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Alle Kommentare von alviesinger
Die Umweltaktivisten unter Führung des Greenpeace-Mitbegründers Paul Watson retten Haie, Wale, Robben, Fische im Atlantik, Pazifik, legen sich mit dem Militär an, rammen Walfänger und nutzen die Macht der Medien für sich. Mitaktivist Peter Brown lässt nun Kinobesucher an den mutigen Aktionen der selbst ernannten „Öko-Terroristen“ teilhaben. Das filmische Ergebnis ist schrecklich aufgeblasen. Dagegen wirken selbst die überdrehten und sich nicht immer ganz der Wahrheit verschriebenen Michael Moore-Dokumentationen so glaubhaft wie ein Brockhaus-Kompendium. Filmemacher Peter Brown ist ein unsympathischer Selbstdarsteller. Ständig dreht sich sein Film im Kreis. Frei nach dem Motto: Hui, was sind wir für ein geiler Haufen, was sind die anderen bescheuert und wie geil, dass wir wissen wie man die doofen Medien für sich instrumentalisiert. Und das zeigen wir euch jetzt in dieser episodenhaften Doku, verzichten dabei auf eine sinnvolle Struktur, ziehen das unerträglich reißerisch auf, verfälschen dabei die teils sehr harten Aufnahmen mit „lustigen“ Sound-Effekten und versemmeln das Ding endgültig mit einem amateurhaften Schnitt. Irgendwann sind dann auch die 90 Minuten mit Archivmaterial gefüllt und Peter Browns Werk endet abrupt. Unstrittig ist, dass die Arbeit und die Mühen der Sea Sheperd Conservative Society lobenswert sind, Vorbildcharakter haben. Trotzdem ist „Bekenntnisse eines Öko-Terroristen“ eine wenig unterhaltsame Selbstbeweihräucherung im indiskutablen Docutainment-Stil, die bisweilen auf Kosten der Glaubwürdigkeit geht. Ziel verfehlt.
Roboter-Boxen…Grundgütiger! Das hat noch gefehlt. „Real Steel“ ist eine familienfreundliche Mogelpackung, die sich trotz aller konservativer Züchtigkeit frech bei „Transformers“ und der „Rocky“-Reihe bedient. Zwischen den brutalen Blech an Blech-Romanzen im Ring wird dem Zuschauer eine banal-doofe Vater-Sohn-Geschichte aufgetischt und Lost-Star Evangeline Lilly darf als einzige Frau unter all den Männern und Robo-Kumpanen die Alibi-Mutti geben, die in der heimischen Box-Turnhalle brav auf Mann und Kind wartet. Hier existiert noch das klassische Ernährerbild! Dieser mechanische Rocky Balboa-Krampf gleicht einem Ramsch-Playstation-Spiel, hat dämliche Actionszenen wie etwa der Kampf eines massigen Roboters gegen einen Stier(!) im Angebot und nervt mit Kiddie-Hiphop und bräsigem Raprock. „Real Steel“ ist ein lautes, herzloses Hollywood-Fließbandprodukt, das blitzschnell wieder vergessen ist. Da hat selbst die nicht Enden wollende TV-Wrestling-Männerseifenoper der WWE mehr Seele. Mein Tipp: Statt „Real Steel“ im Kino zu schauen, lieber zur eigenen Futurama-Sammlung greifen und sich an der thematisch ähnlichen Episode „Raging Bender“ („Now get ready to hate him as he threatens your sexuality in his new persona The Gender Bender“) erfreuen. Garantiert bessere Unterhaltung!
Oman, Mexiko, Australien, Frankreich, England – so viel Herumgereise für eine simple Geschichte: Kill the Killers. Dieser grobschlächtige „München“-Verschnitt täuscht Komplexität vor, unterhält mit so mancher spannenden Sequenz. Die guten Momente werden aber ganz schnell wieder durch muffige Daueraction kaputt gestampft. Merke: Warum groß labern, wenn das fette Maschinengewehr richtig geil in der Gegend rumballert. Falsch! Denn das probate Baller-Mittel schadet in „Killer Elite“ oftmals. Der Film kommt nicht zur Ruhe – was ihm helfen würde. Schaden tut „Killer Elite“ so einiges: Da wären die peinlich auf cool gebürsteten Dialoge, die völlig belanglose und deplatzierte Lovestory und die schauspielerisch arg limitierten Hauptdarsteller Jason Statham, Clive Owen und „Prison Break“-Stoffel Dominic Purcell helfen auch nicht gerade weiter. Die Action-Heroen können sich zwar ordentlich verkloppen, ihr Spiel lässt sehr zu wünschen übrig. Gerade Stathams Ödnis-Charakter kann man nicht mehr ertragen. Warum muss der Glatzkopf jedes verdammte Mal den gleichen Vogel spielen? Robert De Niro ist kaum zu sehen und in den wenigen Szenen erwartungsgemäß unterfordert. „Killer Elite“ ist mittelmäßige Action-Ware mit begrenzt fähigen Darstellern. Bloß nicht zu viel erwarten.
„Wie ausgewechselt“ ist US-amerikanisches Family-Entertainment aus der Standard-Ecke. Klar, hier wird auch mal herzhaft geflucht und das goldige Baby darf dem Bilderbuch-Papa fröhlich ins Gesicht kacken. Am Ende des Tages - sprich kurz vor dem Abspann - ist David Dobkins Komödie ein weiterer erzkonservativer Spießerkram auf Walt Disney-Niveau. Das Gespann Reynolds und Bateman stellt erneut unter Beweis, dass die Hauptrollen-Ehre/Bürde den beiden manchmal noch zu schaffen macht. Gerade bei Reynolds Slacker-Rolle wünscht man sich lieber einen schnoddrigen Owen Wilson. Und das will was heißen! Und Bateman durfte hier scheinbar die von Vince Vaughn abgelehnte Rolle übernehmen. „Wie ausgewechselt“ wagt den Spagat zwischen anzüglichen Witzchen und netter Familienkomödie. Keine gute Idee! Denn nur weil hier auch mal der Vorbildspapa „Motherfucker“ brüllt, Sex mit Schwangeren angedeutet und Kleinkinder als Mongos bezeichnet werden, wird aus „Wie ausgewechselt“ kein raunchy Kevin Smith trifft auf Judd Apatow-Cocktail. Trotz so manch gelungenem Gag ist dieses Vertauschungsgeschichtlein nicht besonders originell, die vielen „witzigen Situationen“ wirken bemüht und kaum überzeugend. „Wie ausgewechselt“ beginnt frech, baut im Verlauf aber schnell ab und entwickelt sich zu einem lauwarmen Filmvergnügen.
John Singleton, bekannt für solide bis doofe B-Action-Machwerke, schickt Taylor Lautner auf eine wilde Hatz. Gewohnt Oberkörper-frei versucht der Teenager-Schwarm etwas bemüht auf den Spuren eines Richard Kimble oder meinetwegen auch Jason Bourne oder zeitgemäß auf den Spuren der Neo-Action-Heroin Hanna zu wandeln. Dieser doch recht lächerliche Rip-Off strotzt vor Logiklöchern, grausam schlechten schauspielerischen Leistungen der Jungstars – allen voran die weibliche Hauptdarstellerin Lily Collins - und dümmlichen Reißbrett-Dialogen. Grob fahrlässig in der weitgehend spannungsfreien Teenager-Action-Schnulze ist das Verheizen internationaler Topstars wie Alfred Molina, Sigourney Weaver und Michael Nyqvist. Dieser Kiddie-Bourne mit dem muskulösen Kleinstadt-Kid eignet sich für Kinogänger, die den Begriff jüngere Filmgeschichte nicht kennen oder daran interessiert sind. Der Rest wird sich über ein Deja-Vu-Feuerwerk ärgern, das aufgrund der schlechten Hauptdarsteller im Gesamtpaket nicht überzeugt.
Doctor Who, McLovin, Tara, der nervige Charlie Bartlett und Colin Farrell – da hat man für das „Fright Night“-Remake eine doch sehr ordentliche Mannschaft aufgestellt. Anfänglich weiß diese nerdige Horror-Comedy mit ihren Filmreferenzen, den notgeilen Teenagern und dem sympathischen Spiel mit den Genre-Vampirregeln auch zu begeistern. Doch aus dem schmissigen Gute-Laune-Horror mit dem coolen Vampirnachbar wird in der zweiten Filmhälfte ein langatmiges Stück Action-Kino, das eintönig herumgurkt und durch die leider sehr mäßigen Computereffekten zu nerven beginnt. Die eh schon äußerst magere Geschichte wird in die Länge gezogen, Showdown folgt auf Downshow folgt auf Showdown. Schlussendlich mangelt es dem laut scheppernden Remake am klassischen 80ies-Charme. Ergo: Lieber dem Original weiter die Treue halten.
1941, eine ukrainische Kleinstadt, böse Russen, böse Deutsche: Zwei jüdische Wunderkinder leiden unter den Besetzern, müssen inmitten des Zweiten Weltkriegs um ihr Leben fiedeln. Die Schmonzette namens „Wunderkinder“ ist ein Weltkriegsdrama, das den Schrecken der Zeit aus Kinderaugen schildern möchte. Leider krankt das Drama an den überforderten Kinderdarstellern, eindimensionalen Figuren und schrecklich hölzernen Dialogen. Außer Kai Wiesinger kann niemand wirklich überzeugen. An dem grausamen Schicksal der Kinder nimmt der Zuschauer kaum teil, dafür wirkt das Ganze zu aufgesetzt und drückt mit unangenehmer Stärke auf die Tränendrüse. So verkommt „Wunderkinder“ zu einer Nachmittagsseifenoper im Zweiten Weltkrieg, der man auch noch eine mehr als überflüssige Rahmenhandlung überstülpen musste.
Teil eins war ein netter, kurzweiliger Spaß. „Johnny English – Jetzt erst recht“ ist das nicht. Irgendwie ist der trottelige Geheimagent gar nicht mehr trottelig, schleppt einen müden Sidekick durch den Film und wirkt im Sequel unangenehm gelangweilt. Die wirklich guten Witze kann man in diesem britischen Murks an einer Hand abzählen. Und das ist für eine eineinhalbstündige Komödie definitiv zu wenig. Statt ordentliche Gags zu schreiben, wurde der Schwerpunkt auf die Action verlagert. Das will aber auch nicht so richtig überzeugen. Rowan Atkinson kaspert sich also routiniert durch diesen witzlosen Action-Klamauk von der Stange. Oder: Er zieht halt irgendwie sein Ding durch. Und so scheitert „Johnny English – Jetzt erst recht“ eindeutig am eigenen Anspruch: Der Geheimagenten-Spoof macht keinen Spaß. Da wird einem Angst und Bange: Zuerst dachte man, dass das English-Sequel einem die Wartezeit auf den neuen Austin Powers verkürzt. Und dann verkommt der Atkinson-Streifen zu solch einer Gurke. Hoffentlich ist das kein böses Omen für Mike Myers.
Dieser abgelaufene Horrorquark bedient sich bei bekannten Geschlossenen-Anstalts-Dramen wie „Einer flog übers Kuckucksnest“ oder „Girl, Interrupted“. Um den nötigen Schreck-/Geil-Faktor gerecht zu werden, wird „The Ward“ mit nervigen Darstellerinnen, bekannten J-Horror-Elementen und lüsternen Dusch-Shots aufgeweicht. Inhaltlich passiert wenig: Eine zerfledderte, ungewaschene Irre terrorisiert eine Gruppe Meschugge-Girlies. Am Ende ist alles ganz anders als gedacht – Blödtwist-Alarm! Dieser unterdurchschnittliche Kram soll mit dem Namen des Auftragsregisseurs aufgehübscht werden. Aber klappt das noch? War John Carpenter vor Jahrzehnten eine echte Hausnummer im Horror-Bereich, so tendiert sein Marktwert aufgrund der gnadenlosen Flop-Anreihung in den vergangenen Jahren (oder waren es Jahrzehnte?) gegen Null. Ein Carpenter-Film? Das ist heute vielmehr eine Warnung. Der Mann hat bei mir keinen Kredit mehr. Und „The Ward“ ist ein weiterer Sargnagel für Carpenters Karriere.
Das Filmposter führt in die Irre: Obwohl dort viele Stars zusammengeklatscht wurden, ist „Crazy, Stupid, Love“ keine dieser austauschbaren Ensemble-Romcoms, die durch den Erfolg von „Tatsächlich… Liebe“ in der jüngeren Vergangenheit in Massen abgedreht wurden. Die verknüpften Geschichten in Glenn Ficcaras und John Requas Film drehen sich um eine Durchschnittsfamilie, sind brav, rührig und ziemlich nett (im positiven Sinn). Es sind nicht die manchmal banalen Storylines, die die Komödie über den Durchschnitt heben. Der Film bekommt Persönlichkeit durch seine ansehnliche Starriege: Steve Carell ist gewohnt lustig, Ryan Gosling hat sich dem Machismo verschrieben und tritt cool auf, Emma Stone ist wie immer sehr niedlich und Marisa Tomei überrascht mit einer durchgeknallten Performance. Nur Julianne Moore spielt diesmal wie auf Prozac und fällt dementsprechend ab. Manchmal plätschert das Geschehen auf der Leinwand etwas hilflos dahin. Manchmal sind die Szenen herrlich komisch. „Crazy, Stupid, Love“ ist ein nettes, überlanges Ding von Film, das anfangs etwas schwer in Gänge kommt, das aber durchaus seine süßen Momente hat und mit seinem absurden Nonsense-Schaulauf im großen Finale Sympathiepunkte sammelt.
„Hell“: Das ist deutsches Kino, das rein gar nichts mit schlecht von den Amis kopierten romantischen Komödien á la „Keinohrhasen“ oder „What a Man“ zu tun hat. Fern dieses nicht mehr tragbaren Schmodders wagt Tim Fehlbaum (Regie und Ko-Autor), den Schritt aus diesem zugegebenermaßen Kassenträchtigen Einbahstraßen-Kino. Ohne einen Blick auf das Ganze zu werfen, winkt so mancher bereits ab. Kino ohne Nazis, süßen Kindern oder einem Beziehungsdrama im Sozialbau? Das können die Deutschen nicht. Warum sollte man jungen Filmemachern und ihre Ideen auch eine Chance geben? Diese Denke ist überheblich, zeugt von blinder Voreingenommenheit und bringt selbst ernannte Cineasten um einen guten Film. Denn in Fehlbaums „Hell“ steckt echtes Talent. Dieser anfängliche Endzeit-Thriller mit seiner überschaubaren Search&Rescue-Geschichte ist atmosphärisch dichtes Kino, dass Grusel und Spannung mit einfachen Mitteln erzeugt. Dass „Hell“ kein komplexes Erzählkonstrukt ist, dürfte Endzeit-Fans sowieso nicht überraschen. Punktete der letzte wichtige Genre-Beitrag - „The Road“ – auch nicht gerade durch eine fesselnde oder wendungsreiche Geschichte. Warum auch? Denn ist die Welt erst einmal am Arsch, taumeln die Überlebenden eben nur noch durch diese nicht lebenswerte Welt. Viel spannender ist sowieso, dass Fehlbaum nach der Hälfte des Films das „From Dusk Till Dawn“-As aus dem Ärmel schüttelt: Sein Weltuntergangsdrama mutiert zu einem grausamen Backwood inklusive Psycho-Mutter und Kannibalismus-Kumpels. Mit Endzeit hat der Film dann nur noch am Rande zu tun. Fehlbaum liefert mit „Hell“ kein fehlerfreies aber ein beeindruckendes Debüt ab. Mehr davon bitte.
Ein Krimi aus Schweden. Und nein, der Kommissar ist kein geschiedener Säufer. Nein, der Ermittler ist kein Frauenschwarm und Journalist, der zusammen mit einem finsteren Goth-Chick aufgesetzt komplizierte Fälle löst. „Easy Money“ ist die immens erfolgreiche Bestseller-Verfilmung eines Krimis ohne Ermittler, ja fast ohne Polizei. Vielmehr steht das organisierte Verbrechen im Mittelpunkt. Die Akteure sind Araber, Serben, Albaner und ein Schwede, der ein Doppelleben zwischen illegalen Machenschaften und Luxusleben in der schwedischen Oberschicht führt. Daniel Espinosas Film ist ein großartiges Epos über Freundschaft, Gier und Verrat. Die Thematik und Heransgehensweise, gerade in Bezug auf die Subkultur, erinnern an Dominik Grafs letztjähriges TV-Highlight „Im Angesicht des Verbrechens“. Espinosa gelingen unheimlich spannende Sequenzen. Das ist staubtrocken, einfach straight, inszeniert. Der Mann braucht für seinen düsteren Krimi keine aufgesetzte Coolness, die sich bei Guy Ritchie bereits nach dem zweiten Film abgenutzt hatte und den Briten in eine ewige Dauerschleife verbannte. Espinosa zeigt ein Schweden wie es manche verträumte Skandinavien-Romantiker nicht sehen möchten: Ein anonymer Großstadtmoloch und heruntergekommene Sozialbauten. Die Figuren tummeln sich in dreckigen Stundenhotels, in die Inga Lindström noch keinen Fuß reingesetzt hat. „Easy Money“ ist skandinavisches Gangsterkino mit Dejan Cukic („In China essen sie Hunde“) und Fares Fares („Kops“). Die Nordeuropäer zeigen, dass sie direkte Vergleiche mit der nordamerikanischen Traumschmiede nicht scheuen müssen.
Der Regisseur und Autor John Michael McDonagh spielt mit den Klischees und nutzt das alte Buddymovie-Konzept für seine kleine irische Komödie. Der seit „In Bruges“ bei Fanboys beliebte Brendan Gleeson als politisch unkorrekter, hurender und saufender Dorf-Cop und Don Cheadle als hemdsärmeliger FBI-Agent lassen gemeinsam einen Drogenschmugglerring auffliegen. Die doch recht dünne Geschichte von „The Guard“ spielt eine untergeordnete Rolle. Dieser stark auf ein Festival-Publikum getrimmte Krakeler-Sleeper-Hit ist nicht für den Mainstream konzipiert. Dafür ist das Ganze zu lakonisch, gemächlich und etwas zu selbst verliebt inszeniert. Die ständigen Schüsse gegen die Briten, die Mariachi-Mucke von Calexico und der Low-Budget-Touch treiben den Film in eine Ecke. McDonghs Film ist eine schwarze Komödie mit einigen Hängern, die alles darf, alles macht aber beileibe nicht alles richtig macht. Und das ist sympathisch.
Zottel-Aliens vs. englisches Prekariat: Blut, Gemetzel, Oneliner und Nick Frost – eine weitere Splatter-Comedy. Die Fanboys sabbern schon, warten darauf, dass die coolen Hosenscheißer aus der Südlondoner Hochhaussiedlung den Viechern from outta space mächtig in den Arsch treten. Yeah! Doch halt. Es gibt Probleme. Joe Cornishs Film ist nicht wirklich witzig, nicht sonderlich spannend und – für die Gore-Hounds – nicht besonders blutig. Die Blagen nerven, den dauerbekifften Comic Relief-Charakter kann doch niemand mehr ernsthaft in ein Drehbuch schreiben, die Wuschel-Monster wirken wie ein unrasiertes H.R. Gieger „Alien“, dass das Aufrechtgehen noch nicht erlernt hat und die Action-Sequenzen sind konfus inszeniert. Aus dem weiten Bereich der Party-Monster-Killer-Splatter-Filmchen gibt es eine Vielzahl unterhaltsamerer Werke. Aber trotzdem kann man „Attack the Block“ nicht völlig in der Luft zerreißen: Cornish hatte eine nette Idee, ihm gelingen einige unterhaltsame Szenen, doch im Gesamtbild ist die Umsetzung eben mau. Ärgerlich ist auch die prominente Platzierung von Nick Frost, der – wohlwollend – gerade einmal zehn Minuten im Film zu sehen ist. Das grenzt schon an verzweifeltem Name-Dropping. Dieser am Reißbrett entworfene Kult schwingt darüber hinaus am Ende auch noch die Moralkeule – eine wahrhaft blöde Idee. Der Abschlussfilm des 2011er Fantasy Filmfest ist eine durchwachsene Sache.
(Ich kann und will es mir nicht verkneifen): Da laust mich doch der Affe! „Planet der Affen – Prevolution“ ist nicht der kalkulierte Ausfall, den alle schon fest eingeplant hatten, sondern ein packender Blockbuster geworden. Natürlich: Diesem Film haftete bereits vor Produktionsbeginn der Schnelle-Dollar-Ruf an. Und den kann Rupert Wyatts Streifen auch nicht loswerden. Dieses „Quetschen wir aus einem alten Franchise mit diesem sinnlosen Sequel noch etwas Geld raus“-Gefühl lässt sich nicht ganz abschütteln. Aber abgesehen von einigen dümmlichen Phrasen ist das „Planet der Affen“-Prequel ein echter Gewinner. Der Film sieht einfach toll aus. Die Affen und ihre wortlose Interaktion wirken lebensecht, die Actionsequenzen sind wirklich atemberaubend, bieten einige Wow-Effekte und verkommen dabei glücklicherweise nicht zum Selbstzweck. Denn die Geschichte rückt ihre Figuren in den Fokus und räumt ihnen genug Raum für etwas Tiefe und Entwicklung ein. Und mehr kann man von einer Multimillionen-Dollar-Produktion, die international ein sehr breites Zielpublikum ansprechen möchte, nicht verlangen. James Franco beweist hier, dass er als Hauptdarsteller echtes Blockbuster-Material ist. Dieser wahrhaft vielseitige Kerl trägt den Film, der in der Tradition einer großen Reihe steht, mühelos. Alte Haudegen wie John Lithgow und Brian Cox liefern ihren Part routiniert ab. Gegen Franco wirken so genannte Hoffnungsträger wie Russell Brand oder Shia LaBeouf noch blasser als sie eh schon sind. Wyatts Vorgeschichte über die Machtergreifung der Affen ist bombastisches Schubladen-Spannungskino – mit garantieren Gänsehautmomenten. Meinetwegen kann diese affige Geldmaschine in den kommenden Sommersaisons gerne fortgesetzt werden.
Cédric Klapischs Dramödie beginnt als nette sozialkritische Putze-„Pretty Woman“-Variante. Der Filmemacher thematisiert die Massenentlassungen der hilflosen Armen und Gewinnmaximierungen der rücksichtslosen Reichen. Die Holzhammervergleiche und Stilmittel (Regionalbahn mit Gegenschnitt auf Privatjet) stoßen einem dabei aber nicht übel auf. Denn „Mein Stück vom Kuchen“ bietet einen zwar berechenbaren aber durchaus unterhaltsamen Verlauf. Und die beiden Hauptdarsteller Karin Viard und Gilles Lellouche helfen dem Film über seine plakative Herangehensweise hinweg. Mit der Zeit treibt Klapisch seine Geschichte gen Spitze. Ist das noch glaubwürdig, fragt man sich des Öfteren. Wahrscheinlich. Ist das blauäugig? Keineswegs. Das Geschehen ist aufgrund der Verbitterung und Verzweiflung und bezogen auf die überraschende und in dieser Form nicht erwartbare finale Eskalation mutig. „Mein Stück vom Kuchen“ ist dank seinem starken Ende ein ehrlicher wenn auch überaus düsterer Weckruf.
In guten wie in schlechten Zeiten. „Blue Valentine“ das heißt: ein Paar, zwei Geschichten und der Verzicht auf die rosarote Brille. Vorgabe sind Frage und Fakt: 1. Wie wurden aus der niedlichen Cindy (Michelle Williams ist erstklassig) und dem warmherzigen Tausendsassa Dean (the Great Gosling) ein Paar? Das wird erklärt. 2. Jetzt ist nur noch Leere. Das wird gezeigt. Regisseur und Ko-Autor Derek Cianfrance hat ein ergreifendes wie grundehrliches Beziehungsdrama in der modernen amerikanischen Mittelschicht erschaffen. Ein Werk voll verdammt süßer und verdammt bitterer Momente. Dieses Wechselbad aus romantisch-blinder Verliebtheit und der kalten-grauen Normalität fasziniert und berührt. Schüchterne erste Küsse und kurze Röcke treffen auf Geheimratsecken und Hängebrüste. Diese (un)gewöhnliche und warmherzige Lovestory stellt keine Fragen, hat keine abgewetzten Erklärungen parat. Denn der Filmemacher, der Zuschauer kennt die Antwort, kennt die Routine einer Beziehung. „Blue Valentine“ reiht sich nahtlos in die Serie herausragender Beziehungsdramen der Filmgeschichte ein. Neben dem Kammerstück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ oder Ingmar Bergmans ausladendem Genre-Klassiker „Szene einer Ehe“ wirkt Cianfrances Film zwar wie kleines Kino. Aber dieses Werk über fragiles Glück, das vom tristen Alltag und dem ungewollten und manchmal unvermeidlichen Hass und der Frustration zwischen den Eheleuten bedroht wird, gewinnt durch die superb aufspielenden Darsteller und die Improvisationsfreiheit an Größe und Eigenständigkeit. Nachfragen erübrigen sich. What happened? Life happened.
Eine Beziehungskomödie aus Deutschen Landen. Das ist wie der 60. Geburtstag meiner Großtante oder Elfmeterschießen gegen England: berechenbar. So, genug auf Tommy-Jaud-Niveau gewitzelt. „Resturlaub“ ist die gleichnamige Verfilmung von Jauds Bestseller. Der Konsens-Spaßmacher schrieb seinen Roman zum Drehbuch um und stellt einen Thirtysomehting in der Lebenskrise in den Mittelpunkt seiner Geschichte. Der will kein Spießer sein, sondern sucht das Abenteuer. Selbst Jaud sucht händeringend nach Szenen, Anekdoten und Dialogen mit hohem Wiedererkennungswert. Denn „Resturlaub“ will/muss gnadenlos Zielgruppen-authentisch sein. Die Chose versinkt in Situationen, die jeder 25- bis 50-Jährige kennt und sich darin finden kann. Der Selbstfindungsprozess des Helden ist mit Witzen versehen, die mit den Prädikaten amüsant bis super-peinlich versehen sind. Jauds Klamauk gleicht einer Sitcom, die die riskante Kraftprobe in Angriff nimmt und sich zu einem Kinofilm streckt. Das klappt nur bedingt. Der Verzicht auf eine weitere Partizipation von Vollpfosten der Klasse eines Olli Pocher wie etwa bei der Jaud-Verfilmung von „Vollidiot“ wirkt sich in der Kino-Adaption von „Resturlaub“ positiv aus. Man mag es kaum glauben, aber echte Schauspieler sind eben doch besser als nicht lustige Möchtegern-Komiker. Aus Fehlern wird man klug.
Nervige Schlümpfe schlumpfen nach New York, trällern ihr Schlumpflied und Gargamel plus Kater jagt die quäkenden Zwerge durch die Hochhauschluchten des Big Apple. Wie bereits in „Yogi Bär“, „Scooby Doo“ oder „Garfield“ wandelt auch diesmal eine animierte Truppe von Zeichentrickfiguren durch die reale Welt und muss bei irgendwelchen abstrusen Abenteuern mitmachen. Die Zielgruppe dieser lieblosen Machwerke steht auf farbigen Wackelpudding, Nickelodeon und schlechte Plastikpopmusik – soll heißen: es sind Kinder. Dementsprechend darf die Geschichte des Films nicht zu kompliziert, verschachtelt oder gar interessant sein. Im Fokus von „Die Schlümpfe“ steht vielmehr der Witz. Und Kinder lachen gerne über Dinge/Menschen/Tiere, die stolpern, gegen etwas krachen oder unkontrolliert durch die Luft katapultiert werden. Das ist lustig. Und eintönig. Aber nicht für Kinder, sondern für Erwachsene. Die sind hier aber nicht das Zielpublikum. Und deshalb ist das Kinoabenteuer der belgischen Zwerge für alle, die das achte Lebensjahr überschritten haben, eine anstrengende Slapstick-Revue. Regisseur und „Scooby Doo“-Veteran Raja Gosnell verbrät in „Die Schlümpfe“ alte Ich-knall-dem-Kerl-etwas-unheimlich-Schweres-gegen-den-Kopf-Witze, die er bereits in früheren von ihm verbrochenen Machwerken wie dem Videotheken-Billigkram „Home Alone 3“ inszeniert hat. Ein kleiner Lichtblick ist Hank Azaria als fanatisch-verrückter Gargamel. Der Komiker hat seinen Spaß an der Figur und an diesem Nonsense-Werk. Neil Patrick Harris hat hingegen nach „Beastly“ den nächsten Fehlgriff in Sachen Ich-plane-meine-Kinokarriere getätigt und die nichtssagenden Kulleraugenmaus Jayma Mays ist einfach nur unbeschreiblich blass und überflüssig. „Die Schlümpfe“ ist erwartungsgemäßer Mumpitz, der auf ganz freche Art das Thema Product Placement angeht.
Aufgrund der äußerst mäßigen Filmvita von Mikael Håfström („Das Ritual“, „Zimmer 1408“) konnte man von „Shanghai“ nicht viel erwarten. Doch der Schwede schafft es in seiner zweiten Zusammenarbeit mit John Cusack einen geschmackssicheren Noir-Thriller zu inszenieren. Anstatt in Los Angeles oder in den Hochhausschluchten New Yorks spielt die Geschichte im schön animierten Shanghai im Jahr 1941. In dem fernostasiatischen Großstadtdschungel tummeln sich allerlei Gestalten mit breitkrempigen Hüten: Triaden, fremde Soldaten, böse Japaner und Nazis mischen auch noch mit. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten kommt das etwas überfrachtete Drehbuch von Hossein Amini - ein solides Stück Fließbandarbeit – in Gang. Cusack freut sich über seinen Bogey-Charakter, verwickelt sich und die Schar von asiatischen Schauspielstars immer mehr in dem undurchschaubaren Gestrüpp von Lügen und Verdächtigungen und wir Zuschauer, die mit dem Nostalgiefimmel, freut es einträchtig. Håfström baut auch noch einige sehenswerte Shoot-Outs ein, die man in dieser Härte nicht erwartet hätte. So verzeiht man dem Schweden am Ende auch die Extraportion Schmalz, die man sich in dieser Ausprägung hätte sparen sollen. Besonders schön und deshalb erwähnenswert: Chow Yun-Fat ist endlich einmal wieder in einer ordentlichen Rolle zu sehen. Alleine dass dürfte Grund genug sein, „Shanghai“ zu loben.
Zuerst wird aus einem Brooklyner Spargeltarzan eine patriotische Witzfigur, die die Massen in Sachen Brachial-Propaghanda abfüttert. Am Ende des Tages rettet der wortwörtlich aufgeblasene Superheld die Welt vor einem durchgedrehten Obernazi. Bescheuerter Kram? Durchaus. Doch „Captain America“ besitzt als gewitzte Mischung aus „Indiana Jones“-Versatzstücken und „Sky Captain and the World of Tomorrow“-Klon diese gewisse Dosis an unwiderstehlichem B-Charme, der man sich kaum entziehen kann: Nazi-U-Boote vor New Yorks Küste, ein ruppiger Tommy Lee Jones, saftige Oneliner und eine souveräne Retro-Ausstattung ergeben kurzweiliges Unterhaltungskino. Die Krönung kommt in Form von Hugo Weaving, der als Wagner hörender Superbösewicht in dieser überdrehten Marvelcomic-Adaption dem Superhelden als Gegenspieler endlich einmal Paroli bieten kann – und den leider sehr blassen Chris Evans ganz locker an die Wand spielt. Dieses patriotisch-unkomplizierte Schwarzweiß-Popcorn-Kino der alten Schule macht wirklich Laune.
Um es kurz zu machen: Matthias Schweighöfers Regiedebüt ist niveauloses Geplänkel - vollgestopft mit Product-Placement. Der Schauspieler/Regisseur/Autor hat sich am „Keinohrhasen“-Set einiges abgeschaut und fährt bei „What a Man“ die ganz sichere Nummer: viele süße Kinder, eine romantische Einfallslosgeschichte, das Großstadt-Ambiente und konsensfreundlicher Schmacht-Pop. Und damit im Kino auch einmal ordentlich gewiehert werden darf, hat der Film neben dem Süß- und Niedlichkeitsfaktor auch Gags, die „Analspreizer“ und Vibratoren in allen vorstellbaren Größen und Farben, zu bieten. Hoho, was haben wir gelacht! Das ist verkappter Proll-Humor für kichernde Twens und Thirtysomethings, die für eineinhalb Stunden dem Pendlertrott und dem Abbezahlen des schnuckeligen Reihenhauses entfliehen möchten. „What a Man“ kommt dem Sinnbild der platten deutschen Komödie sehr nahe.
Ja, geht’s noch? Aus dem furchtlosen Kampfjetpiloten wird eine grüne Laterne, die gerne klobige Ringe trägt. Herzlich willkommen beim nächsten Superhelden-Krampf aus Hollywood. Vier Autoren wurden dafür verschlissen. Und dann serviert Warner Bros. so eine Trash-Granate aus dem uns definitiv zu oft aufgetischten Superhelden-Einheitsbrei. Dieser blöde Effekt-Dünnschiss über ein „Intergalaktisches Freiheits-Corps“(!) nervt neben der frechen Militärglorifizierung inklusive abgefeierter Opferbereitschaft durch seine verarmte Erzählschablone. Des Weiteren besticht diese Standardkost vom Graphic-Novel-Wühltisch durch unzählige ultradoofe Fremdschämmomente, bei denen man nur noch über das Geschehen auf der Leinwand lachen oder über die Ernst gemeinte Intention der Filmemacher den Kopf schütteln kann. Da nützen auch die wenigen augenzwinkernden Momente und die abgeklärte Hey-wir-wissen-dass-das-alles-lächerlich-ist-Attitüde nichts. Ergo: Ryan Reynolds als grüne Biene Maja ist ein schlechter Witz in der diesjährigen Blockbuster-Saison. Natürlich in 3D.
So lasse ich mir den modernen Heimatfilm gefallen: 1981 gründen Bhagwan-Jünger im verschlafenen Oberbayern ein Therapiezentrum. Das hört sich deutlich platter an als es glücklicherweise ist. Der Clash zwischen den ungezügelten Kosmos-Spinnern und Spießer-Bazis verkommt neben einigen wohl unvermeidlichen Plattitüden und dem aus Gegensätzen generierten Humor nicht zu einer oberflächlichen Jodel-Nackt-im-Regen-Tanzen-Nummernrevue. Denn der Vielfilmer Marcus H. Rosenmüller kann auf ein tolles und glaubwürdiges (autobiografisches) Skript von Ursula Gruber zurückgreifen. Es rückt besonders die Sehnsucht der Kommunen-Kids nach Normalität (Amber Bongard ist klasse) in den Mittelpunkt. „Sommer in Orange“ ist sehenswertes Unterhaltungskino aus Deutschen Landen, das – wenn auch nur in sanften Zwischentönen - die Toleranzfrage in unserer Gesellschaft in diese amüsante Schlacht der Kulturen geschickt einflechtet: Am Ende des Tage hat jeder Vorurteile. Gruber und Rosenmüller fragen deshalb zielgenau: Wer ist hier eigentlich Spießer und was ist daran so schlimm?
Frisch und originell: Dass einem Woody Allen-Film, der im 21. Jahrhundert abgedreht wurde, noch einmal so etwas attestiert werden würde, hätten wohl auch die kühnsten Fans des Filmemachers nicht gedacht. Viel zu lange schon pflegte der kleine New Yorker sein eigenes filmisches Erbe, drehte jedes Jahr Variationen seiner Klassiker. Das gelang ihm manchmal recht ordentlich, doch gerade in der jüngeren Vergangenheit griff Allen zu oft daneben. „Midnight in Paris“ ist endlich der nun wirklich nicht erwartbare Befreiungsschlag. Dabei muss gesagt werden, dass der Paris-Ausflug im Allen-Universum kein völlig neues Gebilde darstellt. Man erinnere sich bloß an das gefeierte „The Purple Rose of Cairo“, „Der Fluch des Jade-Skorpion“ oder „Geliebte Aphrodite“. Das waren erfolgreiche Allen-Werke, die bereits Ausflüge ins Mystisch-Magisch-Märchenhafte darstellten. Dafür hat Allen einen Faible. In „Midnight in Paris“ verkörpert Owen Wilson Allens Leinwand Alter Ergo, sprich den Stadtneurotiker, der außerhalb einer Metropole einzugehen droht und erst bei einem ordentlichen Platzregen im Großstadtdschungel wieder aufblüht. Allen bleibt hinter der Kamera. Positiv ist, dass man für diese Figur kein Oscar-Kandidat sein muss. Denn Wilson ist Wilson. Er hat dieses spezielle Tom Cruise-Gen. Der Blonde mit der Wuschelfrisur kann nur sich selber spielen. Allens bekannter Hauptcharakter, der sich von Film zu Film nur minimal ändert, überfordert Wilson also nicht. Selbst wenn: Allen hat ja noch Marion Cotillard zu bieten. Sie ist in jeder Szene bezaubernd und spielt ihre Co-Stars mit einem Augenaufschlag an die Wand. Ihr nimmt man gerne ab, dass sie Künstler wie Pablo Picasso oder Ernest Hemingway den Kopf verdrehte. Völlig überflüssig und ärgerlich ist hingegen der Kurzauftritt der Anti-Schauspielerin Carla Bruni. Solches Name-Dropping hat Allen nicht nötig. Aber schön ist es dann doch, wenn einen im Kinosaal der Nachbar mit dem Ellenbogen anstößt und fragt: Das ist doch die vom Sarkozy. Ja, das ist sie. Nächste Szene bitte. Also, Allens Spiel der Realitäten ist ein feuchter Feuilleton-Traum, der wahr wird. Sein kleiner ideenreicher Kniff erweist sich als Rettung für den New Yorker. Allen kann seinem abgenutzten Beziehungsspiel zwar nicht ganz entfliehen, trotzdem widmet er sich der von vielen geträumten Hoffnung und dem verklärten Blick auf die Vergangenheit. Dabei rechnet Allen mit den Schöngeistern und Nostalgikern in Maßen ab. Das ist gezähmte Unterhaltung, die überrascht und verzaubert. Sehr schön.