angucker - Kommentare

Alle Kommentare von angucker

  • 4

    Schrecklich konventionelle Verfilmung eines schrecklich konventionellen Romans von John Grisham. Nicht nur ist in meinen Augen Matt Daemon etwas zu schlicht für seine Rolle des aus einfachen Verhältnissen stammenden Junganwalts, sondern der ganze Film strotzt wie die Romanvorlage vor Klischees. Da tropft das Blut des kranken Klienten tiefrot auf den Brief der Versicherung, da bleibt der Film immer an der ohnehin sehr einfach gestrickten Oberfläche. Verglichen mit Superstars wie Tom Cruise und Gene Hackman ("Die Firma") oder Julia Roberts ("Erin Brokovich") fällt hier der Cast zu deutlich ab. Verglichen mit der von mir gerade besichtigten Verfilmung "Gingerbread Man" von Robert Altmann ist es einfach nur Kreisliga - schade!
    Aber die Pointe: "Dämlich, dämlich, dämlich..." ist trotzdem in meinen ständigen Wortschatz eingegangen - aber das ist mehr der Romanvorlage geschuldet.

    5
    • 8
      angucker 10.08.2021, 12:10 Geändert 14.08.2021, 08:53

      Robert Altman macht seinen mit Abstand kommerziellsten Film nach einem Drehbuch des oft verschmähten John Grisham. Mit gefühlt mehr als 10 Anwaltswitzen der speziellen Art (Anwälte sind in den USA soooo unbeliebt): Allein schon die Besetzung und der wie bei Altmann üblich gekonnte Einsatz der vielen Stars - bombastisch. Der eitle und bis zum Fatzke manirierte Branagh - nie war er so gekonnt besetzt wie hier. Schwitzig, eitel, aber gehetzt, alle Mätzchen dieses "Großschauspielers" werden durch die Regie gezähmt und filmdienlich eingesetzt, was bleibt ist ein egozentrischer Karrierehengst, dem übel mitgespielt wird. Die völlig unbekannte Embeth Davidtz spielt die etwas verhuschte, irgendwie obskure aber doch nachdrücklich sexualisierte Femme Fatale - grandios bis zum letzten Twist. Famke Janssen (auch so eine unterschätzte Charakterdarstellerin): Nervöser, ätzender und zickiger geht es kaum. Daryl Hannah - leicht abwesend, immer physisch sehr überlegen wirkend. Robert Downey Jr. - nie war er irrlichternder, verdrogter (und mehr sexy) als hier. Robert Duvall - seine ganze Physis, sein ganzes Charisma und Tom Berenger - wie der in seiner einzigen langen Szene vor Gericht etwas dicklich immer auf den Ballen wippt vor lauter Verlegenheit. Hier bekommen die Zuschauer ganz großes Darstellerkino von einem originellen Cast. Natürlich ein flüssiger Schnitt, genau passende Musik von Mark Isham und sehr viel Atmo aus dem Süden der USA einschließlich Wirbelsturm und viel Regen. Dazu eine subtile Ausstattung (beispielsweise der irre grüne Strickhut der altklugen Tochter des Anwalts) und interessante Locations, die Story verbreitet leichten Grusel und gibt auch kriminalistisch zu denken. Aber vor allem immer wieder diese oberaffengeile beiläufige Art von Altman, seine Wirkungstreffer beim Publikum zu setzen ohne dabei auch nur einmal bemüht oder effekthascherisch zu wirken. Es ist wie die legendäre Eingangssequenz von "The Player" - ein einziger fließender Strom von Szenen und Ereignissen.
      Ich habe nichts gegen Grisham - wenn einige deutsche Autoren so gut schreiben und so lebensnahe Plots anlegen könnten, gäbe es auch hier mehr Bestsellerautoren. Und dies ist mit Abstand die unauffälligste und dabei "künstlerischste" Verfilmung dieses beliebten Autors. Bei "Die Firma" z.B. dominieren Cruise und Hackman das Geschehen, bei "Erin Brokovich" Julia Roberts. Hier ist es eine künstlerische Gesamtleistung; Regie, Darsteller und all das. Da kann ich auch die sichtbaren Logiklücken der Handlung in der zweiten Hälfte gern ausblenden. 1 Extrapunkt wegen Altmann-Fandom.

      6
      • 5
        angucker 16.07.2021, 08:31 Geändert 17.07.2021, 14:15

        Drei ziemlich verspannte Frauen (Mutter und zwei Töchter) fliegen zusammen nach Réunion in den Luxusurlaub mit Animation, um der Mutter über die Trennung vom Vater hinwegzuhelfen, der mit einer Jüngeren davon ist. Dabei zicken die beiden Schwestern (eine ist die Spießerin, die von Camille Cottin ("Call My Agent") gespielte- ist die chaotisch-promiskuitive Partymaus) permanent herum. Das ist das mehr als schlichte Setting, welches um einen sensiblen Hotel-Playboy, einen durchgeknallten Animateur und einen ebenfalls trauernden Psychologen mit seinem ziemlich empathischen kleinen Sohn ergänzt wird. Mehr gibt es nicht zu berichten - die Handlung ist schlicht. Ungewöhnlich nur der im Vergleich zu amerikanischen Produktionen dieser Art sehr krawallige, manchmal geradezu hyperneurotische Humor. Da spielen die beiden Schwestern pausenlos Machtspielchen, tricksen herum, erfinden Geschichten, die ihnen prompt auf die eigenen Füße fallen, zoten, wischen auch mal im Flugzeug mit dem Hintern durch das Gesicht des Psychologen, beobachten ihre Mutter bei der (kopfüber praktizierten-) Intimdusche - beachtlich sportlich und sehr quirlig geht es hier zur Sache. Vor allem Camille Cottin gibt dem Affen Zucker, trampelt mit ihren ewigen Cowboystiefeln durch die Handlung und drängt sich ziemlich stark in den Vordergrund. So hat der Film seine besten Momente, wenn der kleine Sohn des Psychologen sich an eine der Frauen ankuschelt und einen seiner charmanten One-Liner zum Besten gibt. Nichts Besonderes, aber eine immer anstrengende, bisweilen lustige Familienkomödie "french style" für Erwachsene.

        5
        • 8
          angucker 15.07.2021, 10:26 Geändert 14.08.2021, 08:56

          Dieser inzwischen fast 40 Jahre alte Film des schottischen Regisseurs Bill Forsythe war Anfang der achtziger Jahre enorm populär und wurde von der Kritik hoch gelobt. Ich sah ihn bei Erscheinen im Kino und fand ihn damals etwas schwülstig, nochmals etwa 30 Jahre später erschien er mir übermäßig simpel und schlecht gealtert, was zu einer Bewertung von 5 Punkten bei Moviepilot führte. Erst jetzt, bei der mittlerweile wohl 3. oder 4. Sichtung kann ich die unbestreitbaren Stärken und Vorzüge würdigen:

          Der als zeitkritische Komödie im britischen Stil angelegte Film markiert den Übergang von den siebziger Jahren mit ihrer idealistischen Weltverbesserungssicht zu den geldgeilen, auf Turbokapitalismus und Umweltzerstörung aufbauenden 80ern. Das ist einschließlich der geradezu holzschnittartigen Darstellung des texanischen Ölkonzerns als Umweltzerstörer, der eine ganze schottischer Ortschaft nebst Küste und Bucht aufkaufen und zu einer Ölverladestation nebst Raffinerie umbauen will, durchaus schlicht. Aber heute, mit etwa 40 Jahren Abstand wissen wir, was die ausschließlich auf Verwertungsinteressen fußende Umweltzerstörung in dieser langen Zeit angerichtet hat. So gesehen war der Film damals seiner Zeit voraus, was ihn aus heutiger Sicht zu einem Klassiker macht. Diese Behäbigkeit, ein geradezu altmodisch wirkender extrem langsamer Handlungsfluss, der im Mittelteil des Films praktisch zum Stillstand kommt und die etwas schablonenhafte Zeichnung der Charaktere ist aber auch alles, was man dem Film heute noch vorwerfen mag.

          Auf der anderen Seite punktet der Film mit grandiosen Außenaufnahmen (ja, der schottische Himmel sieht wirklich oft so beeindruckend aus wie im Film) und das für etwa 10 Minuten zelebrierte Nordlicht setzt sehr schön in Bilder um, dass Natur und Landschaft eben einmalig und nicht wieder herzustellen sind. Auffällig gelungen auch der gekonnte Umgang mit den zahlreichen Laiendarstellern. Das gipfelt in einer sehr schönen und für heutige Verhältnisse natürlich viel zu lang ausgespielten Kneipenszene mit Musik und Tanz, wo es dem Film mithilfe seiner vielen sehr authentisch wirkenden Laiendarsteller gelingt, die dörfliche Atmosphäre und die vielfältigen sozialen Interaktionen unauffällig und gekonnt in Bilder umzusetzen. Das hat durchaus Unterhaltungswert wie etwa in dem Meisterwerk "Der Feuerwehrball" von Milos Forman – die scheinbar harmlosen Interaktionen der Beteiligten entwickeln eine ganz eigene Dynamik. Hinzu kommt der typisch britische Humor. Wenn etwa 3 infantile Ingenieure des Ölkonzerns in einem Versuchsbecken mit liebevoll hergestellten Modellen (auch die Requisiten des Films sind gediegen) dem letztlich uninteressierten amerikanischen Emissär erklären, wie sie etwa 10 km schottische Küste einschließlich Ortschaft komplett zerstören und zerlegen wollen, während die Kaufleute der tauchenden Assistentin im Badeanzug lüstern hinterher gaffen. Dies hat einschließlich der im Originalton leider nur schwer verständlichen Dialoge (es wird schottisch gesprochen) viel Charme und hintergründigen Humor. Schön auch die niemals eindeutige Zuweisung der Charaktere. Der Hotelier und Wirtschaftsprüfer ist durchaus hinter dem Geld her und nicht nur der beste Freund seiner Dorfmitbewohner. Der von dem damals schon steinalten Burt Lancaster mit großartiger Grandezza gespielte Öl-Magnat kann sich trotz seiner antiquierten Weltsicht für die Schönheit der schottischen Küste begeistern. Und der scheinbare Penner vom Strand ist ... (aber das wird nicht verraten). So spiegelt und bespielt der Film bei all seiner Schlichtheit mit leichter Hand einen für das kommende Jahrzehnt und die folgenden Jahre prägenden Konflikt, ohne in Anklage oder übertriebene Ernsthaftigkeit zu verfallen. Auch andere Checkboxen werden bei mir getickt: Die Außenaufnahmen sind gekonnt eingesetzt, der Schnitt ist absolut flüssig, die von Mark Knopfler produzierte Filmmusik (damals ein wichtiger Grund für die Popularität des Films) fügt sich gut ein und produzierte sogar einen kleinen Hit.

          Und natürlich muss ich mich auch bei der 3. oder 4. Sichtung immer noch beömmeln über die Schwimmhäute der Meeresbiologin und deren Entdeckung durch den etwas verklemmten Manager. Und auch ein erst umständlich gerettetes und danach zum Abendessen serviertes Kaninchen hat natürlich komödiantisch betrachtet einen gewissen Reiz. Von daher ist der Film zwar kein Meisterwerk, aber inzwischen ein durchaus unterschätzter Klassiker.

          9
          • 7

            Amüsanter Versuch, die selbstgefällige amerikanische Mittelschicht durch den Kakao (äääh - die Butter) zu ziehen. Jennifer Garner gibt manchmal etwas zu angespannt die vom sinnlosen Ehrgeiz getriebene Vorstadthausfrau, Ty Burrell (alias Phil Dunphy) den liebenswert stoffeligen Ehemann dazu und Olivia Wilde verkörpert derbe, physisch und mit Erfolg die anarchische Stripperin, welche wie ein Flipper-Ball immer wieder durch die Handlung kreuzt. Dazu das übliche Kleinstadt-Szenario (der geile Gebrauchtwagenhändler, einschließlich Bierbauch gekonnt von Hugh Jackman und seinem riesigen Stetson verkörpert, das "Butter-Preisgericht" ...) und schon wird es kurzweilig und manchmal richtig witzig. Die Pointe des "Butter-Wettbewerbs" ist ebenso anrührend wie die eigentliche Hauptdarstellerin Yara Shahidi, die klein, schwarz und unglaublich charismatisch das nicht in die weiße Kleinstadt passende schwarze Findelkind spielt - es ist, als hätte die Kleine ständig einen Heiligenschein um den Kopf, was extrem gut zu ihrer Rolle passt. Ein Extrapunkt für die ambitionierten Plastiken aus Butter, die immer wieder in die Handlung integriert werden müssen.

            7
            • 6

              Ein charmanter, kurzweiliger Drogenfilm. Oder Film über Eheprobleme (Michelle Monaghan brilliert als fiese Fitness-Lady, Olivia Wilde als tablettensüchtiges "Trophy-Wife"). Oder Film über doofe Schwiegerväter, oder verpasste Lebenträume, oder...
              Sam Rockwell ist exakt der richtige Hauptdarsteller für diese schräge "Rom-Com" mit Ausflügen in andere Genres. Sein manchmal anstrengendes Overacting passt gut zum Apotheker auf Pille und bis hin zum kleinen Gastauftritt von Ray Liotta bleibt dies immer strikt schräg und nur für Erwachsene.

              6
              • 7

                Beeindruckender Pferdefilm im Kostüm eines Gefängnisdramas, der die Schönheit der tischebenen Steppe von Nevada und der Mustangs vor allem auch mit beeindruckenden Nahaufnahmen erlebbar macht. Matthias Schoenarts hat überhaupt keine Probleme mit der Darstellung eines verstockten und von Gewaltdurchbrüchen geplagten Einzelgängers. Auch die übrigen Darsteller, allen voran Connie Britton als schmallippige professionelle Psychologin und Bruce Dern als uralter Pferdeflüsterer beeindrucken und lassen damit die Schwächen des Drehbuchs (ungenügende Charakterzeichnung, schlecht integrierte Nebenstränge) in den Hintergrund treten. Einen Extrapunkt für die außergewöhnliche gelungene Kamera und die schönen Außenaufnahmen. Susan Sarandon spielt hier nicht mit, dafür hat Robert Redford ("Der Pferdeflüsterer") den Film produziert.

                7
                • 6
                  angucker 01.07.2021, 07:34 Geändert 14.07.2021, 03:13

                  Emotionale Behinderung ist, wenn eine hoch attraktive Frau wie die von Alice Taglioni liebenswert kratzbürstig gespielte Apothekerstochter mit einem Poster von Woody Allen kommuniziert und ansonsten ohne emotionale Bindungen bleibt. Aus dieser ziemlich blöden Idee wird trotzdem ein ganz guter Film, weil die Darsteller originell sind, die Settings tres charmant französisch und die Musik bestens. Ganz im Ernst: Dieser Woody Allen Kult der Franzosen ist ebenso kindisch wie der Paris Kult der Amerikaner und des Woody Allen, der hier (mit seinen winzigen Fingern gestikulierend) einen kleinen Cameo-Auftritt hat. Und Cole Porter (für den hier alle schwärmen) ist <hmmm> auch nicht die Spitze der Musik überhaupt.
                  Aber dieser Film packte mich sofort mit langen Fahrten durch Requisiten, begleitet von einem wunderbaren (im Original gespielten-) Ella Fitzgerald Song und ließ mich mit diesem "o lala" French Style und den unfassbar geschickt eingesetzten Requisiten und Interieurs, der die Figuren perfekt umsetzenden (und todschicken) Mode und dieser knuffigen Hauptdarstellerin nicht mehr los. Lustige Szenen auf der Party oder beim Einbruch in die Wohnung der Schwester/Tochter - der Film hat trotz seiner bescheuerten Woody Allen Fandom Allüren Witz und Esprit - und ziemlich gute, geschickt eingesetzte Musik als Zitat und Original. 1 Extrapunkt für Requisiten, je 1/2 für Mode und diese wirklich zuckersüße Hauptdarstellerin.

                  7
                  • 8

                    Zweitsichtung nach mehr als 5 Jahren und 1 Punkt rauf: Zwar wirkt Cary Grant etwas neben der Rolle - sein als unsympathischer Bürokrat angelegter Charakter steht im Drehbuch wie im Film neben dem "wirklichen" Leben und bekommt nur mühsam mit, worauf es eigentlich ankommt. Grant war zu dieser Zeit fast 60 - etwas zu alt für seine Rolle des unsympathischen, aber attraktiven Witwers. Auch etwas skurril, aber zeitgemäß sind Grants pyjamahaft weite Hemden und seine praktisch bis zur Achselhöhle hoch reichenden Hosen - das ist (Cary Grant hat sich angeblich seine Klamotten immer nach eigenen Vorstellungen Maß schneidern lassen) sehr speziell, zumal Grant mit seinen ohnehin langen Beinen aussieht wie in Storch im gelben Hemd.

                    Aber das Drehbuch entwickelt erlesenen Humor für Erwachsene, ist voller intelligenter kleiner Scherze und Anspielungen und kommt in seiner verschrobenen Art ("yes sir, ...") selbst bei schwierigen Themen wie Rolle der berufstätigen Frau, Erziehungsmethoden, väterliche Weisungsrechte und Sex ohne Ehe immer auf den Punkt. Tolles Drehbuch trotz seiner Zeitgeistigkeit und im Vergleich etwa zu dem ähnlich angelegten "Was diese Frau so alles treibt" (1964 mit James Garner und Doris Day) niemals nervig oder platt.

                    Und beachtlich die geradezu gigantische Präsenz von Sophia Loren. Ob im schlichten Kleid oder in (selbst angpasstem) goldenem Abendkleid mit edlem Schmuck. Ob mit viel oder wenig Make up. Die Primadonna Assoluta des europäischen Kinos am Anfang ihrer Karriere (sie machte 1966 mit "Arabeske" für lange Zeit ihren letzten amerikanischen Film) strahlt, funkelt und ist molto bellissima in jeder Szene, ohne ihre Rolle jemals aus den Augen zu verlieren. Und ist kein Stückchen ordinär, wie es mir bei der ersten Sichtung schien, sondern einfach nur die sexy Tochter aus gutem (italienischem-) Hause. Passt und genau das ist ihre Rolle. Und singen kann sie auch (wenn das nicht gedoubelt ist).

                    Fun Fact: Das verrottete Hausboot wird (scheinbar von der werdenden Jungfamilie) in wenigen kurzen Szenen innen und außen in das perfekte amerikanische Heim verwandelt - einschließlich pastellfarbener Innendekoration und Vorhängen. Schön, wenn ein Film gute Dekorateure hat.

                    8
                    • 7
                      angucker 28.06.2021, 08:52 Geändert 28.06.2021, 11:52

                      Trotz einiger Klischees sehenswerter "Crowd-Pleaser" mit Elementen des Coming Of Age, der queeren Komödie und des Tanzfilms. Zur Halbwaise gewordenes Mädchen aus der schwedischen (!) Provinz entdeckt die "Großstadt" Göteborg und deren queere Tanzszene. Der Film überzeugt mit stimmigen Außenaufnahmen (der Leben auf einer einsamen schwedischen Insel einschließlich Kaufmannsladen, Natur und viel Meer), sehr gelungenen und nicht zu langen Tanzszenen (die jugendlich wirkende Hauptdarstellerin kann richtig gut und sehr athletisch tanzen) und etwas Schmalz. Der männliche Hauptdarsteller Fredrik Quinones ist übrigens Mitglied des Ensembles der Deutschen Oper Berlin und bekannt für seine große tänzerische Vielseitigkeit (House Dance, Modern Dance) - das sieht man und das sieht gut aus.

                      Weniger gelungen die etwas klischeehaft angelegten Charaktere im Travestie-Lokal, auch wenn man über das sehr entspannt inszenierte "Tuntengezicke" immer wieder schmunzeln kann. Da die Tanzeinlagen wirklich gut gemacht und in die Handlung integriert waren, konnten mich nur die etwas eintönige Discomusik der 80er Jahre und die argen Klischees von mehr Punkten abhalten. 1 Extrapunkt für Originalität und viel Lokalkolorit - in Göteborg scheint es ständig zu regnen.

                      2
                      • 3
                        angucker 23.06.2021, 09:44 Geändert 23.06.2021, 09:46

                        Genau das kommt dabei heraus, wenn der Autor eines Kriminalromans diesen verfilmen, das Drehbuch schreiben und sogar noch Regie führen darf. Eine umständliche, geradezu betulich inszenierte Kriminalgeschichte, die wie eine kleine Wundertüte alle 15-30 Minuten einen Perspektivenwechsel und einen scheinbar neuen Verdächtigen präsentiert. Das Ganze wird sehr schnell ermüdend und auch nicht besser dadurch, dass Toni Servillo schmallippig und zuletzt mit Mascara auf den Augenbrauen den manipulativen Ermittler gibt. Die letzten zwei Twists der Geschichte sind so konstruiert und so jenseits jeder Realität, dass es einen beim Zusehen geradezu schüttelt. Ich habe die ganzen mehr als 2 Stunden durchgehalten und war mächtig enttäuscht von der selbstverliebten Art, wie hier literarische und filmische Effekthascherei betrieben wird.

                        12
                        • 6
                          angucker 22.06.2021, 10:44 Geändert 28.06.2021, 21:21

                          Offen gesagt kann ich Sylvester Stallone nicht mehr ertragen. Dieses durch kosmetische Eingriffe aller Art völlig verunstaltete Gesicht mit dem immergleichen Ausdruck. Auch die gequälte männliche Sprechweise seiner deutschen Synchronstimme – es ist buchstäblich zum Abschalten. Was mich bei diesem ansonsten völlig einfallslosen Actionfilm interessiert und bis zuletzt vor dem Bildschirm gehalten hat, ist die Regie von Walter Hill, dessen epische Filme "Crossroads" und auch "Straßen in Flammen" interessant und auch sehr typisch für ihre Zeit, die achtziger Jahre, sind. Und ich wurde auch hier von dem zum damaligen Zeitpunkt 70-jährigen Regisseur nicht enttäuscht: großartig ausgewählte und perfekt in die Handlung integrierte Filmmusik (Cajun, Zydeco, Blues) illustriert sehr schön die als weitere Hauptdarstellerin agierende Stadt New Orleans. Der Schnitt ist perfekt, die Kamera fängt immer wieder tolle Locations und Außenaufnahmen ein wie etwa die Sümpfe des Mississippi Delta oder die völlig verrottete Fabrik, in welcher der Showdown stattfindet. Das Licht ist perfekt gesetzt. Die Dialoge der Darsteller haben zusammen mit der immer wieder nur kurz eingesetzten Musik einen schönen Rhythmus. Auch machen alle anderen Darsteller wie etwa die mir bis dahin völlig unbekannte Sarah Shahi einen großartigen Job. Die Atmo stimmt in jeder Sekunde. Wenn da nicht dieser unsägliche Hauptdarsteller wäre, der bei jeder Gelegenheit seinen Oberkörper blank zieht und offenbar Filme mit Bodybuilding-Wettbewerben für Rentner verwechselt, dann wäre dies vielleicht ein richtig guter Film geworden.
                          P.S.: Die Idee zu einer ziemlich langen Szene im Spa ist von dem fantastischen "Eastern Promises" (2007) geklaut, wo Viggo Mortensen nackt in der Sauna um sein Leben kämpfen muss. Leider kommt hier nur ein billiges Plagiat heraus, noch dazu in merkwürdigen Unterhosen - als reiner Actionfilm ist dieser Film und ist auch dieses Plagiat absolut verzichtbar.

                          7
                          • 5

                            Für die beeindruckend gespielten Rollen von Jeffrey Donovan, Terminator 2 und Kate Walsh gibt's einen extra Fanpunkt. Ansonsten ein müder Neeson Rache-Actioner. Nur beim Kennenlernen am Counter des Self Storage und überhaupt immer, wenn Walsh ins Bild kommt sprühen die Funken. Die Story ist dumm und schlicht ohne Ende.

                            7
                            • 8
                              angucker 12.06.2021, 21:53 Geändert 14.06.2021, 21:31

                              Bei der zweiten Sichtung nach mehr als 6 Jahren gibt's einen Punkt extra. Die beeindruckenden Gesangsleistungen von Redgrave und Terence Stamp, der mit seinem gefühlvollen Spiel ebenso wie die strahlende Gemma Arteron diesen Film weit über das Mittelmaß hebt. Dazu eine Kamera, die den britischen Regen, die Rollatoren der singenden Rentner und die Tristesse der schlichten Reihenhäuser in ruhigen Einstellungen einfängt. Dazu die gut integrierte Musik - trotz der schlichten Story eine kleine Perle von Film.

                              6
                              • 5
                                angucker 10.06.2021, 14:02 Geändert 14.06.2021, 12:48
                                über Exit

                                Eine voyeuristische Serie, die den Blick auf die verdrehten Sex-, Alkohol-, Koks- und Selbstdarstellungsorgien ihrer Protagonisten wirft, andererseits aber auch praktisch keine Handlung hat und sich immer nur von einem irren Exzess zum nächsten hangelt. Wer vorher noch nicht wusste, dass Norwegen das reichste Land Europas ist, wird hier belehrt. Der Cast und die Ausstattung passen. Ansonsten wenig Neues im Norden und im Vergleich zu "Wolf of Wallstreet" irgendwie provinziell.
                                Edit: Im letzten Drittel wird die Figur der von Agnes Kittelsen beeindruckend gespielten Ehefrau des "Adam" ausgebaut, zur tragischen Heldin, die trotz ihres konventionellen Selbstbildes als Ehefrau eine Therapeutin um Rat fragt und sich zuletzt sogar gegen den übermächtigen und übergriffigen Mann wehrt. Für die beeindruckende Frauenrolle und deren Darstellung gibt es sofort einen Extrapunkt. Leider auch im letzten Drittel immer wieder monotone Koks- und Auto-Orgien.

                                5
                                • 3
                                  angucker 02.06.2021, 09:02 Geändert 03.06.2021, 15:16

                                  Trotz Cynthia Rothrock Fandom kein wirklich sehenswerter Film. Dramatisch in bunt ausgeleuchtet machen der zu dieser Zeit buchstäblich kastenförmige Bolo Yeung, Rothrock und ihre heftig aufgepumpten "Co-Darsteller" Gymnastik in etwa 3 verschiedenen Kulissen. Skurriler Höhepunkt ist die wilde Verfolgungsjagd durch eine ringförmig angelegte Kulisse mit Bodennebel im "Indiana Jones Stil" - nur dass hier die Dekos etwa 150 $ gekostet haben. Allein dies verschlingt ca. 15 Minuten Screentime - ich bin eingeschlafen...
                                  Trashfaktor 9/10 ... und natürlich sind Yeung und Rothrock großartige Sportler. Aber dafür braucht es diesen Film nicht.

                                  7
                                  • 7

                                    Eine charmante Hommage an die Screwball-Komödie und deren Geschichte von einem Regisseur, der auch hier exakt plant, das hohe Tempo stets aufrecht erhält und seinen grandiosen Cast, angeführt von der für ihr junges Alter geradezu erdrückend präsenten Imogen Poots stets auf Trab hält - bis hin zum witzigen Cameo-Auftritt von Quentin Tarantino ganz zum Schluss. Das hat keinerlei Tiefe oder Bedeutung, ist angelegt und inszeniert wie eine der gefühlt 150 Boulevard-Komödien von Neil Simon ("Liebhaber/in ist hinter dem Sofa/im Badezimmer, während die eifersüchtige Ehefrau herein kommt"). Trotzdem macht es Spaß, weil auch Owen Wilson und Rhys Ifans keinerlei Probleme mit ihren etwas albernen Rollen haben. Nur Jennifer Anniston kann da als schrille Psychiaterin überhaupt nicht mithalten. Und Imogen Poots ist eigentlich schon allein das Geld wert. Der Film hat nicht das Niveau der Frühwerke von Bogdanovich, der wegen seiner Professur für Filmkunst in seiner langen Karriere relativ wenig Filme gemacht hat - aber für einen Regisseur von damals 75 Jahren immer noch: Chapeau!

                                    6
                                    • 4
                                      angucker 27.05.2021, 06:36 Geändert 27.05.2021, 16:48

                                      Grauenhaft bigottes Drehbuch, das verbal von Anfang bis Ende komplett sexualisiert daher kommt, dabei aber das Hohelied des biederen Vorstadtmädchens singt, welches von Großmutter das 1 Mio. $ Einfamilienhaus geerbt hat, Geige spielt und eine dieser furchtbar amerikanischen Bucket-Lists benötigt, um beim Sex nicht Einkaufszettel zu memorieren. Diese Kombination von verklemmter Verbalerotik mit "Liste" ist so amerikanisch, dass es fast schon wieder lustig ist. Die Hauptdarstellerin tut ihr Bestes und wird durch die deutsche Synchronsprecherin deutlich aufgewertet, die nicht nur eine wunderbar timbrierte Sprechstimme hat, sondern diese auch geschickt, nuancenreich und niemals übertrieben einsetzt. Ansonsten absolut verzichtbar - aber immerhin hat meine Frau (nach dem zügigen Genuss von einem Feierabendbier auf Ex) immer wieder gekichert. Der einzige für mich originelle Gag war das versehentliche Auftragen von durchblutungsfördernder Creme auf die (Gesichts-)lippen mit simultanem Flirtversuch. Etwa dieses Niveau hat der gesamte Film.

                                      7
                                      • 8

                                        Perfektionistisch bis ins letzte Detail verfilmt hier Billy Crystal als Produzent und Hauptdarsteller eine Komödie über die weißen Wohlstandsamerikaner und ihre Midlife-Crisis. Das könnte öde sein, das ist nicht originell und der Film nimmt nur sehr langsam Fahrt auf. Aber spätestens mit dem Szenenwechsel ins wilde Arizona kommt die Geschichte in Fahrt und unterhält mit sehr präzise eingerichteten Dialogen und originell und passend besetzten Darstellern bis zuletzt. Bei der zweiten oder dritten Sichtung achtete ich diesmal auf die Details und war angetan: Allein schon die Kostüme sind eine Erwähnung wert. Der Reichtum und die "Kreditkarten-Mentalität" der Mittelschichtsamerikaner, die sich da zum Ferienabenteuer auf der Ranch einfinden, kommen präzise zum Ausdruck durch originelle und passend gewählte Kleidung. Vom ca. 200 $ teuren Kaschmirpullover des farbigen Zahnarztsohns (auf einem Viehtreck!) über die stylische Cordjacke mit Lederkragen des Sportartikelverkäufers bis hin zu den erlesenen Cowboygürteln mit Silberschnalle - hier wird jede Sekunde deutlich, dass die reicheren Amerikaner auf Selbstfindung unterwegs sind. Auch Crystal und seine Schauspieler agieren sehr auf den Punkt, die komödiantischen Aspekte werden nie übertrieben, die Außenaufnahmen sind wirklich schön gemacht (ein großes Lob an die Stuntleute - mit Pferden und einer Rinderherde einen schlammigen Abhang herunter rutschen, das ist großes Action-Kino). Jack Pallance mimt den "Marlboro-Man" so wortkarg und auf den Punkt - hier war der Oscar für die beste Nebenrolle wirklich verdient. Jake Gyllenhaal in einer Kinderrolle, Patricia Wettig und Helen Slater in durchaus prägenden weiblichen Nebenrollen. Sogar die Filmmusik ist (einschließlich einer kurzen Mundharmonika- und Gesangseinlage von Crystal und Pallance) gut in die Handlung integriert und prägt einzelne Szenen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

                                        Mit diesem Film hatte Billy Crystal den Höhepunkt seiner kurzen Filmkarriere erreicht. Danach moderierte er nur noch (mit viel Geschick und beliebt bei seinen KollegInnen) jahrelang die Oscar-Preisverleihungen und machte ansonsten Serie und kleinere Filmprojekte.

                                        7
                                        • 2

                                          Es ist nicht die lustlose Synchronisation, bei der jeweils ein/e SprecherIn mehrere Rollen vom Blatt abliest. Es ist auch nicht der absurde Titel "Aroused by Gymnopediens", was so viel heißen würde wie "Erregt von Nackten (Knaben)". Es ist auch nicht die Tatsache, dass zur Untermalung der lahmen Softporn-Szenen immer dieselben paar Takte aus dem sattsam bekannten Klavierstück von Eric Satie (das ähnlich heißt) im Hintergrund gespielt werden. Es sind nicht die gequält wirkenden Sexszenen. Sondern vor allem zum Würgen ist die betont schläfrige Art, mit der ein verschwollen und ungesund guckender Mann mittleren Alters teilnahmslos über deutlich jüngere Frauen rutscht. Softcore Japan Style kommt ähnlich daher wie Schäfchen zum Einschlafen. Unfreiwillig komisch, aber nicht komisch genug für meinen Trash-Mittwoch!

                                          4
                                          • 8
                                            angucker 16.05.2021, 12:34 Geändert 24.05.2021, 05:02

                                            Wer dialogorientiertes Serien-Drama mag, ist hier goldrichtig - schon wegen der hohen Produktionsstandards: Ähnlich wie "Mad Men" folgt die Serie den Verwicklungen einer Agentur. Und es gibt mehr als die ewigen Liebesdramen von "Mad Men".

                                            Hier sind es die langjährigen KollegInnen einer Pariser Agentur für darstellende Künstler. Das klare und konsequent durchgehaltene Konzept sieht für jede Episode 1-3 Gast-Stars vor, die von den meist in ihre eigenen Probleme verstrickten TeilhaberInnen und Angestellten der Agentur bespielt und gespiegelt werden. Dazu gibt es (unauffällig integriert) in jeder Episode Themen wie Eifersucht, Übergriffigkeit und Misstrauen, die (Eifersucht ist zum Beispiel gelb) auch in den faszinierend vielfältig inszenierten Accessoires und modisch interessanten Details umgesetzt werden. Hier gibt es zu meiner Begeisterung großartige und immer zur jeweiligen Figur passende Mode mit viel Pariser Chic. Und Juliette Binoche kämpft erst minutenlang mit ihrem Abendkleid, um danach im schlunzigen T-Shirt erst recht die volle überwältigende Präsenz ihrer Darstellung zu präsentieren. Christoph Lambert baggert die Tochter des Chefs an, François Berléand will nicht in den Pool, Cécile de France ist zu berühmt, Isabelle Adjani kämpft mit einem schrulligen deutschen Regisseur - hier gibt es von den Stars, aber auch von dem durch Camille Cottin als lesbische Künstlerbetreuerin angeführten Ensemble beste Schauspielkunst. Da reicht ein Mundwinkel, um Stimmungsänderungen zu transportieren, da erreicht Juliette Binoche in ihren kurzen Monologen eine Ausdruckstiefe wie die großen Frauenfiguren bei Shakespeare. Die Drehbuchautorin und Erfinderin der Serie Fanny Herrero lässt nichts aus: Gefühle, Witz, Klamauk und zum Teil absurde Situationen werden geschickt gemixt. Das Ganze hat eine große Leichtigkeit, überraschende Wendungen und immer wieder richtig Tiefgang. Perfekt eingesetzte Kamera, oft als Steadycam, überall interessante Details von den Hüten und dem komplizierten Make up der Adjani bis zu den Requisiten beim Kindergeburtstag - so schön kann Serie sein.

                                            Edit: Staffel 3x04 - Isabelle Huppert. Anforderung war offensichtlich "Hochleistungsdrama", damit Huppert etwas vorzeigen kann. Also konstruiert das Drehbuch zwei simultane Drehtermine in Paris, die Huppert düst (heimlich!) von der Sterbeszene unmittelbar auf das Set eines amerikanischen Films, wo sie sich mit Ben Stiller und dem Regisseur unter enormem Zeitdruck auch noch über das Drehbuch streitet. Das Ganze geschickt verzahnt mit einem Schadensersatz gegen die Agentur und einer internen Intrige. Es ist ohnehin immer wieder beeindruckend, die mittlerweile fast durchsichtige Isabelle Huppert bei der "Arbeit" zu sehen. Aber dieses faszinierende Schauspiel dann noch einzubetten in eine wirklich subtile Serienhandlung - genial! Sorry, aber da können John Hamm, Christina Hendricks und ihre KollegInnen echt nicht mithalten.

                                            Edit (23.05.2021): Staffel 4 ist ein Rückschritt, nach Episode 5 (Sigourney) ist Schluss mit lustig. Zwar werden die Themen (in besagter Episode zum Beispiel "Alter" und "körperlicher Verfall") immer noch konsequent gesetzt, aber das Konzept nutzt sich stark ab. Die Gast-Stars sind nicht mehr so gut integriiert, die ewigen Ränke um die Konkurrenz von "Star-Media" erreichen ein extrem niedriges Niveau, als die "Super-Bitch" von der Konkurrenz auftaucht und sich (vorhersehbar) auch so benimmt und bei längeren Einsätzen der eigentlichen Darsteller zeigt sich, dass diese Rollen (zum Beispiel der hochbegabte, aber extrem schüchterne schwule "Hervé") nicht viel hergeben. Nach der dritten Staffel hätte gerne Schluss sein können. Und Sigourney Weaver ist (trotz der mal wieder supertollen Klamotten) genau so 70 wie in ihrer Rolle - auch Heldinnen altern rasant und nicht immer vorteilhaft, wenn so umfangreich am Gesicht herumgedoktert wurde. Einen halben Punkt Abwertung.

                                            7
                                            • 6

                                              <Spoiler!>Ein schräger, zotiger, krawalliger Film mit einer Fülle queerer Bezüge und viel Theaterblut: Der Papa war schon immer immer bi, die verstorbene Mama stand heimlich als Kämpferin für Frauen-UFC im Ring und die Tochter hat wirtschaftliche Probleme. Daraus wird (nach einem ausführlichen Training durch den versoffenen "Coach" Alec Baldwin, der sympathischerweise überhaupt keine Probleme damit hat, sich für seine Rolle komplett zum Affen zu machen) eine neue Kämpferin in der deutlich lesbischen Szene, die zuletzt natürlich alle richtig aufs Maul haut. </Spoiler>
                                              Der Film ist nicht geschmackvoll, zelebriert die derben lesbischen und manchmal schwulen Zoten vom Lecken und der Penetration, zeigt ziemlich viel manchmal auch niedliche Mädels in knappen Klamotten, die sich hauen und feuert dabei eine ziemliche Menge nicht immer geschmackvoller Gags ab. Wer innerlich akzeptiert, dass es auch lesbische Frauen gibt, die sich hauen, Groupies haben oder Probleme mit sich selbst - angucken! Es ist originell, richtig geschmacklos und irgendwie anders. Alle anderen sollten diesen Film besser auslassen. Handwerklich eher bescheiden, die Kampfszenen sind ziemlich gestellt und Malin Akerman ist richtig mutig, so eine Rolle überhaupt anzunehmen. 2 Extrapunkte für Nicht-Hetereo und Originalität.

                                              7
                                              • 3
                                                angucker 10.05.2021, 14:40 Geändert 10.05.2021, 14:50

                                                Ein Drehbuch schlimmer als die dümmste Vorabendserie, mit einem Wotan Wilke (HachGottchen - ich alliteriere) Möhring, der mit schmalem Dauerschmunzeln den abgeklärten Womanizer gibt und einem Jan Josef Liefers, der dasselbe mit immer vollem Weinglas versucht. Ein vorhersehbarer, konstruierter Gag jagt den nächsten - nichts wird ausgelassen an dümmlichen Klischees deutscher (Fernseh)unterhaltung. Nicht der beschränkte Kumpel mit der Trainingsjacke und dem Fusselbart auf der Suche nach einer Freundin, nicht die halbnackten Begegnungen am Kühlschrank der Männer-WG - es ist zum Würgen. Nur die nett gemachten Einlagen des sabbernden Kampfhundes und die routinierte Regie verhindern hier 0 Punkte. Wie kann man einen solchen Scheixdreck von Drehbuch auch noch verfilmen?

                                                9
                                                • 6
                                                  angucker 10.05.2021, 14:17 Geändert 11.05.2021, 12:13

                                                  Rodrigo Gonzalez - Bassist der Rockband "Die Ärzte" - kam mit seinen Eltern nach dem grausamen Militärputsch in Chile im September 1973 als Flüchtling nach Deutschland. Zufällig, die Familien wurden verteilt, seine Familie kam nach Hamburg. Er war damals 6 Jahre jung und lernte schnell Deutsch, wurde, was er ist. Mit Mitte 50 beschließt er, sein ursprüngliches Herkunftsland noch einmal zu besuchen, nach Musikern und Musik zu suchen, Spurensuche zu betreiben, auch seine eigenen Wurzeln zu erforschen. Daraus wurde diese Doku, locker (manchmal etwas sehr locker) runtererzählt, die Kamera folgt Gonzalez bei seinen Begegnungen mit den sehr unterschiedlichen Musiker-Kontakten Chiles. Die ambitionierte Sängerin, die sich selbst als Perfomance-Künstlerin sieht, der charismatische "Outlaw-Musiker" mit der unwirklich hohen Singstimme, die gesetzten Herren, die die schlimme Zeit unter Pinochet noch erlebt haben und Ureinwohner, die buchstäblich und sehr physisch im kalten Süden des Landes mit forstwirtschaftlichen Konzernen (und dem Staat) um ihr geraubtes Stammesland kämpfen. Das zeigt viel von Chile, einem riesigen Land mit Seelöwen an der Hafenpromenade von Valparaíso und gigantischen Gebirgszügen, dessen Metropole Santiago mehr als doppelt so groß ist wie Berlin. Das Land reicht mit seiner Nord-Süd Ausdehnung von der Größe Europas durch mehrere Klimazonen, die Spuren der grausamen Diktatur sind bis heute geblieben, in dem schmucklosen Fußballstadion von Santiago wurden tausende Menschen gefoltert und ermordet.

                                                  Entwaffnend ehrlich gibt Gonzalez zu, "die" chilenische Musik nicht gefunden zu haben. Zu groß war der Aderlass von emigrierten Musikern, nur wenige der ganz alten Musiker kennen und können überhaupt noch alte chilenische Schlager und Gassenhauer singen - dies sind auch die musikalisch besten Szenen des Films, wenn im letzten Drittel ein uralter Markthändler (Gemüse - davon lebt er) mit seinen Kumpels in eine illegale Flüsterkneipe zieht und dort anrührend gekonnt wie der selige Ibrahim Ferrer anzügliche und lustige Volkslieder zum Besten gibt. Oder wenn die grauen älteren Herren aus der von Dichtern inspirierten "Kunstlied-Szene" der 70er ihre ambitionierten (aber nicht unbedingt typisch chilenischen) Lieder intonieren. Oder wenn ein kleineres Fußballstadion zu den stampfenden Klängen eines aus hippiesken Musikern zusammengestellten Orchesters unisono Volkslieder grölt. Als Doku eher nicht so toll, aber wegen der ehrlichen Darstellung eines rauen, immer noch mit Schwierigkeiten aller Art kämpfenden Landes unbedingt sehenswert.

                                                  6
                                                  • 5

                                                    Nur wegen der historischen Videoaufnahmen aus einer anderen Zeit sehenswert, als es noch originelle Alben der Stones gab, die in feuchten schimmeligen Kellern einer Villa in Südfrankreich von steuerflüchtigen dünnen Briten mit schlechten Zähnen und vielen Drogen aufgenommen wurden, die zu Beginn der Karriere noch interessante Musik in sich hatten. Wer wissen möchte, warum Anita Pallenberg damals eine der heißesten Frauen der Welt war und ein leicht verwahrlostes blondes Kind namens Marlon das Chaos als interessante Zeit mit komischen Kollegen des Vaters erlebt hat, ist hier richtig. Oder eine Bestätigung dafür braucht, dass Mick Jagger ein eitles überschätztes A.rmleuchter ist. Weil die Musik des Albums immer nur kurz angespielt wird und der Film ziemlich bescheiden geschnitten ist ansonsten eine nur durchschnittliche Doku über eines der interessantesten Blues Rock Alben einer britischen Band dieser Zeit und dessen Entstehung. Ich warte gespannt auf den Film nach dem Buch "Exile On Main Street".

                                                    7