YupYum - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
UntamedUntamed ist eine Thriller aus dem Jahr 2025 von Mark L. Smith und Elle Smith mit Eric Bana und Wilson Bethel.+40 Kommentare
-
MobLand - Familie bis aufs BlutMobLand - Familie bis aufs Blut ist eine Gangsterserie aus dem Jahr 2025 mit Helen Mirren und Pierce Brosnan.+10 Kommentare
-
BallardBallard ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 mit Maggie Q und Titus Welliver.+10 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens156 Vormerkungen
-
One Battle After Another121 Vormerkungen
-
Bring Her Back98 Vormerkungen
-
The Long Walk - Todesmarsch86 Vormerkungen
-
Caught Stealing63 Vormerkungen
Alle Kommentare von YupYum
Der französische Wüsten-Blutrausch "Revenge" (2017) ist ein so derart an den Haaren herbeigezogener und urtypischer Rape- and Revenge-Gore, der Genre-Fans bestimmt schmecken wird. Auch hier ist das Muster wie immer gehabt: Akt I: Eine Frau wird vergewaltigt und/oder gefoltert und liegengelassen, der oder die Täter halten sie zumeist für tot. Akt II: Die Frau überlebt und kommt wieder zu sich. Akt III: Die Frau nimmt Rache und tötet ihre/-n Peiniger. Auch hier ist alles genauso, aber immerhin ist die Kamera ausserordentlich, die mit symbolträchtigen Close-Ups, bemerkenswerten Albtraum-Sequenzen (mit toll platzierten Schockeffekten) und durchgehend gestylter Videoclip-Ästhetik die sengende Wüstensonne allgegenwärtig macht - ähnlich wie bei "The Reach" (2014, mit Michael Douglas). Schon dafür lohnt sich bestimmt die Sichtung für angehende Filmfach-Studis. Die Story mit ihrer ganzen Unmöglichkeit kann hier lediglich mit künstlerischer Freiheit entschuldigt werden. Kein Mensch kann ein Sturz aus dieser Höhe überleben, schon gar nicht, wenn er dabei noch aufgespiesst wird. Der Switch von der naiven blondierten Sextussi zur plötzlich braunhaarigen Rambo-Kampfamazone, die den stümperhaften Männern in radikalfeministischer Manier zeigt, wohin die Reise geht, erinnert wiederum an Videoclip-Verwandlungskunst. Doch der eigentliche Hauptdarsteller ist hier das Blut, das so exzessiv fliesst (und keine/r jemals über eine solche Menge verfügt) und gar im (schwachen) Showdown zu einer rutschigen Eisbahn wird, so dass man schon wieder in unfreiwilliger Komik schmunzeln muss. Dialoge sind ab den letzten zwei Drittel im Film praktisch keine mehr vorhanden, wofür auch? Die Musik erinnert in ihren besten Momenten an die französische 70er-Disco-Elektroniker "Space" und das Schauspiel ist nicht der Rede wert.
Ich will hier jedenfalls niemandem den Spass trüben, aber ist keine (eigentliche) Story vorhanden, wird es mir halt schnell mal langweilig. Meine Punkte gehen ausschliesslich an die kreative Kameraarbeit und den einen oder anderen gelungenen Regieeinfall. Neben amerikanischen und französischen Filmen werden außerdem in Japan (wie Takashi Ishiis "Freeze Me" (2000)), Finnland, Russland, Argentinien (z. B. "I’ll Never Die Alone" (2008)) und Norwegen (wie "The Whore" (2009)) Rape- and Revenge-Filme produziert - das war mir auch neu.
Beinahe jede aktuelle Gesellschafts- und Politströmung bringt zur Debatte und der weiteren Aufarbeitung ihren Film dazu heraus - beispielsweise "The Danish Girl" (2015) zur Transgender-Akzeptanz, "Guter Junge" (2008) zum damals allgegenwärtigen Pädophilie-Thema, "Der Verdingbub" (2011) zur Aufarbeitung der von den Behörden fremdplatzierten und zu Sklavenarbeit auf Bauernhöfen gezwungenen Schweizer Verdingkinder, "See You Yesterday" (2019) und "Da 5 Bloods" (2020) zur "Black Lives Matter"-Bewegung (zu der Netflix gar eine eigene Rubrik einführte) und mit "Alles Isy" (2018) kam schliesslich quasi eine deutsche Antwort zum "#MeToo"-Weinstein-Skandal von 2017: Nachdem Isy (Milena Tscharntke) auf einer Party wegen übermässigen Drogenkonsums das Bewusstsein verliert, kommen die zwei, sich im Zimmer befindenden Schulkollegen Lenny und Martin auf die spontan-schreckliche Idee, das 16-jährige Mädchen aus Spass zu "poppen", da diese sich ja eh an nichts erinnern wird. Der ebenso anwesende und eher schüchterne Jonas (Michelangelo Fortuzzo) wird vom rauen und ohne Skrupel zu agierenden Lenny aufgefordert, "es doch auch mal zu probieren", was dieser aus gruppendynamischen Zwängen schliesslich auch tut. Was folgt, sind einerseits die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Ebenen des Schuldbewusstseins der drei Jugendlichen und anderseits die Folgen für ihre Elternhäuser. Die sich anziehende Konfliktschraube und der Umgang mit der Tat ihres bisher immer unbescholtenen Sohnes Jonas drohen einen tiefen Keil in die Ehe seiner Eltern zu pferchen. Weitere (indirekte) Beteiligte und das Schicksal von Isy und ihrer Mutter werden im Film ebenso fokussiert.
Nicht immer geht hier das sezierte Psychogramm ganz auf, gewisse Handlungsabläufe und Beweggründe sind sehr plausibel und auch feinfühlig gezeichnet, andere wiederum lassen einem eher erstaunen (z.B. diejenige des eigentlich ja schwulen und ziemlich minderbemittelt-naiven Martin und die unverfrorene Kaltschnäuzigkeit des vergewaltigenden Haupttäters, plus auch Jonas' labil wirkende Mitbeteiligung an der Tat). Dramaturgisch wird der Konflikt schonungslos und mit packenden Dialogen vorangetrieben, das unbefriedigende Ende lässt hingegen alles wieder offen und scheint sich vor den Konsequenzen selbst zu schonen. Schauspielerisch ist der RBB-Film durchzogen, dessen Director Mark Monheim dafür den Bayrischen Filmpreis erhielt. "Wir wollten einen Film machen mit starken emotionalen Konflikten, zu denen sich die Zuschauer immer wieder neu positionieren", sagte er darüber. Das ist ihm und seiner Crew zumindest streckenweise gelungen.
"Waren Sie gestern zuhause?" - "Ja." - "Kann das jemand bezeugen?" - "Ja, mein Hund, aber der spricht nicht."
Ganze 75 Minuten habe ich diese träge, sich dahin schleppende und äusserst merkwürdige Charakterzeichnung zweier spanischen Cops durchgestanden, danach verliessen mich die Nerven definitiv und ich stellte den Krimi "Que Dios nos perdone/May God Save Us" (2016) mit einem tiefen Seufzer ab. Man fragt sich hier einfach, ob diese beiden Ermittler nicht vor Antritt ihrer Dienststelle psychologisch begutachtet und auf ein Fähigkeitszeugnis geprüft wurden. Der eine, Valfaro (Robert Àlamo), neigt regelmässig zu cholerischen Gewaltausbrüchen (auch gegenüber seinen Kollegen im Dienst), der andere, mit Namen Velarde (ganz farblos: Antonio de la Torre) überfällt schon bei ihrem ersten Besuch in seiner Wohnung die junge Nachbarin und öffnet trotz ihren Abwehrversuchen die Hose zur Beinahe-Vergewaltigung. Es ist Sommer in Madrid 2011, der Papst kommt zu Besuch (mit eingespielten Archivaufnahmen), 15-M-Demonstrationen sind allgegenwärtig und dabei soll ein Serienmörder gefasst werden, der es auf betagte Witwen abgesehen hat, die alle vergewaltigt und erschlagen wurden. Die Ermittlungsarbeit will nicht in Gang kommen und in der Szenen der Autopsie wird der Zuschauer auch in der x-ten Wiederholung nicht vor dem Anblick der nackten, lädierten Leichen verschont.
Über zwei geschlagene Stunden dauert dieser filmische Nihilismus, der mit überflüssigen Szenen und sich verlierenden Nebenhandlungen nur so protzt, Spannungsmomente gibt es hier keinen einzigen und die die möchtegern-düstere Grundstimmung wirkt nur aufgesetzt. Mit den Figuren will man sich partout nicht anfreunden und die Aufklärung des Falles mündet in pures Desinteresse. Natürlich gab es auch hierfür erneut einen "Goya", der spanische Filmpreis scheint für jede x-beliebige Inlandproduktion inflationär vergeben zu werden.
POSSIBLE SPOILER ALERT:
Horrormotive in gemieteten Ferienvillas scheinen in der Zeit von Airbnb hoch im Kurs zu sein: Nach dem recht passablen "Welcome Home" (2018), der einen Ausflug in die Toskana zum Thema hatte und dem schwächlichen "You Should Have Left" (2020, mit Kevin Beacon), wo es nach Wales ging, fahren wir nun hier in "The Rental" (2020) mit zwei jungen Pärchen in den Urlaub an die Pazifikküste im Bundesstaat Oregon. Was als Fremdgeh-Beziehungsdrama noch interessant startet und ein vorübergehender Stalker-Albtraum als weitere Ausgangslage beinhaltet, artet immer mehr zu einem Drehbuch voller Löcher, unbeholfenen Handlungen der vier jungen Darsteller/innen, miserabel in Szene gesetzten Slasher-Elementen, einer in sich zusammensackenden Spannungskurve und einem völlig ungeklärten Plot aus. Untermalt ist der billige Reisser mit kaum auszuhaltenden Bum-Bum-Synth-Tönen. Der Supergau von allem: Die Motive und sogar die Identität des später erscheinenden Killers werden überhaupt nicht aufgeklärt oder ersichtlich gemacht!
Der Autor und Director dieses B-Movie-Regiedebut-Blasts ist übrigens Dave Franco, jüngerer Bruder von James Franco ("127 Hours") und seine Ehefrau Allison Brie wurde gleich mit einer Rolle darin von ihm besetzt - ja, etwas Vitamin B kann eben nie schaden und scheint immer einer Karriere dienlich zu sein. Aber eben! Mein Tipp: Lieber das artverwandte und o.e. "Welcome Home" anschauen, das hatte wenigstens viel Italianità und gute Wendungen zu bieten und überraschte mit einer tollen Schlusspointe.
"And the Raven, never flitting, still is sitting, still is sitting
On the pallid bust of Pallas just above my chamber door;
And his eyes have all the seeming of a demon’s that is dreaming,
And the lamp-light o’er him streaming throws his shadow on the floor;
And my soul from out that shadow that lies floating on the floor
Shall be lifted — nevermore!"
Viele Anhänger von Edgar Allan Poe waren bei Erscheinen der Magier-Grusel-Komödie "The Raven" (1963) von Roger Corman und besonders seinem Screenwriter Richard Matheson restlos enttäuscht. In ihren Augen war der Film lediglich eine alberne Farce, die den Spirit des in 108 Versen verfasste Gedicht von 1845 kaum wieder erkennen liess (der Rabe war laut Poe ein "Sinnbild trauervoller und nie endender Erinnerung“). In nur 16 Tagen mit einem Budget von lediglich 300'000 Dollars verfilmt, sehen wir die schönen mediävalen Requisiten, die Corman immer wieder benutzt hatte, zuletzt im gefürchig-guten "The Pit And The Pedulium" (1961). Als es zu später Stunde bei Magier Dr. Erasmus Craven (Vincent Price) an die Fensterscheibe klopft, flattert ein schwarzer Rabe herein, der sprechen kann und behauptet, dass er von Bösewicht Scarabus (Boris Karloff) nach verlorener Magie-Wette in das Federvieh verzaubert wurde. Mit Hilfe einer im Kellergewölb zusammengebrauten Mixtur (mit Zutaten von Fledermäusen, Spinnen und drgl.) kann Craven schliesslich die verwunschene Kreatur in einen Menschen rückverwandeln, und der frisch erweckte Bedlo (Peter Lorre mit seinen typischen Kulleraugen) behauptet gar, dass er im Schloss von Scarabus die Gestalt von Craven's verstorbener Gattin Lenore gesichtet hat. Zusammen mit ihren Kindern (Olive Sturgess und Jack Nicholson in einer seiner ersten Rollen) brechen sie mit einer wackeligen Kutsche zu der gefährlichen und ungewissen Reise auf...
Mit aberwitzigen Dialogen, gehörig Situationskomik, Musik von Easy Listening-Legende Les Baxter und einer toll aufgelegten Schauspielergarde wird das Horror-Genre von Corman wundervoll parodiert und persifliert. Die technischen Tricks ohne Ende sind als gewiefte Kabinettstückchen in Extravaganz und seiner Zeit weit voraus serviert - mit farbigen Lasern, schwebenden Stühlen, Halstücher, die sich in Giftschlangen verwandeln und so weiter. Die unbekümmerte Grusel-Farce nimmt sich keine Minute lang ernst und der Dreh war laut Corman "ein grosser Spass für alle Beteiligten." Und auch hier darf natürlich das finale Inferno nicht fehlen.
"Vincent Price has reserved a seat for you in the theatre of blood..."
Auch bei meiner Zweitsichtung hält sich die Begeisterung für den Horrorklamauk "Theatre Of Blood" (1973) in überschaubaren Grenzen, das obwohl ich grosser Fan von Vincent und natürlich auch Diana Rigg bin. Alle beide bezeichneten den Film als das Lieblingswerk ihres filmischen Schaffens, was ja schon was heissen will. Die Grundidee, quasi die "Dr. Phibes"-Reihe der spektakulären Mordabfolgen nun im Theater nach Motiven von Shakepearse's klassischen Stücken fortzusetzen, mag ja auf den ersten Blick originell sein, langweilt jedoch irgendwann in ihrer Vorhersehbarkeit und den wiederholend von Price genüsslich ausufernd vorgetragenen Rezitativen. War das eigentliche Vorbild "Ten Little Indians" von Agathe Christie mit einer tollen Schlusspointe bedacht, fehlt diese hier gänzlich. Dass die Polizeiarbeit überhaupt nicht in Gang kommen will und sich die britischen Cops bis am Schluss mit billigsten Tricks an der Nase herumführen lassen, ist irgendwie schwer verständlich. Die skurrilen und aberwitzigen Verkleidungen und frei interpretierten Nachstellungen der literarischen Vorlagen sind natürlich für sich absurd-originell und finden mit Price in der Rolle als exaltierter Gay-Frisör mit Afroperücke einen Höhepunkt.
Mit "Theater des Grauens" sind wir definitiv in den 70ern angekommen (das typische "Ericofon"-Ein-Hand-Plastiktelefon steht schon auf dem Tisch), und das ist fast der Hauptgrund für meine eher bescheidene Bewertung: An die mystische und liebevolle Ästhetik von Dekors, Ausstattungen, Kostümen (und den künstlerischen Finessen z.B. eines Roger Corman) der vorhergegangenen Dekade mit den grossen Geschichten nach Poe und Hawtrone kann dieser simpel getrickste Mörderulk mit Litern vergossenem Kunstblut einfach nicht mithalten, der Film zeigt merkliche Abnützungserscheinungen des Genres und ebenso, dass (der bestimmt unersetzliche) Price vor allem eine Rolle bis zum Beinahe-Überdruss beherrschte und perfektionierte: Nämlich sich selbst zu spielen.
"I'm a New York City girl, it's a little too quiet here on Mongo for me." (Melody Anderson als Dale) - "I like to play a while before annihilation!" (Max Von Sydow als "Ming The Merciless") - "Look, water is leaking from her eyes..." (Ornella Muti als Prinzessin Aura)
Ähnlich kunterbunt und bescheuert wie das artverwandte "Barbarella" (1968, mit Jane Fonda) begleiten wir hier den leicht durchgeknallten Dr. Zarkov (Topol) mit seinen unfreiwilligen Begleitern, dem Bald-Pärchen mit der naiven Dale und Muskelpaket und (Barbie-)Ken-Clon Sam J. Jones als titelgebenden "Flash Gordon", auf ihre ungewisse Kapsel-Reise ins All zum Planeten "Mongo" (ja echt, so heisst er!) in dieser höllisch abstrusen Sci-Fi-Farce. Dessen intergalaktischen Herrscher Ming (mit seiner undurchschaubaren Tochter Aura) hat nämlich vor, die Erde zu zerstören. Natürlich hat er die Rechnung ohne die drei gemacht. Und zu guter letzt gibt es auch noch Waldschrat Barin (Timothy Dalton) und Sandalenheld Prinz Vultan (Brian Blessed) auf ihren ebenfalls unterdrückten Planeten, die sich nicht so leicht geschlagen geben. Spätestens als Brian May auf seiner schneidigen Gitarre Mendelssohns "Hochzeitsmarsch" erklingen lässt, ist für den bösen Ming Feierabend...
Ups, habe ich da alles richtig verstanden? Eigentlich egal, denn die Story ist hier in etwa so relevant wie die letzten EU-Beschlüsse zur Corona-Krise - hier zählt ausschliesslich das visuelle Erleben und der Humor (natürlich auch auf deutsch 1A, ein weiteres Glanzlicht der damaligen Synchronmeister-Garde). Wie schon ein Jahr früher bei 007's "Moonraker" (1979), reitet auch dieses Laser-Kauwumm-Spektakel auf der Erfolgswelle der Papier-Maché-Saga "Star Wars" (1977) mit. Kritiker lobten damals, dass das charakteristische Element der Comics und der Originalserie aus den 30ern beibehalten wurde. Tricktechnisch wunderbar farbenprächtig und retro-charmant, ist der Film auch ein Spass für Sci-Fi-Überdrüssige und solche, die ihre Wohnung gerne mit modernen Antiquitäten aus dem Second Hand-Shop einrichten. Die eingestreuten Anachronismen mit etwas römischem Imperiums-Ulk und einem Schneewittchen-Gehölz (mit einer tödlichen Sumpfkreatur) kreuzen schön den Pseudo-High-Tech-Imperial-Karsumpel des unerbittlichen Mings mit seinen berüchtigten Gimmicks (wie z.B. eine Erinnerungs-Lösch-Maschine) und den urkomischen sexuellen Unkorrektheiten einer Frau Muti. Die Kostüme sind alle massgeschneidert und aufwändig, Frisuren und Make-Up sind Eighties pur und stehen dem 80's-MTV-Videokanal in nichts nach. Als Fazit ist das Ergebnis ein irrer, schwindelerregender und leicht L$D-durchtränkter Humbug auf Celluloid geworden. PS: Die Pinball-Firma "Bally" hatte damals einen "Flash Gordon"-Flipperkasten rausgebracht.
"The Koran says if you kill an innocent, you kill all mankind..."
Entstanden in Folge des 9/11-Schocks, ist das Polit-Thrillerdrama "Traitor" (2008) wohl die packendste Aufarbeitung aus dem "Krieg gegen den Terror"-Fundus (wie z.B. "Machtlos" (2007), "Im Tal von Elah" (2007), "Der Mann, der niemals lebte" (2008) und dem staubtrockenen "Von Löwen und Lämmern" (2008)), das weil der Film es versteht, die Entstehungsgeschichte der sich radikalisierenden Personen (hier im Sudan und Jemen) zu beleuchten und einen differenzierten Umgang mit den auf sich prallenden Weltanschauungen und -kulturen beinhaltet. Die Story: Der ehemalige U.S.-Sergeant und Sprengstoffexperte Samir Horn (gross: Don Cheadlle), der bei einer Razzia in Jemen festgenommen wird, freundet sich im Wüstengefängnis mit dem militanten Muslimen Omar (Saïd Taghmaoui) an. Zusammen gelingt den beiden der (organisierte) Ausbruch und die Flucht zu Omars Kontaktleuten einer Terrorzelle nach Frankreich. Als in Marseille schliesslich ein Bombenanschlag auf die amerikanische Botschaft verübt wird, ermittelt das FBI mit den Agenten Clayton (Guy Pearce) und Archer (Neil McDonough). Doch diese wissen nicht, dass die CIA ebenfalls ihre Finger mit im Spiel hat und dass der mittlerweile Hauptverdächtige Horn ein Umdenken bei ihnen provozieren wird...
Obwohl das Filmwerk mittlerweile weit über 10 Jahre auf dem Buckel hat, ist seine Thematik keineswegs obsolet, die Bedrohungslage wird den Westen noch Jahrzehnte lang weiter beschäftigen. Der Film bietet ein solides Thrillergewand, ist fesselnd und überraschungsreich erzählt, gut gespielt, hat packende Inside-Views zu bieten, ist kosmopolitisch abwechslungsreich gestaltet, hat einen tollen orientalisch getränkten Soundtrack und das (kritisierte) Element eines gewissen U.S.-Patriotismus hält sich für mich angenehm in Grenzen.
Die Western-Tragödie "Serena" (2014) der dänischen Regisseurin Susanne Bier ist kurzgesagt träge, schleppend, kaum authentisch und völlig ziellos geraten. Bei einem satten Budget von 30 Millionen Dollar, spielte der Flop gerade mal lausige 5 Mio. an der Kinokasse ein, und die Kritiken dazu waren allesamt vernichtend. Erst in der letzten Viertelstunde kommt der Film (viel zu spät) mal auf den Punkt, bis dahin langweilt sich der Zuschauer mit vielen, sich wiederholenden Unwichtigkeiten und Nebenstrang-Handlungen. Der Alltag und die Szenerie der Wirtschaftskrise im Jahr 1929, hier gezeigt in den Wäldern der Smokey Mountains (in North Carolina), wirkt merkwürdig aufgesetzt und lässt seine Authentizität auf der ganzen Linie missen - und damit erscheint die Story schon vornherein in wenig glaubhaftem Licht. Psychologisch ist der Switch der bis anhin ständig disziplinierten und alles unter ihrer Kontrolle zu wissenden Hauptdarstellerin Lawrence als angeheiratete Holzfällerdynastie-Gattin (von Cooper) schwer nachvollziehbar. Man fragt sich als Zuschauer/in zudem, warum ihre Nägel auch bei der Waldarbeit rot gestrichen und ihre platinblonden Haare sogar in Ausnahmesituationen immer schön wellig im Stil des Retro-Hollywoods gelegen sind. Die kurzsichtig gezeichneten Charakteren mit immer mehr Gier, Missgunst, Egoismus und Neid sind kaum annähernd plausibel in ihrem Handeln zu verstehen. Die anflehend symphonische Musik von Johan Söderqvist wird mit zunehmender Laufzeit immer aufdringlicher und ist irgendwann kaum mehr zu ertragen. Immerhin ist das Schauspiel ordentlich.
Enttäuschungen machen unverzüglich die Runde und das erklärt auch das miese Einspielergebnis dieser schnell an Zugkraft verlierenden Geschichte der vielen Unzulänglichkeiten. Der eindimensionale Film ist schlussendlich eine Summe von Schwerfälligkeiten und verpassten (dramaturgischen) Chancen.
Auch beim B-Horrorspuk "It Follows" (2014) kann ich die vielen positiven Bewertungen (mit fast 1000(!) Comments dazu) nicht nachvollziehen, schon die Ausgangslage fand ich total bescheuert: Teeniegöre Maika Monroe lässt sich von einem Typen (den sie kaum kennt und der ihr nicht mal sein Eigenheim zeigt) zu einem One Night Stand im Auto verleiten, aber Au Backe!, der schnelle Sex war nur ein Vorwand um ihr einen Fluch unterzujubeln, und von nun an wird die Gute von allerlei halbnackten, Zombie-ähnlichen Gestalten überrascht und verfolgt. Doch zum Glück hält ihre Dorf-Clique (irgendwo bei Detroit) zu ihr, von denen die fünf gezeigten Yobs allesamt mit nicht besonders viel IQ gesegnet scheinen (am blödsten fand ich hier die Brunette mit übergrosser Rundbrille und ihrem rosafarbenen Puderdöschen-Handy).
Immer wieder geriet ich hier in Versuchung, den Film vorzeitig auszumachen, so langweilig schleppt sich dieser "Old Hokum" von einer überflüssigen Szene zur nächsten. Dialoge, Schnitt, Schauspiel und Soundtrack (eingespielt auf einem billigen Synth) sind allesamt auf unterstem Niveau, die spannungslose Story füllt sich immer mit der gleichen repetitiven Bedrohungslage von "Hilfe, hier ist ein Geist!". Und was ist eigentlich das thematische "It"? Warum die Teenagers von heute hier auf einem Schwarz/Weiss-Röhrenfernseher ständig uralte Filme in mieser Qualität anschauen und im örtlichen Kino "Charade" (1963) mit Audrey Hepburn läuft, sei mal dahingestellt. Was aber gänzlich unentschuldbar ist, ist die ganze dramaturgische Einöde und ein Schluss, der nicht nur abrupt daherkommt, sondern noch die ganze Story auf den Kopf stellt und das Drehbuch noch hohler erscheinen lässt.
Das höchst surrealistische Ausnahmewerk "Valerie a týden divů" (1970) von Jaromil Jireš wird von vielen Experten als DAS Glanzstück der tschechischen New Wave angesehen. Der Film kann weder als Horror, noch als Fantasy, als Märchen oder gar als Soft Porn definiert werden und ist doch gleichzeitig alles von dem. Immer wenn man glaubt, im Ablauf des Films eine Antwort gefunden zu haben, antwortet dieser wieder mit "Nein" darauf, das obschon eine narrative Struktur durchaus vorhanden ist. In den Sechziger-Jahren war das Publikum ge-thrilled, wenn es von rätselhaften und verworrenen Abläufen im Ungewissen gelassen wurde, was mit dem französischen Kunstdrama "Letztes Jahr in Marienbad" (1961) seinen (avangardistischen) Beginn vorwegnahm und diese spezielle Era eindrücklich markierte. Der L$D-getränkte und unglaublich detailverliebte Bilderrausch von "Valerie" (der die Tiefen des Unterbewusstseins auszuloten weiss) beeinflusste nachhaltig (und bis heute) namhafte Künstler und (Indie-)Musiker der Folk- und Psychedelic-Szene der 60s/70s und seine Referenz wird oft genannt.
Das innovative britische Platten-Label "Finders Keepers", das auf sehr spezielle Soundtracks spezialisiert ist, hat kürzlich auch diese mystische Filmmusik neu aufgelegt. Ihr Info dazu: As part of one of our most fruitful and gregarious adventures "Finders Keepers Records" now celebrate 10 years since the first-ever releases of the Czechoslovakian soundtrack to the surrealist new wave masterpieces "Valerie And Her Week Of Wonders" ("Valerie a týden divu") with a very special additional 7” EP of further unreleased variations, vocal tracks and newly resurrected themes from the original master tapes of composer Luboš Fišer. Possibly the most treasured modern surrealist artefacts from the vibrant and indelible Czech New Wave “film miracle” (alongside Vera Chytilová’'s "Daisies" and "Fruits Of Paradise").
"Es ist längst zu spät, um vernünftig zu sein."
Bevor David Lean ab 1957 weltberühmt, Oscar-geehrt (und auch etwas berüchtigt) für seine Mammut-Epen wurde (die mit "Ryan's Daughter" (1970) schliesslich seinen kreativen Tiefpunkt markierten), startete der ehemalige Cutter seine Karriere mit vier Filmen, die alle auf Drehbüchern oder Plays des Theaterautors, Schauspielers und Liederkomponisten Noël Coward (1899 - 1973) basierten, der für seinen ausschweifenden Lebensstil bekannt war. Das Melodram "Brief Encounter" (1945) gilt als Höhepunkt davon und war die letzte Zusammenarbeit der beiden, das "British Film Institute (BFI)" wählte es in seiner Liste 1999 auf Platz 2 der besten Filme des 20. Jahrhunderts der Königsinsel (die Auswahl dieser "Charts" ist derweil nicht ganz unumstritten). Der Film beginnt als sein tragisches Ende: Betrübt sitzen Mutter und Hausfrau Laura (Celia Johnson) und der Arzt Alec (Trevor Howard) im Bahnhofs-Buffet, als sie von der nervigen Dolly gestört werden, die ohne Ende labert. Alec muss zum Zug, Laura später ebenfalls und die geschwätzige Dolly kommt zu allem Elend gleich mit ihr mit. Sie driftet in Gedanken davon und versucht imaginär ihrem fürsorgerischen Ehemann zu schildern, was vorgefallen war: Nämlich der Ablauf und das Ende einer verbotenen Affäre und unmöglichen Liebe...
Diese Gedanken (aus dem Off erzählt) sind das tragende Gerüst des Films: Eine tiefgründige, sensible, berührende und poetische Prosa begleitet den Zuschauer bis zum tieftraurigen Ende mit. Obwohl die Story denkbar einfach abläuft, ist sie fesselnd konstruiert und trifft mitten ins Herz. Die schönen Bilder der oft schwarzen stillen Nacht, die immer mit dem Geräusch der ratternden Eisenbahn unterbrochen werden, haben starke Verbindlichkeiten zum amerikanischen Noir-Kino. Warum die Affäre im Film schliesslich nicht vollzogen wurde, beantwortet Richard Dyer in seinem Buch über den Film als die These, dass Begegnung das definitive Beispiel für einen speziellen Typus emotionaler Zurückhaltung sei, der typisch britisch war. Er zog zudem Parallelen zwischen Cowards Homosexualität und dem Thema einer verbotenen Liebe zwischen "normalen" Menschen.
"Disappointments are to the soul what a thunderstorm is to the air..."
Um keine Antwort ist die britische Autorin P. L. Travers (köstlich: Emma Thompson) verlegen und rezitiert gar auch noch Schiller, wenn sie Walt Disney "himself" (Tom Hanks) wieder einen (dramaturgischen) Gefallen in Abrede stellt. Seit 20 Jahren versucht dieser nun jährlich, ihr die Rechte an "Mary Poppins" für die Leinwand abzuluchsen und nun (1961) scheint es tatsächlich zu gelingen, da sich diese in einem finanziellen Engpass befindet. Doch die steife und äusserst störrische Londonerin mit spitzer Zunge mag weder die Amerikaner und ihre (in ihren Augen) oberflächliche Kultur, die Hitze der Stadt Los Angeles ("It smells like chlorine and sweat here") noch Disney's Kunstwelt, sein Kinder-Wohlfühl-Merchandising und schon gar nicht seine zahlreichen Animationsfilme. Mit ungeheuerlichen Forderungen scheint die nicht zu bändigende Schriftsteller-Lady Drehbuch-Autor Don DaGradi, die Komponisten-Brüder Sherman und natürlich Chef Disney zur Verzweiflung zu bringen. Die Freundlichkeit und die vielen Fragen ihres zugeteilten Chauffeurs Ralph (Paul Giamatti) kann sie ebenfalls kaum ertragen. Gleichzeitig werden immer wieder Rückblenden aus ihrer bewegenden Kindheit im australischen Outback (in Sepia-Tönen) eingeblendet. Irgendwie ahnt man als Zuschauer/in, dass die zwei gezeigten Ebenen in ihrer Verknüpfung entscheidend für das doch noch finale Gelingen des weltberühmten Musical-Films von 1964 sein werden...
Neben der fantastischen Ausstattung und Requisiten, dem aberwitzig gezeigten Kulturenclash und dem durchwegs tollen Schauspiel, spricht hier vor allem das Drehbuch Bände: Die Dialoge sind so geschliffen und kurzweilig (jede der berüchtigten Volten der unnahbaren Mrs. Travers sitzt wie Gusseisen), so dass man sich die Sichtung im O-Ton nicht entgehen lassen sollte. Humor, Tragik und dramatische Momente halten sich hier gekonnt die Waage. Und das schöne Ende rührt bestimmt zu kleinen Tränchen.
Schon bei dessen Erscheinen 1996, ging mir das blinde Gehype und Gekulte rund um "Trainspotting" auf den Keks, wie das schon zwei Jahre früher bei "Pulp Fiction" und erneut bei "Sieben" (1995) der Fall war; Filme, die die Neunziger - zugegeben - alle mit damals neuen stilistischen Mittel geprägt hatten, jedoch einfach masslos überschätzt sind. Mein Hauptproblem an dieser schottischen Junkie-Groteske war immer, dass hier die Heroinsucht als hip, abgefahren und besonders witzig dargestellt wird. Der Soundtrack mit all den Typen und Bands, die als obercool gelten (wie Lou Reed, Iggy Pop mit seinen Stooges, Bowie, Underworld, Primal Scream etc.), unterstreicht das natürlich zusätzlich: Für mich ist das nur ein inflationäres Abnuddeln von Musik, die ich selbst nicht mehr hören will. Edinburgh habe ich bei meinem längeren Aufenthaltin in den 80ern nie so kaputt erlebt (ausser vielleicht in den Councilhouse-Districts, wie eben dem hier thematisierten Aussenbezirk Leith), da war Glasgow (wo der Film tatsächlich gedreht wurde) schon eine andere Dimension: Die Fassaden waren runtergekommen, Kriminalität war allgegenwärtig, kulturelle Veranstaltungen waren (im Gegensatz zu heute) rar gesät und wenn man Schnaps brauchte, war man als Kunde im Spirit-Shop vor den Flaschen mit einem Eisengitter getrennt: Bevor man die Kohle nicht untendurch schob, gab es auch nichts zu saufen. Dramaturgisch, schnittechnisch, szenisch und darstellerisch gibt es hier natürlich nichts auszusetzen - gerade Robert Carlyle's Rolle als unkontrollierbarer, schmieriger, primitiver und cholerischer Alki, der bei der kleinsten Provokation ausflippt und mit Gewaltausbrüchen antwortet, ist schon enorm gelungen. Das erzählerische Tempo lässt auch nie Langeweile aufkommen.
Trotzdem bedient der Film für mich eine Form von RTL-Voyeurismus, im Sinne von: Es ist unterhaltsam, das Elend anderer zu begaffen, wenn man selbst nicht davon betroffen ist. Dieser Eindruck hat sich auch bei meiner kürzlich erfolgten Zweitsichtung nicht wirklich geändert.
Der Ausflug auf die Karibikinsel Puerto Rica, Ferien- und Steuerparadies der Amerikaner in den grossen Antillen, zeigt wenigstens zu Beginn einige schöne Flugaufnahmen der Surrendings, und das war eigentlich schon das Tollste an diesem völlig unterirdischen B-Movie-Schrott "Force Of Nature" (2020). Wie sich Mel Gibson (in einer unscheinbaren Minirolle) hier rein verirrt hat, bleibt ein Rätsel - und ohne seinem Namen würde sich auch niemand für diesen schablonenhaften, überflüssigen, mies getricksten und logikfreien Hurrican-Kunstraub-Flop interessieren. Fürchterliche Dialoge zum Fremdschämen, nerviger Soundtrack, Löcher en masse, vergebliche Spannungsmomente und eine unterdurchschnittliche Action, die immer wieder mit ellenlangen Szenen nahe am Kitsch unterbrochen wird. Der Schluss ist dann derart hanebüchen, dass man nur lachen kann - ich verweise explizit auf zwei(!) Polizeiuniformen.
Besonders erwähnt sei zudem das hundsmiserable Schauspiel von Emile Hirsch und seiner Angetrauten Kate Bosworth als Frau Doktor. Der Möchtegern-Actioner ist als Fazit auf ähnlichem Niveau, wie die unzähligen Filme vom Reissbrett mit Bruce Willis, Val Kilmer und Nicolas Cage. Verschwenden Sie nicht Ihre wertvolle Zeit mit diesem filmischen Totalausfall und machen Sie einen weiten Bogen um diesen Murks für die dankbare Mülltonne!
Der französische Director Jean-François Richet ist spätestens seit den beiden "Public Enemy"-Filmen ein Garant für dreckiges und schonungsloses Gangster-Kino. Hier bei "Blood Father" (2016) stand ihm zudem noch der Drehbuchschreiber Peter Craig Pate, bekannt von "The Town" (2010, von und mit Ben Affleck) und den beiden gelingt zusammen ein gradliniger und unglaublich spannender Actionthriller, der keine Genre-üblichen Wünsche offen lässt. Schon die allerste Szenen lässt erahnen, was da noch geschehen mag und der Zuschauer wird auf dem irren und atemlosen Wüsten-Fluchttrip nicht enttäuscht. Immer wieder wird eine böse Überraschung aus dem Köcher gezaubert und die Beteiligten darin sind alle wundersam durchgeknallt.
Mel Gibson (mit seinem üblichen Sarkasmus) passt herrlich in die Rolle des beschützenden Ex-Knacki John Link, der mit seiner zerstörerischen Vergangenheit abzuschliessen versucht (er kann in seinem Alter in Sachen Action easy mit Liam Neeson mithalten), seine Film-Tochter Erin Moriarty ("True Detective") kann ihm rhetorisch schön Paroli bieten und die skrupellosen lateinamerikanischen Drogengangster sind allesamt furchteinflössend. William H. Macy ist natürlich auch mit an Bord (wann immer man ihn braucht) und hat hier eine Gastrolle. Schnittige Dialoge, Schauplatz-Abwechslung und tolle Kamera/Editing sind selbstverständlich. Grosse abwechslungsreiche Unterhaltung ist hier gegeben!
Die Tragikomödie "Dr Goalie bin ig" (2014) (="Der Torwart bin ich") ist ein seltenes Juwel des sonst eher durchschnittlichen Schweizer Filmschaffens der neueren Zeit. Irgendwann in der 80er-Jahren: Ernst, von allen nur "Goalie" genannt (grossartig und herrlich komisch: Marcus Signer), ist nach einem Jahr Kiste (die er für einen misslungenen Drogenkurier-Job kassierte und auch dafür, um seinen Jugendfreund Ueli zu decken) wieder zurück im (fiktiven) Kaff "Schlummertal", im Kanton Bern. Dort ist er oft in dem Spunten "Maison" beim Wein anzutreffen, das weil er ein Auge auf Serviertochter Regula (Sonja Riesen) geworfen hat, die jedoch mit dem eher merkwürdigen, höchst eifersüchtigen und zu Gewaltausbrüchen neigenden Budi liiert ist. Nachdem dieser wiedermal Regi verprügelt hat, sucht diese "Asyl" in Goalies heruntergekommenen Bude und der Zufall will es, das ein weiterer Kumpel ("Stofer", mit Glatze und gerade neu implantierten Goldzähnen) soeben von seinem Onkel ein Haus an der spanischen Küste geerbt hat. Freundlicherweise offeriert dieser Goalie einen Ferienaufenthalt dort und so fährt er kurzentschlossen mit Regula hin, um einige geruhsame Tage zu geniessen. Doch in einer hiesigen Weinkneipe erfährt er eine andere Wahrheit über das angeblich geerbte Haus. Was steckt alles dahinter?
Voller queren (und sympathischen) Losers, die sich alle zwischen Gelegenheitsjobs, verpassten Chancen, Saufen, Kiffen und Heroin(entzug) bewegen, mit Mundart-Dialogen voll schräger Komik und unvorhersehbaren Situationen begleitet uns Autor Pedro Lenz und Regisseurin Sabine Boss in die verstaubte Welt der Achtzigerjahre. Niemals werden die Figuren der Lächerlichkeit preisgegeben, ihr Film hält die melancholische Grundstimmung des Buches bei, ist authentisch und wärmt das Herz. Toll das dramaturgische Detail, dass die Schauspieler (wie so oft) nicht im breiten und gespreizten Dialekt sprechen (das deshalb geschieht, um eine Hochdeutsch-Synchronisation zu vereinfachen), sondern in echtem Berndeutsch (die Untertitel auf der DVD müssen genügen). Nicht umsonst gab es dafür den Schweizer Filmpreis in den vier Hauptkategorien für dieses ursympathische, stringent erzählte, top-gespielte und äusserst humorvolle kleine Werk.
Berlin 1932: Die Nazis sind noch nicht an der Macht, doch das Strassenbild ist bereits dominiert vom pöbelnden, schmierenden und gewaltbereiten Mob der SA. Der jüdische Arzt und SPD-Abgeordnete Albert Goldmann (Jan Josef Liefers) ist schon früh mit Anfeindungen und Schikanen (im Parlament) konfrontiert, vor denen seine neue Geliebte, die "arische" Nachtclubsängerin Henny (Anna Loos), zuerst noch die Augen verschliesst, doch mit den zunehmenden Ereignissen selbst zum Opfer zu drohen scheint. Im Februar 1933 schliesslich taucht in Goldmanns Praxis der wirre Niederländer und Kommunist Marinus van der Lubbe (1909 - 1933) mit einer Augenentzündung auf und weiht Goldmann in seinen Plan ein, dass er den Reichstag in Brand setzen will...
Die tatsächlichen Umstände des Reichtagsbrand (und die Täterschaft) wurden nie restlos aufgeklärt, die politischen Folgen waren indes dramatisch und spielten der NSDAP in die Hände - was man ja weiss. Interessant ist der Ansatz, dass Director Friedemann Fromm die Zeitspanne vor Hitlers Machtergreifung filmisch thematisiert und dazu ist seine fiktive Liebesgeschichte glaubhaft und ohne Kitsch inszeniert. Der desillusionierende Ablauf seines Dramas (mit bitterem Ende) wird immerhin unterbrochen mit einigen Szenen aus dem Art Deco-geschmückten "Ballhaus" und den jazzigen Chansons (gesungen von Anna und Max Raabe); Szenenbild und Ausstattung sind im ganzen Film sehr gelungen. Als Fazit ist das alles für mich jedoch eine eher trockene Geschichtslektion geworden (die nur teilweise emotional zu berühren weiss), thematisch die meisten Schicksale der (zu) vielen involvierten Beteiligten offen lässt und letztendlich ein Film, den man bestimmt kein zweites Mal sehen möchte.
Schon seit Ende der 50er-Jahre standen Judi Dench und Maggie Smith (immer mal wieder) zusammen gemeinsam auf der Theaterbühne, nach "Room With A View" (1985) und "Tea With Mussolini" (1999) war "Ladies In Lavender" (2004) ihre dritte Zusammenarbeit für die Leinwand (und die Filme spielten immer in den 30er-Jahren). Und ihr Zusammenspiel mit viel britischen (und sarkastischen) Finessen ist auch der einzige Grund, warum man dieses harmlose Drama mal ansehen kann. Der Film spielt in Cornwall 1936, und am Strand sehen die alten Schwestern den angeschwemmten Körper von Andrea (Daniel Brühl), den sie in ihrem Landhaus aufnehmen und mit Hilfe von Dr. Mead (David Warner, "Das Omen") gesundpflegen. Andrea ist Pole und erweist sich als talentierter Violinspieler. Ursula (Judi Dench) entwickelt immer mehr Gefühle für den jungen Mann, doch ist Andrea in Wirklichkeit etwa ein Spion?
Für Brühl muss es bestimmt ein Quantensprung gewesen sein, mal mit den zwei lebenden Schauspiellegenden zusammenzuarbeiten, nur ich persönlich kann den Mann langsam nicht mehr sehen, der sich (mit der immer gleichen langweiligen Mimik) von Film zu Film zu reproduzieren scheint. Das unscheinbare Wohlfühl-Drama ist bestimmt kein Highlight des britischen Gesellschaftskino, dazu ist es einfach zu behäbig, zu schleppend und ohne wirkliche dramaturgische Highlights inszeniert. Der ganze Kitsch mit der eingewobenen Klassik von Nigel Hess, zehrt irgendwann an den Nerven. Für den Nachmittag in der Cafeteria im Altenheim mag der Film ja durchgehen, aber in dem Genre gibt es einfach weitaus besseres.
"Would we feel better if we knew the whole truth - or worse?"
"Strange But True" (2019) ist beginnt als Portrait einer zerrütteten und von einem Schicksalsschlag gebeutelten U.S.-Familie (wahrscheinlich in New Jersey) und je mehr Karten auf den Tisch gelegt werden, desto intensiver wird der erzählte Kontext. Was im ersten Akt noch als Hirngespinst eines Esoterik- und Parapsychologie-gläubigen Teenager-Girl (Margaret Qually) verstanden werden kann, ertappt man sich als Zuschauer selbst mit dabei, wie die Spurensuche ihrer vermeintlichen Grossmutter Charlene (herrlich böse und oft schön hysterisch: Amy Ryan) zu fesseln vermag. Diese ärgert sich schon zu Beginn stetig, dass ihr Ex-Mann (Greg Kinnear als hochdekorierter Arzt) mit einer Jüngeren abgehauen ist, die von Amy nur "Malibu-Slut" betitelt wird. Auch ihrem verbleibenden Sohn Philip (Nick Robinson), der nach einem Fahrradunfall an Krüke geht, gehen die überdrehten Nerven der Mutter auf den Keks. Wenigstens ist das Nachbar-Rentnerpaar (Blythe Danner und Brian Cox) immer hilfsbereit zur Stelle, wann immer dafür Need ist. Mehr sollte man hier eigentlich nicht mehr verraten, nur soviel: Das Familiendrama wird im letzten Drittel zum bitterbösen Thriller, bei dem Stephen King schön grüssen lässt.
Toll gespielt, kurzweilig inszeniert und mit einem "Bouquet Final", das intensive Spannung verspricht, unterhält der kleine, fiese, verschachtelte, überraschungsreiche und prominent besetzte Thriller grossartig. Auch wenn er am Ende ein Geheimnis für sich behält.
"If I kill a man they call it murder, if they do they call it war."
"Black '47" (2018) wird wohl vielen Iren aus der Seele sprechen: Thematisiert wird das dunkle Kapitel des britischen Empire, das die heimische Bevölkerung Mitte des 19. Jahrhunderts systematisch um Rohstoffe und Lebensmittel bestohlen und ihr Land und ihre Häuser enteignet hatte und damit eine jahrzehntelange Hungersnot auslöste, deren Gewaltspirale noch 100 Jahre später spürbar war. Dieser (weitaus vergessenen) Ungerechtigkeit setzte Director Lane Daly nun ein Denkmal in Form eines im Stil des Neo-Western gezeigtem, schonungslosen Vergeltungsdrama.
Die Bilder sind grau und düster, die Szenerie beklemmend und die Not hautnah spürbar. Die Musik von Brian Byrne wechselt zwischen bedrohlicher Finsternis und irischer Folkmusik gekonnt ab und unterstreicht so die durchwegs fahle Stimmung des Films. Mit einer Prise Robin Hood fiebert man mit dem Held und Deserteur Feeney (James Frecheville) mit, der mit stoischer Miene seine Mission der Gerechtigkeit zu vollbringen scheint. Auch sonst ist das Schauspiel u.a. mit Hugo Weaving, Stephen Rea und Oscar-Preisträger Jim Broadbent erlesen, nur Frauenrollen gibt es so gut wie keine. Toll auch das Detail, dass der Film zweisprachig ist und mit nativem Irish angereichert wurde: Deshalb empfiehlt es hier ganz besonders, ausschliesslich die Original-Version zu schauen - nur so entfaltet sich der raue Grundton dieses stimmungsvollen und spannenden kleinen Kunstwerks.
Eigentlich habe ich mir geschworen, keine Filme mehr von notorischen "Depro-Regisseuren" anzusehen, wie z.B. Alejandro González Iñárritu, Terence Malik, Michael Haneke oder eben Gus Van Sant (von dem ich eigentlich nur "Milk" und den "Waschsalon" okay fand). Wegen Mattew McConaughey liess ich mich hier zu einer Ausnahme verleiten und auch "The Sea Of Trees" (2015) hat mich erneut enttäuscht. Irgendwo angesiedelt zwischen Pfadfinder-Abenteuer, Ehekrach- und Alkoholiker-Misere (in Rückblenden) und viel platziertem Esoterik-Murks (plus einer Prise "Lost In Translation" gegen Ende) begleiten wir zwei lebensmüde Männer auf ihrem scheinbar aussichtslosen Irrweg durch den berühmten Suizid-Wald "Aokigahara (青木ヶ原)", beim Berg Fuji in Japan - das, weil sie trotzdem noch die Eingebung hatten, etwas weiterzuleben. Mit den ellenlangen Einstellungen dabei, bekam meine Vorspul-Taste wiedermal Hochkonjunktur. Ein nicht endend wollendes Geständnis über seine gescheiterte Ehe von McConaughey (beim Feuer) berührt nicht wirklich, sondern gibt eher eine Form von Lächerlichkeit preis. Naomi Watts (als eben diese Ehefrau) spielt unterirdisch unglaubwürdig und schlecht, lediglich der Japaner Ken Watanabe ("Inception") ist einigermassen passabel. Dass es hier ernst zur Sache gehen soll, wird dem Zuschauer immer sträflich vermittelt durch die vor Pathos triefenden Soundtrack-Klänge von Mason Bates. Am Ende des Films herrschte bei mir nur innere Leere.
Nicht nur mich hat das langfädige Drama in Regen stehen gelassen: "Dull, maudlin, and fundamentally empty, The Sea of Trees extinguishes the contributions of a talented cast and marks a depressing low point in director Gus Van Sant's career.", schrieb ein Kritiker der Plattform "Rotten Tomatoes" darüber.
"The Truth About Emanuel" (2013) ist entgegen der Erwartungen schürenden DVD-Hülle (mit dem zusätzlich blöden und irreführenden Lead "Unterschätze nie, wozu eine Mutter fähig ist") kein Thriller, sondern ein stilles Psychodrama geworden, dass seine dramatische Intensität langsam zu steigern weiss. Beide jungen (Single-)Frauen, um die es hier geht und unverhofft Nachbarinnen in einem gutbürgerlichen U.S.-Mittelstands-Kaff werden, haben ein Traumata zu tragen und lange bleibt der Zuschauer ab ihren gegenseitigen und ungewöhnlichen Reaktionen auf ihre Geheimnisse im Dunkeln. Verbindet ihre Zuneigung füreinander ein Familiengeheimnis, einen Mutter/Tochter-Komplex oder gar Liebe?
Jessica Biel (mal mit dunklen Haaren) und der damalige Teenager-Star Kaya Scodelario harmonieren jedenfalls prächtig miteinander in ihrem kammerspielartigen und toll gespielten Tête-à-Tête. Der Plot wird immer wiedermal unterbrochen mit interessanten Side-Aspects, wie der Flirt in der Eisenbahn mit einem sympathischen Jungen oder den Szenen, die nicht unkritisch die pseudo-fürsorglichen Alltagsbegebenheiten einer zerrütteten Familie(-nidylle) im typisch amerikanischen Kontext beleuchten. Böse Zungen könnten das Drama vielleicht als "Sozialarbeiter/innen-Film" abtun, aber falls man die paar szenischen Wiederholungen darin mal wohlwollend ignoriert, wird man doch mit einigen bereichernden, psychologisch wertvollen Aspekten belohnt.
Wenn ich in der Stimmung dafür bin, schaue ich mir (zwischenzeitlich) auch mal einen Kostümschinken an, aber diese langfädige Plapper-Orgie war für mich schon früh ein Feuerwerk an Gähnanfällen. Dabei sollte die erlesene Schauspielriege (rund um Fiennes, Rush, Firth, Affleck, Wilkinson, Everett, und den wenigen Frauen Dench, Staunton und naja... Paltrow!) und die ganzen 7 Oscars dafür eigentlich für ein anderes Omen sprechen. Der Film ist historisch an den Haaren herbeigezogen - bis auf das Detail, dass damals keine Frauen auf den Bühnen zugelassen wurde (und dass in London 1592 tatsächlich die Pest ausbrach), ist der Film eine rein fiktive Angelegenheit: Weder betrat Elizabeth I jemals ein Theater, noch gab es Tabakplantagen, und die Familie Wessex (Colin Firth's Rolle als fieser Lord derer) war schon im 12. Jahrhundert ausgestorben. "Romeo And Juliet" war auch nicht Shakespeare's Idee, er adaptierte den Stoff von einem Versband (von 1562) von einem gewissen Arthur Brookes für die Bühne.
Kurz gesagt, diese mir wie eine Ewigkeit gefühlten, geschlagenen zwei Stunden der Melodram-Komödie "Shakespeare In Love" (1998) haben mich weder berührt, gepackt und kaum unterhalten. Für Fans des klassischen Theaters mag der Film ja vielleicht bereichernd sein, für mich machte sich hier letztlich nur genervte Langeweile breit - vollgepumpt mit überflüssigem Firlefanz und einer Lovestory, die mir nicht ans Herz ging. Und über das Schauspieltalent einer gewissen Frau Paltrow, schweigen wir uns besser mal elegant aus...
"Seid ihr wieder da...?"
Thematisierte Bryan Forbes in "Whistle Down The Wind" sieben Jahre früher die Kinderseelen, sind jetzt die Alten bei ihm in "The Whisperers" (1967) dran. Wiederum ist ihm eine eindrückliche soziale Bestandsaufnahme als Contrecoeur der britischen Swinging Sixties gelungen. Mrs. Ross (hier Oscar-nominiert: Dame Edith Evans, "Geschichte einer Nonne") ist eine einsame und etwas verschrobene alte Frau, die die Tage ihres tristen Daseins in der staatlichen Suppenküche, beim Bingo oder in der Bibliothek verbringt. Nachts lauscht sie den "flüsternden Wänden" in ihrer kargen Wohnung - den Wassertropfen der maroden Leitungen, Stimmen der Nachbarschaftswohnungen und den Schritten von oben, irgendwo zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Als sie eines Tages ein Päckchen mit viel (gestohlenem) Geld findet, dass ihr missratener Sohn Charlie (Ronald Fraser) in ihrer Wohnung zu verstecken versuchte, glaubt sie an eine langerwartete Erbschaft. Das junge Pärchen von nebenan bekommt davon Wind und füllen die arme Frau mit Schnaps ab, ehe sie sie berauben...
Auch hier ist eine gewisse Leichtigkeit und der tragende Flow der erzählten Geschichte bemerkenswert, wie die eigentlich tristen Umstände der Story dramaturgisch umgesetzt wurde. Die Schwarz/Weiss-Bilder (von Manchester) von Gerry Turpin (ausgezeichnet mit dem British Film Academy Award) sind so kontrastreich gehalten, dass der Stil nicht umsonst an den des Russen Andrei Tarkowski erinnert. Das Schauspiel ist ausserordentlich und die tolle Musik stammt von John Barry, der gleichzeitig gerade den beschwingten Soundtrack von "007 - You Only Live Twice" komponierte. Nicht umsonst, erntete der (vergessene) Film als Feedback ausschliesslich gute Kritiken und gewann namhafte internationale Preise.