Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 6 .5

    Der von Andrew V. McLaglen (Bandolero, Die Wildgänse kommen) inszenierte "Sprengkommando Atlantik" ist ein mit verschrobenem britischem Humor ausgestatteter Actionthriller mit Star-Besetzung und reichlich maritimem Flair.

    Der exzentrische Eigenbrötler Rufus Excalibur ffolkes (Roger Moore) bildet in Schottland ein privates Sonderkommando für den Kampfeinsatz aus. Als eine Gruppe von Terroristen um den zwielichtigen Lou Kramer (Anthony Perkins) ein Versorgungsschiff im Nordatlantik in ihre Gewalt bringt und damit droht, zwei Bohrinseln mit hunderten Menschen in die Luft zu sprengen, bittet die britische Regierung den wohlhabenden Katzenliebhaber und dessen Männer um Hilfe...

    "Sprengkommando Atlantik" liefert auf der Handlungsebene kaum mehr als ein klassisches Geiselszenario auf hoher See, in dessen Verlauf die Terroristen die Briten durch Drohungen und Ultimaten immer wieder unter Druck setzen, woraufhin die Gegenseite mit einer Zermürbetaktik zu kontern versucht. Was McLaglens Thriller indes aus der Masse vergleichbarer Werke ein Stück weit hervorstechen lässt, sind seine eigenwilligen Charaktere, allen voran der von Moore mit gewinnendem Charme verkörperte ffolkes (nur echt mit zwei kleinen 'f'), dessen Chauvinismus selbst den eines James Bond in den Schatten stellt. Ihm gegenüber steht mit Anthony Perkins ein weiterer klangvoller Name auf der Besetzungsliste, wenngleich der einstige 007 Agent und der "Psycho"-Bösewicht leider kaum gemeinsame Screentime haben. Dafür gesellt sich mit James Mason in einer Nebenrolle allerdings noch ein weiterer Hochkaräter hinzu.

    Zwar wäre der eine oder andere clevere Drehbuchkniff mehr wünschenswert gewesen und auch die Spannungsschraube hätte zuweilen ruhig noch etwas fester gezogen werden können, doch auch so ergibt sich ein insgesamt mehr als ordentlicher Hochseethriller, der hier und da zum Schmunzeln anregt.

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    • 6 .5

      "White Squall" ist ein nach klassischem Strickmuster hergestellter Abenteuerfilm, der über berauschende Ozeanbilder sowie einen excellenten Soundtrack verfügt und dabei über weite Strecken für gelungene Unterhaltung sorgt, zugleich jedoch auf inhaltlicher Ebene einige Schwachstellen offenbart.

      1960: Um der ständigen Bevormundung durch seine Eltern zu entgehen, verpflichtet sich der junge Chuck (Scott Wolf) gemeinsam mit elf weiteren Jungen zum Dienst auf einem Segelschulschiff, wo er das Matrosenhandwerk erlernen und über seine berufliche Zukunft nachdenken soll. Captain des Schiffes ist der bärbeißige Christopher Sheldon (Jeff Bridges), der an Bord ein strenges Regiment führt und die heterogene Gruppe zu einer verschworenen Einheit formen will. Die jungen Kadetten lernen nach und nach zusammen zu arbeiten, um den Gefahren des offenen Meeres zu trotzen...

      Regisseur Ridley Scott (Alien, Gladiator) ist von je her ein Garant für ausgezeichnete Bildkompositionen und so besticht auch "White Squall" mit zahlreichen herrlich anzusehenden Einstellungen des endlosen Ozeans. Darüber hinaus gefällt auch die Dynamik zwischen den so unterschiedlichen Charakteren an Bord, die alle ihr eigenes Päckchen zu tragen haben, ihre Streitigkeiten untereinander jedoch beilegen müssen, um gegen Wind und Wellen zu bestehen. Daraus ergibt sich eine durchaus ansprechende Abenteuerstimmung, gewürzt mit einigen typischen Coming of Age Zutaten, was Scotts Film mitunter wie eine Variation von "Der Club der toten Dichter" (1989) auf hoher See wirken lässt. Ein Eindruck, der sich speziell im Finale noch verstärkt.

      Anders als der einst von Robin Williams gespielte Englischlehrer setzt Bridges als Captain jedoch vornehmlich auf Zucht und Ordnung und führt das Schulschiff mit eiserner Disziplin. Statt allerdings die Erziehungsmethoden des Captains kritisch zu hinterfragen, ergeht sich "White Squall" leider zunehmend in Sentimentalitäten und Hurra-Patriotismus. Damit verpasst Scotts Werk leider die durchaus vorhandene Chance, in die Liga der ganz großen Abenteuerklassiker aufzusteigen.

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      • 8

        "Manche mögen's heiß" von Regielegende Billy Wilder (Sunset Boulevard, Zeugin der Anklage) ist eine enorm schwungvolle Verkleidungskomödie in bester Screwball Tradition, die mit einem bestens aufgelegten Cast, einer clever aufgezogenen Story, großartiger Musik und jeder Menge treffsicherer Pointen begeistert.

        Chicago zur Zeit der Prohibition: Die beiden arbeitssuchenden Musiker Jerry (Jack Lemmon) und Joe (Tony Curtis) werden unfreiwillig Zeugen eines Massakers der Mafia und können nur mit Mühe selbst dem Tod entkommen. Zur Tarnung verkleiden sie sich daher als Mitglieder einer Damenkapelle und reisen mit dieser zu einem Auftritt nach Florida. Unter den Musikerinnen ist auch die bildhübsche Sugar (Marilyn Monroe), welche den beiden Freunden gehörig den Kopf verdreht. Je näher sie der lasziven Blondine kommen, desto größer ist jedoch auch die Gefahr, dass die Maskerade der beiden Freunde auffliegt...

        Wilders temporeiche Komödie persifliert gekonnt kitschige Melodramen und klassische Gangsterfilme und enthält dabei eine Vielzahl an für die damalige Zeit ungewöhnlich anzüglichen Dialogen sowie einen gewissen gesellschaftskritischen Subtext. Besonders gelungen ist in diesem Zusammenhang, wie treffend hier mit Geschlechterklischees umgegangen und wie zielsicher Sexismus angeprangert wird. So wirken auch nur ganz wenige Dialogzeilen aus heutiger Sicht veraltet, etwa wenn der von Curtis verkörperte Joe seinen Mitstreiter völlig verwundert fragt, welchen Grund es dafür geben könnte, dass zwei Männer heiraten.

        Neben den sichtlich spielfreudigen Darstellern und den von Monroe mit purer Erotik dargebotenen Evergreens wie "I wanna be loved by you" oder "I'm through with love" weiß "Manche mögen's heiß" zudem auch visuell zu gefallen, sehen die hervorragend eingefangenen Schwarzweiß Bilder doch nach wie vor äußerst hochwertig aus. Oder um es mit den berühmten Schlussworten des Films zu sagen: 'Nobody's perfect' - Wilders unverwüstlicher Klassiker allerdings kommt der perfekten Komödie schon sehr nah.

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        • 7
          Kenduskeag 14.01.2021, 12:12 Geändert 14.01.2021, 12:28

          "Red Rock West" ist ein ebenso packender wie wendungsreicher Neonoir Thriller um einen allzu gutmütigen Einfaltspinsel, der von einer Kalamität in die nächste schlittert. Regisseur John Dahl (Rounders, Joyride - Spritztour) schuf eine atmosphärische Mixtur aus Roadmovie und Western, die immer wieder neue Haken schlägt und über eine feine Prise schwarzen Humors verfügt.

          Der abgebrannte Ex-Soldat Michael (Nicolas Cage) gelangt auf der Suche nach Arbeit in das Wüstenkaff Red Rock, wo er auf den Barbesitzer Wayne Brown (J. T. Walsh) trifft, welcher ihm einen Job bei einer Ölbohrfirma vermitteln soll. Brown jedoch hält Michael für einen von ihm angeheuerten Auftragskiller, der gekommen ist, um dessen Frau (Lara Flynn Boyle) zu ermorden. Da Michael das Geld für den Auftragsmord sehr gut gebrauchen kann, geht er auf den verbrecherischen Deal ein. Nicht ahnend, dass er sich damit selbst in Lebensgefahr begibt...

          Die vielen Zufälle, welche die Handlung dieses vor allem in der ersten Hälfte raffiniert konstruierten Thrillers prägen, würden in den meisten anderen Fällen als Schwachstellen des Drehbuchs ausgelegt werden, machen hier jedoch gerade den makabren Humor und somit auch den speziellen Reiz der Geschichte aus. Insbesondere aus dem Umstand, dass sein Protagonist dem titelgebenden Nest in Wyoming einfach nicht entkommen kann und gelenkt durch Zufall oder Schicksal immer wieder dorthin zurückfahren muss, macht sich der Film einen geradezu diabolischen Spaß. So gesehen, wirkt "Red Rock West" beinahe wie ein Vorläufer für Oliver Stones "U-Turn" (1997) oder auch so manches Werk der Coen Brüder, setzt dabei allerdings stärker auf Suspense als auf Skurrilität.

          Der junge Nicolas Cage indes agiert hier deutlich weniger aufgedreht als in vielen späteren Filmen, sodass seine Performance als von einem Schlamassel in den nächsten stolpernder Tor absolut glaubhaft wirkt. Zudem weiß auch der weitere Cast um Walsh, Boyle und den im weiteren Verlauf der Handlung dazustoßenden Dennis Hopper restlos zu überzeugen. Da fällt es auch nicht allzu negativ ins Gewicht, dass die zweite Filmhälfte nicht ganz an das hervorragende Niveau der ersten anknüpfen kann und "Red Rock West" gegen Ende mehr von einem normalen Actionthriller hat.

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          • "...was ein Kansas City Shuffle ist." (Lucky#Slevin)
            "...wie hoch man Scheiße stapeln kann." (Full Metal Jacket)
            "...dass Sex im Bad manchmal einen Haken hat." (Very Bad Things)

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            • 5 .5

              Der von Andrew Fleming (Ich liebe Dick, Ein ungleiches Paar) inszenierte Teenhorror "Der Hexenclub" ist ein eher durchschnittlicher Grusler mit Coming of Age Zutaten. Die Geschichte um vier Junghexen, die ihre magischen Fähigkeiten entdecken, verläuft weitgehend erwartungsgemäß und ohne besondere Überraschungen.

              Sarah (Robin Tunney) zieht mit ihrer Familie nach einem gescheiterten Selbstmordversuch nach Los Angeles, um ihre düstere Vergangenheit hinter sich zu lassen. An ihrer neuen Schule freundet sie sich mit den drei Außenseiterinnen Bonnie (Neve Campbell), Rochelle (Rachel True) und Nancy (Fairuza Balk) an, die ihm Ruf stehen, Hexen zu sein. Die vier Freundinnen bilden gemeinsam einen Zirkel und müssen schon bald feststellen, dass sie zusammen über ungeheure Macht verfügen...

              Speziell in der ersten Hälfte setzt sich "Der Hexenclub" eher mit den persönlichen Problemen der Protagonistinnen auseinander, die unter Mobbing, Depressionen, Rassismus und einem gestörten Elternhaus leiden, und lässt das magische Spektakel erst ganz allmählich von der Leine. Dabei schwankt Flemings Film jedoch auf merkwürdige Weise zwischen seichter Teenieklamotte und ernstzunehmendem Drama und vermag sich nicht so wirklich zu entscheiden, ob er denn nun lieber nur eine Folge "Charmed" in Spielfilmlänge oder doch ein waschechter Horrorschocker sein will.

              Ähnlich wie der Film an sich schwanken zudem auch die vier Hexen zwischen schüchternen Mauerblümchen, die lediglich von ihren individuellen Makeln befreit werden wollen und jähzornigen Biestern, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, um an ihr Ziel zu kommen. Dass Sarah etwa den Schulcasanova Chris (Skeet Ulrich) mit einem Liebeszauber belegt, sodass sie sich anschließend über dessen Gefühle für sie lustig machen kann, lässt die Hauptfigur nicht unbedingt sympathisch erscheinen.

              Da "Der Hexenclub" aber immerhin eine gelungene Schaueratmosphäre ausstrahlt, das gemeinsame Entdecken der magischen Fähigkeiten mit den Schülerinnen recht spaßig daherkommt und der Film auch recht kurzweilig ausfällt, reicht es insgesamt noch zu solider Gruselunterhaltung.

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              • 6

                Der auf Jurek Beckers gleichnamigem Roman beruhende "Jakob, der Lügner" wandelt zwischen Schelmengeschichte und Holocaustdrama und ist dabei in erster Linie eine Huldigung der menschlichen Fantasie als letzte Zuflucht in Zeiten größter Verzweiflung. Der von Frank Beyer (Nackt unter Wölfen, Spur der Steine) inszenierte DEFA-Klassiker überzeugt mit berührenden Einzelmomenten und einem starken Darstellerensemble, erfordert mit seiner sehr ruhigen und nur langsam voranschreitenden Gangart jedoch auch viel Durchhaltevermögen.

                1944 im besetzten Polen: Weil er angeblich die für das Ghetto vorgeschriebene abendliche Ausgangssperre missachtet hat, wird der Jude Jakob Heym (Vlastimil Brodsky) zum Revier der Gestapo geschickt, wo er zufällig vom Vormarsch der Roten Armee erfährt. Da ihm die Geschichte niemand glaubt, behauptet Jakob, er habe heimlich ein Radio ins Ghetto geschmuggelt, über welches er die Informationen erhalte. Schon bald verselbständigt sich Jakobs Geschichte und seine Lüge bringt dem gesamten Ghetto neue Hoffnung und Lebensmut...

                Beyers Werk durchzieht von Beginn an ein gewisser Galgenhumor, weshalb "Jakob, der Lügner" trotz der tragischen Zustände im Ghetto auch einige Male zum Schmunzeln anregt und somit als Vorläufer für Filme wie "Das Leben ist schön" (1997), "Zug des Lebens" (1998) oder "Jojo Rabbit" (2019) angesehen werden kann, die sich dem Schrecken des Holocausts ebenfalls mit Humor zu nähern versuchen. Ein besonderes Highlight ist dabei etwa eine Szene, in der Jakob vor einem kleinen Mädchen ein Radio-Interview mit Winston Churchill imitiert. Bemerkenswert sind darüber hinaus die kontinuierlich eingestreuten Rückblenden und Traumsequenzen, welche den Figuren zusätzlich Profil verleihen und zum Teil an die Märchenklassiker der DEFA erinnern.

                Neben Hauptdarsteller Brodsky, der als Jakob (welcher längst nicht der Einzige in dieser Geschichte ist, der es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt) eine sehr feinfühlige Performance hinlegt, überzeugt auch der restliche Cast um Erwin Geschonneck, Henry Hübchen und Armin Mueller-Stahl. Größtes Manko des Films ist neben einigen allzu kulissenhaften Szenen und der wenig interessanten Nebenhandlung um ein junges Liebespaar sein sehr gemächliches Erzähltempo, welches den gelegentlichen Blick zur Uhr unvermeidlich werden lässt. Dadurch beraubt sich das oscarnominierte Werk ein Stück weit auch der eigenen Wirkung als Film, der dem Terror der Naziherrschaft die Vorstellungskraft des menschlichen Geistes entgegenstellt.

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                • Danke für deinen treffenden Artikel zu diesem brandaktuellen Thema, fujay.

                  Ich denke, dass kulturelle Teilhabe für alle möglich sein sollte und in dieser Hinsicht sehe ich das Kino als "Oper des kleinen Mannes" an. Ein Ort, an dem ganz unterschiedliche soziale Schichten einen gemeinsamen Treffpunkt finden und dessen Fortbestehen unbedingt gefördert werden sollte. Das Problem dabei ist allerdings, dass schon vor Corona Kinogänge für viele Familien kaum noch bezahlbar waren und die Tickets nun wohl kaum günstiger werden dürften. Gleichzeitig hat aber auch nicht jeder die finanzielle Möglichkeit, um sich ein adäquates Heimkino zu schaffen - zumal dies den Eventcharakter und die soziale Interaktion im Kino nicht mal annähernd ersetzen kann.
                  Zudem denke ich, dass der Erhalt der großen Multiplexe und der kleinen Programmkinos gleichermaßen wichtig ist, stehen sie doch für die enorme Vielfalt des Kinos. Gäbe es in Zukunft nur noch die kleinen Lichtspielhäuser, würde Kino wohl endgültig zu etwas Exklusivem werden, mit dem sich nur noch Cineasten auseinandersetzen. Die Möglichkeit, dass sich zB Teenager zusammen "Fast and Furious" auf der großen Leinwand ansehen, sollte aber auch in Zukunft unbedingt noch vorhanden sein.

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                  • 6 .5

                    Der auf einem Märchen aus einer populären finnischen Rundfunksendung basierende "Rare Exports" unter der Regie Jalmari Helanders (Big Game - Die Jagd beginnt) ist eine weihnachtliche Horrorkomödie, die vor allem mit ihrem grotesken Szenario und einigen herrlich skurrilen Ideen punktet.

                    Der kleine Pietari (Onni Tommila) wohnt mit seinem Vater in der winterlichen Einöde nahe der finnisch-russischen Grenze. Eines Tages beobachtet der Junge zusammen mit einem Freund seltsame Aktivitäten auf einem nahe gelegenen Gipfel, wo ausländische Wissenschaftler ein Loch in den Berg sprengen, um nach dem verschollenen Grab des Weihnachtsmannes zu suchen. Als am darauffolgenden Tag hunderte Rentiere tot aufgefunden werden, ahnt der an Mythen und Legenden interessierte Junge, das etwas Böses erwacht sein muss...

                    Helanders schräger Festtagshorror ist zwar zu gruselig für das ganz junge Publikum, dürfte erwachsene Zuschauer aber eher amüsieren als schocken. Dazu scheuen sich die Macher zu sehr vor expliziten Gewaltdarstellungen und blenden stattdessen an den entsprechenden Stellen aus. Unterhaltsam ist "Rare Exports" aber dennoch, da von Beginn an ein gutes Erzähltempo vorgelegt wird und die groteske Geschichte um den bösärtigen Weihnachtsmann immer wieder unvorhersehbare Haken schlägt. Hinzu kommt, dass auch die weitgehend unbekannten Darsteller einen guten Job machen und speziell in der ersten Filmhälfte viele wunderbare Impressionen der finnischen Schneelandschaft präsentiert werden.

                    So steht am Ende eine kurzweilige Horrorkomödie, die zwar ihr enormes Potential nicht vollends ausschöpft, sich aber dennoch angenehm vom Einheitsbrei des Weihnachtsgenres abhebt.

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                    • 10

                      Sie weiß nicht, dass der Schnee lautlos auf die Erde fällt
                      Merkt nichts vom Klopfen an der Wand
                      Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist
                      Das ist alles was sie hört
                      Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist
                      Wenn sie ihr in den Magen fährt
                      Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist
                      Wenn der Boden unter den Füßen bebt
                      Dann vergisst sie, dass sie taub ist

                      Das oscarnominierte Musikdrama "Jenseits der Stille" unter der Regie von Caroline Link (Nirgendwo in Afrika, Der Junge muss an die frische Luft) erzählt auf feinfühlige Weise von den Problemen behinderter Menschen und zeigt zugleich den Abnabelungsprozess einer jungen Frau, die Unabhängigkeit von ihrer Familie erreichen muss, um zu sich selbst und ihrer Musik zu finden.

                      Lara (als Kind: Tatjana Trieb, als junge Erwachsene: Sylvie Testud) wächst als Kind gehörloser Eltern in einer Kleinstadt in Süddeutschland auf, weshalb sie schon früh sehr viel Verantwortung übernehmen und ihre Eltern in allen Lebenslagen unterstützen muss. Sehr zum Missfallen ihres Vaters (Howie Seago) eifert Lara ihrer musikbegeisterten Tante (Sibylle Canonica) nach und träumt von einer Karriere als Klarinettistin. Laras Liebe zur Musik und das Unverständnis ihrer Eltern darüber drohen die Familie schließlich auseinanderzureißen...

                      Links sensibles Drama begeistert mit herrlichen Bildern, welche das Großstadtgetümmel in Berlin, wo Lara an der Musikhochschule studieren möchte, in Kontrast zum idyllischen Landleben ihrer Eltern setzen. Hinzu kommen eine einfühlsame Figurenzeichnung, ein hervorragender Cast und vor allem ein wunderbarer Soundtrack, der mit seinen stimmungsvollen Klarinettentönen - speziell der jüdischen Klezmer-Musik - verzaubert. Auf diese Weise entwickelt sich ein poetisch angehauchtes Werk, welches die gesamte Klaviatur von Melancholie über Romantik bis hin zu leisem Humor perfekt beherrscht und zudem ein bemerkenswertes Plädoyer für Toleranz gegenüber Menschen mit Einschränkungen sowie für Kommunikation über unsere eigene Erfahrungswelt hinaus darstellt.

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                      • Die besten Filme, die ich dieses Jahr erstmals gesehen habe:

                        Sunset Boulevard (1950)
                        Die Nacht des Jägers (1955)
                        Anatomie eines Mordes (1959)
                        Weißer Terror (1962)
                        Der Schrecken der Medusa (1978)
                        Paris, Texas (1984)
                        Rain Man (1988)
                        Kap der Angst (1991)
                        Dead Man Walking (1995)
                        Die Legende vom Ozeanpianisten (1998)
                        Der Baader Meinhof Komplex (2008)
                        St. Vincent (2014)
                        Vergiftete Wahrheit (2019)

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                        • 7

                          Alfred Hitchcocks "Ich kämpfe um dich" war seinerzeit einer der ersten Filme, der sich mit Sigmund Freuds Psychoanalyse befasste und diese als Aufhänger für einen wendungsreichen Thriller nutzte, der trotz einiger Längen im Mittelteil insgesamt spannende Unterhaltung bietet.

                          Die in einem Heim für Geisteskranke arbeitende Psychologin Dr. Constanze Petersen (Ingrid Bergman) verliebt sich in ihren neuen Vorgesetzten, den sich sonderbar verhaltenden Dr. Edwardes (Gregory Peck). Alsbald verdichten sich jedoch die Anzeichen dafür, dass der junge Mann nicht der ist, der er vorgibt zu sein und der echte Dr. Edwardes unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist. Gemeinsam flieht das Liebespaar vor der Polizei und versucht, das Geheimnis um die Identität des falschen Psychologen zu lüften...

                          Hitchcocks romantisch angehauchter Thriller wirkt nicht sonderlich bemüht darum, Traumata und Gedächtnisverlust sonderlich realitätsnah darzustellen, sondern verwendet diese vielmehr als Triebfeder für einen Kriminalplot, der geschickt mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und dabei einige Parallelen zu Hitchcocks "Marnie" (1964) erkennen lässt, wobei der Unterschied vor allem darin besteht, dass es hier der Mann ist, der mit einem Trauma zu kämpfen hat und die Frau ihm helfend zur Seite steht.

                          Die von Bergman mit gewinnbringendem Charme verkörperte Psychologin erscheint dementsprechend auch wesentlich freundlicher und gutherziger als viele andere dominante Frauenrollen beim Master of Suspense. Ihr Umgang mit dem falschen Dr. Edwardes erinnert zuweilen eher an den einer fürsorglichen Mutter mit ihrem kranken Kind, als an den einer Frau mit ihrem Liebhaber, kostet sie aber keine Sympathien beim Publikum. Dass wir es hier mit einer für damalige Verhältnisse ungewöhnlich selbstbewussten Protagonistin zu tun haben, zeigt sich indes auch in ihrem Verhalten gegenüber den anderen Männerfiguren des Films, denen sie in Sachen Rhetorik und Intellekt immer einen Schritt voraus ist.

                          Bis auf wenige Momente - wie etwa eine schlecht gealterte Abfahrt auf Skiern - vermag dieser Hitchcock somit auch heute noch gut zu unterhalten, wenn man denn über die eine oder andere Unglaubwürdigkeit hinwegsehen kann und keine actionreichen Verfolgungsjagden wie etwa in "Der unsichtbare Dritte" (1959) erwartet. Zumal "Ich kämpfe um dich" als besonderes Highlight eine surrealistische Traumsequenz beinhaltet, die vom berühmten Maler Salvador Dali gestaltet wurde.

                          Funfact: Norman Lloyd, der hier einen der Patienten mimt, kann auf eine der längsten Filmkarrieren überhaupt zurückblicken, spielte der inzwischen 106 Jährige doch schon unter Charlie Chaplin und Orson Welles sowie zuletzt in "Dating Queen" (2015) von Judd Apatow.

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                          • 8

                            Der für seine blutigen Western bekannte Sam Peckinpah (The Wild Bunch, Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia) inszenierte mit "Wer Gewalt sät" einen schonungslosen Terrorfilm über Entstehung und Entwicklung von Gewalt, welcher mit einer simplen, aber enorm fesselnden Handlung aufwartet und dabei ebenso drastisch wie unkonventionell ist.

                            Der amerikanische Mathematiker David (Dustin Hoffman) zieht mit seiner attraktiven Frau Amy (Susan George) in ein Landhaus in der englischen Provinz, um in Ruhe seiner Arbeit nachgehen zu können. Da David über keinerlei handwerkliches Geschick verfügt, engagiert er eine Gruppe von Arbeitern aus dem Dorf, um eine Garage zu bauen und das alte Haus von Ratten zu befreien. Amy, die sich zunehmend von ihrem Mann vernachlässigt fühlt, flirtet ganz ungeniert mit den Arbeitern, welche darauf auch sogleich anspringen. Schon bald wird dadurch eine furchtbare Spirale der Gewalt in Gang gesetzt...

                            Peckinpah nimmt sich zunächst ausgiebig Zeit, um die einzelnen Charaktere einzuführen und deren Psyche zu beleuchten, ehe er die Spannungsschraube immer fester zieht und einen erbarmungslosen Kampf auf Leben und Tod entbrennen lässt. Eindrucksvoll erzählt sein Film von den Mechanismen der Gewalt, von Aktion und Reaktion und stellt dabei heraus, dass auch ein Pazifist zum brutalen Mörder werden kann, wenn man ihn nur genug reizt. Zugleich ist "Wer Gewalt sät" jedoch auch ein eindrückliches Mahnmal gegen Vorverurteilung, Fremdenhass und Lynchjustiz.

                            Mit düsteren Bildern der englischen Moorlandschaft ausgestattet und mit einer stark aufspielenden Darstellerriege, zu welcher neben einem Dustin Hoffman in Bestform u.a. noch Peter Vaughan (Game of Thrones) und David Warner (Titanic) gehören, besetzt, ergibt sich so eine intensive Gewaltstudie, die auch nach fast fünfzig Jahren nichts von ihrem Schrecken verloren hat.

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                            • 5 .5
                              Kenduskeag 13.12.2020, 14:15 Geändert 13.12.2020, 14:17

                              An wohl kaum einem anderen Filmgenre nagt der Zahn der Zeit so sehr wie an der Science Fiction, ist das, was gestern noch als zukunftsweisend galt, doch heute schon längst im Alltag etabliert oder gar hoffnungslos veraltet. Auch die SciFi Dystopie "Flucht ins 23. Jahrhundert" unter der Regie von Michael Anderson (In 80 Tagen um die Welt, Orca - Der Killerwal) hat mit diesem Problem zu kämpfen, obgleich die auf einem Roman von William F. Nolan und George C. Johnson basierende Geschichte dieses Films wirklich erzählenswert ist.

                              Im 23. Jahrhundert leben die Menschen unter riesigen Kuppeln unter der Erde, abgeschirmt von der vermeintlich unbewohnbaren Außenwelt. Bis zu ihrem 30. Geburtstag führen sie ein sorgenfreies Dasein, ehe ein von einem Supercomputer kontrollierter Erneuerungsprozess in Gang tritt, nach welchem ihr bisheriges Leben endet, sie aber vorgeblich in einem neuen Körper wiedergeboren werden. Logan (Michael York) gehört einer Spezialeinheit - den sogenannten 'Sandmännern' - an, deren Aufgabe darin besteht, all Diejenigen aufzuspüren und zu töten, die sich dem Erneuerungsprozess entziehen wollen. Doch dann ist eines Tages Logans eigene Lebensuhr abgelaufen und er ergreift mit Hilfe der Rebellin Jessica (Jenny Agutter) die Flucht...

                              Von Beginn an wird deutlich, dass sich viele neuere SciFi Filme von Andersons Werk haben inspirieren lassen. Allen voran "Die Insel" (2005) von Michael Bay, welcher aufgrund seiner zahlreichen Parallelen fast als Remake durchgeht. Überhaupt bietet "Flucht ins 23. Jahrhundert" eine Fülle an fantastischen Ideen, wie etwa ein Liebesfahrstuhl, welcher in seiner Funktion an moderne Dating Apps erinnert oder ein durchgeknallter Roboter, der in einem Eispalast Menschen einfriert. Für Spannung und Abwechslung ist somit durchaus gesorgt, wenngleich Anderson sich hauptsächlich auf die Action fokussiert und das Ganze im Stile eines klassischen Ausbruchthrillers inszeniert, anstatt das volle dystopische Potential der Geschichte auszuschöpfen.

                              Nur hat "Flucht ins 23. Jahrhundert" nunmal erheblich mit dem eingangs erwähnten Problem zu kämpfen und kann die Illusion von einem Leben in ferner Zukunft nicht mehr aufrecht erhalten. Dazu sehen die Schauplätze einfach zu sehr nach Modellen und die Darsteller mit ihren Föhnfrisuren und bunten Kostümen zu sehr nach Retroparty aus. Und auch die einst oscarprämierten Effekte sind heute einfach nicht mehr schön anzusehen.

                              Da zudem auch die beiden Hauptdarsteller merkwürdig blass bleiben und einzig die kauzige Performance des allerdings erst im letzten Drittel auftauchenden Peter Ustinov positiv in Erinnerung bleibt, hinterlässt "Flucht ins 23. Jahrhundert" einen insgesamt nur mittelmäßigen Eindruck und zugleich den starken Wunsch nach einer zeitgemäßen Neuauflage.

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                              • 6

                                Der auf Agatha Christies Roman gleichen Namens basierende "Mord im Spiegel" unter der Regie Guy Hamiltons (Goldfinger, Das Böse unter der Sonne) ist ein etwas betulicher Krimi mit britischem Charme, dessen Reiz aus heutiger Sicht vor allem in dem großen Aufgebot alternder Hollywood Stars liegt, deren Rollen erstaunliche Parallelen zum wahren Leben der Stars aufweisen und Hamiltons Werk somit eine ungeahnte Meta-Ebene hinzufügen.

                                Die Bewohner des kleinen Dorfes St. Mary Mead sind ganz aus dem Häuschen, als sich eine große amerikanische Filmgesellschaft ankündigt, um vor Ort einen opulenten Historienstreifen zu drehen. Als auf der Kennlernfeier eine Frau durch einen Giftcocktail ums Leben kommt, erhält die Freude jedoch einen herben Dämpfer. Inspektor Craddock (Edward Fox) von Scotland Yard nimmt sich des Falles an, um den Mörder dingfest zu machen. Unterstützung erhält er dabei von seiner gewitzten Tante Miss Marple (Angela Lansbury)...

                                Anders als andere Agatha Christie Verfilmungen wie etwa "Mord im Orient Express" (1974) oder "Tod auf dem Nil" (1978) verfügt "Mord im Spiegel" nicht über sonderlich spektakuläre Schauplätze, ist Miss Marples Heimatdorf doch ein eher beschauliches Nest. Auch kommt der zugrundeliegende Krimiplot nicht außergewöhnlich raffiniert daher und besteht im Wesentlichen aus einer Aneinanderreihung von Befragungen der Verdächtigen, obgleich das heitere Mörderraten natürlich trotzdem eine gewisse Spannung bereithält, sofern man mit dem Ausgang der Geschichte nicht vertraut ist.

                                Was Hamiltons Krimi dann aber hauptsächlich interessant macht, ist der prominente Cast um frühere Größen wie Elizabeth Taylor, Kim Novak, Rock Hudson und Tony Curtis, die zum Zeitpunkt des Drehs ihren Karrierezenit bereits überschritten hatten und hier in die Rollen von eitlen Regisseuren, Produzenten und Leinwanddiven schlüpfen, die dem Glanz vergangener Tage nachhängen und so - ob gewollt oder nicht - einiges über die Schattenseiten des Hollywood Zirkus' offenbaren.

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                                • 6

                                  Der von John Waters (Hairspray, Serial Mom) inszenierte "Cry-Baby" ist eine schrille Komödie voller skurriler Figuren, groteske Milieustudie über zwei verfeindete Gangs und musikalische Hommage an die 50er Jahre.

                                  Wade 'Cry-Baby' Walker (Johnny Depp) ist leidenschaftlicher Rock'n'Roller und Anführer der 'Drapes', einer rebellischen Jugendbande, welche auf die gutbürgerlichen Konventionen pfeift. Als sich ausgerechnet die zu den rivalisierenden 'Squares' gehörende Alison (Amy Locane) in den Bad Boy verguckt, ist Ärger vorprogrammiert...

                                  Inhaltlich liefert "Cry-Baby" kaum mehr als eine überdrehte Variation von 'Romeo und Julia', doch steht die Geschichte bei diesem flotten Rockabilly Spaß ohnehin nicht im Vordergrund. Vielmehr sind es die bizarren Charaktere, die von einer ulkigen Situation in die nächste schlittern sowie die zahlreichen Musikeinlagen, die hier für gute Laune sorgen. Das ist zwar insgesamt nicht so mitreißend wie etwa der Kultklassiker "Blues Brothers" (1980) und verfügt abgesehen von einem bestens aufgelegten Johnny Depp, der hier mehr als einmal die Hüften schwingen darf, sowie den in kleinen Nebenrollen auftretenden Iggy Pop und Willem Dafoe auch nicht über die ganz großen Stars, gefällt aber mit seiner subversiven Gangart und einigen sozialkritischen Momenten (etwa den Schaufensterscheiben im Waisenhaus). Angesichts dessen fällt es auch leicht über einige unpassende Albernheiten und platte Pointen hinwegzusehen und sich ganz auf diesen kurzweiligen Spaß einzulassen.

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                                  • 2

                                    Quinn Lashers Regiedebüt "He's out there" ist ein furchtbar einfallsloses Fließbandprodukt in grässlicher Filteroptik, welches beinahe jedes erdenkliche Klischee des Homeinvasion Thrillers ausspielt und dabei keinerlei Spannung oder Nervenkitzel heraufzubeschwören vermag.

                                    Laura (Yvonne Strahovski) möchte mit ihren beiden Töchtern und ihrem sich noch auf der Anreise befindlichen Mann ein paar schöne Tage in einem abgelegenen Ferienhaus am See verbringen. Die Idylle wird jedoch jäh gestört, als eines der Mädchen nach dem Verzehr eines im Wald gefundenen Cupcakes über Übelkeit klagt und vor dem Haus ein maskierter Psychopath auftaucht...

                                    Die zu Beginn im Wald entdeckte Süßigkeit, die eine fiese Überraschung für die Familie bereit hält, ist dann auch schon die letzte halbwegs originelle Idee dieses komplett vorhersehbaren Horrorstreifens, den immer genau dann der Mut verlässt, wenn er die längst ausgetretenen Genrepfade einmal verlassen und sich nicht nur von einem augelutschten Motiv zum nächsten hangeln könnte. Stattdessen wird jedoch von einer letztlich bedeutungslosen Bildergeschichte bis hin zu unheimlichen Puppen alles hervorgeholt, was die Mottenkiste hergibt.

                                    Nicht einmal als unterhaltsamer Trash will "He's out there" funktionieren, sind die Leistungen der Darsteller doch eher ausreichend als wirklich schlecht und das Gesamtwerk schlichtweg langweilig und nichtssagend.

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                                    • 8 .5

                                      Ein über sechzig Jahre alter Gerichtsfilm, gedreht in Schwarzweiß, fast ausschließlich aus Dialogen bestehend und dazu noch stolze 160 Min. lang - solch ein antiquiertes Werk kann doch heutzutage nun wirklich keinen mehr vom Hocker reißen! "Anatomie eines Mordes" unter der Regie Otto Premingers (Der Mann mit dem goldenen Arm, Bonjour Tristesse) tritt an, den Gegenbeweis zu erbringen und alle Zweifler auf seine Seite zu ziehen.

                                      Rechtsanwalt Paul Biegler (James Stewart) nimmt sich des Angeklagten Leutnant Manion (Ben Gazzara) an, welcher beschuldigt wird, einen Barbesitzer ermordet zu haben, nachdem dieser angeblich Manions Frau Laura (Lee Remick) vergewaltigt hatte. Obwohl alle Beweise gegen seinen Mandanten sprechen, entwickelt Biegler eine ausgeklügelte Verteidigungsstrategie, um den Leutnant dennoch straffrei davonkommen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft um den mit allen Wassern gewaschenen Claude Dancer (George C. Scott) versteht es jedoch ausgezeichnet, dagegenzuhalten...

                                      Premingers Werk besticht durch seine ebenso realitätsnahe wie detailversessene Darstellung eines Gerichtsprozesses, der für sich genommen gar nicht mal so viel Zündstoff zu bergen scheint, jedoch als beispielhaft für Politik und Gesellschaft der biederen 50er Jahre angesehen werden kann, in denen Begriffe wie Vergewaltigung kaum laut ausgesprochen wurden und die Erwähnung von Damenunterwäsche einen Anlass bot, um hinter vorgehaltener Hand zu kichern.

                                      Doch ist "Anatomie eines Mordes" nicht nur ein Abbild seiner Zeit, sondern zugleich von erschreckender Aktualität, speziell was die Methoden von Anklage und Verteidigung anbelangt. So zeichnet sich bereits früh ab, dass kaum jemand in diesem Gerichtssaal - parallel zu so manchem Politiker der heutigen Zeit - an der Wahrheitsfindung interessiert ist und vielmehr derjenige als Sieger aus diesem Duell hervorgehen wird, der sich besser darauf versteht, Ablenkungsmanöver zu starten, sein Gegenüber in versteckte Fallen tappen zu lassen oder aber dessen Argumentation schlichtweg niederzubrüllen.

                                      Sämtliche Akteure dieses von scharfzüngiger Rhetorik sowie von feinen Humorspitzen geprägten Gerichtsthrillers bewegen sich daher in einem juristischen wie moralischen Graubereich. Dies gilt insbesondere auch für den von James Stewart mit dem ihm eigenen Charme verkörperten Anwalt, der zwar schnell die Sympathien des Publikums für sich zu gewinnen weiß, der aber gleichsam nach und nach immer zwielichtigere Züge offenbart, was allein schon der Umstand mit sich bringt, dass er einen offenkundigen Mörder so vehement verteidigt.

                                      So beweist dieser auch visuell hervorragend gealterte Klassiker, dass Gerechtigkeit und Rechtsprechung letztlich doch zwei verschiedene Paar Höschen sind.

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                                      • 7

                                        Der von Curtis Hanson (L.A. Confidential, 8 Mile) inszenierte Abenteuerthriller "Am wilden Fluss" bietet herrliche Naturpanoramen, ausgezeichnete Darsteller und eine zwar nicht sonderlich innovative, aber über weite Strecken fesselnd erzählte Story.

                                        In der Ehe zwischen der sportbegeisterten Gail (Meryl Streep) und ihrem Mann Tom (David Strathairn) kriselt es. Am Geburtstag ihres Sohnes Roarke (Joseph Mazzello) raufen sie sich jedoch zusammen und unternehmen gemeinsam eine Wildwasserfahrt auf einem Gebirgsfluss in Idaho. Dort lernen sie auch Wade (Kevin Bacon) und seine Freunde kennen, mit denen sich insbesondere der kleine Roarke auf Anhieb gut versteht. Die Familie ahnt nicht, dass es sich bei den Männern um gesuchte Verbrecher handelt...

                                        Das Ausgangsszenario mag zunächst ein wenig an den Backwood-Klassiker "Beim Sterben ist jeder der Erste" (1972) erinnern, doch besitzt Hansons Werk nichts von dessen roher Brutalität und bewegt sich in vergleichsweise familienfreundlichen Bahnen. Während die Geschichte um das Aufeinandertreffen zwischen unbescholtenen Bürgern und gewaltbereiten Verbrechern in heikler Lage nicht unbedingt ein Novum in der Filmwelt darstellt, begeistert "Am wilden Fluss" neben den wunderbaren Bildern vor allem mit seiner feministischen Note, ist die im Mittelpunkt stehende Gail doch eine für das Genre durchaus ungewöhnlich toughe und selbstbewusste Frauenfigur, welche gegenüber den Gangstern, aber auch gegenüber ihrem eher wankelmütigen Ehemann immer wieder das Handeln übernimmt.

                                        Der bestens aufgelegte Cast um die gewohnt starke Meryl Streep, zu welchem in weiteren Rollen u.a. noch John C. Reilly und Benjamin Bratt gehören, trägt derweil seinen Teil zum Erfolg dieses sehenswerten Thrillers auf dem wilden Wasser bei. So schmälert einzig das abrupte Ende den Gesamteindruck ein bisschen, hätte man sich doch ein etwas spektakuläreres Finale für dieses Abenteuer gewünscht.

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                                        • 6

                                          "Cold Blood" unter der Regie von Stefan Ruzowitzky (Anatomie, Die Fälscher) ist ein in der eisigen Schneelandschaft Michigans spielender Thriller, der mit wuchtiger Action und ordentlichem Härtegrad gefällt, dabei jedoch eher auf bewährte Storymuster setzt und sich zuweilen selbst etwas ausbremst.

                                          Das Geschwisterpaar Addison (Eric Bana) und Liza (Olivia Wilde) hat nach einem erfolgreichen Casinoüberfall in der winterlichen Einöde einen Autounfall, bei dem ihr Komplize ums Leben kommt. Um der Polizei zu entfliehen, beschließen sie sich aufzuteilen und hinter der kanadischen Grenze wieder zu treffen. Während Liza sich vom ehemaligen Profiboxer Jay (Charlie Hunnam) mitnehmen lässt und sich zwischen den beiden alsbald Gefühle entwickeln, zieht Addison eine Schneise der Gewalt hinter sich her...

                                          Ruzowitzkys Thriller begeistert mit wunderbaren Bildern der kargen Winterlandschaft sowie einem furiosen Auftakt, welcher den Zuschauer sogleich mitten ins Geschehen wirft und nebenher gleich mal klarstellt, dass mit dem skrupellosen Addison nicht zu spaßen ist. Auch deutet sich bereits früh an, dass die Geschwister kein normales Verhältnis zueinander haben, sondern womöglich eine inzestuöse Beziehung führen.

                                          Sobald Addison und Liza dann allerdings voneinander getrennt sind, verliert "Cold Blood" allmählich an Dynamik und schafft es zunächst nicht mehr, die anfänglichen Stärken auszuspielen. Dies hängt vor allem mit der sich anbahnenden Lovestory zwischen Liza und ihrer Mitfahrgelegenheit Jay zusammen, der es schlichtweg an Glaubwürdigkeit mangelt, was u.a. auch an Hunnams eher mittelmäßiger Schauspielperformance liegt. Auch leidet der insgesamt positive Gesamteindruck unter den etwas hölzernen Dialogen, denen der rechte Feinschliff abgeht.

                                          Glücklicherweise fängt sich "Cold Blood" aber im späteren Verlauf wieder und liefert ein packendes letztes Drittel ab, in dem der von Bana stark verkörperte Killer wieder mehr im Fokus steht und das mit einigen knackigen Actionsequenzen aufwartet. Als weiterer Trumpf erweisen sich zudem die mit Kate Mara (Shooter), Sissy Spacek (Carrie - Des Satans jüngste Tochter) und Kris Kristofferson (Convoy) gut besetzten Nebenrollen.

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                                          • 6

                                            Der norwegische Katastrophenthriller "The Wave" startet mit Nachrichtenbildern eines Erdrutsches von 1934, welcher seinerzeit 40 Menschenleben forderte, sowie dem Hinweis, dass ein vergleichbares Unglück durch Felsverschiebungen jederzeit wieder passieren könne.

                                            Der Geologe Kristian (Kristoffer Joner) lebt mit seiner Familie nahe dem Geirangerfjord, steht jedoch kurz vor dem Umzug in eine größere Stadt, wo er einen Job in der Ölbranche angenommen hat. An seinem letzten Arbeitstag an alter Wirkungsstätte stößt Kristian auf besorgniserregende Messergebnisse und teilt diese seinem Chef mit, der jedoch an eine Fehlfunktion der Sensoren glaubt. Als diese schließlich überprüft werden, ist es bereits zu spät: Es kommt zu einem Felssturz, der einen gewaltigen Tsunami auslöst...

                                            Dem Katastrophengenre noch etwas Neues abzugewinnen, dürfte wohl eine kaum zu bewältigende Aufgabe darstellen und tatsächlich bewegt sich auch dieser norwegische Beitrag, der mit einigen herrlichen Landschaftsbildern aufwartet, in weitgehend vertrauten Bahnen. Anders als viele vergleichbare Hollywood Produktionen brennt Regisseur Roar Uthaug (Cold Prey, Tomb Raider) allerdings kein überbordendes Effektspektakel ab, sondern wählt einen realistischen und zugleich intimeren Ansatz, indem er sich in erster Linie auf die Erlebnisse des Protagonisten und dessen Familie fokussiert. Auf diese Weise entwickelt "The Wave" einige starke Spannungsmomente, obgleich inhaltliche Überraschungen komplett ausbleiben und das dämliche Verhalten einiger Nebenfiguren zuweilen zum Kopfschütteln anregt.

                                            Mit Kristoffer Joner (bekannt u.a. aus "The Revenant" und "Mission Impossible - Fallout) verfügt Uthaugs Film derweil über einen starken Hauptdarsteller, der sich hier einmal mehr für höhere Weihen empfiehlt und für die Fortsetzung "The Quake" (2018) abermals in die Rolle des Geologen schlüpfte.

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                                            • 6

                                              "The Faculty" unter der Regie von Robert Rodriguez (From Dusk Till Dawn, Sin City) mixt die Zutaten der in den 90er Jahren so populären Teen-Slasher mit jenen des klassischen Bodyhorrors um außerirdische Invasoren und Parasitenbefall. Entstanden ist dabei ein zwar selten wirklich gruseliges, aber dafür über weite Strecken recht launiges Werk, welches mit einer ganzen Riege an seinerzeit gefragten Jungdarstellern aufwartet.

                                              Eine Gruppe von Schülern um Außenseiter Casey (Elijah Wood) und Sitzenbleiber Zeke (Josh Hartnett) bemerkt bei der Lehrerschaft ihrer High School ein zunehmend seltsames und bisweilen aggressives Verhalten. Nach und nach verdichten sich die Hinweise, dass Aliens die Kontrolle über den Lehrkörper übernommen und es nun auch auf die Schülerschaft abgesehen haben...

                                              Nach einer starken Eröffnungsszene, die sogleich Lust auf das Kommende macht, nimmt sich "The Faculty" zunächst ein wenig Zeit, um das relativ große Figurenensemble einzuführen. Obwohl hierbei mit den üblichen Klischees und Überzeichnungen gearbeitet wird, erhält jeder Charakter doch ausreichend Profil, um mehr als nur ein bloßes Abziehbild zu sein. Zu verdanken ist dies auch dem für Genreverhältnisse überdurchschnittlich gut besetzten Cast, zu welchem u.a. noch Jordana Brewster, Salma Hayek, Famke Janssen, Piper Laurie und Robert Patrick zählen.

                                              Neben den passabel gealterten Effekten und ein paar feinen Humorspitzen gefällt zudem auch das Rätselraten darum, wer nun schon bereits infiziert ist und wer nicht, obschon der Ablauf der Handlung in groben Zügen schon früh erahnbar ist und Rodriguez' Film nicht ganz die Qualität seiner Vorbilder - wie etwa der mehrmals erwähnte "Die Körperfresser kommen" (1978) - erreicht.

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                                              • 8

                                                Gewidmet der einzigartigen 🦄 unicornrulez 🦄

                                                Der von Tim Burton (Sleepy Hollow, Big Fish) inszenierte "Edward mit den Scherenhänden" ist ein modernes Außenseiter-Märchen, angelehnt an Werke wie 'Frankenstein' oder 'Die Schöne und das Biest', welches mit zahlreichen skurrilen Ideen, einer fantasievollen Ausstattung und gesellschaftskritischen Untertönen begeistert.

                                                Die Kosmetikberaterin Peg (Dianne Wiest) gelangt auf ihrer Verkaufstour in ein altes Schloss, wo sie auf den künstlich erschaffenen Edward (Johnny Depp) trifft, welcher lange Scheren statt Hände besitzt. Kurzerhand entschließt sich Peg, das verschüchterte Wesen mit nach Hause zu nehmen, was ihre Familie und die gesamte Nachbarschaft in helle Aufregung versetzt. Schon bald offenbart Edward ungeahnte Talente und verliebt sich in Pegs Tochter Kim (Winona Ryder), was einigen Ärger mit sich bringt...

                                                Burtons kreative Schauermär erzählt von Vorurteilen und Ausgrenzung, aber auch von Toleranz und Mitgefühl. Angesiedelt in einer grotesken Parallelwelt, in der schaurige Gothic Atmosphäre auf quietschbunte Vorstadtidylle trifft, zieht "Edward mit den Scherenhänden" trotz seiner eher ruhigen Gangart von Beginn an in den Bann. Neben großartigen Kulissen, verspielten Kostümen und einem herrlichen Danny Elfman Score wissen dabei auch die Leistungen der Darsteller vollauf zu überzeugen. So sind in Nebenrollen etwa noch u.a. Kathy Baker, Alan Arkin und Vincent Price mit von der Partie.

                                                Für Johnny Depp indes bedeutete die Rolle des sensiblen Außenseiters, welche er mit nur wenigen gesprochenen Worten Leben einzuhauchen weiß, nicht nur den endgültigen Karrieredurchbruch, sondern auch den Beginn einer erfolgreichen, langjährigen Zusammenarbeit mit Regisseur Burton.

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                                                • 6

                                                  Der deutsche Titel dieses Thrillers unter der Regie von Bruce Beresford (Miss Daisy und ihr Chauffeur, Black Robe) ist unglücklich gewählt, bezieht sich der Originaltitel "Double Jeopardy" doch nicht auf die Tötung zweier Menschen, sondern auf den Grundsatz des Strafgesetzes, wonach niemand zweimal für das selbe Verbrechen verurteilt werden darf.

                                                  Libby Parsons (Ashley Judd) unternimmt mit ihrem Mann Nick (Bruce Greenwood) einen Segelausflug. Als Libby am Morgen auf dem Boot erwacht, finden sich jedoch plötzlich überall Blutspuren und Nick ist wie vom Erdboden verschluckt. Sogleich verdächtigt man sie, ihren Mann ermordet zu haben, um an dessen Lebensversicherung zu kommen und verurteilt sie zu einer Gefängnisstrafe. Durch Zufall findet Libby schließlich heraus, dass Nick inzwischen unter falschem Namen ein neues Leben begonnen hat. Sie entkommt ihrem Bewährungshelfer (Tommy Lee Jones) und setzt alles daran, ihren betrügerischen Ehemann ausfindig zu machen...

                                                  "Doppelmord" verfügt über einige herrliche Landschaftsaufnahmen, bietet inhaltlich jedoch eher Magerkost an. Zwar ist die Geschichte interessant genug, um bis zum Ende am Ball zu bleiben, doch sind viele Entwicklungen bereits früh absehbar und wirken bisweilen arg konstruiert. So kann sich Libby etwa in einer Szene nur deshalb aus einem Sarg befreien, in den ihr Mann sie gesperrt hatte, weil dieser ihr nachlässigerweise eine Schusswaffe überlassen hatte. Spannung will angesichts solcher Unglaubwürdigkeiten dann auch allenfalls punktuell aufkommen.

                                                  Den Darstellern hingegen ist kein Vorwurf zu machen, da sowohl Ashley Judd als auch Bruce Greenwood noch das Optimum aus den schematisch angelegten Figuren herausholen. Tommy Lee Jones indes gibt eine sanftere Version seines Marshals aus "Auf der Flucht" (1993) und "Auf der Jagd" (1998), doch trägt seine Figur letztlich kaum etwas zur Geschichte bei. Auf diese Weise plätschert "Doppelmord" somit seinem wenig spektakulären Finale entgegen.

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                                                  • 6 .5

                                                    "Dick und Jane" unter der Regie von Dean Parisot (Galaxy Quest, R.E.D. 2) ist eine moderne Neuverfilmung von "Das Geld liegt auf der Straße" (1977) und verbindet Slapstick Komödie, Sozialdrama und Abrechnung mit dem American Way of Life.

                                                    Dick Harper (Jim Carrey) wird überraschend zum PR-Chef seiner Firma ernannt und schwelgt nun mit seiner Familie im Luxus. Seine Frau Jane (Téa Leoni) kann es sich sogar erlauben, ihren verhassten Job in einem Reisebüro aufzugeben und sich ganz der Gestaltung von Haus und Garten zu widmen. Bei Dicks erstem Fernsehinterview gibt es allerdings ein böses Erwachen, stellt sich dabei doch heraus, dass Dick nur befördert wurde, um ein Bauernopfer zu haben, dass den Bankrott des Unternehmens vor der Öffentlichkeit erklären muss. Um ihren soeben erst erreichten Status aufrecht erhalten zu können, greifen Dick und Jane schließlich zu drastischen Maßnahmen...

                                                    Zwar enthält "Dick und Jane" auch die typisch wilden Carrey-Grimassen, der Schwerpunkt der Komödie liegt jedoch auf der kritischen Auseinandersetzung mit einer Gesellschaft, in der nur der Profit zählt und in der Rücksichtslosigkeit und Raffgier dominieren. So bekommen insbesondere Firmenbosse, die sich einen feuchten Dreck um das Wohl ihrer Angestellten kümmern, hier ordentlich ihr Fett weg. Verknüpft wird dies mit vielen witzigen Drehbucheinfällen und einer ebenso kurzweiligen wie abwechslungsreichen Handlung.

                                                    Hinzu kommen ansprechende Darstellerleistungen, wenngleich Téa Leoni neben dem wie stets aufgedrehten Jim Carrey zwangsläufig etwas zurückstehen muss. Dafür wissen die Nebendarsteller um Alec Baldwin als egozentrischer Firmenboss und Richard Jenkins als dessen dem Alkohol verfallende rechte Hand umso mehr zu begeistern. Da schadet es auch nicht weiter, dass nicht jede Pointe zündet und insgesamt in Sachen Bissigkeit durchaus noch etwas Luft nach oben gewesen wäre.

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