filmschauer - Kommentare

Alle Kommentare von filmschauer

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    filmschauer 15.12.2014, 18:01 Geändert 15.12.2014, 18:02
    über Gravity

    Obwohl nach den zahlreichen Lobeshymnen des letzten Jahres über "Gravity" meine Vorfreude ähnlich einer Rakete kurz vor dem Start war, hatte ich meine kleine Zweifel nie ganz beiseite schieben können. Könnte der Film mit seinen Spezialeffekten ebenso gut auch daheim ohne metergroße Leinwand funktionieren, nachdem ich den Kinostart seinerzeit verpasst hatte? Und wie sieht es mit der Geschichte aus, bei der hauptsächlich nur zwei Schauspieler zu sehen sein würden?

    Die Sorge um den ersten Punkt war schnell verflogen: Hier besteht Alfonso Curaróns Weltraumthriller den Benchmark-Test gewissermaßen mit Bravour, auch im Heimkinoformat ohne 3D. Was das Thema Schwerelosigkeit angeht, leisten die Macher rund um die Technik etwas sehr Beeindruckendes. Das Geschehen sowohl innerhalb als außerhalb der verschiedenen Raumstationen und Kapseln erscheint derart realitätsnah, dass man automatisch in diese Umgebung als Zuschauer mit eintaucht. Gerade durch die verspielten Kamerafahrten oder der auditiven Präzision (Stichwort: Stille) wirkt so ein gewisser Eventfaktor, womit das Gefühl der Schwerelosigkeit so greifbar wie scheinbar möglich wird, ohne dass man kostspielig selbst ins Weltall fliegen oder Parabelflüge buchen müsste.

    Da wir es hier inhaltlich eigentlich mit einem klassischem Katastrophenszenario steigenden Ausmaßes zu tun haben, bleibt die Faszination ob der schönen Weltraumimpressionen und den träumerischen Blicken auf die Erdkugel aber nur kurz erhalten. Denn leider beinhaltet die Realität von Raumfahrtprogrammen u.a. ein großes Problem, der viel zu lange zu wenig beachtet wurde. Was macht man mit dem ganzen Weltraumschrott, der in den erdnahen Umlaufbahnen herumschwirrt? Ich kann mich spontan nicht erinnern, dass dieser sich selbst verstärkende Effekt, bei dem etwaige Kollisionen noch mehr Müll produziert, schon mal in einem Spielfilm thematisiert wurde. Ein gruseliges Szenario, was "Gravity" hier in aller Kompaktheit präsentiert. Damit einher geht die tödliche Gefahr des Weltalls für den Menschen aus, sobald die vermeintlich sichere Schutzhülle ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann. Wie heikel besonders die Koordination in schwerelosem Raum ohne technische Hilfsmittel sein kann, vermittelt der Film auf halsbrecherische Weise. Unfassbare Szenen spielen sich dabei ab - dagegen war das Beschleunigen und Abbremsen des Raumschiffs im uralten Videospielklassiker "Asteroids" wahrhaftig ein Kinderspiel.

    Die prominenten Namen Sandra Bullock und George Clooney machen als Darsteller der beiden übrig bleibenden Astronauten einen sehr annehmbaren Job und lassen als empathische Figuren den Zuschauer an dieser Odyssee teilhaben. Über den genaueren Handlungsverlauf und die spezifischen Charakterzeichnungen könnte man nun im Detail sicherlich diskutieren, für mich hat die Geschichte jedoch so, wie sie sich abzeichnete, funktioniert und sich effektiv in diesen 90-minütigen Alptraum eingefügt. Ein packender Kampf gegen die Physik, der schließlich nochmals verstärkt aufzeigt, wie gut es doch ist, einen so schönen Heimatplaneten zu haben.

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    • Wer die Tradition gepflegt hat, die Globes immer im Januar bei ProSieben zu nächtlicher Stunde zu schauen, für den habe ich eine schlechte Nachricht (sofern dieser kein Pay-TV hat): TNT Serie hat jetzt für Deutschland die TV-Rechte.
      http://www.dwdl.de/nachrichten/48868/golden_globe_awards_tnt_serie_loest_prosieben_ab/

      • 5 .5

        Zwei Jahre hat sich Tatort Hannover sehr rar gemacht. Etwas spöttelnd könnte ich nun sagen, dass ich es so gut wie gar nicht gemerkt hätte, wären die Medienhinweise nicht gewesen, dass Furtwängler alias Hauptkommissarin Charlotte Lindholm "wieder da" sei. Und sie handelt auch in "Der sanfte Tod" wie eigentlich bekannt stets aufrichtig, aber nie ganz frei von emotionaler Wankelmütigkeit, woran sich der eine oder andere Zuschauer stören wird. Das führt dann dazu, dass sie bei ihrer Ermittlungsarbeit auch mal dumme Dinge tut, was nur dadurch kaschiert wird, dass ihre unerfahrene Kollegin noch unvernünftigere Handlungen vollzieht. Oft ging es total daneben, aber schmunzeln musste ich doch manchmal. Für charaktergetriebene Ecken und Kanten ist also durchaus gesorgt in einem Fall, der durch sein Oberthema der fleischverarbeitenden Industrie in Norddeutschland sowieso schon trocken, ernst und überraschungsfrei die mittlerweile bekannten Kritikpunkte einbaut. Geschmückt wird dies neben ein paar bildhaften Haudraufszenen (üble Tieraufnahmen im Schlachthof werden hier allerdings nicht gezeigt) speziell in Gestalt des oberflächlich strahlenden Fleisch-Fabrikanten und Familienunternehmers Landmann, der geschickt trotz Mordanschläge seinen Strippen zu ziehen vermag. Gespielt wird dieser vom altbekannten Heino Ferch und der macht seine Sache ausgesprochen gut, wodurch der für einen Tatort handelsübliche Plot und das unspektakuläre Handwerk des Regisseurs Alexander Adolph etwas weniger ins Gewicht fallen. Ein richtig guter Krimi wird "Der sanfte Tod" durch seine nicht zu übersehenden Ungereimtheiten zwar nicht, doch heben die vereinzelten Szenen mit kecken Dialogzeilen und das immerhin prägnante Ende diesen Tatort knapp über das langweilige Mittelmaß.

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        • Waltz als Antagonist in einem 007-Film, welcher z.T. in den österreichischen Alpen spielt, in denen Bond mit seinem alten Aston Martin herumcruisen wird. Joa, das könnte mal richtig genial werden.

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          • 7

            Eine Familienzusammenkunft der etwas böseren Sorte - was nicht allein an den ungewöhnlichen Umgangsformen liegt. "You're Next" kommt eigentlich wie die übliche Standardware des Horrorgenres daher: Es gibt nacheinander eine prägnante Einführung der teilnehmenden Personen, die sich schließlich versammelt im Haus der Eltern befinden, eine plötzlich unerklärliche Flut an Gewalt von außen (das Filmplakat deutet es an) und danach die Abschätzung, wer nach wem wohl das Zeitliche segnen würde. Doch so einfach ist es dann doch nicht. Im Grunde ist Regisseur Adam Wingard einer der wenigen, der sich mittendrin einen erkennbaren Genrewechsel zutraut. In diesem anfänglichen Home-Invasion-Terrorfilm variieren die filmischen Zutaten so sehr, dass man sich als Zuseher irgendwann in einem blutigen Fun-Splatter-Streifen wiederfindet. Viel mehr sollte nicht verraten werden und sicherlich kann so mancher Handlungsstrang einem schon etwas übel aufstoßen. Doch die handwerkliche Umsetzung, die schrägen Ideen und ein weiblicher Hauptcharakter, der durch Sharni Vinson - nachdem sie für mich in zwei anderen Filmen zuvor völlig konturlos geblieben war - in vielerlei Hinsicht eine überraschend gute Figur macht, haben bei mir für kurzweilige Horrorunterhaltung gesorgt. Fies, aber doch mit einem attraktiven Augenzwinkern.

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              Wie schon zuvor im Überwachungsfall "Kaltstart" soll offenbar der neue Tatort "Norddeutschland" mit seiner ausgewiesenen BKA-Wichtigkeit die etwas größeren Fässer anpacken. Der andauernde Syrienkrieg, die undurchsichtigen Schleusermethoden und die damit verbundenen dramatischen Flüchtlingsschicksale sind zweifelsohne aktuelle Themen, welche "Die Feigheit des Löwen" diesmal mit dem Handlungsort Oldenburg anspricht. Dass dabei versucht wird, die zumeist übliche Schwarz-Weiß-Malerei zu vermeiden, ist eigentlich löblich, sofern es gelingen würde, die daraus folgende Differenziertheit hinreichend in Szene zu setzen. Leider verhindern die zu wenig ansprechenden Figurenzeichnungen und eine sehr spannungsarme Geschichte, dass sich vom bestehenden Krimikorsett losgelöst ein interessantes Flüchtlingsdrama entspinnt, das man nicht so schnell vergessen würde. Da reicht es nicht, bei vereinzelten Szenen im Hintergrund Bürgerkriegsbilder im TV laufen zu lassen. Kurzum: Ich fand's fad. Und als würden die Macher um Marvin Kren und Friedrich Ani dieses Manko selbst bemerken, fügen sie dem Ganzen mal einen Lückenfüller-Nebenplot über Falkes und Lorenz' diffusen Annäherungsmomente, mal einen aus dem Bild fallenden Comic-Relief-Charakter in Form einer Wiener Pathologin mit Hang zu pantomimischen Darstellungen hinzu. Doch diese gewollten Stimmungswechsel wirken ebenso unpassend wie das einfallslose Ende. Gut gemeint ist nicht immer gleich gut gemacht.

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              • 7 .5

                "The Spectacular Now" kommt - anders als sein Titel annehmen lässt - so gar nicht spektakulär daher, doch dahinter verbirgt sich ein sehr hübsches und einfühlendes Coming-of-Age-Exemplar, welches, wenn überhaupt, nur selten die Grenze des üblichen Einerleis streift. Im Zentrum steht ein sehr gefühlvoll inszeniertes Liebesdrama zweier ungleicher Teenager (überaus authentisch gespielt von Miles Teller und Shailene Woodley; letztere ist mir schon zuvor in "The Descendants" aufgefallen), die in gewöhnlichen Highschool-Filmen wahrscheinlich niemals in Kontakt kommen würden. Gerade diesen Aspekt nutzt Regisseur James Ponsoldt, um Vorurteile und Rollenklischees aufzubrechen. Aber fast noch interessanter ist die weitere Entwicklung dieses Zusammenlebens, die mit dem übergeordneten Label "Gegenwart vs. Zukunft" und seinen manchmal schwer erklärbaren Handlungen durchaus anecken kann. Während man als Zuschauer den beiden nur Gutes wünschen möchte, nachdem man deren ersten gemeinsamen Erfahrungen miterlebt, kommt doch immer wieder ein Hauch des Zweifels ob der Ernsthaftigkeit dieser Beziehung auf. Folgerichtig wird uns hier ein seltsames Ende aufgedrückt, das man zuerst einmal akzeptieren muss, aber seinen (emotionalen) Reiz besitzt. Ein kleines Highlight in diesem sonst allzu kuscheligen Subgenre.

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                • 6

                  Ist ein Tatort noch ein guter Krimi, wenn man schon nach einer halben Stunde die Auflösung fast parat hat, der detaillierte Weg zur letztendlichen Bestätigung dennoch seinen unübersehbaren Unterhaltungswert besitzt? Einerseits könnte man den Autoren vorhalten, dass ihre Konstruktion nicht clever genug war, andererseits ist sie noch ansprechend genug umgesetzt, wodurch man überhaupt erst ein wirkliches Interesse am Ergebnis dieses Falls bekommt. Eine Situation, die die Stuttgarter Ausgabe "Eine Frage des Gewissens" in der Form in meiner nun mehrjährigen Tatort-Sichtungsphase bestimmt nicht exklusiv hat; genauso wenig wie wahrscheinlich die Thematik selbst, die Lannerts finalen Rettungsschuss bei einer Geiselnahme als Ausgangslage für einen zumindest ungewohnten Blick auf die (juristischen) Konsequenzen von Polizeiarbeit nimmt. Was man dem Krimi dennoch vorwerfen darf, ist die Tatsache, dass es eben nicht beim Hinterfragen von Lannerts tödlicher Handlung bleibt, dies sogar schlussendlich komplett aus dem Fokus gerät.

                  Zuerst ist da Bootz' kollegiale Lüge in Sachen Bedrohungsszenario für Lannert, die die Sache noch komplizierter macht. Ferner schließt sich im Zuge dessen ein weiterer Fall an, der die komplette Handlung zu jener erkennbaren Drehbuchkonstruktion werden lässt, die bei nüchterner Betrachtung den Faktor Zufall stark in Anspruch nimmt. Schuld- und Gerechtigkeitsfragen werden hier wie dort angerissen, richtig ausführend wird der Tatort allerdings meistens nur bei der Illustration der zahlreichen privaten Probleme von Bootz (was von den letzten Stuttgart-Folgen losgelöst etwas grotesk wirkt, da er ja nicht der Todesschütze selbst war). Die besagte Auflösung hatte wie zuvor die netten Nachtillustrationen des Stuttgarter Stadtbilds trotzdem ihre Wirkung und wird in dieser Deutlichkeit sicherlich jedem Gerechtigkeitsfanatiker sehr schmecken. Warum man aber den Abspann nicht zwei Minuten früher angesetzt hat, um mit diesem Eindruck aus diesem Film zu gehen, bleibt ein Geheimnis. Die Szene der quasi-kathartischen Aufräumaktion hätte es wirklich nicht gebraucht. Aber vielleicht muss man tatsächlich Drehbuchschreiber sein, um das zu verstehen.

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                  • 6 .5
                    filmschauer 17.11.2014, 17:13 Geändert 17.11.2014, 17:48

                    Mittlerweile ist man ja schon an mehr oder weniger bewusste Abschiedsfolgen diverser Tatort-Kommissare gewöhnt. Boris Alijnovic alias Felix Stark hat, anders als sein Kollege Raacke zuvor, dabei eine deutlich bessere Figur gemacht, womit nicht (nur) die Illustration seiner Zeichenkünste gemeint ist. Die realitätsferne, aber sehr funktionale Idee der unheilvollen Prophezeiungen, die sich anhand mehrerer Albträume bei einer norwegischen Psychologiestudentin äußern, sind eine gute Möglichkeit, einen Krimi von einer etwas anderen Position anzugehen. Ähnlich wie einst "Minority Report" gilt es, sich eher der herausfordernden Prävention einer möglichen Tat zu widmen als das übliche Ermittlungsschema durchzuspielen. Dass dabei auch die Rolle von Stark eine Spezielle sein würde, ist logischerweise wohl nur für jene überraschend, die völlig losgelöst von jeder Schauspielerrochade diesen Tatort schauen werden. Nachdruck für die Geschichte verleiht speziell die Darstellerin der schlechten Prognosen. Olsen Lise Risom hat eine gute Präsenz und wirkt dabei durchgehend geheimnisvoll, was dem Krimi über seine Laufzeit hinweg sehr hilft. Denn die große Spannung generiert dieser leider nicht zu jeder Zeit, allerdings weiß die Schlussviertelstunde wiederum sehr zu fesseln, wobei man sogar den hitchcock'schen Begriff der Suspense verwenden könnte, wenn es gen Restaurant geht. Allein diese Minuten sind es wert, dass man sich diesem Berliner Tatort 'vielleicht' doch annehmen sollte.

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                    • 5

                      Manche Horrorstreifen sind schon von ihrer Prämisse her so dermaßen skurril, dass man zumindest einen Einblick gewagt haben sollte - allen Beurteilungen zum Trotz. Wie das Titelbild schon einhellig präsentiert, sind, äh, offenbar von der norwegischen Gesellschaft über die Jahrzehnte vergessene Nazizombies in der einsamen Schneelandschaft das Thema. Regisseur Tommy Wirkola verknüpft das Erscheinen dieser sonderbaren Spezies mit der das Horrorgenre betreffend handelsüblichen Konstellation einer feierlaunigen Gruppe an jungen Erwachsenen, die absehbar als mögliches Zombiefutter erhalten müssen. Die Dynamik der Charaktere gefällt anfangs und auch das winterliche Setting an sich mit u.a. der kleinen Hütte macht zumindest den Einstieg sehr leicht, bevor das Unvermeidliche eintritt. Mein Highlight waren die Momente rund um einen älteren Besucher, der wie in einer Geisterstunde seine unheimlichen und mystischen Erfahrungen preisgibt, so bescheuert die auch sind. Dem gelegentlichen Grusel folgt jedoch schnell von Wirkola die volle Ladung Splatter. Was zu Beginn noch einige Schockerszenen ermöglicht, lässt allerdings in der zweiten Filmhälfte die Dramaturgie der Geschichte sehr zerfließen, woran auch der zu starke Fokus auf möglichst blutige Komikideen seinen Anteil hat. Meinem 'Geschmack' hat es aufgrund der wechselhaften Tonalität dann irgendwann nicht mehr ganz entsprochen, doch Freunde der Gore-Sparte dürften hier ihre Unterhaltung bekommen. Immerhin bin ich nun entsprechend eingenordet, wenn ich Teil 2 (der nach Trailersichtung auf jeden Fall deutlich interessanter aussieht) mal vor die Linse bekommen sollte.

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                      • 5 .5

                        "Doghouse" erweist sich als weitere Variante der prosperierenden Zombiefilmsparte, nur dass man sich hierbei auf den nicht gerade erfolglosen Pfad der Horrorkomödien mit britischem Einschlag à la "Shaun of the Dead" bewegt. Regisseur Jake West, der mit seiner Trashgranate "Evil Aliens" bei mir durchaus punkten konnte, greift diesmal ein wenig die Gender-Thematik auf und lässt eine Horde männlicher Mittdreißiger beim Ausflug in ein fernes, verlassenes Walddörfchen auf eine Horde fleischlüsternder Zombiedamen los. Viel dahinter steckt da allerdings nicht; zumeist bleibt die Frage im Vordergrund, wer von den unterschiedlichen Charakteren männlichen Geschlechts, die im Vorspann sehr prägnant und gewitzt porträtiert werden, diesen Horror überstehen könnte. Mit Danny Dyer oder Stephen Graham sind an vorderster Front auch illustre Darsteller dabei, dennoch bleibt die derb schwarzhumorige Handlung sowie die Figurenkonstellation selbst relativ platt und stellenweise möchte man bei so mancher Dummheit auch nur die Hand vor den Kopf schlagen. Immerhin werkelt West diese blutige Konfrontation relativ kurzweilig um, sodass "Doghouse" zumindest als die oft erwähnte Horrorkost für zwischendurch taugt, sofern man von so mancher Splatter-Einlage nicht stark abgeneigt sein sollte. Mein Tipp daher: Den Streifen in der puffertauglichen Mitte eines mehrteiligen, optimalerweise leicht alkoholisierten Filmabends wie etwa an Halloween einordnen.

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                        • 7 .5
                          filmschauer 06.11.2014, 10:00 Geändert 06.11.2014, 12:43

                          Was braucht eigentlich ein idealtypischer Edgar-Wallace-Film? Wohlige Gruselmomente (Nebel!), ansprechende Krimiaspekte, etwas Humor und eine möglichst treffende Besetzung würde ich spontan anbringen wollen, wenn man eine möglichst zusammenfassende Einordnung anbringen möchte. Speziell die Wixxer-Filme und verschiedene Retrospektiven haben da ihre Wirkung hinterlassen. "Die toten Augen von London" erfüllt diese Erwartungen dabei ausgesprochen konsequent. Hier ist nicht wie bei manch anderem Kandidat ein Nostalgiebonus nötig, indem gewissermaßen ob des Alters und den Begebenheiten ein Auge zugedrückt werden muss, um ihn problemlos durchwinken zu können. Alfred Vohrers erstes EW-Werk ist einfach ein sehr guter Film, der durchgehend mit seiner Krimihandlung für Unterhaltung und eine unheimliche Atmosphäre sorgen kann. Zwar sehen wir schon zu Beginn, wer sich hinter der dubiosen Unfallserie in nächtlichen London versteckt, der weiteren Spannung tut das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil, die Intensität steigt kontinuierlich an, nachdem der gute Blacky Fuchsberger als Inspektor Holt sich an die Arbeit macht, den oder die wahren Drahtzieher aufzuspüren. Neben den bekannten EW-Gesichtern wie Eddi Arent oder Klaus Kinski ist besonders Karin Baal als Helferin für die speziellen Dinge und natürlich Ady Berber als das Gesicht des Bösen eine Bereicherung für den Film. Die Auflösung überrascht durchaus und auch das Finale bietet einiges an Suspense. Wie gut jedoch Vohrer mit der Geschichte wirklich umgegangen ist, zeigt sich im Vergleich zum sieben Jahre später erschienenen "Der Gorilla von Soho" (den ich von den beiden übrigens zuerst zu Gesicht bekommen habe), der zwar die gleiche Wallace-Vorlage heranzieht, jedoch in allen Belangen qualitativ unterlegen ist.

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                          • 7

                            Es ist doch irgendwie erfreulich, dass über all die Jahre bzw. Jahrzehnte das Haunted-House-Konzept immer noch attraktiv genug bei Filmemachern und Publikum ist. So einfach wie effektiv lässt man sich nur allzu gern vom unheimlichen Treiben in verwinkelten Kellergemäuern, knarzenden Schranktüren oder anderweitigen Auffälligkeiten der heimischen vier Wände vereinnahmen. Sonderliche Abnutzungserscheinungen bei der Sichtung solcher Kandidaten konnte ich bei mir zumindest noch nicht feststellen - besonders nicht, wenn wie bei James Wans "The Conjuring" wohlbedacht an vielen Ecken für die schnell aufkeimende Gruselatmosphäre gesorgt wird. Obwohl er sich explizit auf wahre Begebenheiten stützen möchte und das Dämonologenpärchen Warren ins Spiel bringt, findet auch er keineswegs das Rad neu. Dennoch gibt es einige Elemente wie die stimmige Umsetzung mit dem Rückgriff auf die Anfänge der 70er Jahre oder die Verknüpfung mit dem Exorzismus-Thema, die speziell für diesen Film sprechen. Angenehm etwa, wie Wan in manchen Momenten mehr oder weniger subtilen Humor einbringt (klatsch-klatsch), womit ein kleiner emotionaler Gegenpol zur allgemeinen Düsternis bleibt. Den Schockszenen tut das keineswegs einen Abbruch. Ein großer Aspekt des Films ist im Zuge dessen die steigende Anzahl an Personen, die mit dem Fluch des Hauses in Kontakt kommen: erst die Einzelpersonen der betroffenen Familie Perron, dann in der Gemeinschaft, später dann im Beisein der Warrens als Retter in der Not und ferner sogar mit Einsatz von Kameras, Mikros oder Kruzifixen. Natürlich alles schön jeweils in langen Gruselphasen ausgeschmückt. Peu à peu steigt die Eskalationsstufe, womit man selbst als Zuschauer nicht mehr sicher ist, wann der Spuk wieder einsetzt. Wirklich nett gemacht, wenngleich das Finale nicht ganz die gestiegenen Erwartungen erfüllen kann. Doch in Anbetracht dessen, dass wir gerade ein sehr ähnliches Herbstambiente vor dem Fenster haben, ist "The Conjuring" mit seinen Anleihen an das gute alte Gruselkino zurecht adäquates Filmfutter für die jetzige Halloween-Woche.

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                              Bei solch eindrucksvollen Zahlen wie 25 Jahre Diensterfahrung oder 60. Tatort-Einsatz war es anzunehmen, dass man sich dieses Mal etwas 'Spezielles' für die immerzu taffe Lena Odenthal ausdenken würde. Nach dem letzten Tatort aus Wiesbaden ist der Begriff allerdings schon anderweitig strapaziert worden; in Ludwigshafen legt man dagegen ausgerechnet mehr Wert auf die strapaziösen Werte des Kommissarberufes (jegliche offensichtliche Assoziation verkneife ich mir mal). Odenthal leidet an Schlaflosigkeit, fühlt sich stetsdreckig, wird spöttelnd an ihr Privatleben und ihr Alter erinnert und dann steigt trotz der anfallenden Arbeit einstweilen Kollege Kopper auch noch zu einer Hochzeitsveranstaltung in den Zug. Diese pessimistische Note der Odenthal-Figur, was nicht wirklich ein nettes Jubiläumsgeschenk darstellt, steht hier sehr im Vordergrund, was selbst den Spannungswert des diesmaligen Mordfalls mit einschließt, der mit einem unappetitlichen Sexualdelikt beginnt. Folkerts versucht zwar sichtlich, ihrer Figur entsprechend etwas mehr Tiefe zu geben, es bleiben jedoch bei aller psychologischen Überladung im Drehbuch die üblichen Schemata, die bekannten enervierenden Bilder des grenzenlos überarbeiteten Ermittlers im Gedächtnis, entweder mal noch nachts unterwegs oder auch eben schlafend auf einer Bank (diesmal im Krankenhausflur). Der genannte Fall selbst hat sehr wenig zu bieten und ist allerhöchstens ein mittelprächtiges Rätsel, das zudem schnell mit groben Hinweisen ködert. Wahrlich keine Anzeichen eines gut(gelaunt)en Krimis. Einzig die temporäre (!?) Kopper-Vertretung Lisa Bitter als jene Fallanalytikerin Stern könnte mit ihrem ungewöhnlichen Elan in dieser ansonsten starren Einöde für eine ansprechendere Zukunft in Sachen Ludwigshafen-Tatort dienen. Vielleicht doch der erlösende Wink mit dem Zaunpfahl für Odenthal & Co?

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                              • Wer noch nach Material für die Zeit vor der Ausstrahlung des sehenswerten TV-Tipps sucht: Als Methadon-Programm für den Tatort-freien Sonntag gibt's im SWR die selbsterklärende Doku "Mord am Sonntag - Die Tatort-Kommissare im Südwesten" zu sehen. Ich bin zwar gewiss kein Freund der (gegenwärtigen) südwestlichen Ermittlerriege, als zusammenfassender Schwenk über die letzten Jahrzehnte könnte es aber doch ganz interessant werden.
                                http://www.moviepilot.de/broadcasts/mord-am-sonntag

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                                  Ein sehr launiges, kreatives, blutiges und kunstvolles Intermezzo in Sachen Tatort - und es steht bei all den cineastischen Genrereferenzen nicht mal Dominik Graf drauf (der kommt erst im nächsten Polizeiruf). Bei Murots seltenen Einsätzen mag der abseitige Weg im Krimibereich zwar sowieso ein erkennbares Dogma sein, doch bei "Im Schmerz geboren" wurden mehr denn je die Grenzen quasi neu ausgelotet - was per se erfreulich ist bei dem, das leider sonst manchmal aufgeboten wird. Bei nahezu 50 Toten - wie schon beim letzten Tschiller-Tatort eine neue, pressewirksame Benchmark - würde man vom Papier her vermutlich ein sehr actionhaltiges Haudrauf-Szenario erwarten, doch das Gegenteil ist der Fall. Mit 'kunstvoll' ist wirklich auch Kunst gemeint: Einsatz von klassischer Musik, eine Theateransprache an uns Zuschauer, ungewöhnliche Stilmittel, eine dramatische Handlung nach Shakespeare-Manier usw. Viele Spielereien also, die leicht ins Lächerliche gezogen werden könnten, hätte es kein entsprechendes Fundament gegeben, die sowohl diesen künstlerischen Ingredienzen, als auch der immer bunter werdenden Marke Tatort gerecht werden. Doch bei Regisseur Florian Schwarz und Autor Michael Proehl ist das illustre Ergebnis eigentlich keine Überraschung, waren sie doch schon die Macher hinter der denkwürdigen Tatort-Folge "Weil sie böse sind". Als das wahrscheinlich wirksamste Stilmittel muss der Einsatz von Ulrich Matthes genannt werden, der einen wunderbar bissig-kantigen Konterpart zu Murot abgibt, welcher auch ohne Tumor noch gewichtige Schlachten zu schlagen hat. Das Geheimnis dieser Begegnung mag zwar irgendwann durchschimmern, ändert jedoch wenig an der Intensität dessen, wie facettenreich dieser 'Kontakt' ausgeschmückt wird. Am Ende passt sehr viel zusammen und lässt uns auch mit einem amüsanten Hinweis zurück. Der TV-Zuschauer wird doch noch ernst genommen, das ist neben all dem tollen Lametta die beste Nachricht. Sehenswert!

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                                    filmschauer 06.10.2014, 18:32 Geändert 05.11.2015, 10:02

                                    Nun denn, es sei zuerst das Positive genannt. Ich habe einmal etwas lauter und länger lachen müssen, was bei einem Bodensee-Tatort nicht selbstverständlich ist. Allerdings war das wohl nicht unbedingt die Intention der Macher, da es sich speziell um das Finale dieses Krimis handelt. Es als Zuschauer bis dorthin geschafft zu haben, kostete ja schon genügend Ausdauer, nachdem ich anfangs noch mit einer ordentlichen Portion Gutgläubigkeit in den Fall eingestiegen bin - immerhin sieht manches neblige Vorschaubild für sich genommen zumindest ganz ansprechend aus. Beim gemächlichen Ermittlungstempo in Konstanz sollte man jedoch mittlerweile gewarnt sein. Gleich mehrere Fässer werden zugleich geöffnet, nachdem der Tatort-Jingle verklungen war: zwei Leichen an verschiedenen Orten, eine Entführung und insbesondere ein Kommissar auf moralisch-rechtlichen Abwegen (Lüthi mal wieder; Blum und Perlmann können bei so einer Umschreibung logischerweise nicht gemeint sein). Letzteres hätte womöglich alleine schon genug Brisanz für einen Krimi gehabt. Leider wird das Geschehen die meiste Zeit zu einer uninteressanten Schnitzeljagd per Tablet & Co, wobei die Motivationen hinter den unterschiedlichen Taten nie wirklich plausibel werden. Bezeichnend sei die Lüthi-Blum-Szene am Würstchenstand genannt, die vermeintlich diese charakterisierende Funktion für den Schweizer Kollegen haben sollte, aber in der Umsetzung einfach nur plump wirkt. Doch wo Tiefgang schon nicht anzutreffen ist, versuchen die Macher es mit Spannungsmomenten und etwas Action auszugleichen. Wie man sich denken kann, wird das nicht gutgehen. Und so ist die zuvor erwähnte Schlussviertelstunde in ihrem inhaltlichen und handwerklichen Dilettantismus fast schon preisverdächtig (als Bullshit-Stichpunkte für jene, die direkt an diese Stelle spulen möchten, seien als Appetizer u.a. genannt: der praktische Schraubverschluss, die findige Massenverfolgungsjagd, der mutige Tritt in den Schritt, die wirkungsvolle Nebelmaschine im Wald und als Highlight das komplette Lösegeld auf der unbeaufsichtigten Motorhaube). Bedauerlich, dass Tatort Konstanz bei aller Muße immer wieder die langjährigen Vorurteile bestätigen muss.

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                                      Da der Tatort bekanntlich immer mit der Zeit geht, kommt man nun auch nicht mehr an der Internetwirtschaft herum. So zumindest könnte die Anfangsszene wirken, in der wir die Unternehmerin spät am Abend nach einer Feier, bei der nochmals der Erfolg ihrer Online-Partnerbörse offenbart wurde, mit einem Umschlag samt vieler, vieler Geldnoten in ihr Büro stolzieren sehen - und kurz danach als Mordopfer dienen muss. Das erscheint von der Ausgangslage für einen Krimi eigentlich unspektakulär, wenngleich das Thema in vielerlei Hinsicht Potential bietet. Die Kölner Tatortabteilung entscheidet sich für eine sehr offensichtliche und leider unspannendere Variante, indem sie parallel zum immer weniger interessanten Mordfall den Liebesaspekt konsequent durch die Geschichte trägt - möge es noch so konstruiert und albern wirken. Praktisch alle im Team werden mehr oder weniger davon betroffen sein, was übrigens ein guter Anlass ist, um Ballaufs diffiziles Privatleben derweil fortzuschreiben. Ein sogenanntes Highlight bietet die erneute Nachfolge-Möglichkeit einer Assistentin bzw. eines Assistenten für die beiden Kommissare in Post-Franziska-Ära. Jene Gabi darf sogleich eine Undercover-Tätigkeit in Sachen Online-Dating vornehmen, um an den möglichen Täter heranzukommen (war ja klar, dass so etwas bei einem solchen Thema kommen musste). Doch nachdem sie zuerst keck ihre Recherche-Qualitäten vorstellen durfte, muss sie (als Ausgleich!?) natürlich als Quasi-Novizin in eine große Falle tappen, was das Kompetenzgefüge wieder ins rechte Licht bringt. Klingt blöd, ist es auch. Besonders, weil die Geschichte zum Ende hin mit seinen Drehbuchschwächen immer mehr zerfasert und als Konsequenz eine eher lieblos inszenierte Auflösung des Ganzen bietet. Vielleicht war ja die amüsierende Reaktion des Christian Tasche (RIP!) in seiner letzten Szene als Staatsanwalt doch die einzig richtige in diesem Fall...

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                                      • 7

                                        Ein überraschend schöner Trendbrecher: Beim neuesten Wiedersehen mit dem illustren Doppelgespann Thiel und Boerne stimmt nicht nur die Quote (mit über 13 Millionen ein absoluter Münster-Rekord, wenn ich richtig gelesen habe), sondern auch die Qualität, nachdem der etwas sonderbare "Der Hammer" in diesem Jahr schon ein ermutigender Fingerzeig war. Mit Regisseur Thomas Jauch und Autorin Dorothee Schön hat man zwar absolute Tatort-Routiniers dabei, die gelinde gesagt nicht immer unbedingt für absolute Krimi-Highlights gesorgt haben, doch diesmal gelingt der altbewährte Mix zwischen den handelsüblichen Jux-Sequenzen, thematischer Ernsthaftigkeit und einer nicht kleinen Portion an Spannungsmomenten für mich ausgesprochen gut. Wie es um prinzipielle Machenschaften rund um die Versorgung eines heutigen Krankenhauses aussehen könnte, legt "Mord ist die beste Medizin" mit willkommener Mithilfe von Boernes hypochondrischer Ader und dem damit verbundenen Klinikaufenthalt dar. Davon ausgehend erleben wir als Zuseher nicht nur die (musikalischen) Qualen aufgrund wenig rücksichtsvoller Zimmernachbarn, sondern auch prinzipiell eine gewiefte Art eines Undercover-Einsatzes zwischen Wartesaal und OP-Raum, womit Boerne im Hochleistungsmodus dem Kommissariat wieder einen wichtigen Dienst erweisen kann. Ein lupenreiner Whodunit-Fall liegt hier weniger vor; eher geht es darum, wie man dem trickreichen Täter auf die Schliche kommen könnte. Dies wird dann auch in der Schlussszene ganz charmant umgesetzt und schlägt gewissermaßen einen runden Bogen zur Anfangsszene. Das kann man nun mögen oder nicht, doch genau diese pfiffig-leichte Kost erwarte ich, wenn Tatort Münster drauf steht.

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                                        • 8 .5

                                          Unter der Vielzahl an Filmen, die ein reales Ereignis als Grundlage für eine Spielfilmhandlung heranziehen, mag ich jene wie "Captain Phillips" am liebsten. Sie wirken so präzise wie genuine Genrefilme der guten Sorte, wodurch es eigentlich unerheblich ist, ob die Vorlage nun fiktiv und echt ist. Nur hat es bei Letzterem den essentiellen Zusatz, dass man optimalerweise erst nach der Sichtung die genaue Vorstellung über die realen Umstände verinnerlicht. Regisseur Paul Greengrass macht aus diesem Piratenangriff auf ein US-amerikanischen Containerschiff einen adrenalinhaltigen Actionthriller, der fast chirurgisch die Eskalationsstufen emporschreitet, ohne dass man als Zuschauer den Blick davon abwenden kann. Er verzichtet auf unnötige Subplots, sondern konzentriert sich auf den titelgebenden Kapitän und der somalischen Piratenbande. Die Charaktere werden in dieser Extremsituation der Dramaturgie entsprechend adäquat ausgearbeitet, wobei neben Phillips-Darsteller Tom Hanks (stark!) besonders Barkhad Abdi als Anführer der Piraten viel Raum zur Entfaltung bekommt - dessen bisherige Lebensgeschichte mit seinen American-Dream-Qualitäten übrigens auch schon fast filmreif erscheint. Greengrass zeigt das alles weitestgehend ohne seinem berüchtigten Kameragewackel und formal sehr deskriptiv in beeindruckenden Bildern. Speziell die letzte Einstellung leistet ihren Dienst, um nochmals die irrwitzige Tragweite der gesamten Aktion erfassen zu können. Kurzum ein dicke Empfehlung.

                                          PS: Wer auf der Suche nach thematisch ähnlichem Stoff ist, das zudem ebenfalls auf einem Frachtschiff spielen sollte, dem kann ich die leider in Vergessenheit geratene TV-Reihe "Der Kapitän" aus den 90ern ans Herz legen (als noch richtig Geld in die Hand genommen wurde). An die wurde ich bei diesem Setting zwangsläufig erinnert.

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                                          • 7

                                            Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Münchener Tatort in Richtung des 'Culture Clash' bewegt und das eine oder andere Mal ist diese Herangehensweise auch schon danebengegangen. Doch die beiden ergrauten Ermittler mit jahrelanger Berufserfahrung erweisen sich offenbar weiterhin als gutes Mittel, um sie als urige Vertreter des Heimischen neugierig und pikiert zugleich dem Unbekannten entgegenzusetzen. In diesem Fall, bei dem ausgerechnet ein arabischer Emirsohn samt außergewöhnlicher Lebensweise in den Fokus des Interesses von Batic und Leitmayr tritt, funktioniert dies auch deshalb, weil Regisseur Rainer Kaufmann in seinem ersten Tatort die fast schon unvermeidlichen orientalischen Klischee-Fallen (man achte mal nur auf die Musikuntermalung!) über weite Strecken bewusst in ein locker-groteskes Krimiumfeld einbettet. Dies provoziert fernab jeglicher Diplomatie natürlich sehr unterhaltsame Konfrontationen, bei denen besonders Noname-Darsteller Yasin el Harrouk als jener 'Wüstensohn' in irritierend-wuchtiger Manier stets für Belebung und nicht wenige Lacher sorgt.

                                            Jedoch bricht der Krimi das eine oder andere Vorurteil damit, in dem er speziell diesen Nasir al Yasaf ausreichend beleuchtet und so nachvollziehbarer macht, wie kompliziert und identitätslos so ein Leben hinter der glamourösen Hülle auch sein kann. Somit bleibt es nicht vollständig bei dieser komödiantischen Linie, nachdem die Krimi-Handlung nach einem pointierten Hin und Her zum ungleich ernsteren Finale umschwenkt. Der demütige Hinweis, dass die Verwicklungen mal wieder auf die unerreichbar-großen Fische verweisen, ist gewiss nicht neu (vgl. die Luzern-Ausgabe in der vorigen Woche) und noch weniger originell, sondern eher erwartbar aufgelöst. Aber wenn man es sogar schafft, mitunter einen Wilson Gonzalez Ochsenknecht so passend zu besetzen (ich hätte nicht gedacht, diesen Satz mal schreiben zu müssen...), muss hier insgesamt doch einiges richtig gemacht worden sein.

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                                            • Eben noch über die Edgar-Wallace-Filme nachgedacht, und jetzt kommt die traurige Meldung seines Tods. Einer der größten und sympathischsten Vertreter des deutschen Kinos und Fernsehens verlässt die Bühne in einer Zeit, bei der es an solch charismatischen Charakteren leider mangelt.
                                              Mach's gut, Blacky!

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                                              • Oh ja, ein Wallace-Krimi ist immer eine gute Alternative für einen Filmabend, auch wenn der eine oder andere Kandidat mehr von seinem nostalgischen Ruf als von der tatsächlichen Qualität lebt. Unverwechselbar kultig bleiben sie dennoch.
                                                Man könnte noch erwähnen, dass davor die sehr lustige Persiflage "Neues vom WiXXer" und danach Wallace-Titel Nr. 5 "Der grüne Bogenschütze" läuft. Außerdem zeigt seit einigen Wochen schon Sat.1 Gold regelmäßig EW-Filme samstagabends. Dieses Mal kommt "Die Gruft mit dem Rätselschloß", darauf die Woche "Der Mönch mit der Peitsche".

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                                                • 6 .5

                                                  Es geht erneut bergauf mit dem Schweizer Tatort. Wenngleich ich mit dem Duo prinzipiell weiterhin nicht so richtig warm werde und abseits der temporären Emotionsausbrüchen von Flückiger speziell Partnerin Ritschard immer noch zu wenig Profilierungsmöglichkeiten bekommt, werden die Geschichten aus Luzern rein inhaltlich von Folge zu Folge gehaltvoller, interessanter und intensiver. Allerdings zückt man schon in Folge 7 die absolute Trumpfkarte, womit man allgemein die Begriffe 'Schweiz' und 'Kriminalität' in Verbindung bringen würde: die Sache mit der Steuer. Da man solch wirtschaftskriminelle Themen selten direkt in einem konventionellen Whodunit-Krimi behandeln kann, nimmt man hier zuerst einen cleveren Umweg.

                                                  Zwei parallel gezeigte Verfolgungsszenen (um dem Titel gleich gerecht zu werden), ein Mord und schnelle Verdächtigungen führen den Zuschauer zuerst ziemlich unsanft in einen immer weiter in höhere Sphären driftenden Plot. Die Frage von selbstloser Heldentat oder geschwindelter Paranoia bildet in der Figur des nervösen Informatikers einer Bank dabei nur eine von mehreren Rätselstellungen. Wie immer, wenn ein Tatort in solchen Gefilden herumwildern will, kommt natürlich Widerstand und in letzter Konsequenz Ohnmacht auf. Dass aber ausgerechnet Flückigers direkter Vorgesetzter sich zeitweise den Ermittlungen gegenüberstellt, führt zu einer sehr unterhaltsamen und lauten Konfrontation, die das ganze Problem sehr gut in einen Schlüsselmoment zusammenführt. Genau sowas wünsche ich mir mehr bei der Schweizer Ausgabe! Dann sind auch kleine handwerkliche Schwächen bei Tobias Ineichens Regie wie manch unpassende, aber bisher charakteristische Gemächlichkeit beim Ermitteln am schönen Vierwaldstättersee viel eher verschmerzbar.

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                                                  • 5 .5

                                                    Na hoppla, kehrt der Tatort doch tatsächlich mal aus der langen Sommerpause zurück! Um nach all den freien Krimiabenden immerhin nicht gleich das übliche Whodunit-Konzept wieder heranzuziehen, bietet die Wiener Ausgabe einen alternativen Weg, um einen möglichst originellen Krimi zu erschaffen. Allerdings müssen die Autoren dermaßen schonungslos sein, sodass die schon in der Flughafenhalle stehende Bibi nicht einmal ihre wohlverdiente Urlaubsreise antreten kann. Nicht zuletzt, weil der danebenstehende Kollege Eisner sie dazu anhält, direkt zum Altenheim in einem kleinen Örtchen düsen müssen, da der Papa Fellner im Sterben liegt. Zumindest wird so noch etwas Bibi-Vergangenheitsforschung geleistet, bis der Kriminalaspekt dieser Reihe, sei er noch so abwegig und betont 'zufällig', wieder deutlicher zum Vorschein tritt. Dieser mag zwar anfangs noch sehr nebulös anmuten, legt die Karten aber dann doch zu zeitig auf den Tisch. Es wird klar, was hinter dem ganzen Geldbatzen wirklich steckt, der hier und da im Nachlass zum Vorschein tritt (da darf dann selbstverständlich nicht der meta-wirkende Hinweis zu einer berühmten TV-Serie fehlen...). Spannend erscheint das in seiner natürlichen Behäbigkeit weniger, tendenziell eher tragischer, wenn man beispielsweise die Person des einstigen Unternehmers Ransmayr (Peter Weck) zu Rate zieht, die zunehmend eine größere Rolle in dieser grotesken Geschichte spielt. Gekonnt übertüncht wird das Ganze aber durch das gewohnt launige Zusammenspiel von Neuhauser und Krassnitzer, das in einem solchen Provinzmilieu auch diesmal einen gewichtigen Bonus darstellt, ob nun in offizieller oder inoffizieller Mission.

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