YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

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    YupYum 26.03.2023, 21:43 Geändert 27.03.2023, 03:02

    „A murder is not going to get solved if the police doesn’t want it to.“

    Los Angeles, mit Rückblende 1997: Der ehemals hoch angesehe LAPD-Detective Poole (Johnny Depp, ungewöhnlich seriös) soll den Mord am berühmten Rapper Notorious B.I.G. - und damit auch verknüpft - den an Tupac Shakur, kurz davor, aufklären. Dabei ahnt der Zuschauer schon, dass Poole eigentlich den Dienst schon länger frustriert quittiert hatte. Hilfe bekommt er dabei vom Journalisten Jackson (Forest Whitaker). Dabei kommen sie einer Verschwörung auf die Spur, die das LAPD selbst zu betreffen scheint.

    Hip Hop gefiel mir eigentlich nur in den 80er-Jahren, wie ihn Malcolm McLaren 1982 quasi auf den Strassen der Bronx auflas - damals hatte das Genre noch echten Hand-Made-Charme. Dann in den 90s startete Public Enemy zum Golden Age durch, und es definierten Protz, Klotz, Gangsta-Crap und Kohle alles, und die Accessoires waren fette Schlitten, schwere Goldketten und nackte Titten. Und die East und West Coast wurden so rivalisierend, dass in der Folge auch solche Morde nicht mehr selten waren.

    Das alles, und die seit jeher dubiose Rolle des involvierten LAPD thematisiert nun dieser Film, der auf einem Buch basiert, und schon zuvor in einer Serie abgehandelt wurde: Mit schnellen Schnitten, nervösen Bilder und ultra-hektischen Szenenwechsel wird diese Investigaton zur ziemlichen Tortur für den Zuschauer. Kaum Inside-Views in die örtliche Hip Hop-Szene werden gezeigt, ein roter Faden vermisst man gänzlich, die unzählig auftauchenden Namen von Beteiligten sorgen für weitere Verwirrung, Emotional bleibt alles frostig distanziert und Spannung geht ganz verloren - es erschlägt einem hier buchstäblich.

    Eigentlich erstaunlich für einen Director wie Brad Furman, von dem man mit Filmen wie „The Inflitrator“ (2016, mit Bryan Cranston) oder „Der Mandant“ (2011, mit Mathew McConaughy) eigentlich weitaus besseres gewohnt ist.

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      YupYum 23.03.2023, 22:43 Geändert 24.03.2023, 14:58

      „Alle Geräusche werden einfach verschluckt. Ein Gefühl, als wären wir auf dem Mond.“

      Zum Wochenendbesuch beim geschiedenen Vater Elliot (Joel Kinnaman), nimmt der die beiden Söhne - den 16-jährigen Bradley (Tom Holland) und den ca. 12-jährigen Caleb (Percy Hynes White) - zum Ausflug per Offroader in die kanadischen Winterwälder mit, wo er ihnen das Hantieren mit dem Schiesseisen beibringen will. Durch ein Versehen bleibt die Karre auf dem Rückweg im Schnee stecken, Bergungsversuche zwecklos. Am nächsten Morgen beschliessen die drei dann, eine nahegelegene Waldhütte aufzusuchen. Dort werden sie schliesslich von zwei Jägern aus Quebec überrascht…

      Was hier wie ein klassischer Survivalthriller beginnt, wird immer mehr zum ausweglosen Psychothriller, denn schon früh merkt der Zuschauer, dass der olle Alte (der seine Kinder schnell mal als „Weicheier“ beschimpft und zur klassischen toxischen Männlichkeit erziehen will) nicht alle Tassen im Schrank hat. Begleitet von unheilvollen und monotonen Soundtracktupfern, lebt der kleine und fiese Film „Edge Of Winter“ (2016) von den Geschehnissen und Überraschungen im kleinen Detail und generiert so ein tolles Gros von Spannungsmomenten. Die jugendlichen Schauspieler acten dabei sehr natürlich, und auch das (angedeutete) Grauen verleitet sie niemals annähernd zum Overacting. Hauptdarsteller bleibt jedoch die verschneiten Weiten der Region rund um Ontario. Das Loch im Drehbuch am Ende sei mal grosszügig verziehen, denn es ändert nicht wirklich was am durchaus positiven Gesamteindruck dieser kanadischen Miniature.

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        YupYum 23.03.2023, 18:05 Geändert 24.03.2023, 15:14

        Hach, wie ich sie liebe: Diese tollen Miniserien, die eine Geschichte immer unter zehn Episoden zum Abschluss bringen, ihren Charakteren die nötige Zeit zur Entfaltung lassen und verschiedene Aspekte ihres Backgrounds beleuchten, sich viel Zeit für Psychologie nehmen, menschliche Abgründe nicht nur streifen, sondern richtig in sie eintauchen - und die von der Dramaturgie her so tiefgründig spannend gemacht sind, dass man ganze Frei- und Feiertage allein mit ihnen verbringt. Serien hingegen, die sich in endlosen Staffeln verlieren, sprachen mich noch nie an, ebensowenig wie Filme mit unzähligen Sequels. In der selben Art gefiel mir schon „Mare Of Eastown“ (mit Kate Winslet), „Big Little Lies“ (mit Nicole Kidman) und halt auch der Beginn der langen „Narcos“-Serie, wie sie Escobar thematisierte.

        „True Detective, Season I“ (2014) ist schon von daher ungewöhnlich, dass alle Episoden von den immer gleichen zwei Personen directed, geschrieben und natürlich konzipiert wurde (Nic Pizzolatto und Cary Joji Fukunaga). David Lynch gab nach dem Pilotfilm seine abgekultete „Twin Peaks“-Serie (1991) wie üblich ebenso schnell in fremde Hände - die Serie also, die viele Kritiker als eigentliches Vorbild von „True Detective“ empfanden, spielte auch dort der Themenkomplex Auteurismus (von Autor) eine tragende Rolle. Colin Robertson von „The List“ sagte, beide Shows würden generische Krimidrama-Klischees herausfordern und „die Genrekonventionen eines Mysteriums im Krimistil als sublim subversiv verwendendetem Sprungbrett, und beide würden von dort abspringen, um eine umfassendere Geschichte zu erzählen."

        Die Mystik und das Okkulte spielt eine tragende Rolle. Der wichtigste Einfluss für Creator Pizzolatto war wohl Robert A. Chambers’ Kurzgeschichten- und Gedichtesammlung „Der König In Gelb“ und die damit verwendete „Carcosa“-Allegorie. Ihre wiederkehrende Verwendung als Motive in der gesamten Serie und ihre symbolische Verwendung von Gelb als thematische Signatur, die Wahnsinn und Dekadenz bedeutet. Pizzolatto wurde beschuldigt, Thomas Ligotti plagiiert zu haben, weil die Zeilen in „True Detective“ und der Text aus seinem Sachbuch „The Conspiracy Against the Human Race“ (2010) sehr ähnlich sind - Anschuldigungen, die Pizzolatto bestritt, nicht aber deren Einfluss.

        Das Motiv, dass sich zwei charakterlich nicht unterschiedlichere Detektives hier bei einer Investigation zusammenraufen müssen und sich dann doch durch die Diametralität seltsam ergänzen, ist nicht neu. Der eine, Marty (Woody Harrelson) ist Rationalist und getragen von ständigen Affären und gleichzeitigigen moralischen Doppelzügigkeiten (man vergleiche die Szene, wie er die Liebhaber seiner Tochter behandelt), beziehungsweise die Frau als sein ständig wechselndes Abbild von Heiliger oder Hure. Der andere, Rust (Matthew McConaughey), zelebriert seit dem Unfalltod seiner Tochter und dem Verlust seiner Frau den philosophen Pessimismus: McConaughey ist wieder voll in seinem Element hier, was das notorische Kettenrauchen und Schnaps saufen ohne Ende bedeutet, und man fragt sich schon, wie man mit soviel intus noch klare Ermittlungen, geschweige denn so harte Polizeieinsätze führen kann, wie sie dann in Episode vier und fünf gezeigt werden:

        Denn hier tauchen wir dann also erstmals in die Abgründe wahrlich ein - erst manifestiert durch eine Lokalität einer rechtsextremen Brutalo-Biker-Gang, dann gleich bipolar per Boot ins Stashhouse (Drogenlabor) von „Nigger-Abschaum“. Hier setzt die Serie Massstäbe in Form von hypnotischer Spannung, als Zuschauer taucht man wie gelähmt in diese Bilder eines Rausches der Nacht ein. Und trotzdem sind alles ja alles nur Rückblenden, während die mittlerweile zerstrittenen Investigatoren selbst getrennt verhört werden. Ja, es ist kompliziert. Kritiker warfen Pizzolotta denn auch massive Holprigkeiten im Drehbuch vor, da er selbst bis dato kaum Erfahrungen im Breich des Teleplays hatte. Ich sehe es anders und bewundere die ganze Homogenität und geschiffene Erzählweise hier. Ich liebe geheimnisvolle Ermittlungen einfach, wenn sie beim Befragten komplette Verwirrung auslösen oder gar in einen Schreikrampf ausarten. Nur die Schlussepisode und Auflösung finde ich leicht verschenkt, und ich erkläre Ihnen auch kurz, weshalb:

        POSSIBLE SPOILER ALERT:
        Die ganze erwähnte und verklärende Symbolik der Mystik, die Hints zu all den evangelikalen U.S.-Freikirchen samt ihren indoktrinativen Privatschulen, das Derivat von Ausführenden von oben zu all den Freaks von unten (wie fanden die nur all diese schrägen Schauspieler/innen hier?) - und dann konkret dieses VHS-Videotape des Grauens - liessen eigentlich den Schluss zu, dass hier doch einige hohe Tiere und Funktionäre ihr Fett wegkriegen werden. Stattdessen kommen wir zum „vernarbten Mann mit den grünen Ohren“, einfach ein weiterer Outlaw im Sumpf von Lousiana, wie zuvor schon dieser blonde Crystal Meth-Brauer „Ledoux“, dem Marty entschlossen das Hirn wegpustete. Ich fragte mich schon, warum so gut zu signalisiertender und in meinen Augen ziemlich minderbemittelter Freak mit seiner Halbschwester so lange so viele Verbrechen vertuschen konnte, und warum Pizzolatto den wahren Mob von oben quasi schonte.

        Trotzdem trübt dieser Fakt meine Begeisterung für diese Miniserie nur bedingt, denn dem ganzen magischen und hypnotischen Sog konnte ich mich in den fast acht Stunden Spieldauer nicht entziehen. Lousiana ist wohl der mystischste aller Bundesstaaten, mit seiner Mischung aus Cajun, Voodoo, Naturkatastrophen und (freikirchelichen) Sümpfen. Zwei Jahre zuvor drehte hier McConaughey quasi schon ein Vorläufer, der exzellente Thriller „The Paperboy“ (2012, mit Nicole Kidman und John Cusak), den ich Fans von „True Detektive“ noch ans Herz legen möchte. Auch hier kämpfte die Crew schon mit den Tücken des Wetters, auch hier musste jeder Drehort zuvor von Wildhütern auf gefrässige Alligatoren und versteckte Giftschlangen untersucht und von ihnen gesäubert werden… Wow!

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          YupYum 22.03.2023, 23:13 Geändert 23.03.2023, 00:42

          Serbien ist zwar eines der wenigen Länder, das mit Ana Brnabic eine offen lesbische Regierungschefin hat. Doch viele Angehörige sexueller Minderheiten in dem Land sehen sich weiterhin mit Tabus, Vorurteilen und auch Gewalt konfrontiert. In einer im Jahr 2020 veröffentlichten Erhebung der Menschenrechtsorganisationen Ideas und Glic berichteten fast 60 Prozent der befragten Angehörigen sexueller Minderheiten von Erfahrungen mit körperlichen oder emotionalen Misshandlungen.

          Die serbisch-orthodoxe Kirche spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung über Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten - unter anderem, indem sie die Pride-Paraden in Belgrad als „Schande" brandmarkte. Bischof Nikanor Bogunovic sorgte zuletzt für Schlagzeilen, als er ankündigte, er werde sämtliche Teilnehmer der Pride Parade „verfluchen". Er bezeichnete Putin als den „heutigen Kaiser unserer Welt", denn in Russland dürften diese Schwulen und Lesben und „Wasimmersiesind" nicht paradieren und das Land verseuchen. Er beklagte sogar, leider keine Waffen zu haben, denn sonst würde er es den „Schwuchteln" schon zeigen. Die Staatsspitze blieb still. Rund 80 Prozent der Serben sind prorussisch eingestellt, Serbien ist das einzige europäische Land, das wegen des Ukrainekriegs gegen Russland keine Sanktionen verhängt hat. Menschenrechte sind Menschenrechte, aber Popularität ist eben Popularität.

          Vor solchem Hintergrund, kann natürlich eine Komödie wie „Parada“ (2011) nur über allen Klee gelobt werden. Im orwellschen Prinzip wurde ein todernstes Thema mit Elementen von Blödelei, Slapstick, Klischee-Zelebierung und Buddyfilm verpackt, um ein Risiko zu minimieren und es irgendwie der serbischen Bevölkerung schmackhaft zu machen. Mit 163’227 Zuschauer/innen wurde der Film dann tatsächlich zum erfolgreichsten in Serbien seit dem Krieg, in Kroatien landete er immerhin auf Platz zwei - der Film hatte also den Nerv der Zeit komplett getroffen. Gesellschaftlich geändert hat sich halt seither kaum etwas.

          Mit fast zwei Stunden einfach erheblich zu lang geraten, bietet der Film wohl derart viele Inside-Elemente, die man als Ausserstehenden der Balkan-Kultur kaum versteht oder nur müde darüber lächeln mag. Hints, die wohl auch nur in der Originalsprache mit all den „Usastas“, „Cetniks“, etc., wirklich pikant erscheinen dürften. Der Grossteil ist hier sowieso reine Blödelei, die irgendwann gehörig an den Nerven zu zehren beginnt. Viel Zeit wird mit Roadmovie-Sequenzen vertrödelt. Das Szenenbild und Kulissen wirken seltsam billig. Der eigentlichen Pride wurden am Schluss dann gerade mal fünf Minuten Playtime gegeben. Der Aufmarsch all dieser Neonazi-Hooligans, die johlen und gröhlen, ihre roten Fahnen dazu schwingen und dann die rohe Gewalt zelebrieren, lässt einem der ganze „Spass“ von zuvor gehörig im Halse stecken. Der pathetische Schluss wirkt dann seltsam konstruiert zum vorhin gesehenen Ganzen. Sympatiepunkte hat der Film sicher ohne Ende verdient, die Umsetzung hinkt leider für mich gehörig hinterher.

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            YupYum 14.03.2023, 00:16 Geändert 14.03.2023, 12:06

            „Where do you wanna go?“ - „I don’t know. And you?“ - „I don’t know either.“

            Niemand verlangt ja, dass ein sogenannter „Rachthriller“ (die eh schon länger inflationär die Kinowelt dominieren) ständig in ein „John Wick“- oder „Atomic Blonde“-Gemetzel ausufern oder nach dem bekannten Schema X, wie wir sie mit Liam Neeson, Mel Gibson oder Gerald Butler her kennen, ablaufen müssen. Davon rettet uns zum Glück ja auch eine Regisseurin wie Lynne Ramsay, die von dem Genre schon eine ganz eigene Vorstellung hat: Die Schottin diktierte uns schon in ihrem „sozialkritischen Werk“ von 2012, „We Need To Talk About Kevin“ (mit Tilda Swinton) von überforderten Eltern und genetisch schon urbösartigen (männlichen) Jugendlichen ihren indoktrinativen Standpunkt im sehr eigenen Erzählstil - und in ihrer jetzigen Vision präsentiert sie uns also den Themenkomplex „persönlich motivierte Rache“ als ätzend gestaltetes, beinahe imaginatives Psychogramm und an den Nerven zehrende Filmkunst.

            Eine sogenannte „Geschichte“ dient demnach auch lediglich vordergründig als Gerüst, um die eigenen Ideen von Kunst und ihrer Gesetzesmässigkeit von Undurchsichtigkeit und Langfädigkeit dem unbedarften Zuschauer mit gehörig abgehobener Arroganz aufzuzwängen und ihn eines besseren zu belehren. Zum Glück kann man diese auf der Hülle vor der Sichtung noch lesen, um nicht ganz den Faden zu verlieren. So schöpft Ramsay denn auch aus dem Vollen und das umstrittene Filmfestival Cannes und die damit geistig gelähmten Intellekt-Journalisten von „The Guardian“ und „The Times“ stimmen gemeinsam in den Jubelchor mit ein, mit Attributen, wie „Genial!“, „Faszinierend!“, „Intensiv!“ oder gar „Taxi Driver des 21.Jahrhunderts“.

            Madame bedient sich also in erster Linie durchgestylten und symmetrisch perfekt abgestimmten Bildkompositionen, versetzt mit allerlei Symbolik und den harten Kontrastschöpfungen der möglichst ästhetisiert platzierten Gegensätzlichkeiten (alles andere ist zweitrangig). Es ist dies in erster Linie Blut, Blut und nochmals Blut, das immer diametral im Kontrast zu hübschen Dingen der Oberschicht (wie feine Einrichtungen, klassische Gemälde, elegante Anzüge etc.) fliesst. Eine zerschossene und blutüberströmte Brille erinnert an Yoko Ono‘s Coverart „Seasons Of Glass“ (1980, nach dem Mord an ihrem Gatten John Lennon). Ihre plakativen Feindbilder sind klar definiert, es sind dies feine Herren an Machtpositionen. Der hingegen verwahrlost aussehende und ebenso emotionsfrei agierende Joaquin Phoenix ist ein Held, und er wird in bester „Beauty And The Beast“-Manier einem blonden, hübschen, blutjungen und ebenso fast stummen Mädchen entgegengesetzt. Überhaupt trifft man in Filmkunst-Ergüssen oft auf den Archetypus Lolita (und latente Jungmädchen-Pseudo-Erotik, wie Unschuldsblick, Finger im Mund, laszive Intonierung etc.), der natürlich als instrumentaliertes Opfer zu fingieren hat, um den Gestzen von politischer und sexueller Korrektheit auch zu entsprechen - dieser Faktor in dieser Art von Filmen dient immer als Mittel der erotisch-ästhetischen Ausbalancierung und agiert demnach nur vordergründig als „ein Opfer“ (das hier ja auch nichts von sich gibt, ausser dem ständigen Flüstern des Namens „Joe“).

            Joaquin Phoenix in der Hauptrolle zu besetzen, ist eben ein weiterer genialer Schachzug von Ramsay - sie weiss, dass der Mann unhinterfragten Kultstatus geniesst und viele Fans alles mit ihm schlucken werden. Und für die eintönigen Soundtrackfetzen ist dann erst noch der Gitarrist der Band „Radiohead“ zuständig und dafür ausgewählt worden - der wohl meist überschätzten Band des Postmilleniums („Wir sind alles wehleidige Bastarde“, sagte Thom Yorke mal prollig-weinerlich in bester Indie-Manier über seine Band auf dem Titel einer abgehobenen Musikpostille.). So werden Zutaten genau abgestimmt, um das Kultsüppchen dem Zuschauer fertig zu servieren.

            Machen Sie sich bitte nicht unnötig Selbstvorwürfe, falls Sie bei „You Were Never Really Here“ (2017) nicht immer ganz bei der Sache waren oder mal geistig - ganz nach dem Motto des Filmtitels - abdrifteten. Trösten Sie sich, wenn Sie nicht alles hier ganz verstanden haben, oft neigen besonders begabte Leute ja dazu, etwas in unerreichte Höhen abzuheben, dem sie selbst nicht wirklich folgen konnten. Auch für mich selbst gehört dieses Kunstdrama letztendlich zur Sparte „Egomasturbation einiger ehrgeizigen und gut subventionierten Kulturschaffender“.

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              YupYum 06.03.2023, 21:52 Geändert 08.03.2023, 01:34

              (Kurzkommentar):
              Kaum mehr als ein müdes (oder gequältes) Lächeln bringt einem Robert Carlyle‘s bisher einzige Regiearbeit aufs Gesicht mit seiner ermüdenden Friseur-Mörder-Farce (mit Lead „waschen, schneiden, umlegen“) aus Glasgow. Dass auf der DVD nicht mal eine englische Originalspur enthalten ist, gibt zusätzlich Abzug. Die Story ist bei dieser Art von Filmen, die sich eh nur auf den Blödelfaktor konzentrieren, zwar zweitrangig, aber wenn so nichts vorhanden ist, das einem einigermassen durch den Film trägt, wirds schnell mal mühsam. Die Schauwerte sind rar, ein Zeitkolorit fehlt, die Maskerade wirkt aufgesetzt, die Gags sind mau, das Schauspiel trotz vielversprechender Namen zweitklassig und der Film als Fazit ein äusserst dürftiges und seltsam uninspiriertes Beispiel des schwarzen Brit-Humors.

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                YupYum 27.02.2023, 23:58 Geändert 28.02.2023, 01:39

                Nun herrscht seit genau einem Jahr Angriffskrieg in der Ukraine - verursacht vom Aggressor Russland - dessen Beginn schon 2014 mit der Annexion von der Krim begann und von Fachleuten schon lange davor prognostiziert wurde. Wem Putin in die Quere kommt - seien dies kritische Journalist/innen, Geistliche, oder Oppositionelle - wandert für unbestimmte Zeit in den Knast, erleidet einen „Unfall“, wird gemeuchelt oder verschwindet sonstwie von der Bildfläche. Subversives oder politisch hinterfragendes Kino hat es dementsprechend schwer in dieser faschistoiden Diktatur. Und trotzdem gibt es sie: Mutige Filme fernab jeglichen Mainstreams und prorussischer Propaganda. Der Film „Outlaw - Sex und Rebellion“ (2019) ist ein herausragendes Beispiel für schrilles, anzügliches und durchsexualisiertes Underground-Sadomaso-BDSM- und Jugend-LGQTB-Kino, und sieht man den Film, kann man kaum glauben, welches Land der Absender davon ist.

                Dramaturgisch nicht ganz einfach zu verstehen, beinhaltet der Film zwei Zeitebenen: Moskau zur Zeit des kalten Krieges, 1980, und die Stadt heute im Postmillenium: In einem Nachtclub gabelt ein, mit Orden geschmückter General, eine Transvestiten-Tänzerin auf und begibt sich selbst damit in Lebensgefahr. In den Szenen von heute verliebt sich ein sensibler Schuljunge in den absolut coolsten und obermachoidesten Klassenkameraden. Ihre Odyssee führt sie in die Fänge der sexbessenen, titelgebenden Sado-Queen Outlaw und in ihren Keller von Ketten, Masken, Gewänder, Porno-Screens und allerlei scharfen Gegenständen…

                Surreal und provozierend, durchflutet mit Neonlicht, pochender Musik, eingeblendeter Brutalismus-Architektur, Maskeraden, ständig gezeigtem Sex und schrägen Figuren, wandert dieser Trip durch ein Panoptikum des modernen Obsessivideals und erinnert streckenweise an die New Wave der Sechzigerjahre. Googelt man Hintergründe zum Film, stösst man auf Interviews mit Director Ksenia Ratushnaya, der erklärt, wie schwierig es überhaupt war, den Film geheim abzudrehen und für die Premiere dann ein Theater zu finden. Der ganze Mut, der in solchen Filmen - und besonders in diesem - steckt, kann man voller Erstaunen nur mit grösstem Respekt begegnen.

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                  YupYum 20.02.2023, 14:45 Geändert 07.03.2023, 02:45

                  Caracas ist mittlerweile die gefährlichste Stadt auf der Welt (neben praktisch allen Städten in Südafrika, vielen in Mexico und Brasilien und gar zwei in den USA), die Mordrate ist nirgends so hoch wie hier, und das links-sozialistische Regime hat das Karibik-Land Venezuela in den absoluten Ruin gebracht. Ich war gespannt auf einen Film, der mir eventuell etwas Insight-Views über das Leben hier geben würde, leider weit gefehlt!

                  Armando ist ein einsamer Mittvierziger, der hier als Zahntechniker arbeitet, verborgen schwul lebt und angezogen ist, wie ein deutscher Buchhalter der Siebzigerjahre - brauner Kittel, graue Hose, unmodisches Hemd und immer eine Kravatte um den Hals - eine richtig graue Maus eben. Sucht er schnellen Sex, zeigt er einem Jungen als Zeichen im Bus einfach einen Geldschein und das reicht schon, dass der mitkommt - somit erübrigt sich auch gänzllich eine annähernd eigene erotische Ausstrahlung, oder? Dann nimmt er den Jungen hinauf in seine kahle Wohnung und verlangt von dem irgendwelche komischen Posen von hinten, damit er dazu masturbieren kann. Eines Tages trifft er auf Elder, einen jungen Wilden von der Strasse, der Armando erwartungsgemäss ziemlich grob behandelt und abweist - und man staune - zwischen den beiden entwickelt sich tatsächlich eine Art Beziehung…

                  „Caracas, eine Liebe“ (2015) ist wiedermal richtiges Weltkino, d.h. eine absolute Zumutung für den Zuschauer. Dramaturgisch ist der öde Film schleppend, langweilig und zäh, die Szenenbilder sind nur eintönig und immer gleich, und psychologisch ist hier gar nichts nachvollziehbar - warum soll sich ein hübscher, junger Latino, der mit den Gepflogenheiten der Strasse aufgewachsen ist, sich plötzlich in einen alten, hässlichen, farblosen und vereinsamten Mann verlieben, der nichts anderes, als eine dröge Welt zu bieten hat? Zum Frühstück gibt es z.B. nur kalte Milch bei ihm, lecker oder? Absolut lächerlich dann die Szene, wie Elder obsessiv und sexuell aufgeladen, den alten „Maricon“ in der Klappe (und auch mal im Bett) überfällt, ihn zu küssen versucht und dieser ihm darauf eine Ohrfeige als Dank verpasst.

                  Schauwerte? Soziale Insights? Poltitische Erklärungen? Alles Fehlanzeige. Ach ja, und da ist noch irgendwas Konfuses mit Armandos wiederaufgetauchtem Vater, aber da versteht man dann wirklich nur noch Bahnhof. Die DVD-Hülle wirbt übrigens grosslettrig mit dem Satz „Vom Autor von „Amores Perros“, „Babel“ und „21 Gramm““ - alles klar?
                  Hello Arthouse-Publikum, goodbye YupYum!

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                    YupYum 19.02.2023, 23:22 Geändert 20.02.2023, 21:18

                    „Coyote Lake“ (2019) ist ein Texmex-Thrillerdrama, das einfach herrlich schräg in der Landschaft steht, denn nichts ist hier, was es scheint oder vorgibt zu sein. Die Einführungstitel beschreiben den titelgebenden See an der mexikanischen Grenze als heimlichen Friedhof, die erste Einstellung ist eine exemplarisch darin untergende Wasserleiche. Schon mit der ersten Szene muss der Zuschauer kurz Luft holen, hier findet gleich mal ein Betäubungs- und Raubmord statt, ausgeführt von der jungen und sensiblen Ester (Camilla Mendes) und ihrer resoluten Latina-Mama (Oscar-Nominée Adriana Barazza). Die führen zusammen nämlich eine Absteige mitten im Wald an der Grenze zu den USA, in der Drogenkuriere auf der Durchfahrt gerne übernachten, und das oft ihr letztes Mal, denn Mutti und Tochter lassen ja eigentlich mit ihren mörderischen Taten „Gerechtigkeit walten“. Als ihnen ein erneutes kriminelles Opfer in die Hände fällt, der den wohltuenden (und tödlichen) Hibiscustee schon intus hat und im Zimmer oben am eindösen ist, werden die beiden just selbst überfallen…

                    … und ab hier darf kein Wort mehr verraten werden, denn der kleine und fiese Film hat eine Überraschung nach der nächsten im Köcher! Er ist nicht nur von der Story her äusserst wendereich, sondern ebenso vom Genre her: Er streift nämlich alle möglichen Arten von Dramen, vom Sozial-, Melo-, Drogen-, Multikulti- , bis zum blutigen Thrillerdrama - und ja, Thriller will der Film letztendlich auch sein. Screenwriter/Director Sara Seligman tut dies äusserst raffiniert und geschickt. Weiter wird nicht mit schwarzem Humor und tollen Leistungen der beiden Hauptakteurinnen gegeizt - und das alles trägt den Zuschauer mit Kurzweil bishin zum überraschenden Schluss, an dem man glatt eine Fortsetzung anhängen könnte.

                    Fazit: Ein Film, der sie nicht nur en masse in sich birgt, sondern im Gros selbst eine ist: Eine unvorhersehbare Überraschung, die richtig gut tut!

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                      YupYum 19.02.2023, 22:39 Geändert 20.02.2023, 17:31

                      Ein weiteres Kapitel der traurigen Reihe “Wenn sich Kritiker gemeinsam gegenseitig mit Jubel übertrumpfen“: Auch hier kann ich die allgemeinen und regelrechten Begeisterungsstürme für die Kostümpersiflage „The Favourite“ (2018) einmal mehr nicht nachvollziehen. Ich finde den Film ähnlich bescheuert, wie früher etwa schon „Gefährliche Liebschaften“ (1988; mit Glenn Close). Was man hier „Good Anne“ (so wird sie im britischen Volksmund genannt), der eigentlich löblichen Königin aus Schottland des früheren 18.Jh. antut, ist nicht nur historisch an den Haaren herbeigezogen, sondern eine, unter dem Anspruch Arthouse, verblödete Farce und Lachnummer geworden, zugeschnitten auf ein, sich selbst als intellektuell hochstehend sehendes Publikum, das sich mal so richtig köstlich amüsieren will.

                      Anscheinend besann sich Director Lanthimos auf Vorbilder-Filme à la „Der diskrete Charme der Bourgeoise“ (1972) oder „Das grosse Fressen“ (1973) - hier soll einfach mal der Königshof „entlarvt“ werden, indem der shiny Fassade durchgehend der Kontrast einer Fäkalsprache (an die zwanzig Mal hört man das Wort „cunt“) und inflationärem Gekotze angehängt, und indem der werten Königin Anne Stuart (Olivia Colman) infantiles Verhalten und sexuelle Obsessionen nachgedichtet werden. Queen Anne hatte übrigens drei (!) Hofdamen, denen sie sehr nahestand, nicht deren zwei, wie sie hier vorkommen; homosexuelle Beziehungen zu ihnen sind historisch nicht belegt!

                      Die eine von ihnen, Abigail (Emma Stone), wird also auch noch erpresst, doch dem Zuschauer wird nicht ersichtlich, mit was eigentlich. Der Film wirbt gross mit seinen gezeigten Intrigen, da war jede einzelne in der Achziger-TV-Serie „Der Denver Clan“ fantisievoller. Die Story beginnt genauso konfus wie sie mit ihrem lächerlichen Pseudo-Anspruchs-Schluss endet, der Mittelteil ist dramaturgisch immerhin noch teilweise erträglich. Die Musik soll den Zuschauer durchgehend beabsichtigt nerven, waren es in „Gefährliche Liebschaften“ Händels dröge Barock-Kastraten-Klänge, sind es hier pochende und überlaute Zweiton-Abfolgen, die irgendwelche geheimnisvollen Überraschungen implizieren sollen, die sich leider erneut (wie der ganze Film eigentlich) als Sturm im Wasserglas entpuppen.

                      Fazit: Ein Film, der gerne das Kostümgenre revolutionieren möchte, sich jedoch unter seiner eigenen Einfältigkeit und hohem Nervfaktor selbst begräbt.

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                        YupYum 25.01.2023, 23:18 Geändert 07.03.2023, 02:16

                        Wäre Jack Nicholson nicht mit dabei, hätte ich spätestens schon dann wieder ausgemacht, als der Name Nancy Meyers zu Beginn in den Titles aufgetauchte. Dank seiner Präsenz als liebenswerter Kotzbrocken mit leicht überheblichen Stockzahnhumor waren die überlangen zwei Stunden in der High Society Kaliforniens noch erträglich. Denn das Setting bei Nancy ist immer dasselbe: Angesiedelt sind ihre Hochglanz-Komödien immer in einem gutsituierten Milieu, hier in einer Prachts-Beachvilla mit Pool in Malibu im klassischen amerikanischen Stil. Es geht meistens um Liebelei-Probleme von Heteros, die ihre zweite Lebenshälfte schon lange überschritten haben und natürlich dann noch zur pseudo-emanzipierten Erkenntnis kommen, „wie toll Sex in Wahrheit ja ist.“

                        In dieser gelackten Welt mutet es dann beihnahe schon subversiv an, wenn Diane Keaton, die ständig in weiss gekleidet ist (wie seinerzeit die kalifornische New Age-80s-Prototyp-Bestseller-Schreibse Chris Griscom), gar mal, ihre Prinzipien vergessend, eine Zigarette anzündet. Keaton muss selbstverständlich eine weitere autobiografische Verkörperung Meyers selbst darstellen, sie lebt und umgibt sich elegant abgehoben und ist natürlich auch eine gefeierte Autorin. Es wird nur edel gespeist und getrunken, die Kleider und Einrichtung sind todschick, die Sprache schlagfertig und der Humor makelos und selten unter der Gürtellinie. Dieses Leben ist so selbstverständlich und zur Norm geworden, dass sich der Zuschauer um Gottes Willen nur keine weiteren Gedanken dazu machen soll.

                        Natürlich gibt es auch in der gehobenen Society Problemchen (meist sexueller Natur) und die wollen gelöst sein, gejammert wird denn auch auf sehr hohem Niveau. In die Rolle eines eigentlichen Chauvi passt Jack auch vorzüglich mit seiner Schlitzohrigkeit hinein, niemandem kann man Allüren besser verzeihen. Früher nannte man im Volksmund so etwas „Vielweiberei eines alternden Lüstlings“, in Nancy’s Welt ist man aufgeschlossener, auch einem Altersunterschied von über 35 Jahren in sexuellen Präferenzen wird voller Toleranz begegnet. Ständiger Partnerwechsel ist auch kein Problem, stimmt nur der nötige Altherren-Charme dabei. Sogar die auf Sozialrollen imagemässig abonnierte, in meinen Augen völlig überschätze Frances McDormand, scheint sich zur Abwechslung mal in so einer Umgebung wohlzufühlen und geizt auch hier nicht mit ihrem üblichen Overacting. Über Amanda Peet und Keanu Reeves braucht man denn auch keine Worte zu verlieren.

                        Auch wenn es immer wiedermal zur Notfallaufnahme ins Hospital geht, sind auch diese Szenen von Viagra-Witz durchflutet, es soll ja schliesslich mit Spass zur Sache gehen. Beim Kurzabstecher nach Paris wird natürlich im „Le grand Colbert“ im zweiten Arrondissement diniert - die ehemalige Stadt der Liebe ist heute nur noch romantisch, wenn man eine gefüllte Tasche sein eigen nennen kann, sonst ist sie, wie jede andere französische Stadt auch, schon lange zum unlösbaren sozialproblematischen Moloch verkommen. Macht Hans Zimmer mal eine Kitschpause, gibt es dafür zahlreich eingestreute Feel Good-Songs vom morgendlichen Gute-Laune-In-Den-Arbeitstag-Radio. Zugegeben, es gibt weitaus Schlimmeres von Nancy Meyers, wie „Something’s Gotta Give“ (2003), aber ich werde es als meinen eigenen Abschluss mit der noblen Dame betrachten. Endgültig.

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                          YupYum 23.01.2023, 01:06 Geändert 25.01.2023, 00:22

                          Habs nach etlichen Dekaden wiedermal gesehen und muss einfach leicht demütig bemerken, dass ich den Hype um die überlangen und ziemlich aufgeblasenen Godfather-Filme, der auf ewig andauert, kaum noch verstehen kann: Das Ganze ist einfach hoffnungslos verstaubt und dated, dramaturgisch durchschnittlich umgesetzt und leider quälend langatmig (um nicht zu sagen langweilig) anzusehen. Es soll ja in den 50ern spielen, doch das ganze Zeitkolorit ist so voll Seventies.

                          Marlon Brando hat immer die selbe apathische Miene drauf (für was den Oscar?), aber wird ja angeschossen, und ab da ist er eh kaum mehr präsent. Caan, Pacino und die austauschbaren Frauenrollen hinterlassen kaum mehr bleibenden Eindruck und die eigesetzte Italinità (u.a. auf Sizilien) rettet dieses schwerfällige Familienepos auch nicht von seiner schleppender Eintönigkeit. Irgendwie schwebt über dem ganzen Film eine beinahe naive Grundnote.

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                            YupYum 16.01.2023, 18:09 Geändert 16.01.2023, 18:12

                            Ich kann all die wohlwollenden Kommentare hier überhaupt nicht verstehen, eher dass das laue Mafia-Thrillerchen „By The Gun“ (2014), wegen den eigentlich raren Kommentare, kaum wirklich auf Interesse gestossen ist, was auch nicht wirklich überrascht.

                            Auch nach einer geschlagenen Stunde gibt es hier noch immer nichts anderes, wie eine lose Szenen-Fragmentierung, etwas Mafia-Konkurrenz, inflationäre Fäkalsprache, ein bisschen Familenehrensülze, eine aufgestzte Romanze - leider kaum einen roten Story-Faden. Keinen einzigen Spannungsmoment wird hier generiert, alles plätschert träge vor sich hin. Die unzähligen Pseudo-Brutalo-Typen sind allesamt zum fremdschämen, da sieht Ben Barnes geradezu wie ein geschniegelter Coverboy in denen aus, und Harvey Keitel hat noch einen Altersvorsorge-Gastauftritt. Kann man sich getrost schenken!

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                              YupYum 14.05.2022, 17:40 Geändert 15.05.2022, 03:43

                              Der englische Geschäftsmann Greville Wynne führt mit seiner Ehefrau Sheila in den frühen 1960er Jahren ein gewöhnliches Leben – und wird gerade deshalb vom MI6 kontaktiert. Denn als ein hochrangiger sowjetischer Offizier streng geheime Informationen zu den Nuklearplänen seines Landes anbietet, sucht der britische Geheimdienst nach einer geeigneten Kontaktperson. Statt eines ausgebildeten Agenten soll ein Zivilist rekrutiert werden, der möglichst keine Aufmerksamkeit erregt. Die Wahl fällt auf Greville, der mitten in den politischen Konflikt des Kalten Krieges hineingeworfen wird. Als sich die Kubakrise verschärft und das allseitige Misstrauen wächst, wird die Situation immer gefährlicher...

                              Der charismatische und elegante Brite Benedict Cumberbatch ist immer Garant für grundsolides und hochwertiges Kino, natürlich immer auf sehr hohem Niveau. Auch das Spionagedrama "The Courier" (2020) macht hier keine Ausnahme. Dramaturgisch und inszenatorisch geht Director Dominic Cooke keine Risiken ein und baut auf etablierte Spionage- und Agentenfilm-Mechanismen. Betont schlicht, unaufgeregt und unaufdringlich, aber immer mit untergründiger und ungemütlicher Spannung versehen, erzählt er vom Wagemut einiger um den Weltfrieden besorgter Agenten und Geheimdienstler, denen klar ist, dass Mut meist mit ernsthaften Risiken und der Gefahr des Scheiterns verbunden ist. Zuschauer, die ein Faible für geschichtskundliche, historische Dramen über couragierte Unterhändler haben, kommen bei dem Film in jeden Fall auf ihre Kosten, auch wenn hier ein paar dramaturgisch unverhoffte Schwenker nicht geschadet hätten. Zeitkolorit und Ausstattung sind hier besonders positiv vermerkt und natürlich auch, dass der Film wieder eine ungemütliche Aktualität und Parallele und zur heutigen Weltlage mit dem Krieg in Europa hat.

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                                YupYum 13.05.2022, 14:09 Geändert 14.05.2022, 02:00

                                Arthur Bretnik (Aaron Eckhart) ist ein psychisch recht labiler Privatdetektiv mit einer traumatischen Vergangenheit. Zudem glaubt er Verschwörungstheorien. Nachdem er von einer lateinamerikanischen Frau beauftragt wurde, im titelgebenden Kaff Wander einen möglicherweise vertuschten Mord ihrer Tochter zu untersuchen, findet er sich in einer Welt von Lügen und Betrug wieder. Er vermutet, dass der Mord Teil derselben „Verschwörung“ sein könnte, die auch den Tod seiner eigenen Tochter verursacht hat. Arthur wird zunehmend paranoid und sein Verstand auf die Probe gestellt, als er versucht, die Fakten aus der Fiktion herauszufiltern und den Fall zu lösen, während er sich gleichzeitig fragt, ob er ein Spielball in einem viel größeren Spiel ist...

                                Seien Sie gewarnt! Was hier noch vielversprechend als Krimidrama im amerikanischen Outland von New Mexico beginnt, entwickelt sich schnell zur völlig verworrenen Tour de Confusion! Die Dramaturgie ist derart holprig, dass man irgendwann kaum mehr checkt, was hier eigentlich gespielt wird, die unübersichtlichen Schnellschnitte treiben einem zur Weissglut, die Wackelkamera und die inflationär eingestreuten Rückblenden-Flashes nerven zunehmend, plus Eckhards Pseudo-Paranoia-Overacting tut den Rest. Schauspieler/innen tauchen hier einfach plötzlich (wieder) aus den Nichts auf oder finden sich in komplett anderen Rollen wieder (auch wenn sie gar zuvor schon elimiert wurden!). Und die Story? Die ist derart verwirrend und hanebüchen, dass man selbst am eigenen Verstand zu zweifeln beginnt und sich auf die Schulter klopfen kann, wenn man sie unbeschadet überstanden weiss. Der als obercool geltende Tommy Lee Jones ist übrigens auch mit dabei, sein toller Ruf scheint unzerstörbar zu sein, auch wenn seine Filmografie - Hand aufs Herz! - doch recht durchzogen ist, was sich hier wieder einmal deutlich zeigt.

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                                  YupYum 13.10.2021, 20:15 Geändert 14.10.2021, 12:00
                                  über Shane

                                  "People used to call me a poet. But it is very annoying to be called a poet because it means you wasted your time writing music. A good musician has to put music before everything. And that's what I've always done when I made good music."

                                  Es ist schon erstaunlich, dass gerade die "Irish Times" in ihrer Kritik zu "Crock Of Gold - A Few Rounds With Shane MacGowan" (2021) kein gutes Haar an der Dokumentation von Julian Temple (er war ein wesentlicher Chronist der Punk-Tage mit "The Great Rock 'n' Roll Swindle" (1980) und "The Filth and the Fury" (2000), die die beiden definitiven Geschichten der Sex Pistols sind) lässt. Übergetitelt mit "It’s hard to watch Shane MacGowan in this wheezing, hissing state" schreiben sie: "Oftmals ist es schwer zu ertragen, MacGowan heute zu betrachten. Vielleicht wäre der Film besser geworden, wäre er kooperativer gewesen. Die Jahre nach der Trennung der Band sind noch diffuser und vernebelter - kein Album kam mehr von ihm seit 1997. Und zu guter letzt: " “I did what I did for Ireland,” says MacGowan. By the end credits we are still not sure what that means."

                                  Dabei haben Temple und MacGowan-Kumpan/Produzent Jonny Depp vielleicht noch die letzte Gelegenheit gepackt, dem einmaligen Talent MacGowan sein verdientes Denkmal voller liebevoll zusammengeschnittenen Filmcollagen, extra dafür gezeichneten Cartoons, Nachstellungen, Familienfotos, Liveauftritte und den aberwitzigen und berühmten TV-Interview-Schnipsel zu setzen. Der Film endet mit der Feier plus Preisübergabe (sowie der Hochzeit mit Victoria Mary Clarke, die er mit 16 kennenlernte) an seinem 60sten Geburtstag - im Rollstuhl wird er auf die Bühne gefahren und singt im Duett mit Nick Cave die Hymne "Summer In Siam" (immer bei solchen Feiern sind Proms anwesend, meistens um sich selbst zu feiern - neben Cave, Sinead O'Connor und Cerys Matthews von "Catatonia" stört hier vor allem Yuppie Bono Vox, der ausser den irischen Wurzeln rein gar nichts mit dem Fundus und dem Hintergrund der sogenannten Wüstlinge gemeinsam hat.) Ja, Shane MacGowan sieht nicht gut aus. Andererseits sieht der ehemalige Leadsänger der Pogues und einer unserer größten lebenden Songwriter schon seit geraumer Zeit nicht gut aus. Die Vorstellung, dass er ständig beschwipst am Rande dieser sterblichen Spirale wankt, ist seit Jahrzehnten Teil von MacGowans Vermächtnis. Schon vor 30 Jahren trichterten ihm die Ärzte ein, er hätte noch 6 Monate zu leben, wenn er dem Trinken nicht endlich abschwöre. Er tat es nie. Mit Ausnahme vielleicht von Keith Richards und Ozzy hat kein Rockstar der Wahrscheinlichkeit eines frühen Ablebens getrotzt, während er sich Alkohol, Drogen und einem Appetit auf Selbstzerstörung hingab, der Normalsterbliche nicht überleben würde. Und selbst wenn man sieht, wie der 62-jährige Musiker in einem 45-Grad-Winkel zusammengesunken ist, eine halb geleerte Flasche oder ein halb fertiges Pint in der Hand hält, seine Augen glasiger als ein Block voller Wolkenkratzer sind, und er sich undeutlich durch wütende "Fuck-offs!" oder "Verhöre mich nicht!" quält, besteht natürlich die Versuchung, jemanden, der seinen Lastern so verbissen ergeben ist, als "heroisch“ zu betrachten.

                                  Doch Temple möchte Shanes übermenschliche Konsumfähigkeit nicht über das stellen oder gar romantisieren, was seine kreative Leistung tatsächlich befeuert hat - die, entgegen der landläufigen Meinung, nicht einfach nur Flüsse von Whiskey und Stout waren. Es war ein wilder irischer Stolz und die Eindrücke seiner schrägen und bunten Verwandten, die dem jungen MacGowan eingeflößt wurden, als er in Tipperary als sogenannter "Paddy" (= ein scherzhaft bis abwertend gebrauchter Spitzname für einen Iren) aufwuchs. Es war sein großes Interesse an der Geschichte seines Heimatlandes mit Imperialismus, Auswanderung und Rebellion. Insbesondere die heimischen Schriftsteller, wie James Clarence Mangan, Brendan Behan, Paddy Kavanagh und das Buch "The Poor Mouth" von Flann O'Brien hatten den schon früh gebildeten MacGowan beeinflusst. Schriftsteller, die er wie sich selbst als "Piss Artists" empfand, da diese auch allesamt als Trunkenbolde galten. Und es waren die Gefühle der Entfremdung, als die MacGowans in London landen, was zu Mobbing, Jugendkriminalität, Nervenzusammenbrüchen und schließlich zur Institutionalisierung führte. Während er in der psychiatrischen Klinik "Bedlam" ist, gibt jemand Shane eine Gitarre und er lernt sie zu spielen. Als er die Klinik verlässt, erspäht er ein Poster für eine neue Band: Sie werden die Sex Pistols genannt und er landete in der ersten Reihe ihrer Gigs, schnitt und bleichte seine langen Haare und landete auf den Seiten der NME, als ihm bei einer Clash-Show ein Ohr abgebissen wurde. „Ich war das Gesicht von '77“, sagt MacGowan, und wie viele andere Leute, die in der DIY-Welle aus drei Akkorden gefangen waren, gründete der 19-Jährige schnell seine eigene Band, die Nipple Erectors und veröffentlichte das Fanzine "Bondage".

                                  Als ab 1982 die New Romantics mit Bands wie Culture Club, den Thompson Twins, ABC und Human League schliesslich den Punk beiseite fegte, bestand MacGowans nächster Schritt darin, sich in den vitalen Sound der irischen Diaspora Londons einzuklinken und The Pogues mit Jem Finer und Spider Stacy zu gründen. "Die Idee war, der Tradition einen Tritt in den Arsch zu geben“, sagte er und verschmolz traditionellen gälischen Folk mit der konfrontativen Energie des Punk und - am wichtigsten - seinen eigenen, zutiefst stimmungsvollen und ausdrucksstarken Texten. "Crock Of Gold" taucht tief in MacGowans Pogues-Karriere in den 1980er Jahren ein: Köstlich die Episode, wie sie Elvis Costello auf seiner Tour als junge Vorband begleiteten, ihn ohne Ende ärgerten, seine Klamotten mit IRA -Emblemen besuddelten, seine Drinks in der Garderobe leer soffen, das Keyboard von Steve Nieve mit Sand überstreuten und ihn schliesslich als Produzenten feuerten, weil ihm ein Cornet-Solo der Band missfiel ("I told him to get his fat arse out of here and never come back again!"). Und sie kletterten von den schmuddeligen Bühnen der Kings Cross Clubs bis hin zum Singen von Rebellenliedern, die die "Birmingham Six" (mit Paddy Hill) im Zuge der tiefen antiirischen Stimmung als Folge der IRA-Bombenkampagne unterstützten (der Song "Streets Of Sorrow" wurde von der BBC mitten in seiner Ausstrahlung abrupt gestoppt). Dann 1988 wurde Shane dank "Fairytale Of New York“ weltberühmt, doch der Duet-Welthit mit der verstorbenen englischen Nationalheiligen Kirsty MacColl, der mittlerweile zum Weihnachtsstandart verkommen ist ("unser Bohemian Rhapsody"), und deren Singlecover Shane gerne mit "Fuck off" signierte - sowohl insbesondere der Schunkel-Song "Fiesta" - bedeutete ein Wendepunkt für ihn und die Band:

                                  "We became a Rock Band. We became what we hated. What we were rebelling against. And I had to go out and sing this crap that they wanted to play."

                                  Nach einer darauffolgenden, zu ausgiebigen Welttour ("Wir spielten 363 Gigs in diesem Jahr") war Shane bis zum Ende erschöpft und ausgelaugt ("Ich erkannte ihn danach nicht wieder" - Schwester Siobhan), verfiel dem Heroin und wurde aus der Band geschasst. Was in den Jahrzehnten dazwischen passiert ist, wird in "Crock Of Gold" nicht erzählt, seine Wiedervereinigung mit der Band im Jahr 2001, die zu erfolgreichen Tourneen führte, die die Gruppe 2014 schon wieder auflöste, wird nie diskutiert. Keiner der Pogues stimmte einem Interview für den Dokumentarfilm zu. Eine gekritzelte Notiz der Liebe und Vergebung an die Familie Pogues, einschließlich ihres verstorbenen Managers Frank Murray, geht dem Abspann voraus. Auch wenn es zeitweise nervt, dass Jonny Depp oft Shanes Sprachfluss zu imitieren und das Kadenzen bei Getränken nachzuäffen versucht, darf man in so vielen Momenten dieses Dokuments nicht vergessen, dass MacGowan - trotz der wilden Jahre und unkontrollierbaren Triebe und verpassten Gelegenheiten - in erster Linie ein Songwriter war. Diese Lieder sind seine Lebensgeschichte, seine Reflexion und Ergänzung des Erbes seines Landes. Man muss nicht einmal Ire sein, um die Schönheit seiner wilden Texte zu hören, obwohl es sicherlich hilft. "Crock Of Gold" bringt uns das immer wieder zu dieser zentralen Tatsache zurück. Und das ist wunderbar! Nach diesem Film hört man die Songs der Pogues jedenfalls mit anderen Ohren. Und für den Journalisten der Irish Times:

                                  "I always felt guilty that I didn't lay down my life for Ireland. But I tried to have done this as closely with my music.", oder: "I was just following the Irish way of life, cram as much pleasure as you can into life and rail against the pain that you have to suffer as a result. And then wait for it to be taken away with beautiful pleasure." - Shane

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                                    YupYum 10.10.2021, 22:46 Geändert 14.10.2021, 00:22

                                    "Das Beste an einer Geschichte ist, das Ende nicht zu erzählen. Aber genau das ist hier das Interessante. Ich bin dreissig und noch immer allein. Allein mit meiner blöden Fresse."

                                    In der Fortsetzung "L'auberge Espagnole - Les Poupées russes" (2005) vom genialen Erstling (von 2002) begleiten wir erneut Xavier (Romain Duris) durch seine von Chaos geprägten, immer wechselnden Liebschaften und der Suche nach Anerkennung als Schriftsteller. Noch immer interessiert kein Verlag sich für seinen Roman "L'auberge Espagnole" über die wilde Zeit in der internationalen Wohngemeinschaft in Barcelona. Statt dessen muss er sich mit Drehbüchern für kitschige Fernsehsoaps und als Ghostwriter für halbgare Persönlichkeiten über Wasser halten. Xaviers Freundinnen und Freunden von damals geht es kaum besser. Ex-Freundin Martine (Audrey Tautou) ist allein erziehende Mutter. Und Wendy (Kelly Reilly) aus England, die er für ein gemeinsames Drehbuchprojekt wiedertrifft, hat auch nur Pech mit den Männern. Lediglich ihr Bruder William (Kevin Bishop), der in Barcelona noch in der Pubertät zu stecken schien, hat seine große Liebe, die Balletttänzerin Natacha, gefunden und will sie in St. Petersburg heiraten. Aus diesem Anlass findet sich Teile der ehemaligen Wohngemeinschaft wieder zusammen, wodurch die Turbulenzen natürlich wieder vorprogrammiert sind...

                                    Die Zutaten zu diesem aufgewärmten Menu sind natürlich die selben geblieben: Schnelle Schnitte und Szenenwechsel, kosmopolitische Flair und Multikulti, visuelle Schnipsel und (Zeitraffer-)Collagen, Slapstick und urkomische Situationen gibt es auch hier en masse. Aber was den Vorgänger so unwiderstehlich machte, nämlich die ganze Komik zu einem kompakten Ganzen mit Herzwärme und dem Hinterfragen von genereller Daseinsberechtigung zu verweben, gelingt nur hier bedingt. Zwar sind die philosophischen Gedanken des Hauptdarstellers Duris wieder (minim) vorhanden, der grosse Aha-Effekt des Erstlings bleibt jedoch auf der Strecke. Kunterbunt und charmant französisch ist es alleweil geblieben, aber leider eben nicht halb so gut.

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                                      YupYum 10.10.2021, 20:05 Geändert 14.10.2021, 00:39

                                      Ein Jahr nach dem Tod seines Bruders Tom steckt Jack (Mark Duplass) in einer Lebenskrise. Seine beste Freundin Iris (Emily Blunt), die früher mit Tom zusammen war, schickt ihn einige Tage "zur Kur" alleine ins einsame Ferienhaus ihrer Familie auf einer kleinen, idyllischen Insel. Dort trifft Jack überraschend auf Iris' Schwester Hannah (Rosmarie DeWitt), die sich von der Trennung ihrer Freundin erholen will. Nach einer Flasche Tequila landen beide prompt im Bett. Als am nächsten Morgen unangemeldet Iris auftaucht, beschliessen die beiden ihr Geheimnis vor ihr zu bewahren. Diese wiederum beichtet ihrer eigentlich lesbischen Schwester, dass sie ihre Gefühle für Jack mehr wie freundschaftlich sind. Das Chaos scheint perfekt...

                                      Nur wegen Emily Blunt wagte ich einen Blick in das Kammerspiel "Your Sister's Sister" (2011) rund um übliche sexuelle Probleme und Präferenzen irgendwelcher Mid-Dreissiger. Wer diese Art von seichten und harmlosen Mumblecore-Abspulungen mag, soll sich halt bedienen, für mich ist dieser Film nur austauschbar und schon x-fach (besser) gesehene Kost. Die Dialoge sind 08/15 und der wenige Humor dieser Slackers nicht der Rede wert. Nur um die Regisseurin aus Ohio, Lynn Shelton, tut es mir leid: Sie erkrankte 2020 an Leukämie und starb kurze Zeit später mit nur 54 Jahren.

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                                      • YupYum 29.09.2021, 21:28 Geändert 30.09.2021, 14:22

                                        "Tomorrow Never Dies" (1997) ist nichts anderes als ein seelenloses High Tech-Gedöns und "Thunderball" (1965) einfach einschläfernd mit den überlangen und veralteten Unterwasser-Szenen. "Casino Royale" (2006) auf den zweiten Platz zu hieven, finde ich zudem fragwürdig.
                                        "Diamonds Are Forever" (1969) hingegen ist voll mit (Selbst-)Ironie, 60s-Zeitcharme und einem von Barrys besten 007-Soundtracks versetzt und hätte meiner Meinung nach einen besseren Platz verdient. Meine Nr. 1 ist und bleibt "The Spy Who Loved Me" (1977).

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                                        • Eigentlich ein schier unmögliches Unterfangen, sich auf 15 Songs zu beschränken. Aber nehmen wir die Challenge mal mit einer kleinen 5x3-Auswahl an:

                                          3 x Westcoast:
                                          Esperanto Rock Orchestra - "Gypsy" (1970)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=ZMErxMFuSO0

                                          It's A Beautiful Day - "Let A Woman Flow" (1970)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=MbDAMjKEM8w

                                          Oasis - "High Revs" (1973)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=dbtcwy5gefw

                                          3 x Prog:
                                          Brimstone - "End Of The Road" (1973)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=WQNpnDgIpyc

                                          Genesis - "Looking For Someone" (1972; BBC Sessions)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=aXEheNxa3Q4

                                          Ruphus - "Let Your Light Shine" (1976)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=UG0GK-PVVWQ

                                          3 x Psyck:
                                          Damon - "Don't You Feel Me" (1968)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=p-BnMoV8i_U

                                          Spirit - "Love Has Found A Way/Why Can't I Be Free" (1970)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=1QY4LTVzJvY

                                          Flat Earth Society - "Shadows" (1968)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=jSYLn2EHPC8

                                          3 x Folk:
                                          Oriental Sunshine - "Unless" (1970; Single-B-Side)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=T9fCau3CI9Q

                                          The Magic Carpet - "Peace Song" (1972)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=ww8QtrsmgkI

                                          Shirley Collins And The Albion Band - "Murder Of Maria Marten" (1971)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=pFmoZwVIors

                                          3 x Disco:
                                          The New York Disco Orchestra - "Get It Up And Dance" (1978)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=IktbhSvvNu8

                                          Christopher Cross - "Ride Like The Wind" (1979; Disco Purrfection Version)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=O7Xsjs0T4jI

                                          El Coco - "Cocomotion" (1977)
                                          https://www.youtube.com/watch?v=CD8tCY9KL7Y&t=206s

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                                            YupYum 22.09.2021, 10:28 Geändert 24.09.2021, 10:40

                                            "Ich werde morgen in die Messe gehen" - "Wollen Sie die Kommunion empfangen?" - "Ich will Musik hören!"

                                            Bretagne-Küste, anno 1770: Die Malerin Marianne bekommt von der namenlosen Gräfin (Valeria Golino) den Auftrag, ihre Tochter, die junge Héloïse (ausdrucksstark: Adèle Haenel) zu portraitieren - für einen reichen, aristokratischen Mailänder, mit dem sie verheiratet werden soll. Doch die mag weder gemalt noch verkuppelt werden. Marianne muss deshalb heimlich vorgehen: Sie wird Héloïse als Gesellschafterin vorgestellt , auf langen, gemeinsamen Spaziergängen kann sie ihr Modell studieren. Dabei kommen sich die Frauen immer näher und Marianne offenbart ihr Geheimnis schliesslich...

                                            Kammerspielartig mit gerade mal vier Darstellerinnen (Männer sind hier fehl am Platz!) voller eleganter (es wird immer gesiezt) und poetisch anmutenden Dialogen (oft Zwiegespräche), Kamera-Stills von Claire Mathon selbst wie Gemälde (entweder mit rauschenden Wogen des türkisblauen Meeres oder nächtlicher Kerzenschein- und Lagerfeuer-Optik), Symbolik wie Vivaldis stürmische Sommersuite oder der Seite 28 eines Buches, den kargen und sparsamen Gebrauch von dramaturgischen Mittel und einer tollen Schlusspointe: Director und Screenwriter Céline Siamma bekam für ihr Werk den Regiepreis von Cannes. Das titelgebende Gemälde von Héloïse in Flammen, die beiden Hauptportraits und die vielen Skizzen stammen von der Malerin Hélène Delmaire (34) - sie stand dafür ganze 16 Stunden an der Staffel, die beiden Hauptportraits malte sie sechs- bis siebenmal. Sieht man im Film die malenden Hände von Marianne, waren es in Wahrheit die der echten Künstlerin. Akribisch genau wie die gemalten Details, mutet auch der ganze Film an. Das kann natürlich auch mal anstrengend sein, und die teilweise ellenlangen Einstellungen können auch Ermüdungserscheinungen beim Zuschauer hervorrufen. Trotzdem gehört "Portrait de la jeune fille en feu" (2019) zu den besseren Beispielen des neueren Arthaus-Kinos.

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                                              YupYum 22.09.2021, 10:21 Geändert 07.04.2022, 01:54

                                              Es sollte eigentlich der schönste Tag ihres Lebens werden, denn das junge Blondchen Grace (Samara Weaving; Nichte von "Matrix"-Schurke Hugo Weaving) steht kurz davor, ihren geliebten Milchbubi Alex LeDomas (Mark O'Brien) zu heiraten. Die Einführung in die ebenso exzentrische wie schwerreiche Familiendynastie geht allerdings alles andere als feierlich vonstatten. Anlässlich der Hochzeit gilt es für den LeDomas-Clan nämlich allen voran, eine Tradition zu wahren. Und die besagt, dass ein neues Familienmitglied mit einem Spiel eingeführt werden soll. Sie zieht also die Zufallskarte "Hide And Seek", die das ausgesuchte Spiel bestimmt: Ehe sich Grace versieht, befindet sie sich schon in einem gemeinen Katz-und-Maus-Spiel um Leben und Tod in dem riesigen Anwesen, das über das altbekannte Versteckspiel weit hinausgeht. Brutal und mit allen möglichen Waffen wird Jagd auf Grace gemacht, doch die frischgebackene Ehefrau hat gar nicht vor, kampflos aufzugeben...

                                              Wenn Andie McDowell auf der Castliste steht, leuchten bei mir schon vornherein alle Warnlampen auf, die Dame scheint in letzter Zeit auf Schrott geradezu abonniert zu sein. Auch der Horror-Tra$h "Ready Or Not" (2019) bedient höchstens einige Splatter-Fans - mit Ausnahme vielleicht noch der Fahrstuhlszene, sind die Blutspritzer-Einfälle jedenfalls recht bescheiden ausgefallen. Die Story und ihr Verlauf sind schlicht nur bescheuert, schon die Ausgangslage ist lächerlich: Warum findet nur bei der "Hide And Seek"-Karte das tödliche Spiel statt, wo es doch eh anscheinend generell zur Familientradition gehört? Warum hat Grace keine Ahnung, was hier eigentlich die Regeln sind? Warum hat Milchbubi plötzlich keine Handschellen mehr an? Auch sonst muss man sehr grosszügig über die unzähligen Logik- und Twistlöcher hinwegsehen, um nicht in eine Lebenskrise zu geraten. Die Sprache ist durchgehend einfallslos und primitiv. Das mittelalterliche und labyrinthische Dekor der Mansion und der Film-Look sind noch das einzige Plus dieser filmischen Misere, jedoch stört der Mash-Up mit all den modernen Gadgets gewaltig. Das Schauspiel ist kümmerlich, nur Nicky Guadagni als Tante Helene ist ein Hingucker: Mit ihren silbergrauen, nach oben toupierten Haaren sieht sie aus wie Alannah Currie von der 80s-Band Thompson Twins.

                                              Das einzig Originelle am Film ist höchstens der "Hide And Seek"-Song von Imogen Heap auf Schellack. Ganzes Lyric auf Google: "Tiptoe through the cellar or crawl under your bed, anywhere you've fled - I am going to find you. Stay inside the shadow - All you girls and boys, don't you make noise or I am going to find you. - Tick tick tock, are you ready or not? - Tick tick tock, listen to the clock. - Hasten off into the night. Don't waste another heartbeat. - Don't you peek, Hide and seek!"

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                                                YupYum 22.09.2021, 10:12 Geändert 23.09.2021, 09:26

                                                Im Urlaub in Marrakesch will das Paar Perry (Ewan McGregor) und Gail (schön farblos: Naomie Harris) über eine mögliche Trennung nachdenken. Als die Dame eines Abends also schon im Zimmer verschwunden ist und er alleine seinen Drink beim Hotelpool finished, wird er vom feierfreudigen Russen Dima (Stellan Skarsgård) zu einer kleinen Wette aufgefordert: Verliert er diese, muss er an seiner nächsten Party teilnehmen, was natürlich so passiert. Dima erweist sich als umtriebiger Geschäftsmann und Geldwäscher der russischen Mafia, die seine Familie zu bedrohen scheint. Er bittet Poesieprofessor Perry deshalb um einen kleinen Gefallen: Er soll einen USB-Stick mit vertraulichen Daten an dem MI6 übergeben, die die Mafia verraten soll. Damit ist der Oxford-Professor nun unwissend untrennbar mit Dima verbunden und wird zum Spielball eines unberechenbaren Agentenpokers. Wem kann der Perry noch trauen?

                                                Spätestens nach dem ultraöden "Tinker, Taylor, Soldier, Spy"-Remake (2011, mit Gary Oldman) habe ich mir eigentlich geschworen, keine Verfilmungen mehr vom "unangefochtenen Grossmeister des Spionageromans" John LeCarré zu schauen. Nie verstand es der Mann für mich, dass man sich mit seinen Hauptfiguren (meistens Agent Smiley) emotional verbinden konnte, geschweige denn, mit ihnen mitfiebern wusste. Seine Plots waren immer so abgehoben, dass ich empfand, dass der Autor und glühende EU-Befürworter selbst den Überblick über seine eigenen Geschichten zu verlieren und seine Mitstreiter lediglich zu gefühlskalten Schachfiguren auf einem Story-Brett verkamen. Wegen Skarsgård und McGregor wagte ich dennoch einen Blick in "Our Kind Of Traitor" (2016) und wurde erneut enttäuscht. Was als Ausgangslage (abgekupfert bei Hitchcock's "The Man Who Knew Too Much" (1956)) noch als interessanter Verschwörungsplot beginnt, erschöpft sich schnell unter genau dem, was ich vorhin bemängelt hatte. Spätestens als der aalglatte MI6-Agent Hector (Damian Lewis aus "Homeland") auftaucht, verkommt die gelackte Geschichte zum unüberschaubaren Langweil-Agentengeschiebe, das sich schnell erschöpft. Warum "TV Spielfilm" hierfür drei Spannungspunkte ausmarcht, ist mir ein Rätsel, aber der Zeitschrift kann man seit längerem eh nicht mehr trauen. Die einzige Frauenrolle, besetzt mit Naomie Harris, ist völlig uncharismatisch, McGregor ist viel zu glatt, einzig Skarsgårds Präsenz rettet den Film noch vor dem Totalabsturz. Aber mit LeCarré ist es für mich definitiv vorbei.

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                                                  YupYum 22.09.2021, 10:08 Geändert 22.09.2021, 18:47

                                                  "Frauen mögen keine Männer, die Phil Collins hören..."

                                                  Dublin in den Eigthies: Nachdem der 15-jährige Conor (Ferdia Walsh-Peelo) wegen prekären, wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern auf die öffentliche und erzkatholische "Congration of Christian Brothers"-Schule versetzt wird, machen ihm sowohl der strenge Ober-Bruder Baxter sowie ein bulliger Skinhead das Leben schwer. Um sich bei Schwarm Raphina (Lucy Boynton) interessant zu machen und ihr näher zu kommen, offeriert er ihr eine Rolle im nächsten Musikvideo seiner Band und das angehende Wannabe-Model bekundet tatsächlich Interesse. Das Blöde nur: Conor hat gar keine Band! Doch aus der Not ist schnell eine Tugend gemacht: Unter dem Rat seines popkundigen Bruders Brendan (der seine eigenen musikalischen Träume längst begraben hat), entwickeln sich Conors Talent und sein Selbstvertrauen zunehmend und mit ein paar Kumpels aus der Nachbarschaft gründet er die Band "Sing Street". Zeitgemäss mit Schminke und Make-Up werden sie zu (damals) trendigen New Romantics - Vorbilder: Joe Jackson, The Cure, Duran Duran, The Clash und Spandau Ballet. Raphina wird zur Attraktion der selbstgebastelten Sing Street-Videos und die Romanze mit Conor lässt nicht lange auf sich warten...

                                                  Frischer, humorvoller und farbenfroher als in seinen beiden Vorgänger-Musikfilmen "Once" (2007) und "Can A Song Save Your Life?" (2013), lädt uns Director und Mitglied der irischen Gruppe "The Frames" John Carney zu einer weiteren musikalischen Odyssee made in Ireland ein - er war selbst Macher von Videoclips und wuchs ebenso in Dublin auf. Seine musikalischen Wurzeln und Vorlieben fliessen in den Film ein, 1984 war er selbst 12 Jahre alt: "Ich kannte die Ära so gut, ich musste nichts recherchieren." "Wage das Unmögliche" lautet hier die idealistische Botschaft und allen Beteiligten gibt Carney eine Chance: Conor wird vom schüchternen Teenager zum selbstbewussten Sänger, Der gemeine Skinhead wird Roadie der Band und Pater Baxter bekommt sogar einen eigenen Song gewidmet. Die jugendliche Note tut dem Feel Good-Movie sehr gut. Kann man die Vorgängerfilme als zu glatt, behäbig und gar auch etwas bieder kritisieren, ist "Sing Street" (2016) für mich um Klassen besser und gelungener geworden. Musikzeitschrift Rolling Stone schrieb: „Carney verliert nie die einfache Geschichte aus den Augen, die im Mittelpunkt des Films steht. "Sing Street" ist der romantischste Film, den Sie zur Zeit finden, prall gefüllt mit Musik, Spaß und dem Nervenkitzel der ersten Liebe. Die Realität ist eindringlich und die Traurigkeit macht die freudigen Momente noch ergreifender.“ Prädikat: ultra-sympathisch, aber die ganz grossen Momente fehlen dann doch irgendwie...

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                                                    YupYum 22.09.2021, 10:04 Geändert 22.09.2021, 12:03

                                                    Smalltownboy (also Landei) Jim aus Essex (Harris Dickinson) kommt nach London ins verruchte Quartier Soho, um dort sein Glück zu finden. Nach der ersten Nacht in der Gosse hört er schnell von den "Raconteurs", einer ach so distinguierten Escort-Gruppe mit enzyklopädischen Wissen über die schönen (homoerotischen) Künste, die nach dem Sex (mit den vorwiegend älteren Herren) gerne untereinander über solche parlieren. Mit seinem massgeschneiderten Aussehen wird Jim schnell zum gefragten Star der Gruppe und zu Muse und Modell der Künstler-Kunden. Dass er zudem unter dem "Stendhal Syndrom" leidet, ist nicht etwa ein Nachteil, sondern lässt ihn echte Kunst von Fake unterscheiden: Beim Anblick eines wahren Werks beginnen nämlich seine Hände zu zittern, das schwappt dann auf seinen ganzen Körper über, er beginnt zu halluzinieren und endet schliesslich in einem Ohnmachtsanfall. Für die Mäzenen eine weitere wertvolle Kapitalsummierung des pretty Shoe-Shine-Boys.

                                                    "Postcards From London" (2016) wäre gern eine Art Satyricon auf Neon, das missratene Panoptikum ist hingegen nichts weiteres als Entblössung altausgedienter Stereotypen von Dekadenz und sexueller Verwahrlosung von Mehrbesseren. Die reine Fokussierung auf Frischfleisch wird in abgehobenen Gay-Kreisen gerne hinter Kultur und Kunstgeschichte kaschiert, blättert die Fassade ab, bleibt höchstens nur noch ein lächerliches Ganzes von Zerfall, verlorener Schönheit und verblasster Jugend übrig. Direkt vom mystifizierten Frühbarock Caravaggios geht es zu Pasolini, Fassbinder, Van Sant und Jarman - ausgediente Relikte schwuler Subkultur. Immer wieder begegnet einem im Queer Cinema dieser ausgefranste Lead, zuletzt im völlig übergehypten "Call Me By Your Name" (2017) des Italieners Luca Guadagnino (mit diesem schrecklichen Armie Hammer in der Hauptrolle) - ein weiterer Film, der eine eigentliche Päderasten-Story in selber Manier hinter Kunst, Bildung und Italianità zu vertuschen versuchte. Dramaturgisch verliert es sich hier in diesem britischen Beispiel immer wieder in endlosem abgehobenen Gefasel und immer gleichen Szeneneinstellungen - nicht mal als Lektion in Kunsthistorik taugt das öde Drama: Von Beginn weg bis zum Ende schleppt sich diese Pseudo-Filmkunst in homogener und nihilistischer Langeweile mit seinen blasierten Sätzen und ohne eine einzige szenische Abwechslung hindurch und fokussiert ausschliesslich auf Hauptdarsteller Dickinson ("Don't call me a rentboy!"), der mich schon in "Beach Rats" (2017) durch seine ungemütlich arrogante Art abschreckte. "Kunst kann nur verstehen, wer auch das Leiden kennt", ist hier ein Filmzitat: Leiden durch 90 Minuten Langeweile werden Sie hier zwar gehörig, aber Kunst wird nicht im Geringsten vermittelt, sie wird nur gerade als Mittel zum Zweck eingewoben. Wenn sich die LGBTQ-Community also noch immer durch solche klugscheisserischen Machwerke wie "Postcards From London" definieren muss, ist der Weg zu ihrer Identifikation und Selbstverständnis jedenfalls noch ein langer, weiter und steiniger.

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