are you talking about? You come into this house as our guest. A poor little nothing out of nowhere! We feed you, cloth you, make a big fuss about you!“ Diese Szene hatte mir doch recht abgelöscht: Zuerst Dienste der noblen Dame erweisen und dann als Dank noch eine Blöde kassieren, hey! Julie Christie ist denn auch wirklich nicht eine Lieblingsschauspielerin von mir. Ted wiederum will Leo nichts über Sexualität erklären, obwohl der natürlich in seinem Alter mal wissen möchte, was „spooning“ eigentlich genau ist.

                                                  Viel wird auch in den Film hereininterpretiert: Als die Maudsleys Leo in ein grünes Sommerkostüm stecken, meinte ein User: „Grün aha, die Farbe des Neides, da haben wir’s ja, das passt ja zum „eifersüchtigen“ Leo!“ Ich dachte zwar immer, Grün sei die Farbe der Hoffnung und dafür Gelb die Farbe des Neides und der Missgunst, und ich mag die Farbe Gelb dennoch sehr gern. Kurz: Wer nicht Hard-Die-Fan von Kostümfilmen und klassischen Literaturverfilmungen ist, muss nicht zwingend Joseph Losey‘s „The Go-Between“ (1971) sehen. Und der Ausdruck „spooning“ war auch mir bisher unbekannt!

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                                                    YupYum 29.04.2023, 22:11 Geändert 30.04.2023, 02:54

                                                    (Kurzkommentar:)
                                                    Ich habe die Serie ziemlich schnell abgebrochen, da mir die Dramaturgie hier völlig holprig vorkam, die Schauspieler waren wir mir allesamt unsympathisch (der alte Chauvi, die keifende Ehefrau, die blöd-verwöhnte Tochter), Dialoge fand ich grottig, das Szenenbild eintönig, und das Thema „Promi beschuldigt wegen Vergewaltigungen“ finde ich mittlerweile recht abgelutscht. Vielleicht habe ich ja was verpasst, aber ich bezweifle es nichtsdestotrotz. Vielleicht können Sie mich ja wirklich noch eines besseren belehren, dann telefonieren Sie doch zu Bürozeiten meiner Sekretärin.

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