YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

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    YupYum 12.11.2023, 17:49 Geändert 13.11.2023, 10:32

    „D.H. Lawrence‘s Lady Chatterley“ ist die erste von zwei verschiedenen BBC-Verfilmungen aus dem Jahr 1993, mit Joely Richardson und Sean Bean in drn Hauptrollen (die zweite erfolgte dann 2015). Es gibt eine zusammengeschnittene Fassung des ZDFs auf 111 Minuten hiervon, ursprünglich war der Film eine vierteilige Mini-Serie fürs britische TV - alles natürlich in der typischen BBC-Tradition: akkurat, werkgetreu und auch ein bisschen behäbig.

    Verregnete Sonntagnachmitte eignen sich einfach hervorragend, um Bildungslücken und Pflichtstoffe mal nachzuholen. Sean Bean, eigentlich ein Action-Vertreter von B-Filmen unterschiedlicher Qualität, mal in einer Literaturverfilmung zu sehen, fand ich schon speziell - die Rolle als rauer Liebhaber aus dem Gehölz meistert er jedenfalls ganz gut.

    Der Roman selbst ist natürlich für die Geschichte des publizierten Wort bahnbrechend: Drei Fassungen gibt es von ihm, erschienen 1926 -1928, und ellenlange Prozesse vor Gericht machten die „obszöne, vulgäre und pornographische Darstellung in der Geschichte“ erst richtig populär - 1960 schliesslich, wurde sie endlich der vollumfänglichen Legalität anerkannt und trug ihren Beitrag zur sexuellen Revolution in erheblichen Masse bei. Das Buch kann nämlich ebenso als Emanzipationsgeschichte verstanden werden.

    Besonders sticht für mich hier Shirley Anne Field heraus, in der charakterlich komplexen Rolle der gehobenen Haushälterin Mrs. Bolton: Die Beziehung von ihr zu Lady Constance Chatterley ist insbesondere bemerkenswert, dass sie Verständnis für ihr untreues Verhalten gegenüber ihrem cholerischen Angeheirateten hat und und beiden Seiten gegenüber loyal ergeben ist: Sie hatte nach einem Grubenunglück selbst ihr eigener Mann verloren, und die Herrschaften verweigerten ihr eine angemessene Witwenrente - ein tiefes Ressentiment. Der seelische Gefängnisausbruch von Lady Chatterley kann auch als ihre eigene persönliche Rache an der englischen Adelsgesellschaft gedeutet werden.

    Es gibt etliche Verfilmungen des elementaren Stoffs, die erste stammt von 1955, mit Danielle Darrieux - natürlich aus Frankreich. Und immer wieder geht das schöne Happy End des urbritischen Stoff ans Herz.

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      YupYum 10.11.2023, 22:17 Geändert 11.11.2023, 21:22

      „Das Verbrechen, das wir in uns tragen, müssen wir uns selbst zufügen, nicht anderen.“

      Der kolumbianische Director Ciro Guerra empfindet seine Literaturverfilmung nach J. M. Coetze‘s Roman (von 1980, schrieb hier das Script) selbt als „Allegorie, der das Allegorische abhanden gekommen“ sei. Sein Film „Waiting For The Barbarians“ (2019) zeige nur Parallelen von früher zur heutigen Zeit auf - bis und mit heute hätte sich an solchen Machtgefällen nämlich rein gar nichts geändert. Sei das der Krieg in Afghanistan oder der im Irak gewesen.

      Dieses staubige Wüstendrama thematisiert die Koloniaslierung der Mongolei, gefilmt wurde indes in Marokko. Geschichtliche Hintergründe blendet der Film einfach aus und behält sie dem Zuschauer vor. Alles könnte ja glatt erfunden sein, fehlt jeglicher historischer Bezug - immerhin mit einigen begleiteten Informationen im Abspann. So etwas ärgert mich an solchen Filmen immer, denn der Authentizitätsnachweis finde ich schon sehr wichtig.

      Viele haben sich das wahrscheinlich einzig deshalb angeschaut, um Johnny Depp in seiner diabolischen Rolle als brutaler Colonel Joll in gewissem Voyeurismus zu sehen, und wie er eben die einheimische Bevölkerung, also die sogenannten „Barbarians“, knechtet. In seiner ganzen Vorhersehbarkeit ist schon von Beginn weg klar, dass der ehrenwerte Magistrat des Aussenpostens (Mark Rylance) selbst Opfer seiner narzisstisch-kranken Handlungen wird.

      Ich sage es Ihnen ganz offen: Mit solchen einseitigen Ethno-Gerechtigkeits-Dramen kann man mich ziemlich jagen. Heute sehen wir grad im Nahen Osten, dass der Feind der Zivilbevölkerung meistens aus den eigenen Reihen kommt: Die Huthis im Jemen, die Hizbollah im Libanon, die Hamas in Gaza und das Mullah-Regime im Iran - alles mit Verbindungen zu den autokratischen Staaten Russland und China, die ebenfalls die Menschenrechte mit Füssen treten. Nicht immer sind es „weisse, ältere Herren“, die die Welt mit Unglück zuschütten.

      Nur schon diese unglaublich drögen Depro-Geigenklänge implizieren die ganze epische Schwerfälligkeit, die uns hier erwarten wird. Ein Film, der wohl eher was für unsere geschätzte Kollegin Frau Fletcher ist, denn für mich.

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        YupYum 09.11.2023, 23:32 Geändert 10.11.2023, 10:39

        Willkommen in der verblüffenden und skurrilen Wunderwelt des englischen Künstler-Exzentrikers Louis Wain (1860 - 1939)! Dieses sorgfältig recherchierte und liebvoll umgesetzte Bio-Pic mit Gentleman-Actor Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle geht einfach ans Herz:

        Im viktorianischen England um die Jahrgundertwende galten Katzen als unliebsames Ungeziefer schlechthin, die lustigen und eigenwilligen Tiere wurden nur verachtet. Erst die Kunst Wain‘s half den knuddligen Wesen endlich in Britannia 🇬🇧, geliebt und bewundert zu werden und sich schlussendlich als Haustiere zu etablieren. Der unrühmliche Irrglaube des Mittelalters, dass sie verhexte Kreaturen des Satans waren, hielt sich noch Jahrzehnte weiter, bis eben Wain ihr Ruf mit seinen verspielten Bildern und Karikaturen bei diesen unverbesserlichen Puritanern auf ewig radikal änderte.

        Doch brutale Schicksalsschläge, wirtschaftliche Fehlentscheidungen und die Schizophrenie-Erkrankung einer seiner sieben Schwestern (deren Portraits hier nicht minder skurril gezeichnet sind) hinterliessen ihre Spuren bei ihm - erwarten Sie also nicht eifach ein Wohlfühl-Bio-Pic bei „The Electrical Life Of Louis Wain“ (2021)! Halt gaben ihm immerhin seine Verlobte, die ehemalige Gouvernante Emily (Claire Foy; sah ich noch nie besser!) und sein treuer und strenger Verleger-Freund Sir Wiiliam Ingram (Toby Jones; herrlich britisch!), Chef bei der renommierten Zeitung „Illustrated London News“ - es war damals übrigens verpönt für die Oberschicht, sich eine der „Unteren“ zur Frau zu nehmen!

        Details im Ablauf sollen hier keine verraten werden, die poetische Note, die Edel-Dialoge (bitte im O-Ton schauen!) und die wundersamen Bilder einer Traumwelt sollten Werbung genug sein für dieses ultra-sympathische, ur-britische, kurzweilige und immer wieder überraschende Film(kunst)werk. Auch wenn mir persönlich die Illustrationen einer Beatrix Potter im Grunde mehr zusagen.

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          YupYum 06.11.2023, 22:39 Geändert 10.11.2023, 10:41
          über Crypto

          (Kurzkommentar:)
          Völlig schablonenhafter, routiniert abgespulter Langweil-Cryptowährung-Bedrohungs-Müll, der ohne einen einzigen dramaturgischen Höhepunkt und völlig spannungsarm seine Laufzeit abdeckt. Etwas Russenmafia, Verschwörung im Bankwesen und eine möchtegern-mysteriöse Gallerie-Lady (die man auch bestaunen kann, wie sie sich mal ins Nirvana fixt) sind die Zutaten. Eiskalte Bilder ohne Anspruch, dem Zuschauer etwas Mystik zu bieten, runden das Gesamtbild von „Crypto - Angst ist die härteste Währung“ (2019) in seiner Kaltherzigkeit ab. Gastauftritt: Kurt Russell.

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            YupYum 06.11.2023, 00:10 Geändert 13.11.2023, 11:35

            „Eine Schmonzette - und dann erst noch mit Dumpfbacke Keanu Reeves? Behüte mich aller Herrgott dieser Welt!“ So entkam es mir spontan, als ich mit dem Michi vor der DVD-Grabbelkiste des hiesigen 2nd-Hand-Ladens stand, er dann diesen Film daraus herauszog und mir in geballter Euphorie sagte: „Der Film da, der ist so super, denn muss man einfach gesehen haben!“ Lassen Sie mich kurz vorausschicken, dass dieser Michi, Stammkunde dort und Freund des Inhabers, auch nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte ist - aber anyway: Für 1 Euro machte ich ihm halt den Gefallen, und das Résumé davon lesen Sie hier:

            Die Hülle mit den Weichzeichner-Fotos von „A Walk In The Clouds“ (1995) macht wirklich nicht gerade Laune, sich das implizierte Geschwurbel anzutun, gerade wenn man wie ich romantischen Komödien der Neuzeit konsequent probiert aus dem Wege zu gehen.

            Die volle Portion Kitsch hier also? Aber in die Vollen! - Feel Good? So viel, dass es fast wehtut! - Übertriebene Symbolik? Und so krass voll damit, dass einem schwindlig wird! - Sepia- und Orange-Filter für die Himmel? Aber unbedingt unerlässlich! - Erst noch ein romantisches Weingut als Schauplatz? Aber voll Bingo! - Maurice Jarre‘s Soundtracktöne, die so triefig sind, dass es schmerzt? Aber bestimmt nicht ohne!

            Und so könnte diese Liste beliebig fortgesetzt werden. Aber dennoch ist alle Vorsicht vor zu schnellen Schlüssen geboten! Gewieft zieht Director Arau nämlich schnell schon seine Trümpfe aus dem Ärmel, und die setzen halt einfach Schachmatt: Die Geschichte stammt ursprünglich aus Italien, die Multikulti-Schauspiel-Truppe sind vor allem Leute aus Lateinamerika, das Weingut 🍷 ist in Napa Valley, California - und solange man am Set nicht verdursten muss, ist die halbe Miete ja eh schon hingeblättert!

            Doch dann überraschen mich in den Anfangs-Credits echt zwei grosse Namen der Superlative: Anthony Quinn aus Mexico - und Giancarlo Giannini aus Italien! Über Quinn braucht man denn auch keine weiteren Worte zu verlieren, mit Paraderollen in „La Strada„ (1954, von Fellini), „Der grosse Grieche“ (1978) und natürlich „Alexis Sorbas“ (1964) schrieb er unverwüstlich Geschichte im Kino.

            Doch das Wiedersehen mit Giancarlo Giannini hat mir besonders Freude bereitet: Der absolut geniale Chauvi-Schaupieler, der in den 70ern Hauptrollen in Lina Wertmüller‘s subversiven Anarcho-Polit-Italo-Streifen besetzte, wie „Mimi Metallurgico“ (1972; als Stahlarbeiter auf Abwegen), „In einer Regennacht“ (1978; mit Candice Bergen) und natürlich „Liebe und Anarchie“ von 1973, das Suberversiv-Meisterwerk schlechthin! Einige dieser Filme sah ich denn auch als Teenie zu Beginn der Eighties im Kino-Studio „Movie 1+2“ in Zürich, als sie in der Zeit des Punks wieder einen ungewöhnlichen Popoularitätsschub hatten.

            Hier aber spielt er also den charismatischen und störrischen mexikanischen Vater (natürlich mit Schnauzer!), dem Familienehre und die seiner Tochter über alles geht - und er spielt das so voller Inbrunst und Stockzahn-Humor, dass sich dieses Melodram dank seiner mitgebrachten Kurzweil echt zu schauen lohnt.

            Natürlich hat das Weintrauben-Edelkitsch-Drama auch sein unwiderlegbares Abzugspotenitial, z.B. wenn der der Vineyard 🍷 ein symbolträchtiges Feuer heimsucht, oder aber wenn dann all die Frauen mit ihren nackten Beinen und Füssen die Traubenente zermanschen, hat das mit erotischen Metaphern, wie ich sie mir wünsche, nicht gerade viel zu tun, aber Männer aus Mexico (ergo: unser Director Alfonso Arau) lieben einfach diese Art von Mammá- Erotica-Style. Was soll’s: Denn Quinn und Giannini reissen‘s einfach raus!

            Köstlich, als Quinn den unbedarften Reeves mal in einer Mondnacht mit Brandy abfüllt, und der besoffen die Angebetete unterm Fenster besingt, und die johlenden Latino-Gitarreros gleich mit von der Partie parat stehen. Und wegen denen zwei Top-Shots eben kann man hier auch getrost einen Blick reinwerfen. Und bevor mich die ganze Romantik hier noch ganz auflaufen lässt, öffne ich doch besser selbst mal das Tor meines eigenen Kühlschranks… Prost!

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              YupYum 04.11.2023, 22:05 Geändert 06.11.2023, 02:59

              Immer ist es die gleiche Krux, wenn man Schnee und anderes Drug-Zeugs im grossen Stil vertickt: Meistens wird nämlich einer deiner Kumpel grössenwahnsinnig, prahlt bescheuert mit seinen grossbusigen Bräuten oder posiert mit unverhältnismässig mit dem ganzen Klotz und Protz, bis auch der letzte im Viertel merkt, dass es sich hier nicht um lauteres Geld handelt, das man als Job beim Kleider-Reiniger in der Strasse verdiente.

              „Paid In Full“ (2002) ist denn auch eine weitere, typische soziologische Hood-Bestandesaufnahme aus dem Ghetto mit ordentlich Street Credibility geworden - basierend auf einer wahren Geschichte und im Titel angelehnt an den grossen Hip Hop-Hit von Eric B. And Rakim von 1987. Alles wirkt sehr authentisch, und das ist sein grosses Plus: New York war 1986 schon der heisseste Shit, von sowas kann die Stadt heute selbst nur nocht träumen. Abzug gibt es für die Dramaturgie: Das plätschert leider alles gar gleichatmig vor sich hin, erst im letzten Drittel, als der Film zur Tragödie wird, bekommt er endlich mal Fahrt, und das ist unterm Strich einfach zu mager.

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                YupYum 29.09.2023, 18:47 Geändert 30.09.2023, 00:53

                „That theory sensation that you have seen a stranger before - everyone experienced it…
                Call it „Déjà-vu“, this man calls it terror!
                Master filmmaker Brian De Palma now creates „Obsession“:
                Michael Courtland denied a nightmare fir sixteen years, now that nightmare will have its revenge.
                An act of love in its ultimate state becomes the ultimate in suspense…Obsession!“
                (The Original Trailer, 1976)

                Viele Filmbewanderte, die von sich glauben, selbst ein wandelndes Lexikon zu sein, stimmen beim eigentlich so tollen Frühwerk De Palma‘s jeweils gemeinsam mehrstimmig in die gleiche, schon längst totgespielte persönliche Pseudo-Hit-Single mitein: Nämlich, dass De Palma eh nur bei Vorbildern klaue und seine Filme lediglich billigen Abklatsch wahrer grosser Meister(werke) seien - allen voran natürlich Alfred Hitchcock.

                Ich sehe das etwas ziemlich anders: Es gibt eine künstlerische Freiheit der Inspiration. Was originell und anderweitig umgesetzt wird, oder wer eine ursprüngliche Idee kreativ neu interpretiert, muss noch lange kein Dieb sein, der sich mit Plagiaten schmückt. Es gibt auch viele Rock-Fans, die keine einzige Scheibe eines Blues-Musiker in ihrer Sammlung besitzen, dies obwohl ihre mögliche Lieblings-Band Led Zeppelin die meisten Tunes selbst von schwarzen Blues-Leuten übernommen hatten - und trotzdem waren Zep ein ganz eigenes Kapitel und schrieben mit ihren grossen Songs Musikgeschichte.

                Bei De Palma sagen sie nichtsdestotrotz, dass z.B. das interessante „Blow Out“ (1981), Antonioni‘s „Blow Up“ sehr ähnlich sei, das eiskalte „Dressed To Kill“ (1980) von „Psycho“ abgekupfert sei, das von mir ebenso empfohlene „Body Double“ (1984) von „Fenster zum Hof“ kam - und der Mystikhammer „Obsession“ (1976) hier natürlich eine Kopie von „Vertigo“ sei (alle Hitchcock). Doch sowohl seine Meilensteine „Carrie“ (1976) „Scarface“ (1983) oder „The Untouchables“ (1987) waren alles ganz eigene, bzw. toll adaptierte Stoffe.. „Sisters“ (1973), „Teufelskreis Alpha“ (1978) und „Raising Cain“ (die ich selbst zwar nicht ganz so gross finde), sind hingegen ganz eigene Stories.

                Doch wenn man schon unbedingt so gross von Plagiaten pupen will, ist „Vertigo“ eigentlich nur bedingt ein Vorbild von „Schwarzer Engel“ (deutscher Titel) - für mich ist, wenn schon, „Rebecca“ viel näher dran: In mehreren Schlüsselszenen nämlich, geht die junge Sandra (Geneviève Bujold) auf Spurensuche ihrer ehemaligen Hausherrin Elizabeth. Mehr und genauer sollte man gar nichts darüber erzählen, am besten unterlässt man sogar das Lesen der Synopsis des Films auf MP gänzlich - denn hier spoilern eigentlich alle Hinweise und Schilderungen diese höchst interessanten und überraschungsreichen Storytwists mit eben ihren Wendungen, die einem erstaunen lassen und einem Ende, das tief zu berühren vermag. (Den Trailer zu schauen, das erlaube ich hier noch knapp! xD)

                Ein ganz wichtiges Merkmal ist hier die Symbolik: Alles hat hier irgendeinen Déjà-Vu-Effekt, schon die Torte zu Beginn (in der eigentlichen Vodoo-Hauptstadt New Orleans), die mit flackernden Kerzen dekoriert ist, erscheint in der einen oder anderen Form immer wieder. Die Kamera ist sich für keinen Extra-Einfall zu schade: Köstlich, wie die teuren Karossen auf dem, von heulendem Wind in unheimlicher Manier begleiteten Friedhof(-sbesuch), immer in der gleichen Perspektive stehen. Die Einfällle sind hier unzählig, ganz eindrucksvoll beispielsweise die Symbolkraft des Geldes, wenn Dollarnoten 💵 in Zeitlupe durchs Bild fliegen.

                Der Weichzeichnereffekt ist ein weiters wichtiges Ingredienz, ähnlich wie beim zeitgleich erschienenen„Omen“ (auch 1976) ist er ästhetisches Merkmal, den die mystische Note des Films zusätzlich unterstreicht. Die Traumsequenz schliesslich ist der Gipfel dieser faszinierenden visuellen Verworrenheit.

                Doch das allein genügt noch nicht: Einen Grossteil dieser stringenten Magie macht die unglaublich tolle Musik von Hitchcock-Hauskomponist Bernard Herrmann aus (mit dem ich übrigens den Geburtstag teile). Als er das Drehbuch fertig gelesen hatte, sagte er zu De Palma im kollegialen Ton, während er ihm wahrscheinlich auf die Schulter klopfte: „Brian, this requires a choir!“ De Palma liess ihn easily gewähren - das Soundtrack-Meisterstück wurde Hermann‘s letzte Arbeit und sein glanzvolles Vermächtnis. Natürlich nominiert für den Oscar, schnappte sich Jerry Goldsmith letztendlich die goldene Statue weg - natürlich für „Das Omen“ (denn diese beängstigenden und satanischen Choral-Salven waren völlig neuartig, bis dato ungehört und in ihrer Art auch radikal).

                Die Schauspieler-Garde um den ursympathischen Cliff Robertson, den gewohnt leicht zwielichtigen Jon Voight und dem jungen L.A.-Freakie Bujold (im Netz hat es ein tolles Bild von ihr, wo sie Stevie Nicks von Fleetwood Mac modetechnisch dieser Era in nichts nachsteht!) ist durchgehend grandios und perfekt ausgewählt. Ihre edlen Dialog-Linien wurden von keinem Geringeren verfasst, als Paul Schrader (als er noch cool war).

                Im Film geht es auch mal nach Italien 🇮🇹, genauer nach Florenz: Amerikaner lieben die mediterrane Mystik, schon Patricia Highsmith schickte in ihren tollen Büchern wiederholt amerikanische Touristen in die gleissende Sonne des Südens, wo das Unheil sie auf ganz eigene Weise heimsuchte.

                Kurz: Der Psychothriller „Obsession“ (1976) ist ein verworren rätselhaftes, vielschichtiges, abwechslungsreiches und äusserst mystisches Filmerlebnis, das in meinen Augen seinesgleichen sucht und völlig zu unrecht so unbekannt und sträflich unterestiminiert ist!

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                  YupYum 28.09.2023, 16:41 Geändert 30.09.2023, 00:32

                  (Fanfaren schweigt:)
                  „Was soll ich singen für meinen Herrn vom Fenster aus?
                  Wozu noch lachen, da mein Herr mein Lachen nicht hört?
                  Wie denn noch atmen, da mein Herr mich verlassen hat?
                  Was jetzt ihm schenk, da mein Herr nichts mehr begehrt?
                  Wen soll ich lieben, wenn der Mond nächtens erscheint?
                  Gefangen ist mein Gebieter und sein Kerker die Grabesstatt.
                  Wie antworte ich, wenn mein Herr nach mir ruft?
                  Was tue ich nur, wenn er klopft an meine Tür?
                  Wie ihn empfangen, wenn über die Schwelle er eintritt zu mir und den Hauch des Todes ich in der Seele spür?
                  Tritt Gebieter ein - zerbrich dein Gefängnis, mein Herr!
                  Erheb aus dem Grab dich, weil der Mond schon am Himmel glänzt!
                  Willkommen, Gebieter!“

                  (Rezitation von Martin Stephens)

                  Ich bin noch immer hier im Zimmer-Refugium in Spanien 🇪🇸 gefangen, um meine Infektion auszukurieren (nicht vielleicht etwa, um aus Faulheit wegen die Schule zu schwänzen!) - das gibt mir etwas Zeit, einige meiner (Lieblings-)Filme zu besprechen. Und gestern suchte ich hierfür im Netz o.e. Gedicht und fand es nicht, aber Oh Rettung! 🛟: „Schloss der Schreckens“/„The Innocents“ (1961) ist tatsächlich in deutscher Version auf YouTube zu sehen, deshalb schaute ich gleich wiedermal spontan am Nachmittag den ganzen Film mit Wonne erneut - und wahrscheinlich war es schon mein weit über dreissigstes Mal.

                  Anyway, ca. 1981 in einer Programmzeitschrift als Hinweis entdeckt, lief der Film mal spätnachts auf ZDF. Wir empfingen mit unserer kleinen Antenne damals zuhause höchstens die Schweizer Programme und in schlechter Qualität noch die ARD. Meine Alten wollten partout keine grössere Antenne zulegen, da sie Fernsehen als absolut schädlich für uns zwei Kinder erachteten. Doch im ZDF liefen damals viel die besseren Filme (immer mit einer hübschen Ansagerin davor, versteht sich!), als auf dem Restprogramm. Das hatte dann einfach zur Folge, dass wenn mein Bruder und ich unseren Vater im Urnerland besuchten, wir bei ihm immer vor der Mattscheibe klebten.

                  Und ein Kollege im Dorf besass sogar tatsächlich schon einen VHS-Recorder der Edelmarke JVC. Ich kaufte also in der Stadt so eine VHS-Kassette und bat ihn, den Film für mich aufzunehmen - irgendwann würde sich dann schon mal eine Gelegenheit bieten, diesen anzusehen.

                  Als Jugendlicher nahm ich zudem oft Filme vom Fernseher auf Audio-Kassette auf und hörte sie oft spätnachts im Bett als Hörspiel. Den Film ohne Bild zu „sehen“, schärfte mir meinen audiblen Sinn und liess mich zusätzlich die Finessen der damaligen deutschen Synchro-Kunst erkennen. Kinderfilme, wie „Michel von Lönneberga“ waren viele dabei, nicht aber Pipi Langstrumpf, die quäkte mir zu sehr! So kannte ich beim jetztigen Schauen die Dialoge und die Tonalität der Stimmen von „Schloss des Schreckens“ auch heute fast wieder auswendig.

                  Nun, „Schloss des Schreckens“ eignete sich damals als mein persönliches Hörspiel ganz hervorragend, denn nicht nur waren die von Truman Capote co-geschriebenen Drehbuchlinien ohne Makel und bis ins letzte Wort geschliffen, das Gothika-Meisterstück besitzt auch eine unglaubliche Palette von schrägen Audioverzerrungen und Soundeffekten, zudem ertönte intervalmässig immer wieder der Haunted Children’s Rhyme „O Willow Waly - das Lied, das Flora (Pamela Franklin) hier quasi als Lead auf der Spieldose oben in der Attic im Film wiederfindet. Diese schönen Soundeffekte des Komponisten Georges Auric kommen besonders in den surrealen Traumsequenzen zur Geltung oder wenn Hauptdarstellerin Deborah Kerr als Gouvernante Miss Giddens mit flackerndem Kerzenständer durch die nächtlichen Gänge des Schloss‘ Bly wandelnd hindurch irrt. Ich bin überzeugt, dass keine geringere Band wie Pink Floyd sich für ihr Werk „Atom Heart Mother“ (1970) genau von diesen Sounds hier inspirieren liessen.

                  Der aus wohlhabenden Verhältnissen kommende Schriftsteller Henry James veröffentlichte also 1989 seine nicht gerade sehr zugängliche Novelle „The Turn Of Screw“; 1954 schliesslich führte Benjamin Britten eine gleichnamige Oper nach James‘ anspruchsvollem Stoff in Italien 🇮🇹 auf. Diese quere Oper sah ich bei meinem Aufenthalt in Edinburgh (die Stadt war in den 80ern ein Mekka für klassische Musik), ich hielt die Dissonanz ihrer Töne jedoch kaum aus. Doch der Stoff erlebte durch diese Oper eine Renaissance an Popularität, der Weg war geebnet für Jack Clayton‘s geniales Gothika-Stück „The Innocents“ (1961), (ein Fernehsehfilm des adaptierten Stoffes davor mit Ingrid Bergmann brachte indes niemanden in höhere Sphären und war schnell wieder in der Versenkung verschwunden).

                  Doch in Clayton‘s genialer Zweitverfilmung - diesmal fürs Kino - gab es nichts mehr auszusetzen: Szenenbild, Dialogkunst, die creepy Story, Effekte, Schauspiel, Dramaturgie, Editing und vorallem die Edelbilder von Freddie Francis lassen in diesem Quasi-Kammerspiel keine Wünsche offen: Gerade die teils surrealen Bildkompositionen und die Liebe für jedes Detail nehmen in dieser einmaligen Literaturverfilmung 1961 vieles vorweg, wofür die Nouvelle Vague später so berühmt wurde.

                  Kurz: Das Schauerstück „The Innocents“ (1961) ist ein Meisterwerk des Suspense geworden und unterschied sich in grosser Manier durch seine Eleganz und seinen Anspruch von der Welle des aufkommenden bizarr-britischen Edel-Trashs (wie „Die Verfluchten“, 1960) - Filme, auf die die Schauspieler Vincent Price und Christopher Lee abonniert waren. Und am Ende dann ringt Deborah dann ihre Hände zusammen, wie wenn sie eine Seele einfangen möchte…

                  Und zu guter letzt noch einen Gruss an die „Kritiker“ weiter unten: Natürlich spielt hier Deborah Kerr eine puritanische Pfarrerstochter, natürlich war Henry James ein homosexueller Lebemann, natürlich sieht sich Miss Giddens durch den Geist von Peter Quint selbst mit eigenen sexuellen Wünschen konfrontiert. Dass aber der kleine Miles (Martin Stephens) in ihr solche Gedanken zusätzlich befeuern soll und quasi noch selbst als Sexobjekt dieser bestimmten Herren Kritiker dienen soll, sowas kann man ja für sich vielleicht mal im Stillen denken. Aber es muss nicht alles hier hingeschrieben werden, nur um sich selbst als oberschlau und gewieft bei der Community hinstellen zu müssen.

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                    Wie schwelge ich in Erinnerungen - nur schon allein, wenn ich das Plakat dieses Ausnahme-Zeitdokument- und GenerationX-Films "Female, White, Single" von 1992 hier auf Moviepilot sehe. Der gewagt-gewaltige Thriller ist für mich über quasi über die Jahre ein Film-in-Film geworden, denn so viele Bilder meines eigenen Life paaren sich mit denen von diesem exzellenten Ciné-Piece.

                    Als ich damals kurz und neu als "Sozi"(-alarbeiter) in einer Jugendeinrichtung eines Landdorfes arbeitete, machten wir immer freitags einen Filmabend für die Jugendlichen. Wir hatten dort einen tonnenschweren Fernseher mittlerer Qualität und einen klobbigen VHS-Videorecorder darunter. In der Videothek in Zürich holten wir dafür jeweils eine VHS-Kassette. Kennen Sie die noch? Ein überdimensioniertes, schwarzes Gehäuse, umgeben von Massen von Plastik und aufgefüllt mit spiegeldem, schwarzen Band, das sich gerne verwickelte. Sozi-mässig musste das Programm für die Kids eben politisch korrekt, ohne Gewalt, altersgerecht, message-konform und wenn möglich noch lehrreich sein - eine unausgesprochene Regel, die in mir spätestens nach immer so gezeigten Mädchen-Teenager-Klamotten (wie z.B. "Clueless"; 1995) grosse Widerstände auslöste und mir immer mehr ablöschte. Diese Filme brachte immer meine Teamkollegin und Co-Sozialtante Birgitta mit. Als sie eines Tages noch "Schweinchen Babe" in den Recorder schob, bekam ich eine schwere Lebenskrise. Ich bestand darauf endlich selbst in die Videothek gehen zu können und was zu holen. Zuerst wollte ich mal einen richtigen Jungen-Film haben und entschied mich für "The Basketball Diaries" (1995, mit Leo). Schon das gab Stunk und Diskussionen im Team. Doch mir war das noch nicht genug des positiven und wohltuenden Schocks!

                    Als ich das nächste Mal im Videoverleih stand, sahen mich ich in der Abteilung "Spannung zum zerreissen!" zwei Frauen von einem VHS-Cover an: Die rechts schaute leer und konsterniert ins Nichts und hatte knallrote Lippen (Bridget Fonda), die zweite spähte hinter einer Türe hervor und man merkte, dass sie nichts Gutes im Sinn hatte (Jennifer Jason Leigh). Darunter war eine ausgerissene Zeitungs-Annonce mit den Worten "Weiblich, ledig, jung sucht..." zu sehen. Auch stand: "Allie's neue Untermieterin will mehr von ihr als nur ein Zimmer: Ihre Kleider, ihren Freund, ihr Leben..." Das alles faszinierte mich auf den ersten Blick. Wohlwissend, das ich in guter Letzt ein enormes Risiko auf mich nehme, wenn ich damit komme, tat ich es trotzdem.

                    Und der Film löste dann auch in der Institution ein brachiales Erdbeben aus! Schon während er dann am Freitagabend im Jugendtreff lief (und immer spannender wurde), wollte Birgitta ihn schon permanent ausmachen. Nur auf vehementen und heftigsten Protest der fasziniert schauenden Jugendlichen, blieb er drin und on. Einen Tag später wurde ich mit Vorwürfen des Teams bombardiert und mit Phrasen vollgepflaumt; was mir denn einfalle, der Film sei gewaltverherrlichend und höchst frauenfeindlich. Er sei quasi Gift in der Entwicklung der Jugendlichen. Jaja, der damalige und bis heute andauernde Feminismus! Noch heute lache ich laut heraus, wenn ich an diese einzigartige Episode denke.

                    Denn der geschliffene WG-Terror-Thriller, spielend in New York, aus den Neunzigern und eben Generation X-Portrait ist einfach einmalig. Damals kam der Techno auf, die Leute in Zürich feierten und tanzten praktisch ohne Kleider auf den Love-Mobiles an der weltberühmt gewordenen Street-Parade. Da es noch eine Polizeistunde per Verordnung gab, sprossen überall illegale Bars (in Kellergewölben, auf Terassen, etc.) aus dem Boden, die mit unglaublich viel Kreativität und Liebe bis in jedes Detail eingerichtet waren. Damals (ab etwa 1994) war die Stadt ein Hot Spot für ganz Europa, von überall kamen die Leute in die berühmte Party-Hauptstadt Zürich!

                    Und heute im Post-Millennium? Alles ist erloschen und langweilig geworden, wir wurden gelockt-down mit der ganzen Corona-Schei—e, und mehr als nur noch auf dem Smartphone zu kleben und den ganzen unwichtigen Quatsch reinzuziehen (den multinationale Social Media-Konzerne ihnen vorgeben), können junge Leute ja gar nicht mehr - es ist einfach unfassbar, wie dieses Gerät 📱 ihre ganze Kreativität bachab schickte! Ja, die Neunziger waren für mich die tollste Dekade und lebenslustigste Zeit ever. Und "Female, White, Single" (1992) hat seinen Teil definitiv dazu beigetragen.

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                      YupYum 09.09.2023, 10:04 Geändert 11.09.2023, 17:37

                      Amerikanisches Outland, Dreissiger-Jahre: Stanton Carlisle (Bradley Cooper) kommt aus dem Nirgendwo. Mit Hilfsarbeiten verdingt sich der Taglöhner bei einem Wanderzirkus. Doch schon bald schliesst er sich der Hellseherin Zeena (Toni Collette) als Gedankenleser an. Dort will er sich in der Freak-Show und im Karneval den Wohlstand und die Gunst erschleichen, um in New Yorks Elite aufgenommen zu werden. Stanton will mit der Psychiaterin Dr. Lilith Ritter (Cate Blanchett) an die Mächtigen der schicken Stadt heran. Doch der skrupellose Industrielle Ezra Grindle (Richard Jenkins) scheint eine Nummer zu gross für ihn zu sein…

                      Guillermo del Toro liebt Phantasma-Welten und skurille Leute. Das Universum hier der Gaukler, Schwindler, Akrobaten und Säufer voller bizarren Ausstattungs-Elemente ist genau nach seinem schrägen Geschmack designt. Nicht weniger als 60 Millionen Dollar 💵 liess er sich sein persönliches Neverland kosten. Die gegensätzliche Welt des poshy New York besteht wiederum ausschliesslich aus feinstem Art Deco dem bis heute anhaltenden Hype der Belle Epoque. Doch der alles überbordende Ausstattungs-Wahnsinn lässt vor allem eins vermissen: Nämlich eine gute und abgerundete Story!

                      Auch die ganze Edel-Schauspielergarde hilft nicht darüber hinweg, dass man dramaturgisch als Zuschauer bei dem Doppelten-Boden-Drama „Nightmare Alley“ (2021) im Regen stehen gelassen wird. Del Toro‘s Problem war immer: Wirklich gute Geschichten kann er nicht erzählen. Nur die (späte) Begegnung mit dem Tycoon Grindle beinhaltet mal ein Potential für etwas Spannung, doch del Toro macht sie sogleich wieder zunichte. Nicht einmal Cate Blanchett als blondes Gift bringt etwas Würze in das belanglose Pseudo-Noir-Geplätscher mit rein: Ihre aufgesetzte Unterkühltheit grenzt schon fast an Overacting. Der Schluss ist dann derart vorhersehbar und ohne jeglichen Thrill, sodass man als Zuschauer nach den überlangen 145 Minuten fast schon eine Erleichterung eines Abschlusses fühlt.

                      Das ist mein vorläufig letzter Kommentar für die nächsten 50 Tage. Ich gehe wieder nach Spanien 🇪🇸, um meinen Sprachkurs fortzusetzen. Die Schweizer Politik hat unser Land mittlerweile so in den Abgrund geritten, dass mir dieser Tapetenwechsel gut bekommen wird.
                      Salud!! 🍷🌞

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                        YupYum 29.08.2023, 16:14 Geändert 29.08.2023, 19:21

                        (Kurzkommentar:)
                        Wenn man liest, dass hier einer Ritualmorde nach biblischem Geleit verübt werden und der deutsche Titel dann noch ultrakreativ „Sechs - Es gibt eine Zahl vor Sieben!“ heisst, geht auch dem Hintersten das Licht auf, dass es sich hier um nichts anderes als um ein schonungslos billiges Plagiat des Thrillers „Sieben“ (1995) handeln muss. Eine Geschichte, die hier zum Zweck der Kaschierung seiner Banalität mit allerlei halluzinogenen und audiblen Billigeffekten aufgebretzelt wurde. Kein restauriertes Bild auf der DVD, und nicht mal die deutsche Version ist lippensynchron. Der Mystery-Brunz „Fate“ (2003) ist in jeglicher Hinsicht ein Pfusch.

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                          YupYum 28.08.2023, 21:51 Geändert 29.08.2023, 00:42

                          (Kurzkommentar:)
                          Es gibt für mich gewisse Grenzen, was Kino darf und was nicht: Wird wie hier eine Frau von einem sadistischen Mann (zuerst mal aus dem Off) psychisch und sexualisiert gefoltert und vorgeführt mit dem reinen Zweck des billigsten Voyeurismus für den gaffenden Dödel-Zuschauer, der so so besoffen den Extra-Thrill frei Haus holt, hört bei mir jede „künstlerische“ Freiheit grad sofort auf. Nach 30 Minuten war für mich Schluss mit der spanischen Proto-Snuff-Pornographie „El ataúd de cristal“ (2016).

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                            YupYum 28.08.2023, 21:34 Geändert 06.11.2023, 02:40

                            Nachdem ihr Sohn James Blackledge bei einem Pferdeunfall ums Leben gekommen ist, heiratet die junge Schwiegertochter und Witwe Lorna erneut, das gemeinsames Kind nimmt sie in die neue Ehe mit Weboy mit. Doch dann beobachtet Grossmutter Margaret (Diane Lane, cool mit Stetson), wie Weboy sowohl seine neue Frau wie auch seinen Stiefsohn misshandelt, und die drei verschwinden alsbald auf Nimmerwiedersehen. Margaret will ihren einzigen Enkel retten! Zusammen mit ihrem Mann, dem ehemaligen Sheriff George Blacklege (Kevin Costner), verlässt sie ihre Heimat Montana, und sie begeben sich per Karre auf einen unbestimmten Roadtrip. Die Spur führt hinauf nach Gladstone (Stark County), North Dakota - ein Ort, wo die Zeit stehen geblieben schien…

                            Filme, wie das Thrillerdrama „Let Him Go“ (2020) , das mit Western- und Suspense-Elementen zu punkten weiss, führen einem bei aller Liebe zum Nischen- und Indie-Kino wiedermal recht schonungslos vor Augen, dass letzendlich nichts über grosses Hollywod-Kino geht. Das ist dramaturisch so geschliffen arrangiert und mit geschickten Spannungsbögen unglaublich raffiniert verwoben, dass die 110 Minuten (bis zum ausweglosen Showdown) wie im Flug vergehen.

                            Ich persönlich bin besonders davon angetan, wenn es atmosphärisch dicht ist und die Dialoge und die Geschichte stark sind. Hier kommen wir buchstäblich von den grünen und romantischen amerikanischen Weiten in sprödes Kargland. Geht es dann durch Haustüren hindurch, die einem schnell spüren lassen, dass dahinter Unheilvolles lauert, bin ich eh im Olymp der Glückseligkeit. Und spätestens seit „Breakdown“ (1997; mit Kurt Russell) wissen wir, dass man sich vor Hinterwäldler aus dem Hinterland besonders in acht nehmen muss.

                            Mit Lane und Costner hochkarätig besetzt, doch auch jede einzelne Nebenrolle trägt hier zum beklemmenden Grundton des Ganzen bei. Erwähnt sei besonders Lesley Manville, die in ihrer schrägen Obsessivität als Outlaw-Mutti Blanche locker Meryl Streep (mit ihrem übertriebenen Overacting in „August in Osage County“; 2013) das Wasser reichen kann.

                            „A Wild Ride“ urteilte „The Guardian“ über dieses Ausnahmewerk, über dem sowohl eine mystische wie eine poetische Note schwebt und einem noch Tage danach gedanklich zu verfolgen weiss.

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                              YupYum 27.08.2023, 21:18 Geändert 28.08.2023, 01:58

                              Vor elf Jahren, anno 2000, wurde der baskische Politiker Juan Mari Jáurigui in einem Restaurant mit Genickschuss ermordet. Der Anschlag ging von der nationalistischen Terrororganisation ETA aus, die die Autonomie des spanischen Baskenlands fordert. Nun erhält seine Witwe Maixabel Lasa von zwei Attentätern die Anfrage, für ein Gespräch das Gefängnis der beiden zu besuchen. Freunde und Familie raten ihr von dem Treffen ab, aber Maixabel willigt ein, die Mörder zu treffen und erfährt, wie die Täter mittlerweile über ihre Taten denken.

                              Schuld, Sühne und Vergebung: Erneut ist mit „Maixabel“ (2021) ein Drama nach wahren Begebenheiten entstanden, das besonders für die Aufarbeitung der eigenen (spanischen) Landsleute von grosser Wichtigkeit ist. Das Problem dabei: Wer nicht zu diesem Makrokosmos gehört (oder vielleicht sogar noch in der einen oder anderen Weise davon betroffen war), wird sich nicht mit wirklicher Emotionalität in dem Stoff aufgehoben wissen.

                              Das Zusammenspiel von Witwe Blanca Tortillo und Ex-Terrorist Luis Tosar ist dennoch schauspielerisch auf hohem Niveau, bis zum Ende wird mit Pathos auch angenehm gespart. Eine Stunde und 50 Minuten Laufzeit ist trotzdem eine stattliche Länge für solch doch recht trockenen Stoff, und ich war nicht wirklich unfroh, als das geschafft war.

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                                YupYum 22.08.2023, 21:52 Geändert 22.08.2023, 23:22

                                „Gib acht, dass keiner Schach dir bietet,
                                Rettung und Opfer - wäge ab.
                                Vor Matt dich der am besten hütet,
                                der stets der Dame den Vorzug gab.
                                Sie schützt den König in der Not,
                                fällt sie - so droht auch ihm der Tod.“

                                Ist ein Film mit so Shakepeare‘schen (Schach-)Allegorismen gespickt, ist das immerhin mal ein Zeichen dafür, dass den Machern eine Meta-Ebene nicht unwichtig war. Doch sowohl Sean Bean wie die Firma „New KSM“ sind nicht gerade dafür berüchtigt, als Garanten für hochstehende Anspruchs-Kost zu stehen. So lässt denn auch das Südstaaten-Thrillerdrama „Wicked Blood“ (2013) vor allem eins, nämlich Stringenz vermissen.

                                Auch wenn sich die junge Hannah (Abigail Breslin - „Hey Süsse, kannst du mir nochmals deinen Namen sagen?“ - „Hab ich ja vorher erst gar nicht!“) zwangsweise in einem Kaff in Lousiana, in dem sich die meisten irgendwelches Hillybilly-Crack und ähnliches chemisches Dope reinpfeiffen, einen Job als Kurierin antritt und den ganzen Schnee dann mit Vitamin D-Pulver streckt, ist Ärger natürlich vorprogrammiert. Doch der Film tritt dann viele Story-Pfade an, es geht hauptsächlich um die Familienehre, und er meint es denn auch todernst damit.

                                Trotzdem liebe ich oft die Atmo in diesen Arten von Dramen, grad wenn dabei so eine Ry Cooder-ähnliche Slide oder tolle Outlaw-Countrysongs alles so hübsch untermalen.

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                                  YupYum 19.08.2023, 16:19 Geändert 20.08.2023, 21:52
                                  über Oculus

                                  (Kurzkommentar:)
                                  Wenn Mike Flanagan in seinem eigenen Okkult-Baby „Occulus“ (2013) mit zwei ständigen Erzählebenen arbeitet (die sich je länger je rapider abwechseln) und dazu noch den Faktor Einbildung und Imagination draufpackt, wird es irgendwann einfach ziemlich konfus! Die tollen Einfälle sind vor allem im Mittelteil omnipräsent gut, dann z. B. wenn man statt in einen saftig-roten Apfel in eine energiesparende LED-Glühbirne beisst (auch dieser 🍎 ist neben dem unheimlichen Spiegel eine schöne Verbeugung vor den unverwüstlichen Grimm Bros.). Ein Alter zudem, der so Shining-mässig abdreht, mag ich eh im Film. Den Schluss fand ich dann ziemlich uninspiriert, aber ich ziehe den Hut vor dem Editor, der das Ganze in akribisch genauer Kleinstarbeit so perfekt zusammengeklebt hat.

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                                    YupYum 18.08.2023, 22:28 Geändert 19.08.2023, 13:46

                                    Da Krankenhaus-Thrillers bei einiger meiner MP-Pals grad ziemlich hoch im Kurs sind, habe ich hier mit „Abandoned“ (2010) noch ein süffiges Beispielchen:

                                    Mary (Brittany Murphy‘s Abschiedsrolle) begleitet ihren Freund Kevin (Dean Cain) ins Krankenhaus für seine ambulante Knie-OP. Als sie nach der langen Wartezeit zurück ins Zimmer kommt, ist er spurlos verschwunden. Unerbittlich beginnt sie beim Personal nachzuhaken: Im Computer ist kein Kevin Peterson registriert, auf den Überwachungskameras ist er nicht zu sehen. Oder etwa doch?

                                    Seargeant Franklin (Jay Pickett) ist zufällig ebenso dort, um sich eine gröbere Dosis Blutdruck-Senker verschreiben zu lassen, und wie der Zufall es so will, bietet er Mary seine Hilfe an. Doch im Office bei der kühlen Chefin Markham (Mimi Rogers; kaum mehr wiederzuerkennen) fallen Mary dummerweise ihre Anti-Depressiva aus der Handtasche, auch auf dem Foto im Smartphone (waren ganz neu damals) ist er nur in Konturen erkennbar, und auf dem Videoband „sieht“ man ihn lediglich in der oberen Ecke von hinten. Alles nur Banane 🍌? Der Verdacht, dass Mary unter Wahnvorstellungen leidet und die ganze Geschichte lediglich ein Streich ihrer Fantasie ist, wird für alle Beteiligten immer plausibler…

                                    Die Todesursache von Brittany im Dezember 2009 (und wenig später ebenso ihres damaligen Verlobten!) war von allerlei Verschwörungen umgeben. Die Schwiegermutter wurde verdächtigt, beide aus Habgier mit Schwermetallen vergiftet zu haben. Doch in der Autopsie (so voll „Medical Detectives“-like) wurden keinerlei Rückstände in den Fingernägeln gefunden - Mutti durfte also wieder nach Hause und dort getrost ein Bier saufen. Todesursache blieb demnach: Lungenentzündung nach falscher Grippe-Selbstmedikation. Die Premiere von „Abandoned“ erlebte Brittany nicht mehr, im Abspann wird ihr dieser Film persönlich gewidmet.

                                    Der Echtzeit-Thriller mit seiner eiskalten Hospital-Ästhetik (mit einem Schuss Verschwörung) macht neben einigen verzeihlichen Löchern ziemlich viel richtig, und er vergeht auch wie im Flug - nur seine Auflösung und der Showdown sind etwas lasch: Interessantes Rätsel, falsche Fährten, furchterregende Obrigkeiten, rasante Verfolgungsjagden durch endlose Gänge, Videoüberwachung total, Rettung in letzter Sekunde - also zum abschalten nach Feierabend 🍺 genau das Richtige!

                                    Fussnote: Nur Brittany’s Filmfreund Dean Cain mit seiner Filmographie des Grauens finde ich halt immer noch ein richtiger Hanswurst!

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                                      YupYum 18.08.2023, 00:32 Geändert 09.09.2023, 11:25

                                      Wäre das schwedische Coming-Of-Age-Dramödchen „Sebastian“ (1995) nicht mal als Freebie/Give-Away der DVD des britischen Kultfilms „Love Is A Beautiful Thing“ (1996) beigelegen, hätte ich wohl auch selbst nie was von diesem Nischenprodukt erfahren:

                                      In diesem skandinavischen Küstenkaff ist die Welt in den Neunzigern ja noch sowas von in Ordnung: Einzelkind Sebstian (Filmalter 17) wächst wohlbehütet bei unsagbar lieben und verständnisvollen Eltern auf. Einzig das ständige Erkunden nach seinem Wohlbefinden kann halt manchmal schon recht nerven. Mit seiner Mama („Hier gibt’s den besten Kuchen der Stadt!“) geht er auch gern mal ans Meer runter zum Kaffee. Ein Problem hat Sebastian jedoch, er hat sich nämlich in den Klassenschönling Ulf verguckt. Doch seine beste Freundin tröstet ihn alsbald: „Mach dir nichts draus, in den Dödel sind eh alle verknallt!“ Überhaupt sind die allesamt so wahnsinnig brav: Trinken nur Cola, legen wenn‘s krachen soll bestenfalls mal eine Scheibe von „Clawfinger“ auf und paffen nicht mal hin und wieder mal eine Tüte! Nachdem der Junge endlich durch sein Coming Out durch ist, endet der Film auch mit den zuversichtlichen Worten: „Willkommen im Leben!“ Nur leider gibt’s in diesem Lönneberga-Kaff für junge Leute nicht mal eine schäbige Provinz-Disco…

                                      Heute hat Schweden 🇸🇪 mit seinen Ghettobildungen in den Städten ganz andere Probleme wie noch vor 30 Jahren, Politiker sind jedenfalls allesamt ratlos! Dem Film könnte man durch seine unbeholfene Umsetzung (ist hier z.B. Nacht, sieht der Zuschauer praktisch nur ein schwarzes Bild), seine fahrige Dramaturgie und seine teils unfreiwillige Komik eine schlechte Wertung verpassen - ich mache das nicht, da das Ganze auch sehr naiv-charmant rüberkommt.

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                                        YupYum 17.08.2023, 14:01 Geändert 18.08.2023, 02:52

                                        (Kurzkommentar:)
                                        Auch wenn die Gesellschafts-Groteske „American Beauty“ (1999) eine zu lange Einführung verzeichnet und immer wiedermal den einen oder anderen dramaturgischen Leerlauf hat, beinhaltet sie doch einige Schlüsselszenen, die mich vor allem in den Keilereien zwischen Bening und Spacey sehr an meinen Alten und seine zweite Frau erinnerten: Während die Schreckschraube am Weihnachtsessen nach zuviel Alk 🍷wieder eines ihrer berühmten Super-Hysterie-Dramen aufführte, starrte mein Alter (statt sich darauf einzulassen) lieber auf das Décolleté der jungen Freundin meines Bruders. Somit hat mir hier auch viel Gezeigtes echt aus dem Herzen gesprochen.

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                                          YupYum 16.08.2023, 22:34 Geändert 18.08.2023, 23:43

                                          Im Leben gibt es manchmal so Dinge, über die man sich nicht genug entrüsten und entsetzen kann. Natürlich wägt man sich mit seiner Meinung nicht allein, sondern in grosser Gesell- und Gemeinschaft ähnlicher Leidensgenossen. Doch schon ein einziger, kurzer Blick in Wikipedia kann einem in unrühmlicher Weise auf den Boden der brutalen Realität zurückholen (dann nämlich, wenn man dort in den Rezeptionen liest, wie Kritiker global im gemeinsamen Chor so einen Stuss wie diese Killerpersiflage „Killing Eve“ (2018) über allen Klee ☘️ loben). Schaut man dann noch die Bewertungen und ausschweifenden Kommentare hier im MP-Forum an, weiss man dann aber ganz klar, dass man sich in aller Form geirrt haben muss und das Ganze vielleicht mal an einer Sitzung mit seinem Therapeuten ins vertrauliche Gespräch miteinbringen sollte.

                                          Aber ich frage mich schon, was eigentlich der Reiz ist, dass hier ein olles Killer-Blondchen mit französischem Kunstnamen (Jodie Comer) über mehrere Staffeln von der MI5-Beamten Sandra Oh (die eigentlich nur verdutzt „Oh!“ stammeln kann) gejagt wird, ohne eine Chance, diese verwöhnte Millenniums-Göre jemals erwischen zu können.

                                          Ich habe einen Verdacht: Diese Serie trifft in absurder Weise den ganzen Spirit und Zeitgeist von „Me Too“, „Political Correctness“ und „Woke“: Diese junge Hauptdarstellerin befördert ihre Liebhaber nach etwas Sex einfach eiskalt wie eine schwarze Witwe ins Jenseits. Männer per se sind im Zeitalter des ultraradikalisierten Feminismus nichts mehr wert.

                                          Ausgerechnet die kettensägende 🚬Christiane Brunner aus dem Waadtland (die 1991 beinahe zur zweiten weiblichen Bundesrats-Magistratin hätte gewählt werden sollen und knapp scheiterte) sagte kürzlich im Interview mit der NZZ: „Diskriminierte Männer? Das ist halt ausgleichende Gerechtigkeit!“ - also, wie du mir, so ich dir!

                                          Das Problem, das ich im Erbe von Alice Schwarzer‘s Radikal-Feministinnen der Generation von heute sehe, ist dass sie im Grunde genommen keine Gleichberechtigung mit den Männern wollen, sondern (nach Überwindung von Diskriminierungen) die Ausartung der Bewegung in pure und totalitäre Hegemonie anstreben, um absolute Macht über sie zu erringen: Männer des Postmilleniums haben zu kuschen und zu schweigen, den Sex können sie gerade mal noch liefern! Mit über 45 Jahren dann, sind sie dann grad noch „alte, weisse Männer“! Fur mich besteht jedenfalls ein gleichberechtigter Diskurs aus Rede und Gegenrede - und nicht aus den Totschlag-Attributen „Rassist!“, „Frauenfeind!“, „Hetzer!“, „Chauvi!“ und „Rechtsradikaler!“.

                                          Ganze vier Folgen habe ich von diesem Stuss geschaut, dann war Schluss! Als diese blöden Helfer-Killer (mit dem Blondchen zusammen) dann einfach mit ihren Halbautomatischen auf das leere Auto ballerten, während das gesuchte Opfer nebendran im Gebüsch lag und laut am Handy telefonierte, war für mich der Bogen an Blödheit erreicht!

                                          Doch ein Geschichtlein will ich noch kurz zum Schluss loswerden: Diese Jodie Comer erinnerte mich in seltsamer Weise an Evelyne, unsere damalige 80s-Jugendfreundin von unserer Nachbarsgemeinde am Zürichsee 🌊: Ähnlich wie Hauptdarstellerin Comer profilierte sie sich stets als äusserst ehrgeiziges Persönchen. Wo wir lediglich nur Pop von Mike Oldfield (und seinen Hits wie „Crime Of Passion“, von 1983) etc. hörten, wandte sie sich naserümpfend ab und prahlte lieber distinguiert mit ihren tollen Jazz-Platten. Sie schnappte jedem Girl den hübschesten Jungen weg und war mit ihrem Eifer schon 1990 an der Snowboard-Weltmeisterschaft und vetrat die Schweiz 🇨🇭.
                                          Sie betonte auch immer, keine „Betty“ in dieser ehemaligen Männerdomäne zu sein. (= Eine „Betty“ sei eben nur eine, die den Snowboard-Sport praktiziert, um als rare Braut dort die tollsten Jungs abzuholen.)

                                          Und heute praktiziert Evelyne also professionelle Spiritualität mit Yoga und allem dazugehörenden Karsumpel, hat eine Profi-Gruppe dafür gegründet (Gönnerbeiträge sehr willkommen!) und sich den abgehobenen pseudo-indischen Zusatznahmen „Siddhana“ zugelegt. Auf You Tube hat sie ihren eigenen Lebensweisheiten-Channel in Akzent-English und auf Facebook formuliert sie für alle möglichen Workshops ihre Werbebotschaften.

                                          Doch fast noch besser als „Evelyne Siddhana“ präsentiert auf den sozialen Medien ihre ebenso hochspirituelle Freundin „Caterina Sada“ (aus dem gleichen Dorf). Auch sie hat so einen wundervollen Zusatznamen angeeignet, und zeigt sich gerne mit ihren oberweisen Freundinnen an so Meditations-Massenevents in Stadien mit geistigen Superblendern à la Sri Chimoy. Gemeinsam in der Massenmeditation in die vollumfängliche Ekstase zu kommen, ist für sie das Höchste auf dem Weg ins allumfängliche Licht.

                                          Das einzigartige Ergebnis dieses konsequenten New Age-Abhebens mit messianischer Präsenz in höhere Sphären beschreibt sie klar und deutlich (mit den obligaten und voll trendigen #Hashtags am Schluss; O-Ton!):

                                          „Meine Mutter hat mir oft gesagt: meine Tochter, du kannst nicht alles haben im Leben (figlia mia, non puoi avere tutto nella vita)… ich weiss genau, wie wütend mich diese Worte machten😅ich sehe das kleine Mädchen vor mir die ziemlich laut antwortete: DOCH mamma ICH KANN! So entstehen Glaubenssätze, die mit einer starken Emotion verbunden werden. Gib NIE auf zu Träumen - gib nie deine Visionen auf denn sie können wahr werden. Bei mir haben sich einige manifestiert und einige sind auf dem Weg es zu werden… ich bleibe im Empfangsmodus und freudiger Erregung auf alles was noch kommen wird!“

                                          #mehrvomleben #visionen #lebenleben #manifestieren #offensein #empfangen #empfangenkönnen #weitsicht #lifeisbeautiful

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                                            YupYum 16.08.2023, 20:55 Geändert 17.08.2023, 14:57

                                            Ich habe mich schon des öfteren still gefragt, was eigentlich der Auschlag und das Kriterium bei Usern ausmachen würde, dass sie einem tollen und makellosen Film nicht einfach 7,5 oder 8,5 in der Bewertung geben, sondern ihn mit glatten 10 Punkten in den Lieblingsfilm-Olymp hieven, und wissen Sie was? Ich glaube, hierfür muss ein Film folgende Merkmale aufweisen:

                                            Er muss nicht nur dramaturgisch geschliffen sein und den Zuschauer vollends in seinen Bann ziehen (das reicht nämlich noch nicht aus), sondern er muss auch mit seiner Message und Meta-Ebene etwas auf den Punkt bringen, dass einem selbst schon lange umformuliert auf dem Herzen lag einerseits, oder er kommt aus einer anderen Zeit, die man entweder selbst noch miterlebt hat oder sich imaginiv mit ihr verbunden fühlt, und weiter: Besagtes Filmwerk kann in seiner Atmosphäre eine Form von transzendentaler Traumwelt oder Lebensgefühl beinhalten, die es im wirklichen Leben nicht (mehr) gibt. Ein wichtiger Bestandteil kann auch seine Soundtrack-Kunst sein und natürlich der ultimative Faktor, ob einem der Film als Jugendlicher mal zufällig begegnet ist und einem dann für immer geprägt hat.

                                            Das Thriller-Melodram „Someone To Watch Over Me“ (1987) sah ich mal in jungen Jahren spätabends ⏰ am TV im Nachtprogramm, erst Dekaden später begegnete ich ihm als DVD-Release endlich mal wieder: Hier auf MP kann er erwartungsgemäss kaum punkten - doch für mich ist das alles ein unvergleichliches Pan-Optikum der Achziger und New York in seiner wohl letzten tollen Dekade: Das Studio 54 war schon langsam Geschichte, der Hip Hop aus der Bronx hatte sich etabliert und durchgesetzt, und die neuartige Seuche AIDS raffte viele der hiesigen Künstler weg - von Mappletorpe, über Keith Haring, Sylvester bis Klaus Nomi.

                                            Schon in der ersten Einstellung mit den blauen Credits schwebt die Kamera über die nächtliche Neonlichter-Flut der Stadt (das Empire State Building mit seinen Dreiecks-Spitzen wird man später immer wieder aus einem anderen Stadtteil her sehen). Dann sind wir an einer Party, so voll Eighties, alle haben schon mächtig was intus, es laufen die Hits der „Fine Young Canninbals“, und die Stimmung ist dementsprechend ausgelassen. Hier begegnen wir zum ersten Mal Mike Keegan (Tom Berenger; steht Richard Gere in nichts nach!) mit seiner sympathischen italo-amerikanischen Frau (Lorraine Bracco). Er wurde soeben zum Detective befördert und der allgegenwärtige spassige Unterton des ganzen Films kommt hier schon toll zum Tragen: Ein Girl mit Zigarette umarmt er spontan und meint: „Was, etwa rauchen? Was ist denn das für ein Blödsinn?“, nimmt ihr die Fluppe 🚬 weg und pafft sie gleich selbst…

                                            Doch auch an der eleganten 5th Avenue wird (gleichzeitig) gefeiert: Dort sind die geladenen Schönen und Reichen der Stadt an einer Edel-Kunst-Vernissage, dort wird statt Bier elegant Champagner 🍾, Gin und Whisky aus Kristallgläsern getrunken. Prompt wird die todschicke Blondine Claire (Mimi Rogers) im Untergeschoss versehentlich Zeugin eines Mordes, und wird vom Täter Venza (Andreas Katsulas; „Einsame Entscheidung“) in der letztmöglichen Sekunde dabei etappt. Nun ist Claire ihres Lebens nicht mehr sicher, die unfreiwillige Zeugin bekommt nun Polizeischutz rundum und ausgerechnet Mike Keegan kassiert den Auftrag, sie in ihrem eleganten Penthouse in der Nachtschicht zu guarden. Die beiden kommen sich immer näher, und die Affäre wird (wie erwartet) verhängnisvoll…

                                            Dieser Film lebt vor allem durch seine tiefe Atmosphäre, das 80s-Zeitkolorit, den eleganten Thrill und sinem köstlichen Humor, der sich den ganzen Film hindurch zieht. Die damaligen deutschen Top-Synchronsprecher/innen haben (wie gewohnt) alles dafür gegeben, dass die deutsche Version wieder um einiges witziger ausgefallen ist, wie das Original. Die Schauwerte sind fantastisch (das berühmte Guggenheim-Museum beispielsweise wird aus gewagten Perspektiven heraus gezeigt). Die durchgehend erhabenen, jazzigen Klänge von Michael Kamen (mit dem titelgebenden Über-Song von George & Ira Grshwin - mal singt ihn Sting, mal Roberta Flack), macht richtig Laune. Nur im Entrée der eleganten Claire wird natürlich eine Opern-Aria (aus „La Wally“) gespielt - so traurig, wie der draussen prasselnde Regen, der eine unmögliche Liebe untermalt.

                                            Auch mein jetziges Wiedersehen mit diesem Ausnahme-Thriller, hat meine Freude daran nicht getrübt, im Gegenteil: Das alles hat mich wieder wunderbar getragen und durchgehend unterhalten bis zum ausweglosen Showdown. Der Schluss mit den drei Hauptdarstellern inmitten den unzähligen Polizeikarossen 🚙 im blau-roten Streifenlicht, lässt einem ein Tränchen über die Wange kullern: Denn so wie sie aufgetaucht ist, verschwindet die rätselhafte Blondine in (fast) jedem Noir-Film dann am Ende auch wieder!

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                                            • 4
                                              YupYum 13.08.2023, 21:04 Geändert 14.08.2023, 15:28

                                              „Tis no easy to rise on a gray day. The Devil holds fast your eyelids…“

                                              POSSIBLE SPOILER ALERT:
                                              Auch wenn die Wertungen für die Horrormär „The VVitch“ (2015) allgemein hoch und die Comments verklärt sind, sowie der Subtitle „A New England Folktale“ dementsprechend viel zu erwartende Subtilität impliziert, war ich komplett enttäuscht: Mehr als eine kammerspielartige, ausweglose und eindimensionale Tragödie direkt ins Verderben ist der Film für mich nicht geworden.

                                              Ja, das Siedlerleben im englischen Spätmittelalter ist trist: Die Himmel sind grau, die Bäume kahl, die Ernte verfault, die Jagd ohne Beute, das Weib zänkisch und die Kinder womöglich verhext - nur die Bibel ist gut. Je mehr Unglück einem trifft, je doller nimmt man das als Zeichen des Herrns für noch mehr zu praktizierende Demut wahr.

                                              Doch merke Dir, was jeder geschulte Psychologe rät: Geh mal etwas aus, tauch ins Leben ab, trink mal einen über den Durst, und amüsier dich häufig: Bei Weibern, Wein 🍷 und Gesang - da lass dich hernieder!
                                              Denn zuviel Einsamkeit und Isolation macht irgendwann alle kirre, und am Ende sieht man noch im guten alten Geissbock vom Hof den gehörnten Beelzebub in persona!

                                              Da verwundert es auch kaum noch, dass der arme Sohn Caleb dann plötzlich so Linda Blair-mässige Exorzismus-Anfälle hat, die Mutter von unseeligen Visionen geplagt wird, der olle Alte vollends durchdreht und jeder irgendwann den anderen des proaktiven Satanismus denunziert! Doch immerhin gibt es in der letzten Einstellung noch ein (einziges!) Lächeln zu vermerken, dann nämlich, wenn Anna Taylor-Joy am Hexensabbbath in sexueller Ekstase über lodernden Flammen davonfliegen wird.

                                              Fazit: Wo zuviel Gott drin ist, ist auch der Teufel nicht weit!
                                              Für mich weder besonders atmosphärisch, noch sehr mystisch oder authentisch, nur ziemlich dröge - aber wer so spätmittelalterliche Goth-Musik gern hört (wie sie die Gruppe „Dead Can Dance“ generiert) und die altenglische Sprache mit ihren „Thees“ und „Thous“ liebt, dem wird es vermutlich gefallen!

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                                              • 4 .5
                                                YupYum 13.08.2023, 18:30 Geändert 14.08.2023, 12:10

                                                (Kurzkommentar:)
                                                Wenn das schicke Appartement im Zentrum von NY zwar schön billig zu haben ist, dafür man dann aber sein Social Life mit irgendwelchen durchgeknallten Rentner/innen (die einem das Ding vermieten) teilen muss, wird auch dem Letzten klar, dass dabei halt doch ein richtig blöder Hund begraben liegt. Zwar macht die „Rosmarie‘s Baby“-TV-Hommage streckenweise noch Spass (grad wenn es der Alten durch den Türspion hindurch die Fratze so schön verzerrt und verzieht), wenn die alle aber eher wie die Golden Girls rüberkommen und Jungdarstellerin de Rossi nur hilflos hysterisch herumschreien kann, wird der Psycho-Spass „The Glow“ (2002) halt dementsprechend getrübt. Trailer verrät übrigens wiedermal (fast) den ganzen Film!

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                                                • 7 .5
                                                  YupYum 13.08.2023, 16:09 Geändert 15.08.2023, 00:48

                                                  Im Central Park von New York finden drei Kinder aus Zufall in einem Teich eine abgetrennte Hand, die an einen Modellboot angeschnürt war. Der kaputte und vom Suff gezeichnete Detective Macy (Tom Berenger) nimmt sich dem Fall an. Wie Autopsie und Fingerabdruckregister zeigt, gehörte die Hand der jungen und sehr seriös lebenden Melanie, die mit Nikki (Lori Heuring) und einem weiteren Girl eine WG in einem Aussenquartier teilte. Macy besucht und verhört alsdann Nikki, und weitere Recherchen zeigen: Diese Melanie war keineswegs eine Heilige, wie ihre Eltern sie Macy beschrieben hatten! Der Fall zieht immer weitere Kreise. Dann eines Nachts, als der Regen so typisch New York-mässig auf die nächtlichen Strassen niederprasselt, klingelt es an Macy‘s Türe und ausgerechnet Nikki steht davor und sucht Unterschlupf bei ihm! Seltsam von ihr angezogen, wirft Macy alle Prinzipien über Bord, was den Umgang mit Zeugen betrifft, und lässt sie bei sich wohnen…

                                                  Tom Berenger war ein wichtiger Bestandteil meiner Jugend: Sein ultra-gestylter und unterkühlter Hochglanz-Thriller „Someone To Watch Over Me“ (1987), der ebenfalls in New York spielte, mit coolen Jazztönen unterlegt war und die Reichen und Schönen in der Stadt thematisierte, hatte mich damals geprägt und zählt noch immer zu meinen Lieblingsfilmen: Tom musste darin die todschicke, dauergewellte Blondine Mimi Rogers beschützen (dass Mimi schon damals eine hochrangige Scientologin war, eröffnete mir erst später). Ausser der berühmten „Sniper“-Reihe war er seither leider eher auf Nebenrollen abonniert.

                                                  Doch im Krimi „True Blue“ (2001) hat er eine Hauptrolle, drückt hier denn auch schauspielerisch voll ab, und das völlig unbekannte und sehr düstere Noir-Puzzle hat mir seltsam Spass gemacht. Tom ist richtiggehend abgehalftert hier, und die Whiskyflasche ist sein einziger Freund - erst der illegale Aufenthalt von Lori scheint ihm etwas Halt zu geben. Allen Widrigkeiten zum Trotz recherchiert er unentwegt weiter, und das Netz und der Sumpf aus Drogen, (käuflichem) Sex und Korruption wird immer bedrohlicher: Als schliesslich noch die chinesische Mafia involviert wird, wirds dann erst recht richtig ungemütlich!

                                                  Bis in jede Nebenrolle top besetzt (Yanna McIntosh als schwarze Polizeisekretärin Anna fiel mir besonders positiv auf), schlägt der Film mit seiner stahlgrünen Ästhetik dann im letzten Viertel noch einen Haken in der Story, den man so nicht erwarten würde.

                                                  Mehr Noir als „True Blue“ (2001; Top-Synchro; inklusive Hitchcock-Blond!) ist fast nicht mehr möglich: Ein zu Unrecht untergegangener, tief atmosphärischer, echter Geheimtipp!

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                                                  • 4 .5
                                                    YupYum 12.08.2023, 21:37 Geändert 13.08.2023, 22:42
                                                    über Pan Am

                                                    Die amerikanische Fluggesellschaft Pan Am (Pan American World Airways) ✈️ wurde 1927 gegründet, hatte ihren Sitz in New York und bot als eine der ersten überhaupt direkte Transatlantik-Flüge nach Europa an. Im Jet Set-Zeitalter der 60er-Jahre war sie der Inbegriff schlechthin, was Luxus, Stil und Service anging. Doch auch die Konkurrenz schlief nicht: Immer wieder geriet sie in arge Bedrängnis der direkten Konkurrentin TWA (ursprünglich) aus Los Angeles (Trans World Airways, gegründet 1925), die ihr immer wieder den Spitzenplatz streitig machte. Doch das tragische Terrorunglück von Lockerbie im Dezember 1988 schliesslich (mit 259 Toten), ruinierte den Ruf der stolzen Pan Am endgültig: In Jahr 1991 wurde sie von American Airlines geschluckt - die TWA machte es noch schlecht und recht 10 Jahre länger, bis Delta sie frass.

                                                    Genau jener Jet Set-Epoche widmet sich also die Serien-Staffel „Pan Am“ (2011), und scheitert kläglich daran: Mehr als eine Soap über Wolken (der es einfach an jeglichem Biss fehlt), ist „Pan Am“ nicht geworden. Zwar wurde bei der Ausstattung akribisch genau auf jedes allermöglichste Detail geachtet, doch das ganze Szenenbild wirkt nicht anders als seltsam künstlich. Merke: Wer den Zeitkolorit treffen will, muss auch auf den Charme und die Ausstrahlung des Ganzen achten, nur Staffage allein reicht nicht aus!

                                                    Eine Crew von vier Stewardessen, die immer zusammen und immer mit denselben Piloten fliegt, musste dramaturgisch her, um der Serie einen roten Faden zu geben. In Tat und Wahrheit wurde immer darauf geachtet, dass der ständige Wechsel der ganzen(!) Crew und ihrer einzelnen Members das oberste Credo im Management war (um genau solche Beziehungen untereinander - wie wir sie hier haben - von vornherein zu unterbinden.)

                                                    Die Schauspieler/innen sind allesamt langweilig, mehr als routinierten Pseudo-Feel Good vermitteln sie nicht: Kelli Garner ist heimliche Hauptrollenträgerin (obwohl weit hinten in den Credits angeführt), ihr Randabenteuer als Quasi-Spionin für den CIA ist indes nur lächerlich, Margot Robbie als ihre Filmschwester ist nichts anderes als ein naives Blödchen („Ich will endlich mal meine Unschuld verlieren!“), Christina Ricci (die hier aussieht wie die Schweizer TV-Moderatorin Gabriela Amgarten) nervt vom ersten Moment an mit ihrem aufdringlichen Overacting - am besten kommt hier noch Filmfranzösin Karine Vanasse weg. Die Männer sind allesamt farblos und nicht der Rede wert.

                                                    Zwar werden hier allerlei Destinationen auf dem ganzen Erdball 🌎 angeflogen, die Serie besticht trotzdem nicht durch kosmopolitisches Flair: Denn mehr als Liebeleien da und dort (und damit verbundene Kabeleien) werden hier nicht geboten - weder stört mal eine meteorologische Turbulenz die Routine, noch gibt es mal etwas Denver Clan-mässige Würze im Menü. Mit zunehmender Laufzeit wird es richtiggehend belanglos: Nach Folge Nr. 9 mit Namen „Romantisches Rom“ war meine Geduldsgrenze endgültig erreicht und damit Schluss.

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