Deciuscaecilius - Kommentare
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Alle Kommentare von Deciuscaecilius
Real boys do not come back. Guillermo del Toros Pinocchio ist ein fantastisch aussehender Film, die Stop-Motion Animation ist atemberaubend. Die Musik ist gut, einige Songs sind sehr gut andere sind nur nett. Die Handlung ist düster, hart am Original und lustig genug um die Kinder nicht in den Wahnsinn zu treiben. Es ist, so widersetzlich sich das auch anhört, ein positiver Film über den Tod.
Aber machen wir langsam. Der Voice Cast ist super, Gregory Mann besonders, ein Kind, das ein Kind spielt, gibt dem Film ganz viel seines Zaubers. Tatsächlich ist das eine der großen Stärken des Films mit Pinocchio ein realistisch agierendes, manchmal nerviges, manchmal liebenswertes aber immer rastloses und naives Kind zu haben. Hier wird keine Erwachsenen Fantasie als Kind ausgegeben, sondern hier wird wild gebockt, gestritten und aus Verzweiflung gelogen. Im Gegensatz dazu gibt David Bradley einen nachdenklich traurigen Geppetto, der so fehlbar ist wie sein Zögling. Da ist ein Mann in tiefer nachvollziehbarer Verzweiflung und mit großen Schwierigkeiten dem neuen Kind gerecht zu werden.
Der Plot hält sich viel stärker als andere Verfilmungen an die Originalgeschichte und ist damit das, was sie ursprünglich ausmachen sollte, eine Tragödie über den Tod, die Suche nach Freiheit im autoritären Staat und über den Kampf darum Nein sagen zu dürfen, um nicht lügen zu müssen. Es geht um eine Wahlfamilie, die sich zusammenfindet, weil jeder Einzelne einen Platz und eine Bestimmung benötigt. Wir alle hängen an den Fäden einer Gesellschaft und hier geht es darum trotzdem Freiheit zu finden, jemanden zu finden dem man vertrauen kann und die eigene Vergänglichkeit befriedigend mit Liebe zu füllen.
So richtig viel Neues zeigt der Film damit allerdings nicht. Die Ähnlichkeiten zu Pans Labyrinth sind da, die Figuren typisch für del Toros Filme und die Antagonisten oft arg karikaturesk gezeichnet. Da ist ein Film, der sichtlich mit Liebe produziert wurde und der eine positive Botschaft hat, nur ist das alles sehr routiniert. Es ist ein Film für Kinder und auch für Erwachsene, ist für die Einen vermutlich zu düster und für die Anderen zu nahe an der Oberfläche. Ein Film der gleichzeitig, als Running Gag die Grille matscht und dann aber ganz ironisch Benito Mussolini auftreten lässt, hat sich vielleicht etwas viele Themen aufs Brot geschmiert.
Man muss den Film trotzdem mögen aber ihn zu bewundern, fällt mir jedenfalls schwer. So bleibt ein Schönes, etwas aus der Zeit gefallen wirkendes Märchen, das Kritiker erfreut, dessen Zielgruppe aber überschaubar bleibt.
Es ist ohne Zweifel ein beeindruckender Film und wenig überraschend bezieht sich das primär auf seine audiovisuellen Stärken. Die Flugszenen sind hyperrealistisch, alles im Cockpit wirkt, als säße man mit darin, dass alles lässt einem in allen Luftkämpfen die Zeit vergessen. Der Konflikt am Boden um alte Schuld, zu alte Flieger und neue Liebe ist dagegen eher lahm aber genau richtig dosiert, um nicht zu nerven.
Tom Cruise als Maverick spielt sich selbst bzw. alle Tom Cruise Actionhelden bisher und wohl auch bis in alle Zeiten und das reicht auch. Seine Liebesgeschichte ist ultralahm und die eine Sexszene selbst für einen Hollywoodblockbuster der Gipfel der Prüderie und sterilen Langeweile. In dieser Hinsicht fehlt dem Film jeder Schwung. Es dreht sich alles um eine Übertragung der alten Szenen, aber ohne die berühmte Homoerotik, aus dem Alten in den neuen Film. Umso absurder wirkt dann aber der einzige neue Konflikt, der durch Vorgesetzte erfolgt, die absurd gegen die Realität ständig die Notwendigkeit guter Piloten infrage stellen, während sie gerade davon abhängen. Der äußere Konflikt hat einen namenlosen Gegner, gegen den einfach immer gewonnen wird. Die jungen Darsteller sind noch nicht gleichberechtigt und damit ist auch dieser alte Konflikt schnell gelöst.
Der Film ist ein Phänomen, ein Film ohne Konflikte, ohne Gegner und daher irgendwie auch ohne Spannung und trotzdem strahlt er eine schwer zu fassende Faszination aus. Vielleicht ist es am Ende das was wir alle sehen wollen, ist es das, was wir im Kino erwarten, eineinhalb Stunden Eskapismus in dem der Held die Frau bekommt, einfach weil er ein Held sein darf. Zwar steht ihm da kurz der eigene Chef entgegen aber wie jeder kleine Angestellte seit je her weiß: Die Sesselpupser haben keine Ahnung und ihre Beschäftigten wissen alles besser.
Der amerikanische Heldenkult und seine Pseudohindernisse mögen langweilig und enervierend sein aber dafür lenken sie nicht ab vom intensiven Rausch in den Cockpits der Super Hornets. Es ist ein Film wie eine Achterbahn, in den Sitz gedrückt vom Score und dem Militärporn ausgeliefert, erlebt man Kino. So wird gerade Tom Cruise zum Retter einer nun schon 100 Jahre alten Kulturtechnik, mit einem Film, der sich nicht einmal der Popkultur unterwirft. Es ist ein Erlebnis und eines das so bürgerlich endet wie möglich: Alles Glück liegt in der Familie ....
Corsage ist ein Film für immer verborgen im dunklen Teichtmeister förmigen Schatten, was schade ist, denn da ist ein kleines Kunstwerk verloren gegangen. Es ist aber auch ein sprödes Kunstwerk, eine ahistorische Dekonstruktion des Sissi Bilds einer modernen Gesellschaft. Die Geschichte ist eingebunden in eine realistische perfekt ausgestattete Welt, erzählt darin aber eine moderne Parabel über die Ansprüche an eine Figur, die geprägt ist von äußeren Erwartungen und einer Gesellschaft in der Jugend und Schönheitskult regieren.
Es ist die Show von Vicky Krieps, die Elisabeth in allen Lebenslagen ein traurig trotziges Antlitz verleiht. Es ist die Art von Performance, in der eine Schauspielerin zu einer Figur wird, komplett mit ihr verschmilzt und man am Ende jede Gefühlsregung von ihrem Gesicht ablesen kann, als wäre man mit ihr seit Jahren vertraut. Sie gibt der Figur eine harte grausame Kraft, die einen erschaudern lässt vor der Konsequenz und Unbarmherzigkeit gegenüber Alles und Allem und besonders gegen sich selbst. Es ist ein erschütterndes Bild einer Frau süchtig nach Aufmerksamkeit, einer Figur, die nur im Blick des anderen lebt.
Und da sind wir dann auch beim Kern: Es ist ein Film über unseren Blick und wie er Figuren formt. Wir formen diese Figur und die Figur kann dem nicht ewig standhalten. Solange sie die jüngste, schönste und unschuldigste war, solange sie Romy Schneiders Sissi war, war alles gut, aber Krieps Elisabeth wird vierzig. Es ist eine Zahl die viele Menschen erschaudern lässt, weil es das Ende von „jung“ markiert und es ist definitiv der Punkt, an dem sich die Rollen für Schauspielerinnen sowie für Kaiserinnen ändern. Es ist der Punkt an der Wildheit und Unbeständigkeit plötzlich nicht mehr sexy sind, sondern unverantwortlich. Es ist der Zeitpunkt, an dem man an seine Stellung denken muss.
Wir erleben das Schicksal einer öffentlichen Figur, gespiegelt in die Vergangenheit und lebend im modernen Europa, die nach einer Lösung sucht und schließlich die schrecklichste von Allen findet. Die Lösung, die am Ende jeder Schauspielerin droht, die der Rolle aus Sicht der Welt nicht mehr gewachsen ist. Der Film ist eine Fleischsäge, die sich mit jeder Minute tiefer in den Zuseher und Elisabeth sägt. Die Säge duldet dabei keinen Widerstand, sie schneidet durch alles, was aufgebaut wurde und hinterlässt eine neue Welt, in der alles so weitergehen kann wie zuvor.
Der Film gibt den Staffelstab damit weiter, es werden weitere Sissis kommen, die ihr hübsches junges Gesicht in die Kamera halten, die einen Kaiser heiraten und schließlich Kaiserin werden. Es wird zu unserer aller Unterhaltung sein und Kritiker und Historiker werden weiter darüber streiten, was davon real, wissenschaftlich korrekt oder zeitgemäß wäre, als würde es jemals um die wirkliche Elisabeth von Österreich-Ungarn außerhalb der Popkultur gehen. Es werden dann weitere Prinzessinnen von sich als der starken Frau an der Seite eines Kaisers träumen. Nur die Elisabeth aus Corsage hat dann schon ausgeträumt.
Better not to take literature literally…
Da ist er der aktuelle Film von George Miller und er ist entspannend und besinnlich geworden, wie eine Nachmittagskomödie im ZDF. Es ist ein Film fürs Alter und für alle die noch von Verbundenheit jenseits aller Liebe, Affären und Vögelei träumen. Leider ist er dabei auch langweilig, enttäuschend und lahm.
Idris Elba spielt den Djinn, gibt ihm Körperlichkeit und Präsenz, fühlt mit ihm ganz wortwörtlich den Raum. Es schwer ihm nicht zuzuhören, wenn er seine Geschichten erzählt und es ist eine Freude ihn lieben und leiden zu sehen. Tilda Swinton spielt Alithea Binnie, eine spröde Literaturwissenschaftlerin, die einsam aber glücklich über die Macht der Geschichten philosophiert. Swinton überzeugt in der harten Figur und der leicht verschrobenen Art und ist genau dann am besten, wenn sie das nach außen bringen darf. Die plötzlich verliebte Muse dagegen, habe ich ihr nicht abgenommen.
Und das sind wir beim Problem des Films, so schön er ist, so lyrisch die Geschichten daherkommen und so interessant manche Details über Machtkämpfe im Orient sind, es führt zu nichts. Es sind Geschichten, die besser geschrieben und gelesen gehören. Alles an ihnen schreit Literatur, aber nichts schreit hier Film. Die Handlung mag eine gute Umsetzung eines Textes sein, aber sie ist nicht zu einem guten Film verschmolzen. Die Effekte sehen gut aus aber wirken aufgesetzt, wie eine paar Bilder in einem Märchenbuch. Wir sehen hier keine Liebesgeschichte, sondern eine Liebe zu Erzählungen, ein Liebesfilm sollte aber nicht seine Geschichte lieben, er sollte seine Protagonisten lieben.
Ein Film sollte vor allem beide Protagonisten lieben. Wir erfahren viel vom Djinn und wenig von Alithea. Wie sollen wir also diese Liebe glauben, wie sollen wir sie leben oder mit ihr leiden. Was ist ein Film, der nur ein abgefilmtes Märchenbuch sein will. Scheherazade darf mir das gerne flüsternd am Bette vorlesen aber als Film von George Miller war wir mir das zu lahm. Schade drum aber ganz nett für einen ruhigen Abend nach der Arbeit.
Horror hasn't felt this Fresh and Delicious in a Long Time ... Ähm, sorry geht schon wieder…
Also das ist kein sonderlich innovativer Film, ganz im Gegenteil sind die einzelnen Entführungs- und Befreiungselemente sehr erwartbar arrangiert. Was den Film aber auszeichnet sind die kleinen Modernisierungen, die Gesellschaftskritik, der zart und akzentuiert aufgetupfte Humor, die mit Bedacht gewählte Musik und die großartige Leitung der Hauptdarstellerin.
Wo wir bei der glanzvollen Leistung von Daisy Edgar-Jones als leicht verzweifelte, Single gebliebene Großstädterin Noa wären. Eine zerbrechliche Frau die leise verzweifelt, wild explodiert und geschickt manipuliert. Es ist eine schwierige Aufgabe so zwischen den Gefühlswelten zu tanzen und wow tanzt sie. Die Tanzscenen sind einen eigenen Absatz wert aber so verstörend schön hat noch kein Gewaltopfer ein Stockholmsyndrom vorgespielt. Dazu gibt Sebastian Stan überzeugend den klassisch toxischen Typen, der den ganzen Film lang überzeugend creepy bleibt.
Es ist der Horror der Moderne, der hier exerziert wird. Der Film zeigt uns die brutale Fleischbeschau des modernen Datings in überraschender Form. Das ist dann ein bisschen zu direkt, wie die allseits bekannten Motive abgearbeitet werden aber es entfaltet Schrecken und schafft es, den immer wieder durch subtilen Humor aufzuhellen. Schön finde ich, dass Noa größtenteils nachvollziehbar clever handelt und dabei angenehm wenig kreischt. Der Film kann dabei außerdem ekliger Bodyhorror sein und findet dazu auch abstoßende Arrangements für den Zuseher. Das Ende hat dann ein paar intensive gut inszenierte Szenen, die nicht mit Logik klotzen aber die dafür ohne den rettenden Helden auskommen.
Das macht den Film nicht zu einer Offenbarung aber zu einem soliden zeitgemäßen Horror Thriller mit tiefschwarzem Humor. Für alle Fans des Genres eine Empfehlung.
Trained animals can be unpredictable. Be careful!
Nope ist ein seltsamer Film, ein Film, der sich einem Genre entzieht, sich stattdessen mäandernd durch Sciences Fiktion, Horror, Satire und den Western schlängelt. Es ist ein Film, dem die Bilder und Botschaften wichtiger sind, als seine eigentliche Handlung und der damit sehr enttäuschend sein kann, wenn man damit nicht konform geht. Es geht um ein Monster aber viel mehr als um das Monster da draußen, geht es um das Monster hier drinnen.
Es ist ein Nest aus Michael Abels Filmmusik und den großformatigen Bildern Hoyte van Hoytemas, das uns im Film umschließt. Die Musik changiert zwischen düsteren minimalistischen Tönen, beschwingtem Westernsound und schräger Popmusik und Hoytemas Bilder inszenieren die Weite des Westens und die Weite des Himmels, alles zusammen erzeugt eine komisch falsche Atmosphäre. Man sieht die Welt eines normalen Hollywoodfilms aber weiß immer das etwas falsch daran ist. Wir wollen so sehr wissen, so sehr wollen wir sehen was kaputt ist, dass wir dabeibleiben, obwohl wir nicht sollten.
Everything with a spirit can get broken
Interessiert uns das Fremde den wirklich oder geht es nur um das Spektakel? Würden wir wirklich etwas verstehen wollen? Die meisten Science Fiktion Filme gehen davon aus das der Mensch verstehen will, aber was ist, wenn dem nicht so ist? Reicht es uns nicht aus, einen Plot erzählt zu bekommen, um dann beruhigt, dass alles gut wird, nach hausen gehen zu können? Alle Protagonisten und Antagonisten sind gekommen uns zu unterhalten und wir bezahlen sie dafür, solange sie tanzen. Vielleicht picken wir auch noch ein wenig nach, damit sie weiter tanzen und vielleicht noch ein bisschen mehr, bis sie ausrasten.
I don't wear sunglasses at night.
Es ist ein verdrehter Film, der weiße Hai auf dem Kopf habe ich gelesen und nicht nur, weil das Monster dieses Mal aus der blauen Weite des Himmels kommt, sondern auch weil es jetzt selbst vor unseren Kameraaugen fliehen muss. Das Fremde ist immer noch da draußen und noch immer interessiert es uns nicht wirklich. Es ist nur ein Bild, etwas das uns erschauern lässt und dann egal ist. Nope ist ein schön leerer Film, ein Film der verstört, der sich hinzieht und dann zerplatzt. Er ist nicht jedermanns Sache aber es wert. Be Careful!
Abbott Elementary ist eine Mockumentary und ehrlich gesagt mag ich das Genre gar nicht. Noch eine Workplace Comedy und peinlich bemüht lustige Verasche komischer Cheftypen, braucht niemand auf der Welt aber überraschenderweise entwickelt sich die Serie zu etwas mehr als nur den üblichen Klischees. Es ist zum großen Teil eine berührende Serie über bemühte leicht verschrobene Menschen, die versuchen einigen Kindern etwas beizubringen. Scheinbar leben sie dabei in einer Gesellschaft, die das weder besonders schätzt noch irgendwie sonst unterstützt aber das ist eben ein Antlitz der vielköpfigen amerikanischen Hydra, wenn auch kein sehr Schönes.
Die Serie ist lustig und vor allem gut gespielt, was ihr mehr Möglichkeiten gibt auf einer Klaviatur der Gefühle zu spielen. Das wird dann auch die große Stärke der Serie: Man fühlt etwas für die Protagonisten und im Gegensatz zu „Parks and Rec“ oder „The Office“ dauert das nicht Staffeln, sondern nur ein paar Folgen. Das trägt dann auch über den Rest der Staffel.
Die Serie bleibt dabei aber auch immer in ihrem Körbchen der amerikanischen Arbeitswelt und ihrer Parodien. Quinta Brunson, als Lehrerin Janine Teagues ist zwar sympathisch wird aber bis zum Ende der Serie auch immer wieder einmal nervig. Das ist dann der negative Teil des Mockumentary Stils, das geht nie soweit wie beim Unsympathen Stromberg, weil Janine in ihrer Welt doch verwurzelt bleibt aber ganz nahbar oder gar glaubwürdig wird sie trotzdem nie.
Ich fand es eine der besten Ansätze des Genres der letzten Jahre aber ganz sicher, ob die Welt mehr Mockumentarys braucht, bin ich mir auch jetzt noch nicht. Es ist immerhin ein netter Spaß für zwischendurch, der etwas tiefer hinabtaucht als seine Genrekollegen. Vielmehr habe ich letztlich aber auch nie gesucht.
Ein Film um die Konflikte von Müttern und Töchtern um Erwartungen, Pläne, Zukunft, Traditionen und Stolz, verkompliziert durch das Verhältnis der gegen Widerstände arbeitende Einwandergenerationen, die in harter einfacher Arbeit ohne eigene Erfolgschancen am Erfolg der nächsten Generation arbeiten und ihren an den Erwartungen zerbrechenden Kindern der GenZ. Hört sich langweilig an? Na ja….
Es ist ein brillantes Schauspielerensemble, das sich da um die wunderbare Michelle Yeoh versammelt hat. Yeoh spielt die Evelyns aller Multiversen, von der wütend, unsichereren Ehefrau und Mutter zu den Stars und Kämpferinnen des Universums und sie ist in allen Rollen überzeugend. Sie bringt zum Weinen, zum, Lachen und zum Staunen. Es ist die beste Rolle ihrer großen Karriere und es vereinigt die Stärke Zerbrechlichkeit spielen zu können mit der Kraft und Härte einer Actionheldin. Es ist nuanciertes Spiel, wie es in Actionfilmen wirklich nicht oft vorkommt und es ist zutiefst geerdet, weit weg von den kalten Gestalten des Marvel Universums.
Es ist schwer von den anderen Darstellern jemanden herauszugreifen und nicht einfach alle abzufeiern aber irgendwie ist es am Ende Ke Huy Quan, der Junge aus Indiana Jones ist zum Mann geworden. Niemand wollte den als Kind in die USA gekommenen Vietnamesen außerhalb seiner exotischen Kinderrollen haben. Der Markt für ernsthafte Rollen asiatisch gelesener Schauspieler war nicht reif und dieser Film ist ein Fanal für den Blödsinn solcher Marketingideen, die irgendwelche Erwartungen in das Publikum interpretieren, um eine Ausrede zu haben, nur noch langweilige Werbefilmchen für Spielzeug machen zu dürfen. Quan ist eine exzellente Besetzung des schüchternen Waymond, der so dringend mit seiner Frau reden muss und es doch nicht fertigbringt. Die Wandelbarkeit, das Sympathische und Lustige in seinem Spiel machen Quan mit einem Fingerschnippen zu einem neuen Typ von Actionhelden.
Also ist es ein kleines Charakterdrama? Aber nein es geht auch noch um eine Interdimensionale Bedrohung, eine mächtige Dimensionsreisende, die Jobu Tupaki will das ganze Universum zerstören und kann dabei nur von der Auserwählten bekämpft werden. Die coolere Version von Waymond kommt dazu aus einer fernen Dimension Alpha, um Evelyn alle Kampftechniken des Universums beizubringen. In einem gewaltigen Kampf springen die drei durch alle möglichen Dimensionen und bekämpfen sich währenddessen auf alle denkbaren und undenkbaren Arten. Es ist großartig verrückter Kung Fu in bunten und absurden Welten, in die man nur durch noch verrücktere Dinge kommen kann. Die wilden Sprünge halten einen hier stundenlang atemlos, während Yeoh, Quan und Hsu eine vor Freude am Unsinn triefende wilde Performance abliefern. Ein Feuerwerk des Wahnsinns und ein Kampf gegen den Nihilismus.
Es ist aber auch eine Projektion unserer unendlichen Möglichkeiten und der Widersinnigkeit zu vieler Möglichkeiten in einem begrenzen Leben. Der Mensch kann auf seinem Hügel glücklich sein auch wenn einem tausend anderen Hügel versprochen werden, aber irgendwo ist das Gras grüner und unsere Beziehungen vertrocknen auf der Suche danach. Es ist auch ein Kampf der Generationen, der Menschen die alles erarbeiten mussten und derer die jetzt im Meer der Möglichkeiten kein Land mehr sehen, es ist der Konflikt unserer Zeit. Ein Konflikt, der nicht durch noch mehr Möglichkeiten gelöst werden kann, sondern nur durch ein aufeinander zugehen.
Ist es also ein kitschiger Film? Nein das ist er nicht, dazu ist er vor seinen Botschaften zu wild, zu ungestüm und zu lustig. Niemand kann allzu sentimental werden, während er mit Wurstfingern wackelt oder Köche an den Haaren ziehend durch die Welt steuert. Es ist: Everything Everywhere all at Once.
Lost in Babel. Es ist ein prophetischer Filmtitel, ein Film ohne Fokus, ohne Zentrum und ohne zentrale Geschichte. Es ist ein mäandernder Wahnsinn aus Musik, Bewegung und Sex, in der eingebildeten wunderbaren Vergangenheit des Hollywoods der Stummfilmzeit. Es ist definitiv eine Komödie, sicher auch ein Drama, vielleicht ein Historienfilm und am Ende ganz gewiss masturbation Porn von Damien Chazelle, dem Master himself…
Warum nun aber sollte man dem Damien beim Wichsen zusehen? Na ja erst einmal wegen dem phänomenales Brad Pitt als Stummfilmstar Jack Conrad, der sich nuschelnd, trinkend und durch diverse Scheidungen vögelnd durch diesen Film spielt. Wie immer ist er dabei großartig, es ist eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben ist und er hat die einzige einigermaßen kohärente und damit bewegende Storyline im Film. Dann ist da noch Margot Robbie als Jungstar Nellie LaRoy, die sich wirklich hingibt. Es ist eine Freude wie sie eskaliert, und wütetet, um nur Sekunden später wieder ganz ruhig ihre Szenen abzuspielen. Niemals hat eine einzige Träne besser ausgesehen und wer wird diese erste Tonfilmaufnahmeszene vergessen. Margot Robbie ist wunderbar, noch fabelhafter wäre sie aber gewesen, wenn man ihr einen Charakter und einen besseren Plot geschrieben hätte. Aber Gott was muss da erst Diego Calva, der den Aufsteiger Manny Torres spielt, sagen, er darf ein bisschen lieben und ansonsten am Film Teilnehmen.
Es ist trotzdem ein überwältigender Film, die ersten anderthalb Stunden sind so schön, so lustig, bunt und sexy, es ist ein leerer aber ganz großer Spaß. Jede der kleinen Episoden, vom Stummfilmdreh, über die große Startparty, über die Tondrehszene bis zum Kampf mit der Klapperschlange sind phänomenales Kino. Ich habe diese Zeit wirklich genossen und jedes Mal, wenn die Takte des nächsten Jazzsongs zur nächsten Eskalation riefen habe ich mitgewippt und gegrinst wie ein Honigkuchenpferd. Diesen Film sollte man gesehen haben, in irgendwas mit Dolby, HD und allen andern Großbuchstaben, die verfügbar sind. Es ist ein audiovisueller Traum.
Leider hat er es aber nicht fertiggebracht dabei ein guter Film zu sein, denn nach dem Wahnsinn sollte Bedeutung kommen. Hier wird ein wenig Charakterdrama versucht, dort ein wenig Rassismusstudie, dann wird das Studiosystem aufs Korn genommen und dann wieder zum Ausnutzen von Schauspielern gesprungen. Ein bisschen Philosophisches über die Bedeutung der Schauspielkunst darf nicht fehlen und hey hatten wir noch nichts zur Stellung der Frau und der Arroganz des Reichtums. Der Film dippt sein weiß gepudertes Näschen mal hierhin und mal dorthin bleibt aber nirgends hängen und es bleibt auch nichts beim Zuseher hängen. Nichts hat Bedeutung, wenn nichts im Fokus bleibt und wer lässt sich denn bitte noch von Elefantenkacke und ein bisschen Pisse provozieren?
Geschichte wiederholt sich als Farce und die ist erreicht, wenn Tobey Maguire als James McKay auftritt. Es ist eine ca. zwanzigminütige Episode die gut illustriert, was das Problem des Films ist. Die ganze Szene ist nutzlos und überflüssig, sie setzt einen drauf, wo Inhalt gefehlt hätte, sie will noch einmal die Verlorenen der Gesellschaft zeigen und verliert sich dabei selbst. Der Film hat einen herrlicheren Score, aber irgendwann hört man auf, mit dem Fuß zu wippen, denn irgendwann ist man zu müde dazu. Zu müde um noch einen Ausbruch von Margot Robbie zu sehen und zu müde um noch mehr Groteskes ertragen zu können und genau dann, wenn es eigentlich schon längst genug ist, fängt dieser Film an zu langweilen.
Die letzten zwanzig Minuten sind larmoyanter, selbstverliebter Blödsinn. Nein und noch mal Nein, kein Kunstwerk ist diese Opfer wert. Das genau sehe ich völlig anders als Chazelle. Er macht sich selbst über die Zeit und seine eigenen Figuren lustig, er glorifiziert den Schmerz zum Zwecke eines sinnlosen Ruhmes und das ist der Unterschied zu einem guten Film. Ein guter Film nimmt seine Charaktere ernst, gibt ihnen Raum und lässt sie nur dann weinen, wenn es in ihre Story passt. Aber in einem hat er recht: Fame is a Monster.
Der Film hat eine geniale Idee, er ist eine Hommage, er parodiert und erweitert das berühmte Stück „The Mousetrap“ von Agatha Christie, dem am längsten ununterbrochen laufenden Theaterstück der Welt. Die Tatsache das vertraglich zugesichert ist keine Verfilmung, vor Ende des Theaterstücks zuzulassen, ist der Hook, an dem der Film ansetzt. Eine solche potenzielle Verfilmung soll in den Fünfzigerjahren stattfinden und wird aber durch einen Mord erschüttert. Die Ermittlungen sind nun Kern des Films und sollen so lustig und gleichzeitig so ernst wie das Stück selbst sein. Machen wir es kurz: Meiner Meinung nach scheitert der Film daran auf ganzer Länge.
Saoirse Ronan spielt Constable Stalker, die dem Fall zum Einstieg und als Lehrling zugeteilt wird. Ronan spielt sich im Film den Arsch ab, sie flirtet, lässt ihren irischen Akzent rollen, overactet und ist gleichzeitig liebenswert und exaltiert, dass es wehtut. Man erkennt da ein komödiantisches Talent, großen Spaß und den Willen zu unterhalten aber es ist gleichzeitig ein großes Drama ihr dabei zuzusehen. Denn sie gibt sich völlig umsonst Mühe und das liegt ganz besonders an ihrem Filmpartner Sam Rockwell als Inspektor Stoppard, der mit einem wohl lustig gemeinten grimmigen Gesichtsausdruck und mehr und weniger gekünsteltem britischen Akzent fremdelnd durch diesen Film stolpert. Es ist konkurrenzlos die schlimmste Simulation von Schauspiel, die ich in diesem Jahr gesehen habe. Ich habe ihn im Laufe des Films wirklich kaum ertragen können. Der Rest des Cast ist besser, besonders Adrien Brody als amerikanischer Regisseur Leo Köpernick kann überzeugen, der hat aber leider zu wenig Raum und keine Szene mit Ronan.
Aber auch die besseren schauspielerischen Leistungen verblassen angesichts des flachen Plots und der zum großen Teil altbackenen und schlecht getimten Witzchen. Es ist ein oftmals lächerlicher Film der mit Spielereien wie Splitscreens, dem brechen der vierten Wand und aufdringlicher Musik zu punkten sucht aber nichts davon wirkt wie etwas, das ein Ganzes ergeben könnte. Die Fünfzigerjahre sehen nach Kulisse aus, sollen das vielleicht auch aber sie sehen nicht interessant nach Kulisse aus. Es ist ein unendlich bemühter Film der tausend Ideen an die Wand wirft, die aber alle uninteressant verlaufen. Wie hässlich das alles ist.
Die Whodunitgeschichte ist dann leider ebenso langweilig, sie hat kein Tempo, keine starken Wendungen und keinen überzeugenden Täter. Auch das ist alles nur Kulisse und soll auf der Metaebene funktionieren, tut es für mich aber nie. Clever zu wirken erfordert Eleganz und die hat nichts in dem Film, es ist alles rau, kantig und ungeschliffen. So funktionierten keine Parodien. Schade drum und angesichts der Masse an besseren Krimikomödien ganz bestimmt keine Sehempfehlung.
Reacher ist ein grundsolide „Dad“ Serie. Der Held ist so cool, wie man nur sein kann, trotzdem etwas unbeholfen aber überwahrscheinlich kompetent. Der Typ sieht aus wie ein Berg, kämpft wie ein SEAL und denkt wie Sherlock Holmes. Das ist alles Blödsinn aber genau das war der Gedanke des Erfinders Lee Child, Reacher soll beeindruckend sein und man soll ihn bewundern. Das ist ein schmaler Grat zur Lächerlichkeit, aber im Großen und Ganzen ist die Serie die Balance gelungen.
Gespielt wird die Figur von Alan Ritchson, der vor allem körperlich in die Rolle passt. Seine schauspielerischen Fähigkeiten sind sichtlich begrenzt, aber das verleiht der Figur auch eine gewisse Unbeholfenheit, die ihn charmant macht. Die Verfilmungen hatten mit Tom Cruise den besseren Schauspieler aber der spielt eben immer ein wenig sich selbst. Hier kann man stattdessen der Figur Reacher zusehen, wie er unbeholfen aber beeindruckend durch die Geschichte pflügt.
Es hilft, dass die Story angenehm komplex ist und sich interessant und vergleichsweise unverbraucht anfühlt. Die Kämpfe sind knackig, hart und brutal und damit das Highlight der Serie. Leider fehlt der Serie in der Mitte etwas der Plot und mit anderen Stärken hat sie es leider nicht so. Sie hat kaum schöne Schauwerte, noch wirken die Liebesgeschichte oder die sich schwierig entwickelnde Männerfreundschaft bemerkenswert. Ich mochte Willa Fitzgerald, als Love Interest Roscoe Conklin aber der Plot bleibt in der Beziehung der Beiden recht oberflächig. Das Finale ist nur solide und sieht ehrlich gesagt eher mittelmäßig aus, vor allem ist die CGI des ganzen Feuers nicht so doll, daher fällt es gegen einige der kleineren Kämpfe leider eher ab.
Damit haben wir einen netten Zeitvertreib als Serie, der gegenüber den Filmen den Vorteil hat, den komplexen Büchern besser Rechnung zu tragen und die damit mehr Reacher Gefühl erzeugt. Wenn da noch etwas mehr Geld einfließt und man eine Idee hat, um ein paar Füller Episoden besser zu bestücken, dann könnte die bereits bestätigte zweite Staffel noch besser werden. So ist diese Staffel definitiv nur etwas für Fans des Genres.
„Binde der Toten die Beine fest zusammen, den Männern ist nicht zu trauen.“ Gangubai Kathiawadi ist manchmal ein sehr ernster Film, ein Film über Menschenrechte, über Akzeptanz, über den Wert eines Menschen und über die indische Gesellschaft und ihre Ungerechtigkeiten. Es ist aber auch ein Film der wenig reflektiert, kaum analysiert, oberflächlich bleibt und so dahintreibt. Es ist ein großer Spaß in einem großen Drama und vor allem ist es die Show von Alia Bhatt.
Sie spielt das in die Prostitution verkaufte Mädchen Ganga, das beschließt trotz der Umstände eine stolzes Leben zu führen, sie wechselt den Namen zu Gangu und steigt Stück für Stück auf. Als Gangubai wird sie schließlich zu einer einflussreichen Figur in der Unterwelt in Bombay. Bhatts schauspielerische Leistung ist aufsehenerregend. Sie hat eine gewaltige Präsenz, strahlt Dominanz aus und beherrscht damit jede Szene. Sie ist sexy in der traurigen Liebesgeschichte, verletzlich und wütend, wenn sie getrunken hat, und strahlt die Präsenz einer Mafia Queen aus, wenn sie auf einer Bühne steht. Alia Bhatt ist eine Macht in diesem Film und alleine dafür lohnt sich das Ansehen.
„Wir haben so viel Würde, dass wir sie jeden Abend neu verkaufen können.“ Der Film basiert lose auf dem Leben einer Frauenaktivistin und Madam eines Bordells aber hinterfragt nicht wirklich die Regeln der indischen Gesellschaft, wenn man einmal eine Prostituierte war, sei es auch gezwungenermaßen, dann bleibt man eine Ausgestoßene der Gesellschaft. Interessanterweise akzeptiert der Film das auf der einen Seite und baut aber gerade daraus eine neue Freiheit, er etabliert eine Frau, die sich an keine Regeln mehr halten muss und gerade daher die Gesellschaft verändern kann. Er stellt seine Protagonistin als die einsamste Frau des Planeten vor, berührend verletzlich und strebend nach Zuneigung aber unfähig diese zu empfangen, weil sie nie wieder mit sozialer Anerkennung einhergehen kann.
Das kann man feststellen und dann überrascht sein wie gedankenlos der Film dann aber wieder mit der Geschichte umgeht. Eine Mafiaqueen wird nicht ohne Opfer aufsteigen können, aber die Gangubai im Film bleibt eine makellose und unschuldige Lichtgestalt, ihr Aufstieg hat die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit einer göttlichen Figur. Der Film ist ein Sozialdrama und gleichzeitig auch keines. Vielmehr ist er ein Historienfilm, der an die alten Hollywoodbibelfilme erinnert. Er schwelgt in seinen wunderbaren weißen Kostümen, in einer Traumwelt des alten Bombays, in wirbelnden Tänzen und erotischer weiblicher Verführung. Es ist aber trotzdem immer eine Welt leicht entsättigt im blauen Filter als würde immer etwas Mondlicht über jeder Szenerie liegen. Es geht einmal nicht um die Familie, sondern um Wahlfamilien. Um Menschen, die sich ein neues Zuhause schaffen, weil das Alte sie aufgegeben hat.
Obwohl der Film letztlich eine wirkliche Reflexion der Umstände von Prostituierten scheut, funktioniert er trotzdem als ein Werk der Ermächtigung. Die Leichtigkeit mit der seine Botschaft unterschiebt, mag in Indien notwendig sein und sie hilft westlichen Zusehern beim Konsum. Es ist trotz oder gerade wegen der Umstände ein matriarchaler Film, der kaum ernst zu nehmende Männer vorstellt und wenn doch, diese gern zum Spielball der Frauen werden lässt. Der Film hinterfragt so indische Männlichkeit und die indische Moral durch die Hintertür der puren Unterhaltung. Das ist nicht immer perfekt gelungen, da zeigen sich Risse im Konzept, ganz besonders im viel zu langen und recht pathetischen letzten Akt aber ich finde es ist gerade deshalb ein sehenswerter Film.
“There’s No Such Thing as an Anti-War Film.” Im Westen nichts Neues ist aber dann doch Einer. Es ist ein erstaunlich wirkmächtiger Film, konsequent vom Buch entfernt, behutsam modernisiert erzählt er die bekannte Geschichte von vier jungen Deutschen aufgestachelt und kriegslüstern, die in die Fleischverwertung des ersten Weltkriegs geschmissen werden. Dem Krieg ist es aber egal wer oder was sie sind, sie sind nur weitere Körper im Kampf um ein paar Quadratmeter Hölle. Der Film ist ein internationaler Erfolg und ich denke vielleicht gerade, weil er aus meiner Sicht einige Schwächen hat.
Der Film entfernt sich vom Buch, stellt aber weiterhin Paul, gespielt von Felix Kammerer, in den Mittelpunkt. Kammerer führt uns enthusiastisch fröhlich in den Krieg und wird mit uns an ihm zerbrechen. Es ist keine charismatisch betörende Schauspielerleistung, Kammerer legt Paul dagegen als schnell gebrochenen und unsicheren Menschen an. Er lässt sich von anderen treiben, schwimmt dahin und ist immer nur ein Stück Holz im Fluss des Krieges. Diese Zurückhaltung wirkt langsam, aber mit der Dauer des Films bringt es uns diesen Mann, ganz ähnlich wie in der Vorlage, langsam näher und vor allem fühlt Paul sich so real an. Dem Helden typischer amerikanischer Filme kommt Albrecht Schuch als Stanislaus noch am meisten entgegen. Der bauernschlaue Auftritt ist das schauspielerische Highlight des Films, aber auch ihm gelingt es, den cleveren Soldaten mit so viel Schmerz und Tiefe auszustatten, dass er in die gnadenlose Handlung und das Konzept passt.
Das Problem der amerikanischen Anti-Kriegsfilme, wie zuletzt dem beeindruckenden 1914 von Sam Mendes, ist die Kreation von Helden. Immer haben wir da eine Figur, die sich entwickelt, Verluste einsteckt und dann irgendetwas oder irgendjemanden rettet. Ihr Leben und Sterben hat einen Sinn. Das Wesen des Krieges ist das aber selten. Sicher enden manche Kriege mit einem gerechten Ende zum Nutzen der Vielen aber dem einzelnen Soldaten bringt das trotzdem selten etwas. Der Erste Weltkrieg, mit seinen drei Millionen Toten allein in den Grabenkämpfen der Westfront, ist dafür ein gutes Beispiel.
Dem Film ist das bewusst und er ordnet diesem Wissen alles andere unter. Es ist nichts Heldenhaftes in den Toden dieser Soldaten, sie erreichen nichts, sie werden nicht verehrt, es werden keine Flaggen geschwenkt und das ist die Macht des Films. Dazu opfert er die alleinige Konzentration auf die Helden, ändert das Ende zum ahistorischen und bremst den Film brutal mit den Nebenhandlungen um Erzbergers Verhandlungen und einem fiktiven, karikaturistisch bösen deutschen General aus. Diese Szenen sind filmische Brüche und sie wirken pathetisch aufgezwungen, der Film wirkt so ein ums andere Mal ungelenk, zieht sich im Mittelteil in die Länge und baut Spannungsmomente zu langsam auf.
Man kann daher über den Erfolg erstaunt sein, aber die brutalen sinnlosen Kämpfe sind gut inszeniert, wirken weniger stilisiert wie die Szenen der Hollywood Konkurrenz und der Film trifft den Zeitgeist. Die eingefügten Szenen wirken in einem Land, in dem der deutsche Märtyrer Matthias Erzberger kaum einen Stand hat, übertrieben, geben aber einem internationalen jungen Publikum die notwendige Orientierung. Man vergisst leicht, wie tief die Dolchstoßlegende in das deutsche Unterbewusstsein gedrungen ist. Der biedere deutsche Film, pathetisch und lehrerhaft, steht hier in einem angenehmen Kontrast zu Eskapismus-Festivals wie RRR und der Heldenverehrung von Top Gun. Er adressiert das gleiche Publikum, aber in einem ernsten Tonfall und mit Menschen statt Helden im Mittelpunkt. Es ist damit ein kleines deutsches Wunder geworden.
Everyone is judging you! The Menu ist eine Satire über die Leistungsgesellschaft und ihre Servicekräfte, ein Film über Kunst, Künstler und ihre Sponsoren und es ist ein böser Film. Vielleicht will der Film nur spielen aber artig spielt er nicht. Es ist ein Fest für die Sinne und für die Schadenfreude, es ist ein Ritt in all die Schwächen des modernen Menschen. Es deckt sie auf, leuchtet sie an und brennt sie nieder. Es ist ein Film mit dem man Spaß hat oder vor dem man Angst hat, es ist kein Film der egal ist.
Anya Taylor-Joy spielt für uns die Protagonistin Margot, sie ist unser verwirrter Blick in eine fremde Welt der Spitzenküche. Sie blickt uns verwundert, wütend und verletzt an und wir können sie dafür lieben, diejenige zu sein, die für uns mitspielt. Sie hilft uns, dabei unseren Willen zu behalten, zu tun, was wir mögen, zu sehen, was wir sehen wollen. Ralph Fiennes als Chefkoch Slowik ist der Antagonist, der Mann der Dominanz ausstrahlt, der uns beeindruckt und uns Angst macht. Er füllt den Raum und drängt uns in die Ecke, er ist die Wut, die von zu vielem Bücken entsteht. Er ist ein Priester der Kirche der Askese an einem Ort der Völlerei, derjenige der uns zwingen will, der Kunst ins Auge zu blicken.
Aus der Sicherheit unseres Sessels heraus ist das eine Komödie, bemerkenswert gespielt aber auch wenn der Künstler es will, müssen wir uns nicht erheben. Fast so wie das reiche Eventpublikum im Film, was auch immer der Künstler tut, sie wollen nur konsumieren, mitmachen wollen sie nicht. Es ist eine passive Aufführung für jene, welche es sich leisten können. Sie machen einen Kult um die Küchenkunst und bleiben passiv, schwelgen in ihren Gedanken, drechseln Worte, planen Karrieren und huldigen dem Fetisch Kunst. Zum Genießen bleibt da keine Zeit, aber was wäre die Kunst ohne sie, wenn nicht ganz wortwörtlich brotlos?
So wird die Kunst zur Dienstleitung auch wenn die Künstler es nicht mögen. Wem gehört also die Küche den Dienstleistern oder dem Publikum? Das Publikum verlangt Perfektion und der Künstler kann das nicht liefern, das Publikum ist enttäuscht, das der Künstler nur Handwerk macht und der Künstler ist enttäuscht, dass er nur Handwerk machen darf. Produzent und Konsument sind im ewigen Kampf der gegenseitigen Enttäuschung vereint. „You eat less than you desire and more than you deserve.”
Es ist ein origineller Film über Perspektiven auf die Kunst, ein Film, der so selbst zur Kunst wird. Eine Kunst, die dabei erstaunlich gefällig des Weges kommt, mundgerecht, belustigend und glatt. Es ist eine Kunst, die für uns produziert wurde, die uns schmecken soll und uns ein bisschen was vom Status abgibt, den besseren Film gesehen zu haben. Besser als die vielen Cheeseburgerfilme da draußen, vielleicht dadurch euch ein kühler Film, ein sehr konstruierter Film aber einer mit dem Willen unsere Aufmerksamkeit zu verdienen, unsere ganze Konzentration einzunehmen für diese zwei Stunden. Mark Mylod der Regisseur hat es für uns angerichtet, damit wir es genießen und nicht nur herunterschlucken.
Die Sprüche sind cool, die Action kompetent gefilmt und das alles wird von einem überzeugenden Cast gespielt. Gerade die atemlose Geschwindigkeit der Handlung als Spiegelbild zum rasenden Zug ist das größte Pfund des Films. Leider will der Film ab der Mitte auch noch ein psychologisch nachdenkliches Werk in der Tradition der Tarantinofilme sein, was zu einem langatmigen und etwas aufgesetzt wirkenden mittleren Akt führt. Immer wieder wird die Handlung unterbrochen, um ein bisschen unverstandene japanische Philosophie einzustreuen. Der Film steht in diesen Momenten fast still, was ihm gar nicht gut bekommt. Ich persönlich mochte die "Wenn/dann" Konstruktionen, die von Scene zu Scene führen aber trotzdem, einfach weil sie fantasievoll gestrickt sind.
Worum gehts: Der Auftragskiller "Ladybug" gespielt von Brad Pitt soll im japanischen Shinkansenschnellzug einen Koffer klauen, was sich als schwierig herausstellt, weil der Zug voller anderer Auftragskiller mit sich überschneidenden Aufträgen ist. So ergibt sich ein Kampf jeder gegen jeden mit wechselnden Verbündeten, bis Endhaltestelle und Endgegner erreicht sind. Pitt spielt das gewohnt verpeilt und mit schönem Selbstmitleid weg. Der Rest der Besetzung ist ähnlich gelungen, besonders fetzt aber das wunderbar schrullige Duo Aaron Taylor-Johnson als Tangerine und Brian Tyree Henry als Lemon. Die beiden harmonieren prächtig.
Die beengten Szenen im Zug erzeugen ein kompaktes Spektakel, das viel Spaß macht und dabei mit wenigen Mitteln stylish aussieht. Das macht das Ganze zu einem lustigen, größtenteils schnell und amüsant inszenierter Actionfilm. Am Ende dreht der Film in seiner Action allerdings völlig frei bis auch der letzte Rest der Suspension of Disbelief aufgebraucht ist. Trotzdem wird auch hier noch der Fluss mit Betrachtungen und Diskussionen rund um einen falsch verstandenen Schicksalsbegriff unterbrochen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn mehr Japaner an der Umsetzung der japanischen Novelle beteiligt gewesen wären, um dem Zuseher etwas mehr Hintergrund zu vermitteln. So wirkt das dann leider etwas dümmlich und aufgesetzt. Alles in allem ist der Film aber okay und unterhaltsam, die Filmgeschichte wird man aber sicher nicht gleich neu schreiben müssen…
Glass Onion: A Knives Out Mystery dreht die Whodunitidee gezielt weiter auf, gibt dem fröhlich und entspannt aufspielenden Daniel Craig als Benoit Blanc mehr Zeit und macht alles noch ein wenig lustiger als beim letzten Mal. Das ist eine gute Idee und die funktioniert auch. Der Film liefert, was er verspricht. Das macht ihn insgesamt zu einem soliden Film, der seine zwei Stunden mit Style, popkulturellen Referenzen und schönen Urlaubsbildern füllt. Die Krimistory ist solide konstruiert und hat den Vorteil, dass sie am Ende des Filmes, gar nicht so wichtig ist.
Der Film lebt von Craig als Darsteller. Der hat sichtlich Spaß daran, sich in exzentrische Klamotten stecken zu lassen und seinen Hercule-Poirot-Akzent zu zelebrieren. Dazu hat man einen Cast an diversen anderen Stars versammelt, die mehr oder minder das Gleiche machen, sie leben sich aus, lassen sich gehen und haben Spaß am Film. Besonders ist das Edward Norton anzumerken, der den Milliardär Miles Bron mit vollem Einsatz spielt und mit Wonne dessen Dünkel und Blödheit ausstellt.
Das alles zusammen mit dem schönen Set Design und den tollen Klamotten gefällt mir. Leider ist der Film dabei aber wirklich nicht innovativ und unglaublich geschwätzig. Der ganze Plot wird gefühlt dreimal erzählt und gerne noch einmal wiederholt. Der Film vertraut dem Zuseher nicht wie früher die Auflösung erst am Ende eines Films zu bekommen, sondern erklärt die Geschichte Stück für Stück durch. Die offensichtlichste Referenz „Evil under the Sun“ erreicht er damit nicht.
Natürlich funktioniert die Satire, über den ganz bestimmt nicht Elon Musk (Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen sind absolut zufällig) trotzdem. Man freut sich als Zuschauer über dessen Dekonstruktion. Hat man früher noch gerne dabei zugesehen, wie die Perversitäten eines gut bürgerlichen Haufens braver Menschen langsam an die Öffentlichkeit gezehrt wurden, um damit dem Menschen vor dem Fernseher Befriedigung angesichts der wiederhergestellten Gerechtigkeit verschaffen zu können, ist es nun der ansonsten unerreichbare Milliardär, der hier als Objekt der Schaulust herhalten muss.
Gut fühlt sich das an, nett ist das gemacht, brav bleibt es in seiner Kritik und seinen Mitteln und so entsteht der moderne Weihnachtsfilm für die ganze Familie. Sicher ist das besser als eine Folge Inspector Barnaby aber unglaublich viel mehr traut sich der Film dann auch nicht. Es ist solide Unterhaltung.
RRR ist ein Action-, Drama, Comedy-, Liebes-, pseudo historischer Abenteuerfilm, indem das alles passiert und noch viel mehr. Es werden Kindheitsdramen aufgearbeitet und es wird mit Tigern gekämpft, es ist dabei die schönste homoerotische Liebesgeschichte seit Top Gun und der beste Actionfilm des Jahres nach Top Gun: Maverick. Der Film kann alles fast ein bisschen besser als Tom Cruise, selbst die Kriegspropaganda, die hier in Form von Geschichtsrevisionismus und indischem Nationalismus daherkommt. Es ist eine filmische Offenbarung und eine Erinnerung an Hollywood, das man sich wieder einmal ein bisschen mehr Mühe geben könnte als nur bekannte Schauspieler vor Greenscreens zu stellen und herumhampeln zu lassen.
Rama Rao als Komaram Bheem und Ram Charan als Sitarama Raju sind die Hauptdarsteller des Wahnsinns und sie stecken so voller Energie das die Energiewende in Indien eigentlich kein Problem mehr sein kann. Es sind Derwische tanzend, kämpfend und in einem Maße fröhlich overactet, das es wirklich Spaß macht. Die beiden leben diesen Film.
Es ist dabei ein umfangreicher aber simpler Film. Zwei sehr grob auf historischen Figuren basierende Männer zetteln beim Versuch, ein Kind vom englischen Gouverneur zu befreien, eine Revolution im britisch kontrollierten Indien der 1920er Jahre an. Eigentlich Feinde, dann Freunde, dann wieder Feinde, dann Verbündete, diese "Bromance" der beiden Männer bestimmt den Film über immer spektakulärer und wilder inszenierter Action inklusive eingestreuter Sing- und Tanzeinlagen hinweg. So entsteht ein Film größer als das Leben und damit auch als die historische Wahrheit. In seiner ganzen unbändigen Energie wirkt diese überbordende Testosteronwelle allerdings irritierend, wenn das auch über weite Strecken des Films im sehr schön anzuschauenden Bombast untergeht. Es ist ein Film zum Hirn ausschalten, eine Explosion aus Farbe und eine ständige Überforderung. Der Film ist immer in Bewegung und kämpft sich so von der englischen Kolonialherrschaft bis zum am Ende leider wenig subtilen indischen Nationalismus durch.
Es ist deshalb auch ein schwieriger Film in seiner ganzen Verweigerung von Reflexion: Brutale Gewalt, wechselt zu Tanzbattles, Musikeinlagen zu Folterszenen, zärtliche Liebesszenen gehen fließen zu harter Gewalt an Frauen über. Die berechtigte Kritik am englischen Kolonialismus verkommt dann auch zum selben Einheitsbombast, ohne dabei mehr Wirkung zu erzeugen als der Kampf gegen Tiger oder die Schwerkraft. Es ist eine Machtphantasie, in der jeder seinen Platz zugewiesen bekommt, ganz unten bleiben die einfachen Menschen, seien sie Engländer oder Inder, sie sind alle Kanonenfutter oder diejenigen, die von beiden Seiten verprügelt werden, damit am Ende die nationale Einheit siegen kann. Es ist eine Achterbahnfahrt nach oben und unten und so bleibt das ungute Gefühl zurück, sich ein bisschen schmutzig gemacht zu haben beim Zusehen.
Was macht man nun daraus? Der Film ist definitiv sehenswert, schon um mal wieder Kino zu bekommen, wie es aus Hollywood leider verschwunden ist. Man kann den Film als sorgenloser Mitteleuropäer dann auch ganz entspannt voll ironisch als übertriebene Parodie genießen, das gibt der Film her. Man muss dann aber auch dem Pathos die Ernsthaftigkeit absprechen und ich fürchte, einiges davon ist ernst gemeint. So bleibe ich zwiegespalten, aber es waren definitiv unterhaltsame drei Stunden. It really is a guilty pleasure…
„Gott ist tot und das Leben insgesamt sinnlos. Wir leben in einer hoffnungslosen Welt und tun dennoch so, als hätte alles einen Sinn.“ So muss es sich anfühlen, wenn einem der beste Freund, vielleicht der einzige wirkliche Freund, die Freundschaft kündigt. Einfach so, ganz direkt, zu blöd, zu langweilig, zu simple, sei man und weitere Kommunikation nicht nützlich und daher auch ganz explizit nicht mehr erwünscht. Es ist eine Kriegserklärung an den Freund, ein Moment in dem Bürgerkriege beginnen, die Hexen frohlocken, die Priester gefragt werden, Frauen vermitteln sollen und nur die Esel unschuldig bleiben. Es ist eine einfache Prämisse und so viel mehr, ein Film über die Angst vor der Sterblichkeit, über den Sinn des Lebens und über Freundlichkeit.
Colin Farrell spielt Pádraic, den einfachen Bauern auf einer kleinen irischen Insel mit einfachem Leben, einfachen Freuden und kleiner Weltsicht. Es ist eine Sensation, wie Farrell diese Figur zum Leben erweckt, ohne Verurteilung und in ganz kleinen Nuancen liebevoll und sympathisch. Er erweckt einen Menschen als einfache, aber komplexe Figur, die sich dabei unglaublig lebendig anfühlt. Jeder Moment mit ihm ist das Eintauchen in einen fremden Menschen, der Oscar für die beste männliche Hauptrolle 2023 ist aus meiner Sicht vergeben. Dazu kommt die berührende Chemie, Rivalität und Eifersucht mit Brendan Gleeson als kunstsinnigen Geiger Colm. Es ist ein schrecklicher Tanz, den die beiden aufführen. Gleeson mit düsterem, von Verzweiflung gezeichnetem Antlitz und einer tiefen Grausamkeit, deren Kraft der Todesangst entspringt. Die beiden wiederholen und toppen dabei ihre Zusammenarbeit aus dem Kultfilm „In Bruges“.
Aber um diesen Film zu beschreiben, kommt man nicht umhin zwei der besten Nebendarsteller des Jahres zu nennen: Barry Keoghan, der den Narren und traurigen Helden der Geschichte Dominic spielt, ist eine Urgewalt in seiner Spiellaune, in seinen Manierismen, in seiner Verzweiflung und der überbordenden anstrengenden Fröhlichkeit. Er ist ein Genie, der einen Narren spielt. Dann wäre da noch Kerry Condon als Pádraics Schwester Siobhán, die der Vernunft ein Gesicht gibt. Sie spielt mit unterdrückter Wut und großer Entschlossenheit eine Frau, die eine Entscheidung treffen muss. Es ist viel Härte in dieser Figur und trotzdem verleiht Condon ihr eine zarte Verletzlichkeit, die es erst möglich macht, ihr so nahe zu kommen.
Es tobt ein Bürgerkrieg in Irland und niemand auf Inisherin scheint zu wissen warum. Wie das mit den Bürgerkriegen so ist, da hat jemand eine Entscheidung getroffen und der Nachbar eine andere und nun geht es aufs Blut. Es ist ein Spiegel für diese Freundschaft, in der Colm in Angst um sein Vermächtnis die Freiheit wählt und damit das Gegenteil der Höflichkeit. Ist Höflichkeit nicht auch ein Entgegenkommen und Freiheit eine dauernde Konfrontation, hört die eigene Freiheit nicht immer dort auf, wo die Freiheit des anderen beginnt? Und was ist mit Empathie? Colm und Pádraic ringen um die großen Fragen, während Dominic sich selbst überlassen bleibt. Das große Unglück im Film hat nichts mit Colms Fingern zu tun, es das Leben der anstrengenden Menschen, die ihren Weg alleine gehen müssen, obwohl die anderen nun wirklich nicht viel besseres zu tun hätten, als einmal richtig zuzuhören…
Der Film zeigt uns Menschen, die raus müssen aus der Gleichförmigkeit, die sich emanzipieren müssen vom Land, von der Insel und von der Freundlichkeit. So werden ihre Entscheidungen zum Kampf mit dem, der das alles bewahren will. Die Tragik dieser schrulligen Wesen auf dieser kleinen Insel ist zum laut auflachen komisch, es ist ein dumpfes Lachen, das durch das Kino hallt aber es ist ein Lachen von dem alle Zuseher wissen, dass es sich in Entsetzen verwandeln wird. Wenn Menschen Entscheidungen treffen, können sie sehr konsequent an ihrer Umsetzung arbeiten. So konsequent, dass auch ihr eigenes Leid dazu dient, mehr Leid im Gegenüber zu erzeugen. Es ist der Grund, warum Kriege erst enden, wenn völlige Erschöpfung eingetreten ist und alle Unschuldigen Tod sind. Es ist eine Lehre darüber, dass es ohne das Gegenüber nicht geht, es gibt immer die Möglichkeit wegzugehen, aber es gibt nicht immer die Möglichkeit sich durchzusetzen.
Vielleicht trägt der Film zu dick auf, ist der Humor zu grob und die Kriegsanalogie zu einfach. Vielleicht hätte ich keine Hexe gebraucht und vielleicht hätten es auch ein paar Minuten weniger sein können, aber die Kraft des Films ist unbestreitbar. Es ist eine schreckliche Tragödie mit meisterlich konstruiertem Skript, das keinen Ausweg lässt aus dem Drama außer der Flucht. Es ist eine blendende Welt aus grünen Wiesen und dunklen beengten Räumen des einfachen Lebens. Ich kenne den Sinn des Lebens auch nicht, vielleicht liegt er wirklich nur im biergetränkten Kneipengespräch, vielleicht im musikalischen Vermächtnis oder einfach nur darin, dass man einmal geliebt hat und geliebt wurde. Jedenfalls liegt er nicht darin, unfreundlich zu werden, denn in der Kälte ist noch nie viel gewachsen. Seid nett zueinander. I loved it after I overcame my melancholy….
Mit „the Northmen“ legt Robert Eggers seine Hamlet Variante vor, die naturgemäß schmutziger, direkter, brutaler und intensiver ausfällt als die bieder betulichen Shakespeare Verfilmungen von Kenneth Branagh. Es ist ein visuell beeindruckender Film mit hervorragender Besetzung geworden, der eine epische Sage über Rache und Schicksal erzählt. Es ist aber auch ein Stück geworden das an der Oberfläche bleibt, das den Texten nichts hinzuzufügen hat, dass sichtlich eher die alte dänische Sage umsetzt als die durchdachtere und tiefsinnigere Bearbeitung von Shakespeare.
Aber einmal Stück für Stück. Alexander Skarsgård spielt Amleth, den Sohn eines Königs, der von seinem Bruder ermordet wird und er spielt den Amleth voller Körperlichkeit, mit offener Wut, mit Schmerz im Gesicht und beeindruckender Präsenz. Alle anderen Figuren sind im Prinzip nur Nebenfiguren, die aber durchweg passend und hochkarätig besetzt sind. Nicole Kidman als Königin und Mutter Gudrún hat nur eine große Szene, ist in diesen Minuten aber eine Urgewalt des Schauspiels, dieser Moment der Konfrontation mit Amleth ist es allein schon wert den Film zu sehen. Anya Taylor-Joy als Gefährtin und Geliebte Olga, hat leider wenig zu tun, macht das aber überzeugend kühl und intensiv. Kleiner shoutout an den fünf Minuten Auftritt von Ethan Hawke als König und Vater Aurvandill, ich habe selten Auftritte gesehen in denen in so kurzer Zeit so viel Präsenz erzeugt wurde.
Dieser Film ist ein Lichtwunder, die Landschaften sind fantastisch, die vielen Szenen im Mondlicht und im Schein der Lagerfeuer sind eindringlich und überwältigend. Es ist eine wunderbare Cinematography in Kombination mit einem eindrucksvollen Score. Warum also hat noch immer nicht jeder diesen Film gesehen? Warum ist das kein Hit? Wieso regnet es keine Filmpreise?
Na, ja meiner Meinung nach, weil der Film keine Zielgruppe hat. Der Trailer versprach einen Actionfilm aber das ist nun einmal kein Actionfilm. Es gibt diese eine große Schlachtszene und der Rest sind kleine brutale Interaktionen, die aber durch lange mystische Passagen unterbrochen werden. Allein seine finale Rache zieht sich von Szene zu Szene, wird immer wieder verschoben und endet dann zersplittert, gespalten, nach dem Happy End und erwartbar. Für Shakespeare Fans dagegen ist das einfach zu flach. Amleth hat nichts zu sagen, er hat seine Rache, er glaubt scheinbar an die Weissagungen aber er erzählt uns nichts darüber. Er ist ein tumber Held der handelt aber nichts erklärt, der keine Tiefe hat, der dumme Entscheidungen trifft, ohne dass wir es verstehen. Vielleicht soll das Eggers Vorstellung davon sein, wie Menschen damals dachten und handelten, aber dafür fühlen sie sich nicht lebendig genug an.
Das ist auch der Kern des Problems: Niemand fühlt sich lebendig an. Der Film hat etwas Künstliches in seinem Versuch real zu wirken. Er wirkt, wie ein Theaterstück mit Theaterfiguren die brutale Sachen machen, um den Zuschauer zu schocken. Nur warum sollte man geschockt sein? Der Bösewicht ist der Gute in der Geschichte, Amleth ist derjenige der den Kreislauf der Gewalt am Laufen hält. Wo ist hier derjenige der das Rad brechen will, anstatt es weiterzudrehen? „Der Name der Rose“ hat uns in die Gedankenwelt von Menschen geführt, die vor Hunderten von Jahren gelebt haben, "the Northmen“ führt uns in eine historisch akkurate Ausstellung über Wikinger und zeigt uns dort deren Grausamkeit. Über die Menschen selbst erfahren wir aber nichts, es ist schöne Oberfläche ohne jeden Einsatz. Sehenswert finde ich den Film trotzdem, aber ein Meisterwerk ist es leider nicht geworden. It's not enough to be the man who never cries.
Will Sie repariert werden? War sie vorher überhaupt ganz? War irgendetwas in Ordnung? Charlotte Gainsbourg spielt die namenlose gebrochene Frau und Willem Dafoe ihren ebenfalls namenlosen kontrollierten und ruhigen Mann. Die Situation ist also absolut klar, hier ist die Hysterie und da ist die Vernunft. Auf der einen Seite ist jemand der heilt und dort ist jemand der geheilt werden muss. Wir kennen alle diese Therapie- und Arztfilme und wissen wie es ausgeht, wir wissen wer letztlich Hilfe annehmen muss und wer geheilt wird, um wieder ein angepasstes Mitglied der Gesellschaft werden zu können.
Während des Sexes bleibt ein Kind unbeobachtet und fällt aus dem Fenster. Die Frau ist in tiefer Trauer versunken aber ihr Mann bleibt ruhig und realistisch. Da er selbst Therapeut ist, will er seine Frau selbst behandeln und beginnt eine Konfrontationstherapie in einer Waldhütte, in der die Frau mit dem Kind vor einiger Zeit versucht hat ihre Dissertation zu schreiben. Ich glaube, man verrät kein Geheimnis, wenn man sagt, dass die Therapie nicht gut ausgeht. Wie sollte sie auch, da ist die Frau voll von Schuld, von Trauer, von bereits vorher vorhandener Überlastung und da ist ein Mann, voll von Selbstbewusstsein, professioneller Ruhe und Kontrolle. Sie wirkt mädchenhaft gegen ihn, wenn er sie hegt und pflegt und versucht sie wieder zu reparieren.
Die Frau dagegen versucht den Schmerz mit Sex, Erregung und Gefühlsausbrüchen zu überwinden, kämpft mit ihm dabei um die Dominanz, aber hier kann sie nicht gewinnen. Stattdessen führt er sie Schritt für Schritt in Konfrontationen mit ihren Ängsten und Schuldgefühlen, um sie effektiv durch alle Stufen der Trauer zu bekommen. Nur die Natur will nicht so richtig mitmachen, eine kranke Füchsin verfolgt ihn, ein Reh mit halb geborenem Kitz raschelt im Gebüsch und schließlich ist da noch die elendige Krähe, die ihn einfach nicht in Ruhe lässt, den armen Mann. Wer ist schuld an dieser Katastrophe? Er ist ein guter Mann, der das Beste will, aber nicht alles lässt sich mit dem passenden Schraubenschlüssel in Ordnung bringen.
Es ist ein brutaler psychosexueller Horrorfilm in dem Gainsbourg und Dafoe brillieren. Es sind schauspielerische Leistungen außerhalb des normalen Rahmens, diese Beiden leben die Rollen und leben die Geschlechter für die sie stellvertreten. Der Film zeigt eine Revolution, einen gnadenlosen Aufstand gegen die herrschende Ordnung und er zeigt damit eine Frau als die pure Enttäuschung des Mannes. Eine Frau die sich einfach nicht reparieren lassen will, eine Frau die nicht passt, die seinen Erwartungen nicht gerecht wird und dann auch noch hysterisch wird. Wie kann sie es wagen?
Der Film ist ein feministisches Manifest über die Dynamik eines Aufstands der ausgeht wie Aufstände häufig ausgehen. Der Zuseher sollte sich daher die Frage stellen wie es zum Aufstand gekommen ist. Wir sehen zwei Opfer die ihr Bestes geben den Strukturen und Zwängen ihres Lebens gerecht zu werden und die beide scheitern. Es ist ein Drama über Erwartungen und die Gefahr daran zu zerbrechen, ein Pamphlet für mehr Erwartungsmanagement, für mehr Ruhe, für eine gerechtere Verteilung von Pflichten und für Anerkennung; Ach und es ist ein Meisterwerk…
Passengers ist ein schöner Film, das Raumschiff sieht großartig aus, die Innenräume sind beeindruckend und futuristisch gestaltet, das Licht ist schön, die Effekte gut und die Cinematography insgesamt gelungen. Ich liebe das gesamte Design der Welt. Die Musik ist ein bisschen zu dick aufgetragen, aber für diesen Liebesfilm passt sie. Und die Story Idee ist faszinierend, natürlich ein bisschen arg konstruiert aber die Idee, Alleine für 90 Jahre auf so einem Schiff zu sein, ist gruselig und spannend. Was uns zum Kern des Films bringt, der Interaktion der beiden Hauptcharaktere.
Chris Pratt spielt Jim Preston, einen Mechaniker der 90 Jahre zu früh geweckt wird und nun nur in Gesellschaft eines Barroboters auf dem Raumschiff herumschlumpft. Pratt spielt den leicht schlunzigen, aber grundguten Typen überzeugend. Vielleicht fehlen ihm ein bisschen die Nuancen, um seine Entscheidung Aurora aufzuwecken, richtig überzeugend zu machen aber die Verzweiflung am Selbstmordknopf nimmt man ihm ab. Und dann ist da eben Aurora Lane gespielt von Jennifer Lawrence, die aufgeweckt wird und sich langsam in Jim verlieben soll. Das macht Lawrence gut, die Stimmung ist überzeugend und die beiden haben Chemie gemeinsam. Die plötzliche sexuelle Energie kommt etwas übertrieben rüber aber, mein Gott ist ihre Wut und Enttäuschung brillant überzeugend gespielt.
Warum also ist dieser Film kein Hit, warum ist er fast vergessen und warum bekommt er so schlechte Noten? Nun weil er keine Eier hat. Es ist ein feiger Film, der eine starke, brutale und spannende Prämisse hat aber damit nichts anderes anstellen will als eine nette kleine Liebesgeschichte mit zu viel Aufwand zu erzählen. Es ist eine leicht überdurchschnittliche RomCom ohne Ambitionen. Das allein ginge noch an aber dies steht im krassen Gegensatz zu der brutalen Grundidee, dass Jim hier eine Frau mit der er bis ans Ende seines Lebens allein zusammenleben will, betrügt und um ihr Leben bringt. Im Angesicht der Größe dessen ist die seichte Liebesgeschichte einfach zu wenig.
Der dritte Akt ist so ein Reinfall, aus Auroras Wut wird nichts gemacht. Plötzlich ist da wieder Liebe und plötzlich will auch sie mit ihm alt werden. Sie hätte die Wahl, sie könnte wieder einschlafen, sie könnte weiterleben und das mit einer guten Story im Gepäck. Ja verdammt man weiß gar nicht, warum sie ihn überhaupt so dringend retten will, ist das noch bedingungslose Liebe oder schon ein Stockholmsyndrom? Die Story baut sich den ganzen Film hin auf und fällt dann wie ein Soufflé im Herbstregen in sich zusammen. Was hätte man alles machen können, die Geschichte als Psychothriller aufbauen, indem man den Film allein aus Ihrer Sicht erzählt, es hätte ein intensives Beziehungsdrama werden können und gut, wenn es ein Liebesfilm der Marke Titanic sein musste, sei es so, aber warum hat das Ende dann keine Konsequenzen?
Es ist trotzdem ein Reizvoller, weil ungewöhnlicher Film aber leider leider ansonsten in allem zu wenig. Rmpf.
“If I don’t do anything this place will burn down, and all my anxiety will go away with it.”
Es ist eine Actionserie, eine Actionserie in einer Küche. Ja, einfach nur Action in einer Küche und dabei so aufregend wie gute Action nur sein kann. Die Serie ist nah dran an den Protagonisten, verfolgt sie, klebt an Ihnen, an ihrer Arbeit, an ihrem Essen, labt sich an ihrem Schmerz und feiert ihre kleinen Siege. Einige Folgen erschöpfen den Zuseher, stressen ihn und gaben ihm dann Erlösung. Eine Erlösung, die sich so gut anfühlt. Und natürlich ist das manipulativ, in dieser Küche herrschen toxische Arbeitsverhältnisse und die Erlösung kommt daher irgendwie einem Stockholmsyndrom gleich daher aber genau das ist, was „the Bear“ erstaunlich wirkmächtig macht.
In all dem Lärm brilliert Jeremy Allen White als tief gebrochener Chefkoch "Carmy" Berzatto, jeder Blick von ihm ist Schmerz und daher ist auch jede kleine Hoffnung in seinem Leben eine so große Erleichterung. Er schafft es, in der ganzen Toxizität ein sympathischer Charakter zu sein. Ganz im Gegenteil zum Schmerz in Menschengestalt Ebon Moss-Bachrach als "Richie" Jerimovich, eine solche Nervensäge sieht man selten und noch seltener eine mit der man so viel Mitleid haben kann. Die Energie die Bachrach hier einbringt, ist phänomenal. Aber vielleicht wäre das alles unerträglich ohne die wunderbar sympathische Ayo Edebiri als Sydney Adamu, die Frau die so nachvollziehbar eskalieren kann. Oh mein Gott, was leidet man mit ihr mit und wer hätte nicht irgendwann das Messer gezogen? Insgesamt ist das Ensemble gut und geschickt zusammengestellt und agiert gekonnt und glaubwürdig in der beengten Küchenwelt.
Am Ende ist es trotzdem nur eine kleine Serie, die etwas abrupt in ein Happy End fällt aber den Kern, dessen was sie will, macht sie brillant. Dem Stress in dieser Küche kann man so schnell nicht entkommen und das macht die Serie zu einem Kleinod ohne ganze große Berge zu erklimmen. Es ist schön, dass so etwas heute entstehen kann, das Geld dafür da ist, dass sich Schauspieler und Produzenten dafür finden eine Geschichte aus und über Chicago und aus und über die Plackerei im Restaurant zu erzählen. Es ist eine absolute Empfehlung für den stressresistenten Zuseher.
“But then you put the fire out…”. Die Welt für einen Feierlöscher
“I have seen things you wouldn't believe!” Es ist wieder eine Verfilmung, des unverfilmbaren Buchs Dune aber dieses Mal eine ohne große Ecken, ohne Voiceover, ohne flackernd verwirrte Gedanken. Dieses Mal ist es eine stringent und geradlinig erzählte Geschichte, eine wirklich konstruierte Welt und ein grandioses Erlebnis. Villeneuve hat eine unglaubliche Welt geschaffen, in dieser Größe und Detailliebe ein unfassbares Seherlebnis.
Jedes Ding in einer völlig fremden Welt zu kreieren, ist eine große Aufgabe, die hier gelingt, von der brutalistisch minimalischen Architektur, den strengen Uniformen bis zum Design gelebter Technologie und den gigantischen Sandwürmern. Es ist ein Erlebnis, das in jedem Detail Größe vermittelt, man fühlt sich außerhalb der Erde in tatsächlich fremden Welten und ist klein dagegen, so klein wie ein Mensch es nur sein kann. Ich habe noch keine künstliche Welt gesehen, die sich so real anfühlte. Es ist eine Welt zum Staunen.
Der Film muss viel Exposition stemmen aber die Bilder geben der Erzählung so viel Spannung, dass dies tatsächlich gelingt. Einen großen Teil dazu tut ein großartiger Timothée Chalamet als Paul Atreides, der genial den intelligenten, aber unsicheren Jugendlichen gibt, mit einem von Zweifeln zerfressen Angesichts manchmal starr vor der Größe seiner Aufgabe ist. Man hat ihn zum Erlöser gemacht, er soll Opium für das Volk der Fremen sein, um diese, im Gegensatz zu früher, effektiver ausbeuten zu können. Aber er erkennt das religiöse Elend als den Seufzer der Bedrängten und hat dementsprechend sichtlich Hemmungen vor seiner Aufgabe.
Zu Seite steht ihm eine kühl aufspielende Rebecca Ferguson, die als seine Mutter Lady Jessica vor einem ähnlichen Dilemma steht, die ihr gesteckte Aufgabe ihres religiösen Ordens mit dem realen Leben und der Liebe zu ihrer Familie zu vereinen. Eine unlösbare Aufgabe, die dem Film die Dramatik verleiht. Perfekt inszenierte Massenschlachten und ein fantastisch böser Stellan Skarsgård runden den Film ab. Dazu hämmert der beste Hans Zimmers Soundtrack des letzten Jahrzehnts, Musik und Sound gehen Hand in Hand und schaffen eine fantastische audiovisuelle Atmosphäre voller Bedrohung und Fremdheit.
Die epochale Aufgabe liegt aber noch vor Villeneuve, denn der wahre Storyberg bleibt für den zweiten Teil. Er muss es noch zu Ende bringen, um ein Meisterwerk zu schaffen. This is just the beginning!
Dune von David Lynch ist ein traumhafter Film. Seine ganze Handlung wird geflüstert und ergibt für nicht Buchleser kaum einen Sinn. Buchleser dagegen werden sich über Verkürzungen, Auslassungen und die überzogenen Comicbösewichte ärgern. Es ist ein Film, der Niemanden glücklich macht und doch eine magische Anziehung besitzt, der man sich schwer entziehen kann. Der ganze Film wirkt wie Erinnerungsfetzen an eine größere Geschichte, als wenn einem immer mal wieder irgendetwas großartiges durch den Kopf geht, einem ein großes Bild vor dem inneren Auge steht, man einen großen Satz wiedererkennt, sich das Ganze aber niemals zu einer kohärenten Erzählung zusammenfügt. Solange es die eigene Erinnerung wäre, könnte das ein interessantes schwelgen darin sein aber so fühlt es sich an wie ohne Kompass durch Erinnerungen fremder Leute zu wühlen.
Der Film hat dabei einen imponierenden Score und schwelgt immer wieder in fantastischen Bildern, nur schwankt die Qualität hin und her, großartige Kulissen wechseln mit schrecklichen Greenscreen Momenten und wunderbare Landschaften wechseln zu amateurhaft schlechten Weltraumbildern. Es ist ein Chaos an Eindrücken. Die Kostüme und Frisuren sind dagegen immer noch bezaubernd und Dinge wie Stings Flügelunterhose kann man heute bedenkenlos zur Popkultur zählen. Und wo wir von Sting sprechen: Sting spielt Feyd-Rautha, einen der grausamen Neffen von Baron Harkonnen und ist dabei kaum im Film, hat aber einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Vielleicht weil er einer der wenigen ist, die zum Film passen wollen. Er overactet gnadenlos und passt damit wunderbar in das rauschhafte Durcheinander des Films.
Das steht ganz im Gegensatz zum Hauptdarsteller Kyle MacLachlan, der Paul Atreides spielt. Der wirkt so steif wie kaum ein Schauspieler jemals zuvor. Sein ganzer Auftritt ist ein Debakel, die Figur wirkt, als hätte man ihr einen Kleiderbügel in die Klamotten genäht und ihm gesagt er solle einen kaputten Roboter darstellen. Man kann es kaum glauben. Es hilft auch nicht, dass man seinen Beziehungen, Freundschaften und überhaupt allen persönlichen Handlungen kaum Zeit gibt. Es wird keine Liebesbeziehung etabliert, keine Freundschaften, einfach nichts. Wir sollen diesem steifen Aristokraten emotional folgen, obwohl er nichts Menschliches an sich hat. So machen die Bösewichte des Films, die Harkonnen, mehr Eindruck als die ganze Truppe der Atreides, deren Namen sich wohl sowieso niemand bis zum Ende des Films merken konnte.
So sehen wir viele Menschen langsam durch Türen und dann Treppen hinunterlaufen aber erfahren nichts über ihre Beweggründe außer geflüsterten Innenansichten aus dem Küchenabrisskalender. Wir sehen einen Autounfall von Film, der seine ganze Schönheit aus der Absurdität zieht, den aber niemand gelassen hat das auf Maximum zu drehen. Dune wird hier zu einer Karikatur auf Fantasyfilme, hat aber keinen Humor dabei und ist heute leider nur noch als guilty Pleasure zu ertragen. Schade drum.
Puh, da haben wir ihn den Alien Film der beim Genre bleibt. Wieder haben wir einen Hard-Science-Fiction Film aber hier mit stärkeren Einflüssen der ersten zwei Teile. Das geht so weit das ganze Szenen kopiert werden, die Musik referenziert wird und dass der Film versucht ganze Spannungsbögen des ersten Teils nachzuahmen. Ohne Frage geht das alles schief. Der Film wirkt nie als hätte er Interesse daran ein herkömmlicher Action- oder Horrorfilm zu sein. Er wiederholt Ideen, versucht diese Actionreich zu gestalten, versucht sich an Bodyhorrorelementen und gibt den Aliens mehr Raum, kann aber dabei kaum verbergen, das es ihm um Anderes geht. Der Film hat eine Botschaft und die dreht sich um Religiosität, um die Frage was ein Mensch ist und ob er nach Erkenntnis streben kann ohne in den Augen seines Schöpfers zu fallen. Kann ein Schöpfer bleiben, wenn seine Schöpfung ihn nicht mehr fürchtet?
“There is so much here that doesn't make much sense.”
So ist es ein Film der keine Menschliche Hauptfigur mehr hat, ein Film dem ein souveräner Held fehlt ja dem jeder Souverän abgeht. Seine Menschen stolpern hilflos durch eine Welt, die sie nicht verstehen, sie versuchen zu überleben sind aber nur Idioten im Vergleich zur künstlichen Intelligenz und der genetischen Optimierung der Aliens. Die menschliche Hybris Dinge und schlussendlich Wesen zu erschaffen, die Ihnen überlegen sind, ist das Thema des Films. Wir sehen Menschen Slapstickhaft vereinzelt sterben. Sie werden zerrupft wie Hühnchen und verheddern sich in ihre eigenen Schwächen. Die Pärchen auf dem Schiff sind zu kühler Führung nicht in der Lage, niemand hat die Fähigkeit und die Weitsicht ein Raumschiff mit zweitausend ihrer Artgenossen zu führen. Es ist ein Abgesang auf den Menschen.
“Watch me! I'll do the fingering.”
Es ist stattdessen ein Film über die Androiden David and Walter, beide brillant gespielt von Michael Fassbender. Es sind diese Figuren welche die Zukunft der Menschheit verhandeln. Sie verhandeln über die Frage was Schöpfung ist, welchen Respekt man vor den Schöpfern haben muss und wer letztlich überleben wird. Auch wenn Walter sich noch einmal auf die Seite der Menschheit stellt, ist die Sache in diesem Film längst entschieden. Die Schöpfer sind sterblich, ihre Kreaturen nicht.
Das ist beeindruckend dargestellt in einer faszinierenden Welt von entsättigter Farbe und hätte ein Lehrstück des Science-Fiction Films werden können, wenn es nicht so ein Bullshit wäre.
Zuerst einmal will in diesem Film keine Spannung aufkommen. Das liegt primär an den fehlenden Regeln nach denen hier Aliens entstehen, wenn etwas durch die Luft kommt ist keine Abwehr möglich und so ist jeder Widerstand eh nur konturiert. Dazu fehlen intelligente und nachvollziehbare Charaktere mit denen wir mitfiebern können. Es gibt sie nicht, denn der Film interessiert sich nur für David. Das Alien dagegen war spannend als es geheimnisvoll im Schatten lauerte, nun auf dem Dach eines Raumschiffst wird einem aber klar was für ein Quatsch das alles ist. Der religiöse Kram wirkt aufgesetzt und weltfremd. Eine Zivilisation die zu den Sternen reist aber keine Haltung zur Kybernetik entwickelt hat und deren Androiden daher fremde Zivilisationen vernichten können? Das kann man konstruieren, nur glauben muss man es nicht und wenn man es nicht glaubt, wird der Grundkonflikt des Films genauso unglaubwürdig.
Es ist ein Film zum hassen, es ist ein antiaufklärerischer Film, ein Science-Fiction Film ohne Vision für die Menschheit. Es ist ein Stück hübsch inszenierte Leere.