Lydia Huxley - Kommentare

Alle Kommentare von Lydia Huxley

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    Lydia Huxley 02.02.2024, 09:04 Geändert 02.02.2024, 09:21

    Jon und Suleika - ein Ehepaar zwischen Krankenhausbett und Bühne, zwischen Überlebenskampf und Weltruhm. Und in diesem Zwischen steht die Kunst und verbindet diese Extreme zu etwas, das man nicht denken muss, sondern nur fühlen darf.
    AMERICAN SYMPHONY ist inhaltlich spannend, hat aber leider nicht die richtige Form dafür gewählt. Dokumentiert wird hier nicht wirklich. Es ist eine lange Insta-Story aus Momenten, die ästhetisch was her machen und im besten Falle noch emotional sind. Dadurch fehlt es an Authentizität und infolgedessen auch an Sympathie und Mitgefühl. Interessant wäre es zum Beispiel gewesen, die Geschichte komplett aus Suleikas Perspektive zu erzählen. Aber das wäre visuell vielleicht nicht ganz so reizvoll gewesen.

    #oscarnominierung2024

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      Ich bin Multiversums-müde und ich war es schon beim zweiten Film, der das thematisiert hat. Wo alles möglich ist, hat nichts mehr Bedeutung. So bin ich auch nicht verwundert, dass nach zweieinhalb Stunden hier immer noch kein Abschluss zustande kommt, was schon irgendwie frustrierend ist. Solche Filmkonzepte zeigen, dass die moderne Kunst des filmischen Erzählens nicht mehr die Realisierung ist, sondern bei all den Möglichkeiten zu priorisieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
      Dennoch hatte ich viel Spaß, weil ich die Figuren mag und die Eltern-Kind-Beziehungen und der Kampf um Emanzipation das Herz des Films sind. Aber im besonderem weil die Animation an sich ein Meisterstück ist, das mich durchweg in seinen Bann gezogen hat.
      Ich wäre aber trotzdem erfreut, wenn die Fortsetzung weniger Hypnose und bissl mehr konsistente Story ist.

      #oscarnominierung2024

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        Augusto "Der Graf" Pinochet wurde 1973 mit Hilfe der USA an die Macht geputscht. Dank der eskalierten Kommunismus-Paranoia regierte El Conde in Chile 17 Jahre mit Terror, Folter und Mord. Bis zu seinem Tod im hohen Alter von 91 wurde er nicht für seine Kriegsverbrechen verurteilt.
        In EL CONDE phantasiert Autor und Regisseur Pablo Larraín vom dem Diktator als Greis, in der Hoffnung, dass er in der einen oder anderen Weise dennoch den Preis bezahlen musste. Darin verwebt er geschickt sämtliche biographischen Punkte seiner Machenschaften zu einer schwarzen Komödie mit Blutsauger-Analogien.
        Leider ist das Konzept erzählerisch nicht ganz rund. Die Geschichte ist von den vielen Anspielungen fragmentiert und lässt keinerlei Dramaturgie zu, sodass man zwar an den Hintergründen Interesse entwickelt aber nicht an den Figuren.

        #oscarnominierung2024

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          Reicher Typ findet sich und sein Leben richtig geil, will seine mädchenhafte Trophy-Wife heiraten und lernt dann durch ihre Cousine, dass eine Beziehung mit einer ebenbürtigen Frau vielleicht doch erfüllender ist, fühlt sich von den gesellschaftlichen Konventionen plötzlich eingeschränkt, weil er Privilegien und Ansehen verlieren könnte, wenn er seinen Sehnsüchten nachgibt, und kapiert, wie scheiße das Leben wohl für die Frauen sein muss, weil quasi ununterbrochen über jeglichen Anflug von Etikettenverstoß gelästert und intrigiert wird.
          Da Mister Knister seine Privilegien aber nicht riskieren will, sehen wir ihn in einer Aneinanderreihung von trägen, manierlichen Besuchsszenarien schmachten, schmähen und in Selbstmitleid baden.

          ZEIT DER UNSCHULD ist ein äußerlich formvollendet schöner Film, der vom Prunk der bürgerlichen Elite profitiert und trotzdem authentisch in seiner Zeit und seinem Milieu wirkt. Der Kniff am Roman ist allerdings, dass er seine Geschichte zwar aus der Perspektive des männlichen Protagonisten erzählt, aber dabei trotzdem das weibliche Schicksal in dieser Gesellschaft im Fokus steht. Das ist dem Film nicht ausreichend gelungen und damit verliert die Adaption auch ihren Reiz und die Geschichte ihre Intention.

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            Lydia Huxley 22.01.2024, 15:39 Geändert 23.01.2024, 20:55

            Abgesehen von einem Teil der Ausgangssituation ist PAST LIVES dem chinesischen US AND THEM sehr ähnlich, weshalb mein Hirn viel mit Vergleichsprozessen zu tun hatte. Songs Debütfilm erzählt im Rahmen einer Migrationsgeschichte von dem Phänomen, dass es manchmal nicht reicht, diesen einen besonderen Menschen zu kennen, sondern dass Ort und Timing ebenfalls stimmen müssen, um erfüllte Zweisamkeit zu formen. Eine bitter-süße Romanze voller Verletzlichkeit. Sein chinesisches Pendant bot darüber hinaus noch etwas mehr an Charme und Atmosphäre.

            #oscarnominierung2024

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              Ein visuell sehr ansprechendes Remake des tschechischen Aschenbrödels aus Litauen. Inhaltlich hat man sich nah an der Vorlage gehalten. Dabei hätten ein paar mehr Abwandlungen der Geschichte und ihrer Wirkung sehr gut getan. Denn die Handlung und Figuren wurden damals stark vom Charme der 70er getragen. Zumindest hat die Modernisierung neben der Optik auch das Märchen-Ende erreicht, das mit einer freigeistigeren Version überrascht.
              Sympathisch und winterlich romantisch, aber kein Klassiker-Potential.

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                Der Film hat natürlich seinen Moment. Aber bis dahin schafft er es nicht, mal ein bisschen Stimmung zu erzeugen. Schuld daran ist auch der Cast, der mir irgendwie billige O.C. California-Vibes gab. Von Grusel keine Spur. Das koreanische Original war zwar auch kein Knüller, hat aber zumindest optisch das Genre getragen.
                Der Fluch des faulen Remakes.

                #horroctober

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                  Eine Schauergeschichten-Anthologie gebündelt zum unterhaltsamen Coming of Age-Horror. Der fein gereihte Auftritt klassisch amerikanischer Gruselcharaktere ist launig und auch visuell nett anzuschauen. Daneben kämpfen die jungen Protagonisten mit den unangenehmen Themen des Erwachsenwerdens während sie versuchen, an diesem Halloween nochmal kindlichen Spaß aufkommen zu lassen. Doch Politik, Krieg, Krisen und Zukunftsängste gehen auch an ihnen nun nicht mehr spurlos vorbei.

                  #horroctober

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                    Keine Ahnung wie gut man hier das 17. Jahrhundert getroffen hat, aber es fühlt sich etwas off an. Nichtdestotrotz werden im Finale alle Stränge zusammengeführt und das macht nochmal richtig Spaß. FEAR STREET vereint in seiner Trilogie die Erzählung männlicher Machtstrukturen und den Preis, den die Gesellschaft und vor allem Frauen dafür zahlen. Klassismus, Misogynie und Homophobie begleiten die Stadt und ihre Bewohner, bis sie schließlich durch Wahrheit und Solidarität gebrochen werden. All das kommt wild, bunt und blutig daher und eignet sich super für dunkle Herbstabende.

                    #horroctober

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                      Teil 2 vibet am besten mit seiner Zeit und ist visuell sehr atmosphärisch. Das Sommercamp erinnert an die 'Freitag der 13.'-Klassiker. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und Motive bekommen hier Kontur und die gesellschaftskritischen Töne ziehen an. Die Schonungslosigkeit trifft einen jetzt schon härter, da man bei den Figuren angekommen ist. Fühlt sich an der Stelle gut an, zu wissen, dass man noch einen dritten Teil kucken darf.

                      #horroctober

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                        FEAR STREET ist eine coole dreiteilige Roman-Adaption, die verspielt gruselig und mystisch daherkommt. Man merkt bei Teil 1, dass die Backstory noch fehlt, um den Spannungsbogen rund zu machen, und auch der 90er-Look hat mich nicht ganz überzeugt. Aber die Geschichte um Shadyville und Sunnyville macht von Beginn an Laune und man merkt bereits, dass da einige interessante Themen angekratzt werden.

                        #horroctober

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                          Schöner klassischer Horrorfilm mit einer alles verschluckenden Dunkelheit und zeitlosen Haunted House-Tropes. Die Familie Harper kämpft gegen die Trauer durch den Verlust der Mutter an. Doch jeder kämpft für sich allein und so schleicht sich durch die poröse Bande Verzweiflung und lähmende Kälte ins Haus.
                          Finstere Ecken, quietschende Türen und starrender und kriechender Schrecken sorgen für Spannung und alt bewährte Lust am Gruseln.
                          Habe ihn mit meiner Mom zusammen geschaut, die sichtlich Freude daran hatte. Nachdem mein Papa geflüchtet ist (passionierter Weihnachtsfilmekucker) hat sie mich lachend angeschaut und gesagt: Guter Film! Ist also offiziell 'Nur die Harten komm' in Garten'-approved.

                          #horroctober

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                            In drei Kapiteln erzählt BARBARIAN auf sehr unterschiedliche Art und Weise von sexueller Gewalt gegen Frauen, von dort verortenden Ängsten, Ignoranz bis hin zu den pervertiertesten Auswüchsen. Dabei spielen die Abschnitte clever und unterschwellig mit den Erwartungen, die wir den männlichen Figuren gegenüber haben und lassen uns stetig die Bedrohungslage austarieren.
                            Und dann ist da noch dieser scheiß dunkle, gruselige Tunnel; die Sickergrube des hypermaskulinen Habitus, des Opportunismus und der machtgetriebenen Abartigkeit. Ein Ort der Barbarei und des Horrors - für Frauen wie für Männer.

                            #horroctober

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                              über M3GAN

                              Tut mir ja echt leid für die Gesellschaft, dass sie die Pflege alter und kranker Menschen und die Erziehung von Kindern von ihrem Hedonismus ablenkt, dass Yuppies zu wenig an Fürsorge und Nächstenliebe verdienen und dass die Politik noch herausfordernde, regulierende Sozialpolitik betreiben muss. Wär so schön effizient, das technisch vollständig outzusourcen. Dann hätten wir endlich mehr Zeit zu hustlen, Feeds zu scrollen und an unseren Sixpacks zu arbeiten. Die evolutionäre Erfolgsära der sozialen Gruppe ist nach 2 Millionen Jahren hoffentlich endlich vorbei. Utopien bauten ja schon immer auf in Titan gegossenen Abbildungen von Menschen auf, die ihr Wissen und ihr Verständnis von Wahrheit, Vernunft und Toleranz aus dem Internet speisen. Hach, wie toll wär so eine M3GAN!
                              ?
                              Toll. Toller ökonomisierter und entmenschlichter Horror. Das Thema hat Feuer, bei M3GAN bleibt es allerdings ein braves Glimmen. Er konzentriert sich eher auf den Unterhaltungswert seines Püppchen-Terminators. Es bleibt vorhersehbar aber dennoch spaßig. Wahrscheinlich ist es die Oberflächlichkeit, die hier überhaupt noch den neckischen Spaß möglich macht. Sonst hätte es viel mehr Düsternis und Nebel gebraucht.

                              #horrorctober

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                                Von Anfang an verströmt THE HOUSE AT NIGHT mysteriöse Vibes und viel Finsternis. In Beth Trauer mischt sich Wut, über all die Geheimnisse, die ihr Mann hinterlassen hat. Es entfaltet sich ein ungewöhnliches Haunted House-Szenario, bei dem die paranormalen Ereignisse immer sehnlicher herbeigewünscht werden. Beth begibt sich auf Spurensuche und landet am Ende in einer philosophischen Konfrontation mit dem Tod und ihrem ganz persönlichen Limbus.
                                Gemächlich, zahm aber sehr atmosphärisch.

                                #horroctober

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                                  über Umma

                                  Ich frage mich bei solchen Inszenierungen manchmal, wie der Zuschauende hier irgendeine Art von Grauen empfinden soll, wenn die Protagonisten einfach nur unbeeindruckt in der Botanik rumstehen, während vor und mit ihnen gerade der krasseste Scheiß passiert.
                                  So viel schon mal vorab, gruseltechnisch ist UMMA leider ein Rohrkrepierer. Inhaltlich ist er aber interessant konzipiert. Er vermischt in Amandas Geschichte recht homogen die Sorgen von Migranten hinsichtlich Integration, Cultur-Clash und Traditionsbewahrung, die Projektion von Ängsten auf die Nachkommen sowie elterlichen Missbrauch mit Abhängigkeiten in Mutter-Tochter-Beziehungen.
                                  Amanda ist das Kind koreanischer Einwanderer, die bei ihrer Tochter alles besser machen möchte. Aber die Narben ihrer Vergangenheit wollen nicht heilen.

                                  #horroctober

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                                    Lydia Huxley 26.10.2023, 16:09 Geändert 26.10.2023, 16:11

                                    THE BLACK PHONE steckt einen tollen Cast in ein wunderbar immersives 70er-Setting, schafft es aber leider nicht, aus der Limitierung seiner Kurzgeschichten-Vorlage auszubrechen. Was hier wirklich bewegt, sind die Szenen im Haus der Familie Shaw. Die Elemente, die eigentlich schaurig sein sollten, wie die übernatürlichen Vorkommnisse und die widerlichen Taten des Grabbers, lassen kalt. Die Figuren und Geschehnisse bekommen keinerlei Hintergründe, Zusammenhänge oder Motive. Keine Chance, sich hier emotional zu engagieren. Eine Adaption verlangt eben auch eine inhaltlich qualitative Anpassung.

                                    #horroctober

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                                      Lydia Huxley 26.10.2023, 15:51 Geändert 26.10.2023, 15:52

                                      Nicht ganz so gruseliger, aber dafür bisschen ekliger und unterhaltsam satirischer Horrorfilm über ein Mädchen, deren Eltern wahrscheinlich glauben, gute Eltern zu sein, aber pädagogisch und empathisch lost sind. Die fehlende elterliche Zuwendung hinterlässt Spuren auf der Kinderseele und die kleine Tinja muss sich zunehmend öfter mit der Zerrissenheit konfrontiert sehen, sich von ihrem destruktiven Elternhaus zu emanzipieren und trotzdem ihr Bedürfnis nach Liebe und Sicherheit zu stillen. Unter den Tränen der Verwahrlosung brüten ihre Sorgen unheimliche Konsequenzen aus.

                                      #horroctober

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                                        Lydia Huxley 26.10.2023, 13:58 Geändert 26.10.2023, 15:21

                                        Ein Fluch, ein Kult und ein verdammt grusliger Tunnel. INCANTATION spielt ganz wunderbar mit den typischen Horrorelementen wie Dunkelheit, Okkultem und Kindern, die sich unheimlich verhalten, und verpackt es in furioses Found Footage-Material.
                                        Nur ganz subtil zwischen den Zeilen erzählt er von einer ungewollten Schwangerschaft, von den Gedanken einer Abtreibung (vielleicht auch das kulturell bedingte selektive Abtreiben von weiblichen Föten), Wochenbettdepression, einer überforderten, alleinerziehenden Mutter, gepeinigt von Ängsten und Schuldgefühlen.
                                        Fast unbemerkt verschmilzt Kevin Ko diese Geschichte mit der Verehrung einer buddhistische Sekte für die "schwarze", dämonisierte Version der Mutter-Buddha und schafft so einen kreativen Horrorfilm über die dunkle Seite der Mutterschaft und den Fluch deren Tabuisierung.

                                        #horroctober

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                                          Lydia Huxley 20.09.2023, 11:13 Geändert 01.02.2024, 11:32

                                          Ein wunderbar bunter Film über den Struggle von Migrantenkindern, die täglich zwischen den kulturellen Sphären des eigenen Zuhauses und der Außenwelt ihre eigene Identität jonglieren; die unter dem Erwartungsdruck des sich stetig wiederholenden "Das haben wir alles für deine Zukunft gemacht." ächzen; die die wage Verbindung zur Familie und der Heimat, in der sie nie waren, in sich bergen; die immer ein Stück besser sein müssen als alle anderen, weil sie nur so die angeblich erbrachte Integrationsleistung der Gesellschaft wieder zurückzahlen können und die mit neuen und alten Traditionen und Konventionen mühevoll ihren ganz eigenen Weg pflastern.

                                          Ember und Wade sind der Culture Clash, der die Chemie einer Gesellschaft verändert. Das mag die Atome erstmal ordentlich aufwühlen und chaotisch umherwirbeln lassen, aber am Ende findet jedes Teilchen seinen Platz und es entsteht eine neue, stabile Struktur. Elementar dabei ist immer nur die Menschlichkeit.

                                          #oscarnominierung2024

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                                          • 5

                                            Der Originaltitel OPERATION MINCEMEAT hat bereits etwas charmant englisches, weil man direkt an die kleinen Pies mit der Trockenobstfüllung denken muss, die dann einer hoch relevanten Geheimdienstaktion des Zweiten Weltkriegs ihren Namen gab. Schade, dass dieser typische Humor in den Film keinen Einzug gehalten hat. Stattdessen erzählt er recht steif und formelhaft die Stationen der Operation herunter. Erinnert sehr stark an die Stilistik, mit der deutsche Filmemacher versuchen, von deutscher Geschichte zu erzählen.

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                                            • 5

                                              Die Story von 65 klingt erstmal interessant und hat einen gewissen Unterhaltungswert, bietet aber nur so viel Substanz, als wäre sie für einen Kurzfilm konzipiert. Bei der Dino-Action hat man eine Menge Potential verschenkt, weil man bei der Inszenierung einfach komplett auf Stimmung und Suspense geschissen hat. Man hätte in der Pre-Production nochmal JURASSIC PARK schauen sollen. Schade, denn die Kulissen und die Optik haben mir gut gefallen.

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                                              • 5

                                                Schade, dass man es hier verpasst hat, tatsächlich etwas über die verlorenen Jungs zu erzählen. Der Cast, die Kulissen und der 80er Vibe machen Spaß, ansonsten blutleeres Monster-Survival und 'ne ziemlich cringe Romanze.

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                                                • 8

                                                  Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt - so wird häufig die Bipolare Störung beschrieben und genauso ist auch WARTEN AUF BOJANGLES.
                                                  Er ist großes Gefühlskino, poetisch und intensiv.
                                                  Weder die inhaltliche noch die formale zeitliche Zuordnung des Films war für mich klar, was das ganze Szenario irgendwie entrücken lässt und die Geschichte atmosphärisch verdichtet. Man taucht ein, lacht, staunt und weint.
                                                  Eine hoffnungsvolle Umarmung für den symbiotischen Tanz von Liebe und Tragik.

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                                                  • 6

                                                    Fatih Akin macht aus Giwar Hajabi aka Xatar einen RHEINGOLD-Alberich und verknüpft geschickt eine Deutsch-Rapper-Autobiographie mit dem Nibelungenmythos und somit Klassismus und Rassismus mit dem Kapitalismus.
                                                    Wagners Opern-Antiheld Alberich fühlte sich gekränkt von der Ablehnung seiner Liebesbekundungen und gibt sich aus Wut ganz seinen materiellen Begierden hin. Doch um das Gold aus dem Rhein zu besitzen und somit Reichtum und Macht zu erlangen, muss er die Liebe verfluchen.

                                                    Giwar hat die Ablehnung erfahren, seit er sich erinnern kann - in seiner Heimat, weil er Kurde ist, in Deutschland, weil er Ausländer ist, und dann bricht auch noch seine Familie auseinander. Die Wut schwelt in ihm.
                                                    "Selbst die dunkelste Nacht endet mit der Morgendämmerung." - sagte sein Vater zu ihm. Und so scheint in der Frühe die Morgensonne auf das Gold am Rheingrund und versichert dem Bewunderer: Mit mir wird dein Leben besser.
                                                    Giwar glaubt ihm, denn die brüchige Oberfläche unserer Welt wird zusammengehalten von der Verheißung des sozialen Aufstiegs durch Geld und Geltung. Er schwört der Liebe ab, wie sie es wohl mit ihm tat, und bahnt sich seinen Weg zum Gold - ohne Mitgefühl, ohne Skrupel, ohne Reue.
                                                    Als Xatar wird er schließlich in seinem Rheingold baden, aber auch den Preis dafür gezahlt haben.

                                                    Akin hat mich mit seiner Analogie voll gecatcht und hat sie in einem formal gelungenen Film eingebracht. Wäre ich doch nicht so hart abgetörnt von dem lustvoll inszenierten und schier ewig in die Länge gezogenem Gangster-Getue.

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