angucker - Kommentare

Alle Kommentare von angucker

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    Frauen hauen. Fängt ganz gut an mit schön gefilmten Choreos von Freestyle Kämpfen und Trainings, bei denen Hauptdarstellerin und Stuntfrau Amy Johnston im Stile von Karate Kid gedrillt wird. Leider beginnt etwa ab der Hälfte das große, von Buchmachern für ihre Zocker-Kunden organisierte Turnier und das ist einfach nur öde und brutal. Ich war raus, nachdem am Ende einer Kette von ermüdend schlecht inszenierten Brutalo-Kämpfen einer Teilnehmerin die Kehle durchgeschnitten wird. Just for fun, you know?

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      angucker 27.04.2022, 05:57 Geändert 15.07.2022, 21:41
      über Willow

      Ron Howard Werkschau #2: Willow Afgood ist ein Zwerg und Amateurzauberer, der mit Hilfe eines ziemlich depperten Kriegers (Val Kilmer) und zweier ewig streitender Mini-Zwerge ein rotlockiges Baby (die gute Prinzessin) vor der bösen Königin und deren finsteren Kriegern rettet.

      Regisseur Ron Howard macht daraus mit sehenswerter analoger Tricktechnik einen Märchenfilm für Jung und Alt, bei dem trotz fehlender emotionaler Höhepunkte gute Unterhaltung und Komik über die gesamte Laufzeit garantiert werden. Dafür sorgen die geschickte Verteilung der Handlung auf die einzelnen Figuren. So wird das Gesicht des Babies immer wieder in Großaufnahmen gezeigt und spiegelt das Geschehen rundum. Val Kilmer bekommt als tölpelhafter und ewig rolliger Krieger immer nur soviel Screentime, dass es lustig bleibt. Vor allem schafft es der Film, für jede einzelne Szene den richtigen Bildausschnitt zu zeigen. Die großen Drei (Totale, Halbtotale und Nahaufnahme) wechseln sich organisch ab, immer wird ein passender Bildausschnitt gezeigt (was durchaus nicht selbstverständlich ist) und immer haben die Figuren nachvollziehbare Blickkontakte und einen Anschein von räumlicher Nähe. Das involviert die Zuschauer und sorgt in Verbindung mit dem gleichmäßigen Erzähltempo für Vertrautheit und bindet die Zuschauer ein.

      Gut gefallen hat auch die geschickt mit komödiantischen Effekten durchsetzte Kampf- und Verfolgungssequenz in der Mitte des Films. Hier sorgen die Wechsel zwischen Groß und Klein, Nah und Fern vorbildlich für Spannung und Unterhaltung. Das hat durchaus das Niveau ähnlicher Szenen aus dem Indiana Jones Genre. Mal wieder sehr solide, Mr. Howard!

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        angucker 25.04.2022, 18:19 Geändert 03.05.2022, 08:22

        In kunstvoll arrangierten Einstellungen erzählt der Film die Geschichte eines sexbesessenen und wohl klinisch wahnsinnigen koreanischen Kaisers, seiner zwangsrekrutierten Gespielinnen und diverser Verschwörungen in seinem Umfeld. Die unfassbare Machtfülle dieses verrückten Potentaten, die unbedingte Unterwerfung seiner adligen Untertanen, die lustvolle, gelangweilte und kunstvolle Ausübung von physischem und psychischem Zwang, die ebensolche Unterwerfung - all das ist wirklich eindrucksvoll in genau komponierte Tableaus umgesetzt bis hin zu wirklich gut arrangierten Kampf- und Ballettszenen. Hier wird wirklich großes Kino geboten, selbst Fans des asiatischen Schwertkampfes werden auf ihre Kosten kommen. Insbesondere die von den aufständischen Untertanen als "Inside-Job" geschickte Schwertkünstlerin und Konkubine (eine ehemalige Fleischerin!) überrascht durch Anmut und akrobatische Kampfkunst. Viel Kunstblut, skurrile Szenen wie das als Wettbewerb veranstaltete Verkosten von merkwürdigen Innereien (schon mal Plazenta von der Hirschkuh gegessen?) - in diesem FSK 18 Film wird wirklich nichts ausgelassen, was Terror, Diktatur, Unterwerfung, mörderische Intrige und Despotismus angeht. Dabei gibt es auch eine wirklich ergreifende Liebesgeschichte, deren Tragik schon fast an die Klassiker des europäischen Drama heranreichen dürfte. Auch die nur mit klassischen koreanischen Trommeln gemachte Musik ist passend und dramatisch.

        Negativ ist die lustlose deutsche Synchronisation vor allem des Kaisers. Und ich hatte wirklich Mühe, der versponnen aufgezogenen Geschichte zu folgen: Für Mitteleuropäer wie mich sehen die uniformierten und durchweg mit schütteren Bärten auftretenden Männer viel zu verwechselbar aus - die Darsteller sind unter ihren riesigen Hüten kaum zu unterscheiden. Dasselbe gilt wegen starkem Make up und einheitlicher Kleidung auch für die Frauen. Dies und die nichts auslassende Darstellung von physischer Vernichtung und Unterdrückung scheinen mir aber Absicht und Ausdruck einer besonderen (koreanischen?) Kultur zu sein. Mindestens bis in die 90er Jahre wurden koreanische Großkonzerne wie Samsung von steinalten Potentaten "regiert", deren unbedingte Autorität natürlich von niemandem in Frage gestellt wurde. Ich kann mir nach diesem Film geradezu bildlich vorstellen, wie sich bei einem koreanischen Firmenmeeting die "Untertanen" zu Boden werfen und dabei buchstäblich mit den Köpfen aufschlagen. Also trotz Sex und Blut ein wirklich interessanter Film aus einer anderen Kultur.

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          angucker 23.04.2022, 22:39 Geändert 03.05.2022, 08:23

          In geradezu fantastischen Kameraeinstellungen, mit unglaublich raffinierten Lichtsetzungen und einer extrem guten Tonspur erzählt die polnische Starregisseurin Agnieszka Holland eine Geschichte der von Stalins Diktatur verschwiegenen Hungersnot, die Millionen UkrainerInnen und RussInnen das Leben kostete. Mit einem gut aussehenden Journalisten als Protagonisten, der (Danke, @onktebong) ohne Mütze, Einladung, Mantel oder gar Visum nach Moskau reist, um mal eben Stalin, den gefürchteten Diktator, zu interviewen. Diese schon für sich irre Geschichte wird bis hin zur stilisierten Recherche der Hungersnot durch den schönen Helden in technisch überragenden Bildern präsentiert. Um das Maß der kitschiger Filmkunst voll zu machen, wird dann noch George Orwell in die Handlung eingebaut. Der hatte zwar offen Kritik an Stalins Diktatur und der Hungersnot geübt, dies war jedoch ("Farm der Tiere" - 1945) fast 10 Jahre später als die Anfang der 30er Jahre angesiedelte Handlung.

          Sorry, aber das ist ein von der ukrainischen Kulturförderung mit finanzierter Propagandafilm und letztlich grauenhafter Kitsch. Wenn das hohe technische und filmische Niveau nicht wäre, wäre es ärgerlich.

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            angucker 23.04.2022, 16:31 Geändert 15.07.2022, 21:42

            Ron Howard Werkschau #3: Mal wieder ein neues Genre für den Erfolgsregisseur. Diesmal geht es um einen Medien-Coup, ein vertraglich vereinbartes und vom eher halbseidenen Fernsehunterhalter David Frost selbst produziertes Fernsehinterview einerseits und einen Rückblick auf den erzwungenen Rücktritt von Richard M. Nixon andererseits.

            Sehr sauber gemacht: Ein stringenter Rückblick eröffnet den Film; nur die für das spätere Interview relevanten Punkte werden überhaupt angesprochen: Vor allem die Frage, ob Richard M. Nixon vor dem Untersuchungsausschuss gelogen hat oder ob man ihm das nachweisen kann. Es ist wie ein Anwaltswitz (Nixon war nicht nur ein sehr professioneller und rücksichtsloser Lügner, sondern eben auch Anwalt): Reichen die Beweise aus, gibt es Aufzeichnungen, die unterdrückt wurden?

            Aus diesem eher trockenen Stoff macht der Film mit geschickter Dramaturgie unterhaltsames Geschichtskino. Ron Howard taucht viele Szenen in dunkle Schatten, lässt das Bild fast absaufen in Dunkelheit - vor allem das merkwürdige Telefonat Nixons kurz vor dem letzten Interview. Dazwischen schwelgt der Film in Nostalgie und Ausstattungen, die Darsteller tauchen voll ein in ihre Rollen. Frank Langella schafft es, den machtversessenen Winkeladvokaten Nixon wirklich lebendig werden zu lassen. Dazu das bei Ron Howard immer unerschütterlich selbstbewusste Erzähltempo - ein guter Film über ein interessantes Thema. Nur Politik-Hasser finden hier nichts.

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              Regisseur Phillip Noyce schafft es vor allem in den ersten 2/3 des überlangen Films perfekt, die eher übersichtliche Geschichte in passende Bilder zu übersetzen. Von den packend inszenierten und gefilmten Passagen auf dem Meer über das Intrigenspiel im Weißen Haus bis hin zu damit gespiegelten Auseinandersetzungen des illegalen Kommando-Unternehmens. So ist zum Beispiel die Autofahrt durch das von War-Lords und Drogenkartellen kontrollierte Bogotá geradezu ikonisch gut inszeniert und wurde in ähnlicher Form später immer wieder von anderen Regisseuren verwendet. Danach gibt es leider einen Bruch, Harrison Ford reist als One-Man Show und oberster Actionheld der CIA selbst nach Kolumbien, um Amerika und die beschlagnahmten 650 Millionen US $ zu retten und seine Leute zurückzuholen. Das ist so aberwitzig bekloppt (man stelle sich vor, Putin fliegt selbst in die Ukraine, um mit einer am Flughafen übergebenen Waffe "nach dem Rechten zu sehen"), dass mein Gehirn von nun an automatisch im Durchzug geschaltet war. Es ist, als hätte der berüchtigte John Milius ab hier das Drehbuch allein verantwortet: Sinnloses Geballer, Blutflecken im Dschungel auf Steinen (man stelle sich das bitte mal bildlich vor) - die letzten etwa 45 Minuten des Films sind goldglänzender, patriotischer Blödsinn und kaum zu ertragen.

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                angucker 23.04.2022, 07:36 Geändert 25.04.2022, 12:42

                Atmo-Kino mit zwei völlig unverbrauchten und interessanten Hauptdarstellern. Das ist wie "Zazie" im Doppelpack, kommt praktisch ohne Story daher und hat dank der feinen Bewegungen von Kamera und Darstellern sogar eine gewisse Dynamik. Und warum vergebe ich Miesepeter nur 5 Punkte, ohne in die allgemeine Begeisterung zu verfallen? Es ist die Beliebigkeit, Belanglosigkeit der Handlung - letztlich ist dies nur ein meisterhaft gefilmtes Stückchen Atmo-Kino mit stark nostalgischen Zügen. Leider interessiere ich mich im Jahr 2022 Null für das Amerika der 70er in San Fernando Valley. Das hatte Frank Zappa mit seinen Songs vor 50 Jahren schon umfassend abgehandelt und "Zazie" hat diese Form des Films ziemlich gut auch schon vor ca. 60 Jahren etabliert. Von daher konnte der Film bei mir nicht punkten. Für Jüngere oder Nostalgiker kann das anders sein. Meine Tochter war mit ihren 25 Jahren schwer begeistert von diesem Film.

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                  angucker 15.04.2022, 22:39 Geändert 16.04.2022, 16:08
                  über Lamb

                  Eine skurrile Variante des Klassikers „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ angereichert mit beeindruckenden Landschaftsbildern aus den kargen Bergen Islands und mit vielen Schafen. Wenn da nicht die beeindruckende Darstellung von Noomi Rapace wäre, dann hätten mich die kindischen Fantasy Effekte zum Ausschalten oder Gelächter gebracht. So war es nur seltsam.

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                    angucker 10.04.2022, 03:28 Geändert 28.04.2022, 13:41

                    Anrührender Indie-Film, der zwei völlig verschiedene Erzählstränge elegant kombiniert. Der mit einem geschätzten Budget von 2.5 Millionen Dollar gedrehte Film spielte allein in den USA 65 Millionen Dollar ein und bekam neben mehreren Nominierungen einen Oscar für das vom Regisseur verfasste Drehbuch. Man merkt dem Film den geringen Etat vielfach an, etwa bei dem absolut grottig inszenierten Überfall im letzten Drittel. Dafür hat die Geschichte und haben die Dialoge immer wieder Momente, sind meist unsentimental und frei von Kitsch. Stephen Rea verkörpert in idealer Weise einen nicht-binären Mann. Seine immer wieder blitzartig gezeigte Härte kontrastiert seine von ihm ebenso wie von Forest Whitaker (was für ein schräges Casting) bewundernswert gespielte Sensibilität. Die sehr plakativ eingesetzte Musik und einige wenige explizit kitschige Szenen fand ich etwas zeitgeistig.

                    Hauptdarsteller Stephen Rea war lange Jahre mit einer verurteilten IRA Terroristin verheiratet, die (vermutlich nicht nur) ein schreckliches Verbrechen begangen hatte und im Gefängnis starb. Insofern spielt er hier teilweise das Leben seiner Frau – mehr will ich nicht spoilern. Der Film lohnt sich schon allein wegen der außergewöhnlichen Story.

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                      In meinen Augen ein typischer "Corona-Film": Große Abstände aller Darsteller, viele Außenaufnahmen, selbst die Umarmungen wirken, als seien sie unter Gesichtspunkten des Infektionsschutzes entstanden. Die gekonnt gemachten Außenaufnahmen und die energische Darstellung von Benedict Cumberbatch können es nicht rausreißen. Zu schlicht ist das Setting, letztlich zu lang der Film und zu lustlos wirken die Darstellungen von Kirsten Dunst und Jesse Plemons - wie ein verheiratetes Filmpaar so wenig Chemie, so wenig Anziehungskraft vermitteln kann, das ist schon beachtlich. Am bemerkenswertesten fand ich noch die Breeches von Cumberbatch - mit den kringeligen Löckchen auf den Oberschenkeln genau angemessen tuntig; ein nettes Ausstattungsdetail. Und die wenigen Szenen, als es um Musik ging: Wie Cumberbatch die durch ein übergriffiges Geschenk erzwungenen Klavierübungen von Dunst mit seinem Banjo "battelt", also aus dem Gehör immer schneller und besser spielt.

                      Jane Campion kreist mit diesem Film (wie in ihrem großartigen "Das Piano") wieder mal um Kultur und Wildnis als Konfliktstoff. Aber wie man den Alkoholismus der ehemaligen Gastwirtin so weichgezeichnet, so verbrämt und schluderig inszenieren kann - das war wirklich schwach.

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                        Ein ungewöhnlicher Familienfilm. Die Hauptrolle wird von dem bereits weißhaarigen Paul Newman verkörpert, der als unangepasster Dickkopf mit kaputtem Knie in seinem kleinen Ort überall aneckt. Die Beziehungen entwickeln sich nur langsam, die Konflikte werden beiläufig, manchmal unmerklich in die Handlung eingeführt: Die schwierige Beziehung zu seinem mittlerweile erwachsenen Sohn, der ewige Ärger mit seinem langjährigen Auftraggeber (von Bruce Willis ganz zurückgenommen gespielt), die unerfüllte Liebe zur Frau von Bruce Willis (Melanie Griffith ebenfalls ganz zurückgenommen, fast nachdenklich - dadurch sehr intensiv und verliebt wirkend, mit einem geschickt als Gag eingebauten "Pullover-Flash"), den ewig gleichen Kumpels. Da gibt es den den kauzigen Anwalt, Philip Seymour Hoffman - noch ganz jung als tölpeliger Provinzpolizist, Jessica Tandy (ganz souverän und witzig als steinalte "beste Freundin" und Vermieterin) sowie Margo Martindale, die als Barkeeperin für einige Gags sorgt. In weiteren tragenden Nebenrollen ein Dobermann, der von Ereignissen traumatisiert und dadurch "broken" wird sowie die zwei Enkelkinder von Paul Newman, ein wirklich fieser Bösewicht und ein stiller Schüchterling, der zuletzt als großäugiger Katalysator für die Spiele der Erwachsenen dient.

                        Der Film war mir bei der ersten Sichtung vor Jahren nur durch eine sehr gekonnt inszenierte Kneipenszene in Erinnerung geblieben, bei der die obenrum nackte neue Geliebte von Bruce Willis wortlos und blond mit den übrigen Provinzhelden am Pokertisch sitzt. Aber der Film bietet durchaus mehr: Verhaltenen, fast britischen Witz in den Dialogen, einen Hauptdarsteller, gegen den Clint Eastwood (in der Rolle als "alter Mann") wirklich in der Kreisliga spielt und eine sehr gekonnte Charakterzeichnung, etwas Romanze und viele viele zum Teil skurrile Szenen und Dialoge, die auch für Jüngere unterhaltsam sind. Durch den sehr ruhigen Erzählfluss macht der Film selbst sperrige Themen wie Gewalt durch Kinder, Querulantentum und die vielfältigen Probleme des Älterwerdens nachvollziehbar auf humorvolle Art. Nicht jede/r wird das mögen, aber das liegt dann nicht am Film, sondern an den Themen und der gemächlichen Präsentation. Der 2008 verstorbene Paul Newman bekam für diese Rolle eine Oscar-Nominierung ebenso wie der Regisseur/Drehbuchautor Robert Benton für das "beste adaptierte Drehbuch".

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                          Mit einem schon für sich sehenswerten Aufgebot deutscher Film- und Fernsehschauspieler erzählt die Serie die Konflikte und Brüche einer Gruppe von Personen anlässlich einer Beerdigungsfeier aus unterschiedlichen Perspektiven. In jeder Episode liegt der Schwerpunkt auf unterschiedlichen Personen, das impliziert Wiederholungen, die schon für sich eine gewisse Komik haben.

                          Das Konzept ist ganz ganz klar bei der überragenden (und dramaturgisch in meinen Augen bahnbrechenden-) australischen Serie "The Slap" (2011) abgeschaut, und gekonnt mit ebenso lakonischen wie skurrilen Dialogen umgesetzt. Das passt - von den geschickt ausgesuchten Kostümen (vergleiche die modischen Extravaganzen von Anja Kling und ihrer Filmtochter) bis hin zu den oft sehr maulfaulen Dialogen und irren Monologen ("da machen wir dann den Wellnessbereich", ".. die ist Influ... na sowas wie Influenza". Im direkten Vergleich zum großen Vorbild fällt auf, dass die Inszenierung dann doch etwas unfokussiert ist. Natürlich kann man Schauspieler wie Anja Kling (die spielt ja offenbar immer nur Fernsehen, aber wie gut ist das denn), Devid Striesow, Charly Hübner, Uwe Preuss oder die mal wieder als würdige Nachfolgerin der großen Hannelore Hoger brillierende Claudia Michaelsen auch einfach machen lassen. Wie dies hier offenbar über weite Strecken geschehen ist. Aber da geht noch mehr, wie "The Slap" zeigt - allein schon die beklemmenden Episoden dort um die verstörende "Rosie" und ihren Mann - dazu braucht es dann doch ein "richtiges" Drehbuch. Trotzdem absolut sehenswert. Und eine gelungene Referenz an das australische "Original", das ich FreundInnen solcher Kurzserien dringend empfehle.

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                            angucker 04.04.2022, 05:57 Geändert 04.04.2022, 09:40

                            Ken Loach schildert eine historische Begebenheit aus der irischen Provinz der 30er Jahre. Der 1922 in die USA geflüchtete und 10 Jahre später zurück gekehrte Kommunist Jimmy eröffnet den seinerzeit geschlossenen Tanzsaal als Community Center für Volksbildung, Sport, Tanz und Geselligkeit wieder und lässt sich drängen, den Anführer gegen die fast absolutistisch herrschende Kirche und den ausbeuterischen Großgrundbesitz zu machen. Der Film bezieht eindeutig Position, lässt den örtlichen Pfarrer als brutalen machtbesessenen Mafioso mit den schwer bewaffneten Landlords kollaborieren und macht deutlich, wie arm, perspektivlos und unterdrückt die irische Landbevölkerung damals war. Andrew Scott (der Moriarty aus der BBC Serie Sherlock) hat eine wichtige Nebenrolle als fortschrittlicher Kaplan.

                            Formal hat mich gestört, dass die für Mitteleuropäer unbekannte und komplizierte Vorgeschichte der irischen Aufstände und Bürgerkriege von 1922 nur auf wenigen Texttafeln erläutert wird und es danach mit praktisch kaum erkennbaren Rückblenden immer wieder unvermittelt in die Vergangenheit geht. Und die Tanzszenen sind holprig gefilmt. Nur Füße (Profis) oder Köpfe ( SchauspielerInnen) - das tötet die Stimmung.

                            Ansonsten ein romantischer Film mit viel Klassenbewusstsein, der den bornierten und hier sogar offen faschistischen Landadel Irlands (und Englands) und die mafiose katholische Kirche noch tiefer in unserer Achtung sinken ließ. Mission completed.

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                              angucker 03.04.2022, 13:45 Geändert 04.04.2022, 17:32

                              Ein außergewöhnlicher Film: Er begründete 1948 mit dem hohlwangig schmalen, betont klapperig sich bewegenden Gert Fröbe dessen Weltruhm und mit seiner Rolle "Otto Normalverbraucher" einen stehenden Ausdruck der deutschen Umgangssprache - auch heute noch. Formal streng geschlossen als fiktive Rückblende aus dem Jahr 2048 auf das Jahr 1948 werden die Sehnsüchte, Tagträume und das Alltagsleben eines Kriegsheimkehrers "Otto Normalverbraucher" dargestellt, der in seiner ehemaligen Wohnung (der eine Wand fehlt) ein charmantes Nachkriegsbordell vorfindet (großartig als Sexarbeiterin: Tatjana Sais), von Sahnetorten und Blondinen träumt und vom weiblichen Geschlecht in der völlig zerstörten Stadt Berlin (die Originalaufnahmen sind so beeindruckend und echt wie in Billy Wilders "Foreign Affair") heftig angebaggert wird. Der damals auch bei Billy Wilder thematisierte Frauenüberschuss ist auch hier Thema.

                              Gert Fröbe spielt das sehr gekonnt, lässt seine tief liegenden dunklen Augen wie bei einem erwachsenen Kind wandern, betont dies mit seinem ganzen Körper, so dass wir als Zuschauer die Welt "mit seinen Augen sehen". Die Gags sitzen: Das Drehbuch wurde von Günter Neumann verfasst, einem damals sehr populären Kabarettisten. Formal sehr geschlossen integriert der Film Studioaufnahmen, Außenaufnahmen und gemalte Sequenzen sowie Trickaufnahmen - doch wirkt dies nie künstlich. Die Schauspieler gehen sehr sorgsam mit ihren Rollen um, übertreiben nie. Und dann die Filmmusik von Werner Eisbrenner - kühn, präzise. Man ahnt, warum er in den 30er bis 60er Jahren einer der gefragtesten Filmkomponisten war. Ein wunderschöner Film, der historisch interessant ist und gut genug, um auch heute noch unterhaltsam und interessant zu sein.

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                                angucker 03.04.2022, 09:38 Geändert 04.04.2022, 09:41

                                Eine Doku über Doping. Besonders und anders durch die persönliche Betroffenheit des Autors/Regisseurs Chris Bell, der aus einer Familie von Dopern stammt. Beide Brüder haben zeitlebens Steroide genommen, einer der Brüder ist jung gestorben. Trotz dieser persönlichen Betroffenheit bleibt der Film distanziert, ironisch, ergreift nicht Partei für oder gegen die Schwarzeneggers, Stallones, Hulk Hogans, Baseball-Stars und vielen vielen PumperInnen, die hier zu Wort kommen. Und so beschreibt diese Doku besser und genauer, wie tief die Einnahme von leistungssteigernden Substanzen insbesondere in der amerikanischen Gesellschaft verwurzelt ist. Vom kalifornischen Gouverneur über die Soldaten in ihren Kampfjets bis zum kleinen Pumper, der wie Chris Bells Bruder unbedingt Wrestler werden und "den amerikanischen Traum leben" möchte.

                                Durch diese sehr bodenständige Sichtweise und Präsentation ist der Film authentisch und anrührend zugleich.

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                                  Sehr sorgfältig produzierte Komödie um einen notorischen Frauenhelden, der von der Putzfrau bis zur Schwester der Ehefrau mit jeder Frau in seinem Umfeld schläft. Und von Frauen, die dies ganz ähnlich halten. Der Film hat praktisch keine Handlung, spielt in der römischen Schickeria und stellt fast wie bei Fellini episodenhaft diverse amouröse Begegnungen dar. Die Qualitäten liegen im Detail: Nicht nur haben die Dialoge durchaus Witz (etwa wenn der von Ian McShane gespielte Lebemann und seine Ehefrau beim Frühstück im Bett ganz theoretisch erörtern, was wäre, wenn sie auch...), sondern der Film ist insgesamt eine unverkrampfte Zeitreise in die späten 60er. Die sexuelle Revolution und die Antibabypille (die sich nach Berichten meiner Eltern und laut Wikipedia erst Ende der 60er am Markt durchzusetzen begann) ermöglichen es nun auch den Frauen, wahllos Männer zu vernaschen oder auch mal zu verprügeln - was hier vielfach und recht witzig thematisiert wird. Es gibt viel Mode und schräge Dekorationen zu sehen, eine sehr gelungene Musik von Lalo Schifrin, der auch den Titelsong komponiert hat. Und auffällig ist, dass der gesamte Film weder verklemmt daherkommt wie die etwa gleichzeitig entstandenen "Aufklärungsfilme" in Deutschland noch irgendwie frauenfeindlich oder sexistisch wirkt. Denn die Frauen sind hier durchaus dominant und selbstbewusst dargestellt, was diesen Film aus heutiger Sicht angenehm hervorstechen lässt.

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                                    Adrian Lyne packt mich immer wieder mit seinen geleckten Bildern, seinen tiefen Schatten (die hier die böse böse Untreue oder was auch immer verdeutlichen) und der geschickten Fixierung auf Gegenstände, Nahaufnahmen - der Mann kann wirklich Kino. Ich hätte den Film sonst schon wegen Ben Affleck ignoriert. Aber letztlich ist dies nur die deutlich schlechtere Variante von "Zwielicht" (1996) und Wegwerfkino. Schlechter, weil die Darsteller bei weitem nicht das Format von Gere und Lane in dem beklemmenden Erstling von 1996 haben. Das dauerhaft versteinerte Gesicht von Ben Affleck geht mir mittlerweile so auf den Keks, dass der Typ jetzt Hausverbot in meinem Heimkino bekommen hat. Und de Armas? So flach wie ihre Rolle. Dazu diese absurde Story - wer denkt sich denn so etwas aus. Ich war froh, die Romanvorlage von Patricia Highsmith nicht zu kennen. Vermutlich ist die besser als dieser schräge Versuch, Thriller und Ehedrama miteinander als Amazon Produktion zum Film zu machen.

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                                      angucker 02.04.2022, 13:44 Geändert 03.04.2022, 13:28

                                      Eine Screwball-Comedy für die Mittzwanziger des 21 Jahrhunderts. Ohne Facebook und intensive, leider aber total hirnfreie Handykommunikation "darf ich Dir ein Bild von meinem Penis schicken" geht da nichts und die gesamte Storyline ist wie ein einziger Verhinderungs(alb)traum verklemmter amerikanischer U-30 Mitteklasseamerikaner, die weder ja noch nein sagen können und dafür pausenlos verbale Zoten abfeiern müssen. Schade, denn die Darsteller - allen voran Sara Paxton als schrille Punk-Braut - und das Grundgerüst der Handlung hätten mehr möglich gemacht. Aber selbst die nette Idee mit dem "Air-Sex" (daher auch der bessere Titel des Originals) wird hier gnadenlos zu Tode geritten. Wenn das der Sex und die Liebe des Jahres 2013 sind, na dann gute Nacht!

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                                        angucker 02.04.2022, 13:37 Geändert 02.04.2022, 14:28

                                        Zu Unrecht wird dieser Film unter "Abenteuer" abgelegt. Es handelt sich um ein in meinen Augen wegen krasser Künstlichkeit verunglücktes Drama um Generationenkonflikte und den offenbar bis zu den 70er Jahren unendlich oft im Film durchexerzierten Kampf gegen und mit Autoritäten. Sozusagen Vater-Sohn Konflikt in Dauerschleife. Seit "Denn Sie wissen nicht, was sie tun" hat sich da wenig getan. Es ist schade, dass trotz der großartigen Besetzung hier außer spöttischem Gekicher auf unserem Sofa nichts zu hören war. Die absurden Konflikte (Basteleien im Wüstensand), die im Studio mühsam inszenierte Wüste - es ist alles komplett künstlich, nein gekünstelt. Selbst der auch hier unheimlich präsent spielende Hardy Krüger und Könner wie James Stewart, Richard Attenborough und Ernest Borgnine können sich hier nur durch die vom Drehbuch diktierten Konflikte schauspielern wie die unterforderten Darsteller eines Boulevardtheaters.

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                                          angucker 31.03.2022, 09:04 Geändert 31.03.2022, 18:05

                                          Es lag an der deutschen Synchro: Ich hatte diesen Klassiker der späten 80er immer blöd gefunden und zuletzt nach 2 Sichtungen mit 5 Punkten und einer ziemlich bösen Besprechung abgehakt. Da kam mir neulich eine Konserve mit O-Ton in die Finger und BAAAM! Zwar stehen Goldie Hawn und Mel Gibson aus unterschiedlichen Gründen ziemlich weit unten auf meiner persönlichen Bestenliste von Hollywood-Stars, aber das Gesamtpaket passt. Regisseur John Badham schafft es, die einfache Geschichte eines ungleichen Paares (er, der vielseitig talentierte Hallodri, sie, die egoistische, aber kluge Millionärin) und ihrer Verfolgung mit gut getimten komödiantischen Entspannungspausen, packend inszenierten Verfolgungen und viel "Zunge in der Backe" bis zum genial inszenierten Finale im Zoo gut am Laufen zu halten.

                                          Die Gags sind prall - ob das die skurrile Einleitung in der Autowerkstatt ist mit einem Südstaaten-Slang mimenden Gibson. Oder die aberwitzigen Szenen in der Tierklinik der wunderschönen und sehr sehr energischen Ex-Freundin. Oder das charmante Intermezzo im Friseursalon, wo Gibson offenbar als Haarstylist unterwegs war. Einschließlich harter Geschäftsverhandlungen und Aufschlag bei der Bezahlung.

                                          Und auf der Action-Seite schafft es John Badham, geiles, selbstverliebtes, altmodisches Kino abzuliefern. Einschließlich Feuerwerkskörpern bei fast jeder Explosion und mit einem unglaublich guten Gespür für "optische Verstärker". Darunter verstehe ich Requisiten, die eher harmlose Aktionen wie den Aufprall eines Autos oder Zuges größer, leichter erfassbar machen: Tonnen von Pappkartons, Kleiderständer, Marktstände - hier wird viel Zeug bewegt auf sehr unterhaltsame Weise. Schon allein der Gag mit den Lokomotiven - einfach nur bestes Kino.

                                          Und gut gefallen haben mir jetzt auch die Nebendarsteller: Der stoische Bill Duke, schwarz wie die Nacht und der coole Chef, der allen Untergebenen das Rauchen verbietet. David Carradine als finsterer Knacki mit Pilotenbrille. Stephen Tobolowsky, damals noch ganz jung, als schmieriger DEA-Agent (übrigens auch ein sprachlich sehr begabter Schauspieler). Und Joan Severance als hoch gewachsene Schönheit mit der dicken Flinte. Hier haben alle Nebendarsteller ein Gesicht, eine für sich gute Story und im O-Ton eine Sprache, die dazu passt. Dazu noch die passend ausgesuchte Rockmusik einschließlich dem damals großen Hit "Bird On A Wire" von Aaron Neville - mehrfach angespielt. Der Film hat wirklich viel zu bieten. Aber bitte im Originalton!

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                                            Nach Sehen aller Episoden bleibt ein zwiespältiger Eindruck: Die unbestreitbar neuen Ideen (komplizierte Kamerafahrten, subjektive Kamera, eigenwillige Perspektiven) und die wirklich vielen guten Darsteller (und einige gute Gaststars) sind unterhaltsam. Das Drehbuch ist stellenweise wirklich originell. Aber bald nerven die bemühten Cliffhanger, die notfallmedizinischen Wortfetzen und das Bemühen des Drehbuchs um Originalität um jeden Preis. Den absoluten Ehrenplatz in meiner persönlichen Hitliste von dümmlichen Arten, einen Darsteller aus der Serie zu befördern ist ein Hubschrauber, durch den Dr. Romano einen Arm verliert. Künstliches Drama. Anthony Edwards stirbt über zig Episoden (was wirklich öde ist) vor sich hin und Goran Visnjic (den ich schon immer besser fand als Clooney) scheidet für meinen Geschmack schneller aus, als der Serie gut tut. Positiv müssen wir vermerken, dass hier m.W. erstmalig eine offen lesbisch lebende berufstätige Frau als Hauptrolle in einer Serie auftaucht.

                                            Ein gutes Beispiel für eine Serie, die schon nach etwa 5 Staffeln hätte eingestellt werden müssen, aber aus kommerziellen Gründen zu Tode geritten wurde. Immerhin der Beginn einer großen Karriere für George Clooney und großes Vorbild für viele andere moderne Krankenhausserien.

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                                              angucker 30.03.2022, 09:05 Geändert 15.07.2022, 21:45

                                              Teil 5 meiner Ron Howard Werkschau: Kurz gesagt wollte Netflix mit dieser Produktion einen Oscar gewinnen. Und es lag nicht an den beiden Hauptdarstellerinnen oder Regisseur Howard, dass dies nicht gelang. Es geht um den schwierigen Weg eines minderprivilegierten Jungen aus einer armen Hillbilly-Familie in ein bürgerliches Leben mit Anwaltstätigkeit, intakter Ehe und gutem Einkommen. Das gleichnamige Buch des Anwalts J.D. Vance ist autobiographisch, beschreibt (meine Liebste hat es gelesen) den amerikanischen Traum und betont (anders als der Film) sehr stark die Rolle des Militärs für die Entwicklung des Jungen vom Problemkind zum bürgerlichen Anwalt.

                                              Glenn Close gibt hier die verkniffene, aber durchsetzungsstarke Oma mit Kippe und großer Inbrunst, Amy Adams nimmt sich ein Beispiel an ihren männlichen Kollegen Christian Bale und Matthew McConaughey mit ihren Körper-Transformationen und wandelt sich über den Film erst zur aufgedunsenen "white trash mom" und danach zur untergewichtigen Junkie-Braut. Der Film selbst erzählt in dem für Howard typisch gleichmäßigen Erzählfluss mit vielen Rückblenden und in satten Farben, mit vielen Kritikern "geleckt" erscheinenden Einstellungen diese deprimierende Geschichte vom ewig chancenlosen Unterschichts-Amerika. Das könnte zu Zeiten von Trump und seinem Mob interessant sein. Aber diese Chance verpasst der Film, denn es ist kein geschliffenes Drama mit raffinierter Charakterentwicklung wie die thematisch ähnliche Serie "Justified" nach der Vorlage von Elmore Leonard, sondern die manchmal etwas deprimierende, manchmal quälende Geschichte einer persönlichen Entwicklung des Autors, der zwar Probleme wie Armut, fehlende Krankenversicherung und Drogenabhängigkeit anspricht, dies aber letztlich nur abhandelt mit Blick auf den "amerikanischen Traum", der vom geprügelten Jungen aus einer kaputten Familie zum Erfolgsanwalt führt. Das ist thematisch flach, zumal die heftigen Konflikte innerhalb der Familie Vance (der Großvater war so gewalttätig, dass er deswegen von seiner Frau getrennt lebte - das kommt im Film überhaupt nicht vor) nur angerissen, teilweise auch verniedlicht werden.

                                              Dennoch als Film beeindruckend. Der gute Schnitt, das tolle Make up (dafür und für Glenn Close gab es jeweils eine Oscar Nominierung) - hier wird eine in meinen Augen mittelmäßige Geschichte sehr gekonnt erzählt. Das polarisiert: Der Film und die Darsteller haben sowohl Preise und Oscar-Nominierungen, als auch "Goldene Himbeeren" bekommen und der Film ist bei der Kritik durchgefallen.

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                                                angucker 29.03.2022, 09:30 Geändert 15.07.2022, 21:20

                                                Ron Howard Werkschau #1: Eine als Familienfilm angelegte Komödie um den Miesmuffel Tom Hanks, der eine frühkindliche Nahtoderfahrung mit einer gleichaltrigen Meerjungfrau hatte und seitdem für "normale" Frauen verdorben ist. Der in jeder Minute effektsicher und mit einem sehr gleichmäßigen Tempo erzählte Film macht aus diesem Märchen das Beste, ist etwas skurril (der von John Candy gespielte dicke ältere Bruder mit der Penthouse-Obsession), hat einen guten Running-Gag in Form eines irren jüdischen Forschers, witzelt mit Elementen des "Culture-Clash" (die Nixe und die Fernseher), ist etwas sexy und hat ein durchaus ungewöhnliches Ende. Und Daryl Hannah sowie ein noch ganz schlanker Tom Hanks waren damals die optimale Besetzung für so einen Film. Der Film punktet weiter mit spektakulären Unterwasseraufnahmen, die noch dazu perfekt in den Film integriert sind. Schon allein der knappe Prolog mit Farbfilter, viel Musik, einigen Lachern und einer präzise erzählten kleinen (Vor-)geschichte ist richtig kunstvoll und gut gemacht.

                                                Ich beginne mit diesem Film eine kleine Werkschau von Filmen des Regisseurs Ron Howard. Der mir das erste mal mit "Rush" aufgefallen ist, ein Genrefilm, bei dem buchstäblich die Kolben glühen. Howard hat diverse Oscars gewonnen, fast jedes mögliche Genre des Kinos bespielt und scheint ein wirklich guter Handwerker zu sein. Es ist bemerkenswert, wenn jemand so viele (erfolgreiche) Filme gemacht hat, die zudem auch noch Kassenschlager waren. Fast keiner seiner zahlreichen Filme wird bei IMDB unter 6.0 Punkten gelistet, die meisten Filme liegen deutlich über 7.0 Punkten. Damit ist Howard auch unter den Star-Regisseuren die große Ausnahme: Keine Fixierung auf ein Genre wie beispielsweise Nolan und keine dramatischen Ausreißer wie Ridley Scott.

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                                                  Mehr Charakterstudie als Musikfilm ist dieser mit vielen gekonnten Kameraeinstellungen und einer wirklich überzeugenden Hauptdarstellerin glänzende Film über eine verpeilte Single Mom, die gerade aus dem Knast zurück eine Karriere als Countrysängerin anstrebt. Ist auch schwierig, wenn man aus Glasgow kommt und weder Kohle, noch einen richtigen Plan hat. Und so schummelt sich die von Jessie Buckley mit vollem Einsatz gespielte Rose in den Haushalt und die Empathiezone der reichen Lady mit dem großen Haus (mal wieder sehr beeindruckend: Sophie Okonedo, bekannt aus "The Slap") und von dort nach Nashville...

                                                  Das Ende ist etwas kitschig und (wie einige MoviepilotInnen zu Recht anmerken) auch schwierig in Bezug auf das Frauenbild. Aber es gibt hier nicht nur Happiness, sondern auch realistische Enttäuschungen, betrunkenes Vögeln im Park, fein inszenierte Konflikte mit den eigenen Kindern und der Mutter (toll gespielt von Julie Walters), einen schön eingebundenen Ausflug in die Grand Ole Opry von Nashville (mit einer fantastischen Musik-Szene - Buckleys Rose singt praktisch acapella und wird nur sehr gekonnt und dezent von einigen Nashville Profis begleitet). Das ist schon viel mehr, als ich erwartet hätte und nur der lieblose Schluss und das Narrativ insgesamt verhindern hier höhere Wertungen. Das ist es was gute britische Filme so herausragend machen kann: Es gibt arm, es gibt blöd, es gibt chancenlos und trotzdem....

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                                                    angucker 22.03.2022, 15:54 Geändert 24.03.2022, 13:21

                                                    Hatte der durchaus sehenswerte Erstling "Honey" mit Jessica Alba noch eine "richtige" Hauptdarstellerin und so etwas wie Handlung, wird hier von Anfang bis Ende von Profis (!) getanzt, gebattelt und Akrobatik gemacht. Handlung, Dialoge und Schauspielerei sind zum Fremdschämen. Allerdings auch hier nette Musik, gekonnte Kamera und Schnitt und vor allem wirklich herausragende Dance-Performances. Am schönsten fand ich die Tango Einlagen - nett gemacht, gut getanzt und vor allem schön gefilmt. Regisseur Bille Woodruff kann Tanz, Musik, Kamera, auch wenn der Rest des Films bescheiden ist.

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