Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 5

    Dass Serienhits ihren Weg auf die große Leinwand finden und dabei dann auch noch erfolgreich sind, ist in der Filmgeschichte ein doch eher seltenes Phänomen, wenngleich etwa das "Star Trek" und das "Mission Impossible" Franchise löbliche Ausnahmen bilden. Als der Hype um die X-Akten Ende der 90er seinen Höhepunkt erreichte, schufen auch die Macher der populären Mysteryserie eine Kinoadaption, die allerdings weder in kommerzieller noch in künstlerischer Hinsicht restlos überzeugte.

    Die FBI Agenten Dana Scully (Gillian Anderson) und Fox Mulder (David Duchovny) gehen nach Schließung der X-Akten wieder ihrer normalen Routinearbeit nach. Als im Anschluss an eine anonyme Drohbotschaft ein Regierungsgebäude in die Luft fliegt und aus den Trümmern die Leichen eines kleinen Jungen sowie mehrerer Feuerwehrmänner geborgen werden, hat es zunächst den Anschein, als ob diese durch die Explosion getötet worden wären. Dann aber ergibt Scullys Obduktion, dass die Gefundenen schon vorher tot gewesen sein müssen und sie offenbar durch eine unbekannte Virusmutation starben...

    Durch den Prolog, welcher gleich zu Beginn des Films die Existenz von außerirdischem Leben auf der Erde offenbart, hat das Publikum lange Zeit über einen Wissensvorsprung gegenüber den beiden Protagonisten, die zunächst noch im Dunkeln darüber tappen, was es mit dem verheerenden Bombenanschlag auf sich hat und wer darin verwickelt ist. Echten Suspense weiß der Film aus diesem Umstand aber leider nicht zu ziehen und hält sich stattdessen viel zu lange mit fadem Verschwörungsgeschwurbel und diffusen Andeutungen auf, sodass speziell im Mittelteil kaum noch etwas Relevantes passiert. Zum Finale hin reduziert sich die Handlung dann völlig auf eine simple Rettungsmission, die sich zwar in einigen durchaus ansehnlichen Sets abspielt, dabei aber kaum Spannung zu erzeugen weiß.

    Und selbst die beiden Hauptdarsteller wirken bisweilen lustlos und unmotiviert und vermögen kaum einmal Akzente zu setzen, während andere wie Martin Landau und Armin Mueller-Stahl kaum mehr als Cameo Auftritte haben. Wer also nicht schon vorher glühender Anhänger der Serie war, dürfte durch diese halbgare Leinwandadaption wohl kaum dazu werden.

    @Eudora: Nach 87 Min. bricht Mulder in eine unterirdische Eishöhle ein.

    26
    • 6

      Altmeister William Friedkin (French Connection, Der Exorzist) hat sich nach seinen großen Erfolgen in den 70ern und 80ern eher rar gemacht und steht heutzutage längst nicht mehr so stark im Fokus des Interesses. Mit "Die Stunde des Jägers" ist ihm aber dennoch ein mehr als solides Spätwerk geglückt, welches über weite Strecken fesselnde Unterhaltung bietet.

      Der vom Grauen im Kosovokrieg traumatisierte Tötungsspezialist Aaron Hallam (Benicio Del Toro) läuft in den Wäldern von Oregon Amok und ermordet einige Jäger. Da Hallam sich durch geschickte Tarnung nahezu unbemerkt bewegen kann und sich noch dazu auf das Errichten tödlicher Fallen versteht, wird sein früherer Ausbilder L.T. Bonham (Tommy Lee Jones) vom FBI um Hilfe gebeten, um Hallam zu stoppen. Schon bald entbrennt zwischen den beiden Männern ein blutiger Kampf um Leben und Tod...

      Die Geschichte, die uns in "Die Stunde des Jägers" präsentiert wird, ist nicht sonderlich originell und wirkt eher wie eine simple Kombination aus "Rambo" (1982) und "Auf der Flucht" (1993). Abermals schlüpft Tommy Lee Jones in die Rolle des grimmigen Jägers, die ihm einst einen Oscar bescherte und setzt einem Fliehenden nach, der sich ihm durch einige Tricks und Ablenkungsmanöver zu entziehen versucht. Dass Jones hier nicht mehr so schlank wie noch Anfang der 90er ist, macht dabei kaum etwas aus, kann er dies doch durch sein Charisma locker wieder ausgleichen. Del Toro indes mimt hier trotz der skrupellosen Methoden seiner Figur keinen typischen Bösewicht, sondern eher eine verletzte Seele, die keinen anderen Ausweg mehr weiß.

      So ergibt sich eine atemlose Hetzjagd durch Wald und Stadtgebiet, die zwar vollkommen überraschungsfrei bleibt, dafür aber auch dank der knapp bemessenen Laufzeit angenehm ballastarm und kurzweilig ausfällt und zudem mit kompromissloser Härte überzeugt. Dass Friedkin darüber hinaus Musiklegende Johnny Cash, der zusätzlich auch den Abspannsong beisteurte, als Erzählstimme gewinnen konnte, rundet sein Werk ideal ab.

      20
      • 6

        Mit "Men & Chicken" wird der Däne Anders Thomas Jensen (Blinkende Lichter, Adams Äpfel) einmal mehr seinem Ruf als Meister des Grotesken und Makabren gerecht, ist seine Komödie um eine ungewöhnliche Familienzusammenführung doch angefüllt mit einer Vielzahl an skrurrilen Ideen und schrägen Charakteren. Ob Jensens spezieller Humor zu gefallen weiß, muss daher wohl auch jeder für sich selbst herausfinden. So oder so kann man sich aber auf ein ungewöhnliches Filmerlebnis gefasst machen.

        Der verstorbene Vater der beiden ungleichen Brüder Gabriel (David Dencik) und Elias (Mads Mikkelsen) teilt ihnen per Videokassette mit, dass sie adoptiert wurden und ihr Erzeuger ein fast 100 Jähriger Forscher ist, der mit zahlreichen Tieren in einem ehemaligen Sanatorium auf der abgelegenen Insel Ork wohnt. Um das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen, machen sich die Brüder auf zu besagter Insel, wo sie ihre drei Halbbrüder kennenlernen, die sich als sozial verrohte Hinterwäldler entpuppen. Nach und nach finden Gabriel und Elias heraus, dass das baufällige Anwesen der Familie einige düstere Geheimnisse birgt...

        Jensens schwarzhumorige Groteske kombiniert philosophische Fragen über die Natur des Menschen mit purem Slapstick und besitzt darüber hinaus sogar noch eine gewisse Gruselkomponente mit Anleihen bei Frankensteins Monster und dem klassischen Backwoodhorror. Letzterem entsprechend erinnern die Brüder in ihrer äußeren Erscheinung und ihrem gewaltbereiten Verhalten auch an typische Rednecks - mit dem einzigen Unterschied, dass sie nicht im amerikanischen Hinterland, sondern auf einer dänischen Insel leben. Glücklicherweise verkommt Jensens Film jedoch nie zur bloßen Freakshow, sondern verleiht seinen Figuren genug menschliche Züge um sich als Zuschauer in ihre Lage versetzen zu können, was auch ein Verdienst der bestens aufgelegten Darsteller ist, zu denen u.a. noch Nikolaj Lie Kaas, Nicolas Bro und Søren Malling gehören.

        So hintergründig wie "Men & Chicken" vielleicht gerne wäre, ist Jensens Werk dann aber doch nicht, dazu wird die Tragik des Stoffes zu wenig ausgearbeitet und den vielversprechenden Denkansätzen rund um das, was das menschliche Leben ausmacht, zu wenig Raum gegeben.

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        • 4 .5

          Der vom Brasilianer Afonso Poyart (2 Coelhos) inszenierte "Die Vorsehung" entpuppt sich nach vielversprechendem Beginn alsbald als spannungsarmer Mysterythriller, dessen krude Geschichte wie aus Versatzstücken besserer Filme zusammengebastelt scheint und dabei einzig durch seinen prominenten Cast am Leben erhalten wird.

          Die FBI Agenten Merriweather (Jeffrey Dean Morgan) und Cowles (Abbie Cornish) jagen einen Serienmörder (Colin Farrell), der seine Opfer durch Schnitte in den Nacken tötet. Da sie bei ihren Ermittlungen nicht mehr weiter kommen, bitten sie den Hellseher John Clancy (Anthony Hopkins) um Hilfe. Schon bald entdecken sie eine erschreckende Gemeinsamkeit zwischen den Opfern...

          Dass das FBI im Fall eines Serienmörders einen von Hopkins gespielten Intellektuellen um Rat sucht, dürfte Thrillerfans reichlich bekannt vorkommen, und auch sonst lässt "Die Vorsehung" originellen Ideen und Drehbuchkniffe vermissen. So hat Poyarts Werk mehr von einem Duell zweier magisch Begabter als von einem typischen Serienkillerstreifen, in dem klassische Ermittlungsarbeit zum Ziel führt. Angesichts des hanebüchenen Verlaufs der Geschichte fällt es dann auch zunehmend schwerer, ein Auge zuzudrücken und die vielen Macken des Films außer Acht zu lassen.

          Hinzu kommt außerdem, dass "Die Vorsehung" auch handwerklich deutlich zu wünschen übrig lässt, werden doch selbst ruhige Dialogszene von einer nervigen Wackelkamera eingefangen oder von unnützen Zooms begleitet. Der halbwegs aufmerksame Zuschauer fragt sich zudem, weshalb die Mörderjagd dem Hellseher und seinen Begleitern überhaupt so schwer fällt, erhält er doch alle nötigen Informationen durch seine Visionen - inklusive Gesicht des Killers sowie dessen bevorstehende Taten. Entsprechend sind es allein die charismatischen Leistungen der Darsteller, die Poyarts Thriller über die Ziellinie retten.

          25
          • 6

            "Loft" unter der Regie Erik van Looys (Shades, Das Protokoll) ist ein belgischer Whodunit Thriller, der eine rätselhafte Geschichte um Intrigen und Betrügereien bietet und dabei mit einigen mehr oder weniger überraschenden Wendungen aufwartet.

            Vincent (Filip Peeters) hat ein luxuriöses Apartment erworben und lädt vier Freunde dazu ein, sich dieses mit ihm zu teilen, um es für ihre außerehelichen Affären zu nutzen. Ihr Geheimnis droht jedoch aufzufliegen, als die fünf Männer eines Tages die ans Bett gekettete Leiche einer jungen Frau im Loft finden. Schon bald bezichtigen sich die Freunde gegenseitig des Mordes...

            Aufgrund seiner verschachtelten Erzählweise gibt van Looys Thriller seine Informationen nur Stück für Stück an sein Publikum weiter, sodass erst ganz allmählich klar wird, was es mit der Toten im Apartment auf sich hat und welche Geheimnisse jeder Einzelne der Freunde zu verbergen hat. So spielt "Loft" auf gleich mehreren Zeitebenen, wobei die Ereignisse vor dem Auffinden der Leiche deutlich spannender sind als jene danach. Dabei entsteht eine teils kammerspielartige Atmosphäre inklusive Rätselraten im Stile Agatha Christies.

            Obwohl der Film pausenlos um sexuelle Ausschweifungen kreist, gibt es kaum explizite Szenen dieser Art, sodass die genauen Abläufe im Loft ein Stück weit auch der Fantasie des Zuschauers überlassen werden. Mit weniger interessanten Nebenhandlungen bremst sich der Thriller indes leider immer wieder selbst aus, zumal der Versuch, das Liebesleben und die Gefühlswelt der fünf Hauptfiguren sowie ihrer Ehefrauen und Geliebten gleichwertig unterzubringen, auch etwas überambitioniert wirkt. Aufgrund der über weite Strecken undurchschaubaren Story und des gut aufspielenden Casts, zu welchem u.a. noch Veerle Baetens (The Broken Circle) und Matthias Schoenaerts (Der Geschmack von Rost und Knochen) gehören, lohnt sich ein Blick in dieses verruchte Dachzimmer aber dennoch.

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            • 5
              Kenduskeag 23.01.2021, 11:21 Geändert 23.01.2021, 11:22

              Der auf einem realen Kriminalfall basierende "Angeklagt" ist ein recht betulich erzähltes Gerichtsdrama, das vor allem von der starken Performance seiner beiden Hauptdarstellerinnen lebt, darüber hinaus jedoch nur wenig Lobenswertes zu bieten hat. Zwar mag die Sensibilisierung für das unvorstellbare Leid von Vergewaltigungsopfern ein hehres Anliegen sein, doch sorgen gut gemeinte Absichten noch lange nicht für einen wirklich guten Film.

              Die aus der weißen Unterschicht stammende Sarah Tobias (Jodie Foster) gibt an, während eines Barbesuchs von mehreren Männern vergewaltigt worden zu sein. Da Sarah jedoch zur Tatzeit unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol stand und über einen schlechten Leumund verfügt, handelt ihre Verteidigerin Kathryn Murphy (Kelly McGillis) einen Deal mit der Staatsanwaltschaft aus, welcher besagt, dass die Männer nur wegen gefährlicher Körperverletzung belangt werden. Sarah indes gibt sich mit dem Urteil nicht zufrieden und sinnt nach Gerechtigkeit...

              "Angeklagt" bildete für Jodie Foster einen entscheidenden Schritt auf ihrer Karriereleiter, brachte er dem einstigen Kinderstar doch den Ruf einer ernstzunehmenden Charakterdarstellerin ein und bescherte ihr ihren ersten Oscar Erfolg. Ohne ihre ausgezeichnete Darbietung wäre das Drama hingegen wohl längst in Vergessenheit geraten, kommt Jonathan Kaplan (Fatale Begierde, Bad Girls) mit seiner Art der Inszenierung doch kaum über biederes Mittelmaß hinaus und weiß nur wenig mit dem brisanten Stoff anzufangen.

              Besonders irritierend wirkt in diesem Zusammenhang der Aufbau der Geschichte, wird der Zuschauer doch lange Zeit im Unklaren darüber gelassen, ob überhaupt eine Vergewaltigung stattgefunden hat oder ob sich die Protagonistin nicht zumindest Teile ihrer Schilderung nur ausgedacht hat. Dieser Umstand will jedoch so überhaupt nicht zu einem Film passen, der sich ganz offensichtlich auf die Fahnen geschrieben hat, für die Rechte von Gewaltopfern einzustehen. Dass im Finale dann doch noch die ausführliche Auflösung der tatsächlichen Ereignisse erfolgt, verfestigt schließlich nur den Eindruck, dass "Angeklagt" zwar recht gut schockieren und mit den Emotionen des Publikums spielen kann, ansonsten jedoch kaum etwas Erhellendes zum Thema beizusteuern hat.

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              • 8
                über Charade

                "Charade" unter der Regie von Stanley Donen (Singin' in the Rain, Ein süßer Fratz) ist ein vergnüglicher Genremix, der gekonnt Thriller, Romanze und Komödie vereint und dabei mit einer wendungsreichen Kriminalstory aufwartet, die gleichsam für viel Spaß wie auch für knisternde Spannung sorgt.

                Die vor der Scheidung stehende Dolmetscherin Regina Lampert (Audrey Hepburn) lernt im Skiurlaub den charmanten Mr. Joshua (Cary Grant) kennen, für den sie zaghafte Gefühle entwickelt. Bei ihrer Heimkehr muss die junge Frau jedoch entsetzt feststellen, dass ihre Pariser Wohnung leergeräumt und ihr Ehemann spurlos verschwunden ist. Die französische Polizei teilt Regina schließlich mit, dass ihr Mann, der offenbar jahrelang unter falscher Identität lebte, auf der Flucht erschossen wurde, als er sich mit 250.000 Dollar absetzen wollte. Schon bald fühlt sich die Witwe von mehreren Männern verfolgt, die glauben, dass sie im Besitz des verschollenen Geldes sei, woraufhin ihre Urlaubsbekanntschaft Mr. Joshua ihr seine Hilfe anbietet. Doch auch dieser scheint ein falsches Spiel zu spielen...

                "Charade" begeistert mit einer raffinierten Handlung um Lügen und Täuschungen, in deren Verlauf der Zuschauer sich nie ganz sicher sein kann, wer denn nun Freund oder Feind ist. Hinzu gesellen sich reichlich Situationskomik, pointierte Dialoge und ein gutes Maß an Nervenkitzel. Auch die vereinzelten Actionszenen - wie etwa ein Zweikampf auf dem Dach eines Hotels - sind stark inszeniert und wirken besser choreographiert als etwa die von so manchem Bondfilm dieser Zeit. Darüber hinaus verfügt Donens Film mit der französischen Hauptstadt über ein sehr stimmungsvolles Set, welches ideal zu einem romantisch angehauchten Thriller wie diesem passt.

                Trotz des großen Altersunterschieds (auf den auch immer wieder augenzwinkernd Bezug genommen wird) wissen Hepburn und Grant als Liebespaar zu gefallen, da die Chemie zwischen den beiden Stars einfach stimmt und auch in den ernsten Momenten, in denen ihr neuer Liebhaber das Misstrauen der Protagonistin erregt, vollauf überzeugt. Zusätzlich ist "Charade" auch in den Nebenrollen mit u.a. George Kennedy, James Coburn und Walter Matthau sehr hochkarätig besetzt und liefert damit insgesamt schwungsvolle Unterhaltung auf Top-Niveau.

                26
                • 7

                  Lange bevor Orte wie Tschernobyl und Fukushima zum Sinnbild für Atomkatastrophen wurden, kam mit dem von James Bridges (Urban Cowboy, Perfect) inszenierten "Das China-Syndrom" ein Thriller in die Kinos, der sich kritisch mit der Nutzung von Kernenergie auseinandersetzte und auf die Gefahr eines Fallouts hinwies.

                  Die Fernsehreporterin Kimberly Wells (Jane Fonda) und ihr Kameramann Richard Adams (Michael Douglas) besichtigen für eine Sendereihe zum Thema Energieversorgung ein kalifornisches Kernkraftwerk. Noch während ihres Aufenthalts beginnt die Anlage plötzlich wie bei einem Erdbeben zu erzittern, woraufhin Notsignale ertönen und sämtliche Mitarbeiter in helle Aufregung geraten. Zwar wird der Vorfall von Ingenieur Jack Godell (Jack Lemmon) und den anderen Mitarbeitern zunächst als Lappalie abgetan, doch ergeben Kimberlys Recherchen, dass schon bald ganz Kalifornien radioaktiv verseucht sein könnte, sollte die defekte Anlage nicht sehr bald abgeschaltet werden...

                  Dem von Michael Douglas produzierten Film gelingt der schwierige Balanceakt, einerseits sein politisches Anliegen darzulegen und andererseits für fesselnde Unterhaltung mit einem Schuss Action zu sorgen. Äußerst eindrücklich zeigt "Das China-Syndrom" auf, dass die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen für die Verantwortlichen oberste Priorität genießt, Verschleierung und Vertuschung an der Tagesordnung stehen und der Verlust von Menschenleben billigend in Kauf genommen wird. Dabei übt Bridges' Film jedoch nicht nur Kritik an verlogenen Wirtschaftsbossen, sondern reflektiert auch die Rolle der Medienvertreter, die Informationen bewusst zurückhalten oder ausschließlich im Sinne der Einschaltquote nutzen. Als besonderes Stilmittel gewährt "Das China-Syndrom" dazu immer wieder Einblicke in den Schneideraum der Sendeanstalt für welche Kimberly arbeitet und von wo aus Stimmen aus dem Off die Handlungen der Protagonistin kommentieren.

                  Nur wenige Tage nach der Filmpremiere kam es in einem Kraftwerk in Harrisburg zu einem Kernschmelzunfall (dem bisher größten dieser Art in den Vereinigten Staaten), welcher dem US-Publikum die Brisanz dieses packenden Thrillers zusätzlich vor Augen führte.

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                  • 7

                    Der Erfolg des Katastrophenthrillers "Die Höllenfahrt der Poseidon" brach seinerzeit wie eine Sturmflut über Hollywood herein und sorgte dafür, dass das Subgenre in den 70ern so populär wie kein anderes wurde. Der Blockbuster unter der Regie von Ronald Neame (Die Akte Odessa, Meteor) zeichnet sich nicht unbedingt durch Tiefgründigkeit aus und gerät dann und wann etwas rührselig, bietet dafür aber auch nervenzerrendes Spannungskino mit ausgezeichneten Spezialeffekten.

                    Während einer ausgelassenen Silvesterfeier an Bord der auf ihrer letzten Fahrt befindlichen "Poseidon" wird der Luxusdampfer von einer gigantischen Welle erfasst, die das Schiff zum kentern bringt und es schließlich kieloben im Mittelmeer treiben lässt. Reverend Scott (Gene Hackman) versucht mit weiteren Überlebenden einen Weg aus dem nassen Grab zu finden...

                    Neames Film beginnt erstaunlicherweise sehr heiter und unbeschwert, zeigt er doch zunächst die Vorbereitungen für die große Party zum Jahreswechsel und führt dabei nebenbei die wichtigsten Charaktere ein. In dieser Anfangsphase hat "Die Höllenfahrt der Poseidon" beinahe etwas von einer spaßigen Komödie, zumal auch noch ausgerechnet "Die nackte Kanone"-Star Leslie Nielsen als Kapitän zu sehen ist. Mit der großen Monsterwelle kippt dann aber nicht nur der Ozeangigant, sondern auch die Stimmung und es entwickelt sich ein packender Kampf um Leben und Tod.

                    Anders als zahlreiche moderne Genrevertreter reiht Neames Blockbuster glücklicherweise nicht nur einen Schockeffekt an den nächsten, sondern überzeugt mit Realismus und nachvollziehbaren Konflikten unter den übrigen Passagieren. Speziell der von Hackman verkörperte Reverend, der seine Schäfchen durch Angst und Gefahr führen will wie einst Mose die Israeliten durchs Rote Meer, dabei aber immer wieder mit Gott und seinen Mitmenschen hadert, entwickelt sich zu einem faszinierenden Charakter, dem man gerne die Daumen drückt. Zugleich haben aber auch weitere Figuren wie der von Ernest Borgnine gespielte Polizist oder die von Shelley Winters dargestellte Großmutter mit Taucherfahrung ihren großen Auftritt.

                    Bei all dem geizt "Die Höllenfahrt der Poseidon" darüber hinaus nicht mit grandiosen Schauwerten - ist doch allein schon der in Folge des Unglücks auf dem Kopf stehende Ballsaal ein bemerkenswerter Anblick - und liefert somit ein fesselndes Spektakel auf hoher See.

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                    • 6

                      Der Familienklassiker "Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft" unter der Regie von Joe Johnston (Jumanji, Hidalgo) gefällt mit einer starken Prämisse, einer guten Portion Witz sowie jeder Menge tricktechnischer Rafinesse, ist jedoch gleichzeitig auch recht schlicht und allzu brav geraten, um auch ein erwachsenes Publikum durchweg zu fesseln.

                      Der zerstreute Wissenschaftler Wayne Szalinski (Rick Moranis) bastelt auf seinem Dachboden an einer Maschine, die Dinge verkleinern können soll. Da seine Erfindung die Testobjekte allerdings stattdessen in die Luft sprengt, verzweifelt Szalinski alsbald daran. Erst als der Baseball eines Nachbarsjungen gegen die Maschine prallt, wird die Apparatur in vorgesehener Weise aktiviert - und schrumpft prompt Szalinskis Kinder und die der Nachbarsfamilie auf Millimetergröße...

                      Die handgemachten Effekte in Johnstons Film, die später zum Teil u.a. "Jurassic Park" (1993) als Vorbild dienten, sind aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr taufrisch, verfügen jedoch nach wie vor über einen gewissen Charme, welcher ganz wesentlich dazu beiträgt, dass der Schrumpfklassiker auch heute noch ganz gut unterhält. Den positiven Gesamteindruck trübt hingegen, dass sich das Geschehen fast ausschließlich im Garten der Familie abspielt, hat man sich an Riesenameisen und hohem Gras doch nach einiger Zeit satt gesehen. Überhaupt könnte Johnstons Werk durchaus noch etwas mehr zum Mut zum Chaos vertragen, bietet doch speziell Moranis' Performance als verrückter Wissenschaftler hierfür genügend Ansätze. So aber sind die Kinder keine echten Rotznasen, der etwas mürrische Nachbar nicht fies genug und Szalinskis weitere Erfindungen zu selten in Aktion zu bestaunen.

                      Insgesamt verfestigt sich somit der Eindruck, dass "Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft" zwar ein spaßiger und ohne großartigen Leerlauf auskommender, aber eben auch etwas seichter Disney-Familienfilm ohne Ecken und Kanten ist.

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                      • 7 .5

                        Der als einer der Ur-Väter des Slasherfilms geltende "Black Christmas", welcher im Deutschen den etwas unglücklich gewählten Titel "Jessy - Die Treppe in den Tod" trägt, ist ein für das Genre wegweisender, bitterböser Schocker in winterlicher Atmosphäre, der als Inspirationsquelle für "Halloween" (1978), "Freitag der 13." (1980) und viele weitere Horrorklassiker diente.

                        Ein Unbekannter terrorisiert das Studentinnenwohnheim, in dem Jessy (Olivia Hussey) und ihre Freundinnen wohnen, mit obszönen Anrufen. Als während einer Weihnachtsfeier eine der Studentinnen spurlos verschwindet, wenden sich die jungen Frauen an die Polizei, die ihre Sorgen jedoch zunächst nicht sonderlich ernst nimmt. Noch ahnt nämlich niemand, dass der Killer ganz in der Nähe lauert...

                        Obgleich "Black Christmas" auch einige blutige Schockmomente enthält, setzt Regisseur Bob Clark (Porky's/ Fröhliche Weihnachten) doch vornehmlich auf die psychologische Wirkung des Geschehens, wozu er etwa mit starken Kontrasten arbeitet, welche das grausame Treiben des Killers noch intensiver werden lassen. Dies zeigt sich bereits bei der Wahl des Settings, finden die Morde doch ausgerechnet in der als besinnlich geltenden Weihnachtszeit statt. Aber auch in einzelnen Szenen wird das Spiel mit Kontrasten erkennbar, etwa wenn einem der Morde der engelsgleiche Gesang eines Kinderchors gegengeschnitten wird. Dass "Black Christmas" das Genre ganz entscheidend mitgeprägt hat, offenbart sich derweil allein schon anhand der POV-Shots aus der Sicht des Killers, die heute längst zum Standardrepertoire eines jeden Slashers gehören.

                        Seine Spannung bezieht Clarks Film indes auch aus der Frage nach der Identität des Mörders, tappen die Hauptfiguren dahingehend doch völlig im Dunkeln. Bei aller Grausamkeit findet "Black Christmas" zudem sogar noch Platz für etwas derben Humor, etwa in Person der ständig angetrunkenen Hausmutter, die überall im Wohnheim Hochprozentiges versteckt hält. Angesichts dieser Vorzüge lässt sich auch über das bisweilen arg naive Verhalten der Studentinnen und die schlampige Arbeit der Polizeibeamten hinwegsehen, zumal die muntere Metzelei mit u.a. Margot Kidder (Superman), John Saxon (Nightmare on Elm Street) und Keir Dullea (2001: Odyssee im Weltraum) auch erstaunlich gut besetzt ist.

                        Besten Dank @Chionati fürs Interesse wecken!

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                        • 6 .5

                          Der von Andrew V. McLaglen (Bandolero, Die Wildgänse kommen) inszenierte "Sprengkommando Atlantik" ist ein mit verschrobenem britischem Humor ausgestatteter Actionthriller mit Star-Besetzung und reichlich maritimem Flair.

                          Der exzentrische Eigenbrötler Rufus Excalibur ffolkes (Roger Moore) bildet in Schottland ein privates Sonderkommando für den Kampfeinsatz aus. Als eine Gruppe von Terroristen um den zwielichtigen Lou Kramer (Anthony Perkins) ein Versorgungsschiff im Nordatlantik in ihre Gewalt bringt und damit droht, zwei Bohrinseln mit hunderten Menschen in die Luft zu sprengen, bittet die britische Regierung den wohlhabenden Katzenliebhaber und dessen Männer um Hilfe...

                          "Sprengkommando Atlantik" liefert auf der Handlungsebene kaum mehr als ein klassisches Geiselszenario auf hoher See, in dessen Verlauf die Terroristen die Briten durch Drohungen und Ultimaten immer wieder unter Druck setzen, woraufhin die Gegenseite mit einer Zermürbetaktik zu kontern versucht. Was McLaglens Thriller indes aus der Masse vergleichbarer Werke ein Stück weit hervorstechen lässt, sind seine eigenwilligen Charaktere, allen voran der von Moore mit gewinnendem Charme verkörperte ffolkes (nur echt mit zwei kleinen 'f'), dessen Chauvinismus selbst den eines James Bond in den Schatten stellt. Ihm gegenüber steht mit Anthony Perkins ein weiterer klangvoller Name auf der Besetzungsliste, wenngleich der einstige 007 Agent und der "Psycho"-Bösewicht leider kaum gemeinsame Screentime haben. Dafür gesellt sich mit James Mason in einer Nebenrolle allerdings noch ein weiterer Hochkaräter hinzu.

                          Zwar wäre der eine oder andere clevere Drehbuchkniff mehr wünschenswert gewesen und auch die Spannungsschraube hätte zuweilen ruhig noch etwas fester gezogen werden können, doch auch so ergibt sich ein insgesamt mehr als ordentlicher Hochseethriller, der hier und da zum Schmunzeln anregt.

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                          • 6 .5

                            "White Squall" ist ein nach klassischem Strickmuster hergestellter Abenteuerfilm, der über berauschende Ozeanbilder sowie einen excellenten Soundtrack verfügt und dabei über weite Strecken für gelungene Unterhaltung sorgt, zugleich jedoch auf inhaltlicher Ebene einige Schwachstellen offenbart.

                            1960: Um der ständigen Bevormundung durch seine Eltern zu entgehen, verpflichtet sich der junge Chuck (Scott Wolf) gemeinsam mit elf weiteren Jungen zum Dienst auf einem Segelschulschiff, wo er das Matrosenhandwerk erlernen und über seine berufliche Zukunft nachdenken soll. Captain des Schiffes ist der bärbeißige Christopher Sheldon (Jeff Bridges), der an Bord ein strenges Regiment führt und die heterogene Gruppe zu einer verschworenen Einheit formen will. Die jungen Kadetten lernen nach und nach zusammen zu arbeiten, um den Gefahren des offenen Meeres zu trotzen...

                            Regisseur Ridley Scott (Alien, Gladiator) ist von je her ein Garant für ausgezeichnete Bildkompositionen und so besticht auch "White Squall" mit zahlreichen herrlich anzusehenden Einstellungen des endlosen Ozeans. Darüber hinaus gefällt auch die Dynamik zwischen den so unterschiedlichen Charakteren an Bord, die alle ihr eigenes Päckchen zu tragen haben, ihre Streitigkeiten untereinander jedoch beilegen müssen, um gegen Wind und Wellen zu bestehen. Daraus ergibt sich eine durchaus ansprechende Abenteuerstimmung, gewürzt mit einigen typischen Coming of Age Zutaten, was Scotts Film mitunter wie eine Variation von "Der Club der toten Dichter" (1989) auf hoher See wirken lässt. Ein Eindruck, der sich speziell im Finale noch verstärkt.

                            Anders als der einst von Robin Williams gespielte Englischlehrer setzt Bridges als Captain jedoch vornehmlich auf Zucht und Ordnung und führt das Schulschiff mit eiserner Disziplin. Statt allerdings die Erziehungsmethoden des Captains kritisch zu hinterfragen, ergeht sich "White Squall" leider zunehmend in Sentimentalitäten und Hurra-Patriotismus. Damit verpasst Scotts Werk leider die durchaus vorhandene Chance, in die Liga der ganz großen Abenteuerklassiker aufzusteigen.

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                            • 8

                              "Manche mögen's heiß" von Regielegende Billy Wilder (Sunset Boulevard, Zeugin der Anklage) ist eine enorm schwungvolle Verkleidungskomödie in bester Screwball Tradition, die mit einem bestens aufgelegten Cast, einer clever aufgezogenen Story, großartiger Musik und jeder Menge treffsicherer Pointen begeistert.

                              Chicago zur Zeit der Prohibition: Die beiden arbeitssuchenden Musiker Jerry (Jack Lemmon) und Joe (Tony Curtis) werden unfreiwillig Zeugen eines Massakers der Mafia und können nur mit Mühe selbst dem Tod entkommen. Zur Tarnung verkleiden sie sich daher als Mitglieder einer Damenkapelle und reisen mit dieser zu einem Auftritt nach Florida. Unter den Musikerinnen ist auch die bildhübsche Sugar (Marilyn Monroe), welche den beiden Freunden gehörig den Kopf verdreht. Je näher sie der lasziven Blondine kommen, desto größer ist jedoch auch die Gefahr, dass die Maskerade der beiden Freunde auffliegt...

                              Wilders temporeiche Komödie persifliert gekonnt kitschige Melodramen und klassische Gangsterfilme und enthält dabei eine Vielzahl an für die damalige Zeit ungewöhnlich anzüglichen Dialogen sowie einen gewissen gesellschaftskritischen Subtext. Besonders gelungen ist in diesem Zusammenhang, wie treffend hier mit Geschlechterklischees umgegangen und wie zielsicher Sexismus angeprangert wird. So wirken auch nur ganz wenige Dialogzeilen aus heutiger Sicht veraltet, etwa wenn der von Curtis verkörperte Joe seinen Mitstreiter völlig verwundert fragt, welchen Grund es dafür geben könnte, dass zwei Männer heiraten.

                              Neben den sichtlich spielfreudigen Darstellern und den von Monroe mit purer Erotik dargebotenen Evergreens wie "I wanna be loved by you" oder "I'm through with love" weiß "Manche mögen's heiß" zudem auch visuell zu gefallen, sehen die hervorragend eingefangenen Schwarzweiß Bilder doch nach wie vor äußerst hochwertig aus. Oder um es mit den berühmten Schlussworten des Films zu sagen: 'Nobody's perfect' - Wilders unverwüstlicher Klassiker allerdings kommt der perfekten Komödie schon sehr nah.

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                                Kenduskeag 14.01.2021, 12:12 Geändert 14.01.2021, 12:28

                                "Red Rock West" ist ein ebenso packender wie wendungsreicher Neonoir Thriller um einen allzu gutmütigen Einfaltspinsel, der von einer Kalamität in die nächste schlittert. Regisseur John Dahl (Rounders, Joyride - Spritztour) schuf eine atmosphärische Mixtur aus Roadmovie und Western, die immer wieder neue Haken schlägt und über eine feine Prise schwarzen Humors verfügt.

                                Der abgebrannte Ex-Soldat Michael (Nicolas Cage) gelangt auf der Suche nach Arbeit in das Wüstenkaff Red Rock, wo er auf den Barbesitzer Wayne Brown (J. T. Walsh) trifft, welcher ihm einen Job bei einer Ölbohrfirma vermitteln soll. Brown jedoch hält Michael für einen von ihm angeheuerten Auftragskiller, der gekommen ist, um dessen Frau (Lara Flynn Boyle) zu ermorden. Da Michael das Geld für den Auftragsmord sehr gut gebrauchen kann, geht er auf den verbrecherischen Deal ein. Nicht ahnend, dass er sich damit selbst in Lebensgefahr begibt...

                                Die vielen Zufälle, welche die Handlung dieses vor allem in der ersten Hälfte raffiniert konstruierten Thrillers prägen, würden in den meisten anderen Fällen als Schwachstellen des Drehbuchs ausgelegt werden, machen hier jedoch gerade den makabren Humor und somit auch den speziellen Reiz der Geschichte aus. Insbesondere aus dem Umstand, dass sein Protagonist dem titelgebenden Nest in Wyoming einfach nicht entkommen kann und gelenkt durch Zufall oder Schicksal immer wieder dorthin zurückfahren muss, macht sich der Film einen geradezu diabolischen Spaß. So gesehen, wirkt "Red Rock West" beinahe wie ein Vorläufer für Oliver Stones "U-Turn" (1997) oder auch so manches Werk der Coen Brüder, setzt dabei allerdings stärker auf Suspense als auf Skurrilität.

                                Der junge Nicolas Cage indes agiert hier deutlich weniger aufgedreht als in vielen späteren Filmen, sodass seine Performance als von einem Schlamassel in den nächsten stolpernder Tor absolut glaubhaft wirkt. Zudem weiß auch der weitere Cast um Walsh, Boyle und den im weiteren Verlauf der Handlung dazustoßenden Dennis Hopper restlos zu überzeugen. Da fällt es auch nicht allzu negativ ins Gewicht, dass die zweite Filmhälfte nicht ganz an das hervorragende Niveau der ersten anknüpfen kann und "Red Rock West" gegen Ende mehr von einem normalen Actionthriller hat.

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                                • "...was ein Kansas City Shuffle ist." (Lucky#Slevin)
                                  "...wie hoch man Scheiße stapeln kann." (Full Metal Jacket)
                                  "...dass Sex im Bad manchmal einen Haken hat." (Very Bad Things)

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                                  • 5 .5

                                    Der von Andrew Fleming (Ich liebe Dick, Ein ungleiches Paar) inszenierte Teenhorror "Der Hexenclub" ist ein eher durchschnittlicher Grusler mit Coming of Age Zutaten. Die Geschichte um vier Junghexen, die ihre magischen Fähigkeiten entdecken, verläuft weitgehend erwartungsgemäß und ohne besondere Überraschungen.

                                    Sarah (Robin Tunney) zieht mit ihrer Familie nach einem gescheiterten Selbstmordversuch nach Los Angeles, um ihre düstere Vergangenheit hinter sich zu lassen. An ihrer neuen Schule freundet sie sich mit den drei Außenseiterinnen Bonnie (Neve Campbell), Rochelle (Rachel True) und Nancy (Fairuza Balk) an, die ihm Ruf stehen, Hexen zu sein. Die vier Freundinnen bilden gemeinsam einen Zirkel und müssen schon bald feststellen, dass sie zusammen über ungeheure Macht verfügen...

                                    Speziell in der ersten Hälfte setzt sich "Der Hexenclub" eher mit den persönlichen Problemen der Protagonistinnen auseinander, die unter Mobbing, Depressionen, Rassismus und einem gestörten Elternhaus leiden, und lässt das magische Spektakel erst ganz allmählich von der Leine. Dabei schwankt Flemings Film jedoch auf merkwürdige Weise zwischen seichter Teenieklamotte und ernstzunehmendem Drama und vermag sich nicht so wirklich zu entscheiden, ob er denn nun lieber nur eine Folge "Charmed" in Spielfilmlänge oder doch ein waschechter Horrorschocker sein will.

                                    Ähnlich wie der Film an sich schwanken zudem auch die vier Hexen zwischen schüchternen Mauerblümchen, die lediglich von ihren individuellen Makeln befreit werden wollen und jähzornigen Biestern, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, um an ihr Ziel zu kommen. Dass Sarah etwa den Schulcasanova Chris (Skeet Ulrich) mit einem Liebeszauber belegt, sodass sie sich anschließend über dessen Gefühle für sie lustig machen kann, lässt die Hauptfigur nicht unbedingt sympathisch erscheinen.

                                    Da "Der Hexenclub" aber immerhin eine gelungene Schaueratmosphäre ausstrahlt, das gemeinsame Entdecken der magischen Fähigkeiten mit den Schülerinnen recht spaßig daherkommt und der Film auch recht kurzweilig ausfällt, reicht es insgesamt noch zu solider Gruselunterhaltung.

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                                    • 6

                                      Der auf Jurek Beckers gleichnamigem Roman beruhende "Jakob, der Lügner" wandelt zwischen Schelmengeschichte und Holocaustdrama und ist dabei in erster Linie eine Huldigung der menschlichen Fantasie als letzte Zuflucht in Zeiten größter Verzweiflung. Der von Frank Beyer (Nackt unter Wölfen, Spur der Steine) inszenierte DEFA-Klassiker überzeugt mit berührenden Einzelmomenten und einem starken Darstellerensemble, erfordert mit seiner sehr ruhigen und nur langsam voranschreitenden Gangart jedoch auch viel Durchhaltevermögen.

                                      1944 im besetzten Polen: Weil er angeblich die für das Ghetto vorgeschriebene abendliche Ausgangssperre missachtet hat, wird der Jude Jakob Heym (Vlastimil Brodsky) zum Revier der Gestapo geschickt, wo er zufällig vom Vormarsch der Roten Armee erfährt. Da ihm die Geschichte niemand glaubt, behauptet Jakob, er habe heimlich ein Radio ins Ghetto geschmuggelt, über welches er die Informationen erhalte. Schon bald verselbständigt sich Jakobs Geschichte und seine Lüge bringt dem gesamten Ghetto neue Hoffnung und Lebensmut...

                                      Beyers Werk durchzieht von Beginn an ein gewisser Galgenhumor, weshalb "Jakob, der Lügner" trotz der tragischen Zustände im Ghetto auch einige Male zum Schmunzeln anregt und somit als Vorläufer für Filme wie "Das Leben ist schön" (1997), "Zug des Lebens" (1998) oder "Jojo Rabbit" (2019) angesehen werden kann, die sich dem Schrecken des Holocausts ebenfalls mit Humor zu nähern versuchen. Ein besonderes Highlight ist dabei etwa eine Szene, in der Jakob vor einem kleinen Mädchen ein Radio-Interview mit Winston Churchill imitiert. Bemerkenswert sind darüber hinaus die kontinuierlich eingestreuten Rückblenden und Traumsequenzen, welche den Figuren zusätzlich Profil verleihen und zum Teil an die Märchenklassiker der DEFA erinnern.

                                      Neben Hauptdarsteller Brodsky, der als Jakob (welcher längst nicht der Einzige in dieser Geschichte ist, der es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt) eine sehr feinfühlige Performance hinlegt, überzeugt auch der restliche Cast um Erwin Geschonneck, Henry Hübchen und Armin Mueller-Stahl. Größtes Manko des Films ist neben einigen allzu kulissenhaften Szenen und der wenig interessanten Nebenhandlung um ein junges Liebespaar sein sehr gemächliches Erzähltempo, welches den gelegentlichen Blick zur Uhr unvermeidlich werden lässt. Dadurch beraubt sich das oscarnominierte Werk ein Stück weit auch der eigenen Wirkung als Film, der dem Terror der Naziherrschaft die Vorstellungskraft des menschlichen Geistes entgegenstellt.

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                                      • Danke für deinen treffenden Artikel zu diesem brandaktuellen Thema, fujay.

                                        Ich denke, dass kulturelle Teilhabe für alle möglich sein sollte und in dieser Hinsicht sehe ich das Kino als "Oper des kleinen Mannes" an. Ein Ort, an dem ganz unterschiedliche soziale Schichten einen gemeinsamen Treffpunkt finden und dessen Fortbestehen unbedingt gefördert werden sollte. Das Problem dabei ist allerdings, dass schon vor Corona Kinogänge für viele Familien kaum noch bezahlbar waren und die Tickets nun wohl kaum günstiger werden dürften. Gleichzeitig hat aber auch nicht jeder die finanzielle Möglichkeit, um sich ein adäquates Heimkino zu schaffen - zumal dies den Eventcharakter und die soziale Interaktion im Kino nicht mal annähernd ersetzen kann.
                                        Zudem denke ich, dass der Erhalt der großen Multiplexe und der kleinen Programmkinos gleichermaßen wichtig ist, stehen sie doch für die enorme Vielfalt des Kinos. Gäbe es in Zukunft nur noch die kleinen Lichtspielhäuser, würde Kino wohl endgültig zu etwas Exklusivem werden, mit dem sich nur noch Cineasten auseinandersetzen. Die Möglichkeit, dass sich zB Teenager zusammen "Fast and Furious" auf der großen Leinwand ansehen, sollte aber auch in Zukunft unbedingt noch vorhanden sein.

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                                        • 6 .5

                                          Der auf einem Märchen aus einer populären finnischen Rundfunksendung basierende "Rare Exports" unter der Regie Jalmari Helanders (Big Game - Die Jagd beginnt) ist eine weihnachtliche Horrorkomödie, die vor allem mit ihrem grotesken Szenario und einigen herrlich skurrilen Ideen punktet.

                                          Der kleine Pietari (Onni Tommila) wohnt mit seinem Vater in der winterlichen Einöde nahe der finnisch-russischen Grenze. Eines Tages beobachtet der Junge zusammen mit einem Freund seltsame Aktivitäten auf einem nahe gelegenen Gipfel, wo ausländische Wissenschaftler ein Loch in den Berg sprengen, um nach dem verschollenen Grab des Weihnachtsmannes zu suchen. Als am darauffolgenden Tag hunderte Rentiere tot aufgefunden werden, ahnt der an Mythen und Legenden interessierte Junge, das etwas Böses erwacht sein muss...

                                          Helanders schräger Festtagshorror ist zwar zu gruselig für das ganz junge Publikum, dürfte erwachsene Zuschauer aber eher amüsieren als schocken. Dazu scheuen sich die Macher zu sehr vor expliziten Gewaltdarstellungen und blenden stattdessen an den entsprechenden Stellen aus. Unterhaltsam ist "Rare Exports" aber dennoch, da von Beginn an ein gutes Erzähltempo vorgelegt wird und die groteske Geschichte um den bösärtigen Weihnachtsmann immer wieder unvorhersehbare Haken schlägt. Hinzu kommt, dass auch die weitgehend unbekannten Darsteller einen guten Job machen und speziell in der ersten Filmhälfte viele wunderbare Impressionen der finnischen Schneelandschaft präsentiert werden.

                                          So steht am Ende eine kurzweilige Horrorkomödie, die zwar ihr enormes Potential nicht vollends ausschöpft, sich aber dennoch angenehm vom Einheitsbrei des Weihnachtsgenres abhebt.

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                                          • 10

                                            Sie weiß nicht, dass der Schnee lautlos auf die Erde fällt
                                            Merkt nichts vom Klopfen an der Wand
                                            Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist
                                            Das ist alles was sie hört
                                            Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist
                                            Wenn sie ihr in den Magen fährt
                                            Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist
                                            Wenn der Boden unter den Füßen bebt
                                            Dann vergisst sie, dass sie taub ist

                                            Das oscarnominierte Musikdrama "Jenseits der Stille" unter der Regie von Caroline Link (Nirgendwo in Afrika, Der Junge muss an die frische Luft) erzählt auf feinfühlige Weise von den Problemen behinderter Menschen und zeigt zugleich den Abnabelungsprozess einer jungen Frau, die Unabhängigkeit von ihrer Familie erreichen muss, um zu sich selbst und ihrer Musik zu finden.

                                            Lara (als Kind: Tatjana Trieb, als junge Erwachsene: Sylvie Testud) wächst als Kind gehörloser Eltern in einer Kleinstadt in Süddeutschland auf, weshalb sie schon früh sehr viel Verantwortung übernehmen und ihre Eltern in allen Lebenslagen unterstützen muss. Sehr zum Missfallen ihres Vaters (Howie Seago) eifert Lara ihrer musikbegeisterten Tante (Sibylle Canonica) nach und träumt von einer Karriere als Klarinettistin. Laras Liebe zur Musik und das Unverständnis ihrer Eltern darüber drohen die Familie schließlich auseinanderzureißen...

                                            Links sensibles Drama begeistert mit herrlichen Bildern, welche das Großstadtgetümmel in Berlin, wo Lara an der Musikhochschule studieren möchte, in Kontrast zum idyllischen Landleben ihrer Eltern setzen. Hinzu kommen eine einfühlsame Figurenzeichnung, ein hervorragender Cast und vor allem ein wunderbarer Soundtrack, der mit seinen stimmungsvollen Klarinettentönen - speziell der jüdischen Klezmer-Musik - verzaubert. Auf diese Weise entwickelt sich ein poetisch angehauchtes Werk, welches die gesamte Klaviatur von Melancholie über Romantik bis hin zu leisem Humor perfekt beherrscht und zudem ein bemerkenswertes Plädoyer für Toleranz gegenüber Menschen mit Einschränkungen sowie für Kommunikation über unsere eigene Erfahrungswelt hinaus darstellt.

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                                            • Die besten Filme, die ich dieses Jahr erstmals gesehen habe:

                                              Sunset Boulevard (1950)
                                              Die Nacht des Jägers (1955)
                                              Anatomie eines Mordes (1959)
                                              Weißer Terror (1962)
                                              Der Schrecken der Medusa (1978)
                                              Paris, Texas (1984)
                                              Rain Man (1988)
                                              Kap der Angst (1991)
                                              Dead Man Walking (1995)
                                              Die Legende vom Ozeanpianisten (1998)
                                              Der Baader Meinhof Komplex (2008)
                                              St. Vincent (2014)
                                              Vergiftete Wahrheit (2019)

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                                              • 7

                                                Alfred Hitchcocks "Ich kämpfe um dich" war seinerzeit einer der ersten Filme, der sich mit Sigmund Freuds Psychoanalyse befasste und diese als Aufhänger für einen wendungsreichen Thriller nutzte, der trotz einiger Längen im Mittelteil insgesamt spannende Unterhaltung bietet.

                                                Die in einem Heim für Geisteskranke arbeitende Psychologin Dr. Constanze Petersen (Ingrid Bergman) verliebt sich in ihren neuen Vorgesetzten, den sich sonderbar verhaltenden Dr. Edwardes (Gregory Peck). Alsbald verdichten sich jedoch die Anzeichen dafür, dass der junge Mann nicht der ist, der er vorgibt zu sein und der echte Dr. Edwardes unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist. Gemeinsam flieht das Liebespaar vor der Polizei und versucht, das Geheimnis um die Identität des falschen Psychologen zu lüften...

                                                Hitchcocks romantisch angehauchter Thriller wirkt nicht sonderlich bemüht darum, Traumata und Gedächtnisverlust sonderlich realitätsnah darzustellen, sondern verwendet diese vielmehr als Triebfeder für einen Kriminalplot, der geschickt mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und dabei einige Parallelen zu Hitchcocks "Marnie" (1964) erkennen lässt, wobei der Unterschied vor allem darin besteht, dass es hier der Mann ist, der mit einem Trauma zu kämpfen hat und die Frau ihm helfend zur Seite steht.

                                                Die von Bergman mit gewinnbringendem Charme verkörperte Psychologin erscheint dementsprechend auch wesentlich freundlicher und gutherziger als viele andere dominante Frauenrollen beim Master of Suspense. Ihr Umgang mit dem falschen Dr. Edwardes erinnert zuweilen eher an den einer fürsorglichen Mutter mit ihrem kranken Kind, als an den einer Frau mit ihrem Liebhaber, kostet sie aber keine Sympathien beim Publikum. Dass wir es hier mit einer für damalige Verhältnisse ungewöhnlich selbstbewussten Protagonistin zu tun haben, zeigt sich indes auch in ihrem Verhalten gegenüber den anderen Männerfiguren des Films, denen sie in Sachen Rhetorik und Intellekt immer einen Schritt voraus ist.

                                                Bis auf wenige Momente - wie etwa eine schlecht gealterte Abfahrt auf Skiern - vermag dieser Hitchcock somit auch heute noch gut zu unterhalten, wenn man denn über die eine oder andere Unglaubwürdigkeit hinwegsehen kann und keine actionreichen Verfolgungsjagden wie etwa in "Der unsichtbare Dritte" (1959) erwartet. Zumal "Ich kämpfe um dich" als besonderes Highlight eine surrealistische Traumsequenz beinhaltet, die vom berühmten Maler Salvador Dali gestaltet wurde.

                                                Funfact: Norman Lloyd, der hier einen der Patienten mimt, kann auf eine der längsten Filmkarrieren überhaupt zurückblicken, spielte der inzwischen 106 Jährige doch schon unter Charlie Chaplin und Orson Welles sowie zuletzt in "Dating Queen" (2015) von Judd Apatow.

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                                                  Der für seine blutigen Western bekannte Sam Peckinpah (The Wild Bunch, Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia) inszenierte mit "Wer Gewalt sät" einen schonungslosen Terrorfilm über Entstehung und Entwicklung von Gewalt, welcher mit einer simplen, aber enorm fesselnden Handlung aufwartet und dabei ebenso drastisch wie unkonventionell ist.

                                                  Der amerikanische Mathematiker David (Dustin Hoffman) zieht mit seiner attraktiven Frau Amy (Susan George) in ein Landhaus in der englischen Provinz, um in Ruhe seiner Arbeit nachgehen zu können. Da David über keinerlei handwerkliches Geschick verfügt, engagiert er eine Gruppe von Arbeitern aus dem Dorf, um eine Garage zu bauen und das alte Haus von Ratten zu befreien. Amy, die sich zunehmend von ihrem Mann vernachlässigt fühlt, flirtet ganz ungeniert mit den Arbeitern, welche darauf auch sogleich anspringen. Schon bald wird dadurch eine furchtbare Spirale der Gewalt in Gang gesetzt...

                                                  Peckinpah nimmt sich zunächst ausgiebig Zeit, um die einzelnen Charaktere einzuführen und deren Psyche zu beleuchten, ehe er die Spannungsschraube immer fester zieht und einen erbarmungslosen Kampf auf Leben und Tod entbrennen lässt. Eindrucksvoll erzählt sein Film von den Mechanismen der Gewalt, von Aktion und Reaktion und stellt dabei heraus, dass auch ein Pazifist zum brutalen Mörder werden kann, wenn man ihn nur genug reizt. Zugleich ist "Wer Gewalt sät" jedoch auch ein eindrückliches Mahnmal gegen Vorverurteilung, Fremdenhass und Lynchjustiz.

                                                  Mit düsteren Bildern der englischen Moorlandschaft ausgestattet und mit einer stark aufspielenden Darstellerriege, zu welcher neben einem Dustin Hoffman in Bestform u.a. noch Peter Vaughan (Game of Thrones) und David Warner (Titanic) gehören, besetzt, ergibt sich so eine intensive Gewaltstudie, die auch nach fast fünfzig Jahren nichts von ihrem Schrecken verloren hat.

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                                                  • 5 .5
                                                    Kenduskeag 13.12.2020, 14:15 Geändert 13.12.2020, 14:17

                                                    An wohl kaum einem anderen Filmgenre nagt der Zahn der Zeit so sehr wie an der Science Fiction, ist das, was gestern noch als zukunftsweisend galt, doch heute schon längst im Alltag etabliert oder gar hoffnungslos veraltet. Auch die SciFi Dystopie "Flucht ins 23. Jahrhundert" unter der Regie von Michael Anderson (In 80 Tagen um die Welt, Orca - Der Killerwal) hat mit diesem Problem zu kämpfen, obgleich die auf einem Roman von William F. Nolan und George C. Johnson basierende Geschichte dieses Films wirklich erzählenswert ist.

                                                    Im 23. Jahrhundert leben die Menschen unter riesigen Kuppeln unter der Erde, abgeschirmt von der vermeintlich unbewohnbaren Außenwelt. Bis zu ihrem 30. Geburtstag führen sie ein sorgenfreies Dasein, ehe ein von einem Supercomputer kontrollierter Erneuerungsprozess in Gang tritt, nach welchem ihr bisheriges Leben endet, sie aber vorgeblich in einem neuen Körper wiedergeboren werden. Logan (Michael York) gehört einer Spezialeinheit - den sogenannten 'Sandmännern' - an, deren Aufgabe darin besteht, all Diejenigen aufzuspüren und zu töten, die sich dem Erneuerungsprozess entziehen wollen. Doch dann ist eines Tages Logans eigene Lebensuhr abgelaufen und er ergreift mit Hilfe der Rebellin Jessica (Jenny Agutter) die Flucht...

                                                    Von Beginn an wird deutlich, dass sich viele neuere SciFi Filme von Andersons Werk haben inspirieren lassen. Allen voran "Die Insel" (2005) von Michael Bay, welcher aufgrund seiner zahlreichen Parallelen fast als Remake durchgeht. Überhaupt bietet "Flucht ins 23. Jahrhundert" eine Fülle an fantastischen Ideen, wie etwa ein Liebesfahrstuhl, welcher in seiner Funktion an moderne Dating Apps erinnert oder ein durchgeknallter Roboter, der in einem Eispalast Menschen einfriert. Für Spannung und Abwechslung ist somit durchaus gesorgt, wenngleich Anderson sich hauptsächlich auf die Action fokussiert und das Ganze im Stile eines klassischen Ausbruchthrillers inszeniert, anstatt das volle dystopische Potential der Geschichte auszuschöpfen.

                                                    Nur hat "Flucht ins 23. Jahrhundert" nunmal erheblich mit dem eingangs erwähnten Problem zu kämpfen und kann die Illusion von einem Leben in ferner Zukunft nicht mehr aufrecht erhalten. Dazu sehen die Schauplätze einfach zu sehr nach Modellen und die Darsteller mit ihren Föhnfrisuren und bunten Kostümen zu sehr nach Retroparty aus. Und auch die einst oscarprämierten Effekte sind heute einfach nicht mehr schön anzusehen.

                                                    Da zudem auch die beiden Hauptdarsteller merkwürdig blass bleiben und einzig die kauzige Performance des allerdings erst im letzten Drittel auftauchenden Peter Ustinov positiv in Erinnerung bleibt, hinterlässt "Flucht ins 23. Jahrhundert" einen insgesamt nur mittelmäßigen Eindruck und zugleich den starken Wunsch nach einer zeitgemäßen Neuauflage.

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