ElMagico - Kommentare

Alle Kommentare von ElMagico

  • 7 .5

    Dekalog, cztery
    Du sollst Vater und Mutter ehren.

    Ein zarter Unwohlfühlfilm, der das Tabuthema aber nur anknackst, aber zu keiner Zeit Grenzen überschreitet oder etwas Skandöleses im Hinterkopf hat. Trotzdem weiß man nie wie weit die Geschichte sich noch entwickelt, selbst das Extremste wäre im Bereich des Möglichen. Es hätte mich aber schon sehr gewundert, da Kieślowski dem Menschen mehr Herz und Verstand zuspricht, als man es allgemein im Autorenfilm gewöhnt ist. Und ich hier ist er letztendlich so etwas wie ein Anwalt der Menschen. Er untergräbt dieses 4. Gebot ein wenig, stellt seine Bedeutung in Frage, in einer Welt in der die funktionierende Familie, wie man sie sich in Bilderbüchern vorstellt, doch nur noch selten gibt. Es gibt soviele Familienkonstellationen, das ein solch eindimensionales Gebot fast wie ein Witz wirkt. Ganz zu schweigen davon, dass es heutzutage wohl auch ein elftes Gebot bräuchte, welche den Eltern auferlegt ihre Kinder zu ehren.
    Erzählt wir in "Dekalog, cztery" von der zarten Liebe die Vater Michal und seine Tochter Anka füreinander empfinden. Beide zweifeln an Michals tatsächlicher Vaterschaft und dann gibt es da auch noch einen ungeöffneten Brief an Anka, den ihr ihre Mutter kurz vor deren Tod geschrieben hat. Anka versucht immer mehr ihren Vater aus der Reserve zu locken, während dieser gegenüber diesen Gedanke schon lange in Opferrolle begeben hat, da er ihnen nicht nachgeben will. "Dekalog, cztery" gestaltet sich, wie auch schon die vorherigen Dekaloge, als ein sehr dialoglastiger Film, aber ohne viele Worte. Hier sprechen die Pausen und Gesichter mit, jedes Wort ist wohl bedacht und ja, man hört den Menschen bei Kieślowski einfach furchtbar gern zu. Oft etwas spröde und muffelig, aber im Herzen so gut.
    Aus dem Kontext herausgerissen und mit einer anderen Inszenierung würde mir dieser Film vielleicht nicht halb so gut gefallen. Er wandert bewusst auf dünnem Eis. Aber nach vier Dekalogen fühlt man sich schon etwas heimisch in dieser grauen Wohnsiedlung. Freut sich irgendwie wenn man einen Protagonisten aus den vorherigen Teilen im Aufzug wiedersieht und fühlt sich, ja....als wäre man schon einmal dort gewesen.

    17
    • 7 .5

      Dekalog, trzy
      Du sollst den Sabbat heilig halten.

      Der dritte Dekalog bestätig meine Vermutung, dass es wohl eher hinderlich ist, den gedanklichen Fokus zu sehr auf das jeweilige Gebot zu richten. Kieślowski benutzt den Feiertag nur als Ausgangsbasis für seine Geschichte, sucht aber keinerlei Bezug dazu, inwiefern dieser heilig oder heilig zu halten ist. Aber trotzdem kann man dem Film nicht jeglichen religiösen Aspekt absprechen, es ist nur viel allgemeiner gehalten, als ich es erwartet habe.
      "Dekalog, trzy" erzählt von der Weihnachtsnacht eines Pärchens, die vor Jahren ein abrupt beendetes Verhältnis miteinander hatten. Während er mit seiner Familie Weihnachten feiert, lockt sie ihn aus dem Haus und bittet ihn um Hilfe bei der Suche nach ihrem Mann, welcher verschwunden ist. Jedes Wort mehr würde diese kleine Weihnachtsgeschichte schon entzaubern und ja, richtig gelesen, für mich ist eine Weihnachtsgeschichte. Eine Geschichte von der Suche nach Geborgenheit, nach Wärme und einem kleinem Wunder.
      Dabei bleibt "Dekalog, trzy" lange völlig undurchschaubar, fällt im Vergleich zu seinen Vorgängern sogar etwas aus den Rahmen. Denn dieses Ungewisse, diese ergebnislose Suche nach Ewas Mann, nimmt immer seltsamere Formen an und hat mich stellenweise tatsächlich an so manchen Hitchcock-Thriller erinnert. Bröckchenweise offenbart der Film das etwas an Ewas Version der Geschichte nicht stimmt, man wähnt etwas böses und schreckliches...
      "Dekalog, trzy" mag auf den ersten Blick oberflächlicher wirken, damit tut man ihm aber Unrecht. Er mag nicht die Tiefe der ersten beide Teile besitzen, nicht deren bedrückendes Potential, aber negative Elemente sind ja auch keine Qualitätssiegel. Auch wenn mir das immer mehr der Fall zu scheint, wenn ich so verfolge was als anspruchsvoll und als banal betitelt wird. Egal, mir gefiel diese kleine traurige Geschichte, mir gefiel ihr myseriöser Mittelteil und mir gefiel das kleine Weihnachstwunder am Ende.

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      • 7 .5

        Dekalog, dwa
        Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

        Der zweite Dekalog zeigt sich in seinem Bezug zum entsprechenden Gebot viel vager und interpretationsoffener als sein direkter Vorgänger, von daher ist alles folgende auch mein ganz persönlicher Eindruck und ohne jeglichen Anspruch auf irgendeine Art von Richtigkeit. Aber darum ging es Kieślowski wohl auch nie, eher im Gegenteil. Denn bisher war der Zuschauer immer selbst in der Position entscheiden zu müssen, seine Sichtweise zu definieren. Der Dekalog scheint nichts zu sein, das man entschlüsseln kann, muss oder sollte. Der Dekalog ist eine Hilfestellung um sich selbst etwas besser zu entschlüsseln. Wie das aber im einzelnen aussieht, dass ist wohl bei jedem Menschen grundverschieden. Der Dekalog ist, ähnlich wie ich es immer bei David Lynch empfinde, kein Werk, von dem man je sagen könnte: Ich habe es durchschaut. Es ist Alles und es ist gleichzeitig Nichts, es lebt nur dann, wenn man es mit Leben füllt und dann gehört es auch nur einem selbst.
        "Dekalog, dwa" warf für mich die Frage auf, inwieweit der Mensch Gott spielen darf. Dabei hält er sich weit, weit entfernt von jeglichen Spielereien mit Schuld oder Verantwortung, wie von seinen Zuschauern, scheint Kieślowski auch von seinen Figuren eine ganz persönliche Entscheidung zu dieser Frage einzufordern. Er scheint aber diesmal, bevor die Entscheidung gefällt wird, mahnend einzuwenden, dass man seine Argumente mit Bedacht behandeln sollte. Was ist der Wert der Dinge? Des Lebens? Der Liebe? Des Todes? Ist das Leben soviel Wert wie eine Liebe? Oder die Liebe soviel wie ein Leben? Und wie sehr darf dabei die Eventualität des Todes eine Rolle spielen?
        Zwischen all dem muss sich die Schwangere Dorota entscheiden, deren geliebter Mann Andrzej im Sterben liegt, während das Kind von einem Seitensprung mit einem guten Freund stammt. Während sie ihre Lage als Dilemma empfindet, sieht Andrzejs Arzt diese Situation jedoch, aus ganz anderen Gründen, als Gabe. Aber schon im ersten Dekalog zeigte Kieślowski, dass dem Mensch völlige Kontrolle unmöglich ist und so kommt es auch hier.
        Prinzipiell mach ich gern einen großen Bogen um solche Geschichten, schnell ekelt mich der Umgang mit solchen Themen an und oft genug zweifle ich dann auch an mir selbst. Die Art Kieślowskis scheint hier aber wie Balsam für mich. Es war ok. Es gibt keine dreisten Entschuldigungen und keine sinnlosen Vorwürfe. Zwar kann "Dekalog, dwa" ein gewisse Künstlichkeit seiner Geschichte nicht ganz vertuschen, diese zwei im Mittelpunkt des Films stehenden Personen, Arzt und Dolota, verleihen diesem Werk aber die Herzlichkeit, welche die Story ein klein wenig vermissen lässt.

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        • 8

          Dekalog, jeden
          Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

          Der Einstieg in Krzysztof Kieślowskis Filmreihe, in seine Interpretation der 10 Gebote und es es ein warmer Empfang. Zugegebenermaßen, ich hatte etwas Vorbehalte gegenüber diesen Filmen. Kann ich mich als überzeugter Atheist durch 10 religiös geprägte Filme kämpfen? Wird es mich anwidern? Was, wenn mir die Filme gefallen, ich aber inhaltlich damit nicht zurecht komme? Die Langfassung des fünften Dekalogs "Krótki film o zabijaniu" konnte mich jedoch begeistern und so hoffe ich, dass es die anderen Teile diesem geich tun.
          Und ja, Gott und Religion haben ihren Platz in "Dekalog, jeden". Ein Film über den Glauben, aber alles andere als eine Antwort auf die Frage nach diesem. "Dekalog, jeden" wirft weitaus mehr Fragen auf als er beantworten könnte, wenn er das denn überhaupt wollen würde. Er will es nicht. Denn was mir lange nach einem Vergleich zwischen Spiritualität bwz. Glaube und der Welt der wissenschaftlichen Fakten erschien, was oberflächlich auch zu der richtigen Erkenntnis, die wie aus einer einer Kinderfabel erscheint, nämlich dass das Leben nicht ausgerechnet werden kann, dass schwang sich am Ende doch zu einer viel größeren Fragestellung empor. Macht irgendein Glaube denn überhaupt Sinn? Rettung kann doch keiner der Lebensentwürfe geben und jeglichem Glauben bleibt nur der Trost.
          Und wo ich von Kinderfabeln spreche: "Dekalog, jeden" versprüht lange die Milde und Warmherzigkeit eines Kinderfilms. Der kleine Pawel erkundet die Welt und hinterfrag alle Seiten die er kennenlernt und zieht seine ganz eigenen Schlüsse. Er steht dem Leben mit offenen Armen entgegen und verleiht, zusammen mit seinem Vater und der Tante, seiner tristen Umgebung soviel Wärme und Herzlichkeit.
          Ein schöner Einstieg, der mir eigentlich alle Zweifel an den restlichen Teilen des Dekalogs nahm und der, trotz seiner eigentlich tragischen Geschichte, mir ein sehr schönes Gefühl vermittelte. Ein Film, den man so eigentlich nur machen kann, wenn man die Menschen wirklich mag.

          16
          • 6

            Ich würde "Biutiful" so gerne so viel mehr mögen, aber sovieles in mir wehrt sich dagegen, da ich ständig das Gefühl hatte, Iñárritu füllt ganz bewusst meine Schuhe mit Zement, nur um auch ganz sicher sein zu können, dass ich mit diesem Film auch untergehe. Das ist alles irgendwie ansprechend, geht in den besten Momenten auch zu Herzen, ist aber viel zu sehr durchtränkt von einem Weltschmerz, welcher sich diesmal selbst zu genügen scheint.
            Leider kann hier der vorzüglich zurüchhaltend agierende Javier Bardem dem Film nur teilweise zu einem besseren Gesamteindruck verhelfen, denn so sehr er durch sein Spiel seiner Figur Authenzität verleiht, so sehr wird diese vom Charakterentwurf Iñárritu genommen. Als müsse dieser Mann alle Pein der Welt auf sich vereinen, wird ihm auf seinem Weg kontinuierlich Stein auf Stein in sein Säckchen geworfen, mit dem er durch das Leben geht. Dieser Uxbal hat nicht nur im privaten Bereich Probleme an allen Ecken und Enden, er muss sich auch noch mit den großen sozialen und wirtschaftlichen Problemen dieser Welt herumschlagen und ist dabei mit einer ambivalenten Gutmütigkeit oder Gerechtigkeit gesegnet, die ich ihm einerseits nie ganz abnehmen konnte und ihn andererseits auch zu einer seltsamen, fast schon religiösen Figur hochstilisierte.
            Inszenatorisch zumeist über jeden Zweifel erhaben, scheitert "Biutiful" daran, dass er sich einfach zuviel vornimmt und mit all seinen Elementen nichts mehr anzufangen weiß. Ein Fokus auf die Intimität des Privaten hätte aus diesem Film eine großartige Milieustudie machen können, welche dann meinetwegen auch ein bisschen rührselig hätte sein können. Wohl hätte dann das Potrait dieser recht wilden Stadt viel besser gegriffen. Iñárritu überfrachtet dieses Bild aber, verwischt den Blick durch zuviele Einflüsse. Wirkt die Geschichte der Afrikaner noch recht anständig ausgearbeitet, so erscheint einem z.B. die Storyline rund um die Chinesen teilweise nicht wirklich nötig. Und immer öfter fragte ich mich: Warum? Warum müssen diese beiden chinesischen Geschäftspartner jetzt auch noch homosexuell sein? Wieso muss der Bruder jetzt unbedingt mit Uxbals Frau schlafen? Warum diese komische Fähigkeit von Uxbal? Ich wusste bei vielen Dingen einfach nicht wozu sie gut sind in "Biutiful", sie gaben mir nur das Gefühl da zu sein, um eben noch einen Problem aufzuzeigen, noch eine dunkle Tür zu öffnen. Wenn deren aber schon 10 offen sind, dann stört mich die 11 aber halt auch kaum noch.
            Vielleicht hab ich es einfach nicht kapiert, aber wirklichen Zugang konnte ich zu diesem Film nie erlangen. So sehr mir die Figur des Uxbal eigentlich zusagte, so sehr mich der Kern seines Leidensweges auch interessierte, so sehr verlor ich mich dann auch in diesem Berg an Bedrückung.
            Zumindest eine lang gehegte Frage konnte mir "Biutiful" beantworten: Es gibt im Jenseits Zigaretten! Juhu!

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            • 7
              über Babel

              Ein drittels mal verwebt Alejandro González Iñárritu verschieden Schicksale miteinander, kann bei mir jedoch nicht das Gefühl der Vorgänger erzeugen. Also ob er in "Babel" erstmals von Dingen erzählt, die er nicht kennt. Als ob Iñárritu Menschen zeigt, die ihm diesmal selbst etwas fremd erscheinen. Es herrscht eine Künstlichkeit vor, die man nie so ganz aus seinen Gedanken verbannen kann, zudem kommt diesmal auch eine gewisse Vorhersehbarkeit hinzu, ein tragische Spirale, die dem Gesamteindruck eher schadet. Denn je dunkler "Babel" wird, umso uninteressanter empfand ich die Geschichten.
              Iñárritu spielt mit den Schicksalen, spielt mit Klischees und Vorurteilen. Setzt sie ein, widerspricht ihnen und stolper ab und an selber über diese. Denn sichtlich bemüht er sich um einen größeren Rahmen, lässt die Intimität von "21 Grams" hinter sich und begibt sich dadurch inhaltlich immer wieder in Erklärungsnot. Und genau dann passiert es: Die Geschichte nimmt eine seltsame Drehung um voranzukommen oder es taucht plötzlich eine gefühlt seelenlose Figure auf, die mit ihrem klischeehaftem Handeln die Story am Laufen zu halten. Dies hinderte mich daran in "Babel" versinken, hielt mich auf Abstand und nervte mitunter auch einmal. Besonders die Japan-Story berührte mich herzlich wenig, war für mich zu fremdartig, was aber sicherlich auch an dieser (für mich) seltsamen J-Pop-Whatever-Welt und der japanischen Sicht der Dinge ansich liegt.
              Tatsächlich herausragen kann "Babel" nur, wenn er die Gesichter sprechen lässt und hier vorallem wenn es die sind, die man nicht schon tausendmal gesehen hat. Dann trifft "Babel" die Stellen der Seele, die er wohl ansprechen will, die Stellen, die Iñárritu mit "21 Grams" fast schon vereinnahmt hat. "Babel" ist ja auch beileibe kein schlechter Film, es fehlt ihm einfach hin und wieder das ganz besondere Etwas. Andererseits wäre es aber auch fast schon ein Wunder, wenn Iñárritu es dreimal hintereinander geschafft hätte, kaum in Worte zu fassende Gefühle und Gedanken mit filmischen Mitteln so hervorragend umzusetzen wie in "Amores perros" und "21 Grams".

              13
              • 9

                Eigentlich müsste "21 Grams" wie ein heilloses und Unruhe verbreitendes Durcheinander wirken. Es wird zwischen dein einzelnen Protagonisten und Zeitebenen scheinbar wahllos hin und her gewechselt und ohne große Erklärungen wird man in diese aufblitztenden Fragmente geworfen. Überraschenderweise wirkt der Film aber vollkommen stimmig und wie aus einem Guß. Er fließt, warm und sachte, geradlinig seinen Weg und zieht einen mit, umschmeichelt einen und ja, mir vermittelte er sogar ein Wohlgefühl.
                Dabei laden die verschiedenen Handlungsstränge dieses Films sicherlich nicht zum Füße baumeln lassen ein, so traurig aber auch die Geschichte sein mag, es schwint in allem sehr viel Wärme und Liebe bwz. Verständnis für die Menschen mit. Dabei ist diese Story als ganzes sicherlich ein Konstrukt, die einzelnen Teile sind wiederum aber völlig glaubhaft und vorallem die Figuren vermitteln einen Grad an Echtheit, der viele der Zweifel am Gesampaket schnell erlischen lässt. Gerade der Charakter des Jack ist ein ganz großer Pluspunkt des Films, da er einerseits schon etwas absurd erschein, andererseits aber doch wie aus dem Leben gegriffen scheint.
                Es ist nichts schönes, dass uns "21 Grams" erzält, der Film hat nichts angenehmes zu zeigen. Er ist zutiefst Melancholisch und hat wirkliches Mitgefühl mit seinen Protagonisten. Aber auch etwas sehr tröstendes wohnt "21 Grams" inne, etwas das alle Bitterkeit fernhält und das dem Hass wenig Platz gibt. Und wie schon "Amores perros" windet sich auch dieser Nachfolger Iñárritus um eine konkret definierbare Aussage, um das eine, an dem man den ganzen Film festmachen könnte. Denn "21 Grams" zeigt wie grausam das Leben sein kann, er zeigt aber auch, dass die meisten Grausamkeiten sich im Kontext des großen Ganzen meist auflösen. Das es immer irgendwie weitergeht. Das es ein Schicksal gibt, dies aber im Grunde unbedeutend ist. Dass das, was wir Schicksal nennen, keine Belohnungen oder Strafen verteilt, sondern nur ein anderes Wort für den Lauf des Lebens ist und dass dieser ein sehr zartes Gebilde ist. So zart, dass er durch den berühmten Schmetterlingsschlag leicht aus den Fugen geraten kann, schreckliche Formen annimmt und für Momente unkontrollierbar erscheint.
                Ein wunderschöner, fast schon meditativer Film, der einen so Gefangen nimmt, dass man seine handwerkliche Brillanz kaum noch wahrnimmt. Ein Film der traurig macht und ein Film der einen leise Worte des Mutes zuflüstert.

                9
                • 8 .5

                  Wie eine halbe Ewigkeit fühlte es sich an, als ich mir diesen Film heut wieder einmal anguckte. Eine der ersten DVDs die ich mir kaufte und ein bisschen kam es mir vor, als wäre das ein anderer Mensch gewesen damals.
                  Ich konnte mich eigentlich auch nur vage daran erinnern, dass mich die Wucht von "Amores perros" beeindruckte und der Film von einer eigenartigen realistischen Künstlichkeit geprägt war. So direkt aufnehmen konnte ich "Amores perros" heut nicht mehr, was er präsentiert konnte keinen so großen Wow-Effekt mehr hervorrufen. Ehrlich gesagt wusste ich im ersten Moment noch nichteinmal was man über diesen Film hätte sagen können. Noch nicht mal ein Wort das irgendwie gepasst hätte wollte mir einfallen. Und das meine ich nicht im geringsten negativ, es soll so rein gar nicht heißen, dass "Amores perros" ein schlechter Film ist, ich kann dessen Geist nur schwer in Wort fassen...zu flüchtig und hauchdünn scheinen dieser zu sein.
                  Ein Episodenfilm, dessen einzelne Handlungsstränge sich zwar kurz berühren, der aber nicht den Fehler macht, diese mit aller Gewalt verbinden zu wollen, nur um eines dieser Enden zu kreiren, welches die Leute als Sinn des Films ausmachen. Das braucht "Amores perros" nicht und das will er auch nicht. Er hat noch nicht einmal einen wirklichen Höhepunkt, denn auch das braucht er nicht. Inszenatorisch ist er für mich sowieso über jeden Zweifel erhaben. Tief und anspruchsvoll und trotzdem realistische Milieustudie. Geprägt von großer Dramatik, aber immer ganz nah am Puls des Lebens. Genauso roh, wie er feinfühlig ist.
                  Und so verschieden die einzelnen Episoden auch angesiedelt sind, was sie für mich alle 3 darstellen ist die suche nach dem persönlichen Glück. Das Suchen. Das Finden. Das Verlieren. Denn wenn mir der Film etwas sagte, nein eigentlich flüstert er es eher, dann ist es dies: Was willst du? Willst du mehr? Dann nimm es! Willst du dann noch mehr? Wann ist es gut? Ist es jemals gut? Oder immer schlecht? Dein Glück ist dir immer meilenweit voraus! Oder ist es neben dir? Nach mehr streben und hoffen? Oder das lieben, dass man hat? Was ist dieses Glück?
                  Ein Glücksfall ist auf jeden Fall "Amores perros"!

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                  • 8 .5

                    Mit einem Wisch könnte man dieser Werk als überkonstruiert abtun, es darauf reduzieren, dass es nur möglichst tiefe Emotionen erheischen will. Bis zu einem gewissen Punkt mag das auch stimmen, wollte ich zumindest das es so ist, denn das Gesehene war einfach so unendlich unangenehm. Diese gedankliche Flucht bröckelt aber, wenn man "Incendies" als Ganzes betrachtet, sich klar mach das dies kein Einzelschicksal in den Wirren des Krieges ist, sondern dass sich Schicksal und Krieg hier untrennbar einander bedingen. Und mir ging dieses eine Sprichwort immer wieder durch den Kopf: Im Krieg und der Liebe ist alles erlaubt.
                    "Incendies" ist dabei aber sogar noch recht gnädig. Er dramatisiert nicht unnötig und gibt dem Zuschauer schon recht früh kleine Einblicke, so dass dieser vom Ende nicht zu sehr niedergeschmissen wird. Man weiß das wird nichts schönes kommen, auch wenn ich persönlich nicht vorhersah wie niederschmetternd sich dieses Ende dann tatsächlich gestalten würde. Und wie oben angedeutet: Ich versuchte mich erstmal in Zweifel zu flüchten. Nur eine erfundene Geschichte, ein Film, Phantasie...aber dieser Krieg, dieser blinde Hass, dieses Gemenge aus Gewalt und persönlichem Schicksal...in diesem Rahmen konnte ich diese Geschichte nie ins Reich der Erfindungen verbannen, unterbewusst weiß man, dass das Leben solche abscheulichen Geschichten schreibt.
                    Und von eben dieser Geschichte lebt "Incendies" auch. Er zeigt sich ansonsten sehr reduziert, bleibt auf eine seltsame Weise ziemlich objektiv. Kaum etwas wird zum guten oder schlechten verklärt, fast nüchtern verfolgt die Kamera die Wege der einzelnen Figuren. Selbst bei den Gewalteskalationen bleibt "Incendies" stiller Beobachter, er versucht noch nicht einmal diesen Bürgerkrieg zu erklären und tut damit, für mich, seinen größten Kunstgriff. Denn auch ich fragte mich immer wieder: Wer ist hier wer gerade? Warum passiert das? Aber man merkt auch schnell, dass dies eine Spirale der Gewalt ist, in der selbst die Beteiligten kaum noch wissen warum sie was tun. Ein abscheuliches Spiel aus Reaktionen auf Reaktionen, in der beide Seiten jegliche Werte zur Seite schieben und nur noch blinder Hass regiert. Und genau das ist der Boden aus dem solche Geschichten wachsen, die ein solch erschütterndes Schicksal ermöglichen, so abstrus es auf den ersten Blick erscheinen mag.
                    Und Nein, "Incendies" macht mir nicht den Eindruck irgendjemanden provozieren zu wollen. Dafür ist er doch zu liebevoll, zu herzlich. Der Film rühmt sich seiner Abscheulichkeiten nicht, er scheint sich eher um die Opfer zu kümmern. Vielleicht bedarf es solcher emotionalen Niederschläge um Heute noch gehört zu werden, wenn man sagen will: Krieg ist die sinnloseste Abscheulichkeit der Menschheit.

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                    • 7 .5

                      Irgendwie schafft Sion Sono bei mir, woran andere ziemlich regelmäßig scheitern. Abgrundtief ekelhaftes, abstossendes und moralisch fragwürdiges so zu verpacken, daß ich mich eigentlich kaum daran reibe, das es alles irgendwie halbwegs Sinn für mich macht und ich mich selbst immer wieder überwinden kann. Außerdem macht er mich, so andere Kommentatoren hier nicht lügen, zum Kinohipster und gleichzeitig minderbemittelten Menschen....und das ist doch schonmal was, finde ich.
                      Überhaupt kommt es mir bei "Tsumetai Nettaigyo" etwas so vor, als wurde Sion Sono einfach von zuvielen zulange abgefeiert, so dass man jetzt endlich mal mit dem Hammer der Kritik auf ihn einschlagen muss. Profil gewinnt man eben nur dadurch, indem man einen angesehenen Regisseur niederreißt. Nun ja, ich kann dem ganzen nicht folgen, ich sah mehr und vorallem andere Dinge in diesem Film.
                      "Tsumetai Nettaigyo" ist nicht zimperlich, absurd deutlich ist die Bildsprache und wenn hier von Blut und Gewalt die Sprache ist, dann heisst das bei Sono eben genau das: Blut und Gewalt. Und sicherlich provoziert dies den Zuschauer in einem gewissem Maße, aber ich empfand es zu keinem Moment als sinnentleerten Selbstzweck. Es mag ein blödes Beispiel sein, aber provozierten die Monthy Pythons jemals nur einfach so? Selbst in ihren abstrusesten Witzen lag ein Sinn, eine Wahrheit. Und soviel anders ist die Herangehensweise eines Sonos nicht: Er zeigt ein völlig übersteuertes und schon unrealistisches Bild von Sex und Gewalt. Er karikiert die Täter so ins unermessliche, dass sie schon wieder unweigerlich den Verlierer ihres Seins nach außen kehren. Selbst die tatsächliche Macht der Täter ist meist nur eine vorübergehende Illusion. Auch das Frauenbild in "Tsumetai Nettaigyo" weitaus weniger negativ als es oft dargestellt wird. Der Mann wird als dominanter und bestimmender Teil der Familie dargestellt, Frau und Kinder haben zu gehorchen. Soweit richtig und leider gängiges Gesellschaftsmodell in Japan (und ja durchaus auch hier bei uns). Aber sie können diese Macht nur durch Gewalt und Demütigung durchsetzen, agieren außerdem zwar egoistischer, aber auch um einiges unüberlegter. Selbst die von Gewalt geprägte Dominanz brökelt wenn Frauen nur einmal Lächeln, geschweige denn mehr einsetzen und am Ende sind alle Männer hier mehr von ihren Frauen abhängig als es andersherum ist. Negativ ist hier das Männerbild.
                      Aber auch abseits von all diesen inhaltlichen Ebenen hat "Tsumetai Nettaigyo" für mich funktioniert. So sehr Sono auch in allem übertreibt, er schafft es immer mit einem Bein auf dem Boden zu bleiben. Egal wie absonderlich sich alles anfühlt, dieser Strudel in den der biedere Familienvater oberflächlich erscheint, dass alles hat seltsamerweise immernoch Hand und Fuss. Es ist eben eine fast schon comichafte Abhundlung dieser Geschichte. Es ist auch keine Spannung die aufkommt, es ist die Faszination des Morbiden die einen an den Bildschirm fesselt. Wie weit graben sich die einzelnen Personen noch in den Dreck? Wer befreit sich und wie? Und wer wird davon am Ende übrig bleiben. Für mich war "Tsumetai Nettaigyo" eine wirklich intensive, grenzwertige, aber auch unterhaltende Erfahrung.

                      21
                      • 3

                        Der nächste von religiösen Motiven geprägte Horror-Triller und eigentlich müsste ich "Bless the child" lieben, denn der Film bedient sich bei allerlei Streifen, welche ich zu meinen Favoriten zähle. Leider schaffte man es aber zu keinen Zeitpunkt aus diesen Teilen ein stimmiges Ganzes zu kreiren, nichts mag so richtig zueinanderpassen und um dieses Manko halbwegs zu umgehen benutzte man tonnenweise Schmalz, Kitsch und religiöse Symboliken als Kitt.
                        Dabei offenbart sich "Bless the child" schon in den ersten Minuten. Wo andere Filme einen noch in Normalität einlullen und eine Basis für die kommenden Ereignisse schaffen wollen, da fällt dieser Film direkt mit der Tür ins Haus. Die Drama-Schraube wird gleichmal bis zum Anschlag aufgedreht, das Böse und das Gute werden überdeutlich definiert und man erwartet schon hier jeden Moment einen Heiligenschein über Kim Basinger zu erblicken. Dieses Stilmittel, alles mit dem Dampfhammer zu erklären, so dass es auch wirklich jeder versteht, ist dann wohl auch das ärgerlichste an diesem Film. Als würde Regisseur Chuck Russel sein Publikum für völlig verblödet halten, schiebt er immer wieder in den Vordergrund, was man als Zuschauer lieber zwischen den Zeilen lesen würde. Das wirkt unangenehm aufdringlich und wo andere Filme einen bei der Hand nehmen und sanft führten, da versucht "Bless the child" einen ständig in die von ihm vorgesehene Richtung zu drängen.
                        Aber schon in der Mitte des Films kann der Kitt kaum noch die einzelnen Teile beieinander halten, inhaltlich zerfällt alles und "Bless the child" erscheint nicht im geringsten durchdacht, sondern vielmehr als hätten die Macher immer wieder panisch nach dem nächsten Puzzleteil gesucht, welches halbwegs passen könnte. Und dann stimmt irgendwann gar nichts mehr. War die "Normalität" schon unzureichend dargestellt, wendet man sich dann auch noch dem Übernatürlichen (ich nenn es mal so) zu und verliert dadurch jegliche Bodenhaftung. Man rettet sich dann irgendwie noch ins Ziel, dieses ist dann aber schon von reinem, fast unerträglichem religiösem Pathos geprägt. Ein Erlösungsgedanke wie aus einer Kinderbibel.
                        Handwerklich annehmbar heruntergedreht und schauspielerisch auch ohne große Mankos, mag ich bei "Bless the child" nicht allzu sehr die positiven Elemente suchen. Denn letztenendes ist es nur eine unnötige Ansammlung aus Versatzstücken und Klischees vorheriger Filme, bei der man weder vorher ordentlich aussortiert hat, noch das Können besaß die Teile anständig aneinanderzufügen.
                        Und es ist schon bezeichnend, dass das unglaubwürdigste an diesem Film etwas recht banales ist. Denn halte ich es in meinem tiefsten inneren noch für möglich das es so gute Menschen gibt, Detectives die Priester werden wollten, es irgendwo tatsächlich so komische Goth-Verschnitte gibt, die sektenmäßig die Weltherrschaft erlangen wollen, ja, sogar dass es solche Dämonen, Teufel und Engel (oder waren das doch Libellen?) vielleicht ja wirklich gibt...eines kann ich definitiv niemals nie glauben: Das sich eine Krankenschwester eine Haushaltshilfe leisten kann!

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                        • 6 .5
                          über Dämon

                          Ich hab ja eine ausgeprägte Schwäche für solch ein Mystery-Religions-Grusel-Geschwurbel und auch "Fallen" empfand ich schon immer als grundsoliden Genrebeitrag. Zwar kann der Film nicht gänzlich einlösen, was seine Fassade verspricht, aber unterhält einen 2 Stunden lang recht angenehm, vermeidet allzu alberne Plot-Twists und hat einfach einen Haufen hochkarätiger Schauspieler an Bord, die "Fallen" eben zu etwas mehr Glanz verhelfen, als er das eigentlich verdient.
                          Dabei ist der Kern der Geschichte ein sehr vielversprechender. (Spoiler) Ein Dämon der sich durch Berührungen zwischen Menschen unter diesen hin- und herbewegen kann, eröffnet eigentlich eine vielzahl an Möglichkeiten dies filmisch umzusetzen. Grundlegend tut dies Regisseur Hoblit auch ganz gut, konzentriert sich dabei aber sehr auf die actionlastigen Optionen diese Prinzips. Es wird einem auch meist offen gezeigt in wem der Dämon gerade steckt, so dass aus diesen Situationen auch konsequenterweise auch immer eine Aktion entsteht. Das ist gut gemacht und spannend umgesetzt, ein bisschen verschenkt der Film hier aber sein Potential. Wie unheimlich wäre es gewesen, würde sich der Dämon nicht ständig zu erkennen geben. Das Resultat wäre sicherlich etwas komplizierter und schwerer zu durchschauen, der Spannungsfaktor aber um einiges höher.
                          Doch auch so kann die Geschichte durchaus überzeugen, wenn auch dieses Katz und Maus Spiel mit der Zeit etwas ermüdet. Irgendwann beginnt einen dieses immergleiche Vor und Zurück zwischen dem Dämon und Hobbes etwas zu langweilen, weil dem ganzen eben inhaltlich nicht mehr viel hinzugefügt wird und man eigentlich nur noch auf die Auflösung wartet. Da wären 20 Minuten weniger Laufzeit sicherlich zu verschmerzen gewesen.
                          Das Ende ist dann aber doch ziemlich gut gelungen, auch wenn es so richtig nur einmal funktioniert. Kein Film über den man noch lange rätselt, keiner der dem Genre irgendwas Neues geben könnte. Aber ein Film dem man einfach ganz gerne sieht solange er läuft, auch wenn er danach schnell vergessen ist. Ein B-Movie im absoluten A-Gewand, der immens durch die Charakterköpfe Washington, Sutherland und vorallem Goodman gewinnt und mir persönlich dadurch imponierte, dass er seinen Plot visuell sehr altmodisch und traditionell umsetzte und dabei fast auf jeglichen optischen Schnickschnack verzichtete.
                          Und genauso wie hier die Rolling Stones, müsste viel öfters Musik in Filmen eingesetzt werden. Nicht nur eine schöne Melodie oder markttechnischer Schachzug, sonder mit Köpfchen und Hintersinn ausgewählt.

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                          • 6
                            über Ed Gein

                            Gar nicht so schlecht. Aber nie richtig gut. Irgendwie verliert sich "In the Light of the Moon" ein bißchen im Nirvana zwischen TV-Optik, Horror, Biopic und Psychothriller. Alles ist da, aber eben nichts im zufriedenstellenden Maße. Erfreulich ist aber, dass "In the Light of the Moon" immer recht Bodenständig bleibt, sich nicht auf darauf beschränkt irgendwelche Ekelhaftigkeiten und Schauwerte aneinanderzureihen, sondern sich bemüht die psychologische Seite hinter Ed Geins Taten zu beleuchten.
                            Dies funktioniert jedoch nur bedingt. Dem Film scheint an allen Ecken und Enden das nötige Quäntchen Entschlossenheit, Hintergrundwissen und oftmals auch Können zu fehlen. Völlig ambivalent pendelt "In the Light of the Moon" zwischen wirklich recht guten Ansätzen und dem bedienen gängiger Serien-Killer-Klischees hin und her. Da fehlt einfach etwas, vorallem hätte man sich wohl entsprechend Zeit nehmen sollen. Vieles wird in kurzen Rückblenden erzählt und Geins Leben wirkt dadurch wie das eines Bilderbuch-Serienkillers. Hier wird oft hastig kaputt gemacht, was der Film ansonsten recht gemächlich und ansehnlich aufbaut.
                            Denn prinzipiell hat "In the Light of the Moon" ein recht unaufgeregte, morbide Atmosphäre in die man gerne mehr eintauchen würde. In seinen besten Momenten wandelt der Film gekonnt auf der dünnen Linie zwischen ernsthafter Charakterstudie und Horrorfilm, verliert aber durch das wiederholte verwenden von völligen Allgemeinplätzen immer wieder an Intensivität. Das diesem Film aber selbst in den schlechteren Phasen immernoch ein gewisser Grad an Qualität erhalten bleibt, liegt in hohem Maße am Schauspiel von Steve Railsback als Ed Gein. Er verkörpert all die Facetten dieses Menschens wirklich gut und schafft es für Momente sogar, so etwas wie Sympathie für die Figur zu erheischen. Er stellt diese Figur dar, wie man sich eigentlich den ganzen Film wünschen würde: Völlig undurchdringlich und so vielschichtig in all seiner Einfachheit, dass man nie weiß, woran man bei ihm ist.
                            Insgesamt um einiges ambitionierter und im Endeffekt auch besser als die unzähligen Direct-to-Video-Produktionen die sich an all den bekannten Serienmördern aufarbeiten, aber meist doch nur ein Vehikel dafür sind, mit recht vielen Gewaltszenen und viel Blut ein gewisses Klientel zu bedienen. Dies tut "In the Light of the Moon" zu keinem Moment. Sehr spärlich, dafür umso wirkunsvoller setzt er die Abartigkeiten diesen Mannes visuell ein, schlachtet selbst seine Taten kaum für Schauwerte aus. "In the Light of the Moon" will Licht ins Dunkel der Psyche Ed Geins bringen. Das er daran scheitert und es oft nur bei guten Ansätzen bleibt ist schade, ein interessanter Genrebeitrag ist dieser Film dennoch.

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                            • 8 .5

                              Kein einfacher Film und so ziemlich genau das Gegenteil von Berieselung. Denn lässt bei "Tinker Tailor Soldier Spy" mal für 5 Minuten die Konzentration nach, kann es leicht passieren das man völlig raus ist, das Kartenhaus zusammenbricht und einen unter sich begräbt. Obwohl der Film so elegant, so ruhig und still ist, liefert er eine Flut an Informationen, Gesichtern, Namen und Augenblicken die einfach so wichtig sind. Ein Film bei dem das Popcornrascheln nur stören würde, bei dem die Toilette mit dem Abschalten des Films gleich käme. Ein Film den man sich erarbeiten muss, den man irgendwo auch durchhalten muss und den man auch immer nur mit halber Kraft genießen kann. Und ein Film, der einem am Ende seltsam unzufrieden zufrieden macht.
                              Vielleicht erklären sich so auch die doch sehr arg unterschiedlichen Bewertungen ob dieses Films. Da gibt es wirklich nur Entweder Oder und zum mal nebenbeigucken oder für den gemütlichen Filmabend mit Freunden taugt "Tinker Tailor Soldier Spy" so gut wie nicht. Er will den Zuschauer ganz oder gar nicht, bekommt er ihn nur halb, wird er sicherlich zum zählflüssigem Langweiler, voll von gestelzten Menschen und muss einem wie ein 2stündiger Leerlauf vorkommen. Lässt man sich aber komplett darauf ein, dann webt einen dieser Film langsam ein, zieht die Fäden immer enger und lässt einen alles um einen herum vergessen. Das ist genauso spannend, wie es auch kompliziert ist. Das ist fesselnd, wie es anspruchsvoll ist. Und in dem ganzen schwebt auch eine sehr zarte und bittere Melancholie mit, welche man nie deuten kann, sie aber immer spürt.
                              Ein bisschen erinnerte mich "Tinker Tailor Soldier Spy" an die Momente, in denen man irgendein wichtiges Schriftstück sucht und seine gesammelten Unterlagen vor sich auf dem Boden ausbreitet. Eine eigentlich ernsthafte und unangenehme Arbeit, aber zwischendrin findet man doch immer wieder Dokumente die einen zurückdenken lassen an vergangene Momente und vergessene Gefühlte. Oft schleicht sich da auch mal ein Bild oder ein Brief ein und man hält einen Augenblick inne, erinnert sich und sucht weiter...oftmals mit einem flauen Gefühl im Magen.
                              Wie erwähnt ist der Film ein sehr gläsernes Konstrukt, das leicht zerstört werden kann, oft nicht sonderlich stabil ist und bei dem man viele Ecken und Enden auf Anhieb nicht erkennt. Das dieses Gebilde überhaupt funktionieren kann, ist sicherlich auch Verdienst dessen, was wir hier gerne einen überragenden Cast nennen. Und das ist er einfach. Jeder der Beteiligten Schauspieler macht seine Aufgabe hier ausgezeichnet, vorallem weil es scheint als würde sich jeder der Wertigkeit seiner Rolle bewusst sein. Alle transportieren diese Ruhe und Stille, die doch eigentlich gar keine ist. Aber nicht die Schauspielkunst der Akteure nahm mich an die Hand und führte mich in diesen Film ein, sondern etwas viel profaneres: Der Film ist voll von Gesichtern die einfach gern sehe. Die ich gern beobachte. Die ich gern auf ein stücklang begleite.
                              Tomas Alfredson schafft es nach "Låt den rätte komma in" ein sehr eigene und stimmige Atmosphäre zu erzeugen und sein Werk gleichzeitig drückend und doch nachdenklich zu gestalten. Ohne viel Trara ermöglicht er einen Blick einen fremden Mikrokosmos, macht ihn verständlich, hält den Zuschauer aber auf sicherer Distanz.
                              Und am Ende hat man doch mehr von diesen Menschen übernommen als denkt. Denn die letzten Züge des Finales erscheinen einem kaum mehr wie ein filmischer Plot, sondern wie unumgängliche Konsequenzen in dieser Welt. Ein Rätsel das gelöst ist, dessen Lösung aber niemanden glücklich macht...auch den Zuschauer nicht.

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                              • 7 .5

                                Filmischer Eskapismus pur.
                                So mittelmäßig "The Hobbit: An unexpected Journey" auch tatsächlich sein mag, so sehr ich zugeben muss, dass sich der Film 1 oder 2 Punkte einfach durch die Existenz der "Lord of the Rings"-Trilogie verdient hat, muss ich sagen: Irgendwie merkt man es nicht. Die Sensoren schlagen nicht bei jedem kleinerem Manko aus, man begegnet dem Film wohlwollend, wie einem alten Freund. Ich gönne dem Film diese Milde aber nicht zu, weil ich dem Franchise die Stange halten will, sondern honoriere hier auch, was Peter Jackson geschafft hat, indem er dieser Welt Leben einhauchte. Man ist für 3 Stunden weg, nicht mehr in dieser Welt, erinnert sich an Landschaften, trifft alte Bekannte, wir mitgenommen auf Spaziergänge in neue Regionen und hört Geschichten die man bisher nicht kannte. Vielmehr will ich manchmal doch gar nicht von einem Unterhaltungsfilm, als dass er mich eine Zeitlang vom Alltag entführt und mir ein gutes Gefühl gibt. Auch das ist doch Kino. Und "The Hobbit: An unexpected Journey" nimmt einen mit auf diese Reise und ich war so gern dabei, die ersten Töne des typischen Scores fühlten sich an wie Balsam.
                                Aber natürlich ist auch mir aufgefallen, dass sich manche Dinge in Mittelerde verändert haben. Zuweilen war es mir schon etwas zu albern, manche der Figuren fühlten sich etwas unecht an und ein wirkliche dunkle Bedrohung konnte der Film nie wirklich vermitteln. Gestehe ich den Zwergen noch einiges an Schabernack und Liedgut zu, so war ich mir bei den Trollen schon nicht mehr sicher, bei den Goblins war es mir dann aber fast schon zuviel des Guten. Azog hingegen taugt nicht wirklich als Gegner für einen 3-Stündigen Film, bleibt blaß und vorallem eins: Immer fühlbar ein CGI-Figur. Würde man "The Hobbit: An unexpected Journey" aus seinem Kontext herausreissen und alleine betrachten, er würde einem wirklich ziemlich leer und wohl auch etwas langatmig erscheinen. Ich selbst konnte aber eben die "Lord of the Rings"-Filme ausblenden.
                                Es ist der Beginn einer Reise, tatsächlich ein etwas holpriger, aber wer weiß wohin die weiteren Teile inszenatorisch hingehen werden. Ich jedoch findes es allein schon sehr bemerkenswert und großartig, dass es eine Filmreihe schafft ein Welt zu kreiren, in der man sich fast heimisch fühlt, die einem wirklich das Gefühl einer existierenden Parallelwelt gibt. Ich war gerne wieder dort, ich hab es total genoßen und schieb hier gerne jegliche Objektivität beiseite...falls es sowas überhaupt gibt.

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                                • 7
                                  über Crazies

                                  "The Crazies" steht zwar etwas im Schatten der Zombiewerk von George A. Romero, erinnert stilistisch aber doch schon frappierend an diese. Und wer hier einen eher Action-Film im Sinne des Remakes erwartet, der wird eventuell bitter enttäuscht. Denn Romeros Stil war schon immer ein sehr zurückhaltender, eher biederer. Zwar gibt es auch in diesem Original genug Kämpfe, Schiessereien und sogar überraschend viel Blut, insgesamt bleibt der Film aber sehr nüchtern, oft fast etwas dokumentarisch. Romero kümmert die Dramatik wenig, auch die Emotionalität seiner Charaktere leuchtet er nur ansatzweise aus. Ihn interessiert das Geschehen und welche Auswirkungen es hat, es scheint als faszinieren ihn die Abläufe der Dinge, ob das nun Maschinen, Vorschriften des Militärs oder das Verhalten des Menschens in Notsituationen ist. Dabei ist ihm weniger wichtig was in der einzelnen Person passiert, sein Augenmerkt liegt darauf wie sich diese entscheiden und welche Konsequenzen daraus folgen. Dazu fertigt er für alle elementaren Figuren dieses Films einen imaginären Käfig an und studiert ihr Verhalten, dokumentiert wie sie wie Labormäuse versuchen das Ziel zu finden, nicht ohne ihnen immer wieder den Weg zu versperren. Denn allen hier ist gemein, ob Flüchtling, Wissenschaftler oder Soldat, dass sie sich ständig den von oben dirigierten Bedingungen anpassen müssen und deshalb oft über weite Umwege zu ihrem Ziel gelangen müssen. Das ist dann im speziellen sicherlich auch eine direkte Militär-Kritik, doch bleibt diese am Ende doch sehr vage und undefiniert. Romero spielt hier ganz offensichtlich ein Spiel, baut zwei Bedrohungen auf, lässt aber im Dunkeln wie bedrohlisch und realistisch diese nun wirklich sind. Er spielt stattdessen mit den Menschen, was macht Gruppe A, wenn Gruppe B dies tut...und was machen dann diese, wenn sich Gruppe A z.B. aggressiv verhält. Den ganzen Film über gibt es dieses Hin und Her, teilweise fesselnd und interessant, gegen Ende hin aber auch fast etwas ermüdend.
                                  Daneben ist "The Crazies" sicherlich kein Film der das Herz des visuell veranlagten Cineasten höher schagen lässt. Romero wählt ein wirklich völlig biedere und trockene Inszenierung und die wenigen gefühlvollen Momente des Films scheitern etwas an den laienhaften Darstellern. Diese bleiben jedoch eh immer minimales Beiwerk, würden in diesem Film wohl auch stören, da solche Handlungsstränge ja doch meist nach einer Auflösung schreien. Denn die liefert Romero hier in keinem Aspekt des Films wirklich. Er beschreibt hingebungsvoll, wagt aber keinen Ausblick auf ein mögliches Ende. Auch bewertet er kaum und lässt so für vielerlei Interpretationen Platz, wie z.B. die Vietnamparallelen, die der Kampf der Flüchtlinge offensichtlich hat. Diese Dinge bleiben aber immer nur dezent angedeutet, Romero hütet sich davor Kritik mit dem Holzhammer zu üben.
                                  Ein interessanter, über weite Stecken richtig guter Film, der aber gegen Ende hin dann doch merklich etwas an Brisanz verliert. Ein bisschen zu oft wiederholen sich die Geschehnisse, ein bisschen zu konstruiert wirkt das Ende. Dadurch das Romero aber eben vieles offen lässt, viel beschreibt aber nicht erklärt, erlangt der Film eine gewisse Dauerhaftigkeit. Er beschäftigt, regt zu Diskussionen an. Und wenn es die ist, ob das nun ziemlicher Humbug und völlig übertrieben ist oder eben doch so, oder so ähnlich möglich ist.

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                                  • 6

                                    Takuma Tsurugi kehrt zurück und entgegen meiner Erwartung hat er sich nicht im geringsten zum Positiven gewandelt. Weiterhin ist er das Ekel das nur ans eigene Wohl denkt und für Geld weder Feind noch Freund kennt. Also so ungefähr die selbe Ausgangsbasis wie im ersten Teil und potzblitz, die Geschichte nimmt auch den selben Verlauf. Wobei die Story an sich rückt in "Satsujin ken 2" nach ca. 10 Minuten seltsam weit in den Hintergrund und ist keinster Weise mehr Mittelpunkt des Films. Denn eigentlich wird nach der anfänglichen Einführung in die Geschichte nur noch gekämpft. Wo auch immer unser ablehnenswürdiger Held Tsurugi auch hinkommt, Massen an Gegnern warten dort schon auf ihn. Und da wird dann auch mal sinnlos in die Berge gefahren, hauptsächlich wohl um sich einfach mal in einer anderen Umgebung zu prügeln. Danach geht es in die Sauna und man rate mal was dort passiert!
                                    Das mutet dann auch dementsprechend Skurril an und hat mit einem Film, der eine Geschichte transportiert kaum noch etwas zu tun. "Satsujin ken 2" hat nur eine Spielzeit von knapp 80 Minuten, bestimmt 5 davon sind gleich aus dem ersten Teil übernommen worden, weitere 5 sind fast dokumentarische Bilder aus 2 Kampfschulen und weitere 15 Minuten gehen für die Handlung drauf...bleibt also knapp 1 Stunde. In dieser Stunde wird gekämpft, gekämpft und gekämpft. Das Blut spritzt, Tsurugi haut seinen Gegner die Augen aus den Kopf, prügelt sich mit Frauen und lässt diesmal sogar andere kampftechnisch zum Zuge kommen. Das entbehrt jeglichem Sinn, ist aber toll anzuschauen, auch wenn sich mit der Zeit schon etwas Langeweile einstellt.
                                    Dafür ist man dann ja auch recht schnell beim Endkampf angekommen und das ist sogar ein richtig guter! Also wirklich wirklich gut! Natürlich kämpft Tsurugi letztendlich wieder für das Gute, aber nicht weil er plötzlich herzensgut wie die Schlümpfe wäre, sondern weil die Ehre ihm dies und das verbietet und man mit Geld doch nicht alles kaufen kann und so Sachen halt.
                                    Hach, ein sinnloser Spaß!

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                                    • 7 .5

                                      Japans Antwort auf Bruce Lee...und was für eine Antwort das ist. Zwar besitzt Sonny Chiba zu keinem Zeitpunkt die Ausstrahlungskraft seines großen Vorbilds und wirkt ab und zu fast schon unbeholfen in seinem Bemühen Bruce Lee zu ähneln, aber grundsätzlich beschreitet "Gekitotsu! Satsujin Ken" eh ganz andere Wege als es Lee mit seinen Filmen tat. Denn auch wenn Mimik und Gestik offensichtlich an diesen angelehnt sind, so ist die Figur des Tsuguri in einem Bruce Lee Film undenkbar, zumindest auf der Heldenseite. Dieser Tsuguri ist ein Arschloch, man kann es gar nicht anders sagen. Zwar begeht er die wirklich abartigen Dinge nie selbst, aber er nimmt sie das eine oder andere mal billigend in Kauf. Er ist ein Anti-Held reinsten Wassers und selbst gegen Ende des Films ist man sich noch nicht sicher, ob er nicht vielleicht doch auf eigene Rechnung agiert. Das hat schon ein bewundernswerte Konsequenz in sich, da der Moment ausbleibt, in dem Tsuguri zum geläuterten Held wird. He is bad to the bone.
                                      Ansonsten ist "Gekitotsu! Satsujin Ken" ein kunterbunter Knallbonbon der Abstrusitäten und Gewalt. Ein völlig überdrehter Mix aus Thriller und Karate, der manchmal so überbordend ist, dass man fast etwas den Überblick verliert. Wer da gerade mit wem und warum unter einer Decke steckt war mir auf Anhieb oft nicht so klar und insgesamt ist rückblickend die Story natürlich sowieso sehr krude. Aber bevor es ein ruhige Minute gibt, warum nicht noch schnell irgendeinen Gegner in den Film pressen? Oftmals etwas verwirrend, dafür aber eben zu keinem Moment langweilig.
                                      Kampftechnisch erscheint Sonny Chiba nicht so auf den Punkt und knackig wie ein Bruce Lee, sein Stil ist eher roh und dreckig und um einiges weniger ästhetisch. Dafür werden hier auch definitv keine Gefangenen gemacht. Wo bei anderen Filmen das Kanonenfutter meist verletzt von dannen zieht, da gibt es hier für diese meist nur ein Ende: Den Tod. Der Härtegrad der Kämpfe hält sich insgesamt aber durchaus die Waage mit dem der Bruce Lee Filme, nur wird hier bei der Darstellung der Auswirkung dieser Gewalt weitaus mehr ins Detail gegangen. Da spritzt das Blut reichlich und hin und wieder hat Sonny Chiba auch mal ein Organ in der Hand. Und ich gebs zu: Das ist bescheuert....aber auch irgendwie geil!
                                      Für Genre-Fans eigentlich ein Muss, man sollte aber schon eine gewisse Exploitation-Affinität mitbringen. Denn dafür, dass man eigentlich im Fahrtwasser des Bruce Lee ein paar Dollar mit diesem Film machen wollte, schlug man mit "Gekitotsu! Satsujin Ken" ganz schön gehörig über die Stränge.

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                                        "Irréversible" hatte ich vor wenigen Jahren schon mal gesehen, bei der Vergewaltigungsszene aber abgebrochen. Einerseits weil ich zuviele Verbindungen zu diesem Thema habe, aber auch weil mit das ganze drumherum furchtbar übel aufstieß. Umso überraschter war ich gestern, dass "Seul contre tous" einen so positiven Eindruck bei mir hinterließ. Die Motivation dadurch reichte zwar dazu aus mir "Irréversible" nocheinmal komplett anzusehen, doch ob ich mir heute noch "Enter the void" besorge, wie ich es geplant hatte, bezweifel ich momentan doch stark.
                                        Das grundlegende Problem für mich an diesem Film ist, dass ich einfach nicht das Warum finde! Worin liegt der Sinn von "Irréversible"? Was will Gaspar Noé uns sagen oder gingen doch einfach nur die Pferde mit ihm durch? Zeitweise hat es wirklich etwas den Anschein, er wollte nicht noch einen Film machen, in dem er die Sachen nur andeutet, sonder diesmal dem Publikum einen vor den Latz hauen. Oder ist da doch mehr? Aber alles was ich finde ist so nichtig, steht in keiner Relation zu den gezeigten Bildern.
                                        Ist "Irréversible" ein Kommentar zur Gewalt? Das es sie gibt? Das sie nicht gut ist? Das sie jederzeit in unser Leben treten kann? Das sie uns verändert? Das Gewalt Gegengewalt erzeugt und selten etwas bringt? Noble, wenn auch nicht ganz so neue Gedanken. Jedoch sind all diese Ansätze eh so vage, dass es kaum der Rede wert ist, denn Noé setzt eindeutig auf die Körperlichkeit seines Films, auf den visuellen Aspekt. Er verheddert sich zwischen all seinen Ambitionen, will Kunst sein, will schocken, aber doch auch anspruchsvoll sein und wird am Ende zur unausgegorenen, aber legendenumwobenen Karnevalsattraktion, bei der auch mal Goreliebhaber vorbeigucken.
                                        Begraben liegt dieses Problem darin, dass "Irréversible" neben all seinem technischen und ästhetischen Aspekten auch noch eine Geschichte erzählen will. Und noch vielmehr als bei den 2 expliziten Gewaltausbrüchen fragte ich mich hier immer wieder: Was will Noé damit bezwecken? In vielen Phasen ist es offensichtlich ein erzählerisches Defizit, oft ist es für mich aber auch nur völlig unversändlich.
                                        -Spoiler-
                                        Das beginnt schon in der Bar, in der Marcus wie ein Derwisch nach dem Vergewaltiger sucht. Waren die homophoben Gedanken in "Seul contre tous" durch die Kunstfigur des Schlachters für mich noch legimitiert, so empfand ich es hier schon als fragwürdig wie er diese Menschen darstellt. Noé nimmt ihnen und ihrer Sexualität alles menschliche, wird aber ab den Moment, in dem Marcus mit diesen Leuten interagiert völlig hanebüchern. Als ob das alles ängstliche, aber notgeile Fickpüppchen wären kann Marcus hier Leute schlagen, rumschubsen und beschimpfen, ohne dass auch nur ein anderer Besucher eingreift oder zumindest irgendwie Unmut darüber bekundet. Sorry, aber das ist mehr Klischee als meine Realität verträgt. All dies gipfelt dann in der berüchtigten Feuerlöschnummer, welche dann aber wirklich beeindruckend ist, was aber auch etwas an ihren handwerklichen Qualitäten liegt. All das schreit von der Optik nach Videoclip und man wünscht sich auch etwas, dass dies einfach besser nur ein Musikvideo geworden wäre.
                                        Danach offenbart Noé riesige Schwächen in seiner inhaltlichen Dramaturgie, die Phase zwischen Vergewaltigung und dem Finden des Vergewaltigers ist einfach so überzogen, dass sie irgendwo schon etwas unfreiwillig komisch ist. Und es wird vorallem eines klar: Noé interessiert die Psyche des Menschen hier genau nicht. Ihn kümmern irgendwelche Hintergründe nicht, er gibt einen Dreck darauf irgendein Verhalten auch nur ansatzweise logisch erscheinen zu lassen und wie gesagt: Eine echte Geschichte erzählen kann oder will er auch nicht. Darüber kann auch all der technische Schnickschnack hinwegtäuschen, inhaltlich hat "Irréversible" soviel Gewicht wie ein Steven-Seagal-Film. Da schießen einem soviele Fragezeichen in den Kopf, ich selbst kam mir auf eine Art echt verarscht vor. Mit viel Wohlwollen akzeptiere ich noch, dass Marcus nicht gleich mit ins Krankenhaus fährt....dass da dann aber diese 2 Jungs plötzlich auftauchen und ihre Dienste anbieten, ohne Worte! Jedoch wird hier ein zweiter Punkt deutlich: Auch das Schicksal seiner Protagonisten interessiert Noé nicht. Wem kümmert das Opfer solange man das Bild der Gewalt zeigen kann? Wieso auf das Resultat eingehen, wenn die Tat doch soviel imposanter wirkt.
                                        Und diese Tat, die Vergewaltigung ist wirklich harter Tobak. Ich will auch gar nicht groß auf sie eingehen, weil sie im Kern wirklich gut gemacht ist, bei mir aber auch viel aufreißt. Im Kern trifft hier Noé wirklich einen möglichen Ablauf solch einer Tat. Zweifelhalft ist eher der Kontext in dem diese Szene eingebettet ist. Will auch nicht darauf rumreiten, dass da keiner auftaucht in dieser Unterführung (außer der Schatten der wieder verschwindet, was ich völlig blöd gemacht fand)...aber ich empfand es schon wieder als seltsamen Wink mit dem Zaunpfahl, dass das Opfer Alex in diesem offensichtlichen Problemviertel mit einem Hauch von Nichts spazieren geht. Soll das dem Zuschauer irgendetwas blödes suggerieren? Das wirkt so offensichtlich und gleichzeitig unpassend, eben konstruiert. Und ja, ich habe ein Problem damit, dass Alex von einem homosexuellen vergewaltigt wird....denn irgendetwas will uns Noé damit ja sagen, er setzt diese Szenerie ja so an. Oder ist das einfach nur die nächste Provokation? Diese wäre aber völlig sinnentleert. Sicherlich gab es solch Vorfälle schon, aber wie verschwindend gering ist deren Anzahl wohl zu heterosexuellen Vergewaltigern? Warum konstruiere ich solch eine Szenerie, wenn ich doch eigentlich eine universellere Aussage mit meinem Film treffen will. Wie gesagt: Noé setzt diese Konstellation ja bewusst ein, will damit was zeigen und mir wähnt, dass das nichts gutes ist. Mir fällt da wirklich nur ein, dass er Thought-Provoking sein will...aber selbst dann ist das lächerlich.
                                        Und hab ich beim ersten mal während dieser Vergewaltigungsszene den Film abgebrochen, so hätte ich guten Gewissens dies auch gestern tun können. Denn in der letzten halben Stunde demoliert sich "Irréversible" völlig. Ich weiß nicht, ob Noé hier dem Zuschauer näherbringen wollte, dass seine Protagonisten vorher völlig normale Menschen waren, denn ich sehe nur Idioten, die idiotisches sprechen und idiotisches tun. "Irréversible" plätschert nur noch vor sich hin und Noé versucht verzweifelt sowas wie Menschlichkeit zu entwerfen, versagt darin aber völlig. Das ist wirklich so schlimm umgesetzt und wirkt im Gesamtkontext des Films so absurd, dass ich beim kleinen finalen Geheimnis das offenbart wird (eigentlich ja der Beginn der Geschichte), fast schon etwas schmunzeln musste ob der naiven Lächerlichkeit dieses Twists.
                                        Ich finde hierin einfach nichts, dass den Ruf des Films gerecht würde. Zwei herausstechende Szenen der Gewalt, dazwischen aber viel Unbeholfenheit und Konstruktion, welche durch die Stilistik des Films hervorragend kaschiert wird. Teilweise ein genialer Musikclip, aber zu keiner Zeit ein guter Film. "Irréversible" schafft es ja noch nicht einmal irgendwelche Diskussionen aufgrund seiner expliziten Szenen anzuleiern. Zu sehr fehlt hierzu dem ganzen Werk eine irgendwie geartete Emotionalität. Oder sollte das gar nur ein ausloten dessen sein, was der Zuschauer an Gewalt erträgt? Herr Noé da gingen ander schon viel weiter, viel früher als sie.
                                        "Irréversible" erzeugt keinerlei Reakton bei mir als Gesamtkunstwerk. Ich finde ihn teilweise ästhetisch interessant und auch ansprechend, ansonsten ist er mir wirklich egal. Unverständnis ist da ein bißchen und auch eine Portion Gernervtheit, aber ansonsten freu ich mich eher auf den nächsten Film. Denn von "Irréversible" bleibt nichts zurück ausser eben 2 denkwürdigen Szenen. Zuwenig.

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                                          Ein Film, der würde ich ihn in der falschen Stimmung sehen, für mich wohl absolut hassenswert wäre. Zu Unrecht, aber so ist das halt mit den Gefühlen. Doch auch so ist "Seul contre tous" sicherlich kein Zuckerschlecken, ich habe aber mein ganz persönliches Hintertürchen zu diesem Film gefunden. Einen Weg all diese gequirlte Scheiße die der Schlachter denkt und spricht einzuordnen und nicht dem Film anzukreiden. Überhaupt gelingt es Gaspar Noé durch die Wahl seiner Hauptfigur sich viele Freiräume zu schaffen, von einer sicheren Warte aus den Zuschauer provozieren zu können und auch das eine oder andere Tabu zu brechen. Natürlich konstruiert er hier und da, überstreicht öfters die Farbe Schwarz mit noch einer Schicht Schwarz, damit auch wirklich kein helles Pünktchen in diesem Film scheinen kann. Tut es aber irgendwie doch...auf ein sehr absonderliche und abstossende Art und Weise.
                                          Wo ich bei "Seul contre tous" aber schon früh einen anderen Weg der Interpretation einschlug (zumindest wenn ich mir andere Kommentare hier so ansehe), ist bei der Einschätzung des Hauptcharakters, des Schlachters. Der ist kein Menschenfeind, kein Misanthrop und sowenig wie den Menschen eigentlich hasst, sowenig hasst auch die Welt. Der Schlachter hat in keinster Weise ein rationales, für sich selbst durchdachtes Weltbild, durch welches er zu der Erkenntnis kommt der Mensch ist verachtenswert. Für mich entwirft Noé hier eine Figur, die eine schwere soziale Behinderung aufzeigt und deutlich schizophrene Züge hat. Was andere als Hass auf die Menschheit interpretieren, scheint mir eher ungezügeltes Selbstmitleid zu sein, welches aufgrund kognitiver Defizite im Laufe der Zeit ein reeles Weltbild ersetzt haben. Der Schlachter ist am lamentieren über die da Oben, die Reichen und das alle gegen ihn sind, aber er reflektiert nie sein Tun. Er wähnt sich immer richtig, es sind die anderen die das mutwillig missverstehen wollen, die ihm sein Leben zerstören ruinieren. Und unter diesem Gesichtspunkt konnte ich ziemlich gut Abstand zu all dem menschenverachtenden, selbstgefälligen und homophoben Gequatsche des Schlachters aufbauen. Ja mehr noch, die Figur erschien auch wirklich schlüssig, da seine Krankheit eine logische Folge seiner Kindheit sind und Gaspar Noé dies, gewollt oder nicht, beeindruckend und treffend umsetzt. Aber wie gesagt: Leichte Kost ist "Seul contre tous" deswegen noch lange nicht!
                                          Da ist aber auch noch ein bisschen mehr, was diesen Film zu einem ziemlich fiesen werden lässt. Denn irgendwie schafft es Gaspar Noé einen einzulullen, einem das Gefühl zu geben, man sähe einen "schönen" Film. Trotz der abartigen Worte, Gedanken und Taten. Ich bin überhaupt kein Freund der Provokation, hier wird aber wirklich gekonnt damit gespielt und sie wird vorallem in einem gesunden Maße eingesetzt. "Seul contre tous" geht sicherlich bis an die eine oder andere Grenze, er tut dies aber nicht Blind. Auch wenn da diese bescheuerte Warnung innerhalb des Films eine andere Sprache spricht.
                                          Was im Nachhinein wirklich noch Erwähnenswert ist: Gaspar Noé erschafft hier wohl eines der absonderlichsten Happy-Endings der Filmgeschichte. Für mich fühlte es sich nämlich wirklich irgendwie wie ein Happy-End an. Und es ist wohl auch eines in der Welt dieses kranken Menschens.

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                                          • 3
                                            über Sheitan

                                            Von der ersten Sekunde an will "Sheitan" abgefahren sein und bis zum Ende lässt er diese Ambition für keinen Moment ruhen. Und während sich der Film redlich bemüht seinen großen Terror-Vorbildern zumindest ein Stückchen näher zu kommen, verfällt man als Zuschauer in völlig öde Apathie diesem Werk gegenüber. Als ich "Sheitan" das erste Mal sah, fing ich während des Films an meine DVDs zu ordnen. Heute hielt ich tapfer durch, wartete letztendlich aber auch nur darauf, dass es endlich vorbei ist.
                                            Eine ideenlose Aneinanderreihung von klischeehaften Absurditäten und Ekelhaftigkeiten, welche aber furchtbar schnell in die Belanglosigkeit abdriftet, da dem Film jegliche Substanz fehlt. Als würde man alle Zutaten für einen solchen Backwood-Terror-Film schön brav abhaken, sich danach aber wundern das keinerlei Spannung, kein Grusel aufkommt. Man bleibt wirklich völlig kalt während der gesamten Spielzeit und kann sich eh nie entscheiden ob man nun diese Städter oder die von Inzest geprägte Landbevölkerung bescheuerter findet. Irgendwann versucht "Sheitan" dann auch noch seine seltsame Handlung zu erklären, was ganz furchtbar nach hinten losgeht und auch die letzte Hoffnung die man hegt, nämlich auf ordentlich Gore, wird in keinster Weise eingelöst. Auf dem Backcover steht auch irgendwas von Humor...aber das etwas von Humor auf dem Backcover steht, ist auch schon das witzigste an "Sheitan"
                                            Filme sind eben kein Puzzlespiel, bei dem beliebig Teile zusammensetzen kann. Ein uninteressantes Durcheinander, dem man zwar anmerkt was es erreichen will, aber ob dieser hohen Ziele nur mitleidig mit dem Kopf schütteln kann.

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                                            • 3 .5

                                              Da ich nun die "Scream"-Reihe endlich kenne, dachte ich mir, dass ich mir dieses Kleinod des Unterhaltungsfilms mal wieder zu Gemüte führen könnte. Außerdem habe nach "The Keeper" das Gefühl, meine DVD-Sammlung zumindest mal ein bisschen aussortieren zu müssen. Nochmal gucken und dann ab ins Nirvana mit diesem Film.
                                              Das mag voreingenommen klingen, aber "Scary Movie" war schon vorher nicht gerade mein Lieblingsfilm. Was beim ersten Mal noch relativ lustig war, erscheint einem mit jeder Sichtung dümmer. Und Schlussendlich sind all die Horrorwitzchen nur Rahmenprogramm für noch einen Teenie-Ulk bei dem es um Sex geht. Und Sex. Und halt auch ein bisschen um Sex. Die Musik, die Schauspieler und der Umstand, dass es hier doch einfach oft nur um Sex geht (hatte ich das schon erwähnt?) zeigen auch für wen "Scary Movie" gemacht ist...sagen wir mal ein doch eher jugendliches Publikum. Das sind halt Kalauer über die man vielleicht einmal schmunzelt, sieht man sich diesen Film jedoch öfters an, dann empfindet man das ganze irgenwann etwas unangenehm.
                                              Klar, "Scary Movie" ist auch extrem auf "Scream" fixiert, aber seien wir mal ehrlich: Die besten Witze über "Scream" hat "Scream" selbst schon gemacht. So bleiben für "Scary Movie" nur die dümmlichen Reste über, kann er nur versuchen sich über etwas lustig zu machen, dass sich doch selbst nie Ernst nimmt. Das scheitert natürlich und ist im Endergebnis weit weniger witzig, als es meine 12jährigen Jungs in der Arbeit annehmen. Für die ist der Film nämlich Kult...ohne dass sie in gesehen haben. Aber die meinen auch, dass "Scream" so mit das brutalste auf der Welt. Auch ohne diesen je gesehen zu haben.
                                              So ist "Scary Movie" für mich so vergnüglich wie Radio hören: Das meiste rasselt an mir vorbei und ich freu mich wenn ich ab und an mal was halbwegs angenehmes höre. Allein der dauerbekiffte Shorty schafft es kleine Glanzlichter zu setzen, ansonsten herrscht hier wirklich zimeliche Einfalltslosigkeit. Da war die Vorlage wohl doch einfach zu differenziert um daraus einen 90minütigen Schenkelklopfer kreiren zu können. Deswegen konzentrierte man sich auch wohl so sehr auf das Teenie-Ding und versuchte dieses zu verulken. Doch für mich tritt hier dann das selbe Problem auf: Die Vorlagen sind schon so lächerlich, dass ich nicht weiß, wodurch sich "Scary Movie" von diesen überhaupt abhebt.
                                              Da fehlt einfach das Köpfchen. Humor mit dem Holzbrett mitten auf die Stirn gehauen. Nein, nicht so meins.

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                                              • 2 .5

                                                Gute Schauspieler, schlechter Film.
                                                Und da muss man auch gar nicht viele Worte verlieren, "The Keeper" pendelt zwischen Lustlosigkeit und nichtssagenden Mittelmaß, hakt schön brav seine Psychopathen-Klischees ab und kann am Ende absolut nichts eigenes vorweisen.
                                                Da kann man bedenkenlos nebenbei bisschen auf dem Handy spielen, etwas essen oder die Programmzeitschrift nach etwas interessantem durchsuchen. Selbst mit viel Wohlwollen kann man hier nichts finden, dass einen wenigsten für ein paar Minuten fesselt. Sind die Charaktere schon arg schwach angelegt, so wird dieses Manko von dem völlig kruden Handlungsablauf nocheinmal unterboten. Es gibt hier wirklich eine dumme Szene nach der anderen, wobei das wirklich schlimme daran ja ist, wüde es diese Szenen nicht geben, wäre der Film nach 30 Minuten vorbei. So ist man gezwungen "The Keeper" künstlich durch dummdreiste Wendungen und Handlungen am leben zu erhalten um letztendlich auf ein Ende hinzusteuern, welches schon lange vorher keinen mehr interessiert.
                                                Mit ziemlicher Sicherheit haben Dennis Hopper und Asia Argento vor ihrer Zusage auch ein Drehbuch von "The Keeper" bekommen, daher würde ich den beiden entweder zu einer besseren Lesebrille raten oder einen Wechsel des Agenten nahelegen. Denn gut kann dieses Drehbuch definitiv nicht sein. Falls irgendwann mal Außerirdische die Erde entdecken, hoff ich dass sie nicht gerade solch einen Film in die Hände bekommen. Man stelle sich vor, die würden denken, wir reden wirklich so miteinander! Wahrscheinlich würden sie sofort kehrt machen oder uns alle auslöschen. Hoffentlich vernichten sie dann auch diesen Film.
                                                Langeweile pur.

                                                Ich berichtige: Dennis Hopper braucht sich weder um eine Lesebrille, noch um einen neuen Agenten kümmern. Ich hoffe nur, dass ihm wegen "The Keeper" nicht die Himmelspforten verschlossen blieben!

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                                                • 8 .5

                                                  Eine fast schon unfassbar authentisch wirkende Sozialstudie, welche aber nie wirklich auf Betroffenheit setzt, auch nichts entschuldigt, sondern einfach die Kinder eines Milieus ganz nüchtern und möglichst objektiv darstellt. Dabei wird "Sweet Sixteen" nie zum biederen Drama, welches sich im Weltschmerz suhlt. Im Gegenteil: Der Film kann durch die Geschichte des jungen Liam, der langsam aber sicher zum Kleinkriminellen wird, ein richtige Sogwirkung aufbauen und ist tatsächlich richtig spannend.
                                                  Es ist eben keine Phantasiewelt die hier gezeigt wird, hier gibt es kaum etwas schönes, gefühlt jedes zweite Wort ist "Fuck" und überhaupt hat man eigentlich kaum eine Chance dieses Englisch ohne Untertitel auch nur annähernd zu verstehen. Eine wortwörtlich graue Welt in die diese Jugendlichen hineinwachsen und die von ihnen viel mehr verlangt, als dass sie in ihrem jungen Alter leisten können. Natürlich bedient sich auch Ken Loach bei "Sweet Sixteen" einer gewissen Dramaturgie, erzeugt Wendungen um die Geschichte voranzutreiben, aber das hat alles Hand und Fuß, ist alles Glaubhaft und von erschreckender Bodenständigkeit. Und aufgrund meiner Arbeit mit Kindern aus diesem Milieu kann ich auch jeden versichern: Diese Kinder, diese Eltern, diese Leben gibt es. Vieles hier kam mir so furchtbar bekannt vor. Die Kinder, die oft schon in jungen Jahren den vernünftigen Part in der Familie übernehmen müssen. Diese ungebrochene Liebe zu Eltern, welche das Kind behandeln wie einen räudigen Hund und genau wie ein solcher laufen die Kinder immer und immer wieder dorthin zurück. Diese Illusionen und Träume tief drinnen und doch diese ständige Rebellion nach außen. Das alles gibt es in diesem Film und das alles gibt es in der realen Welt. Zuhauf.
                                                  Ich schrieb aber schon oben: "Sweet Sixteen" ist keine Betroffenheitskino. Ken Loach schafft es aus dieser unschönen Ausgangssituation und diesem tristen Umfeld einen wirklich kurzweiligen, spannenden und fesselnden Film zu machen. Man entwickelt Sympathien für manche Figuren und wird als Zuschauer von diesen immer wieder enttäuscht, lernt aber auch diese Menschen und die Dinge die sie tun zu verstehen. Irgendwo in diesem dunklen Wust schafft es Ken Loach sogar ein kleines Licht anzuzünden und diesem Film so etwas wie Hoffnung einzuverleiben. Ganz klein und zart, aber sie ist da. Überhaupt gibt es für mich viele verschiedene Standpunkte, von dem aus man den Film und seine Geschichte bewerten kann. Und die einfachsten sind hier definitiv die fälschesten (jeder kann es schaffen wenn er will vs. die hatten nie eine Chance). Das Leben ist nicht Schwarz oder Weiß und manchmal muss man eben etwas suchen um das Gute zu finden...aber zumeist ist es da. Und für mich stellt sich bei diesem Film vordergründig nicht die Frage ob das richtig oder falsch ist was Liam da macht, sonder viel eher, wo er in diesem Alter die Kraft, den Mut und immer wieder die Hoffnung hernimmt. Sind das nicht die Wunder von denen allenthalben geredet wird? Wenn ein 15jähriger sich ein Paradies im Schmutz bauen will? Der selbst in diesem Umfeld unbedignt das Gute will! Wie gesagt: Es geht hier nicht primär darum ob die Methoden dazu die besten sind, es geht darum, dass dieses Pflänzchen Mensch stärker ist als man denkt.
                                                  Und wie sehr ich nun gerade hoffe, dass das alles eben nicht genau nach dem klingt, was ich eigentlich verhindern wollte: Das irgendjemand denkt "Sweet Sixteen" ist so schwerer, bedrückender und ungoutierbarer Drama-Stoff. Ist er ja irgendwo, aber eben ganz anders und ich will ihn doch jeden ans Herz legen! Ein toller Film. Ein spannender Film. Ein stiller, aber mitreissender Film. Und ein Film mit unendlich vielen Schimpfwörtern.

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                                                  • 4 .5

                                                    Die Scream-Reihe updatet sich selbst. Leider weiß ich nicht genau warum.
                                                    Ich hätte das definitiv nicht gebraucht. "Scream 4" ist weder Fisch noch Fleisch und ich esse eh beides nicht. Einer dieser Filme, nach denen man sich danach genauso fühlt wie vorher, eben nur dass es 2 Stunden später ist.
                                                    Mir ging dieses massive herumreiten auf irgendwelchen Horrorregeln ja schon spätestens beim 3. Teil auf die Nerven, hier war es mir dann aber irgendwann so egal, dass ich es schon kaum noch wahrgenommen habe. Mittendrin musste ich sogar mal feststellen, dass es mir gerade völlig Wurst ist, wer denn überhaupt diesmal hinter der Maske steckt. Es ist ja wirklich toll wenn sich ein Film nicht allzu Ernst nimmt, für mich machte sich "Scream 4" aber teilweise zum Kasper. Wer findet das wirklich toll? Lässt man all den MetaSelbsrefernzSchnickschnack weg, dann ist dies ein Filmchen wie gemacht für Tele 5. Und wenn der einzige Reiz an solch einem Werk der ist, dass ich mein Filmwissen bestätigt finde, dann weiß ich nicht ob eine Runde Buzz spielen nicht sinnvoller wäre. "Scream 4" lebt einzig von seiner Vordergründigen Reflektion des Horror-Genres, wirft dabei aber nur mit Allgemeinplätzen um sich und scheint dabei noch nicht einmal die eigene Serie angemessen analysieren zu können. Zuerst muss der Film funktionieren, dann kann man an Gimmicks denken. Bei "Scream 4" hat man das Gefühl, dass ein Film um vorhandene Gimmicks gebaut wurde.
                                                    Ein toller erster Teil und danach nur Mittelmaß, dass ist mein persönliches Fazit der Scream-Reihe. Hat das Spiel mit dem eigenen Dasein anfangs noch vorzüglich funktioniert, eben weil der Film an sich funktionierte, lassen mich eigentlich alle 3 weiteren Teile vorallem eines denken: Man dreimal versucht die Erwartungen des Publikums zu erfüllen, anstatt irgendeinen kreativen Weg zu wählen. Man ermöglichte den Fans immer wieder sich selbst auf die Schultern zu klopfen, gaukelte ihnen Intelligenz und Hintersinnigkeit vor, brachte aber kaum annehmbare Storys zusammen. Wenn man doch all die Regeln des Horror-Films so in- und auswendig kennt, warum tut man dann nicht das naheliegendste? Einen guten Horror-Film drehen? Da ist "Scream 2-4" als würde ich all meinen Bekannten sagen, dass ich die Lottozahlen der nächsten Ziehung wüsste, sie dann aber nicht tippen würde.
                                                    Ziemlich unnötiger Film für mich.

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