filmschauer - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+25 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+18 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+15 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later390 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps94 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
Alle Kommentare von filmschauer
Eigentlich kein Futter für den gemütlichen Krimiabend, dieser neue Borowski-Tatort. Kinderarmut, Pädophilie und die Stigmatisierung eines ganzen Kieler Stadtbezirks sind die unschönen Elemente eines recht traurigen Porträts der heutigen Lebenswelt. Eine Geschichte, die als Sozialdrama mit ihren facettenreichen Jungdarstellern in ihrer schonungslosen Offenheit punkten kann. Wäre da nicht das unnötig schablonenhafte Korsett des Whodunit-Falls, das diesmal den Plot arg strapaziert. Diese Art des Krimigenres mag zwar im Tatortuniversum die Regel sein, doch gerade im Hinblick auf die letzte halbe Stunde mit seiner zwecks Spannungskurve dahingebogenen Auflösung hätte eine Ausnahme davon letztendlich mehr Wirkung über die wichtige Thematik und ihren Protagonisten entfalten können. So bleibt es den reinen Krimi-Mechanismen betreffend trotz falscher Fährten leider recht dünn und wenig überzeugend. Serienfreunde dürfen sich davon abgesehen dennoch über einen guten Auftritt von Tom Wlaschiha als eigenwilligen Bezirkspolizisten freuen, der sozusagen ein kleines Stelldichein mit der Game-of-Thrones-Kollegin Kekilli gibt. Dass sich deren Charaktere ebenso "von früher" kennen und damit erneut in einem Tatort eine persönliche Verquickung zwischen Ermittlerrolle und einem Verdächtigten stattfindet - naja, geschenkt. Interessant zu beobachten sind deren Konfrontationen irgendwie trotzdem, genauso wie die kurz vorm Abspann doch sehr schöne metaphorische Schlusseinstellung.
Tatort Berlin erfindet sich neu. Nachdem Ritter und Stark eher tröpfelnd gen Ausgang verschwunden sind, wird mit den Kollegen Rubin und Karow eine neue Richtung eingeschlagen. Weniger Harmonie und Sanftheit, sondern harsche Töne, linkes Spiel und konsequentes Handeln bestimmen die Szenerie. Mit Meret Becker und Mark Waschke hat man dabei sicherlich keine unbekannten Schauspielernamen verpflichtet, deren Einsatz an mancher Stelle sehr ungewohnt und schroff erscheinen mag, aber insgesamt eine frische und interessante Note in das Tatort-Universum einbringen könn(t)e. Was dennoch auffällt, ist eine gewisse Ähnlichkeit zum Dortmunder Pendant, wenn man die latent feindlich gestimmte Stimmung im Kollegium und zudem die hinten heraus erkennbare Orientierung in Sachen episodenübergreifender Erzählung heranzieht, wie es jüngst Autor Jürgen Werner gezeigt hatte. Sicherlich nicht das schlechteste Beispiel, wenn man deren positive Entwicklung betrachtet. Darum muss man wohl mit den Kompromissen leben, die so eine Premierenfolge meist mit sich bringt. Der Fall selbst dürfte diejenigen weniger überraschen, die den unappetitlichen Hintergrund des Titels "Das Muli" kennen. Dabei wird eher auf harsche Bilder als auf wirklich dramaturgische Intensität gesetzt, da viel Zeit für die Charakterzeichnung der Neuen draufgeht. Immerhin weiß man endlich, wie man die berühmteste Baustelle Berlins endlich nützlich einsetzen kann. Insgesamt ein sehr, sehr solider Auftakt, der Lust auf mehr machen könnte.
Der Mars war und ist noch immer ein beliebter Ort für außerirdische Science-Fiction-Geschichten, das sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wahrscheinlich noch verstärken wird. Was leider auch festzustellen ist: Wirklich sehenswerte Mars-Filme sind leider rar gesät. Als jemand, der jeglichen ernstzunehmenden Weltall-Film grundsätzlich positiv gegenübersteht, darf die eher kleine Produktion "The Last Days on Mars" von Ruairi Robinson nichtsdestotrotz nicht links liegen gelassen werden.
In der auf einer Kurzgeschichte von Sydney J. Bounds basierenden Handlung begleiten wir wie immer eine Handvoll Wissenschaftler, die in diesem Fall kurz vor der Heimreise stehen, ohne jedoch die Existenz von Leben auf dem Mars gefunden zu haben. Es werden erst einmal Alltagsabläufe, letzte Inspektionen, erste grundlegende Charaktereinführungen und die faszinierende Weite der einsamen Marslandschaft in den Vordergrund gestellt. Solche Expositionen in Weltallfilmen mag ich fast am liebsten, verleiten sie doch dazu, in Abenteuermanier in diese Filmwelt ohne Umschweife einzutauchen. Auch "The Last Days on Mars" kann hier mit seiner höchst soliden Umsetzung punkten. Allerdings muss aber auch eine Geschichte erzählt werden. Nachdem die Figurenkonstellation grob herausgearbeitet wurde, beginnen nach einem Unfall die bakteriellen Unannehmlichkeiten. Der Rest dürfte (alt)bekannt sein.
Auch wenn das Rad nicht immer neu erfunden werden kann, so kommt es umso mehr auf das 'Wie' an. Wenngleich ich etwa die Darsteller Liev Schreiber oder Olivia Williams gerne in schnittigen Astronautenklamotten sehe, schafft der Film es leider einfach nicht, den eh viel zu plakativen Horror speziell in der zweiten Filmhälfte sonderlich packend aufzubereiten. Ähnlich unaufgeregt wie Schreibers Gesichtsausdruck auf dem Cover verfolgt man die Aktionen der Protagonisten beim Kampf gegen das drohende Unheil. Die Dramaturgie ist insgesamt wenig ausgefeilt und teils vorhersehbar. Irgendwann ist schließlich die erlösende Schwarzblende da und man hat einen weiteren mittelprächtigen Ausflug auf dem roten Nachbarplaneten hinter sich. Kann man (als Genrefan) gucken, muss man aber nicht. Vielleicht sollte ich beim Thema Mars und interessante Geschichten demnächst doch lieber zum bedruckten Papier greifen, wenn ich auf den vielerorts gepriesenen Roman "Der Marsianer" von Andy Weir blicke...
Mein erster Eindruck dieser erfreulich ungewöhnlichen Tatort-Episode war: schon sehr geschickt gemacht. Die Prämisse von "Die Wiederkehr mit dem Rückgriff auf einen zehn Jahre alten Fall und damit einhergehend das Klingeln der plötzlich wieder aufgetauchten Tochter an der Tür ihres Heimathauses ist ein ansprechender Einstieg in diese Geschichte, wenngleich man als gelernter Tatortzuseher selbstverständlich seine Zweifel ob der vollzogenen Tatsachen niemals ablegen kann. Dennoch verliert diese Bremer Ausgabe mit seinen zahlreichen innerfamiliären Momenten letztlich nicht ihre kriminologische Ader, sobald der Hintergrund des Falls langsam zu Tage tritt und tatsächlich noch etwas überraschen kann. Womit wir wieder beim Ersteindruck wären, an den sich trotz sehr sehenswerten Darstellerleistungen insbesondere der weiblichen Charaktere die ganz große Emotion sich in dieser schicksalsträchtigen Familiengeschichte nicht einstellen will - zu raffiniert, rational und berechnend wirken die Aktionen der Beteiligten in der Rückbetrachtung. Entsprechend ausführlich ist die Auflösung des Ganzen geraten. Regisseur Florian Baxmeyer und dessen Autoren verpacken dieses Verwirrspiel auf mehreren Ebenen und der auf ewig quälenden Frage nach der Schuld aber ziemlich gut. Damit ist "Die Wiederkehr" jedoch unabhängig seiner Gewichtung letztlich mehr ein sehr interessantes Krimischauspiel als ein durchgängig überzeugendes Familiendrama geworden.
Dieser Film ist mir doch tatsächlich, als ich mich in der Kindheit noch für jeden Film mit dem Zutun des damaligen Kinderstars Macaulay Culkin begeistern konnte, offenbar durchgerutscht. Vielleicht, weil er über weite Strecken eher handzahm und vorhersehbar seine auf das Dramedy-Fach zugespitzte Geschichte erzählt, jedoch auch nach heutiger Überprüfung den typisch liebenswerten Vibe eines John-Hughes-Films bietet. Etwas Coming-of-Age, ein Stückchen Moralapostel und gut getimte Gags machen "Allein mit Onkel Buck" zu einem insgesamt sehr netten kleinen Familienfilm, der sich zwar hinter den ganz großen und prominenten Hughes-Klassikern jener Zeit einzureihen vermag, jedoch auch gewisse Sympathien für sich verbuchen kann, wenn hauptsächlich der umtriebige Babysitter-Onkel und die älteste Cousine ihre persönlichen Vorbehalte ausfechten. Pluspunkt ist natürlich John Candy - wer auch nur ein wenig mit dessen herzhaft komödiantischen Spielweise anfangen kann, ist bei diesem Film goldrichtig. Spätestens, wenn er wiederholt die unsanften Eigenheiten seiner etwas hüstelnden Karre vorführt (https://www.youtube.com/watch?v=5ibO5kob3OQ), konnte ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen...
Wie zuletzt in der Bodensee-Ausgabe mit seinen historischen Aufnahmen greift auch der Wiener Tatort auf die Vergangenheit zurück. Ein kleiner Trend? Jedenfalls führt die Spurensuche nach den Ursachen einer 'Kanu-Leiche' im gemütlich-kauzigen Beisein von der Bibi und dem Moritz nicht nur über die Hilfe von Nachwuchsforensikern, die mittels einer schlagfertigen Szene im Unihörsaal amüsant aufbereitet wird, sondern auch über die Fertigkeiten eines Archäologen-Teams, die plötzlich eine unschöne Abwechslung in ihrem Buddel-Alltag bekommen. "Grenzfall" besitzt einen bitteren Kern, sobald man den traurigen Hintergrund vermittelt bekommt, der sich noch zu Zeiten des Kalten Krieges abgespielt hat. Und doch bemüht sich Regisseur Rupert Henning sichtlich, die Szenerie, die zeitweise auch in Tschechien spielt, rund herum mit kecken Sprüchen und grotesken Situationen aufzulockern. Da darf mal Frau Fellner mal ungeschickt in den Fluss stolpern, sich nachts auf die Lauer gelegt oder das fortlaufende Kabbelszenario zwischen den Ermittlern aufgeführt werden. So ganz konnte mich dieser bunte Mix nicht überzeugen, fehlte hier doch zumeist die grobe Spannung und wirkte die gesamte Herleitung des Krimis insgesamt zu bemüht, um sich an den wichtigen Kern des Ganzen heranzutasten. Trotz seiner honorigen Ambitionen, den kräftig grünen Waldaufnahmen und einzelnen Höhepunkten ein eher mittelprächtiges Erlebnis.
"Das Haus am Ende der Straße" ist kein gewöhnlicher Tatort. Das liegt nicht nur daran, dass der aus dem ehemaligen Frankfurt-Duo verbliebene Steier nun ebenfalls abdankt. Viel mehr ist es die besondere Tonalität des Ganzen, was formale und inhaltliche Strukturen betrifft. Ich mag es ja sehr, wenn ein Tatort die Thriller-Schiene bedient und die alltäglichen Krimi-Elemente an sich etwas hintenan stellt. Sebastian Markas Film zeigt eine manchmal schon perfide Psycho-Odyssee durch große Themen wie Selbstjustiz, Schuld oder elementare Sinnkrisen, nachdem Steiers bekannte Alkoholabhängigkeit den schicksalhaften Aufhänger dieser zumeist nur auf einen Ort beschränkten Geschichte bietet. Doch zuviel sollte man vorher nicht über die Handlung in Erfahrung bringen, weiß sie doch sehr zu überraschen, wenngleich die altbekannte Logikthematik besonders gen Finale kleinere Fragen aufwerfen könnte. Dies wird aber durch die sehr vereinnahmende Spannungskurve und die auffallend kinoreife Optik und Atmosphäre (gerne öfters im schicken 21:9-Format!) mehr als kompensiert. Armin Rohde spielt seine undurchschaubare Rolle großartig, womit er beinahe dem scheidenden Joachim Król die Schau stiehlt. Ein tolles Duell und ein denkwürdiger Abschied, der dann doch ein bisschen Wehmut verbreitet. Ein weiteres Mal zeigt der HR, wie einfallsreich, aufregend und genreaffin die Marke Tatort doch sein kann.
"Blutschuld" ist gewiss kein Tatort für die Ewigkeit, doch dafür einer, wenn man so will, von der alten Schule. Ein Plot, der sowohl den Tatverdächtigen als auch dem Mordopfer deutlich mehr Raum gibt als den Befindlichkeiten der heimischen Ermittler. Außerdem bleibt es weitestgehend frei von bedeutungsvollen Fingerzeig-Momenten in Sachen Sozial- und Gesellschaftskritik, wie man sie sonst allzu häufig antrifft. Was wir haben ist ein wenig sympathisches Opfer in Form eines Unternehmers der Abrisswirtschaft, der offenbar ziemlich viel auf dem Kerbholz hat und so ziemlich jeder in der Familie und dem näheren Bekanntenkreis ein gewisses Motiv besitzt. Das Whodunit-Prinzip funktioniert als solches hier ganz gut, wenngleich die spektakuläre Auflösung, je länger man darüber nachdenkt, im Nachhinein sehr unrund wirken könnte. Dennoch ist das Miträtseln an der Seite von Saalfeld und Keppler zuvor ziemlich unterhaltsam geraten, sogar etwas Suspense gönnt man zwischenzeitlich dem Zuseher. Wenn man dies mit dem Bodensee-Tatort von vor einer Woche vergleicht, wo gleichermaßen das Kommissar-Duo den vorletzten TV-Einsatz unternommen hat, sind doch Unterschiede bei der Herangehensweise bemerkbar, die in diesem Fall in seiner zurückhaltenden und rein auf den Beruf bezogenen Form sogar von Vorteil ist. Einzig die wiederholte Besetzung von Uwe Bohm in einer gewichtigen Nebenrolle fällt deutlich auf, ist trotz der ungeschickten Planung aber letztlich verschmerzbar (er ist sogar das schauspielerische Glanzlicht dieser Folge und darf sich zum Dank an einigen Stellen richtiggehend austoben). Ein Tatort mit seinen Stärken und Schwächen, doch am Ende ist es diejenige annehmbare Krimikost, welche man leider zu selten aus Leipzig bekommen hat.
Ich hatte wirklich etwas Furcht vor "Life of Pi" gehabt, was nicht daran lag, weil ein gefährlicher Tiger eine größere Rolle in diesem Film spielen würde, sondern am Inhalt selbst. Wieviel Kitsch und Überhöhung würde dieses Abenteuer auf hoher See bieten? Was ist mit der oftmals kokettierten Botschaft, die den Film prägen würde? Den Regiekünsten eines Ang Lee und auch der tollen Arbeit des Effekte-Teams ist es zu verdanken, dass beide Fragen auf sehr angenehme Weise beantwortet werden. Schon mit dem faszinierenden Vorspann im indischen Zoo entfaltet sich der Bilderzauber, der einen über die gesamte Laufzeit nicht loslassen wird. Herkömmlich ist eigentlich nur der umrahmende Ansatz, dass die Hauptfigur für eine Biografie seine Lebensgeschichte erzählt. Das ist hauptsächlich jene Situation, die der deutsche Titel schon nüchtern beschreibt: Schiffbruch mit Tiger. Was Lee daraus macht, ist eine spannende und mitreißende Odyssee, die einerseits den puren und eigentlich grausamen Existenzkampf betont, andererseits dies beinahe märchenhaft ausstattet. Ein seltsam irritierend-aufregendes Gefühl stellt sich beim Zusehen ein, wenn hier Mensch und Tier eine Zweckgemeinschaft eingehen, was ich bisher nur selten in einem Kinofilm so gespürt habe. Dies steht dann in dieser fantasievollen Form doch sehr geschickt im Einklang mit der spirituellen Fragestellung, die der Film mit einbaut. Selbst wenn man damit dann sehr wenig anfangen kann, bleibt nichtsdestotrotz ein sehr schöner Film zurück, den man allein aus Liebe für das audiovisuelle Vergnügen, für das puristische Kinoerlebnis ganz doll mögen muss.
Nein, billige Wein-Wortspiele sollen an dieser Stelle nicht vorkommen. Zumindest ist das allumfassende Thema Wein ein honoriger Ansatz gewesen, um den bald endenden Bodensee-Tatort etwas aus seiner Dauerlethargie zu befreien. Noch origineller ist in "Château Mort" jedoch der Ausflug in die heimatlich-historischen Verwicklungen der Stadt Konstanz (Stichwort: Badische Revolution), wodurch sogar Spielszenen aus dem 19. Jahrhundert überraschenderweise in den Krimiplot eingestreut werden. Schade, dass diese sehr spärlich und im weiteren Verlauf immer seltener auftraten. In dieser Form verpuffte dieser schöne und ungewöhnliche Einfall leider zugunsten des Hier und Jetzt. Zurück bleibt letztlich Stückwerk auf beiden Seiten: jene verschachtelten Hinweise aus der Vergangenheit und ein Mordfall, der nur wie die nötige Staffage für allerlei (private) Nebensächlichkeiten erscheint. Ich zuckte zusehends erneut mit den Schultern, wenn die Kommissare sich trotz allem mal wieder in den enervierenden Tatort-Standardsituationen wiederfinden. Da wird der Schweizer Kollege Lüthi zwischendurch beurlaubt, ermittelt aber natürlich weiter, Blum befindet sich in der wenig schmeichelhaften Torschlusspanik-Situation wieder (erinnert ja schon etwas an den Kollegen Schenk die Woche zuvor) und Perlmann macht in seinem beinahe archäologischen Recherchemarathon entweder eine schläfrige Büronachtschicht oder lässt sich nach einem Alleingang einschließen. Keine Ahnung, ob ein Gläschen Rotwein zur entscheidenden Voraussetzung für die Sichtung gehörte (gibt doch bei der Erstausstrahlung sonst auch so viele Hinweiseinblendungen?!), vielleicht wäre mir "Château Mort" mit seinen süßlichen Bestandteilen besser bekommen. Immerhin, der Versuch war's auf jeden Fall wert.
Das ZDF scheint dem Trend zu folgen, was das nichtlineare TV betrifft: Auf einen Schlag gibt es schon alle sechs Folgen vorab in der Mediathek zu sehen, bevor der wöchentliche Ausstrahlungsrhythmus in knapp zwei Wochen beginnt. Gute Sache.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/2316744?bc=sts;stt&flash=off
Am gemütlichen Auf und Ab bei der Qualität der Kölner Tatort-Ausgaben habe ich mich ja schon gewöhnt. Dies wechselt sich zuletzt genauso ab wie die Wahl oder Nichtwahl einer möglichst dauerhaften Nachfolge für die einstige Assistentin. Auch das Ansprechen von gesellschaftlichen Problemthemen ist nichts Neues. Oder die immerzu vergebliche Liebesmüh der beiden ergrauten Kommissare, auch privat nochmal richtig glücklich zu werden. Und deswegen war es fast interessanter, dem Titel entsprechend den Moment des verträumt-rythmischen Freddy-Tanzes zu erwarten (er war leider kürzer als erhofft), als dem sehr eigenartigen Ermittlungfortgang zu folgen. Nachdem ein obdachloser Musiker erst beschimpft und schließlich tot aufgefunden wird, beschränkt sich der Fokus des Duos im Wesentlichen auf ein Mietshaus mit seinen unterschiedlichen Bewohnern, die selbstverständlich alle ihre unschönen Geheimnisse besitzen.
Vom Stil her ist das für einen Whodunit eigentlich ein willkommenes Konzept, wenngleich ich mich schnell an den zwanzig Jahre alten Ehrlicher/Kain-Tatort "Ein ehrenwertes Haus" erinnert fühlte. Der ist mir im Vergleich zu diesem Fall übrigens besser in Erinnerung geblieben. Denn in "Freddy tanzt" bleiben die Figuren (und ihre Umstände) bis auf die grazile Frau Denk (Ursina Lardi), die zudem die meiste Zeit als Objekt der Begierde für jenen Freddy herhalten muss, zu konstruiert und/oder oberflächlich, sodass die nötige Spannung von innen heraus sich nicht aufbauen wollte. Als Betroffenheitsdrama bleibt es mit seinen zu zahlreichen Brennpunkten - so wichtig man den vereinzelten Fall auch finden mag - letztlich Stückwerk, seien es die gewissenlosen Banker, der vordergründig harte Eishockeytrainer oder das prekäre Kunstgewerbe. Mittelmäßige Kost also, wenngleich man ja doch nie ganz den Stab über die Kölner brechen möchte. Dennoch schade, da sich mit Andreas Kleinert auf dem Regiestuhl (der immerhin meinen Lieblings-Tatort 2013 verantwortet hat) und Jürgen Werner als Autor (zurecht für das Dortmunder Kommissar-Team grimmepreisnominiert) nicht die schlechtesten Köpfe hinter diesem Krimi verstecken.
Bis vor kurzem war mir wenig bewusst gewesen, dass der zurecht oft gelobte französische Klassiker "Lohn der Angst" aus den 50ern doch tatsächlich nach rund zwei Jahrzehnten nochmals neu aufgelegt wurde. Ein Remake, das einst zum Kassenflop degradiert und auch später offenbar stiefmütterlich behandelt wurde, hat jedoch einen interessanten Regienamen hinter sich: William Friedkin, der mich, was ich bisher gesehen habe, in Sachen Spannung und Intensität selten enttäuscht hat. Vielleicht war es von Vorteil, dass die Sichtung des Originals schon einige Zeit zurückliegt und ich nur noch das grobe, gleichwohl prägnante Korsett dieser Geschichte im Kopf hatte. Wie Friedkin diese unterschiedlichen und auf der ganzen Welt verteilten Charaktere ohne blütenweiße Weste auf unsentimentale und nüchterne Weise einführt, indem er jeweils lange Sequenzen über ihre Lebensumstände zeigt, und wie ruchlos man sich ab Mitte des Films in der südamerikanischen Einöde auf die berühmt-schicksalsträchtige Trucker-Mission mit Sprengpotential begiebt, hat mir dann doch sehr imponiert. Als alter Herzog-Fan mit Vorliebe für ausführliche Dschungel-Odysseen konnte mich diese Version des Ursprungsmaterials irgendwann ähnlich in den Bann ziehen wie zuvor das schwarz-weiße Clouzot-Vorbild. Zwar kann bspw. ein Roy Scheider hier nicht gegen das Charisma eines Yves Montand anstinken, die Lakonie und Kantigkeit der Nachfolger kompensiert das im Einklang des eher hoffnungsarm-düsteren Settings mit fesselnden Kameraeinstellungen und mitreißenden Musikklängen jedoch ziemlich wirkungsvoll - eigentlich genauso so, wie ich mir im Vorhinein eine Umsetzung in den 70er Jahren ungefähr vorgestellt - und auch gewünscht - habe.
Vielleicht nicht der erhoffte Überflieger, aber sehr routiniert und ansprechend umgesetzt: der zuvor oft erwähnte Borowski-Tatort mit dem brisanten Thema Crystal Meth. Etwaige Assoziationen und Vergleiche mit dem Serien-Meisterwerk "Breaking Bad" kommen selbstverständlich schnell auf, sind jedoch sowohl inhaltlich als auch formal unpassend. Und das nicht nur, weil man dies ausgerechnet im vermeintlich harmlosen Kieler Umland aufzufinden vermag. "Borowski und der Himmel über Kiel" zeigt anhand der Umstände eines unappetitlichen Mordfalls (bezogen auf den Zustand der Leiche) überraschend vorurteilsfrei die Facetten dieser Droge auf, indem er die betroffenen Charaktere, speziell die Zeugin und Freundin des Opfers Rita, per ausführlicher Rückblickszenen über die verhängnisvollen Erfahrungen sinnieren lässt. Die gezeigten Bilder sprechen für sich, ohne dass ein überflüssiger Kommentar hinterhergeworfen wird. Sowieso hat Regisseur Christian Schwochow interessante Einfälle für kühle, atmosphärische Momente sowie subtile Andeutungen, womit der Krimiplot mehr Substanz und Überraschungspotential bekommt, als er womöglich auf dem Papier besitzt. Hinzu kommen das mittlerweile wunderbar eingespielte Borowski/Brandt-Duo, dessen Privatgeschichten sich nach den jüngsten Erfahrungen aus Ludwigshafen angenehmerweise eigentlich nur auf einen einzigen Anruf beschränkt, eine ambitionierte Schauspielleistung der Rita-Darstellerin und mitunter sehr eigenartige Dorfbewohner (einheimischer Polizist eingeschlossen), denen man zu keiner Sekunde so recht über den Weg trauen will. Wie man diese fast schon comichaften Typen in den Fall einflochten konnte, ohne das ernsthafte Oberthema gleichermaßen zu karikieren, verdient mitunter am meisten Respekt...
Des Öfteren habe ich mich beim Ansehen des neuesten Ludwigshafener Tatort gefragt, ob die gute Lena Odenthal nun wie kokettiert wegen ihres schweren Arbeitspensums sowie trostlosen Privatlebens die Reha aufgesucht hat oder ob es ganz metamäßig der verzweifelte Hilfeschrei nach besseren Krimihandlungen ist. Die leise Hoffnung auf Besserung wird aber auch in "Die Sonne stirbt wie ein Tier" relativ schnell begraben (was bei einem Drehbuch von Harald Göckeritz auch kein Wunder ist, der zuletzt an zahlreichen Tatort-Gurken beteiligt war). Wie es der Zufall à la Tatort so will, geschieht quasi in direkter Nachbarschaft zum Reha-Zentrum in mysteriöser Mord im Pferdestall, der Odenthal selbstverständlich wieder ins Spiel bringen muss. Trotz Kopper und der weiblichen Verstärkung durch die neue Fallanalytikerin: Ludwigshafen ohne Odenthal geht offenbar nicht. Wären die privaten Nebenplots der Ermittler nicht schon genug (u.a. Koppers Videochats mit einer Italienerin...), werden mit dem Tod eines Tierpflegers und der Serie an Pferdemisshandlungen hier im Grunde zwei unterschiedliche Fälle behandelt, die miteinander zur bewussten Verwirrung verquickt werden. Für einen guten Whodunit-Plot geht das Konzept aber nicht auf, da in dem interessanteren (Pferde-)Fall sich der Täter im Grunde uns Zuschauer mehr als deutlich offenbart, in dem anderen eher plump das eigentliche Motiv altbekannter Natur spät ins Spiel gebracht wird. Durch diese Überfrachtung an Themen leidet besonders die Charaktertiefe etlicher Figuren, die hier ins Spiel gebracht werden. Die, wenn man so möchte, atmosphärischen Momente eines Psychothrillers verpuffen regelrecht in dieser platten Dramaturgie, in der Zufall (mal wieder) und Dummheit Hand in Hand gehen. Wenn die aufregendste Frage schließlich jene ist, ob Odenthal und Kopper weiterhin in einer Wohnung leben sollen oder ob nicht etwas räumliche Distanz von Vorteil wäre, sagt das wohl alles aus über dieses abendliche Tatort-Erlebnis.
Selten kam das zarte Pflänzchen namens 'deutsches Genrekino' so gewaltsam daher. Diese Feststellung zeigt sich bei "Harms" verstörend schnell, eigentlich schon nach den ersten fünf Minuten. Der Film ist zwar eine sichtlich kleine Produktion, doch viel Geld generiert bekanntlich nie automatisch auch Qualität. Mit tatkräftiger Unterstützung durch Heiner Lauterbach (was sich spätestens anhand der wiederholten Nennung im Abspann zeigt) kreiert Regisseur Nikolai Müllerschön eine lakonisch-düstere Gangsterballade mit dem Fokus auf einen faszinierend-undurchsichtigen Ex-Knacki, die nach Umwegen in einem großen Heist-Abenteuer mündet. Die Handlung selbst erfüllt nicht ganz unbekannte Strickmuster eben solcher Filme und ich kann nicht unerwähnt lassen, dass mir der Plot mit seinen blutigen Kehrtwendungen nach hinten raus nicht mehr so sehr gefallen wollte. Dennoch muss hier einfach die enorm interessante, zwischen Hoffnung und Trostlosigkeit pendelnde Stimmung und die anonym gehaltene Atmosphäre einer deutschen Großstadt genannt werden, die mich stets bei Laune gehalten hat - vielleicht auch, weil man genau dies zu selten zu sehen bekommt. Schauspielerisch sind sowohl bekannte als auch unbekannte Namen dabei, worunter unter den Nebendarstellern etwa ein Axel Prahl verglichen zum Münster-Tatort nochmal einige Prozentpunkte mehr aus der Haut fahren darf. Lauterbach gibt den tragisch-stillen Protagonisten und macht das sehr prägnant und wirkungsvoll. Hätte mir die Geschichte insgesamt noch mehr zugesagt, dann wäre hier ein ganz großer Wurf gelandet worden. Der obligatorische Hinweis sei dennoch gestattet: Fans des Genres sollten unbedingt mal bei Gelegenheit einen Blick hineinwerfen. Mehr Aufmerksamkeit als jetzt hätte das Werk jedenfalls verdient.
Während das junge Dreiergespann aus Erfurt nun vorzeitig die Segel hat streichen müssen, läuft das ambitionierte Vierergespann in Dortmund immer besser. Das Spiel zwischen der Ermittlergruppe und weiteren Kollegen wirkt auf ihre Art sehr erfrischend, was in den allerersten Tatort-Episoden zwar angedeutet wurde, in denen aber noch die Einbindung in eine packende Handlung nicht so richtig klappen wollte. Spätestens mit Nicole Weegmanns "Hydra" ist diese Anlaufphase vorbei.
Das Behandeln des Neonazi-Themas ist dabei leider berechtigt, wenn man das eine oder andere Mal die Schlagzeilen der Dortmunder Lokalpresse liest. Dies wird allerdings nie mit idealistischem Zeigefinger gemacht, sondern sehr stringent in einen funktionierenden Krimiplot eingeflochten. Es gibt eigentlich nie Leerlauf, da durch die Figurenkonstellation immerzu neue Reizpunkte gesetzt werden. Ein Kritikpunkt wäre vielleicht, dass die emotionale Aufladung speziell für Kollegin Dalay und die persönliche Verflechtung von Kossik mit dem Kreis der Verdächtigten anfänglich etwas konstruiert wirkt. Der letztgenannte Aspekt ist ja meist ein beliebtes Element im Tatort-Universum. Doch durch die weitere dramatische Entwicklung der beiden verzeiht man dies gerne. Dalays weinendes Gesicht beim Betrachten ihres Bauches werde ich z.B. so schnell nicht vergessen. Die spätere Auflösung dieses Whodunit-Falls hat mich ehrlich gesagt überrascht. Sie wird, obwohl man früh eine grobe Vorahnung bekommt, clever verpackt und erst kurz vor der brenzligen Offenbarung klar. Logisch, dass man damit gewissermaßen nochmals auf die jüngere Vergangenheit im Umgang mit der rechten Szene Bezug nehmen möchte.
Ein weiteres Mal muss ich Jörg Hartmann bzw. seine grenzgängerische Rolle als Faber lobend hervorheben. Seine vom Zynismus geprägte Haudraufmethode im persönlichen Umgang mag sowohl intern als auch auf der Straße auf den ersten Blick wie ein Elefant im Porzellanladen wirken. Es knallt manchmal, es wird heillos provoziert, am Ende hat diese Ehrlichkeit jedoch Erfolg. Gerade sein polemisch-offener Umgang mit Verdächtigten und Zeugen bringt so manches hilfreiche Detail hervor, welches man auf andere Weise wohl nie bekommen hätte. Oder er lässt jene Mitmenschen in ihren Vorurteilen gnadenlos auflaufen, was irgendwie doch seinen Charme hat. Hoffentlich hält das Gespann diesen Unbändigen weiterhin aus.
Locker-flockiges Unterhaltungskino aus deutschem Lande, welches man in dieser runden Form heutzutage gerne mehr sehen würde: Wolfgang Staudtes "Die Herren mit der weißen Weste" hat mit dem Produktionsjahr 1969 zwar schon einige Jährchen auf dem Buckel, reiht sich aber keineswegs in die Klamaukecke ein, von denen es damals sicherlich so einige gab. Diese Gaunerkomödie spaltet sich - auch essentiell durch die illustre Wahl der Schauspielprominenz - quasi in ein ernsteres und ein lustigeres Fach auf. Regisseur und Autoren, darunter ein gewisser Horst Wendlandt, spielen die beiden Gegensätze jedoch nicht in Schwarz-Weiß-Manier aus, sondern kombinieren diese Elemente sehr gekonnt in einen sehr amüsanten Krimiplot der missglückten Einbruchsszenarien, dessen listige Grundidee in seiner variantenreichen Darstellung gewitzt und clever daherkommt. Vielmehr geht es auch ein wenig um das komplizierte Verhältnis jung gegen alt, wobei letzteres hier seine nachhaltigen Vorteile demonstrativ ausspielen darf. Somit funktioniert ein stilvoll-rebellischer Mario Adorf als kriselnder Gangsterchef genauso wie ein Martin Held als gewiefter Taktikfuchs der alten Schule, während ein Heinz Erhardt oder auch eine junge Hannelore Elsner in den Nebenrollen für etwas Erheiterung sorgen können. Mir hat diese Mischung richtig gut geschmeckt. Da sieht man es auch den Machern nach, dass die Inszenierung gemessen am Subgenre ziemlich harmlos daherkommt. Aber bei der Marke Wendlandt habe ich auch nicht wirklich etwas anderes erwartet.
Ein komischer Tatort. Komisch deshalb, da man einerseits stets das Gefühl dabei gehabt hat, dass die mit einem bösen Knalleffekt startende Geschichte über den mehr oder weniger wahrscheinlichen Selbstmord eines iranischen Atomphysikers analog zu den Wiener Ermittlern dann doch eine Stufe zu groß für dieses eigentlich beschauliche Format sein könnte. Andererseits ist genau dieser Aspekt durch den erneut ziemlich grantig-angriffslustige Schauspiel von der Bibi und dem Moritz schlussendlich doch ziemlich unterhaltsam geworden. In "Deckname Kidon" ist es insbesondere Harald Krassnitzer, der als fortlaufend nachhakender Querulant für die Herren der hohen weltpolitischen Diplomatenebene ranzige Sympathiepunkte für sich verbuchen kann. Hinzu kommen einige größere Außenszenen wie die verzweifelten Halteversuche eines Zugs mit brisanter Fracht, die entfernt an so manchen Thriller früherer Tage erinnern. Und doch zeigt das strikte Ende, wie ohnmächtig man als Tatort-Duo erscheint, sobald die Mächte bestimmter Dienste die relevanten Fäden führen. Leider ist das keine wirklich neue Erkenntnis, wie man schon in anderen vergleichbaren Tatort-Fällen sehen konnte, und sie wirkt im ersten Moment auch etwas unbefriedigend für einen Krimi, da sie narrativ wie ein sicherer Ausweg aus der vermeintlichen Sackgasse wirkt. Ein komischer Tatort eben, aber allein schon durch den erinnerungswürdigen Auftritt des theatererfahrenen Udo Samel in der schmierigen und zugleich illustren Lobbyistenrolle für seine knapp 90 Minuten nicht uninteressant.
Mein TV-Tipp des Tages wäre Heinz Erhardts neuer alter Film "Geld sofort" im NDR (http://www.moviepilot.de/movies/geld-sofort), zufällig in einem Wiener Nachlass jüngst entdeckt. Solche unwahrscheinliche Funde haben ja schon per se mein Interesse geweckt. Hoffentlich taugt er auch was. Davor und danach gibt's noch Dokus.
20:15 - Der große Humorist und sein Erbe
22:00 - Geld sofort - Die Filmpremiere
22:35 - Geld sofort - die Geschichte zum Film
"Der Irre Iwan" wirkt wie eine verspätete Silvesterrakete, bei der man lange hofft, dass sie trotz Fehlzündung doch noch losgeht. Leider ist Weimar-Tatort Nr. 2 für mich schlussendlich ein Rohrkrepierer geworden. Was eigentlich nicht verwundern dürfte, handelt es sich doch trotz Ulmen, Tschirner, der urigen Kulturstadt (und meiner kleinen Vorliebe für weniger ernste Krimiabenteuer) immer noch um einen MDR-Tatort, dessen Kandidaten allzu oft Bruchlandungen erlitten haben, sobald die Ambitionen die Qualitäten übersteigen (siehe Erfurt). Die erkennbar eingestreuten Comedy-Momente in Sachen Dialog und Szenerie verpuffen regelrecht in dieser grotesk-verworrenen Verwechslungsgeschichte, die mich nie 'abgeholt' hat und wo eine engagierte Darstellerleistung von Sophie Rois noch den größten Pluspunkt setzen konnte. Ich mag Tschirner und Ulmen für sich genommen als jene kumpelhaften Schauspieltypen, denen man nichts Böses wünschen möchte. Aber nachdem ich schon nach ihrer Tatort-Premiere mit "Die Fette Hoppe" kleinere Bauchschmerzen aufgrund dieser Besetzung hatte, über dies aber ob des damals noch einmaligen Eventcharakters gerne hinwegsehen konnte, verdeutlicht diese Fortsetzung, wie wenig sie doch in dieses serielle Krimiuniversum passen. Diesen Punkt kann man nun entweder per se amüsant oder eben schlicht bemüht finden, die wahrscheinlich entscheidende Geschmacksfrage, der anschließend den Takt für den ganzen Film einnimmt. Meinen Humor haben sie jedenfalls nicht getroffen - und am Ton hat es hier ehrlicherweise nicht gelegen.
Nimmt man die reinen Mechanismen dieser Geschichte, dann handelt es sich bei "Das verkaufte Lächeln" mit dem ewigen Gespann Batic und Leitmayr um einen astreinen Whodunit-Tatort nach bewährtem Konzept: Ein Leiche, viele Verdächtigungen, bewusst gelegte Ablenkungen sowie die große Wendung. Letztere hat womöglich nicht ganz die überraschende Wirkung, sofern man bei den anfänglichen Szenen sich aufmerksam dem Gezeigten widmet hat, aber sei's drum. Denkwürdiger ist eher das behandelte Thema, wobei durchaus mit den Porträts von halbnackt-posierten Jugendlichen mal wieder ein heißes Eisen angefasst wird, wie eine politische Affäre und darauffolgend gesetzliche Entscheidung in diesem Jahr schon prominent gezeigt haben. Die Autoren haben es allerdings nicht nur auf den pädophilen Erwachsenen vor dem Rechner abgesehen, sondern verbinden dies mit der diffizilen Perspektive der Jugendlichen.
Dass davon gleich drei diesen Bilderhandel freiwillig für ein gutes Taschengeld fabrizieren, erstaunt dann doch eine gewagte Prämisse. Der naive Umgang mit der schönen neuen Technik, wie es Leitmayr in einer Szene fassungslos einwirft, wird dabei als weiteres Fass aufgemacht und erweitert das Themenspektrum nochmals. Das Drehbuch verhebt sich aber leider etwas in dem Versuch, einerseits sowohl die Opfer- als auch Täterrollen zu verorten, andererseits dann auch wieder zu durchmischen. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Familienmitglieder, die durch die Mordermittlungen zwangsläufig mit diesem 'Geschäft' in Kontakt kommen und ebenso ihren Raum erhalten sollen. Auf der Strecke bleibt jedoch die genauere emotional-psychologische Komponente der beteiligten Personen - mögen sie noch so gut spielen (bspw. Anna Lena Klenke). Auch Batic und Leitmayr bekommen im Zuge dessen für allerlei Zwistigkeiten Dialogzeilen in den Mund gelegt, die zwar dem Fortlauf der Geschichte dienen mögen, aber eben wenig natürlich klingen. Ein schwieriger Fall, der mir trotz seiner Stärken wie der Darstellung der technisch versierten Ermittlungsmethoden (Kalli sei Dank) letztendlich nicht so richtig überzeugen konnte.
Nachdem das neue Saarbrücker Team bei mir bisher auf sehr wenig Gegenliebe gestoßen ist, liefert "Weihnachtsgeld" zum ersten Mal einen kleinen Hoffnungsschimmer, weshalb diese naiv-groteske Figur namens Stellbrink womöglich doch in einem Tatort funktionieren könnte. Im Rahmen des traditionellen Sendeplatzes am zweiten Weihnachtstag passt diese verschmitzte Form eines harmlos-gemütlichen Krimis, das nur wenig Dunkles bietet, dafür aber mit durchaus genüsslichen Verweisen auf manch christliches Brauchtum (u.a. die Weihnachtsgeschichte mit Maria und Josef) und einem überraschend kurzweiligen Handlungsgeflecht zwischen Weihnachtsmarkteskapaden und Besuchen beim Saarbrücker 'Rotlichtmilieu' punkten kann. Dabei ist Striesow als Stellbrink sogar noch prominenter in Szene gesetzt als zuvor. Elisabeth Brück, die zuvor eigentlich gleichberechtigt dieses Tatort-Team repräsentieren sollte, hat als profillose Kollegin Marx nicht nur von der reinen Spielzeit her deutlicher denn je das Nachsehen. Sie wirkt neben Anwältin und Kriminaltechniker wie eine lediglich weitere Zuarbeiterin für Stellbrinks teilweise riskanten Ermittlungsmanöver, was dem Ganzen gewiss nicht schadet. Nun bleibt einzig abzusehen, ob Tatort Saarbrücken in Zukunft auch regulär, d.h. ohne wohlwollende Festtagsstimmung für launige Kost sorgen kann.
"Machst du mir ein Bier? Alkoholfrei."
Etwas unfair vielleicht, direkt diese Dialogzeile herauszunehmen, aber besser kann man die belanglose Attitüde des zweiten Erfurter Jugend-forsch(t)-Tatorts geschmacklich nicht beschreiben. Nachdem die drei Novizen nach der Premiere einiges an Kritik einstecken mussten, wurde hier scheinbar alles auf Nummer Sicher gepolt. 'Keck' ist hier gar nichts mehr, sondern durch und durch der Krimi-Standardkost verschrieben. Zwar ärgert man sich nicht mehr über irgendwelche Schnapsideen oder flapsige Sprüche wie zuvor, doch die gewollte Spannung kommt in dieser Geschichte, die mit dem gewaltsamen Verschwinden eines gefährlichen Häftlings außerhalb des Gefängnisses beginnt und ferner die Integrität mancher Polizeibeamten zur Disposition stellt, deshalb nicht automatisch auf. Dass die Macher gleichwohl auf dieses Merkmal gesetzt haben, erkennt man spätestens an der aufgeplusterten Auflösung der schon im Titel aufgeworfenen Frage nach dem Maulwurf, welche knapp zehn Minuten vor dem Abspann von den entscheidenden Personen ausgesprochen wird. Blöd nur, dass es Regisseur und Autor nicht schaffen, zuvor durch geschicktere Mittel diesen Überraschungseffekt entsprechend zu kreieren. Eher fragt man sich, warum erst so spät der Groschen fällt. Was folgt, ist all das, was man gefühlt schon hundertfach im Krimigenre gesehen hat, angefangen von den Erklärungsversuchen bis hin zur Wahl des Drehorts beim Finale. Nichts, an das man sich in einer Woche noch groß erinnern wird. Wenn ein solcher Krimi auf Vorabendniveau genau das sein soll, was man beim MDR unter jung und modern versteht, dann sieht es nicht sonderlich gut aus für die Zukunft dieses noch immer wenig charismatischen Tatort-Dreigespanns.
Wer sich unter dem deutschen Titel "Rififi am Karfreitag" etwas fragend die Augen reibt ob des thematischen Inhalts: Mir ging's ähnlich. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum diese nicht gewöhnliche Kriminalgeschichte von John Mackenzie hierzulande etwas unter dem Radar läuft, sofern man als heutiger Filmliebhaber in die Vergangenheit blickt. Ich war allerdings sehr froh, dass ich diesen Geheimtipp sehen und genießen konnte. Er erscheint eben auf den ersten Blick nur vermeintlich unspektakulär, nimmt sich gewiss auch seine Zeit, doch gerade diese mehr oder wenige subtile Unsicherheit, die anhand der immer schwierigen Stunden im Leben von Gangsterboss Harold Shand mit empfindlichen Androhungen immer albtraumhaftere Züge annimmt, machen diesen Film sehr reizvoll. Dazu hilft nicht nur der Zeitgeist der beginnenden 80er Jahre in der Weltstadt London, sondern in erster Linie der Hauptdarsteller selbst. Bob Hoskins kann man mit seiner unnachahmlichen Präsenz, ohne die bekannten Stereotypen einer solchen Figur zu bedienen, eigentlich nicht genug loben. Ihm nimmt man diese Rolle sofort ab und beobachtet sehr gespannt, wie sowohl Loyalität unter seinen Mitarbeitern und Kontakten als auch die Kontrolle über sich und sein Geschäft langsam, aber sicher abhanden kommt. Der Vorgang dieser Dekonstruktion ist mit seinen verschiedenen Illustrationen interessanter als die Drahtzieher im Hintergrund. Hartes, schnörkelloses und an vielen Stellen sehr geschicktes Genrekino, das viel mehr Beachtung verdient hätte.