mariega - Kommentare

Alle Kommentare von mariega

  • mariega 03.02.2019, 19:39 Geändert 03.02.2019, 20:23

    Zum Glück lebt er noch!
    Wie peinlich war es mir gestern, als ich Robert Hossein in der französischen Miniserie aus dem Jahr 2006 "Einladung zum Mord" sah - (Originaltitel: Petits meurtres en famille, die auf dem Roman Hercule Poirots Weihnachten von Agatha Christie beruht) und googeln musste, ob der Schauspieler (und Regisseur) noch lebte. Ich hatte die Ehre gehabt, ihn in meiner Schulzeit persönlich zu treffen. Er kam, um vor uns Schülern über seine Leidenschaft für "le théâtre populaire de Reims" zu sprechen. Was für eine Erleichterung als ich las, dass Robert Hossein am 30. Dezember 1927 in Paris als Robert Hosseinoff geboren noch am Leben ist!
    Bemerkenswert: Isabelle Adjani erzielte ihren Durchbruch 1972 in Bernarda Albas Haus von Federico García Lorca unter der Regie von Robert Hossein an diesem Theater in Reims, woraufhin sie im selben Jahr in die Comédie-Française aufgenommen wurde.

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    • mariega 28.01.2019, 10:59 Geändert 28.01.2019, 11:10

      LE DIVAN VIDE
      Das leere Sofa

      Mit Henry Chapier ist ein Stück Kultur von uns gegangen. Sein berühmtes gelbes Sofa ist nun nur noch ein Möbelstück.
      Henry Chapier (14. November 1933 - 27. Januar 2019) war ein französischer Journalist , Filmkritiker , Fernsehmoderator und Regisseur.
      Er wurde in Rumänien geboren, begann 1958 eine Karriere als Filmkritiker, arbeitete mit François Truffaut in der Wochenzeitung "Arts" zusammen und erhielt 1959 den Preis als bester Einsteigerjournalist. Er wurde Chefredakteur der Kulturseiten bei "Combat" und "Le Quotidien de Paris". 1970 gewann er für seinen ersten Film "Sex Power" die Silberne Muschel (Concha de Plata al Mejor Director) für die „Beste Regie“ im Festival Internacional de Cine de San Sebastián. Von 1987 bis 1994 moderierte die Fernsehsendung "Le Divan", in der er berühmte Persönlichkeiten auf seinem berühmten gelben Sofa interviewte.

      Interview von David Lynch (leider nicht auf dem gelben Sofa):
      https://www.youtube.com/watch?v=2lgc2j03zLc

      Serge Gainsbourg sur le divan jaune d'Henry Chapier
      https://www.youtube.com/watch?v=uPUTsNAty7U

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      • Wenn die Regenschirme von Cherbourg Trauer tragen
        Der französische Komponist und dreifache Oscar-Preisträger Michel Legrand ist tot.

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        • Ich fühle mich heute richtig alt, einfach von gestern, irgendwie überfordert... wie die Zuschauer des Films "Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat" der Brüder Lumière im Jahre 1896, die das Café aus Panik fluchtartig verließen, weil sie glaubten, der Zug werde gleich in das Café fahren. Ja, alles neu und ungewohnt ... aber das ist alles nur Kino! Und wir werden es überleben.

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          • BON ANNIVERSAIRE GILET JAUNIX!

            Asterix - der erste "Gelbe Weste" Frankreichs - wird 60 Jahre alt. Der Zaubertrank scheint zu wirken: Der kleine Rebell ist immer noch sehr aktiv und hat eine Menge zu tun.
            Liste der neuen Episoden:
            Asterix der Gelbewestix
            Asterix gegen Macronix
            Asterix bei den Brexiten
            Asterix und die Gotin Angelamine
            Asterix - Sieg über Trumpix

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            • mariega 22.01.2019, 02:40 Geändert 22.01.2019, 02:44

              Interview with Ng Ka-leung, producer of “Ten Years” and director of “Local Egg” segment

              - Do you think that cinema has an obligation to deal with political issues?

              I don’t agree with “cinema has an obligation to deal with political issues”, but “cinema can talk about everything and has an obligation to not skip or escape from political issues.”

              - Why did you decide to become a director, and which are your main influences?

              I love cinema. I wished I could create some cinema projects almost every time I watched a good movie. So just step by step, I want to learn cinema and apply everything I learn in my films. As for my influences, I would say Tetsuya Nakashima, Hirokazu Koreeda and Jean-Pierre Jeunet.

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                mariega 21.01.2019, 00:55 Geändert 21.01.2019, 02:29

                BLUTMOND
                Wenn der Mond Feuer fängt
                Die heutige totale Mondfinsternis ist eine nicht zu verpassende Gelegenheit, Fellinis Stimme und der des Mondes zuzuhören. Weil der Mond im Perigäum liegt, erscheint er uns größer und heller... greifbar nah. Ivo Salvini (Roberto Benigni), treuherziger Träumer, entführt uns in seine Reise zum Mond. Lassen wir uns mitreißen!

                "Am Morgen des 21. Januars 2019 gegen 4.43 Uhr beginnt der Mond sich zu verdunkeln. Ab 5.41 Uhr beginnt dann die totale Mondfinsternis. Der Mond färbt sich blutrot. Über eine Stunde dauert es, bis der Mond wieder aus dem Erdschatten austritt."

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                  mariega 17.01.2019, 20:43 Geändert 17.01.2019, 21:02
                  über Colette

                  « Moi, c’est mon corps qui pense. Il est plus intelligent que mon cerveau. Il ressent plus finement, plus complètement que mon cerveau. Quand mon corps pense... tout le reste se tait. À ces moments-là, toute ma peau a une âme. »
                  Colette

                  Bei mir denkt der Körper. Er ist intelligenter als mein Hirn. Er fühlt noch feiner, vollkommener als mein Hirn. Wenn mein Körper denkt... schweigt der Rest. In diesen Momenten hat meine Haut eine Seele.

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                    mariega 15.01.2019, 12:12 Geändert 15.01.2019, 13:18

                    Mise en abyme à la Truffaut : la continuité de l'art

                    Die Kontinuität in der Kunst

                    Le dernier Métro - 1979 - Die letzte Metro (François Truffaut)
                    Szene im Theater mit Depardieu und Catherine Deneuve (Marion im Film)

                    Depardieu: Tu es belle, si belle que te regarder est une souffrance.
                    Deneuve: Hier, vous disiez que c'était une joie.
                    Depardieu: C'est une joie…et une souffrance.

                    - Du bist schön, so schön, dass dich anzusehen, ein Schmerz ist.
                    - Gestern sagten Sie, es wäre ein Glück.
                    - Das ist Glück... und Schmerz zugleich.

                    10 Jahre früher in

                    La sirène du Mississipi - 1969 - Das Geheimnis der falschen Braut (François Truffaut)
                    Die letzte Szene des Films mit Belmondo und Catherine Deneuve (Marion im Film):

                    Belmondo: Tu es belle, si belle que te regarder est une souffrance.
                    Deneuve: Hier, vous disiez que c'était une joie.
                    Belmondo: C'est une joie…et une souffrance.

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                    • mariega 10.01.2019, 14:10 Geändert 10.01.2019, 14:15

                      IM WINTER VERLOREN

                      Das ist alles Schnee von gestern
                      Libérée, délivrée, je suis là!

                      https://www.youtube.com/watch?v=wQP9XZc2Y_c

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                        LE TEMPS DE VIVRE
                        Die Zeit zum Leben

                        https://www.youtube.com/watch?v=RjEk0AMpI90
                        Georges Moustaki

                        Nous prendrons le temps de vivre
                        D'être libres, mon amour
                        Sans projets et sans habitudes
                        Nous pourrons rêver notre vie
                        Viens, je suis là, je n'attends que toi
                        Tout est possible, tout est permis

                        Wir werden uns die Zeit zum Leben nehmen,
                        um frei zu sein, meine Geliebte
                        Ohne Pläne und Gewohnheiten
                        werden wir unser Leben träumen.
                        Komm, ich bin hier, ich warte nur auf dich
                        Alles ist möglich, alles ist erlaubt

                        Ein Roadmovie ohne Road
                        Ein Abenteuer ohne Abenteurer
                        Eine Midlife-Crisis ohne Krise
                        Ein Flug ohne Flugzeug
                        Ein Traum ohne Überheblichkeit
                        Ein Leben ohne Pläne
                        Ein Film mit Gefühlen
                        Ein Film zum Verlieben

                        Mein Wunsch für alle Moviepiloten: Nehmen wir uns die Zeit...

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                        • Manche kluge Frau ist nur deshalb allein, weil sie es nicht verstanden hat, ihre Klugheit zu verbergen.

                          Daphne du Maurier

                          In einer Kurzbiographie aus dem Jahr 1940 wird die Autorin folgendermaßen charakterisiert:

                          „Daphne du Maurier, mit dem bürgerlichen Namen Lady Daphne Browning, ist Engländerin, doch ihre Vorfahren waren aus Frankreich geflüchtete Hugenotten. Schon der Großvater hatte Romane geschrieben, der Vater war Schauspieler und Theaterdirektor. Das begabte Mädchen verfaßte bereits mit dreizehn Jahren gefühlvolle kleine Novellen, mit Zweiundzwanzig wurde sie von einem talentewitternden Redakteur »entdeckt«, und damit war die Entscheidung über ihren Beruf gefallen, sie wurde Schriftstellerin und Journalistin. Nach ihrer Heirat (1932) mit Lord Browning, dem späteren Generalleutnant und Schatzkanzler des Herzogs von Edinburgh, gab sie das Schreiben keineswegs auf, 1938 stellte sich mit ihrer »Rebecca« der große Erfolg ein: Sie wurde mit einem Schlage berühmt und so reich, dass sie das mysteriöse Schloß, in dem der Roman spielt, erwerben konnte. Sie bewohnt es noch heute, und auch der Erfolg ist ihr bis heute treu geblieben, sie gehört zu den meistgelesenen englischen Schriftstellerinnen.“

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                            mariega 04.12.2018, 13:47 Geändert 04.12.2018, 13:48

                            Der letzte Kaiser: Pu Yi oder Bernardo Bertolucci?

                            On vit les uns contre les autres: Man lebt nebeneinander oder gegeneinander?
                            Letzten Endes ist man sich darüber im Klaren, dass man allein auf der Welt ist.

                            Je pense que je suis, comme disait Robert Bresson, «un pessimiste gai et un optimiste triste». Bernardo Bertolucci

                            Ich denke, dass ich, wie Robert Bresson es sagte, "ein fröhlicher Pessimist und ein trauriger Optimist" bin. Bernardo Bertolucci

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                            • Charlotte et Serge Gainsbourg
                              Es ist nicht immer leicht für Charlotte mit so einem genialen verrückten Vater gewesen

                              https://www.youtube.com/watch?v=LEQHeuF9TPc

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                              • Oh, ich habe nur 8 gesehen!!! Blübbär, was soll ich tun: Mein Leben reicht nicht :D

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                                • Schöne Idee!
                                  Ich hätte einen Artikel zu "Der englische Patient" von Anthony Minghella (1996), der zu deiner Liste passen würde:
                                  https://www.moviepilot.de/news/die-franzosische-patientin-198123

                                  Aber ich überlege natürlich etwas Kürzeres ;)

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                                    mariega 22.11.2018, 23:54 Geändert 23.11.2018, 01:08

                                    Wenn die Tage verblassen, die Bäume Trauer tragen, der Morgen sich als Abend verkleidet, wenn der Winter sich nähert, zum Trost und wie das Abendbrot braucht Marie nur noch ihren Hercule Poi...rot.

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                                    • mariega 16.11.2018, 22:07 Geändert 16.11.2018, 22:33

                                      Miloš ganz nah
                                      Gestern lernte ich dank meiner tschechischen Freundin Olga den tschechisch-amerikanischen Schriftsteller sowie Drehbuch- und Theaterautor Jan Novák (geb. 1953) kennen. Eine unvergessliche und extravagante Begegnung, die bis tief in die Nacht ging. Zu seinem Werk gehören Interviewbücher, Dokumentarfilme und mehr als zehn Prosawerke. Für große Aufmerksamkeit sorgten der Roman "Zatím dobrý" - So weit so gut -, (2004), das Scenario zum Comic "Zátopek" (2016), das Jaromír 99 gezeichnet hat und "Co já vím?" - Was weiß ich? (1994) - eine Biografie von Miloš Forman.
                                      Mit Miloš schrieb Jan Novák das Drehbuch des Films "Valmont" (1989), der auf dem Briefroman "Gefährliche Liebschaften" von Choderlos de Laclos beruht.
                                      "Während der Arbeit, sagte Jan Novák sehr bescheiden, war ich nur der Radiergummi des Bleistiftes, den Miloš in der Hand hielt."
                                      Für eine kurze Zeit flog ich ganz nah über das Kuckucksnest.

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                                      • mariega 12.11.2018, 19:54 Geändert 12.11.2018, 19:56

                                        675 Filme!!! Und was für Filme!!! Und das Jahr ist noch nicht vorbei!!! Saperlipopette !!!
                                        Je t'admire!!!

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                                        • Félicitations Laudania für die „Laudatio“ wie Sterni zurecht deinen wunderschönen Kommentar nannte!

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                                          • mariega 08.11.2018, 17:25 Geändert 08.11.2018, 23:54

                                            « Dabadabada », « Badabadabada » oder « Chabada-bada » ?

                                            Francis Lai, der französische Komponist und Akkordeonist, verstarb im Alter von 86 Jahren.
                                            « C’était l’homme de ma vie » - Es war der Mann meines Lebens - sagt der Regisseur Claude Lelouch. Musikalisch ließ Francis Lai das Herz seiner Filme schlagen: "Vivre pour vivre", "Un homme qui me plaît", "13 jours en France", "La vie, l’amour, la mort", "Le voyou", "L’aventure, c’est l’aventure", "Itinéraire d’un enfant gâté". Weltruhm erlangte er mit der Filmmusik zu "Un homme et une femme (1966).

                                            Für die Titelmelodie zu Love Story, welche sich sechs Millionen Mal verkaufte, erhielt er 1970 den Oscar für die beste Filmmusik.

                                            Monsieur Lai, wir werden es nie erfahren: Wie lautet die Musik zu "Ein Mann und eine Frau « Dabadabada », « Badabadabada » oder « Chabada-bada » ?

                                            https://www.youtube.com/watch?v=kkPfGxPnnj8

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                                              mariega 06.11.2018, 13:16 Geändert 08.11.2018, 17:51

                                              "Soy Cuba*
                                              Ich bin Kuba
                                              Una vez aquí desembarcó Colón
                                              Einst ging Kolumbus hier an Land
                                              Él escribió en su diario
                                              Er schrieb in sein Tagebuch
                                              Es la tierra más hermosa
                                              Es ist das schönste Stück Erde,
                                              Que ojos humanos vieron
                                              Das je ein Mensch gesehen hat
                                              Gracias, señor Colón
                                              Danke, Herr Kolumbus
                                              Cuando Usted me vio por primera vez
                                              Als Sie mich zum ersten Mal sahen
                                              Yo cantaba y reía
                                              Sang und lachte ich
                                              Yo saludé las velas con soberbia
                                              Voller Stolz winkte ich den Segeln zu
                                              Creí que me traían felicidad
                                              Ich dachte, sie brächten mir Glück
                                              Soy Cuba
                                              Ich bin Kuba
                                              Mi azúcar, se lo llevaron los barcos
                                              Meinen Zucker nahmen die Schiffe mit
                                              Mis lágrimas, me las dejaban
                                              Meine Tränen ließen sie hier
                                              Extraña cosa es el azúcar, señor Colón
                                              Zucker ist etwas Sonderbares
                                              Tanto llanto en ello
                                              So viele Tränen sind darin
                                              Y sin embargo es dulce
                                              Und trotzdem ist er süß
                                              Soy Cuba
                                              Ich bin Kuba
                                              Los hombres cuando nacen
                                              Den Menschen stehen bei ihrer Geburt
                                              Tienen dos caminos
                                              Zwei Wege offen
                                              Él del yugo que obliga y sojuzga
                                              Der des Jochs, das sie knechtet
                                              O él de la estrella que ilumina y mata
                                              Oder, der des Sterns, der sie erleuchtet und tötet
                                              Escogerás la estrella
                                              Wenn du den Stern wählst"

                                              *Text aus der Eröffnungssequenz des Filmes Ich bin Kuba

                                              Mit der Zeit verlor ich nie meinen Glauben an einen wohltuenden Kommunismus, so eine Art Lebensgemeinschaft wie bei den Lengua-Indianern im paraguayischen Chaco, denn die tiefe Aufrichtigkeit meines kommunistischen Deutschlehrers hatte mich geprägt. Meine Sympathie für einen Sozialstaat sowie für die Revolution gegen Diktaturen bleibt bis heute unantastbar, aber als ich einen alten Mann auf Kuba traf, verwischten die Konturen meiner bisherigen schwarz-weißen Weltanschauung, und das Wort Freiheit nahm seine wahre Größe an: Kein politisches Ideal, so sehr ich die kubanische Revolution respektiere, kann das Einsperren von Menschen rechtfertigen.
                                              Wir verbrachten, mein Freund und ich, zwei Wochen Urlaub mit deutschen Freunden auf der karibischen Insel. Es war mein Vorschlag gewesen, denn ich wollte mich mit der Kultur eines Landes befassen, das ich in vielen Hinsichten bewunderte. In dem Kampf David gegen Goliath ergriff ich selbstverständlich Partei für den Schwächeren, also für Kuba. Auf der Insel nutzte ich jede Gelegenheit, mit den Menschen, die dort lebten, zu sprechen. Ich merkte sofort, wie damals in Spanien kurz nach Francos Tod, dass die Meisten, wenn es um Politik ging, sehr vorsichtig waren. Unter den Arkaden der Plaza Vieja in Havanna versuchte Lea, meine deutsche Freundin, sich mit einem Kubaner in weißem Anzug zu unterhalten. Wir wollten an diesem Tag eine Tabakfabrik besichtigen. Der alte Mann, der den Stadtplan und den suchenden Blick von Lea richtig interpretierte, hatte seine Hilfe angeboten. Lea, die nur bedingt Spanisch verstand, hatte mich als Verstärkung gerufen. Die auffällige Eleganz des Mannes verlor mit jedem Schritt der Annäherung an Glanz, bis ich, als ich direkt bei ihm stand, feststellte, dass die Wirklichkeit nur ein trauriger Schein war. Die weiße Farbe des Anzugs war durch die unzähligen Spuren des Alltags gebrochen, das Hemd hatte einen ideellen Zustand erreicht, die Fliege war aus Papier und die Füße waren nackt in den löchrigen Schuhen, die mit viel Fantasie an eine tänzerische Vergangenheit aus dem Buena Vista Social Club erinnerten. Der dicke Habano in seinem Mund verlieh ihm die Vornehmheit eines Grandseigneurs. Das Alter hatte die Grazie der Silhouette, die sich vom kolonialen Hintergrund wie ein Scherenschnitt abhob, nicht beeinträchtigt. Die undefinierbare helle Farbe der Augen entzündete wie Wunderkerzen die dunkle verknitterte Haut des Gesichts und durchleuchtete mich. Geblendet blieb ich einige Sekunden still. Ich hörte wie in Trance seine melodische Stimme, die mir den Weg zu der Zigarrenfabrik, la Real Fábrica de Tabacos Patargás, Calle Indústria, in dem Barrio Chino, direkt hinter dem Kapitol beschrieb. Dort könnten wir Montecristo, Cohíba, Robaina, Romeo y Julieta kaufen. ¡Buenos puros! Die Zigarrennamen klangen wie aus einer Liebesgeschichte. Ich bedankte mich für seine Freundlichkeit und lobte seine jugendliche Fröhlichkeit. Der Kubaner musterte mich. Aus welchem Land ich stamme, wollte er wissen. „Aus Frankreich“, verriet ich ihm mit einem Lächeln. Welche Sprache ich aber vorhin mit meiner Freundin gesprochen habe, insistierte er. „Deutsch“, antwortete ich. „Und Sie sprechen mit mir Spanisch!“, sagte er, indem er seine schleierhaften Augen ganz groß öffnete. „Von allem etwas, aber letztendlich nichts Richtiges“, erwiderte ich entschuldigend. Die Überheblichkeit meiner Position wurde mir immer peinlicher. „Sie sind sicherlich viel rumgekommen!“ Ich las in seinem Blick eine müde Leere. „Ja, das Glück habe ich. Aber, Señor, Sie strahlen so viel Lebensfreude aus. Sie scheinen Ihr Glück hier gefunden zu haben!“ Ich kam mir wie eine arrogante Rechtsanwältin vor, die den Gefangenen mit einem „Sie werden im Gefängnis wenigstens die Zeit zum Nachdenken haben!“ beruhigt. Der alte Mann nahm sich die Zeit, die er wohl als einziges im Überfluss besaß, um zu antworten. Ich ließ mich von dem 2/4- Takt seines Habanera Tanzes führen und respektierte die Pausen. Lea beobachtete unseren langsamen Pas de deux und wunderte sich sicherlich über meine ungewohnte Zurückhaltung. Nach einer Weile fing er an, mit einer Stimme, die an die Guajira Musik einer Tres-Gitarre erinnerte, zu erzählen: „Für den Fremden wirkt die Misere unter der kubanischen Sonne erträglicher. Unsere äußere Unbekümmertheit ist eine Tarnung. Die dicken Zigarren dienen mehreren Zwecken: Sie stillen den Hunger, stopfen uns den Mund und vermitteln den Touristen ein Bild des Wohlstands. Die Augen sind nicht das Schaufenster der Seele, sie sind die Maske, die uns hilft gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie lachen, aber das Herz blutet. Wir sind wie unsere Autos, nach außen eine flotte Karosserie, aber im Tank kein Sprit zum Wegfahren. Sie sind eine junge Frau, die viel reist. Ich habe nichts zum Verschenken, aber nehmen Sie, bitte, ein Auge von mir mit, zwei brauche ich nicht mehr, ich habe alles auf der Insel gesehen, und vor dem grünen Kaiman muss ich mich nicht mehr fürchten, ich kann loslassen, altes Fleisch frisst er nicht! Stecken Sie das Auge in Ihre Tasche und schauen Sie auf Ihren weiteren Reisen die Welt für mich an.“ Er verabschiedete sich mit einem „¡Adió‘ señora!“ und verschwand wie der Rauch seiner Zigarre. Ich blieb mitten auf dem Plaza Vieja wie ein zerdrückter Zigarrenstummel stehen. Lea fragte mich besorgt, was der Mann erzählt hätte, dass ich so fassungslos aussah. Ich sagte, dass ich eine neue Aufgabe bekommen hätte. „Und die wäre?“, wollte Lea wissen. „Ich habe ein Auge geschenkt bekommen, nun werde ich die Welt aus drei verschiedenen Blickwinkeln betrachten müssen.“

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                                                Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist immer noch die Schönste im ganzen Land?

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                                                  Wegen des deutschen Titels vorgemerkt :D
                                                  Place publique = Champagner & Macarons! Wie wird der englischer Titel lauten? Whisky & Marshmallows?

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                                                    mariega 30.10.2018, 00:48 Geändert 30.10.2018, 00:52

                                                    BERUF: REPORTER
                                                    Der Journalist Paul Kerjean (Patrick Dewaere grandios, fast zu brav) kämpft allein gegen ein multinationales Unternehmen.
                                                    Henri Verneuil (Der Clan der Sizilianer - 1969) behandelt 1982 ein immer noch aktuelles Thema TAUSEND MILLIARDEN mal besser als manch modernere Filme.

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