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Alle Kommentare von filmschauer
Ich gebe es zu: Die sonderlich-gemeine Prämisse von "The Reach" hat mich dann doch gelockt, um mal einen unschuldigen Blick hineinzuwerfen. Womöglich spielt auch eine Rolle, dass Michael Douglas sich hier auf seine alten Tage die Ehre gegeben hat, nochmal einen richtigen Scheißkerl zu spielen. Und dann ist da nicht weniger als die weite Wüstenlandschaft von New Mexico, die mich als Western-Fan magisch angezogen hat.
Ein guter Film ist "The Reach" trotzdem nicht. Vielmehr ein nur oberflächlich reizbares B-Movie, das in seiner Gewaltfantasie stellenweise gar in Richtung Exploitationfilm tendiert. Das zentrale Katz-und-Maus-Spiel des ungleichen Jägerduos ist lediglich anfangs ganz interessant angelegt, indem auf Seiten des Douglas-Charakters Madec eine kapitalistisch-gnadenlose Moralvorstellung vorgestellt wird, bei der es scheinbar für alles einen logischen Ausweg für einen selbst zu geben scheint. Spätestens in der für mich denkwürdigsten Szene, wenn für Jagdführer Ben für lange schweigsame Sekunden die Korruptionsfrage mit einem Bündel Dollarnoten gestellt wird, erahnt man in den Augen von Douglas, wohin die Reise gehen wird. Doch je länger dieser Streifen von Regisseur Jean-Baptiste Léonetti dahinwandert, umso fragwürdiger und inkonsistenter werden die Handlungen. Hinzu kommt, dass Ben-Darsteller Jeremy Irvine schauspielerisch nicht als Gegenspieler zu Douglas taugt. Dass im Mittelteil ein solcher Film seine Schwächen schlecht kaschieren kann, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Immerhin gibt es immer noch ein Finale, welches den geneigten Zuschauer wieder einfangen könnte. Das völlig deplatzierte und ideenlose Ende in "The Reach" ist jedoch nicht nur eine vertane Chance, sondern schlicht ein richtiges Ärgernis.
Schlussendlich bleibt ein enttäuschendes Stück Wüstenthriller zurück. Potential wäre irgendwo dagewesen, doch selbst die imposantesten Landschaftsaufnahmen und ein in seiner seltsamen Aufdringlichkeit schon fast amüsantes Product Placement eines deutschen Fabrikats können nicht den Umstand retten, dass in dieser heißen Atmosphäre womöglich die Tinte für ein gescheites Drehbuch zu früh eingetrocknet ist.
Wenn sich Deborah Kerr vor allerlei Unheimlichem auf einem großen Anwesen fürchtet und zudem noch Kinder im Spiel sind, dann komme ich nicht umhin, mich an den zurecht als Horrorklassiker bezeichneten "Schloss des Schreckens" zu erinnern. J. Lee Thompsons "Die schwarze 13" verfügt über eine ähnliche Konstellation, hat allerdings für deutlich weniger Furore sorgen können. Die Trauben für qualitativ gutes Grusel-Entertainment hängen bekanntlich hoch. Etwas angestaubt wirkt dieser Streifen an seiner Oberfläche schon, wobei es nicht daran liegt, dass wir es erneut mit einem Schwarz-Weiß-Film zu tun haben.
Die Ausgangslage klingt eigentlich auf dem Papier reizvoll: Wer hätte denn schon gedacht, welch verrückten Folgen eine Missernte haben könnte? Traditionen mögen gepflegt werden, auch wenn sie unnormale Abläufe heraufbeschwören. Mit bekannten Schauspielern ausgestattet, ist es einzig die gute Deborah als verängstigte Gattin eines Marquis, die sich dem Wahnsinn verzweifelt entgegenstemmt. Der überwiegende Rest frönt emotionslos dem örtlichen Okkultismus, was bei diesem Cast fast schon verschwenderisch wirkt. Dass das alles jedoch allzu gemächlich beginnt und überwiegend altbacken daherkommt, muss man dem Film ankreiden. Wer diese Phase übersteht, bekommt aber speziell gen Finale die zeitweilige Langeweile entlohnt. Denn der fatalistische Schluss ist wirklich gut, weil auch inszenatorisch spürbar mehr gewagt wird und die Spannungskurve effektvoll nach oben wandert. Damit hat der Film bei mir letztlich mehr Eindruck hinterlassen als die meisten Genrevertreter von heute. Und deshalb war es doch kein Fehler, sich diesem leicht zu übersehenden Filmchen gewidmet zu haben.
Wer hätte gedacht, dass das Geschäft um Heizöl dermaßen spannend sein kann?
"A Most Violent Year" ist ein Wirtschaftsthriller im Gewand eines Mafiafilms. J. C. Chandor nimmt sich dieses wenig beackerte Subgenre nach seinem "Margin Call" ein weiteres Mal vor. Dieses Mal ist jedoch der entfesselte Kapitalismus noch in den Anfangsjahren und nicht im Endstadium. Wir gehen zurück in das damals noch ziemlich heruntergekommene New York City Anfang der 80er und am Beginn der Reagan-Ära. Unternehmer Abel Morales (ein weiteres Mal zeigt Isaac sein vielschichtiges Schauspieltalent) ist ein Aufsteiger in der heimischen Heizöl-Branche und muss sich bei seinen Expansionspläne mit allerlei Widrigkeiten herumschlagen, neben Überfällen auch die Vorstöße seiner Mitarbeiterin und Ehefrau Anna (Chastain steht Isaac wenig nach). Äußerlich um der guten, wirkungsmächtigen Darstellung bemüht, erkennen wir als Zuseher stückweise seine Angst vor dem Scheitern, vor dem Verlust von Geld und Anerkennung. Bemerkenswert bleibt das Verhältnis zu seinem Fahrer Julian, der wie ein Negativ zu Abels Erscheinung wirkt. Wie Chandor anhand seiner Hauptfigur klug und vorurteilsfrei die Grenze von Legalität und Kriminalität auslotet, ist vorbildhaft und unterläuft mehrmals das bekannte Schema, wie solche Konfrontationen im Kino meist enden. Die Umsetzung ist passenderweise relativ ruhig und nüchtern gehalten, ohne je an Intensität zu verlieren.
Der Film mag deshalb zuerst spürbar leise und unterkühlt daherkommen. In der Nachbetrachtung jedoch fügen sich die einzelnen Elemente zu einer sehr runden Sache zusammen und zeigen dabei gut auf, wie schwer es ist, den eigenen Moralkompass in dieser schwer umkämpften Welt nicht über Bord zu werfen.
Die volle Ladung im Himalaya: Ich hatte nicht mehr in Erinnerung, wie reißerisch "Vertical Limit" einst wirklich war. Seit Kinostart sind immerhin schon so einige Jährchen vergangen. Was auf jeden Fall hängen bleibt: Martin Campbell kann man zugute halten, dass er mit der wahnwitzigen Rettungsaktion in der K2-Eisspalte von der völlig archetypischen Bergsteigerdramatik abweichen will. Das Resultat ist jedoch mehr denn je weit ab von jeglicher Glaubwürdigkeit. Ob plötzliche Racheaktionen, plötzliche Lawinen oder plötzliche Explosionen - irgendwas passiert immer. Das muss man entsprechend mögen oder nicht. Wer einen astreinen Actionfilm mit frostiger Bergkulisse bekommen möchte und kein Problem hat, wenn irgendwann scheinbar minütlich ein weiterer Charakter ins Gras, äh, in den Schnee beißt, der macht nicht mal viel verkehrt. Auch hat der Streifen ein dermaßen flottes Tempo in seiner zweistündigen Laufzeit, dass man fast über manche Idiotie der handelnden Personen hinwegsehen könnte. Leider nur fast. Ich ziehe bisweilen dann doch die etwas ernsteren Genrevertreter vor.
Schon 25 Jahre auf dem Buckel, aber immer noch ziemlich packend: Nachdem jüngst "Everest" den schicksalsträchtigen Bergsteigerfilm mit seinen imposanten Bildern wieder auf die Tagesordnung gebracht hat, lohnt es sich, auch dessen thematischen Vorgänger unter Augenschein zu nehmen. Darunter findet sich man etwa Franc Roddams "K2 - Das letzte Abenteuer", der gewissermaßen ein fiktionaler Gegenpart zu dem auf wahre Begebenheiten beruhenden "Everest" darstellt. Es ist quasi auch ein Äquivalent zu beiden Bergen im Himalaya; Everest ist zwar der höchste und damit berühmteste, der K2 jedoch der bekanntermaßen spektakuläre Berg. Darum passt es in diesem Falle, dass sich die Geschichte noch mehr an hollywoodesker Dramatik herausnehmen kann und dabei den Charakterzeichnungen mehr Freiheiten zugesteht. Unsere beiden Protagonisten und eisigen Kletterfanatiker Harold und Taylor könnten zwar unterschiedlicher nicht sein in ihren Persönlichkeitsprofilen (intro- vs. extrovertiert), aber deren scheinbar unumstößliche Freundschaft hält diesen Film doch überraschend gut zusammen, auch weil der Fokus stets auf sie gerichtet ist. Die Chemie zwischen den beiden Darstellern Matt Craven und Michael Biehn (ich sehe ihm einfach gern zu) funktioniert über die gesamte Laufzeit und hält einen selbst dann noch bei der Stange, wenn sich das erwartbare Szenario am Berg abspielt. Nicht so reißerisch wie in bekannteren K2-Pendant "Vertical Limit", aber sicherlich nicht weniger intensiv. Und die Optik macht selbst heute noch einiges her - auch ohne IMAX & Co.
150 Millionen Budget, ein Science-Fiction-Setting (ohne ausgelutschter Vorlage) und die Wachowski-Brüder/Geschwister/Schwestern am Ruder: Was kann da schon schiefgehen? Vor 15 Jahren hätte ich womöglich noch blindes Vertrauen gehabt, aber mittlerweile sind dafür doch zu viele Nieten im Regierepertoire der beiden aufgetaucht. Nach der anstrengenden Sichtung von "Jupiter Ascending" bleibt mehr denn je die Frage offen, wie sie nur an das viele Produktionsgeld gekommen sind. Am schrecklichen Drehbuch kann es eigentlich nicht gelegen haben, das mehr edeltrashiges Fantasystückwerk bietet als nennenswertes SciFi-Kino. Da reicht es dann nicht, dass die zahlreichen CGI-Effekte grundsätzlich sehr ansehnlich umgesetzt wurden, wenn zugleich Schnitt und Pacing zeitweise aus dem Ruder laufen. Dagegen wirkt noch der schlechteste Star-Wars-Film wie reinstes Filmgold, woran man thematisch hier mitunter erinnert wird. Kunis, Tatum und speziell Redmayne müssen sich äußerlich von unvorteilhaft bis peinlich in diesem belanglosen Szenario präsentieren und können dieser einfältigen Erlöser-Geschichte keine nötige Stütze bieten. Wüsste man es nicht besser, wäre dieser Film ein echter Karrierekiller für die Beteiligten. Dies bleibt jedoch mehr denn je den Wachowskis vorbehalten und es wird abzusehen sein, ob sie nochmal einen großen Film machen dürfen. Verdient hätten sie es mittlerweile nicht mehr.
Wenn Hollywood ruft, sagt man ungern nein: Es hat manchmal den Hauch einer Verlegenheitslösung, wenn ein relativ identitätsloser US-Film eines nichtamerikanischen Regisseurs auf dem Tableau landet, der Jahre zuvor noch mit einem Hit in Europa oder woanders sich einen Namen gemacht hat. Auch Stefan Ruzowitzkys "Cold Blood" gehört zu dieser schicksalsträchtigen Sorte, nachdem er mit "Die Fälscher" beeindrucken konnte. Ein kleiner, weil eher niedrig budgetierter Genrefilm, der Ruzowitzkys handwerkliches Geschick mit dessen kühlen Bildern an der winterlichen Grenze zu Kanada sicherlich in Szene setzen lässt, aber darüber hinaus mit seinem lahmen Drehbuch zu wenig von dem bieten kann, was einem längerfristig beschäftigen wird. Erzählt wird eine Geschichte dreier unterschiedlicher Familienkonstellationen, deren Erzählpfade lange parallel ablaufen, wo man jedoch schnell einen Ahnung davon hat, wie sich dieses Geflecht final auflösen wird. Hinter diesem teils illustrem Figurenkorsett verstecken sich zwar gute und namhafte Schauspieler dahinter (Bana, Spacek, Kristofferson, Mara), mir blieben die Motive einiger Charaktere aber viel zu holzhammermäßig ausgearbeitet - Vaterkomplexe hin oder her. Das mag zwar hier dem Fortgang des Plots dienen, aber der Glaubwürdigkeit hat es definitiv geschadet. Immerhin: Die frostige Thanksgiving-Atmosphäre und das speziell anfangs ordentliche Pacing kompensieren einiges. 08/15-Thrillerware bleibt's dennoch - wie es leider zu oft bei solchen Werken der Fall ist.
Ein Road-Movie der eigenwilligen Sorte. Tommy Lee Jones scheint ein Faible dafür zu haben, auf eher abseitige Stoffe für seine Regiearbeiten zurückzugreifen. "The Homesman" unterstreicht das, indem dieser trotz seines historischen Western-Settings sich sichtlich von den typischen Genrekonventionen entfernt und lieber in den unliebsamen Wunden der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse bohrt. Das macht es zunächst nicht leicht, sich dem anzunähern. Der im Zentrum der Handlung stehende Transport von drei wahnsinnigen Damen durch eine einsame und karge Landschaft ist nicht nur eine Herausforderung für die beiden ungleichen Protagonisten Mary Bee Cuddy (Hilary Swank passt perfekt) und George Briggs (Jones himself), sondern gewissermaßen auch für den Zuschauer selbst. Dabei wird nicht zurückgeschreckt, sich den inneren und äußeren Konflikten und Ängsten existenziell zu stellen, wie man es in dieser Nüchternheit so in Westerngeschichten selten zu sehen bekommt (die Anfangsszene macht dies schon deutlich). Diese inszenatorische Schroffheit bezieht sich auch auf die Figuren selbst, die allesamt nicht einfach zu greifen sind. Dass der Film jedoch nicht die vermeintlich offensichtlichen Lösungen sucht und manche Vorzeichen im Laufe der Zeit und Kilometer umkehrt, macht ihn letztlich doch interessanter als gedacht. Mit etwas Abstand lässt sich sagen: Gar nicht so falsch, diese lakonisch-traurige Reise mitgemacht zu haben.
Der erste Bond nach Edward Snowden. Maschinelle Totalüberwachung vs. heldenhaftes Agententum. Es war naheliegend, dass Regisseur Sam Mendes nach der Zäsur in "Skyfall" dieses dankbare Thema in den Nachfolger einbaute. Die Welt des Geheimdienstes ist im Umbruch, möchte der Film suggerieren, in der die Tradition gegen die Moderne unterzugehen droht. Nicht verwunderlich, dass bei "Spectre" in vielen Momenten die inhaltliche und formelle Retrospektive deshalb in den Vordergrund rückt - nicht zuletzt mit dem Rückgriff auf einen alten Bekannten des Bond-Universums.
Alle Zeichen standen demnach auf ein weiteres aufregendes 007-Abenteuer. Doch letztlich war ich beim Aufsaugen der Trailer und Setbilder mehr in Bond-Stimmung als im eigentlichen Film. Festhalten kann man es schlicht am neuen Titelsong: Im Grunde hat er alle richtigen Voraussetzungen, aber mit der eigenwilligen Präsentation von Sam Smith wirkt er letztlich doch nicht sonderlich passend. "Spectre" will sichtlich Craigs Entwicklung zum Hier und Jetzt krönen, doch in seinen Emotionen und seinem Unterhaltungspotential kann er diese Superlative nicht entsprechend einlösen. Es verpufft sehr viel von dem, was er sich auf fatalistische Weise narrativ aufbauen will. Man sitzt irgendwann nur noch gedanklich nickend im Sessel ob des nächsten Schrittes, den der Film beschreitet, was auch an einem wenig rhythmischen Pacing liegt. Abseits der tatsächlich knalligen Anfangsequenz in Mexiko-City wirken die meisten Elemente wie Drehorte, Actionszenen und Figuren nur wie ein nettes, gut fotografiertes Geplänkel, das man leider zu schnell aus dem Gedächtnis verloren hat.
Für das, was man in diesem Fall nach dem wunderbaren "Skyfall" von Mendes & Co. erwarten durfte, ist das leider ernüchternd. Denn Bonds ultimative Konfrontation mit zentralen Themen wie Selbstbestimmtheit und Marionettentum bleibt zu trivial und oberflächlich, um auf die aufgeworfene Frage, ob die heutige hochtechnisierte Welt wirklich noch die Tatkraft von 007 braucht, als geneigter Zuschauer gewissenhaft (mit "Ja, logisch!") zu antworten. Eine etwas unbefriedigende Kinoangelegenheit.
Von Filmen, die sich zentral auf den nächtlichen Straßen der unerschöpflichen Großstadt Los Angeles abspielen, haben bei mir seit jeher einen Sympathie-Bonus bei mir. Das muss wohl auch an meiner Zuneigung in Sachen Film noir inklusive diverser Fortläufer liegen. Doch ist "Nightcrawler" in diesem Fall nicht lediglich ein weiterer nett anzuschauender LA-Streifen, sondern einiges mehr. Dan Gilroy hat mit seinem etwas fortgeschrittenen Alter ein sehr starkes Regiedebüt abgeliefert, der mich zuvor beim losen Blick darauf trotz des Lobes vielerorts erst noch überzeugen musste - und konnte. Es ist nicht nur ein beängstigend guter Jake Gyllenhaal oder eine ihm kongenial zuspielende Rene Russo (Gilroys Gattin), die diese moralisch grenzüberschreitende Jagd nach dem nächsten Unfallfoto mit Leben ausfüllen, sondern zuallererst das knackige Drehbuch, das diesen reißenden Strudel für uns Zuschauer mit LA im Hintergrund unmittelbar erlebbar macht. Obwohl das eigentliche Thema im Grunde nicht sonderlich vielfältig erscheinen mag, schafft es Gilroy aber, damit neben den funktionierenden Thriller-Elementen konzentriert Medien-, Gesellschafts- und schließlich auch Kapitalismuskritik zu vereinen. Das tut zwar im ersten Moment weh beim Zusehen, ist aber letztlich gnadenlos konsequent und so blutig präzise, wie man es selten zu sehen bekommt. Ein toller Genrefilm mit sehr aktuellen Deutungsmöglichkeiten.
Bisher gehörte ich zur Pro-Fraktion des Herrn Neill Blomkamp und seiner noch sehr kurzen Filmografie. Nach "Chappie" muss ich dies schweren Herzens vorerst revidieren, wenngleich die Science-Fiction-Sparte prinzipiell solche Leute braucht. Im Grunde nimmt er als Regisseur eine ähnlich schwierige Entwicklung, die so viele aus seinem Metier durchlaufen: einen Überraschungshit produzieren, daraufhin einen großen Hollywood-Streifen versuchen zu stemmen, der jedoch nicht die hohen Erwartungen erfüllt und schließlich wieder zurück zu den Wurzeln gehen. "Chappie" ähnelt mit einer Science-Fiction-Handlung in Johannesburg und der Langfilmumsetzung eines seiner Kurzfilme ("Tetra Vaal") prinzipiell Blomkamps "District 9", ohne dessen Grad an Faszination und Wucht zu erreichen. Ich weiß nicht, was er überhaupt mit diesem Werk vorhatte: Ernstzunehmendes Genrewerk über KI & Co? Persiflage an die 80er und dessen ikonischen Roboter-Ideen à la "Robocop"? Eine erneut bissige Gesellschaftskritik? Wie ich es auch drehe und wende, kommt bei "Chappie" kein Film heraus, der mich nicht enttäuschen würde. Falls Blomkamp das Genre hätte bedienen wollen, dann krankt es an einem unlogisch-unrhythmischen Drehbuch und durchweg eindimensionalen Figuren, was mal langweilig, mal nervig herüberkommt. Erstaunlich und traurig zugleich, da mit Sigourney Weaver und Hugh Jackman fähige Schauspieler dabei sind. Andererseits sind da einheimischer Rapper in tragenden Rollen vertreten. Sollte das Ganze dementsprechend ironisch aufgenommen werden, dann habe ich als Zuseher von Beginn an den Anschluss verpasst. Das Einzige, was weiterhin konsistent ist, ist sein Händchen für gute VFX-Tricks. Hoffentlich kann er zukünftig auch inhaltlich wieder mit mehr Esprit punkten als bei diesem verkorksten Werk.
Wer sich eingehender mit der breiten Palette des Horrorgenres beschäftigt, kommt irgendwann an diesem Film nicht mehr herum. Noch zwei Jahre vor dem bekannten "Bis das Blut gefriert" kam Anfang der 60er Jahre nämlich das "Schloß des Schreckens" daher. Ein Gruselfilm britischer Schule, wo erneut das Setting scheinbar aus heutiger Sicht so wohlvertraut verkommt: ein großes, altehrwürdiges Anwesen als zentraler Handlungsort, eine Hauptfigur, die von außen diesen Mikrokosmos betritt und schließlich viel Geheimniskrämerei mit Gänsehautpotential. Jack Claytons Film erfüllt die traditionellen Erwartungen an solch einen Film und doch ist es die psychologisch-pädagogische Note, die diese Geschichte erst so richtig auszeichnet und eigenständig macht. Oh, Kinder können ja so dermaßen unheimlich sein! Wie etwa ein Martin Stephens als junger Miles Deborah Kerr als zweifelnde Gouvernante Giddens langsam ihre rationale Vorstellungskraft zum Wanken bringt, ist großartig gespielt und ungemein prägend. Dazu verhelfen im Besonderen die von Freddie Francis clever gesetzten Kameraeinstellungen der Schwarzweißbilder - man möchte sie, ähnlich wie beim genannten Vergleichsfilm von Robert Wise, manchmal schlicht nur einrahmen. Ein wirklich schöner Genreklassiker, der ohne Frage auch heute noch seine irritierend-bedrohliche Wirkung besitzt.
Puh, da hat der Altmeister aber eine Schlaftablette abgeliefert. Bibelfilme sind eh immer so eine Sache für sich, aber der Exodus-Abschnitt ist zumindest auf dem Papier eine aufregende Geschichte, die mit ihrer drakonischen Imposanz natürlich gutes Kinofutter darstellt. Ridley Scott hat sich das wahrscheinlich auch gedacht und dabei gewohnt auf namhafte Darsteller, viele Statisten sowie aufwändige Sets gesetzt. Die Idee, auch heute noch einen Monumentalfilm zu präsentieren, der technisch auf Höhe der Zeit ist und zugleich möglichst nicht auf das bekannt actionreiche Trash-Niveau in Sachen Historienfilm zu fallen, ist zwar löblich, rettet den Film jedoch nicht vor seiner ehrfürchtigen Beliebigkeit. Das Drehbuch schafft es zu keiner Zeit, die bekannten Eckpfeiler dieser von Gott gestützten Fluchtgeschichte der Hebräer aus Ägypten sinnvoll in eine funktionierende Spielfilmdramaturgie einzubauen. Hinzu kommen die üblichen Abweichungen vom Original, die allerdings oftmals fragwürdig sind und wenig Mehrwert für diesen Film bieten (bspw. die Krokodile). Es wirkt mehr denn je wie ein pflichtbewusstes Abhaken jener Schlüsselmomente, ohne sie entsprechend strukturiert und wirkungsvoll in Szene zu setzen, wenngleich die rein visuelle Umsetzung wie von Scott gewohnt nicht sonderlich zu beanstanden ist. Dementsprechend blass und unterfordert bleiben, wenngleich sich Mose-Darsteller Bale ordentlich abmüht, auch alle Figuren. Speziell in der langwierigen halben Stunde zum Schluss fragt man sich, was Scott überhaupt mit diesem Werk vorhatte. Dann doch lieber die besagte Bibelstelle nachlesen (jawohl, ich hab es nachgeprüft), die ist interessanter und aufschlussreicher aufbereitet und entschieden schneller durchgenommen als diese filmische Enttäuschung.
"The Guest" ist zwar erst der zweite Film nach dem "You're Next", den ich von Adam Wingard gesehen habe, doch scheinbar trifft er ziemlich gut meinen Filmgeschmack, was leicht ironisch angehauchte, thrillereske und popkulturell clever ausstaffierte Streifen angeht. Ausgehend von einer schicksalsträchtigen Begegnung in Verbindung mit dem Verlust eines Soldaten in Afghanistan entspinnt eine ziemlich verrückte Geschichte, von deren Verlauf man am besten vorher nix wissen sollte. So ergeht es der hier porträtierten Familie und vorteilhafterweise auch mir in diesem Fall. Ein sehr wirksamer Clou von Wingard, dabei ausgerechnet auf den sehr überzeugenden Dan Stevens als zentralen Darsteller David Collins zu setzen, den die meisten - mich eingeschlossen - wahrscheinlich zuallererst als ungemein höflichen Gentleman in der Serie "Downton Abbey" in Erinnerung haben. Nun ja, höflich und charmant ist er auch in "The Guest" am Anfang und man möchte bei Stevens zuerst sogar noch dessen moralisch fragwürdigen Handlungsdruck wenn möglich tolerieren. Doch ab wann kennt man einen Menschen wirklich und sollte ihm vertrauen? Heiligt der Zweck jedes Mittel? Umso wirkungsvoller ist der sonderbare Fortgang dieses Films, der vor Überraschungen strotzt, nicht gerade zimperlich ist und die komplette Zeit spannende und mitreißende Momente bietet. Das mag zwar nicht immer glaubwürdig sein, macht aber umso mehr Spaß, da er bewusst auch mit der eigenen Haltung als Zuseher spielt. Als Zugabe gibt es Finale furioso, welches in seiner Umsetzung jeden Genrefan nochmal ein Grinsen auf das Gesicht zaubert. Wer bis hierhin nicht abgeschreckt worden ist: Keine weiteren Kommentare mehr lesen, sondern schnellstmöglich den Film ansehen!
Braucht die Welt einen weiteren Rachefilm - ein beliebtes Thema, was schon unendliche Male auf die Leinwand gebracht wurde? Nachdem ich "John Wick" gesehen habe, muss ich schlussendlich mit "Ja!" antworten. Klar, die Selbstjustizgeschichte selbst mit der unschönen Reaktivierung eines Hitmans im Ruhemodus, würde keinen Drehbuchpreis gewinnen. Hier kommt es umso mehr auf die Umsetzung an, damit man im Sumpf der actionreichen B-Movies nicht gleich untergeht. Dadurch, dass der Plot sehr straff und auf das Nötigste beschränkt wird, entledigt man sich einiger Angriffsfläche und gewinnt sogar durch einige bewusste Leerstellen - etwa der von Wicks Vergangenheit - für mich an Reiz. Der entwurzelte Rächer und die kriminelle Bandenwelt im heutigen New York City bilden eine sehr gewalthaltige Symbiose, die mit den spielfreudigen Keanu Reeves und Mikael Nyqvist auf der jeweiligen Seite wunderbar besetzt wurden. Mit welcher Überzeugtheit, Frische und Agilität speziell Keanu Reeves diesen ikonografischen John Wick mit einem kleinen Augenzwinkern verkörpern kann, ist ein wichtiger Schlüssel für diesen Film. Genauso entscheidend ist in dieser Ballerorgie aber auch die comicähnliche Darstellung und Interpretation der ansonsten teilnehmenden Personen, der Drehorte, der Stunts sowie der Bild- und Farbkompensation. Darunter mögen einige Genreeinflüsse erkennbar sein (Italowestern meets Neo-Noir), doch "John Wick" erhält insgesamt trotzdem eine ganz eigene Identität, einen eigenen Stil. Es gab schon deutlich schlimmere Regiedebüts von Filmemachern, die zuvor eine andere Funktion in der Filmcrew innehatten, als bei den Stuntleuten Chad Stahelski und David Leitch, die hier genau das abliefern, was ihrem Metier entspricht. Vielleicht bin ich aber auch zu leicht zu beeindrucken, sobald ein V8-Tier wie der alte Ford Mustang nochmal seinen würdigen Einsatz auf der Leinwand bekommt...
Wem zu dieser Jahreszeit noch nicht frostig genug ist, dem kann ich "The Drop" vom belgischen "Bullhead"-Regisseur Roskam ans Herz legen. Eiskalte Thrillerkost, was sich nicht nur an der trostlos-kühlen Brooklyn-Atmosphäre manifestiert, sondern auch an den beteiligten Figuren. Tom Hardy spielt in dem Mikrokosmos eines Stadtviertels einen ruhigen und trotz aller Umstände harmoniesüchtigen Barmitarbeiter, der in mancher Situation gar schüchtern und unsicher wirkt. Bei einem Hardy ist diese Rollenrichtung beinahe ungewohnt, aber dann auch wiederum kein Wunder, wenn man einen wuchtigen James Gandolfini zur Seite hat. Es ist eher ein gemächlicher Auftakt in diesem Film, doch das täuscht - genauso, wie man die Charaktere mit ihrer Fassade schnell vorverurteilen könnte. Denn wie schon der Titel aufzeigt, ist nicht immer alles koscher vor und hinter der Theke. Das hier wie dort mit falschen Karten gespielt werden könnte, erahnt man erst langsam und das durchaus clevere Skript lässt dem Zuseher sehr schön an dieser geladenen Spannung teilhaben. Ein sehenswerter, da moralisch differenzierter und besonders im Finale nachdenkenswerter Film ohne den großen Knalleffekt. Aber ein gut aufspielender Tom Hardy samt Hund ist manchmal mehr wert als ein halbes Dutzend an Actionszenen.
Tschiller 2016, die Zwote: Nach "Der große Schmerz" hatte ich etwas Angst vor der Fortsetzung, doch "Fegefeuer" erweist sich dann doch als deutlich erträglicher in seiner Geschichte und Machart. Widersacher Astan ist zwar logischerweise immer noch das zentrale Thema, doch durch eine erneute Geiselnahme gibt es zwischen Tschiller und seinem Widersacher so etwas wie ein fatalistisches Zweckbündnis. Durch die Hamburger Nacht geht lang und breit, bis man sich zwischenzeitlich fragt, ob nicht der Weg hier das Ziel ist, was zumindest auf seine Weise etwas interessanter ist als der tumbe Rest davor. Absurd bleibt das ganze Prozedere trotzdem, wenn Tschiller ein weiteres Mal kurz vor dem Ableben steht,obwohl wir als Zuschauer doch immer wissen, dass er niemals draufgehen wird. Doch wie die angeteaserte Panzerfaust vom entfesselten Protagonisten eingesetzt wird, ist letztlich im eigentlichen Tatort-Universum so drüber, dass es wieder etwas Laune macht. Ansonsten wird das Familiengeplänkel endlich deutlich zurückgefahren, TV-Allzweckwaffe Arnd Klawitter darf als undurchsichtiger Innensenator für einige Aufregung sorgen und eine bekannte Tagesschau-Sprecherin eine eher unvorteilhafte Gastrolle spielen (die allerdings durch das fehlende Cold Opening, was einst geplant war, wesentlich an Wirkung einbüßt). Ich wäre froh, wenn diese Astan-Geschichte endlich ein überfälliges Ende finden würde, doch da Erdal Yildiz' Rollenname auch bei der nun anstehenden Kinofortsetzung auf der Liste steht, dürfte das letzte Wort doch noch nicht gesprochen sein. Selbst wenn ich den Tatort bisher nie auf großer Kinoleinwand sehen konnte, lasse ich diese Gelegenheit gerne aus.
Für Abwechslung im Tatort-Bereich bin ich ja immer zu haben (siehe Murot). Auch dem neuen Hamburger Action-Tatort habe ich selbstverständlich anfangs eine Chance gegeben, wobei man eigentlich nur noch durch den Vorspann eine Verbindung zur Krimi-Reihe erkennen mag. Til Schweiger als Nick Tschiller - nun, manchmal wäre es einfach zu einfach, als Rezipient sein schnelles Urteil zu bilden. Doch nach einem soliden Einstieg sind mittlerweile alle Vorzeichen ins Negative gekehrt: Diese ruppige Astan-Story wirkt total ausgelutscht und wird bedauernswerterweise auch nach drei Episoden nicht eingemottet, Alvarts meist passenden Regieideen werden immer austauschbarer, Yardim alias Gümer überzeugt nicht mehr als ausgleichender Gegenpart im Team und Tschiller selbst verkommt endgültig zu einer lächerlichen Actionikone, die man sonst vom Grabbeltisch der B-Actioner kennt. Ach ja, anstatt "Fuck" bekommen wir nun durch einen prominenten Schlagermund das Wort "Ficken" geboten. Nein, auch "Der große Schmerz" sollte alles andere als ein normaler Krimi sein, aber er ist auch lange kein sehenswerter Actionfilm. Es reicht nicht, dass im Zweifel stets die schnelle Kugel hilft. Wenn ein dutzend Mal der wütende Protagonist im letzten Moment den nächsten dämlichen Bösewicht umnietet oder ähnliche 'Befreiungsaktionen' startet, dann hat das nicht viel mit Spannung zu tun, sondern mutiert letztlich in eine dumpfe Ballerei mit Hafenambiente. Falls daheim an Silvester viel zu wenig geböllert wurde, dann ist dieser Episode genau das richtige Ersatzpräparat. Zum Dank geht's samt Cliffhanger schon in zwei Tagen weiter, dann sogar mit der ganz großen Wumme. Prost, Neujahr.
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern auch der sonderbare Tatort aus Wiesbaden, bei dem man weiß: Normal ist, dass nichts normal ist. Dieses Mal entführt uns Herr Tukur alias Murot und seine Kollegen schon nach der ersten Szene in jenes filmische Terrain, was gemeinhin als "meta" kategorisiert wird. Nach der ungewöhnlichen Krimi-Erfahrung "Im Schmerz geboren" im letzten Jahr einfach so zur Tagesordnung zurückzugehen, wäre wohl unterhalb jeglicher Erwartungshaltung gewesen. Und so gibt es bei Bastian Günthers Beitrag einen nicht ganz einfach zu definierenden Hybrid-Film mit ganz viel televisionärer Selbstreflexion für die Tatort-Kenner unter uns sowie einer absurden Krimihandlung, in der die Vorzeichen genüsslich umgekehrt werden - mal genial, mal eher plump. Alles weitere würde wohl zu viel verraten. Ich wurde bei diesem ganzen Wirrwarr meist sehr gut unterhalten, wenngleich die zentrale Krimihandlung zwischendurch etwas mehr Dampf hätte vertragen können, doch spätestens im fast schon philosophischen Finale, das nochmals eine Meta-Stufe weiter hinaufsteigt, bleibt bei mir als Zuseher ein leichtes Dauergrinsen zurück. Ein echter (?) Murot mal wieder, den man gewissermaßen mögen muss, aber sicherlich nicht so schnell vergessen wird.
Den Baldrian-Tatort zum ausklingenden und hoffentlich kulinarisch reichhaltigen Weihnachtsfest liefern dieses Jahr die Kölner ab: Nicht sonderlich aufregend, um unnötig aufzustoßen, aber auch nicht dermaßen blöd, dass einem die wohlige Laune vermiest wird. Bei Ballauf und Schenk erwarte ich mittlerweile gar nichts mehr, weshalb ich schon relativ zufrieden bin, wenn nicht so strapazierend bieder wie sonst an der Lösung eines Falls gewerkelt wird. "Benutzt" reißt mit seiner ziemlichen Standard-Konstellation keine Bäume aus, funktioniert aber als Whodunit-Plot ganz ordentlich. Wichtig ist, dass jeder der Beteiligten irgendwo ein dunkles Geheimnis hat und tot ist jemand erst, wenn man seine Leiche auch wirklich vorliegen hat. Eiserne Fans des Kölner Duos dürfen sich über einen kultigen 70er Jahre Schlitten des Typs Diplomant B, einen Ballauf in zweimaliger Verfolgungssituation oder ein geselliges Kugelstoßen beim Billard erfreuen, wobei die Macher Letzteres doch tatsächlich als mitentscheidende Metapher für den ganzen Mordfall ins Spiel bringen. Nun ja. Ich selbst fand da zwischenzeitlich die zweite Garde des Teams interessanter, sobald der von Schenk dauergemobbte Assistent Reisser attraktive Hilfe bei der strapazierenden Hintergrundarbeit bekommt. Ein Team für die Zukunft? Von mir gibt's spontan kein Veto dagegen.
Auch ein Jürgen Vogel allein macht noch keinen guten Tatort aus. Aber in Ludwigshafen scheint man immerhin verstanden zu haben, dass die jahrelange Lethargie keine gute Zukunftsoption mehr war. Darum hat man die technikaffine Störfigur der Johanna Stern seit einigen Folgen ins Nervenzentrum von Odenthal und Kopper eingepflanzt, wagt etwas in Sachen Handwerk (wenn auch wenig innovativ) oder setzt eben mal auf einen prominenteren Gastdarsteller. Nur die Zusammensetzung dieser Elemente hat in "LU" nicht so wirklich gefruchtet. Da wäre die trotz einiger narrativer Nebelkerzen die doch vorhersehbare Krimihandlung mit Verweis auf einen zeitlich weit zurückliegenden Vorfall im Umkreis eines selbstverständlich pseudonymisierten Chemiegroßunternehmens. Die klischeebehafteten Charakterprofile auf Seiten der Verdächtigten machen das finale Puzzlespiel da nicht sonderlich schwer.
Vogels grundlegende Bildschirmpräsenz hält dabei diese Folge noch dermaßen am Leben, dass mitunter sogar die Odenthal jegliche professionelle Rationalität zeitweise hintenan stellt. Tja, so schlimm muss es wohl schon um den Gemütszustand der guten Lena gestellt sein. Aber irgendwie braucht es bei der dauernörgelnden Tablet-Kollegin wohl ein räuberisch-romantisches Ausweichventil. Für mich wirkte diese ganze Entwicklung mit Odenthal jedoch sehr aufgesetzt und darüber hinaus auch nicht sonderlich aufregend, selbst wenn durch die halbe Stadt gerannt wird. So bleibt als Tatort-Stammzuseher nur zu hoffen, dass der interne Zwist zwischen Odenthal, Stern und Kopper nicht auch noch beim 30-jährigen Dienstjubiläum der Kommissarin im Mittelpunkt steht.
Wie auch immer: Möge die Macht mit dir sein, Jeff Goldblum!
So nobel die Absichten, so schwach die Umsetzung: Dass der Tatort gewisse Genregrenzen überschreiten kann, ist bekannt und oftmals auch sehr bereichernd. "Einmal wirklich sterben" von Regisseur Markus Imboden möchte uns ein generationsübergreifendes und im wahrsten Sinne des Wortes traumatisierendes Familiendrama präsentieren. Das Problem: Man zwängt es gnadenlos in das konservative Tatort-Krimikorsett, sodass es an allen Seiten stockt und ätzt. Mittels zahlreicher, umständlicher sowie repetitiver Rückblenden, wenn nicht gerade bedeutungsschwangere Tieraufnahmen gezeigt werden, soll hier relativ lange ein spannender Whodunit-Plot vorgesetzt bzw. vorgegaukelt werden, obwohl doch das Herausarbeiten der psychologischen Note in diesem Fall umso wichtiger gewesen wäre. Die Folge: Es langweilt, es nimmt emotional überhaupt nicht mit, es verärgert in manchen Situationen sogar. Batic und Leitmayr vollführen ihren Ermittlungsdienst nach Schema F, alles läuft auf geordneten Bahnen und am Ende wird jegliche Vorahnung wahr, welcher der beteiligten Charaktere in dieser Tragödie gemäß der Konventionen wie gehandelt haben könnte - so fragwürdig es auch sein mag. Für mich bleibt da nur ein (vorweihnachtliches) Wort als Fazit: Verschenkt!
Kennt jemand noch Kai Korthals? Der unheimliche Kerl, der vor drei Jahren Borowski & Brandt letztlich doch entwischt ist? "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes" lässt diese eindrückliche Antagonistenrolle durch Lars Eidinger netterweise wieder aufleben, womit hier sowohl pro (einen Straftäter lassen wir nicht davonkommen) als auch contra (wir haben eine direkte Fortsetzung) der typischen Regelung der Krimi-Reihe gehandelt wird. Wobei es beim Tatort zuletzt ja eh fast schon normal geworden ist, ungewöhnlich zu sein. Damit nicht genug: Es gibt auch ein überraschendes Wiedersehen mit Frieda Jung, womit die Erwartungshaltung vorweg nicht unerheblich war.
Das Sequel zu "Borowski und der stille Gast" bemüht sich dabei sichtlich, ähnlich beunruhigend und dramatisch wie der sehenswerte Vorgänger zu wirken. Besonders die Regiearbeit von Claudia Garde macht einen eloquenten Eindruck und weiß seine Schauwerte gut einzusetzen (Beispiel Strandszene), wohingegen ich mit Sascha Arangos Drehbuch deutlich mehr Probleme gehabt habe. Es ist auf den ersten Blick eine strukturell klar aufgebaute Geschichte zwischen hauptsächlich zwei unterschiedlichen Egos (Borowski/Korthals), allerdings mit mehr oder weniger sinnvollen Genrezutaten vermischt, was in seiner Drastik schon beinahe ins reine Zitieren bekannter Psychothrillerelemente abdriftet. Für mich wirkte es in einigen Szenen über das Ziel hinausgeschossen, womit auch Borowskis untypischer Tatendrang einbezogen ist. Dass Kommissare in persönlichen Grenzsituationen unbeherrschbar werden können, haben wir in ähnlicher Manier neulich schon beim Stuttgart-Tatort "Preis des Lebens" miterleben dürfen. Borowskis Charakter ist und bleibt auch über all die Jahre weiterhin ein kleines Mysterium, wie diese Folge uns letztlich wieder weismacht - welche nicht so effektiv wie Korthals' erster Auftritt erscheint, aber nichtsdestotrotz mit seinen absurd-kurzweiligen Momenten noch interessant genug ist für einen ungewöhnlichen Krimiabend.
Himmel und Hölle können manchmal ganz nah beieinander liegen.
Unglücksereignisse wie jenes am Mount Everest im Jahr 1996 eignen sich seit jeher auch für das Kino, das wissen wir nicht erst seit Titanic & Co. Baltasar Kormákurs "Everest" zeigt dies auf sehr imposante Weise, ohne die typischen Katastrophenfilmklischees zu erfüllen. Erfahrung mit schicksalhaften Überlebenskämpfen als zentralen Filminhalt hat der Regisseur ja, wenn man "The Deep" von ihm gesehen hat. Trotz namhafter Schauspieler und dickem Budget kommt der Film überraschend wenig reißerisch daher - im Gegenteil, er lässt sich auffallend viel Zeit, um die nicht wenigen Charaktere ihren nötigen Raum zur Entfaltung zu geben und das typisch mühselige Prozedere einer Besteigung zu porträtieren. Im Subtext sind mir schon beim Schauen nebenbei kritische Fragen aufgekommen: Warum sollte man überhaupt einen solchen Berg besteigen? Stehen die Strapazen und das Risiko im Einklang zum kurzen Glücksmoment am Gipfel? Ist es in Ordnung, dass der Kommerz auch am höchsten Berg der Erde nicht Halt machen kann? Der Film forciert diese Gedanken auf wohltuende Weise nicht in eine bestimmte Richtung, sondern überlässt dem Zuschauer ob der Darbietung die für ihn richtige Einordnung. Die intensiven und ungemein realistisch anmutenden Bergszenen, die super getrickst und darüber hinaus mich trotz unmenschlicher Witterung so gar nicht kalt gelassen haben, sprechen sowieso für sich. Und diese sollte man auf jeden Fall auf möglichst großer Leinwand gesehen haben (auch ohne 3D). Der beste Bergfilm, den ich bisher vor die Linse bekommen habe.