ElMagico - Kommentare

Alle Kommentare von ElMagico

  • 8

    Diesen Film wollte Stanley Kubrick wohl mehr als all seine anderen Werke machen. Für sich, sein Ego, seine Zufriedenheit. Ein schwelgendes, langes Stück Film, welches einen nie packt, nie mitreisst, sondern einen nur zärtlich streichelt. "Barry Lyndon" lebt von sein Optik, seiner hinreissenden Inszenierung. Die Geschichte, ja, die ist dazu im Vergleich fast vernachlässigungswürdig. Keine Provokation, keine Fragen werden aufgeworfen, einfach nur eine Geschichte erzählt und sich in Schönheit gewälzt.
    Die oberen 10.000 des 18. Jahrhunderst sind eigentlich nicht so meine Sache, egal ob nun bei Filmen oder Büchtern. Irgendetwas hat diese Zeit die ich nicht mag, vorallem eben wenn es um den Adel und Artverwandtes geht. Und auch "Barry Lyndon" konnte mich bei meiner bisher einzigen Sichtung nicht sonderlich überzeugen. Imposant auf alle Fälle, aber doch so bieder und viel zu lange. Gestern konnte ich jedoch ein gewissen Schritt auf den Film zu machen, wohl weil ich eben nicht mehr die Erwartungen an einen fesselnden Film hatte. Seltsamerweise tat er das aber plötzlich doch, sog einen auf und bot eine ganz ander Art des Genusses. "Barry Lyndon" wirkt wie ein Museum zum anfassen, eine Geschichtslektion die nicht langweilt und die vieles vermitteln kann, woran Wörter, Töne und Bilder oft scheitern. Diese setzt so akribisch und doch voller Liebe so zusammen, dass dieser Film jeglichen Bezug zur jetzigen Zeit verliert. Da ist nichts offensichtlich modernes mehr, nichts vordergründig aufsehenerregendes. Konzentriert, aber mit der nötigen Hingabe malt Kubrick ein mehr als nur stimmiges Bild des 18. Jahrhunderts. Und eben wie ein klassischer Maler geht er hier sehr langsam, sehr vorsichtig zu werke. Jeder Strich ist tausendmal überdacht, jeder kleinste Punkt Farbe gehört genau dorthin wo er ist. Das Ergebnis ist leichtfüssig, oppulent und von einer eleganten Grazie, welche die harte Arbeit die dahinterstecken muss, kaum erahnen lässt.
    Am Ende lässt man sich auch gern von der Geschichte des Redmond Barry entführen, diesem tragischen, aber nicht humorlosen Schicksal eines eher unsympathischen jungen Mannes. Seinen Platz in der Filmhistorie nimmt "Barry Lydon" jedoch aufgrund seiner genialen Inszenierung ein, bei der man ähnlich wie bei "2001: A Space Odyssey" Zeit und Raum vergisst, sich in anderen Welten befindet. Abgesehen davon, dass mir der Weltraum einfach lieber ist als das 18. Jahrhundert, fehlt "Barry Lydon" aber die inhaltliche Tiefe, diese aufwühlende Erlebnis, welches Kubricks Weltraum-Oper fast zu jeder Sekunde versprüht.

    22
    • 9

      Ein Verführer und ein Rattenfänger ist "A Clockwork Orange". Eine betörende Abscheulichkeit und unerträgliches aufzeigen der Zwiespältigkeit des modernen Lebens. Modern life is war.
      Und ich könnte mich nicht im geringsten dazu äußern, welche Position Kubrick hier einnehmen will. Er entzieht sich allem. Er hat zwar Blut an den Händen, man kann ihm aber nichts vorwerfen. Er verführt uns mit traumhaften, skurrilen Bildern, einer seltsamen, fast schon Post-Apokalyptischen Atmosphäre und lässt uns mit all den Fragen alleine. Mit den Widersprüchen und Zweifeln. Oder ist das vielleicht schon alles egal? Passt vielleicht Post-Society besser als Post-Apokalyptisch?
      Das erzeugt Schmerzen im Bauch, diese Unentschlossenheit zwischen Genuß und Abscheu. Es erzeugt Kopfschmerzen, dieses finden der Pros und der Contras. Auf beiden Seiten. Nicht richtig was mit Alex gemacht wird, nicht richtig was Alex macht. Was wiegt hier was auf? Was ist wichtiger? Ich könnte mich jetzt noch nicht eindeutig entscheiden.
      Es ist nicht das gezeigte (wobei ich nie im Leben Vergewaltigungen gern sehen werde) das hier so schockiert, so anstrengt, es ist dieses Dilemma, dass einem die Antwort fehlt auf das. Hinter seiner perfekten Schönheit aus Bildern und Musik, seinen Farben und Muster, seinem Tanz der Gewalt, ist "A Clockwork Orange" ein so subversiver und zersetzender Film. Es scheint so Auswegslos, eine Einbahnstraße. Kann man auf schlechtes nur schlecht reagieren? Wie weit will und kann man damit leben? Wie weit mit eventuellen Konsequenzen? Wie würde ich als Opfer denken? Als Täter?
      "A Clockwork Orange" ist aber auch ein Blender, ein visuelles Spiel mit unseren Sinnen. Wie sehr kann ich den Menschen beeinflussen, wie sehr kann ich den Zuschauer zu Alex machen? Während dieser allerschlimmste Bilder sich ansehen muss, ist der Zuschauer Teil des anderen Experiments. Wenn ich schlimme Bilder wunderschön mache, wieviel schlimmes bleibt dann zurück? Wie weit kann ich den Zuschauer manipulieren. Wieviel Mitleid für ein Monster kann ich in ihm wecken, wie sehr kann ich seine Meinung durch ansprechende Bilder lenken?
      Und er ist ein Rattenfänger. Der Zucker tat seine Wirkung und die Wirklichkeit vereinnahmte diesen Film auf eine fast schon absurde Weise. Ganze Jugendkulturen beziehen sich massiv auf ihn, Bands huldigen der Geschichte und Filme zitieren ihn. Sie alle machen Alex und die Droogs zu soetwas wie Helden. Tattoos, Shirts und selbst Leute die sich als Droogs zum Karneval verkleiden...alles in meinem Freundeskreis, alles eigentlich recht nette Menschen...trotzdem sind sie fasziniert von diesen Mördern und Vergewaltigern. Ein verdammter Rattenfänger dieser Film.

      26
      • 10

        Der beste Science-Fiction-Film der jemals gedreht wurde. Vielleicht sogar der einzige der jemals das Licht der Welt erblickt hat, zumindest fällt mir spontan kein weiterer ein. Es gibt Western, Komödien, Kriegsfilme und Dramen im Weltraum, weltliche Dinge die wir filmisch ins All projezieren, dabei aber doch nur die Umgebung verändern. "2001: A Space Odyssey" ist da anders, obwohl auch er immens viele weltliche Themen anspricht. Aber er scheint nicht von hier zu sein, nicht in gängige Formen zu passen und gerade weil er so weit weg von uns zu kommen scheint, wird er auch viele Menschen abstoßen.
        Er ist für mich der einzige Film, der das Gefühl erfasst, das man tief in sich hat wenn man Nachts in den Sternenhimmel sieht und in diesem versinkt. Die Momente in denen man seine Gedanken dort hoch schickt, um zu sehen was dort ist. Dieses Gefühl unbedeudend zu sein, dieses zweifeln am Sinn von allem und irgendwo auch diese Angst. Die Fragen nach dem Wie und dem Warum. All die Fragen die eben die Menschheit seit jeher beschäftig. "2001: A Space Odyssey" beantwortet sie nicht, aber er erzeugt eben jenes Gefühl der inner Ohnmacht vor der Unfassbarkeit all der Dinge. Mehr tut er für den einzelnen Zuschauer inhaltlich nicht. Der Rest ist rein persönliche Interpretation, völlige eigene Emotionen, welche durch diesen Film für kurze Zeit freigesetzt werden können.
        Und so schweben und ungreifbar diese inhaltliche Ebene sich zeigt, so hell und strikt strahlt "2001: A Space Odyssey" visuell. Formen, Farben, Weite, Geometrie. Ein einziger Tanz von Bildern die unbeschreiblich genial musikalisch unterlegt wurden. Ein Rausch der Leere und der Weite, zusammen mit der Musik oft mehr als nur bewegte Bilder, mehr als nur ein Film. Stanley Kubrick hat hier über 2 Stunden etwas eingefangen, dass unter normalen Umständen eigentlich nicht auf Celluloid zu bannen ist. Bis ins allerallerkleinste Detail perfekt und doch voller Zärtlichkeit, Ängstlichkeit und gleichzeitig voller Größe.
        "2001: A Space Odyssey" ist kein Film den man falsch verstehen könnte. Alles ist richtig, alles ist falsch. Man sollte da tunlichst auf niemanden anderen hören, diese Erfahrung für sich allein machen und akzeptieren, was immer auch dieser Film in einem hervorbringt. Ich finde es prinzipiell bedenklich, wie oft auch hier bei MP mit ultimativen Weisheiten und Interpretationen um sich geworfen wird und welch abwertender Ton oft angeschlagen wird, wenn man diesen nicht entspricht. Es schadet dieser Kunst und es tötet Filme wie "2001: A Space Odyssey". Regisseure wie Kubrik oder Lynch standen/stehen selbst oft ratlos vor ihren Werken, seltsamer wissen ein paar Schreiberlinge darauf so oft die Antwort. Jeder Mensch hat seine eigene Wahrnehmung, es gibt keine Wahrheit in dem Sinne und gerade bei diesem Film sollte man jegliche Meinung anderer völlig ausblenden.
        Trotzdem ein paar Gedanken die ich hatte, die ander aber vielleicht so gar nicht sahen. Vielleicht sind es nur die vorherigen Werke Kubricks, die ich ja alle jetzt wiedersah, die für mich auch aus "2001: A Space Odyssey" einen Film über die primitive Natur des Menschens machte. Darüber das er blinglings nach vorne will, ohne das halbwegs verstanden zu haben was hinter ihm liegt. Der Mensch kapituliert vor den Fragen und Rätseln, wendet sich ab von dem was ihm nicht gleich verständlich ist oder ihm gefügig ist, aber selbst der dümmst erkennt wie man einen Stock als Waffe verwenden kann. Er baut Maschinen, entwickelt Computer und reist in den Weltraum auf einer rein technischen Basis, hat aber kognitiv keinerlei Ahnung was er da tut, was er anstösst und was die Folgen sein könnten. Er unterwirft sich Technologien, die er für perfekter als sich selbst hält, die aber doch nur nach seinem Bild geschaffen sind. Der Mensch werkelt vor sich hin, will alles sehen, erreichen und anfassen und hat dabei noch nicht einmal einen winzigen Schimmer davon wer er selbst ist. Was er ist. Wo sein Platz ist und was er dort tun soll. Und wo er vielleicht definitiv nicht hingehen sollte und auch nicht hingehört.
        Wie gesagt, nur meine ganz eigenen Eindrücke. Jeder sollte diesen Film mal gesehen haben, der für mich nur deshalb kein Lieblingsfilm ist, weil einfach zu groß dafür ist.

        37
        • 9

          Der kleinste große Film Kubricks, der seine Bewunderer aber in zwei Lager zu teilen scheint. Vielleicht weil er hier vielmehr als vorher (und auch danach) die Empore des unbeteiligten Beobachters verlässt und sich mitten in seine Geschichte stürzt. "Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb" ist eine wilde Ansammlung von kleinen Nahkämpfen, die Lust auf kurze, dreckige Spottsalven und nicht die epische Schlacht, die einen mit offenen Mund zurücklässt. Stilistisch und inhaltlich oft etwas wirr und durcheinander, aber genau das schien Kubrick zu wollen. Einfach ein Husarenritt vorbei an allen Regeln und das Bedürfniss sich selber mal zu amüsieren. Denn man spürt in manchen Szenen förmlich, wie er einfach noch einen draufsetzt, ihm noch eine absurde Idee in den Kopf schoß und das Gesamtergebnis erstmal hinten anstellte.
          Dieses Gesamtbild ist für mich jedoch ein grandioses. Geht es um die Begrifflichkeiten Satire, Zynismus und Spott, dann fällt mir kein Film ein, der dies besser, beissender und anspruchsvoller umgesetzt hat. So sehr mir z.B. ein Film wie "Four Lions" gefällt, er steht doch nur im Schatten eines "Dr. Strangelove". Und die Kunst hier ist, dass Kubrick sämtliche Regler bis zum Anschlag aufdreht, wirklich aberwitzige Szenerien zur Schau stellt, aber trotzdem einen völlig funktionierenden roten Faden in dem Ganze findet. In seinen besten Momenten lässt er aber auch seinem inszenatorischen Künsten freien Lauf, bindet z.B. völlig real anmutende, dokumentarhafte Kampfszenen ein...nur dass diese eben auf keinen Schlachtfeld stattfinden, sondern im Hof der eigenen Kaserne. Man tut dieses Film unrecht, behandelt man ihn allzu stiefmütterlich aufgrund seiner humoristischen Ausrichtung. Denn eigentlich geht er den schwereren Weg: Er will einen 90 Minuten zum lachen, nachdenken und auch zur Reflektion der bestehenden Verhaltnisse bringen. Wie einfach erscheint dagegen ein sentimentaler Anti-Kriegsfilm, der ganz offen aufs Gemüt abzielt.
          Nein, für mich ist "Dr. Strangelove" so vieles und grandioserweise ist alles davon wirklich gut. Intelligent, respektlos, lustig, hintergründig...all das und noch viel viel mehr. Aber der Film kann mich eben auch visuell völlig überzeugen, ist zwar nicht so konzentriert und opulent wie man es von Kubrick gewöhnt ist, aber im Kontext seines Inhalts mehr als nur passend gewählt. Hinzu kommt ein Peter Sellers, bei dem man hier nicht weiß in welcher seiner Rollen man ihn am besten findet und der es den anderen Schauspielern, und die sind wirklich gut, nie den Hauch einer Chance gibt sich in den Vordergrund zu spielen. Und wenn diese Symphonie der Zerstörung dann das Ende einleitet, dann weiß auch, dass Kubrick all das hätte gar nicht anders machen können.
          Hervorragende Satire und zum schreien komische Komödie, bei der mir besonders eines gefiel: Nie, wirklich nie, macht Kubrick einen Schritt zurück, ändert er seine inhaltliche Ausrichtung oder baut er sich ein solides Fundament, auf dem er seine zynischen Abwegigkeiten aufbauen könnte. Im Gegenteil: Der Film wird immer absurder, seltsamer und alberner (jedoch nie sinnentleert) und gipfelt in einem völlig kranken Auftritt des Titelgebenden Dr. Strangelove. Großartig.

          21
          • 7 .5
            über Lolita

            Ein Neustart für das Schaffen Kubricks, frei vom Druck und den Regeln Hollywoods. Es ist aber kein Befreiungsschlag, sondern Kubrick erquickt sich sichtlich daran, die dunklen Ecken auszuloten, die man ihm bisher verbot zu erkunden. Und das ist nicht halb so skandalträchtig wie es mancher gern hätte, dazu ist allein schon die Haltung des Films eine denkbar ungünstige. "Lolita" nimmt nichts ernst. Weder die Figuren, noch die Liebe, ja noch nicht einma den Menschen an sich, seine Gefühle, sein Verlangen und seine Gedanken. Als lache er über uns, als erkläre er uns völlig von Sinnen. Und dies nicht weil hier etwas unmoralisches passiert, sondern vielmehr, weil der Mensch sich immer wieder zum Kasperle-Theater hinreissen lässt. Für mich ist deshalb "Lolita" auch vielmehr Farce und Komödie, als dass es denn ein Drama oder Kriminalfilm wäre. Diese Aspekte hat der Film, sind für mich aber ja doch nur Auswüchse dieses absurden Spiels der Hormone.
            "Lolita" bleibt dabei, was sicherlich auch in der Natur der Geschicht liegt, ziemlich unterkühlt. Es gibt die Seite des Regisseurs und kann man diese nicht einnehmen, dann kann man sich eigentlich nur in eine filmtechnische Betrachtung flüchten, dem Genie des Stanley Kubricks huldigen. Denn so sehr "Lolita" in seiner Machart glänzt, so sehr kann er einen auch emotional egal sein. Findet man nicht seinen eigenen, ganz persönlichen Aspekt, der diesen Film zu einem wirklichen Erlebnis werden lässt, dann zieht er sich nämlich plötzlich ziemlich in die Länge, man beginnt an allerlei Dingen zu zweifeln und am Ende würde wohl nur Peter Sellers als Quilty übrig, der "Lolita" immer dann einen kleinen Ruck gibt, wenn man denkt gleich erstarre alles.
            Auch wenn er allgemeinhin als Klassiker gilt, bin ich doch der Meinung, dass "Lolita" kein Film ist, den jeder unbedingt gesehen haben muss. Er scheint auch gar nicht für Jedermann gemacht zu sein, versprüht eher die Aura eines kleinen, intimen Films, der nur wenigen etwas sagen will. Auch mich reißt er nicht unbedingt zu Jubelstürmen hin. Ein etwas überlanger, zynischer Blick auf die Triebe und Liebe einer gelangweilten Wohlstandsgesellschaft, hervorragend inszeniert und voller Symboliken, die aber eben das Herz oft etwas sehr ausser Acht lassen. Eine messerscharfe Kritik, die sich in einem filmischen Schafspelz versteckt und sich dabei durchgängig ins Fäustchen lacht. Wirklich gut, aber aber mir fehlt ein bißchen was. Irgendwas.

            21
            • 7

              Ein Film der durchaus beeindruckt und Größe versprüht, bei dem ich aber immer das Gefühl hatte, dass er gar nicht so gut ist, wie er sich anfühlt. Dieses pathetische Epos verschleiert mit seiner Bildgewalt einfach, dass es oft gar nicht viel zu sagen hat und das was es zu sagen hat, seltsam lustlos vermittelt. Denn dieser Kampf um die Freiheit, der Wille, dieses ganz tiefe Bedürfnis, es mochte nicht gänzlich bei mir ankommen.
              Prinzipiell merkt man "Spartacus" an, dass es den Machern von vornherein wichtig war, die Erwartungen des Publikums an solch einen Film zu befriedigen. Alle Standarts werden erfüllt und die perfekte handwerkliche Inszenierung täuscht einen etwas darüber hinweg, dass der Film kaum Eigenständigkeit besitzt. Ich mag solch dramatische Epen ja, kann mir da sogar die überlangen religiösen Schinken ansehen, aber damit solch ein Film etwas ganz besonderes ist, muss er für mich hier und da ein paar Schritte zur Seite machen, irgendwo auch einmal disharmonisch sein und das gelingt "Spartacus" leider nur ganz selten. Wirklich auffällig ist hier wohl die recht offen dargestellte Gewalt, die Spartacus von vergleichbaren Filmen abhebt und die wohl dem Einfluss Kubricks auf dieses Werk zu verdanken sind. Dessen eigene Handschrift sucht man hier nämlich vergebens, nur in wenigen Szenen meint man seine Bildsprache auszumachen (z.B. beim niederbrennen des römischen Lagers), ansonsten hält sich "Spartacus" streng an die traditionelle Bildsprache solcher Monumentalfilme.
              Man sieht sich "Spartacus" wirklich gerne an, er weiß zu gefallen und man findet auch nichts offensichtlich falsches. Aber er reisst einen nicht mit, irgendwas fehlt. Der Film ist sichtlich ein Monument, aber es erschlägt einen nicht. So sehr ich rückblickend auch kritische Gedanken habe, so sehr sagt mir meine Erinnerung auch: "Spartacus" war ein schöner Film. Ein seltsamer Zwiespalt.
              180 Minuten die aber defintiv sehenswert sind, für mich aber nicht in den cineastischen Olymp gehören. 180 Minuten die beeindrucken, denen aber der Mut fehlt.
              Und was sich wirklich ins Hirn brannte: 180 Minuten Kirk Douglas' arg seltsame Frisur.

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              • 8

                Nach seinem ziemlich schwachen Erstling "Fear and Desire", wendet sich Stanley Kubrick mit "Paths of Glory" wieder dem Thema Krieg zu. Und mit beiden Filmen vor Augen, hat es schon ein wenig den Anschein, also wolle es Kubrick noch einmal versuchen, sich selbst und der Welt beweisen, dass er die Fähigkeit besitzt einen solchen Film zu inszenieren, ohne sich allzu sehr an gängige filmische Formelhaftigkeiten zu binden. Wo aber "Fear and Desire" unkontrolliert und vorallem unreflektiert in der Psyche des Soldaten wildert und dabei kläglich scheitert, da wirft "Paths of Glory" einfach den Blick auf ein kalte, aber funktionierende Maschine und lässt dieses Bild in seinen besten Momenten einfach für sich stehen.
                Dabei untermauert er aber auch zum erstenmal ganz deutlich sein visuelles Gespür, sein Händchen für einen Blickwinkel der zwar etwas Abstand gewährt, aber einem doch nichts erspart. Vorallem der Kern des Films, der Sturm auf die Anhöhe 19, ist nahezu perfekt inszeniert. Zur gleichen Zeit künstlerisch dramatisiert und von dokumentarischer Echtheit. Das wirkt gerade weil es keine der beiden Aspekte zu sehr in den Vordergrund rückt, weil es kein Schlachtfeld voller verzweifelter und leidender Soldaten ist und dennoch Emotionalität versprüht. Die Emotionalität des Normalen. Denn Kubrick macht aus dieser Szenerie nichts, dass es eigentlich nicht ist, er zeigt eigentlich ganz banal einen Angriff der eben nicht von Erfolg gekrönt ist. Einen Angriff der nicht durchdacht ist, der aber gewünscht ist und deshalb kleine Zahnräder in Gang bringt. Als der Plan nicht funktioniert, beginnen sich plötzlich auch die großen Räder zu drehen. Die Maschine ist in Gang und kaum noch aufzuhalten.
                Ab hier geht es auch nicht mehr um den Krieg, sondern um das menschliche Wesen an sich. Denn das hier alles so aus den Rudern läuft halt vielerlei Gründe, die im ganz privaten beginnen (der Ruhm des Einzelnen), sich fortsetzen am festhalten an althergebrachten Ehrvorstellungen (der erste moderne Krieg, dessen Wesen von alternden Befehlshabern kaum mehr zu begreifen war) und der inhaltlichen und kognitiven Starre einer solch elitären Machtfabrik, wie es das Militär eben schon immer war und auch heute noch ist. "Paths of Glory" liefert zig fix Ideen und Sinneshaltungen, über die der Mensch vergessen kann Mensch zu sein. Durch die er seinen Blick auf das wahre Jetzt, auf den Moment und auf Echtheit verliert und in einer absurden, aber von vielen Seiten gestützen Welt lebt, die gesellschaftliche Unterschiede mit einer Grausamkeit durchsetzt, die im normalen Leben nur schwer möglich ist.
                Hier wurde mir der Soldat teilweise zu sehr als willenloses, unschuldiges Schaf dargestellt, dass nur da ist zu folgen, um auf der Schlachtbank zu enden. Im Prinzip ja nicht das fälscheste, vorallem wohl zur damaligen Zeit, mir aber dennoch an einigen Stellen zu schwarzweiß gemalt. Den was für mich das ganz besondere an "Paths of Glory" ist, dass ist sein kühler und technischer Blick auf die Dinge die hier passieren. Die Wirkung des Films ist immer dann am größten, wenn er sich nicht bemüht eine zu erzielen, sondern nur betrachtet. Die Vorgänge hier sprechen ja auch für sich selbst.
                Das sind aber nur kleine Kritikpunkte an einem sonst wirklich tollen Film.

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                • 7

                  Aller guten Dinge sind drei. Dies gilt anscheinend auch für Stanley Kubrick, der mit seinem dritten Spielfilm das erstemal wirklich überzeugen kann. Zwar ist "The Killing" sicherlich kein Film für die Ewigkeit, es ist jedoch ein kompakter, spannenender und durchdachter Thriller, der nur wenige Schwächen innehat.
                  Dabei jongliert Kubrick recht gekonnt mit Elementen der alten Kriminalschule, bringt aber auch heut noch recht modern wirkende Stilmittel mit ein. Denn diese filmische Sezierung eines Raubs erinnert einerseits an alte Polizeiserien, in denen einem aus dem Off alles pseudokokumentarisch erklärt wird, anderseits besitzt Kubrick den Mut, diesen Fall auseinanderzunehmen und die Puzzle Stücke völlig neu anzuordnen. Zeitliche Abfolge und erzählerischer Standpunkt werden immer wieder gewechselt, womit gerade gegen Ende hin enorm Spannung aufgebaut wird, da Kubrick ein paar mal kurz bevor es so richtig losgeht doch noch einmal die Perspektive wechselt.
                  "The Killing" ist mit einem Bein aber auch noch im Film Noir verwurzelt, denn so kalt und klinisch perfekt das Verbrechen dargestellt ist, so dramatisch zeigen sich teilweise die zwischenmenschlichen Beziehungen. Diese wirken aber um einiges zugänglicher und flüssiger als noch in "Killer's Kiss" und es war wohl ein kluger Zug Kubricks, sich hier ein funktionierende Buchvorlage vorzunehmen und sich auch bei der Erarbeitung der Dialoge Hilfe zu holen, anstatt auch "The Killing" in völliger Eigenregie zu verwirklichen.
                  Und was da durchaus als melodramischer Kriminalfilm beginnt, sich danach aber zum straffen und schnörkellosen Blick auf die Planung und Durchführung eines Verbrechens entwickelt, dass endet letztendich als bitterböser und schwarzer Spott auf diese eine Unart des Menschen: Dinge zu planen.

                  18
                  • 5 .5

                    Nach dem mehr als durchwachsenen Erstling "Fear and Desire", legte Stanley Kubrick 1955 den Kriminalfilm "Killer's Kiss" vor. Aber auch dieser ist weit davon entfernt ein Meisterwerk zu sein. Wo sein Spielfilmdebut sich viel zu weit aus dem Fenster lehnte und einer abgehobenen Künstlichkeit fröhnte, da verlässt sich "Killer's Kiss" zu sehr auf sein ordentliches Handwerk, vermag sonst aber nicht viel zu bieten.
                    Verwurzelt im Film Noir, wirkt diese Geschichte um Liebe, Eifersucht und Mord seltsam saft- und kraftlos, erscheint einem wie eine dramatische Blaupause, welcher aber jegliche Seele fehlt. Noch dazu fühlt sich die Story unnötig gestreckt an, werden Einstellungen ausgekostet, von denen man nie das Gefühl hat, dass sie auch nur im geringsten wichtig für den Film sind. Kubrick lebt in diesen Momenten sein Gespür für Bilder, Einstellungen und Gesichter aus, scheint aber für sich noch keinen funktionierenden Filter gefunden zu haben, der hier die Spreu vom Weizen trennt. Paradebeispiel wäre hier wohl die Exkursion in die Vergangenheit Goria's: Schön gemacht und eigentlich in sich völlig stimmig, im Gesamtkontext des Films aber völlig überflüssig. Dies scheint aber Kubricks Methode zu sein um die Figuren in "Killer's Kiss" zu erklären: Anstatt sie menschlich wirken zu lassen, ihrem agieren Seele zu verleihen, wirft er dem Zuschauer immer wieder lose Fragmente aus deren Vergangenheit oder der Familie vor um aufzuzeigen, wie diese Charaktere doch eigentlich sind.
                    Man schleppt sich mehr oder weniger unterhalten bis zum unvermeidlichen Finale und dieses kann dann auch um einiges mehr überzeugen, als es der lange Weg dorthin konnte. Es passiert eben nun etwas. Das Tempo wird deutlich angezogen und auch wenn viele Handlungen eher durch den dramatischen Effekt als durch Vernunft zu erklären sind, so bekommt "Killer's Kiss" hier doch endlich so etwas wie einen roten Faden, ein Abfolge von Aktion und Reaktion. So richtig Spannung mag auch hier nicht aufkommen, aber es bei weitem nicht mehr so träge, wie es die erste Hälfte des Films ist.
                    Insgesamt aber noch viel zu unausgegoren, als dass man "Killer's Kiss" wirklich empfehlen könnte.

                    11
                    • 4

                      Stanley Kubricks erster Spielfilm, vorher drehte er nur einige Dokumentarfilme, ist im Grunde nur aus Filmhistorischer Sicht interessant und nun ja, für Menschen wie mich, die einen gewissen Sammeltrieb hegen. Nach der Sichtung von "Fear and Desire" ist einem jedoch schon ziemlich klar, warum Kubrick diesen Film gerne unter den Teppich kehrte. Die großen Ziele und Vorstellungen, die Kubrick mit der Idee dieses Films verband, schreien einem geradezu ins Gesicht, stehen aber völlig konträr zum hölzernen Ergebnis.
                      Die Schrecken des Krieges will "Fear and Desire" aufzeigen, dabei vorallem die psychischen Probleme des Einzelnen, der in einer solchen Situation ja meist weit entfernt ist von all den gewohnten und stabilisierenden Einflüssen. Der Soldat, der sich in der Fremde auf das besinnen muss, was er tief in sich trägt, da eben das Netzt fehlt, welches ihn auffangen könnte. So weit, so gut. Kubrick entwirft ein fiktives Kriegsgeschehen (wobei die Feinde doch schon irgendwie deutsch anmuten) und will schon in der ersten 5 Minuten sovieles deutlich machen, während man als Zuschauer noch nicht einmal halbwegs in den Film gefunden hat. So richtig mag das auch während der gesamten Spielzeit nicht gelingen. Diese Hast und Dringlichkeit in der Inszenierung Kubricks lässt einen durchgehend hinter etwas herrennen, was man doch nie erreichen kann. Freut man sich anfangs noch, dass er jeglichen heroischen Pathos außen vor lässt, so merkt man doch schnell, dass dieser nur durch ein merkwürdig hausbackene Kriegspsychologie ersetzt wurde. Und die haut einem Kubrick heftig um die Ohren. Die Soldaten geben allerlei tiefgründiges und philosophisches von sich, leiden unentwegt und sind immer dem Wahnsinn nahe, wenn sie nicht gerade das Leben zynisch belächeln. Mit der Zeit wird dies einfach viel zu viel, gerade weil auch die Handlungen der Soldaten immer mehr aus dem Ruder laufen und für den Zuschauer unerklärlich sind. Nach der Hälfte läuft "Fear and Desire" dann auch wirklich Gefahr auseinanderzufallen und wird immer wieder durch krude Künstlichkeiten gekittet. Das Gesamtbild erscheint dadurch oftmals erschreckend amateurhaft, völlig überzogen und unglaubwürdig.
                      Zwar gibt es einige recht schöne Stilmittel, wie z.B. die Großaufnahmen der Soldaten, diese werden jedoch so häufig eingesetzt, dass man auch davon irgendwann genug hat. Da sich auch kein irgendwie spektakuläres Ende ankündigt, verliert man auf der Zielgerade dann so ziemlich das letzte Interesse an "Fear and Desire" und hakt den Film nach überstandenen 60 Minuten einfach ab.
                      Stanley Kubrick. Ein großer Name. Fear and Desire. Ein schlechter Film.

                      15
                      • 6

                        Als ich zuerst davon las, da weckte "Lilyhammer" fast ein bisschen Euphorie in mir. Der nordische Humor nimmt sich der Mafia-Thematik an: Ein New Yorker Mafiosi, welcher als Kronzeuge gegen Kollegen aussagte, wünscht sich im idyllischen Lillehammer niederzulassen, da er die Olympischen Spiele damals so schön fand. Das muss gut werden, ein Heidenspaß muss das sein!
                        "Lilyhammer" ist aber nur nett, putzig und manchmal recht amüsant, kommt nie so richtig in fahrt und verarbeitet seine Möglichkeiten nur sehr zurückhaltend, ja fast etwas ängstlich. Das funktioniert bei den ersten beiden Folgen sogar noch sehr gut, auch weil man auf etwas wartet. Etwas, das einen mitreisst, mehr teilhaben lässt und auch, dass mal ein wenig auf den Putz gehauen wird. So richtig derbe und auch politisch unkorrekt, wie man es von unseren nordischen Nachbarn eben gewohnt ist.
                        All das kommt nicht. Leider. Ab der dritten Folge merkt man, dass jede Folge gleich aufgebaut ist und die Serienübergreifenden Handlungsbögen relativ unspektakulär sind. Probleme treten auf und Giovanni löst die diese, gewollt oder nicht, mit den ihm bekannten Mafiamethoden. Leider soll er eben aber auch ein ganz Lieber sein und darf deshalb nie über die Stränge schlagen, alles bleibt irgendwie erschreckend harmlos und langweilt manchmal sogar etwas. Es fehlt "Lilyhammer" nicht an guten Ansätzen, alles was ich mir erhoffte ist im Anfangsstadium vorhanden, es fehlt aber völlig der Mut diese auch konsequent umzusetzen.
                        Die letzten Folgen habe ich dann auch kaum mehr mit voller Aufmerksamkeit angeguckt. Das ewig gleiche Gebaren des Steven Van Zandt als alternder Mafiosi, die immergleichen Witze und der nur in Nuancen veränderte Aufbau der verschiedenen Folgen ließ mich doch sehr ernüchtert und etwas enttäuscht zurück. Schade.

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                        • 8 .5
                          über Bin-Jip

                          Da ist es wieder. Dieses hauchdünne Etwas, dass einem ständig durch die Finger gleitet, wenn man es in Worte fassen will. Ein Film der Worte ist "Bin-jip" jedoch eh nicht. Es ist der pure Zauber des Fühlens. Ein zarter Kuss in der Dunkelheit, dessen Lippen unbekannt bleiben. Kann man sich öffnen, lässt "Bin-jip" für kurze Zeit fliegen, andererseits lässt er einen schnell zu Boden stürzen, will man seine Fassade auf Fakten, Wahrheiten und eine gültige Realität überprüfen.
                          Denn auf seine stille Art ist "Bin-jip" doch auch irgendwie experimentell. Hangelt er sich in der ersten Hälfte noch langsam an einem Handlungsstrang entlang, so lässt er diesen in der Mitte fallen und nimmt ihn nur noch sporadisch auf. Und ab dort ist durchaus auch der Zuschauer gefordert, ab der Mitte lädt "Bin-jip" ein sich diese Geschichte selbst so auszumalen wie man sie mag. Wie ein Malbuch dessen Bilder zwar vorgegeben sind, die Wahl der Farben aber unsere. Ich persönlich hab mich am meisten für die Geister-Variante begeistern können...was aber nichts mit der Wahrheit zu tun hat. Ich mochte den Gedanken einfach so sehr.
                          Langsam und still. Fast ohne Worte. Eigentlich sind es nur die schlechten Menschen ab und an die sprechen. Das Liebespaar schweigt. Und es stört nicht. Es ist auch nicht langweilig. Das ist einfach nur sehr sehr schön.
                          Wirklich sehr schön.

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                          • 8

                            Am bekanntesten für sein Werke, welche sich zwischen den Polen Pervers, Gewalttägig, Yakuza und Manga bewegen, ist Takashi Miike ein Mann, den man kaum auf ein gewisses Genre festlegen kann. Selbst die Qualität seiner Filme ist dabei höchst unterschiedlich, teilweise inszeniert er beeindruckende Werke, oft aber auch kaum erträglichen Nonsens. "Chūgoku no chōjin" fällt ihn seinem Schaffen aber eine ganz besondere Rolle zu, denn eine solche innere Gelassenheit, ja stellenweise fast schon Apathie, trauen diesem Miike wohl die wenigsten zu.
                            Dabei lässt "Chūgoku no chōjin" aber nicht alle Stilmerkmale Miikes vermissen. Gerade in den ersten 40 Minuten schimmert doch immer wieder sein sehr überdrehter und oft auch kindischer Humor durch. Selbst die Figuren wirken lange wie völlig überzeichnete Klischees und mag zu diesem Zeitpunkt kaum vermuten, welchen Verlauf dieser Film noch nehmen wird. Denn was als verrückter Roadtrip beginnt, bei dem ein junger Geschäftsmann, ein Yakzu und deren Führer ein Dorf in den Bergen Chinas suchen, um dort Geschäfte mit den Einheimischen zu tätigen, nimmt eine jähe Wendung als sie eben jene Siedlung erreichen. Als ob "Chūgoku no chōjin" das Tempo des Lebens dieses Bergdorfs aufnimmt, welches seit Jahrhunderten kaum Veränderungen durchgemacht hat und das nur einmel den Atem anhielt als ein Mann vom Himmel kam. Genau dieser überlieferte auch die Geschichte der Vogelmenschen. Menschen die fliegen können. Während der Reiseführer alles tut um die Reise fortsetzen zu können, verlieren sich der Yakuza und der Geschäftsmann immer mehr in dieser Welt, den Geschichten um die fliegenden Menschen und das junge Mädchen, dass das Fliegen lehrt. "Chūgoku no chōjin" ist da schon längst ein unheimlich ruhiges und langsam fließendes modernes Märchen. Der Film birgt ein gewisse Weisheit in sich, wirkt gleichzeitig aber irgendwie sehr süß. Er versprüht einfach ein sehr schönes Gefühl, man fühlt sich wohl, dabei vergisst "Chūgoku no chōjin" aber nicht leisen Witz zu versprühen und gegen Ende hin seinen Storyfaden wieder aufzunehmen und weiterzuspinnen. Dazwischen hält der Film tatsächlich teilweise völlig inne. Scheint über die Situation, die Menschen und den Sinn zu meditieren. Er schafft das aber ohne zu langweilen. Toll!.

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                            • 6

                              Mit "The Dark Half" stand George A. Romero auf der Schwelle sich für größere Aufgaben in Hollywoods oberer Etage zu empfehlen. Auch wenn der Film ein solides Stück Horror wurde, den entscheidenden Schritt konnte Romero damit nicht tun. Im Gegenteil: Danach kam erst einmal lange nichts von ihm und dann der unsägliche "Bruiser".
                              Wenn man aber ehrlich ist, dann findet man aber auch nichts in "The Dark Half", dass irgendjemand dazu verleiten könnte, dem Regisseur ein großes Budget in die Hand zu geben. Alles lieb und nett und eben in den Grenzen des Genres gehalten, versprüht diese moderne Version der "Dr. Jeckyll und Mr. Hyde"-Thematik immer ein bisschen die Aura der Unwichtigkeit. Das ist phasenweise spannend, immer ordentlich inszeniert, aber eben nie etwas besonderes. Nie schlecht oder dilettantisch, nie richtig gut oder gar herausragend. So plätschert der Film in der Mitte auch etwas vor sich hin, da die einzelnen Morde den Film nicht unbedingt voranbringen und auch nicht so blutrünstig sind, dass man sie unbedingt sehen müsste. 20-30 Minuten ist "The Dark Half" einfach zu lang, denn seine eigentlich nette Story mag diese fast schon epischen 2 Stunden einfach nicht füllen. So wirklich interessant wird es dann erst wieder in den letzten 20 Minuten und sogar ein wenige Gore gibt es im Finale zu begutachten.
                              Ordentliche Durchschnittsware von einem der Altmeister des Horrorfilms. Man hätte ihm einfach die Möglichkeiten, die er bei "The Dark Half" hatte, auch für manch seiner anderen Filme gewünscht. Andererseits hätten diesen das aber sicher auch irgendwo geschadet....

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                              • 7

                                Da bin ich wohl einfach zuwenig japanophil. Ich verstehe die Geschichte, ich kann durchaus verfolgen was da passiert, aber ich kann nur durch das Fenster von außen beobachten was drinnen passiert. Jeglicher emotionale und kulturelle Zugang hierzu fehlt mir im Grunde, ich kann das auf mich wirken lassen, die eine oder andere Botschaft auflesen, aber ansonsten behandelt mich der Film wie einen Fremden.
                                Doch auch für den japanischen Raum muss "Jigoku" ein sehr pessimistischer und radikaler Film sein. Hier ist alles Sünde und jeder von dieser mehr als nur behaftet. Eigentlich gibt es gar keine Möglichkeit frei von Lastern zu leben, da sie sich im kleinsten Detail verstecken und somit hat man auch keine Chance diesen 8 Höllen zu entkommen. Der Weg dahin ist ein extrem theatralischer und überzogener, selbst für einen asiatischen Film. Der junge Shiro stolpert von einem Unglück ins andere und jeder einzelne Mensch um ihn herum hat zumindest ein dunkles Geheimnis. Spätestens wenn Shiro sein kranke Mutter besucht, kann man "Jigoku" nur noch schwerlich einorden. Völlig überbordende Farce? Oder ist das doch nur kulturell bedingt? Dieses Böse in allen Ecken und Kanten wirkt jedenfalls völlig überzogen und abstrus. Sind da die traditionellen japanischen Gesänge sogar noch hilfreich, bekommt der Film wenn er jazzige Töne anschläg ein vollends skurriles Feeling.
                                "Jigoku" hat aber eben auch was. Absonderlich schön anzuschauen und von dieser undefinierbaren Atmosphäre, die oft nur Filme zustande bringen, deren Kern man einfach nicht versteht. Man ist gewöhnt, dass man halbwegs weiß, was der Film mit einem anstellen will, wo er mich als Zuschauer hinbringen will. Nicht so jedoch bei "Jigoku": Hier ist man völlig unwissend und dem Film einfach ausgeliefert. Und irgendwann erübrigt es sich da dann auch ob man das nun gut, schlecht, schön, verständlich oder sinnvoll findet...man macht aus oder ergibt sich den Bildern. Denn die erschlagen einen die letzten 40 Minuten lange. Grausam, verwirrend, laut und von der Art, dass man irgendwo genervt ist von diesem ständigen Geschrei und diesen Geräuschen. Genervt, aber in einem positiven Sinne....schliessliche ist es die Hölle die hier dargestellt wird.
                                Wie sagt man so schön: Eine Erfahrung. Visuell wirklich top, gerade was das letzte Drittel angeht, inhaltlich aber sehr befremdlich und zuweilen anstrengend. Durch die Thematik und zutiefst negativen Grundton von "Jigoku" kam mir immer wieder folgender Songtext von Curtis Mayfield in den Sinn:
                                "Sisters, niggers, whities, jews, crackers! Don't worry! If there's hell below, we're all gotta go!

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                                • 7 .5

                                  Ein etwas anderer Beitrag zum Zombie-Genre von Wes Craven und ich muss sagen, dass er mich bei der erneuten Sichtung weitesgehend überzeugen konnte. Basierend auf dem Zombiebild des Voodoo-Kults inszeniert er mit "The Serpent and the Rainbow" ein fiebrigen, etwas hektischen, aber sehr spannenden Film zwischen den Eckpfeilern Mystik, Religion und Horror. Ab und an lässt er visuell aber durchaus das Bild des modernen Zombiefilms durcksickern, verlässt aber dabei nie den Pfad seiner klassisch angehauchten Story.
                                  Der große Pluspunkt an diesem Film ist, dass er die Atmosphäre, ja sogar etwas des mystischen Inhalts und dem Lebensgefühl des Voodoo vermitteln kann. So fernab von unserer Vorstellung dies alles liegen mag, Craven kreiert keine Freakshow, sondern geht prinzpiell sehr ernsthaft an sein Thema heran. Kontinuierlich zieht er Hauptfigur Dennis den Boden unter den Füssen weg, lässt für ihn die Grenzen zwischen Realität, Halluzination und Traum verschwimmen und wendet diesen Trick auch gleichzeitig auf den Zuschauer an. So ist es ihm auch möglich immer wieder ins Phantastische abzudriften, ohne dass man "The Serpent and the Rainbow" jemals Albernheit vorwerfen könnte. Es scheint alles so tief verwurzelt zu sein, so fremd und ich konnte mich richtiggehend davon entführen lassen. Die Story hat einen schönen Spannungsbogen, so gut wie keine Durchhänger und obendrein ein paar wirklich schöne bzw. erschreckende Traum-/Wahnsequenzen. Selbst der Hintergrund des Bürgerkriegs auf Haiti wurde recht einnehmlich in die Geschichte eingebaut.
                                  Ein etwas anderer, aber sehr empfehlenswerter Film von Wes Craven, der durchaus auch Menschen gefallen könnte, die sonst nichts mit Horror und Zombies anfangen können.

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                                  • 5
                                    über Soulboy

                                    Die Musik und ein paar okaye Tanzszenen retten diesen Film, auf den ich mich eigentlich sehr gefreut hatte, wenigstens etwas. Die Northern Soul Szene ist aber nur Schauplatz für "Soulboy", man erfährt nichts weiter über sie und letztenendes wird sie auch völlig oberflächlich dargestellt. Nimmt man dem ganzen die tollen Songs, dann fühlte sich das von der Herangehensweise und dramaturgischen Konzeption sehr nach den Kinder- und Jungendfilmen an, die Nachmittags oft auf Nikelodeon oder dem Kinderkanal laufen. Ohne es gesehen zu haben, glaube ich, dass auch sowas wie "Die wilden Kerle" nach einem ähnlichen Schema abläuft. Ein Außenseiter, gute Crew, böse Crew, Romeo-und-Julia-Dilemma, finden der wahren Liebe. Ganz simpel und einfach und "Soulboy" schafft es da auch nicht irgendeine Tiefe oder variierende Nuance in der Story zu finden. Da es leider auch versäumt wird etwas von der damaligen Atmosphäre darzustellen, dem ganzen Film das fehlt, was ihn eigentlich ausmachen sollte, nämlich der Soul, die Seele und das Herz, bleibt es leider ein völlig uninteressanter Streifen....mit verdammt guter Musik.

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                                    • 6

                                      Nach langer Zeit mal wieder aus dem Regal gekramt und hier dann überrascht festgestellt, dass dies der Erstling von Jaume Balagueró ist, welcher später mit (REC) ja recht erfolgreich war. Die Klasse erreicht "Los sin nombre" aber nie so ganz. Licht und Schatten wechseln sich hier beständig ab und am Ende sind es doch etwas zuviele Klischees die hier verarbeitet wurden.
                                      Dummerweise ist es das erste Viertel, durch welches man sich echt hindurchkämpfen muss. All diese tragischen Schicksale sind ja schön und gut, aber irgendwann verliert man die Lust der Mutter bzw. den ehemaligen Polizisten dabei zuzusehen, wie sie ganz arg niedergeschmettern sind. Ich muss auch sagen, dass ich Szenen, in denen irgendwelche Menschen deren Kinder/Frauen tot/verschwunden sind, sich minutenlang alte Familienvideos angucken, einfach nicht mehr ertrage. Kann man sich nicht was anderes einfallen lassen um Verlust zu symbolisieren? Ich mag das nicht mehr sehen! Nach einiger Zeit nehmen dann aber glücklicherweise die Horror und Mystik-Elemente überhand, wodurch "Los sin nombre" sicherlich nicht zum Knaller wird, aber er löst sich damit aus seiner leidenden Lethargie. Die ganze Geschichte schreit zwar nach Konstrukt und überhaupt ist die ganze Story auf einem sehr wackeligen Fundament errichtet, aber folt man dem Film einfach von Szene zu Szene und hinterfrägt das ganze nicht zu sehr, dann wird "Los sin nombre" zum recht unterhaltsamen Verschwörungs-Horror-Thriller, bietet ein paar nette Bilder, einen Bilderbuchpsychopathen, viele Horrorklischees und ein tatsächlich sehr konsequentes Ende.

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                                      • 9 .5
                                        über Dekalog

                                        Da ich ja zu jedem Dekalog einzeln schon ein Kommentar schrieb, nur ein kurzes Ré­su­mé der kompletten Serie. Auch weil diese als Gesamtwerk auch eine andere Note verdient, als es die Summe der einzelnen Teile ausdrücken kann.
                                        Prinzipiell steht jeder Teil des Dekalogs keinem Spielfilm dieser Welt in nichts nach. Im Gegenteil: Oft kommt die etwas kürzere Spielzeit sogar dem Genuss entgegen. Denn die Geschichten sind sehr klein und intim gehalten, sie legen den Fokus eindeutig auf einen bestimmten Kern und lassen unnötige Spielereien aussen vor. Aber so einfach sie auch manchmal erscheinen, so vielschichtig sind sie gleichzeitig auch.
                                        Eine moderne und auch eine sehr persönliche Interpretation der zehn Gebote, die eine sehr humanistische und lebensbejahende Sichtweise einnimmt, ohne jemals die Greuel der Welt zu verheimlichen. Vorallem aber auch eine Darstellung dieser christlichen Regeln, die selbst für den größten Religions-Kritiker bedenkenlos zu goutieren ist.
                                        Anregend, liebevoll, tiefsinnig, zugänglich, humorvoll, bewegend, wohlwollend, kritisch, tröstend, provozierend, menschenfreundlich, warm, interessant...all das ist der "Dekalog" und noch viel mehr. Vorallem ist er aber immer wieder eines: Ein Anstoß dazu sich selbst weiter mit diesen Themen zu beschäftigen, sich auszutauschen, eigene Standpunkte zu hinterfragen, das eigene von Tradition geprägt Moralverständnis zu überprüfen und eventuell sogar etwas zu verschieben.
                                        Das dies als große Kunst (was es auch ist) gehandelt wird, sollte niemanden davon abhalten sich den "Dekalog" anzusehen. Er ist für jeden da und er geht jeden was an!

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                                        • 8 .5

                                          Dekalog, dziesięć
                                          Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

                                          Mit dem abschließenden Teil 10 des Dekalogs, schafft es Kieślowski tatsächlich mich so richtig zu überraschen! Ließen mich die Punk-Musik gleich zu beginn des Films schon aufhorchen (ziemlich gute sogar!), so schaffte es der Rest von "Dekalog, dziesięć" mir ein zwar verwundertes, aber dickes Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Diese kleine Geschichte um Besitztümer, Habgier und des Gewinnens bzw. Verlierens ist ein fiese, schwarzhumorige Komödie geworden, die über ihre Protagonisten schelmisch grinst, sie aber doch zu lieb hat, als sie diesen dem Spott des Zuschauers Preis geben würde.
                                          Das Brüder Jerzy und Artur erben von ihrem Vater (der im achten Dekalog kurz auftauchte) Unmengen an alter Briefmarken. Jerzy, biederer Geschäftsmann, und Artur, Sänger in einer Punk-Band, kommen sich dadurch wieder näher und finden Freude daran sich zusammen um die Briefmarken zu kümmern. Als immer deutlicher wird das diese Marken von immensen Wert sind, regen sich erste Verlustängste in den beiden. Sie machen aus der kleinen Wohnung des Vaters einen Hochsicherheitstrakt und um eine Serie Briefmarken zu vervollständigen, gehen die beiden ungewöhnliche Wege...
                                          "Dekalog, dziesięć" ist schon allein aufgrund seiner zwei Hauptfiguren sehenswert, da man eigentlich nicht anders kann als diese zwei fast schon etwas trotteligen Individuen zu mögen. Sehr schön vorallem, dass Artur eben nicht die Rolle geben muss, die Punker sonst so geben müssen, sondern als wirklich sympathischer, aber halt spontaner und impulsiver Mensch dargestellt wird. Aber auch den eigentlich recht schleimigen Bürohengs Jerzy schließt man seltsamerweise in sein Herz. Wirklich toll gemacht. Aber auch die Geschichte an sich ist ziemlich hinreißend. Es ist fast schon putzig den beiden zuzusehen wie sie immer mehr Euphorie für diese Briefmarken entwickeln und was Anfangs noch ein schönes Kinderspiel für die beiden ist, immer mehr zur Manie wird. Selbst das Ende hätte man sich für diese beiden nicht besser auswählen können, es passt bei diesem Film einfach wie die Faust aufs Auge...es ließ mich noch einmal Lächeln und zeigte ein letztesmal das große Herz des Krzysztof Kieślowski.

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                                          • 8

                                            Dekalog, dziewięć
                                            Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib.

                                            Harter Stoff für mich, der aber teilweise auch etwas leichtfüssig Absurd daherkommt und mich dadurch oftmals etwas verunsicherte. Stellenweise hatte ich Angst, dass "Dekalog, dziewięć" ins richtig bitterböse umschlägt und zum richtigen Runterzieher wird. Wird er aber nie wirklich, auch wenn einen die realistischen Elemente dieser Geschichte, die ins 60-Minuten-Format gepresst vielleicht etwas überspitzt wirkt, schon zusetzen können. Prinzipiell verbirgt sich selbst in den künstlichsten Momenten Kieślowskis ein große Wahrheit und ich finde es einfach großartig wie er es schaft seine emotionell komplexen Geschichten zeitlich so eng zu fassen und doch alles zu sagen. Deshalb von mir auch keinerlei Kritik, auch wenn hier und da mal etwas aufgesetzt wirkt.
                                            Thematisch fokusiert sich Kieślowski nicht auf das Begehren, sonder auf die meist damit einhergehende Lüge. Roman erfährt das er Impotent ist und stellt seiner Frau daraufhin einen Liebhaber frei. Diese lehnt dies jedoch ab, hat jedoch schon länger eine Zeit eine Affäre mit einem jüngeren Mann. Die Liebe Hankas zu ihrem Mann scheint aber innig zu sein und sie will ihn durch diese Liebe wohl schützen. Er wird aber mißtrauisch, spioniert und kommt hinter hier Geheimnis....
                                            Das mag, wie oben beschrieben, oft etwas komisches an sich haben, beinhaltet für mich aber zwei Elementare Punkte, die diesen Film für micht einerseits schwer, aber andererseits eben auch wichtig machten. "Dekalog, dziewięć" stellt deutlich heraus, dass das Lügen oft viel verletztender und verunsichender ist, als es die eigentlich Tat ist. Eine Tat kann man verzeihen, eine Lüge nistet sich fies im Hinterkopf ein. Auch zeigt der Film sehr schön, dass die erste Lüge, und ist sie noch so klein, oft der kleine, aber stabilisierende Bolzen ist, den man aus dem Damm zieht und wo hernach vieles über einen hereinstürzt. Denn die Geschichte ist mit dem offenlegen des Geheimnisses noch nicht zuende, dass Misstrauen des Mannes noch lange nicht versiegt.
                                            Einer der schwersten Dekaloge für mich bisher und dickes Danke an Herrn Kieślowski, dass er abermals meine Seele streichelte, als es einfaches gewesen wäre auf sie einzuschlagen.

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                                            • 8 .5

                                              Dekalog, osiem
                                              Du sollst nicht falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten.

                                              Der achte Dekalog gestaltet sich sehr theoretisch und dialoglastig und ich kann mir vorstellen, dass er einigen zu zurückhaltend ist. Die Problematik die der Film aufgreift wird tatsächlich nur diskutiert, sie geschieht nicht. Vergangenes wird reflektiert, von verschiedenen Seiten betrachtet und man versucht die Geschehnisse einer Nacht im zweiten Weltkrieg einzuordnen. Dabei erscheint das agieren aller Beteiligten richtig und falsch zu sein, abhängig vom Standpunkt der Betrachtung. Da, wie schon erwähnt, ich das Sprechen und Dialoge im gesamten Dekalog aber wirklich mag, faszinierte mich "Dekalog, osiem" dennoch sehr. Ganz davon abgesehen, das wiederum ein sehr wichtiges und vielschichtiges Thema auf die von Kieślowski gewöhnt bedachte Art verarbeitet wird.
                                              "Dekalog, osiem" handelt von einer Universitäts-Professorin, deren Vortrag von einer amerikanischen Jüdin besucht wird. Die Unterrichtsstunde, welche sich um moralische Dilemmas dreht, nimmt dabei Bezug auf die Geschichte aus "Dekalog, dwa", wo ein Frau zwischen ihrem sterbenden Mann und dem ungeborenen Kind eines anderen entscheiden wollte. Die Professorin äußert, dass das Leben des Kindes am höchsten einzuschätzen sei, woraufhin die amerikanische Besucherin selbst ein Geschichte erzählt. Diese handelt von einer Frau, die 1943 ein jüdisches Kind retten wollte, dies aber dann doch nicht tat und das Kind seinem Schicksal überlaß...
                                              Der kleine Plot ist natürlich leicht zu erraten, darum geht es hier aber auch nicht. Die Suche nach Antworten, richtigen oder falschen, Notlügen und bequemen Wahrheiten ist der Inhalt dieses Dekalogs. Die Problematik wird erst sehr theoretisch diskutier, nämlich mit den Studenten während des Unterrichts, aber auch sehr Intim bei der Professorin zuhause. Mutig fand ich dabei prinzipiell die Wahl des Themas, weil eben nicht das übliche "Warum warst du Täter?" heraufgeschworen wird, sondern gefragt wird: "Warum hast du mir nicht geholfen?". Mutig, da Polen ähnlich wie Deutschland (aber halt anders), ein großes Problem hat seine Vergangenheit offen zu verarbeiten. Schuldzuweisungen liegen Kieślowski aber fern. Er will nur die Frage in den Raum werfen und ein paar Gedanken dazu äußern. Mehr will er nicht und mehr braucht es auch nicht. Alles weitere muss der Zuschauer mit sich ausmachen.
                                              Am Ende besucht die Frau aus den USA eine Familie, bei der sie hätte damals unterkommen sollen. Da passiert nicht viel, das ist also kein Spoiler. Aber obwohl hier wirklich nicht viel passiert, ist eine dieser Szenen bei der ich dachte: Wegen sowas mag ich Filme so gerne. Da passiert wirklich wirklich nichts, aber alles war so richtig, alles hat so sehr gepasst.

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                                              • 7

                                                Dekalog, siedem
                                                Du sollst nicht stehlen.

                                                Der siebte Dekalog und der für mich bisher schlechteste. Das ist immernoch gut, wirkt aber verglichen mit den vorangegangenen Folgen einfach etwas blaß. Am meisten liegt das wohl an der Figur der Maika und deren Darstellerin Maja Barełkowska, da mir das Gesamtbild dieses Charakters einfach zu dramatisch angelegt ist und ich der Schauspielerin diese Rolle auch nie abnehmen konnte, da sie sich jener Dramatik dann auch völlig hingibt. Allein während des etwas längeren Gesprächs mit Wojtek konnte ich diese Figur fühlen, ansonsten war sie mir ein bisschen zu arg.
                                                Auch sonst fällt dieser Dekalog etwas aus dem Rahmen. Atmosphärisch wirkt er sehr eng, irgendwie dunkel und drückend, fast wie ein Kammerspiel. Hinzu kommt, dass er zum größten Teil außerhalb des gewohnten Wohnblocks spielt, was, so komisch das vielleicht klingen mag, mich fast etwas traurig macht, da man sich dort eben mittlerweile etwas heimisch fühlt. Insgesamt sehr ernst ist "Dekalog, siedern" und auch etwas hoffnungsloser als gewohnt.
                                                Maika entführt hier ihre Tochter, welche nach der Geburt als die Tochter ihrer eigenen Mutter ausgegeben wurde und fortan von dieser wie ihre eigene Tochter erzogen wurde. Die eigentlich Großmutter überschüttet das Kind Ania, welche die leibliche Tochter Maika nie erfuhr. Ist das schon allein hochdramatischer Stoff, so birgt die Person des Vater Wojtek noch mehr an komplizierter Vergangenheit und überlädt dieses Beziehungsgeflecht dann auch etwas. "Dekalog, siedern" ist dabei auch ein Verwirrspiel, denn ein jeder hier hat Verluste hinzunehmen, ein jeder wird irgendwo bestohlen und ein jeder selbst stiehlt auch vom anderen. Der Film wirft die Frage auf wem denn nun dieses Kind zusteht, wer darüber entscheidet wessen "Besitz" es ist. Die Natur? Das Gesetz? Das Gefühlt? Wenn ja, wessen Gefühle? Der Mutter, der Großmutter oder des Kindes? Ein Antwort darf man hier natürlich nicht erwarten und auch ich kam auf keine, denn jede ist irgendwo egoistisch. Einer wird immer bestohlen.

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                                                • 8

                                                  Dekalog, sześć
                                                  Du sollst nicht ehebrechen.

                                                  Der sechste Dekalog gestaltet sich wieder etwas warmherziger, nachdem der fünfte Dekalog in seiner konsequenten Kälte etwas aus dem bisherigen Rahmen fiel, aber gerade deswegen ein mehr als passendes Teil zur Dramaturgie der gesamten Reihe darstellte. Und wieder wird das Gebot sehr frei interpretiert, "Ein kurer Film über die Liebe" heißt die Langfassung dieser Episode in Deutschland und dieser Titel trifft den Inhalt schon ziemlich genau. Wenn man den in der nähe dieses sechsten Gebotes bleiben will, dann wäre hier vielleicht der Name "Du sollst die Liebe nicht brechen" angebracht, aber verheiratet ist hier niemand...
                                                  Und es ist eigentlich eine recht einfach gehaltene, bittersüße Geschichte, die uns Kieślowski hier serviert. Würde hier die Sonne scheinen, der Wohnblock ein schönes Vororthaus sein, die Menschen cooler angezogen und würden dazu ständig The Smiths oder The Cure dudeln, man würde von einer weiter Perle des Indie-Films sprechen. Denn im Kern ist alles da, was solch einen Film ausmacht, doch am Ende verhält sich "Dekalog, sześć" zu solchen Filmen, wie ein der schüchterne Eckensteher zum Jungen, der ständig von seinen tiefsinnigen Gefühlen redet. Kieślowski malt kein Bild von der Liebe das jeder auf Meilen entfernt erkennt, er lässt sie dort wo sie sich normalerweise aufhält und vertraut darauf, dass der Zuschauer sie findet.
                                                  Die Liebe des Tomek, der seit einem Jahr die ältere Magda beobachtet, ist schön und quälend zugleich, doch er scheint dies zu akzeptieren. Die Liebe der Magda, die an diese nicht mehr glaubt und nur noch lose Bekanntschaften pflegt, ist für sie befriedigend und quälend zugleich, doch sie scheint dies zu akzeptieren. Doch als Tomek sich öffnet, müssen sich beide mit einem, für sie, fremden Bild der Liebe auseinandersetzen, sich überdenken und neusortieren. Das ist alles wieder so still, so fernab von jeglicher künstlichen Positivität und dennoch voller Wärme und auch Hoffnung. Und bei der kleinen Pointe am Schluss kommen mir wiederum die Fabeln aus meiner Kindheit in den Sinn, denn auch Kieślowski stößt am Ende immer wieder Gedankengänge an, die noch lange nachhallen.
                                                  Ein kleiner Gedanke nebenbei: Falls es da draussen Menschen gibt, die gerne in kleinen Gruppen Filme guckt um danach darüber zu diskutieren...jeder einzelne Dekalog ist wie geschaffen dafür!

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                                                    Du sollst nicht töten.

                                                    Der fünfte Dekalog, welcher mir durch die Langversion schon vorher bekannt war. Der Eindruck und die Aufnahme beider Versionen variiert aber nur geringfügig, das Mädchen spielt kaum eine Rolle, inhaltlich sind es sind nur 2 Punkt die mir eklatant auffielen. Einerseits erscheint mir die Langfassung "Krótki film o zabijaniu" rücksichtsloser in ihrer Wirkung auf den Zuschauer sein zu wollen. Die Kürze von "Dekalog, pięć" verleiht der Geschichte zwar noch mehr Kälte, weil diese schrecklichen Taten so abgehandelt wirken (was nicht negativ gemeint ist hier), die längeren Einstellung von "Krótki film o zabijaniu" sind aber definitiv die größer Qual.
                                                    Außerdem erschien mir die Rolle des Anwalts hier etwas mehr ins Zentrum gerückt und schon zu Beginn brannten sich diesmal dessen Worte in den Kopf, die mir mir bei Sichtung der Langfassung gar nicht so in den Kopf fuhren. Sinngemäß sagt er in den ersten Sekunden des Films: Das Gesetz soll nicht die Natur imitieren, es soll sie verbessern. Und damit wäre auch schon vieles über diesen Film gesagt.
                                                    Folgend möchte ich auch nur noch einen Auszug meines Kommentars zu "Krótki film o zabijaniu" anhängen, da das dort geschriebene naturgemäß (für mich) auch für "Dekalog, pięć" zutrifft:
                                                    "...Krzysztof Kieślowski formuliert hier keine Anklage, er scheint seinem Publikum zu vertrauen. Er erklärt auch nicht, er zeigt nur. Zwei Morde die oberflächlich nicht unterschiedlicher sein könnten, sich im Kern dann aber doch frappierend ähneln. Kieślowski zeigt den Akt, zeigt welch seltsame Situation das Töten ist. Der Mord wird nicht als Symbol für irgendetwas benutzt, nicht als Ausbruch von Gefühlen. Er wird gezeigt als das, was er in diesem einen Moment ist: Körperliche Anstrengung um einen anderen Menschen tot zu machen. Eine geplante, fast schon handwerkliche Tätigkeit, bei der eben das Resultat in beiden Fällen nicht nachvollziehbar ist. Das sagt aber schon nicht mehr Kieślowski, dieser zeigt nur die Morde und lässt überlässt die inhaltliche Ausrichtung von "Krótki film o zabijaniu" dem Zuschauer. Er verteidigt keine Seite, verurteilt keine, hat aber natürlich ein Ziel im Hinterkopf. Und dieses zeigt er hervorragend auf: Letztendlich gibt es keinen Unterschied zwischen diesen Morden. Im Kern sind sie gleich. Und man mag da Rechtfertigungen suchen und finden, Motive positiv und negativ bewertet werden, mann nach einem Sinn des Ganzen suchen und es verteufeln, wenn jemand ohne Sinn handelt. Beidesmale ist es Mord. Beidesmale kaltblütig durchgeführt.
                                                    Kein Aufschrei gegen die Todesstrafe. Ein stiller Anstoss für Befürworter und Gegner dieser, sich und ihre Haltung mal zu Hinterfragen. Denn selbst die, die eine solche Strafe ablehnen, bekommen duch ""Krótki film o zabijaniu" keine einfache Bestätigung geliefert. Sie sind verpflichtet sich über das "Was dann?" Gedanken zu machen.
                                                    Optisch und inhaltlich absolut außergewöhnlich. "

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