alviesinger - Kommentare

Alle Kommentare von alviesinger

  • 3 .5

    Lust auf die x-te romantische Komödie in New York? Lust auf B-Schauspieler, die von Rolle zu Rolle den gleichen Charakter spielen (müssen)? „Fremd Fischen“ geht auf Nummer sicher. Extremes Type-Casting galore in diesem Gedöns: Kate Hudson spielt nach dem unerträglichen „Bride Wars“ einmal mehr die bitchy Freundin, John Krasinski wird seinem „The Office“-Schatten namens Jim Halpert wohl niemals entfliehen können, Ginnifer Goodwin darf als pausbäckiges Aschenputtel in ausgetretenen „Big Love“-Spuren schlafwandeln und der aalglatte Colin Egglesfield nervt als Tom-Cruise-Verschnitt das Publikum. Darüber hinaus beinhaltet diese unsagbar lange Schmonzette das für dieses Genre unverzichtbare Upper-Class-Milieu aus Manhattan und die „Traum“wochenenden in den Hamptons – also perfektes Sehnsuchtspotential für Single-Sekretärinnen, PR-Mäuse und Jura-Studentinnen, die dieses Machwerk ansprechen möchte.

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    • 2 .5

      Zwei süße Mittelalter-Boys balgen sich um das endgeile Rotkäppchen mit den riesigen Glotzaugen oder wie die Gebrüder Grimm durch den Hollywood-Fleischwolf gedreht wurden. Die „Twilight“-Regisseurin Catherine Hardwicke und der „Kampf der Titanen“-Autor David Leslie Johnson wagen den Rotkäppchen-Reboot. Klingt grausam? Richtig. In „Red Riding Hood“ wird aus dem klassischen Märchenstoff ein doofes und äußerst schwülstiges Mystery-Rätsel mit unterirdischen Spezialeffekten, das zudem schön christlich unterfüttert wurde. Dauernd wandeln die eindimensionalen Figuren durch die billigen Studiokulissen, liefern sich Dialoge zum Davonlaufen und Hardwicke erlaubt sich einen handwerklichen Fehler nach dem anderen. Als wertkonservativer Nachschub für „Twilight“-Girls darf selbstredend auch die erfolgsversprechende Kleinmädchen-Romantik inklusive schmalziger Liebesschwüre nicht fehlen. Was für ein dämlicher Kram!

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      • 5
        über Rio

        „Rio“ von den Blue Sky Studios bedeutet: einerseits knallhart auf putzig getrimmte Viecher mit unfassbar großen Glotzaugen, die ganz süß fiepen und quieken können, eine typisch simple Auftrag-erfüllen-von-A-nach-B-rennen-Geschichte bei der zu keinem Zeitpunkt das Gehirn eingeschaltet werden muss und andererseits Disney-mäßige zum Fußwippen einladende Tanzpartys und Gesangsnummern, die in der deutschen Synchronisation nicht überzeugen können. Das ergibt am Ende einen lustigen Füller bis zum nächsten „Ice Age“-Teil mit ordentlich Sonne und Samba - schön bunt, schön fröhlich, schön familienfreundlich. Kritischer betrachtet bedeutet das: „Rio“ bietet alte Witze, die immergleiche Slapstick-Leier und Animation von der Stange – also aalglatte Konsensunterhaltung in 3D ohne einen Fitzel Eigenständigkeit.

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        • 5

          „Sucker Punch“ ist – wie zu erwarten war – von der ersten Sekunde an bis zum Abspann extrem durchgestylt. Die Eröffnungssequenz etwa ist ein reinrassiger Musikvideoclip. Anfangs macht dieser Blödsinn mit den mies gelaunten Pussycat Dolls auch Spaß. Doch dann geht es los: An der zweifelsfrei großartigen Bildsprache sieht man sich extrem schnell satt. Die teils beeindruckenden und teils schlicht unübersichtlichen Action-Szenen wirken in ihrer geballten Ansammlung wie ein nicht enden wollender Trailer für die kommende Blockbuster-Saison. Aus den Baller-Tanten werden eindimensionale Wichsvorlagen in manchmal schon arg auf notgeil getrimmten Fetischkostümen. Es dämmert einem: Ohne eine starke Vorlage in der Hinterhand – siehe „Dawn of the Dead“ oder „Watchmen“ - wird deutlich, dass bei Zack Snyder storytechnisch wenig zu erwarten ist. In der schmalzigen Schlussviertelstunde wird dem Zuschauer der düstere „Spice Girls – der Film“-Reboot dann noch als verdammt raffiniert und doppelbödig verkauft. Was der Film beileibe nicht ist. Das Drehbuch-Team Steve Shibuya und Zack Synder hat eine schlechte Arbeit abgeliefert. Die visuell starke Geschichte besitzt eine banale Videospiellevel-Struktur inklusive Endgegner, die sich mehrfach wiederholt. Snyder hat somit einen mittelmäßigen B-Film abgedreht, ihn mit seinem bekannten Edelguss überschüttet und die Fanboys spritzen freudig ab. Deshalb gilt auch das beliebte Schönreden-Motto nicht: „Geilomat. Hirn abschalten, super Streifen für mich und die Kumpels. Mit schön Bier und Flips.“ Nein, denn die Geschichte dieses eintönigen und humorlosen Action-Kitsches ist äußerst dürftig. „Sucker Punch“ ist am Ende eine bildschöne Wundertüte, die nach dem Öffnen kurz Puff macht.

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          • 4

            Mel Gibson und der Nager: Ein depressiver Daddy erschafft sich ein Alter Ego und seine Familie leidet darunter. „Der Biber“ ist nicht das Comeback des Affären gebeutelten Mel Gibson. Auch wenn der Buddymovie-Star beweist, dass er neben seinem ausschweifenden Privatleben noch schauspielern kann, krankt das gefühlsduselige Dramödchen am haarsträubenden Drehbuch von Kyle Killen. Sicherlich las sich die verkrampft ungewöhnliche Prämisse im Draft gut, sie funktioniert auf der Leinwand keine Sekunde. Konfus wirkt „Der Bieber“ und schlägt Purzelbäume: vom Drama zur Komödie, eine Portion Thriller, etwas Coming-Of-Age sowie ein Schuss Teenanger-Romanze. Am Ende der mürbe machenden Irrfahrt offeriert uns Killen keine sinnvolle Erklärung für seine Häppchen-Story. Eigentlich ist der von Jodie Foster inszenierte Film Material für die Goldene Himbeere. Glaubwürdig oder unterhaltend ist das dösige Schmierentheater nicht. Eher peinlich und in seiner in manchen Szenen deplatzierten Ernsthaftigkeit schlicht dämlich. Aber das Star-Ensemble Mel Gibson, Jodie Foster und Jennifer Lawrence retten den Film mit ihrem souveränen Spiel vor dem Totalausfall. Sehenswert wird der Streifen dadurch nicht. Hier lohnt ein filmhistorischer Blick zurück: Das betont düstere Machwerk mit dem Psycho-Biber versagt im Vergleich mit dem Genre-Nachbarn „Mein Freund Harvey“ auf der ganzen Linie.

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            • 7 .5

              Beschauliches Indie-Kino: Gegenseitig holen sich drei traumatisierte Menschen aus ihrem tiefen Loch heraus. Ausgerechnet die gebrochene Stadt, der ehemalige Sündenpfuhl New Orleans dient hier als Kulisse für diese unspektakuläre Vergangenheitsbewältigung. Und so ergaben sich für Kameramann Christopher Soos tolle Locations, die er perfekt nutzte und diese besondere Südstaaten-Atmosphäre voller Schweiß, Schwüle und Southern Comfort perfekt einfängt. Getragen wird die Scottsche Familienproduktion – Jake Scott (Regie), Papa Ridley (ausführender Produzent), Onkel Tony (ausführender Produzent) – von einem großartigen Schauspieltrio: James Gandolfini entfernt sich mit der Gutmensch-Performance hier erstmals glaubwürdig von seiner „Sopranos“-Rolle, Kristen Stewart stellt als verdorbene Göre einmal mehr ihr Können unter Beweis und Melissa Leo liefert großes Kino ab. „Willkommen bei den Rileys“ ist eine lebensbejahende Tragikomödie, die einen ehrlichen Ton anschlägt, auf dumme Rührseligkeiten verzichtet und somit schlicht und einfach ein unterhaltsames Stück Film geworden ist.

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              • 7

                Das macht richtig Spaß: Nicolas Cage und Ron Perlman sind als Ex-Kreuzritter auf heiliger Mission. Es wird gemetzelt, gerätselt und etwas Buddy-Movie-Stimmung kommt auch noch auf. „Season of the Witch“ – der deutsche Titel „Der letzte Tempelritter“ dürfte kaum unpassender gewählt sein – ist eindeutig dem abgedrehten Fantasy-Bereich zuzuordnen und entfernt sich rasant vom anfänglichen Mittelalterepos. Dank der guten Schmalspurgeschichte, den charmanten Billigst-Effekten und einer exzellenten Atmosphäre bringt der Regisseur Dominic Sena hier das wonnige „Armee der Finsternis“-Gefühl zurück. „Season of the Witch“ ist bewusst unterhaltsamer Schrott mit dem neuen Trash-Patron Nicolas Cage. „We gonna need more holy water“! Genau.

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                • 7

                  Rodrigo Garcias filmisches Denkmal für Mütter und Töchter: Die Damen können nicht immer miteinander, ohne geht es aber auch nicht. In Garcias Film stehen drei Frauen im Fokus der Handlung - drei Geschichten um und über Adoption, die verwoben sind. Da passt es sehr gut, dass Alejandro González Iñárritu das einfühlsame Drama mit wirklich witzigen Momenten produziert hat. Garcia beweist hier eine spitze Feder, setzt aber mitunter auch den Holzhammer ein. Des Weiteren fransen die Geschichten aufgrund der zu langen Laufzeit gegen Ende unangenehm aus, werden aber durch das pointierte Spiel von Naomi Watts und der wieder einmal bravourös aufspielenden Annette Bening getragen. Und so ist „Mütter und Töchter“ ein ehrliches Porträt – wenn auch extrem konstruiert.

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                  • 5 .5

                    „Shaun of the Dead“ war witzig. Die Steigerung kam in Form von „Hot Fuzz“ – saukomisch plus ein starkes Drehbuch. Und was ist mit „Paul“? Simon Pegg und Nick Frost (minus Edgar Wright – und das merkt man sehr deutlich) stellen sich einen am Computer zum Leben erweckten Außerirdischen an die Seite und versuchen das Alien-Genre zu persiflieren. Das klappt mal so gar nicht. Denn „Paul“ hat kaum gute Gags, sondern greift meist auf peinliche Witzchen und Pipi-Kaka-Beschimpfungen zurück, die vielleicht zwölfjährige Klosterschülerinnen zum Kichern bringen. Und nun muss ich das schreiben, was ich eigentlich nie machen wollte – denn bisher konnte ich dieser Aussage noch nicht zustimmen -, aber die besten Gags des Films sind tatsächlich im mittelmäßigen Trailer zu sehen. Neben der geringen Gag-Dichte ärgert einen zudem die größte Pfeife des Films: der Zoten-E.T. mit dem ach so unpassenden Vornamen. Diese auf Kult getrimmte Figur möchte die lässige Coolness von Gordon Shumway besitzen, nervt bisweilen aber so sehr wie Jar-Jar-Binks. Und dieser miese Running-Kalauer bezüglich der „Drei Titten“ funktioniert in einem geekigen Filmkosmos wie „Paul“ überhaupt nicht. Ständig reiben sich die Protagonisten ihr Popkultur-Wissen unter die Nase, tragen nerdige T-Shirts und wollen dann nicht einmal die dreibrüstige Dame aus „Total Recall“ kennen? Also bitte. Zusammengefasst: „Paul“ ist in Grenzen unterhaltsam und hat nette Cameos. Wer Stoff aus diesem Genre braucht, sollte trotzdem lieber auf „Men in Black“ zurückgreifen.

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                    • 3
                      über Beastly

                      „Die Schöne und das Biest“ als oberflächlicher Teenager-Kram: Der Kerl mit der blonden Pudelfrisur aus „Ich bin Nummer Vier“ wird vom „Full House“-Erdnuckel im Goth-Look verhext. Nur die „High School Musical“-Göre kann den süßen Boy durch ihre Liebe vom Fluch befreien. Ja, geht’s noch? „Beastly“ hat nicht nur einen der dämlichsten Make-Up-Effekte der jüngeren Filmgeschichte zu bieten, sondern weiß auch gekonnt den einzigen echten Schauspieler der Produktion in die Ecke zu stellen. Denn dass der charismatische „Six Feet Under“-Nate (Peter Krause) in dieser Seifenoper auf Bravo-Foto-Lovestory-Niveau in einer kläglichen Nebenrolle auftreten und gegen ein Rudel untalentierter Twens auf der Leinwand ankämpfen muss, schmerzt. Aber auch verständlich. Denn „Beastly“ ist eine billig produzierte Zielgruppengurke, die bereits an ihrem Startwochenende die Produktionskosten eingespielt haben muss. Dieser substanzlose Streifen hat nämlich null Halbwertszeit und dürfte innerhalb weniger Monate aus dem filmhistorischen Gedächtnis jedes halbwegs interessierten Kinofreundes verschwunden sein. Und da kann Everybodys Darling, Neil Patrick Harris, als blinder Lehrer gar nichts retten. Schlecht ist eben schlecht.

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                      • 4 .5

                        Hatte man bezüglich des Teufelaustreibungsgenres in den vergangenen Jahren dank erfrischenden Werken wie der 2010er-Produktion „Der letzte Exorzismus“ oder Hans-Christian Schmids „Requiem“ Hoffnung für die Filmsparte, so ist „The Rite – Das Ritual“ hingegen ein weiterer Sargnagel für dieses Subgenre. Dem schwedischen Regisseur Mikael Håfström gelingen solide inszenierte Austreibungsszenen und nette Schockeffekte, aber auch diese Kombination kann nicht über die längst verdaute Dämon-Priestergeschichte, die hier wieder hervorgewürgt und erneut durchgekaut wird, hinwegtäuschen. Ärgerlich ist zudem die offenkundige Holzhammer-Propaghanda der katholischen Kirche, die eigentlich eine „Dauerwerbesendung“-Einblendung auf der Kinoleinwand verdient hätte. Fies ist auch das ärmliche Spiel des Protagonisten: Der junge Darsteller Colin O’Donoghue mit TV-Serien-Background wirkt gegen den souverän aufspielenden Altmeister Anthony Hopkins wie ein heillos überforderter Messdiener.

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                        • 3 .5
                          über Faster

                          Zehn Jahre Knast. Rache. Bäng, Bäng. Kennt man, hat man schon deutlich besser gesehen und sollte man in „Faster“-Form zumindest im Kino meiden. Mehr Infos nötig? Okay. Diese staubtrockene Möchtegern-70ies-Action-Hommage wurmt den Zuschauer mit sadistischen Gewalteinlagen. Das Grausamste an George Tillman Jr. Film sind jedoch die behämmerten Dialoge, die auf Kosten der Autoren-Brüder Gayton gehen. Auch der C-Cast mit einem bemitleidenswerten Kurzauftritt von Tom Berenger und einem immer tiefer sinkenden Billy Bob Thornton kann für den miesen Gesamteindruck mitverantwortlich gemacht werden. „Faster“ biedert sich in Hommage-Form beim Genre-Publikum an. Ein Killer jagt den Rächer – alles ohne einen Funken Humor. Das ist gewollt und eigentlich sollte man dem „Faster“-Trio nicht den Gefallen tun und einen der anvisierten, angehimmelten Filmemacher im Zusammenhang mit diesem stumpfsinnigen Streifen beim Namen nennen, aber ich mache es dennoch: Die drei Reißbrett-Dreher wollen hier unter anderem Sam Peckinpah alle Ehre erweisen. Ihr Neo-Gewaltstrudelversuch geht aber gründlich schief und wirkt am Ende wie Grabschändung.

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                          • 5

                            Die filmische Adaption von Kazu Ishiguros fesselnden Roman über menschliche Ersatzteillager versandet leider. Entweder eignet sich die interessante Grundidee des nachdenklichen Werks nicht für die Kinoleinwand oder der anspruchsvolle Stoff wurde von Regisseur Mark Romanek und Star-Autor Alex Garland nur in mangelhafter Weise umgesetzt. Denn trotz der starken Kinderdarsteller, des trendy „Landlust“-Stils und den großen Namen wie Andrew Garfield, Carey Mulligan und Keira Knightley bleibt am Ende nur ein schnarchiger wie auch schmalziger Blick in eine düstere Parallelwelt, die an ihrer eigenen Melancholie zu ersticken droht und den Zuschauer dabei nie zu packen bekommt.

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                            • 6

                              „Twilight“ mit Aliens: D.J. Carusos „Ich bin Nummer Vier“ ist eine schamlose Kopie der Milliarden-schweren Vampirserie. Dieser durchschaubare Rip-Off bietet schöne, junge Menschen in einer Kleinstadtidylle – nicht Forks, sondern Paradise – und fährt anfänglich die übliche High-School-Crap-Schiene inklusive erster Liebe, Außenseiterdasein und den zu erwartenden Klischees. Statt Vampiren stehen bei „Ich bin Nummer Vier“ Asyl-Außerirdische im Mittelpunkt, die von bösartigen und fies dreinblickenden Aliens mit schlechten Zähnen auf Mutter Erde gejagt werden. Deshalb sind die guten Kids mit außerirdischem Migrationshintergrund ständig auf der Flucht. Der Protagonist ist ein blonder E.T./Superboy, verliebt sich „Twilight“-mäßig in eine fotogeile Dorfschönheit und will endlich ein ruhiges Dasein als normaler Teenager fristen. Statt wie eine Discokugel zu glitzern, hat der Typ Surferboy vom Mars in Extremsituationen doofe Taschenlampenhände. Die leuchten dann und das stiftet unter der ahnungslosen Kleinstadtbewohnern Verwirrung. Das junge Glück schwört sich im Verlauf der Geschichte natürlich ewige Liebe – wie die Pinguine vom Südpol oder die Blutsauger aus dem US-Bundessaat Washington. „Ich bin Nummer Vier“ basiert auf einem Roman, der unter dem Pseudonym Pittacus Lore veröffentlicht wurde. Die Alien-Mär wurde auf mehrere Teile ausgelegt. Alles erinnert somit an „Twilight“. Nur der Schmalzfaktor ist nicht ganz so präsent wie bei den blassen Blutsaugern. Selbst der Soundtrack wurde von schicken Indie-Künstlern wie den Black Keys oder The XX bestückt. Carusos filmische Interpretation ist ein reißerischer aber blutleerer Teenager-Blockbuster mit lärmenden Spezialeffekten. Diesem auf Kommerz getrimmten Machwerk kann man sicherlich unvorstellbar viel vorwerfen. Aber wenn nach der finalen unwiderstehlich überdreht inszenierten Trümmerorgie die komplette Kleinstadt-High-School in ein brennendes Schlachtfeld verwandelt wurde, dann muss man sich eingestehen, dass „Ich bin Nummer Vier“ trotz einem Batzen von Abstrichen zu gefallen weiß. Und sei es auch nur als ungewollte Trash-Perle.

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                              • 8
                                über Rango

                                Positive Überraschung: Gore Verbinski gelingt mit „Rango“ ein echter Hingucker, der aus der Masse der lieblosen Animationswerke heraus sticht. Die bei „Drei Amigos“ entlehnte Geschichte über eine Echse mit Identitätskrise punktet durch witzige und - was in diesem Genre durchaus Seltenheitswert hat – bisher ungesehene Einfälle. Die wahrhaft herausragend animierten Action-Sequenzen tun ihr Übriges. In „Rango“ verschwimmen die Filmwelten: Das Grundgerüst des klassischen Westerns in düsterem Grundton wird mit surrealen Traumsequenzen, skurrilen Figuren und filmhistorischen Verweisen auf „Fear and Loathing in Las Vegas“, „Apocalypse Now“, „High Noon“ und „Star Wars“ gekreuzt. Das ist nicht immer kinderfreundlich und manchmal richtig abgefahren: Einmal darf sogar ein animierter Clint Eastwood als Sergio Leones „Monco“ Weisheiten an die Loser-Echse, die sich ihre Physiognomie von Kermit dem Frosch abgeschaut hat, raushauen. Das ist verdammt gewagt und macht „Rango“ so richtig sympathisch. Schön ist es zudem, dass Kids und Jugendliche mit Verbinskis Knaller an das bei dieser Zielgruppe eher unbeliebte Western-Genre herangeführt werden.

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                                • 6

                                  Vier New Yorker Normalbürger. Zwei Menschen finden sich, zwei trennen sich. Philip Seymour Hoffmans Regiedebüt ist ehrliches Indie-Kino, das zutiefst menschlich aber auch zutiefst banal ist. Der Indie-Fürst versucht sich hier als amerikanischer Mike Leigh und zeigt zerbrechliche Menschen, die vielleicht nicht jede Situation souverän überstehen, die nicht druckreif sprechen, die nicht perfekt aussehen oder ein aufregendes Dasein führen und die ihr tristes Leben dennoch meistern. Seymour liebt seine unscheinbaren Figuren aus der Masse zweifelsohne, leider inszeniert er nicht immer auf den Punkt. Sein spröder Liebesfilm wirkt manchmal wie ein Besuch im Versuchslabor der Stilmittel: Neben dem Einsatz von deplatziert dröhnendem Bombastpop überrascht Hoffman mit Montagen, die mit dem meist ruhig dahin schwimmenden Erzählfluss brechen. Und so können auch die schauspielerischen Glanzleistungen des Quartetts nicht über die vielfach erzählte Geschichte und die bereits erwähnten handwerklichen Fehler hinwegtäuschen. Das etwas unausgegorene „Jack in love“ dürfte Hoffman-Fans dennoch begeistern. Und davon gibt es ja – zu Recht – eine ganze Menge.

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                                  • 8

                                    Der Wilde Westen wie man ihn von klein auf kennen und lieben gelernt hat: Wunderbare Cinemascope-Bilder, raue Hunde mit großem Herzen und eine simple Vergeltungsgeschichte. Mehr braucht es nicht. Die Figuren bleiben eindimensional, der Boden der Steppe ist staubig und die Cowboys trinken ihren Whisky und essen ihren matschigen Brei aus Mais und Bohnen. Das war schon immer so und die Coen-Brüder wissen und respektieren das. Zudem erhält dieser Bilderbuch-Western durch den trockenen Coen-Sarkasmus eine besondere Note. Ihrem Kameramann Roger Deakins gelingt so manche geniale Einstellung, die an vergilbte Ölschinken erinnert. Und der Cast mit Jeff Bridges, Matt Damon und Josh Brolin ist schlichtweg herausragend. Hailee Steinfeld ist eine echte Entdeckung, die bemerkenswerterweise ohne nerviges Overacting zwischen dem männlichen Startrio bestens besteht. „True Grit“ ist also eine reine Freude, die jeden Kinofreund, der etwas für das Western-Genre übrig hat, mit einem zufriedenen Lächeln aus dem Kino entlässt. Vielleicht ist dieser Winterwestern nicht ganz so eindringlich und fesselnd wie der letzte große Genrebeitrag „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ aber nichtsdestotrotz ein großes wie auch nostalgisch anmutendes Wildwest-Abenteuer. Was will man(n) mehr?

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                                    • 6 .5

                                      Eine solide Prämisse gibt den Startschuss für einen ohne Umschweife inszenierten Action-Thriller. „The Mechanic“ unterscheidet sich von Vergleichsware aus dem Sortiment durch sein anfänglich ruhiges Tempo und der etwas statischen Inszenierung. Der Action-Veteran Simon West hat die gut inszenierten Prügel- und Ballersequenzen in der ersten Hälfte selten aber wohl platziert. Und wenn die Protagonisten Jason Statham und Ben Foster morden und kloppen, dann aber richtig. Bei „The Mechanic“ geht es brutal zur Sache. Trotzdem ist der Film das entspannte Gegenteil von zerstückelter Actionpornoware wie „Crank“. Zudem hilft die Partizipation von Foster dem inhaltlich erwartungsgemäß dünnen Streifen, sie kaschiert das unmögliche Mimenspiel von Statham in so mancher Szene. Wirklich schade sind hingegen die letzten Minuten von „The Mechanic“: Denn gegen Ende verdämlicht die hippe Twisterei den insgesamt doch recht erfreulichen Gesamteindruck dieses rustikalen Männerstreifens in dem Frauen entweder als unwichtige Nutten-Figuren oder Thekenschlampen auftreten dürfen.

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                                      • 5 .5

                                        „In einer besseren Welt“ ist ein zutiefst optimistischer Film von Susanne Bier. Dabei wirken die Geschehnisse anfangs sehr düster: Zwei Geschichten – im idyllischen Dänemark und in einem afrikanischen Wüstenlazarett – kreuzen sich im Verlauf des Films und greifen inhaltlich wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt die gleichen Probleme und Fragen auf: Wer hat das Recht zu richten? Was ist gerecht und was Recht? Und welche persönlichen Entscheidungen sind mit unserem demokratisch geprägten friedlichen Wertesystem vereinbar? Bei Bier erwartet man stets kluges Kino und keinen blinden Konsum. Und auch bei „In einer besseren Welt“ will die Filmemacherin mit ihrer Parabel über Rache und Vergebung ganze Weltanschauungen crashen lassen, zuckt in letzter Instanz aber zurück. Das ist man von Bier nicht gewohnt. Das befriedigt auch nicht. Der simple Lösungsansatz wie dass ein traumatisches Erlebnis den Betroffenen von einem vorigen Trauma befreit, lenken von der großen Moralkiste ab, die Bier vorher genüsslich geöffnet hat und nun nicht mehr ordentlich zubekommt. Im letzten Drittel geht der Dänin die Luft aus, die Geschichte trudelt Richtung überzogenes Happy End. Schludrig gemacht.

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                                        • 7

                                          Rustikale Römer im noch dicht bewaldeten Britannien des 2. Jahrhunderts nach Christus. Der stetig besser werdende Filmemacher Kevin MacDonald liefert einen atmosphärisch dichten und schnörkellosen Abenteuerfilm ab. Neben jüngeren Schlachtplatten wie „Centurion“ oder der letztjährigen „Robin Hood“-Verstümmelung von Ridley Scott zeigt „Der Adler der Neunten Legion“ das triviales Geschichtskino mit einer leider scheinbar unausweichlichen Militärglorifizierung immer noch gut unterhalten kann. Dass hier Ehre über allem steht, mag der Geschichte geschuldet sein, hat aber einen komischen Beigeschmack. Und bisweilen leidet der Film, der gänzlich ohne tragende Frauenrolle(!) auskommt, an einem akuten „Herr der Ringe“-Pathos. Der größte Kritikpunkt ist jedoch ein anderer: Silberblick Channing Tatum als Protagonist ist eine Fehlbesetzung galore. Die grobschlächtige Bleivisage mit Bürstengelfrisur verleidet so manche stimmungsvolle Szene. Balsam kommt in Form von Donald Sutherland und Jamie Bell. Die beiden schrauben mit ihrer lässig aus dem Ärmel geschüttelten Performances das schauspielerische Niveau von „Der Adler der Neunten Legion“ in ungeahnte Höhen – anders formuliert: Es wird erträglich. Aber ich möchte hier nicht falsch verstanden: MacDonalds Ehre-Odyssee durch die schottischen Highlands ist ein audiovisueller Leckerbissen, der Genre-Freunde verzücken dürfte.

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                                          • 4

                                            Der jüdische Filmemacher Tomer Heymann filmt sein junges Leben: Im Mittelpunkt stehen dabei seine patente Mutter und sein deutscher Lebenspartner Andreas. Die Dokumentation besteht aus Alltagsbeobachtungen und einer Episodenhaften Erzählweise: Die Hüftoperation der Mama, einer der Brüder kommt aus den USA zu Besuch, Heiligabend in Deutschland. Heymanns Großeltern sind 1936 aus Deutschland geflohen – Grund genug für den jungen Filmemacher seine ihm nahe stehenden Personen mit Vergangenheitsbewältigungsfragen zu traktieren und die heutzutage wenig interessante Thematik zu erörtern, ob eine Liebe zwischen einem Deutschen und einem Israeli aufgrund der kulturellen Unterschiede sowie der geteilten Historie möglich ist. Heymann gelingen dabei ehrliche Szenen, die aber auch von extremer Langeweile und Beliebigkeit geprägt sind. Unterhaltend ist das alles nicht und interessant ist es aufgrund der qualitativ sehr schwankenden Episoden nur in Grenzen. Einen künstlerischen Anspruch könnte man in „I shot my love“ bestimmt hereininterpretieren – das wäre aber aufgrund der sehr persönlichen Herangehensweise von Heymann zu gewollt. Am Ende ist man eigentlich nur von der Nervenstärke der Beteiligten, die ständig die banal-neugierigen Fragen des Filmemachers meist in aller Ruhe beantworten, beeindruckt.

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                                            • 5 .5

                                              Unspektakuläres dänisches Drama: Eine erwachsene Frau ist hin und her gerissen zwischen den Ansprüchen ihres krebskranken, jähzornigen Vaters und ihres egoistischen Freundes. „Eine Familie“ greift persönliche Fragen auf, streift sie, lässt sie fallen und wendet sich anderen Themen zu. Karriere oder Familie? Tradition, Lebenswerk oder Selbstbestimmung? Nach der stimmigen Eröffnungssequenz und einigen starken Szenen flacht der Film merklich ab. Offensichtliche Probleme tun sich auf: Dem Skript fehlt die Stringenz, den Figuren mangelt es an Tiefe. Da können die Schauspieler noch so überzeugend aufspielen. Gegen ein unausgegorenes Drehbuch ist nun mal kein Kraut gewachsen. Der als mitreißender Strom an Emotionen konzipierte Film ist nach dem quälend langen Ende bloß ein plätscherndes Gefühlsbächlein. Die wenigen wirklich überzeugenden Momente retten „Eine Familie“ somit nicht davor in der Masse der Durchschnittlichkeit unterzugehen. Wirklich schade.

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                                              • 7

                                                Alejandro Gonzáles Inárritu kann auch linear erzählen. Manchmal weiß der Mexikaner allerdings nicht, wie viel Leid und Glücksmomente ein Film mit der immensen Laufzeit von fast 150 Minuten verträgt. Das emotional stark aufgeladene „Biutiful“ ist ein für Inárritu typisch komplexes Konstrukt: eine ungerechte Welt, wo jeder sich und seiner Familie selbst der Nächste ist und wo sich in den Schmuddelecken Barcelonas menschliche Tragödien abspielen. Es wird geweint, gestorben, gelitten und auch gelacht. Inárritu wollte diesmal bewusst von seiner üblichen Erzählstruktur mit steten Ortswechseln weg. Trotz der Vorgabe klammert er sich dann aber wieder an alte Strukturen: Die bereits in „Babel“ anvisierte Globalisierungsdebatte wird fortgesetzt. Der Filmemacher vermischt das Elend der spanischen Unterschicht mit den unfassbaren Schicksalen der illegalen Einwanderer – ob nun aus dem Senegal oder China. Und der Mexikaner trägt dick auf. Das Drama wirkt in seiner Gesamtheit überladen und schier endlos. Aber dank eines gut aufgelegten Javier Bardem und einer schier großartigen Maricel Àlvarez – dem heimlichen Star des Dramas – ist „Biutitful“ ein sehenswerter Film über das Leben in einer aus den Fugen geratenen Welt.

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                                                  Im kargen Missouri, wo scheinbar ständig eine düstere und beklemmende Atmosphäre herrscht, spielt Debra Graniks Zweitwerk „Winter’s Bone“. Hinterwäldler, die in dreckigen Unterhemden Banjo spielen, Fünfjährige, die Innereien von einem gerade mit einem Gewehr „erlegten“ Eichhörnchen pulen, um dieses später zu verspeisen – es ist eine uns fremde Welt voller Holzhütten mit Wellblechwänden, wo wehleidige Country-Musik läuft. Für das Auge gibt es viel zu entdecken, inhaltlich passiert sehr wenig. Die Suche der Tochter nach ihrem Vater ist für die Filmemacher ein Alibi um in diese ärmliche Welt voller ausgebrannter Meth-Labore und alter Pickup-Trucks einzutauchen. Es ist beileibe kein reißerisch inszenierter Milieu-Ausflug, der diese Welt überzeichnet abbildet. Granik blickt vielmehr nüchtern auf die Stumpf- und Ausweglosigkeit dieser Menschen. Trotzdem fehlt der Geschichte der fortwährende Antrieb. Denn die immer wiederkehrenden Besuche bei Kusinen, dem Onkel väterlicherseits, dem Groß-Cousin oder dem bärbeißigen Clan-Patriarch lassen die karge Geschichte ständig im Kreis rotieren und, ja so ist es, an manchen Stellen überaus langweilig geraten. Eine kohärente Handlung oder nachvollziehbare Motive der Nebenfiguren sollte niemand in überzeugender Art erwarten. „Winter’s Bone“ wird letztlich vom authentischen Spiel der jungen Jennifer Lawrence getragen, die in ihrer Rolle als 17-jährige Tochter, Schwester, Schülerin und Familienoberhaupt wirklich beeindruckt. Darüber hinaus lebt das Drama von der Faszination an der Missouri-Parallelgesellschaft.

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                                                  • 4

                                                    Im Bermuda-Dreieck stolpert ein dicker Nerd in eine Welt voller kriegsgeiler Minimenschen. Der sympathische Wanst lässt sich anfangs feiern, er lügt, kämpft, wird entlarvt, entschuldigt sich bei allen und darf am Ende in bester diplomatischer Boutros Boutros-Ghali-Art Frieden stiften. Gulliver 2.0: Die klassische Geschichte wird in dieser betont kinderfreundlichen Fassung mithilfe popkulturellem Firlefanz fast erwürgt. Leider kann das anvisierte Kinderpublikum diese Masse an Querverweisen kaum nachvollziehen. Als Entschädigung witzeln die Filmemacher auf Vorschulniveau: eine riesige Urinfontäne in das Gesicht des Antagonisten bildet die Speerspitze des stupiden Humors. Der Fleisch-gewordene Gegensatz von Feingeistigkeit - Jack Black - besitzt im Film die Reife eines zwölfjährigen Bubis, der zu viele Rock/Hiphop-Videos konsumiert hat. Emily Blunt irrt als überdrehte Prinzessin durch Liliput und Jason Segel wird als Romanze-Winzling schlichtweg verheizt. Ist diese Neuinterpretation von Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“ nun ein modernes Märchen mit einer moralisch netten Botschaft oder infantiler Schrott, der von einem spannungsarmen Effektgewitter gestützt wird? Ich neige zu Letzterem.

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