Mattscheibenvorfall - Kommentare
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So geht es zu in der dystopischen Welt, die der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos für rund zwei Stunden Dauer mit seinem ersten englischsprachigen Film auf der Leinwand entwirft: wer keinen Partner hat, wird dazu gezwungen, sich einen zu suchen. Alleinstehende werden nicht geduldet, ausgegrenzt, interniert. Seine Vision der modernen Gesellschaft ist völlig auf Paarstrukturen ausgelegt, der Hauptaugenmerk bei der Partnersuche liegt auf rein oberflächlichen Merkmalen und das einzelne und somit vielleicht freiere Individuum bekommt dort keinen Raum mehr zur Entfaltung. Gefühle spielen, wenn überhaupt, nur noch eine maximal untergeordnete Rolle und auch die Kommunikation untereinander ist lediglich auf reine Zweckmäßigkeit ausgelegt.
Seine Herangehensweise ist dabei die gleiche wie noch bei seinem Film Dogtooth (2009), wenn er sich einem gesellschaftskritischen Thema annimmt und dieses in einem überspitzten Mikrokosmos wie unter einem Vergrößerungsglas weiterspinnt, dreht und wendet. Angetrieben von den Erzählungen einer Stimme aus dem Off, durch die der Film beinahe schon den Charakter einer Literaturverfilmung bekommt, zieht uns Lanthimos immer tiefer und tiefer in seine skurrile, befremdliche wie gleichsam vertraute und seltsam kühle Welt, erklärt Regeln und Mechanismen und erlegt sie seinen Figuren auf, ohne das diese jemals ernsthaft hinterfragt werden, und seien sie noch so bizarr. Und das wirklich absurde bei all diesen Abstrusitäten ist: beschließt David erst einmal kurz vor Ablauf seiner Frist zu fliehen, trifft er schließlich im Wald auf eine Gruppe von aussätzigen Singles, die sogenannten Loner, die auch von den Bewohnern des Hotels mit Betäubungsgewehren gejagt werden. Jeder Abschuss bedeutet einen zusätzlichen Tag im Hotel.
Die Loner jedoch haben ihre ganz eigenen, nicht weniger drastischen Regeln, das Individuum und seine Entfaltung stehen hier über allem, jeder für sich. Flirten, Küssen, sich verlieben oder gar Sex sind verboten und stehen unter drastischen Strafen. Hier trifft David auch auf eine Frau, verkörpert von der wundervollen Rachel Weisz, in die er sich ironischerweise letztlich verliebt und erneut die Flucht planen muss. Der vermeintliche Ausweg entpuppt sich als kaum weniger schrecklicher Albtraum. Natürlich zeigt uns Lanthimos mit The Lobster letztlich eine Allegorie auf bestimmte Teile der modernen Gesellschaft und nutzt seinen absonderlichen Plot für eine vielschichtige Reflexion über das heutige Paarverhalten und die Liebe in unseren schnelllebigen Zeiten. Über Online-Dating, Tinder, Lovoo und Konsorten, eine Welt voller Matches, voller Oberflächlichkeiten, voller Angst vor dem Alleinsein. Lanthimos führt uns vor, wie wenig wir mit uns selbst zu Recht kommen, wie schwer es heutzutage fällt, sich als (glücklicher) Single aufrichtig definieren zu können. Partnerschaft um jeden Preis, koste es was es wolle, und seien es die individuellen Freiheiten, nur um nicht allein sein zu müssen. The Lobster ist vor allem ein Film über das Arrangieren mit Umständen, die nicht zu einem gehören, über das gefallen wollen, anstatt gemocht zu werden, über das Abstreifen grundlegender Elemente der eigenen Persönlichkeit, eingetauscht gegen bequeme wie hohle, allenfalls oberflächliche Charakteristika. So humorvoll wie zynisch macht Lanthimos seinem Zuschauer die Korrelation zwischen Selbstdarstellung und Außenwahrnehmung geradezu überdeutlich, treibt sie auf die Spitze, bleibt aber dennoch am Kern ohne es ins Lächerliche zu ziehen oder sich darüber abfällig lustig zu machen.
Yorgos Lanthimos hat mit seinem jüngsten Werk eine herrlich absurde wie zutiefst wahre Parabel auf die Liebe im modernen Zeitalter abgeliefert, die mich nachhaltig beeindruckt hat, die lange in meinen Gedanken Nachklang fand und die zweifellos noch lange von Bestand bleiben wird. The Lobster ist klug, düster, skurril, wunderschön, dramatisch, grausam, witzig, verrückt, schmerzhaft und zutiefst ehrlich und ließ mich ziemlich sprachlos zurück. Eine unbedingte Empfehlung!
Don Siegel liefert mit Charley Varrick nun nur zwei Jahre nach Dirty Harry mit Clint Eastwood einen Film, der mich ziemlich überrumpelt hat. Recht lakonisch und deutlich beschwingter als der so zynische Vorgänger, macht Charley Varrick lange durchaus auch immer mal wieder Spaß, bis sich mehr und mehr die eigentlichen Ausmaße der Geschichte offenbaren und die Ereignisse immer tragischer werden. Und das Drehbuch von Howard Rodman und Dean Riesner, basierend auf dem Roman The Looters von John Reese, ist ein ganz wunderbares Beispiel für gelungenes story telling anhand von winzigen wie zunächst unauffälligen Kleinigkeiten. Sehr früh und unaufdringlich, geradezu aufreizend beiläufig, etabliert der Film Dinge, die im späteren Verlauf noch von Bedeutung sein werden – ein Ehering, ein Gespräch über einen Zahnarzt, eine Vergangenheit als Kunstflieger. Nicht weniger faszinierend und reizvoll finde ich, wie wenig man als Zuschauer anfangs über die näheren Zusammenhänge weiß, deren eigentliche Komplexität sich mit fortschreitender Handlung nach und nach immer weiter Schicht um Schicht zwiebelartig herausschält.
Es ist der Moment in Charleys Wohnwagen, wenn er und Harman feststellen, dass sie bei weitem mehr Geld bei dem Banküberfall erbeutet haben als ursprünglich gedacht, in dem klar wird, dass das alles wohl kaum gut wird enden können. Harman ist außer sich vor Freude, blind, vielleicht, bestimmt sogar naiv, und glaubt, das große Los gezogen zu haben, Charley hingegen ist sofort misstrauisch, ahnt Böses und ist alles andere als glücklich über die fette Beute. Eine kleine Szene, die jedoch ihre beiden Figuren auf den Punkt genau geradezu perfekt charakterisiert. Rückblickend betrachtet ist die Besetzung des Charley Varrick mit Walter Matthau absolut genial, denn zumindest in meiner Erinnerung war er abonniert auf zwar leicht schrullige, aber dennoch liebenswerte Charaktere, gern in Kombination mit Jack Lemmon wie in The Odd Couple (Ein seltsames Paar). Insofern ist die berechnende Präzision und kühle Überlegtheit seines Verrick angesichts einer solch ausweglosen wie tragischen Situation dann doch sehr überraschend.
Völlig anders als Clint Eastwood, der zwei Jahre zuvor noch mit seinem Dirty Harry im Grunde nur die moderne Großstadtvariante seiner Figuren aus den Filmen von Sergio Leone gab, wortkarg und zynisch, ein Mann, der gar nicht anders kann. Da tut Varrick alles, was nach dem Banküberfall geschieht aus einem bestimmten Grund, welcher sich für den Zuschauer zwar in dem Moment nicht unbedingt offenbart, später aber in jedem Fall noch von Bedeutung sein wird. Harman ist das genaue Gegenteil, jung, nicht der Hellste, ein Heißsporn, der nur das Geld und dessen Vorzüge sieht, nicht aber die Gefahren, die dessen Besitz mit sich bringt. Er würde sich am liebsten sofort absetzen und das Geld mit vollen Händen ausgeben für Frauen und Schnaps. Das Konfliktpotential zwischen den beiden ist also schnell vorhanden, doch die ruhige und überlegte Konfliktbewältigung von Charley erweist sich mittelfristig als die deutlich bessere Strategie. Denn einfach abhauen und untertauchen ist für ihn keine Option. Nicht, wenn man die Mafia auf den Fersen hat.
Eigentlich hatte ich Luc Besson nach Malavita und Lucy irgendwie für mich bereits abgeschrieben, denn an seine großen Momente mit Nikita, Leon und Das 5. Element konnte er nun wirklich nicht anknüpfen. Und ich muss ehrlich zugeben: im Falle von Valerian and the City of Thousand Planets wurde ich glatt zum Opfer meiner eigenen Vorurteile, wollte ich den Film nach den ersten Trailern doch lieber gleich ganz meiden. Nun ergab es sich dennoch ihn zu schauen und er hat mir deutlich besser gefallen als ich es im Vorfeld erwartet hatte. Das 137 Minuten lange, grellbunte und hemmungslos überdrehte Weltraum-Spektakel ist eine Verfilmung der 22teiligen Comicreihe Valérian Et Laureline aus der Feder von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin und schon seit vielen Jahren ein absolutes Wunsch -und Herzensprojekt von Luc Besson. Schon sein Film Das 5. Element – wie Star Wars seiner Zeit übrigens auch – war stark davon inspiriert, aber eine direkte Umsetzung des Stoffes war zu der Zeit technisch schlicht und ergreifend nicht möglich. Der Erfolg von Lucy allerdings macht es nun möglich und Besson kann sich mit einem Budget von rund 180 Millionen Dollar austoben. Und das tut er! Valerian ist ein Film geworden, der in Hollywood in dieser Form wohl nie möglich gewesen wäre: zu verrückt, zu bunt, zu überladen, im Grunde einfach zu viel von allem. Besson leert genussvoll ein ganzes Füllhorn an kreativen Ideen und Einfällen auf die Leinwand und vermischt all das zu einer rasanten wie unterhaltsamen Achterbahnfahrt. Ein riesiges wie vielfältiges Universum als Rummelplatz voller unendlicher Möglichkeiten.
Wie auch seine gezeichnete Vorlage bietet Valerian reichlich turbulente Abenteuer, aufregende Alien-Rassen, atemberaubende Welten, eine Prise Humor und einen Hauch unschuldiger Erotik: von der frechen wie selbstbestimmten Laureline sagte Besson selbst einmal, dass sie in jungen Jahren seine erste große Liebe war. Und es fällt auch nicht allzu schwer, diese als Blaupause für all die starken Frauenfiguren zu erkennen, welche seine Filme gern mal bevölkern. So weiß zu meiner Überraschung – in Suicide Squad konnte ich so gar nichts mit ihr anfangen – auch Cara Delevingne als Laureline zu überzeugen und spielt die tollkühne wie sarkastische Weltraum-Agentin mit einer Mischung aus Stärke und Sanftmut. Eine Heldin, die im Zweifel den empathischen Weg abseits der Vorschriften wählt und dazu noch ihrem eigentlich Vorgesetzten Valerian eine Lektion in Sachen Liebe und Humanismus erteilen darf. Im Gegenzug dazu gibt Dane DeHaan eben jenen Valerian als wunderbar selbstverliebten und herrlich arroganten Frauenhelden. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auch und der verbale Schlagabtausch untereinander versprüht seinen ganz eigenen Charme zwischen Neckereien und duellartigen Wortgefechten. Das findet man nicht allzu oft: im Gegensatz zu vielen ernsteren Science Fiction-Blockbustern heutzutage ist Bessons Film humorvoll, aber nicht zynisch, ein wenig erotisch, aber nicht schmierig, und zeugt von einem geradezu entwaffnend naiven Charme und der offensichtlich immens großen Verspieltheit seines Regisseurs.
Natürlich ist Valerian auch der ehrgeizige wie riskante Versuch, der beinahe erdrückenden Dominanz amerikanischer Comic-Blockbuster eine opulente und visuell kraftvolle Alternative entgegenzusetzen – immerhin ist es der teuerste europäische Film aller Zeiten. Dabei wird aber auch eines der Probleme von Valerian recht schnell offensichtlich, wenn bereits früh deutlich wird, dass Besson eindeutig mehr Wert legt auf die visuelle Überwältigung als auf eine ausgearbeitete Story oder durchdachte Figuren. Ihm geht es eher um das Mitreißen seines Publikums, um die Möglichkeiten, welche ihm das moderne Filmemachen bietet und das Ausloten technischer Grenzen. Der Film beginnt mit einer stimmungsvollen Montage, wunderbar unterlegt mit dem Song Space Oddity von David Bowie, zeigt uns danach das tragische Schicksal einer uns noch unbekannten Alien-Rasse in betörend schönem Setting und setzt dann zu seiner ersten wahnwitzig inszenierten Actionsequenz an, welche krachend die beiden Protagonisten einführt. Danach jedoch beginnt der Plot zu zerfasern, bekommt einen eher episodischen Charakter und wird von Besson genutzt, um diverse Gastauftritte von Ethan Hawke, Herbie Hancock oder Rihanna unterzubringen.
Ich muss es zugeben: Valerian and the City of a Thousand Planets hat mir deutlich besser gefallen als erwartet. Sicherlich ist hier nicht alles perfekt, aber ich möchte diesen Film einfach gern haben, appelliert er doch so sehr an unsere nahezu grenzenlose Imagination wie kaum ein anderer in letzter Zeit. Luc Besson tobt sich hier buchstäblich vollkommen aus, lässt seiner Kreativität freien Lauf und inszeniert einen visuellen Rausch aus grellen Farben, fantastischen Settings, exotischen Aliens und beeindruckenden Effekten. Zudem gibt mir der Film ein Gefühl, welches ich schon lange nicht mehr hatte im modernen SF-Blockbuster-Kino: er deutet eine Welt hinter der Leinwand an, ganz so, als wäre in diesem Universum noch unendlich viel Stoff für unzählige fantastische Geschichten. Bessons jugendlicher Elan ist kaum zu übersehen und jederzeit ebenso spürbar wie seine riesige Liebe zur Vorlage und so erschafft er einen geradezu unwiderstehlichen Spielplatz voller großer Ideen, eine ganze Welt voller Abenteuer und Entdeckungen, in der einfach alles möglich scheint, und reißt mich zu einer eigentlich eher abgedroschenen Formulierung hin: das ist Eskapismus in Reinkultur. Denn genau das ist es. Die erzählerischen Schwächen und offensichtlichen Mängel werden übertönt vom Spektakel auf der Leinwand: das kann man nun alles schrecklich albern finden, man kann sich aber auch vom Enthusiasmus seines Regisseurs einfach anstecken lassen.
„WANTED: Someone to go back in time with me. This is not a joke. You´ll get paid after we get back. Must bring your own weapons. SAFETY NOT GUARANTEED! I have only done this once before!”
Mit diesen Worten in Form einer Zeitungsanzeige beginnt das Regiedebüt von Colin Trevorrow. Also der Film, welcher Steven Spielberg so sehr begeisterte, dass er Trevorrow mehr oder weniger vom Fleck weg den Platz auf dem Regiestuhl für Jurassic World anbot. Was ist also dran an Safety Not Guaranteed? Der Film ist beleibe nicht der große Hit, den man anhand solcher Vorschusslorbeeren vielleicht erwarten würde, aber er ist auf jeden Fall eine höchst charmante und sehr liebevoll inszenierte, leicht verschrobene und abgedrehte Indie-Komödie. Wer jetzt an Filme wie Juno oder Little Miss Sunshine denkt, liegt vielleicht ein klein wenig falsch, der Film erinnert eher an den sehr empfehlenswerten neuseeländischen Überraschungshit Eagle Vs. Shark als an das, was Hollywood inzwischen unter dem Deckmantel der Indie-Komödie adaptiert hat.
Treverrows Film ist skurril und verrückt, aber auch genauso liebevoll und warmherzig und stellt seine Figuren ganz klar in den Vordergrund der Geschichte und spielt von Beginn an mit der Erwartungshaltung der Zuschauer, denn bis zum Schluss bezieht das Drehbuch nie konkret Stellung zu den Ereignissen, bis zur letzten Einstellung bleibt offen, ob Kenneth nun ein Spinner ist oder nicht, ob er wirklich durch die Zeit reisen kann. So erzählt Safety Not Guaranteed auch eher weniger von Zeitreisen als von Zeitreisenden, die Frage ist vielmehr das „Warum?“ und nicht das „Wie?“.
Trevorrow vermischt lieber verschrobene Schrulligkeit mit wissenschaftlichen Aspekten und erschafft eine wundersam offene Erzählung, die an den Wunsch appelliert, Träume zu verwirklichen, anstatt sich in kruden Gedankenspielen zu verlieren. Die Charaktere sind es, die den Film ausmachen, nicht seine Geschichte. Darius, Kenneth, Jeff und Arnau, sie alle sind auf ihre Art und Weise Außenseiter und finden auf teils sehr schrägen Wegen zueinander. Der Clou ist, dass diese vier Figuren ganz wunderbar geschrieben sind, in all ihrer Kauzigkeit doch sehr lebensnah und sympathisch, und dass sie genügend erzählerischen Raum bekommen, um sich weit über die Grundprämisse des Films hinaus entwickeln zu können. Es ist eine sehr liebevoll inszenierte, unperfekte Menschlichkeit, die den Zuschauer letztlich sogar so sehr für sich einnimmt, dass es einen an das eigentlich völlig absurde Konzept einer Zeitreise glauben lässt. Tatsächlich ist das am Ende aber auch egal, denn es sind die Figuren, die zählen, ihre Motivation, auf die es ankommt. Die Zeitreise-Thematik bietet da nur das Grundgerüst, um eine berührende Geschichte frei von Klischees und Kitsch zu erzählen.
Safety Not Guaranteed bemächtigt sich einer reichlich schrägen Ausgangslage, um seine Geschichte zu erzählen. Eine kleine, aber sehr feine Indie-Komödie, deren Ansehen sich in jedem Fall lohnt. Toll ausgearbeitete Figuren, ein intelligentes und starkes Drehbuch sowie herrliche Dialoge kommen in dieser warmherzig und erfrischend lebensnah erzählten Geschichte zusammen und ergeben einen mitunter sehr witzigen und klugen Schlagabtausch skurriler Momente und Situationen, der letztlich mit einer Botschaft aufwartet, die wichtiger kaum sein könnte: wir leben nur einmal, also packe Gelegenheiten beim Schopf, folge deinem Instinkt und verwirkliche dich selbst… egal, was andere davon denken könnten.
Matinee ist eine gekonnte und trickreiche Verschmelzung der eskapistischen Wirkung des Kinos mit einer politischen Realität, die das amerikanische Volk zur Zeit der Kubakrise in einen lähmenden Zustand regelrechter Todesangst versetzte. Joe Dante spielt hier mit der Wechselwirkung zwischen fiktionalem und wahrhaftigen Horror und entwickelt in diesem Spannungsfeld eine rundum gelungene Hommage an das Kino der 50er und 60er Jahre mit all seinen B-Movies, voller Liebe zum Detail, die sich irgendwie auch als Plädoyer für kindliche Unschuld im Zeitalter der Angst versteht. So ist es doch eben jener Eskapismus, der viel von unserer Begeisterung für Filme und das Kino ausmacht, die Möglichkeit, für einen kurzen Moment unserem Alltag zu entfliehen, egal, ob nun mit MANT!, Matinee oder welchem Film auch immer, der uns das ermöglicht. So betrachtet ist Joe Dante´s Film eine riesige und wundervolle Liebeserklärung an das Kino selbst und die Macht der bewegten Bilder. In diesem Sinne… watch out for MANT! Half man, half ant – all terror! Bald auch in Ihrem Kino… in Atomo Vision und Rumble-Rama!
Über den Inhalt von Die Haut, in der ich wohne will ich an dieser Stelle nichts verraten, denn jedes Wort könnte hier schon eines zu viel sein. Es ist mein erster Film von Regisseur Pedro Almodóvar und so viel kann ich bereits verraten: es wird sicher nicht mein letzter gewesen sein. Die Haut, in der ich wohne hat eher mich durchschaut als ich ihn. Schon früh im Film glaubte ich, die Handlung verstanden zu haben und zu wissen, wie hier der Hase läuft. Leicht selbstgefällig lehnte ich mich zurück um zu zusehen, wie die von mir zurecht gelegte Theorie nach und nach eintreten würde, nur um irgendwann feststellen zu müssen, dass ich zwar glaubte alles zu wissen, letztlich aber gar nichts wusste. Und dann klappte mir die Kinnlade runter und ich konnte gar nicht fassen, was da eben passiert war.
Der Plot selbst mutet zu Beginn schon ein wenig rätselhaft an, ändert jedoch abrubt und ohne Vorwarnung seine Erzählstruktur, wenn er nahtlos in eine längere Rückblende abkippt und eine scheinbar völlig andere Geschichte ihren Lauf zu nehmen beginnt. Wie clever der gesamte Film tatsächlich erzählt ist, das offenbart sich erst nach und nach, wenn dessen Chronologie zusehends auseinander bricht, zerstückelt und neu zusammengesetzt wird, und so geschickt auch Teile der Handlung spiegelt. Thematisch reißt Die Haut, in der ich wohne viel an, vermag das alles aber mühelos unter einen Hut zu bringen, und platziert sich irgendwo zwischen Cronenberg-artigem Body Horror, dem Frankenstein-Mythos, Wahnsinn, Hybris und Gottkomplex sowie einer Liebesgeschichte verwoben mit Rache und Erotik.
Visuell und inszenatorisch ist das alles makellos wie die Haut der Hauptdarstellerin Elena Anaya und mit seinen unterkühlten wie präzisen und sehr durchkomponierten Bildern wunderbar anzusehen. Für einen so clever erzählten und spannend aufgebauten Plot jedoch war mir das Finale ein wenig zu simpel gestrickt und in seiner letztlichen Auflösung etwas zu zahm. Da wäre im Abgang durchaus noch Potential zu Größerem versteckt gewesen, dennoch ist Die Haut, in der ich wohne ein überaus faszinierender wie befremdlicher Film, der zumindest mich gekonnt und elegant ausmanövrieren konnte und mit einer Mischung aus Staunen und Entsetzen zurückließ.
Es musste also erst ein animierter Stop-Motion-Film daherkommen, um uns im Kino wieder etwas menschlichen Alltag zu zeigen. Einen so verblüffend ehrlichen wie schmerzhaft entlarvenden Film über das Leben und die Liebe gibt es leider viel zu selten zu bestaunen. Mit seinen ausgesprochen präzisen Alltagsbeobachtungen ist Charlie Kaufman hier wahrlich ein meisterhaftes Werk gelungen, das uns viel über uns zu erzählen hat, auch wenn wir vieles davon nicht hören oder gar wahrhaben wollen. Es stimmt: obwohl Anomalisa von Puppen bevölkert wird, ist der Film einer der aufrichtigsten, menschlichsten und wahrhaftigsten seit Jahren. Dass der tricktechnische Aspekt die Grenzen des Machbaren im Bereich Stop-Motion für die nächsten Jahre definieren wird, das ist letztlich nur eine wirklich hübsche Zugabe.
House II: The Second Story ist DER Film, den ich bereits mein halbes Leben lang suche. Als Kind gesehen und sehr gemocht, geriet der Film von Regisseur Ethan Wiley dennoch irgendwie in Vergessenheit und lediglich winzige Splitter fragmentarischer Bilder blieben mir noch in Erinnerung ohne das ich sie je konkret hätte zu ordnen können. Zurück blieb nur dieses vage Gefühl, welches House II seinerzeit bei mir auszulösen vermochte. Die insgesamt vier Filme umfassende House-Reihe fand schon vor geraumer Zeit ihren Weg in mein Regal und der erste Teil wurde auch prompt gesichtet, konnte jedoch kaum bis gar nicht bei mir zünden, so dass ich die restlichen Filme erstmal wieder auf unbegrenzte Teit zurück ins Regal verbannte.
Welch Fehler! Ist der zweite Teil doch nicht nur vollkommen anders, er ist auch deutlich besser. Wenn auch House II eindeutig mehr Fantasy als Horror und vor allem auch eher eine Komödie ist: es brauchte keine zehn Minuten, um mich im Film heimisch zu fühlen. Ich bin mir rückblickend nicht mehr sicher, ob ich als Kind das enorme komödiantische Potential darin erkannte, vermutlich fand ich den einfach eher gruselig, auf jeden Fall aber ungemein faszinierend. Allein all die wunderbaren Jim Henson-artigen animatronischen Puppen wie die Bier trinkende Hunde-Raupe oder der prähistorische Baby-Vogel sind fantastisch und machen richtig viel Spaß. Wo der Vorgänger noch eher dem klassischen Grusel-Szenario des Haunted House zugewandt war, da erweitert der zweite Teil seine Welt um Elemente aus Western, Fantasy, Märchen, Abenteuerfilm und Ausflüge in andere Dimensionen und klatscht einfach mal alles aneinander, was den Machern gerade so einfallen wollte.
Klingt schrecklich chaotisch, funktioniert aber überraschend gut, wenn Jesse und Charlie sehr episodenhaft ihre Abenteuer erleben. House II wirft die abstrusesten Ideen vollkommen selbstverständlich einfach so in den Raum ohne diese groß zu kommentieren und reiht allerlei reichlich durchgeknallte Episoden beinahe nahtlos aneinander. Dabei ist das erzählerische Tempo so hoch, dass man all diesen Unfug gar nicht erst wagt in Frage zu stellen. Wenn dann erst der merkwürdige Elektriker Bill (der tolle John Ratzenberger – vielen wohl bekannt als Postbote Cliff in der Serie Cheers) plötzlich vor der Tür steht, ist das Chaos perfekt. Das alles ist oft reichlich albern, macht aber eben auch verdammt viel Spaß, sofern man sich diesem kindlichen Treiben denn auch hinzugeben vermag. Dann jedenfalls ist House II rasant erzählt, trotz seiner chaotischen Struktur erstaunlich gut getimt, oft beinahe schon grenzdebil unterhaltsam und einfach wahnsinnig lustig, dieser vollkommen hanebüchene Unfug, von dem ich froh bin, ihn nun endlich doch wiederentdeckt zu haben.
If you're frightened of dying and... and you're holding on, you'll see devils tearing your life away. But if you've made your peace, then the devils are really angels, freeing you from the earth... Jacob´s Ladder ist ein verstörendes und in manchen Bildern surreales, manchmal gar Lynch-eskes Mystery-Drama irgendwo zwischen Vietnam-Bewältigung und The Manchurian Candidate voller Symbolik und Andeutungen, welche sich zum Teil erst nach dem Ende des Filmes vollständig entschlüsseln lassen. Es wirkt zuweilen befremdlich, Tim Robbins Jacob dabei zu zusehen, wie er langsam dem Wahnsinn verfällt und Stück für Stück sein Leben zerbricht. Ein visuell ungemein kraftvoller Film, der einen wirren Strom aus Albträumen, paranoiden Episoden und eingeschobenen Rückblenden entfesselt, dem man sich nur schwerlich entziehen kann.
Atomic Blonde ist nach John Wick (welchen er noch zusammen mit Chad Stahelski drehte) die zweite Regiearbeit des ehemaligen Stunt-Koordinators David Leitch und eine Verfilmung der Graphic Novel The Coldest City von Antony Johnston. Und ganz ähnlich zu John Wick und dessen Fortsetzung spielt Atomic Blonde in seiner ganz eigenen, völlig überhöhten wie vollkommen stilisierten Welt fernab jeglicher Wirklichkeit, stellt aber zugleich auch überhaupt nicht den Anspruch daran, realistisch wirken zu wollen. Der Film macht von Anfang an kein Geheimnis daraus, nicht mehr als Style over Substance zu sein, und Style hat er, das muss man ihm lassen. Der historische Kontext des Falls der Berliner Mauer ist innerhalb der eigentlichen Handlung kaum mehr als bloße Fassade und an einer dezidierten Aufarbeitung der Ereignisse ist Atomic Blonde nun wirklich nicht interessiert, wenn er lose Fakten munter mit seiner eigenen Fiktion vermischt. Die Story an sich funktioniert zwar als Vehikel für die Action, als Spionage-Thriller überzeugen kann Atomic Blonde hingegen eher weniger und selbst die denkbar einfach und vorhersehbar vorgetragene Agentenstory dient im Grunde nur dazu, damit Regisseur David Leitch zahlreiche Actionszenen miteinander verknüpfen kann.
Die Action allerdings kann sich mehr als nur sehen lassen und ist tatsächlich das Kern -wie Glanzstück des Filmes. Und so ist die Sahne auf dem Action-Kuchen auch eine der vielleicht stärksten Sequenzen des modernen Actionkinos, wenn in einem Ostberliner Treppenhaus eine komplexe und hervorragend choreografierte, rund zehn minütige Kampfszene ohne erkennbaren Schnitt ihren Auftakt findet, eingefangen von einer zwar sehr dynamischen, aber niemals zu sehr verwackelten Kamera, welche immerzu in Bewegung, aber dennoch sehr fokussiert und dicht am Geschehen ist. Die Action selbst ist wuchtig, druckvoll und kühl, geradezu professionell emotionslos vorgetragen, und verfehlt ihre Wirkung in ihrer einfachen wie präzisen Effizienz zu keinem Moment, denn sie hinterlässt deutliche Spuren. Charlize Theron hat offenkundig versucht soviel wie möglich der Stuntarbeit selbst zu machen, hat sich buchstäblich mächtig reingehangen und im Vorfeld viel trainiert. Und jede Menge Spaß scheint sie dabei auch noch gehabt zu haben. Dass sie auch Actionszenen beherrschen kann, davon bekam man ja bereits in Mad Max: Fury Road einen kleinen Eindruck. Die Figur der Lorraine Braughton verkörpert sie scheinbar mit müheloser Leichtigkeit und überzeugt in dieser Rolle vollkommen. James McAvoy darf ein wenig versiffte Schmierigkeit in den sonst visuell sehr kühl inszenierten Film voller Blau/Grau-Farbfilter und Neonlicht bringen, bleibt aber ein wenig hinter seinen Möglichkeiten zurück. John Goodman bereichert jeden Film, hat hier aber eine eher kleine Rolle auszufüllen.
Atomic Blonde eher als Actionfilm denn als Agententhriller zu begreifen, ist hilfreich, liegen doch auch dort genau seine Kernkompetenzen. Als Thriller ist der Film von David Leitch weniger überzeugend, als reiner Actioner dafür um so mehr. Die Story ist überschaubar und bietet wenig neues, die Action ist dafür im Gegensatz umso eindrücklicher und kann zumindest mit einer größeren Plansequenz aufwarten, welche sicherlich mit zum Besten und Aufwendigsten gehört, was das moderne Actionkino zu bieten hat. Letztlich kann ich nur festhalten: ich hatte verdammt viel Spaß mit Atomic Blonde und bekam ziemlich genau das, was ich mir im Vorfeld von dem Film erhofft hatte.
If they ever find out that I'm worthless, if they ever find out that I'm not enough, I'll be destroyed...
Es ist wahrlich überwältigend zu sehen und vor allem auch zu verstehen, wirklich zu begreifen, was Jim Carrey damals geleistet hat. Er hat Andy Kaufman nicht einfach bloß gespielt, er ist buchstäblich zu Andy Kaufman geworden. Man on the Moon mochte ich schon immer sehr, aber jetzt, nach dieser fantastischen Doku über die Dreharbeiten, bleibt da nur noch grenzenloser Respekt und Bewunderung angesichts dieser Leistung. Jim Carrey ist ein manchmal schon schmerzhaft unterschätzter Schauspieler.
You can fail at what you don't want, so you might as well take a chance on doing what you love - Jim Carrey
Filme über Zeitreisen also... schöne Liste. Und dann auch noch Predestination so hoch bewertet, den mochte ich auch sehr. Kennst du den Film Die Tür von Anno Saul mit Mads Mikkelsen? Ich muss zugeben, den noch nicht gesehen zu haben, obwohl die DVD hier rumliegt. Klingt aber interessant und kommt sicherlich bald in den Player bei mir.
If you're going to follow somebody, youngster, do a better job of it. This world is full of nervous characters. They'd shoot you in the back first, and then introduce themselves... Abseits der großen Namen wie Leone, Sollima oder Corbucci (die heiligen drei Sergios) einer der stärksten Italo-Western überhaupt und leider viel zu unbekannt.
Gleich vorweg: ja, Bright ist in vielerlei Hinsicht wirklich nicht sonderlich gelungen und wahrlich kein guter Film, aber die nach den vielen wirklich schlechten Kritiken und Verrisse zu erwartende Katastrophe blieb in meinen Augen aus. Das also kommt dabei raus, wenn Netflix 90 Mio. Dollar in die Hand nimmt, dem Kino Konkurrenz machen möchte und Max Landis für das Drehbuch und David Ayer für die Regie verpflichtet: ein relativ generischer Misch Masch aus hartem Copthriller und Shadow Run-artiger Fantasy-Action mit einem Spritzer Spacecop L.A. Eine irgendwie recht unglücklich geratene Kombination zweier sehr unterschiedlicher Genre, welche der Film zu einem faden wie oberflächlichen Hybriden versucht zu verschmelzen und dabei überwiegend scheitert, wenn sich Bright weder auf der Ebene des Drehbuchs noch auf der Ebene der Regie für das Potential seiner Welt ernsthaft interessiert. Letztlich ist Bright bei näherer Betrachtung trotz einiger zumindest auf dem Papier durchaus interessanten Ideen kaum mehr als eine weitere Variation altbekannter Motive aus dem Schaffen von David Ayer: Training Day, SWAT, Harsh Times, Street Kings, End of Watch, Sabotage – inklusive einiger recht bedenklicher Ansichten seitens Ayer und nun verquirlt mit reichlich Fantasy-Elementen. Gesellschaftlich aktuell relevante Themen wie Rassismus, Segregation und korrupte Polizeigewalt werden zwar immer wieder aufgegriffen, verkommen allerdings nicht selten zum genauen Gegenteil dessen, was der Film reichlich plakativ versucht zu sagen, wenn Motive dermaßen plump dargestellt werden, dass sie doch wieder nur stigmatisieren.
Grundsätzlich birgt die Prämisse von Bright durchaus ein gewisses Potential und vielleicht würde sich die dort etablierte Fantasy-Welt voller Orks, Elfen, Feen, Drachen und Magie auch für eine Serie eignen. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass mir der Film diese Welt auch etwas näher bringt anstatt mich ins kalte Wasser zu werfen. Stattdessen kümmert sich Bright herzlich wenig um das Wie und das Warum seiner Welt, wird sie doch als dermaßen selbstverständlich aufgebaut ohne auch nur ansatzweise Erklärungen anzubieten, dass mir oft der Zugang verwehrt bleibt. Bright hat sie ja durchaus, die guten Ideen und Ansätze, und hätte etwas Neues erschaffen können, scheitert aber letztlich an seiner Inszenierung. Nicht das Konzept von Max Landis ist das Problem, sondern dessen Ausarbeitung und die Regie von David Ayer. Letztlich geht die gewagte Kombination aus hartem Crime-Thriller im Stile von End of Watch oder Street Kings und Herr der Ringe-artiger und an Shadow Run erinnernder Fantasy nur bedingt auf und krankt vor allem daran, dass sich der Film irgendwie nicht so richtig für seine Welt interessiert und das zweifellos vorhandene Potential allenfalls oberflächlich ausschöpft.
Immer wieder stolpere ich über den Satz „Deutschland kann eben kein Genrekino“. Und jedes Mal denke ich mir: aber das stimmt doch gar nicht. Beweise dafür, dass es nicht stimmt gibt es doch genügend: ob nun das Kino von Roland Klick in den 70ern und 80ern mit Filmen wie Deadlock, Supermarkt oder Whitestar. Oder die Filme von Dominik Graf, der mit Die Katze oder Die Sieger denkwürdige Momente des deutschen Genrekinos schuf und zu den wenigen Regisseuren gehört, denen Tatorte gelingen, die man auch wirklich schauen kann. Oder Filme wie Der Fan von Eckhart Schmidt und Blutiger Freitag von Rolf Olsen – allesamt absolut lohnenswerte Beiträge zum deutschen Genrekino. Und auch aktuell ist das Genre hierzulande vertreten: Der Nachtmahr, Who Am I, Victoria, Wir sind die Flut, Der Bunker, Berlin Syndrome oder eben Auf kurze Distanz.
Das Undercover-Drama von Phillip Kadelbach erzählt uns sicherlich keine neue Geschichte, wenn sich der junge Polizist Klaus Roth nach und nach in die serbische Wettmafia einschleicht. Aber der Film erzählt sie in einem angenehm kleinen Rahmen und bleibt dabei trotzdem packend und spannend. Ein überzeugend authentisches Setting ist das, in welchem sich Roth dort bewegt, und nie wird es reißerisch ausgeschlachtet sondern vielmehr zurückhaltend in Szene gesetzt. Die Figuren im Film verhalten sich realistisch und glaubwürdig, auf Schwarz/Weiß-Malerei wird zu Gunsten moralischer Grauzonen verzichtet und auch die zwischenmenschlichen Töne kommen nicht kurz. Manchmal fühlte ich mich an Eastern Promises von David Cronenberg erinnert und gerade die Familienszenen – eine Taufe beispielsweise innerhalb dieser serbischen Großfamilie – wissen auch zu begeistern, wirken sie eben authentisch. Auch der moralische Konflikt, den Roth im Laufe seiner Undercover-Tätigkeit entwickelt, ist nachvollziehbar und überzeugend dargestellt. Überhaupt ist die schauspielerische Klasse in Auf kurze Distanz erstaunlich hoch und vor allem Tom Schilling und Edin Hasanovic stechen da heraus.
Somit ist der Film von Phillip Kadelbach ein rundherum gelungener Beitrag zum deutschen Genrekino, welcher angenehm wohltuend aus dem sonst eher matschigen Krimi-Einerlei hierzulande hervorsticht und definitiv eine Empfehlung wert ist. Eine Fernsehproduktion, die große Teile der Konkurrenz mühelos hinter sich lässt, indem sie auf ein authentisches Setting, glaubhafte Figuren und eine zwar im kleinen Rahmen aufgezogene, deswegen aber kaum weniger spannenden Story setzt, die gegen Ende noch den einen oder anderen hübschen kleinen Schlenker präsentieren kann.
Was soll ich noch sagen? Mir fehlen die Worte... Mein erstes Mal... so deprimierend wie schön, so niederschmetternd wie hoffnungsvoll...
Für mich einer der aktuell besten Schauspieler überhaupt. Egal, wo ich ihn sehe, er überzeugt mich immer total - Bloodline, The Place Beyond the Pines, Lost River (da hat er eine meiner liebsten Filmszenen überhaupt!), Killing Them Softly, Starred Up, Slow West, Animal Kingdom, sogar in Rogue One... ein unfassbar ausdrucksstarker Darsteller!
Black is the new white… Ein cleverer Satz, der mehr von der eigentlichen Handlung vorweg nimmt, als man anfangs vermuten würde. Aber von Anfang an. Sowohl die Regie als auch das Drehbuch zu Get Out stammen von Jordan Peele, der meines Wissens nach überwiegend als Comedian im amerikanischen Fernsehen bekannt ist und sein Kinodebüt mit nur 5 Millionen Dollar realisieren konnte. Was gab es nicht alles für Vorschusslorbeeren, wurde Get Out vielerorts doch sowohl von den Kritikern als auch von den Kinogängern geradezu in den Himmel gelobt und nicht selten als Rettung des Horrorgenres dargestellt. Kann der Film all dem gerecht werden? Wie so oft lautet die Antwort wohl jein. Er ist zweifellos Teil einer Speerspitze junger Genrefilme wie zuletzt It Follows, Don´t Breathe, The Gift, The Invitation oder The Babadook und ein verdammt guter Film geworden, aber den ganz großen Retter kann ich in ihm auch nicht erkennen.
Auf der strukturellen Ebene arbeitet Get Out wahnsinnig geschickt mit winzigen, aber dafür umso effektiveren Irritationen im sozialen Miteinander und erschafft eine Art diffuse Grauzone, innerhalb derer zwar starkes Unwohlsein entsteht, gleichzeitig aber keine konkreten wie stichhaltigen Anhaltspunkte zur Begründung dafür geliefert werden. Get Out ist randvoll mit pointiert eingesetzten und hochgradig ambivalenten Momenten, welche den Zuschauer immer wieder vor den Kopf stoßen und stark irritieren. Um diesen Effekt der Entfremdung noch weiter zu verstärken, macht es sich Jordan Peele nicht allzu leicht, denn Chris einfach nur stumpf in die Arme zurückgebliebener Hinterwäldler laufen zu lassen, das wäre viel zu einfach. Stattdessen etabliert der Film vielmehr ein scheinbar harmloses, eher politisch links zu verortendes, bürgerliches und gebildetes Umfeld und thematisiert den latenten Alltagsrassismus statt den ganz unverhohlen offensichtlichen. Pseudo-Liberalismus und aufgesetzte Weltoffenheit als Deckmantel ganz anderer Motivationen sind das Ziel von Peeles teils satirischem Ansatz, welchen er sogar noch frech wie mutig überhöht und auf die Spitze treibt, wenn final der Integrationsgedanke geradezu wörtlich genommen wird. Peele beweist in Get Out ein unglaublich feines Gefühl für Genrestrukturen, wenn bereits der Prolog zur eigentlichen Handlung gekonnt tradierte Konventionen nicht nur variiert, sondern lieber gleich auf den Kopf stellt. Laut eigener Aussage ist Get Out inspiriert durch Filme wie George A. Romeros Night of the Living Dead (1968) und The Stepford Wives (1975) von Bryan Forbes, beides ganz eindeutig Produkte ihrer Zeit, die zwar dem Genre Horror zuzuordnen sind, die beide aber auch politische und gesellschaftliche Motive in ihren Handlungen verarbeiten.
Diesen Weg schlägt auch Jordan Peele mit seinem Regiedebüt ein und liefert ein grandios geschriebenes wie inszeniertes, atmosphärisch ungemein dichtes Stück Thriller, dessen gesellschaftliche Relevanz heute kaum größer sein könnte. Dafür braucht es nur wenig mehr als minimale Verschiebungen in der sozialen Interaktion der Figuren, um eine maximale Irritation beim Zuschauer auszulösen. Leider geht gegen Ende ein wenig an Spannung und Reiz verloren, wenn Get Out auf den letzten Metern dann doch noch in Richtung konventionell strukturierten Horror abbiegt. Das ist ein wenig schade, tut dem übrigen Filmvergnügen aber kaum Abbruch. Allein ein konsequenteres Ende hätte ich mir gewünscht, dann hätten wir es vermutlich jetzt schon mit einem modernen Klassiker zu tun und ich müsste Höchstwertungen zücken. Dennoch ist Get Out ein hoch spannender wie wichtiger Film, unglaublich clever geschrieben, extrem gut durchdacht und mit einem Reichtum an Details versehen, der definitiv zu weiteren Sichtungen einlädt. Hut ab!
Nolan inszeniert die Evakuierung allierter Soldaten, welche 1940 in der nordfranzösischen Hafenstadt Dünkirchen in aussichtsloser Lage von den deutschen Streitkräften eingekesselt waren, keineswegs als herkömmlichen Kriegsfilm voller Action, Drama und Heldentum, ja, nicht mal als klassisches Erzählkino, sondern vielmehr als visuelles Erzählen, das in seiner Ausarbeitung extrem reduziert und beinahe schon abstrakt ist, so dass antrainierte Sehgewohnheiten hier gnadenlos unterlaufen werden. Viele herkömmliche Strukturen lässt Dunkirk einfach hinter sich: weder gibt es eine zusammenhängende Story im klassischen Sinne, noch viel Dialog oder ausgearbeitete Charaktere. Anstatt sich mit ausgewählten Figuren identifizieren und mitfiebern zu können, wird der Zuschauer so Teil dieser anonymen Masse an Soldaten, gestrandet in Dünkirchen, ausgelaugt und am Ende ihrer Kräfte, vor sich das Meer und beinahe greifbar die sichere Heimat, hinter sich den Feind und den unvermeidlichen Tod. Mitten im Geschehen statt einfach nur Betrachter von außerhalb. Auch die deutschen Soldaten bleiben kaum mehr als eine diffuse Bedrohung ohne Gesicht, sind zu jeder Zeit aber omnipräsent, was die Spannung nur noch weiter in die Höhe schraubt, wenn immerzu ein weiterer Angriff wie aus dem Nichts erfolgen kann. Christopher Nolan nimmt uns die Krücken, auf die wir uns für gewöhnlich stützen und dazu noch die Orientierung, wirft uns unmittelbar und ganz direkt mitten ins Geschehen, geht von Beginn an ein sehr hohes Tempo und gönnt keine Ruhephase, keine Pause, kein Durchatmen. Dazu inszeniert er Dunkirk räumlich wie zeitlich auf drei verschiedenen Ebenen und spielt mit deren Beschaffenheit, wenn einerseits Land, Wasser und Luft, andererseits drei verschiedene Zeitrahmen kollidieren, sich immer wieder begegnen, sich vermischen und sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Dank dieser nichtlinearen Erzählweise verschwindet jegliches Zeitgefühl und die Orientierungslosigkeit wird nur noch weiter gesteigert. Alles ist im Fluss, driftet auseinander, nähert sich wieder an und verschwimmt letztlich zu einem Erlebnis wie aus einem Guss. Was kompliziert klingt, das entwickelt auf der Leinwand schnell seine ganz eigene Dynamik und eine geradezu unwiderstehliche Sogkraft.
Der Film war für mich im KIno ein Erlebnis, das ohne Umwege über den Kopf direkt in den Bauch zielt. Pures Überwältigungskino, so rauschhaft und bildgewaltig, eindringlich, intensiv und brachial wie ich es ehrlicher Weise noch nie erlebt habe. Nolans neuester Film ist unglaublich mitreißend und dicht inszeniert und verweigert sich dennoch oftmals tradierten Sehgewohnheiten. Klassische dramaturgische Elemente wie eine kohärente Story, ausgearbeitete Charaktere oder Dialog sucht man eher vergeblich und dennoch funktioniert das im Ergebnis ganz hervorragend.
Sehr empfehlenswerter und außergewöhnlicher, weil erstaunlich differenzierter Beitrag zum Spätwestern. Der Film ist mehr von seinen vielschichtig dargestellten Charakteren getrieben und deutlich weniger von Bewegung und Action. Noch nicht so moralisch fragwürdig wie vielleicht manch späterer Film von Michael Winner. Auch der Zynismus ist noch längst nicht so ausgeprägt. In Lawman prallen zwei verschiedene Moralvorstellungen aufeinander, aber keine der beiden hat weder wirklich recht noch unrecht. Beide lassen sich nachvollziehen. In diesem psychologischen Spannungsfeld schaukeln sich die Ereignisse immer weiter hoch, keine der beiden Seiten will von ihrer Moral abweichen. Gestorben wird hier schmerzhaft, dreckig und blutig, ein bisschen wie bei Peckinpah, nur ohne dessen zelebrierende Ästhetik, und strahlende Helden gibt es auch keine, sondern nur Teilnehmer an einem eigentlich irrsinnigen wie unnötigen Konflikt.
Wie schon mit Blue Ruin liefert Jeremy Saulnier einen weiteren starken Beitrag zum amerikanischen Genre-Kino und dürfte nun wohl aus der Nische des Geheimtipps langsam aber sicher hinaus wachsen. Green Room ist straff und schnörkellos inszeniert, dreckig und brachial, sehr spannend und er nutzt gekonnt sein begrenztes Setting. Seine sparsamen, aber dafür umso intensiveren Gewaltspitzen gehen abermals durch Mark und Bein, brechen vollkommen unberechenbar über die Figuren des Filmes hinein und verschwinden so schnell wie sie passieren. Leider ist die Zeichnung der Protagonisten nicht mehr so ganz gelungen wie noch in Blue Ruin, aber die der Antagonisten umso besser. Letztlich ist Green Room ein fieser kleiner Bastard im Genre der Belagerungsthriller und ich bin jetzt schon gespannt, was Jeremy Saulnier als nächstes machen wird. Seine beiden letzten Filme waren wirklich gutes Genre-Kino abseits ausgetretener Pfade und sehr mutig in ihrer Inszenierung und von derartigen Filmen kann es nicht genug geben. Ein deutlicher Mittelfinger in Richtung der glattpolierten, weichgezeichneten Filmindustrie ohne Ecken, Kanten und Mut zu Experimenten. Danke dafür!
Ich höre sie schon alle schreien, die Gore-Aficionados und Zombiefilm-Connoisseure, ein Beitrag zum Genre mit einer Altersfreigabe von 16? Das geht ja gar nicht! ;) Spaß beiseite: dass das sehr wohl geht, beweist Train to Busan vom koreanischen Regisseur Yeon Sang-ho, der sich zuvor mit finsteren und sozialkritischen Animationsfilmen wie The King of Pigs (Dwae-ji-ui wang) und Saibi einen Namen machen konnte. Warum kam eigentlich vorher noch niemand auf die Idee, eine Zombieapokalypse im ganz kleinen Rahmen mehr oder weniger innerhalb eines Zuges spielen zu lassen? Warum nicht Zombies im ICE von München nach Hamburg… Ach, ich vergaß ganz kurz, dass der Genrefilm als solcher dem deutschen Anspruchsdenken nicht gut genug ist. Anderes Thema, lassen wir diese Exkursion lieber sein.
Angst und Schrecken auf begrenztem Raum ist ja ein bewährtes und inzwischen fest etabliertes Konzept in den Annalen des Horrorgenre und auch Train to Busan bemächtigt sich dieser Rezeptur, verfeinert sie jedoch durchaus mit dem einen oder anderen Moment und ist trotz ausgetretener Pfade immer noch eigenständig genug, um für sich selbst stehen zu können. Yeon Sang-ho ist sich der Tradition des Genres durchaus bewusst, mehr noch, er respektiert sie auch, kleidet sie jedoch an den richtigen Stellen in ein etwas anderes Gewand.
Bemerkenswert empfand ich zum Beispiel den überwiegenden Verzicht auf Schuss – und Stichwaffen jeglicher Art, wodurch die Figuren vor eine Herausforderung gestellt werden, welche es mit Einfallsreichtum zu überwinden gilt, bleiben ihnen für ihren Kampf ums Überleben doch nur die Dinge, die sich auch im Zug finden lassen. Ein nicht zu verachtender Vorteil ist da wohl das mitreisende Baseballteam samt seiner Ausrüstung, eine wirkliche Hilfe letztlich aber kaum. Grundsätzlich nutzt Yeon Sang-ho alle sich ihm bietenden Gelegenheiten des begrenzten Settings, wenn etwa Tunnel die Zombies kurzfristig ablenken oder Zugtoiletten als kleine Inseln der Sicherheit dienen, und überrascht, wie gekonnt er die inszenatorischen Zwischentöne des Genre nicht nur beherrscht, sondern gern auch kombiniert. Zwar verhältnismäßig harmlose, aber dennoch blutige Action bedient er ebenso gekonnt wie Szenen voller sorgfältig durchdachter Überlebensstrategien, bei denen der Film die Spannungsschraube ordentlich anzieht.
Allerdings ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, wenn zwischen solchem Spektakel die Zombies immer mal wieder in den Hintergrund rücken, weil der Ausnahmezustand mitunter die hässlichsten menschlichen Charakterzüge zum Vorschein treten lassen. Sicherlich auch nichts neues innerhalb des Genres, aber auch hier gibt Train to Busan eine gute Figur ab. Wenn einige der Passagiere unter Angst und Schrecken ihre guten Manieren vergessen, dann verläuft das zwar nach einem bekannten wie simplen sozialen Schema und ist relativ deutlich, manchmal sogar durchaus plakativ, inszeniert, funktioniert aber trotzdem gut. Auch dass die Hintergründe der Epidemie eher Nebensache sind und allenfalls in wenigen Sätzen abgehandelt werden, wird dem Film nicht zum Verhängnis, sind sie doch verhältnismäßig irrelevant, weil Train to Busan seine Handlung überwiegend auf sein begrenztes Setting konzentriert und den Kampf der Passagiere ums Überleben in den Fokus rückt.
Zwar schielt Yeon Sang-ho manchmal vielleicht etwas zu sehr in Richtung polierter Hochglanzoptik und Train to Busan hätte vielleicht auch ein wenig ruppiger ausfallen können, letztlich tut das aber Stimmung und Atmosphäre keinen Abbruch. Der Film ist stringent, schnörkellos und zielstrebig erzählt und weiß durch die eine oder andere wirklich gelungene Idee zu glänzen. Er erfindet das Genre zweifellos nicht neu, bietet aber gute Unterhaltung und bleibt zu jeder Sekunde unterhaltsam und sehenswert. Etwas, dass ich über so manche westliche Produktion nun wirklich nicht behaupten kann.
Waxwork von Regisseur Anthony Hickox ist für mich irgendwie auch eine kleine Reise in meine Kindheit/Jugend, in eine Zeit Ende der 80er bis Anfang/Mitte der 90er, in der ich unendlich viele Filme beinahe jeglicher Art aus der Videothek oder dem TV aufgenommen und angesehen habe. Um so erstaunter war ich, als mir neulich Waxwork in die Hände fiel und ich feststellen musste, den Film nicht zu kennen, obwohl so ziemlich alles an ihm genau in mein Beuteschema fällt. Nun gut, die Chronistenehre will besänftigt werden, also musste der Film zügig nachgeholt werden. Und ich habe das zu keiner Sekunde bereut und wurde rund 95 Minuten lang wunderbar unterhalten.
Tatsächlich war ich sehr überrascht, wie gut Waxwork heute für mich gerade auch ohne verklärte Kindheitserinnerung funktioniert. Anthony Hickox – der Sohn von Douglas Hickox, dem britischen Regisseur von Filmen wie Sitting Target mit Oliver Reed und Ian McShane, Theater of Blood mit Vincent Price und Diana Rigg oder Brannigan mit John Wayne und Richard Attenborough – inszeniert Waxwork beinahe schon episodisch, wenn zahlreiche klassische Horrorfiguren ihre Auftritte spendiert bekommen. So geben sich eine Mumie, ein Werwolf, Vampire, Zombies, der Marquis De Sade und noch viele schräge Gestalten mehr die Klinke in die Hand und es entfaltet sich nach und nach eine phantastische Reise durch allerlei Subgenre des Horrorkinos.
Hickox garniert dann sein unterhaltsames Gemisch mit einem angenehm komödiantischem Einschlag, der aber niemals übertrieben daherkommt oder gar albern wirkt, und punktuell eingestreuten, überraschend blutigen Einlagen, die auch heute noch überzeugen können und besser gealtert sind als bei so manch anderem Genrevertreter dieser Zeit. Gerade der Storyabschnitt rund um die Vampire kann mit einigen wirklich hübschen Blutfontänen aufwarten. Dazu gesellt sich ein feiner Cast rund um Genregrößen wie Zach Galligan (richtig – Billy Peltzer aus den Gremlins-Filmen), Dana Ashbrook (Sundown, Return of the Living Dead II, Twin Peaks), David Warner (Das Omen, Tron, Freibeuter des Todes, Time Bandits und noch vieles mehr), John Rhys-Davies (der muss wohl kaum noch kommentiert werden) und dem großartigen Patrick Macnee (The Howling und vor allem natürlich bekannt als John Steed in Mit Schirm, Charme und Melone), die allesamt sichtlich Spaß bei den Dreharbeiten hatten.
Letztlich ist Waxwork wirklich ein kleiner Geheimtipp, welchen ich hiermit jedem Genrefan unbedingt und ganz ausdrücklich ans Herz legen möchte. Ein phantastischer wie unterhaltsamer Trip durch jede Menge Subgenre des Horrorkinos mit einer herrlich absurden Prämisse, welcher dazu noch überraschend gut gealtert ist. Waxwork will inhaltlich ganz bewusst nicht allzu ernst genommen werden, geht in seiner Inszenierung der Spezialeffekte aber überwiegend ernsthaft ans Werk. Um das ganze abzukürzen: anschauen!
Könnte leichte Spoiler beinhalten!
Ja, was soll ich sagen? Seien wir ehrlich: Dead Heat ist ziemlich bescheuert und saudumm. Aber er ist auch, und das überwiegt letztlich, einfach nur wahnsinnig unterhaltsam und kann unter den richtigen Voraussetzungen viel Spaß machen. Man darf das alles nur nicht ernst nehmen, aber wer hier mit Logik heran gehen will, der hat ohnehin schon verloren. Die Story positioniert sich irgendwo zwischen Actionfilm, Buddy-Movie und Horrorstreifen, bedient sich überall verschiedener Elemente dieser Genre und vermengt all diese Versatzstücke zu einem großen Ganzen. Oder sie versucht es. Stellenweise gelingt das auch, erstaunlicher Weise wirkt der Film oft doch überraschend homogen. Das männliche Actionkino der 80er Jahre trifft auf stupide Komödie und Zombiequatsch - Lethal Weapon meets Re-Animator, wenn so möchte. Die beiden Hauptfiguren Roger Mortis und Doug Bigelow sind geradezu archetypische männliche Heldenfiguren des 80er Jahre Actionkinos, cool, abgebrüht, unerschütterlich und immer ein lockerer Spruch auf den Lippen. Selbst Mortis Dasein als lebender Toter wird mit dem einen oder anderen dummen Oneliner einfach beiseite gewischt, und schon geht es weiter mit der Action. Wunderbar. Überhaupt ist der Buddyhumor hier ein tragendes Element, wenn er auch bei weitem nicht so gut funktioniert wie in der Lethal Weapon-Reihe. Das Drehbuch stammt von einem gewissen Terry Black, seines Zeichens der Bruder von Shane Black, der uns als Drehbuchautor zeitlose Klassiker wie Lethal Weapon I – IV, Last Boy Scout, Monster Busters (mit dem wir uns hier auch noch beschäftigen werden!), Last Action Hero und Tödliche Weihnachten (jedes Jahr ein Muss!) sowie als Regisseur den absolut grandiosen Kiss Kiss Bang Bang und schließlich Iron Man 3 (kann man jetzt drüber denken, wie man will) schenkte.
Dead Heat ist dann auch handwerklich kein besonders gut ausgeführter Film, eher im Gegenteil, Anschlussfehler oder mal ein Mikro im Bild, solche Dinge springen einen hier förmlich an, dazu oft verpatztes Timing bei den Dialogen und einige wenige Splattereffekte, die aufgrund des niedrigen Budgets bemüht und eher unfreiwillig komisch wirken. Aber all das zusammen, genau das macht irgendwie den ganz seltsamen Charme des Films aus. Zudem hat Regisseur Mark Goldblatt (der außer Dead Heat nur den Punisher mit Dolph Lundgren gedreht hat, am Schneidetisch jedoch ein sehr gefragter Mann ist) noch die eine oder andere Überraschung auf Lager, die man so eher selten zu Gesicht bekommt, wie etwa die Szene in einem Chinarestaurant, in der Mortis und Bigelow gegen allerhand untotes Getier wie Enten(hälse!), Hühner oder Schweine(hälften!) kämpfen müssen. Diese ganze Szenerie erinnert mich immer irgendwie an Big Trouble in Little China. Und ein ganz besonderer Gast wird dann am Ende auch noch nebenbei aus dem Hut gezaubert, nämlich niemand geringeres als die Horrorikone Vincent Price, was dem ganzen bunten Treiben noch zusätzlich etwas an Charme verleiht.
Wer hier einen ernstzunehmenden Actionfilm im Stil der 80er Jahre oder einen waschechten Horrorfilm erwartet, der ist hier ebenso fehl am Platz wie Freunde der anspruchsvollen Filmkunst. Alle anderen, die auch mal beide Augen zudrücken können, und sich bereitwillig auf diese Parade des Nonsens einlassen wollen (und können), die werden mit wunderbar kurzweiligen und unterhaltsamen 86 Minuten belohnt.
Firefly - eine Liebeserklärung
Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich schon die vierzehn Episoden der Serie Firefly gesehen habe. Ein Dutzend Mal? Eher öfter. Vermutlich sogar deutlich öfter. Dabei stieß ich 2005 mehr über Umwege auf dieses funkelnde Juwel am Serienhimmel, als ich damals ohne großes Vorwissen den zugehörigen Film Serenity im Kino sah. Es war sofort um mich geschehen und ich hatte mich in dieser Welt verloren. Als ich danach herausfand, dass Serenity eigentlich nur als Abschluss für die nach nur einer Staffel eingestellten Serie Firefly gedacht war, da war mir sofort klar, dass ich noch viel tiefer in dieses Universum eintauchen wollte. Ich liebe diese Mischung aus Science Fiction, Jahrhunderte fortgeschrittener Technik und Zivilisation und den archaischen, westerntypischen Elementen und Riten einer eigentlich längst vergessenen Welt. Vieles speist sich aus dem faszinierenden Gedanken, dass die Zukunft keineswegs auch Fortschritt bedeuten muss. Zumindest nicht für jeden, nicht für die Vergessenen. Sicher ist diese Form der Genre-Kombination nichts neues oder gar revolutionäres, aber die unfassbare Detailverliebtheit, die Joss Whedon, seines Zeichens der kreative Kopf hinter Firefly, für sein Herzensprojekt an den Tag legt, die findet so schnell sicher nicht ihres gleichen. Ein solch detailliertes, ausfüllendes und allumfassendes Worldbuilding voller überquellendem Ideenreichtum ist mir bisher nur sehr, sehr selten untergekommen.
Whedon entwirft scheinbar mit Leichtigkeit in seinem 26. Jahrhundert eine lebendige Welt voller Kneipenschlägereien, Shootouts, Saloons, Bordellen, Warlords, Ganoven jeglicher Couleur, Duellen, Viehdieben, Pferde, Trinkgelage und Überfällen auf Züge gleichermaßen wie Raumschiffe, hochmoderne Städte, Raumanzüge, kannibalischen Weltraumnomaden, weitentfernten Planeten und Terraforming. Allein die Sprache weiß zu faszinieren, ein stimmiges wie zunächst fremdartiges Gebräu aus Englisch und Chinesisch, den beiden Amtssprachen dieses Universums, welches im alltäglichen Gebrauch gerne auch ein buntes Kauderwelsch ergibt, in das man sich als Zuschauer erst ein wenig einhören muss. Aber die Lebhaftigkeit dieser Welt wird dadurch nur um so mehr unterstrichen und greifbarer.
Der Mensch hat das All besiedelt und sich neue Lebensräume geschaffen, die alte Erde existiert längst nur noch in Erinnerungen, die wenigsten kennen sie wirklich. Aber diese Expansion hat ihren Preis und neue Planeten wollen unter großen Mühen an die menschlichen Bedürfnisse angepasst werden. Analog zur Besiedelung des Wilden Westens braucht es hierzu vor allem Mut, Muskelkraft und Menschen, beseelt vom Pioniergeist. Es herrschen raue Sitten und es gilt das Recht des Stärkeren. Es gibt zwar eine starke Staatsmacht – die Allianz der Vereinigten Planeten – aber die weiter entfernten Planeten, die Außenbereiche ihres Einflussgebietes, stehen nur bedingt unter ihrer Kontrolle und oft sind es Warlords oder größere Verbrecherkonglomerate, die stattdessen ganze Landstriche oder gar Monde beherrschen. Und in genau diesen Randzonen des besiedelten Universums versucht sich die Besatzung der Serenity – ein kleines, veraltetes Transportschiff der Firefly-Klasse – mit kleineren Diebstählen und Überfällen über Wasser zu halten und gleichzeitig möglichst unter dem Radar der Allianz zu bleiben.
Firefly erschien zu einem Zeitpunkt auf der Bildfläche, als das Science Fiction-Genre im Serienformat und auch abseits davon ein wenig müde geworden war und zu sehr im eigenen Saft schmorte und verpasste dem angestaubten Genre einen gewaltigen Tritt in den Hintern, wirft Whedon doch kurzer Hand einfach den pseudo-mythischen bis staatstragenden Ballast der Konkurrenz zu Gunsten von Charme, Witz und reichlich Hemdsärmeligkeit ohne zu zögern über Bord und erschafft eine faszinierende Welt voller interessanter und spannender Charaktere. Und diese sind dann neben dem Setting für mich auch der entscheidende Schlüssel zu meinem Herzen: Alle tragenden Figuren, also überwiegend die Crew der Serenity, sind zwar ein zusammengewürfelter Haufen, aber sie sind wahnsinnig liebenswert geschrieben und herrlich authentisch gespielt. So unterschiedlich sie sind, so gleichberechtigt existieren sie nebeneinander, so einzigartig ist jeder für sich von ihnen.
Es kursiert zwar immer mal wieder das Gerücht, dass sich jemand, möglicherweise Netflix, die Rechte sichern, sich der Serie erneut annehmen und sie zurück auf den Bildschirm bringen würde, aber wenn ich darüber nachdenke, dann bin ich mir gar nicht so sicher, ob ich das überhaupt noch wollen würde. Jetzt, nach all den Jahren, wo ich die Absetzung verarbeitet habe, da ist die Angst zu groß, der Mythos könnte beschädigt werden. Und auch so lebt er weiter, der Geist der Serenity, in all den Conventions, in Fanprojekten, in Kurzfilmen, in Inside Jokes oder meinetwegen auch durch das Brettspiel. Joss Whedon hat mit Firefly einen ganz eigenen, sehr besonderen Kosmos erschaffen, anders als alles andere, einen Ort, voller wundervoller und liebenswerte Figuren, an den ich immer wieder gern zurückkehre und das auch weiterhin immer wieder tun werde. Und eines ist vollkommen klar: Nathan Fillion ist die coolste Sau unter der Sonne!