Mattscheibenvorfall - Kommentare
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Desperate times, desperate measures. Nun also inszeniert erstmals Christopher McQuarrie mit Mission Impossible: Rogue Nation die neueste Agentenhatz über die halbe Weltkugel rund um Ethan Hunt und sein Team, mit dem Tom Cruise bereits für Jack Reacher zusammengearbeitet hat, und als erstes sticht ins Auge: wo der Vorgänger von Brad Bird noch nicht die richtige Balance aus Humor und Action finden konnte, da gelingt das McQuarrie ganz wunderbar. Inhaltlich nimmt Rogue Nation den Faden aus Ghost Protocol auf und etabliert nun das zuvor nur angedeutete Syndikat als Gegenstück zum IMF. Überhaupt scheint man mit Abstrichen schon in Mission: Impossible III, spätestens aber seit Teil 4 auf größere Zusammenhänge zu setzen.
Und so führt uns Rogue Nation rund um den Globus von Weissrussland über London nach Wien, Casablanca und schließlich wieder zurück nach London. Vor allem Casablanca weiß als exotischer Drehort zu bestechen, aber das prachtvolle Herzstück des Films ist wohl die ungemein clever angelegte und ausgesprochen spannend inszenierte Jagd auf einen Attentäter in der Wiener Staatsoper, während dort Puccini´s Turandot aufgeführt wird. Ein ausgedehntes Katz – und Mausspiel mit gleich mehreren doppelten Böden und während die Oper sich mit der Arie Nessun Dorma ihrem Höhepunkt nähert, spitzen sich auch hinter den Kulissen die Ereignisse dramatisch zu, da wird auch schon mal eine Querflöte zur tödlichen Waffe. Die ganze Szenerie ist enorm akribisch und sehr umsichtig aufgebaut und McQuarrie liefert hier eine der interessantesten Actionszenen seit geraumer Zeit. Ein weiteres Action-Highlight ist zweifellos eine beeindruckende und mitreißende Verfolgungsjagd in Casablanca, welche zwar etwas unrund kurz unterbrochen wird und zweifellos Hunts hässlichstes Hemd zu bieten hat, die aber auch spektakulär inszeniert und gefilmt ist. Beginnend in den engen Gassen der Altstadt raus auf den Highway und in staubigen Serpentinen des nordafrikanischen Gebirges endend, wimmelt es hier nur so von winzigen und sehr gelungenen Ideen und Einfällen und vor allem dem unmittelbaren wie rauschhaften Gefühl, mittendrin zu sein.
Ausgesprochen gelungen ist auch wieder die Chemie im Team, Timing und Witz stimmen nahe zu immer und dann bekommt Hunt mit der mysteriösen wie nur schwer zu durchschauenden Ilsa Faust endlich mal eine weibliche Figur an die Seite gestellt, die nicht nur mit ihm völlig auf Augenhöhe agieren darf, sondern die auch zum bisher interessantesten Charakter der ganzen Filmreihe überhaupt zählt. Sie hat Rogue Nation weit mehr zu bieten als einfach nur ihre optischen Reize wie sonst eigentlich immer ihre Vorgängerinnen Thandie Newton oder Paula Patton, die selten durch mehr beeindrucken konnten als ihre aufwendige Abendgarderobe. Rebecca Ferguson verkörpert diese Rolle dann auch wirklich toll und versteht es, viel aus Ilsa Faust herauszuholen, in ihrer Schlagkraft nicht weniger als ein weibliches Pendant zu Ethan Hunt, das ihm aber auch taktisch und strategisch mühelos das Wasser reichen kann und nie wirklich unterlegen ist. Auch ist lange nicht so ganz klar, auf welcher Seite die Dame denn nun tatsächlich spielt, und eine Aura des Mysteriösen umweht sie.
Am Ende macht Mission Impossible: Rogue Nation genau das, was er im Grunde soll, nämlich sau gut unterhalten. Das Tempo ist gewohnt hoch und die Action meist einfallsreich und spektakulär, visuell kann der Film von McQuarrie durch die Bank weg überzeugen und ist oft grandios angesichts einiger Bilder und Einstellungen. Gerade das Finale in London ist erzählerisch wie visuell fantastisch inszeniert. Die Chemie im Cast stimmt und mit Ilsa Faust gewinnt das Zusammenspiel der Figuren an Qualität, und obwohl auch diesmal der Bösewicht erneut eher blaß ausfällt, ist das problemlos zu verschmerzen. Und nun bin ich wirklich gespannt wie ein Flitzebogen, wie das alles in Mission: Impossible – Fallout fortgeführt werden wird.
"You're asking me how a watch works. For now we'll just keep an eye on the time."
Mit Sicario thematisiert Villeneuve nun also den aufreibenden und frustrierenden Kampf amerikanischer Behörden gegen die mexikanischen Drogenkartelle, denen auf legalem Wege kaum beizukommen ist und die immer einen Schritt voraus zu sein scheinen. So ist Sicario entsprechend seiner Thematik auch ein zutiefst ambivalenter Film geworden, der Grauzonen auslotet und nicht nur jegliche moralischen Grenzen verschwimmen lässt, sondern sie mit zunehmender Laufzeit einfach auflöst. Indem Villeneuve die junge FBI-Agentin Kate Macer zum erzählerischen Dreh – und Angelpunkt in seinem desillusionierenden Abgesang auf Recht und Unrecht macht, gelingt es ihm auf einfache, aber ungemein effektive Art und Weise, den Zuschauer sofort und unmittelbar mit einzubeziehen.
Ist sie anfangs noch fest verankert in dem Glauben, richtig zu handeln und gewillt, die Drahtzieher, die Hintermänner der Kartelle, zu erwischen, ebenso moralisch integer wie idealistisch und nicht minder ahnungslos wie der Zuschauer selbst angesichts der sich überschlagenden Ereignisse, so stellen die folgenden Erlebnisse ihre moralischen Vorstellungen nicht nur mehr und mehr in Frage, sondern auch gleich völlig auf den Kopf. Sie ist die Eintrittskarte für den Zuschauer in diese verkommene, grausame und kaum vorstellbare Welt voller Gewalt. Sie fungiert als moralischer Ankerpunkt in einer Welt ohne Moral, wodurch zunehmend ihre Hilf – und Nutzlosigkeit demonstriert wird. Mehr als eine Randfigur in dieser Operation wird Kate nicht werden, ein Spielball höherer Behörden als der ihren, leicht zu manipulieren und genau deswegen überaus nützlich ohne es zu wissen. So ahnungslos wie sie ist, so verunsichert, ängstlich und machtlos, angesichts der bitteren Erkenntnis, dass sie Teil von etwas geworden ist, dessen Methoden sich kaum bis gar nicht von denen der Drogenkartelle unterscheiden.
Villeneuve findet zusammen mit seinem Kameramann Roger Deakins dann auch grandios und unglaublich ausdrucksstarke Bilder für Sicario. Deakins, der nicht nur auch schon Prisoners hervorragend einzufangen wusste, sondern auch der Stamm-Kameramann der Coen-Brüder ist und folglich beim fulminanten No Country for Old Men bereits ein vergleichbar düsteres Setting in Staub und Hitze auf die Leinwand bringen konnte, leistet wirklich ganz hervorragende Arbeit. Lange Einstellungen dominieren den Film, die Enge und Weite zugleich vermitteln, und manchmal quälend langsam daherkommen, dann aber auch wieder sehr dynamisch und regelrecht explosiv ausfallen können, wenn das Erzähltempo es erfordert.
Insgesamt ist Sicario einfach grandios inszeniert mit seinen ständig wechselnden Perspektiven und Blickwinkeln und allein die Tunnelsequenz ist ihr Geld schon wert. Zudem bietet Sicario mit einer Fahrt in einem schwerbewaffneten Konvoi über die mexikanische Grenze rein nach Juarez und wieder zurück eine der spannendsten und vibrierendsten Szenen seit sehr langer Zeit. Solcherlei Szenen sind herausragende Spitzen in den 121 Minuten, die der Film dauert, aber Sicario ist von der ersten bis zur letzten Minute und sogar in seinen augenscheinlich ruhigen Momenten enorm spannend und intensiv geraten und lässt den Zuschauer ebenso wie seine Protagonistin beinahe nie wirklich zur Ruhe und zum Durchatmen kommen. Der Score des Isländers Jóhann Jóhannsson, der wie Roger Deakins ebenfalls schon bei Prisoners mit an Bord war, fügt sich dann dazu nahtlos in diese spannungsgeladene Inszenierung ein. Verstörend, bedrohlich und unterschwellig brodelnd unterstreicht er die richtigen Stellen und stellt sicher, dass einem die Schwere der Handlung in Sicario auch jederzeit bewusst ist.
Mit Sicario ist Denis Villeneuve ein weiterer herausragender Film gelungen und der Regisseur unterstreicht auch hier mühelos, dass er zweifellos zu den momentan absolut besten seines Fachs zählt. Film um Film dreht er ein kleines Meisterwerk nach dem anderen. Er zeichnet in seinem jüngsten Werk ein sehr realistisches, schonungsloses und ausgesprochen pessimistisches Bild eines Krieges, bei dem es keine Sieger wird geben können. Um dies zu unterstreichen, findet er immer wieder extrem brachiale, zynische und erbarmungslose Motive, und gestaltet Sicario unglaublich desillusionierend. Verdammt starkes Spannungskino der Extraklasse.
Edgar Wright. Aber nach dem Ant Man-Desaster wird das wohl nicht passieren....
Es ist schon ein wenig unglücklich, dass der spanische Gangsterthriller Toro mit den Worten „Europas Antwort auf Drive“ etwas irreführend beworben wird, denn letztlich haben beide Filme so gut wie gar nichts miteinander gemein. So wird der Film von Regisseur Kike Maíllo (Eva, 2011) und Drehbuchautor Rafael Cobos (La isla mínima, 2014) in ein falsches Licht gerückt, wo er doch ganz andere Qualitäten für sich zu beanspruchen vermag. Zwar lässt Toro Innovationen größtenteils vermissen und seine erzählerischen Vorbilder aus dem US-Kino sind recht offensichtlich zu erkennen, doch Maíllo bettet seine bereits zuvor vielfach bewanderten Genrepfade in ein angenehm unverbrauchtes Setting, wenn er Andalusien und damit Städte wie Málaga, Almeria oder Torremolinos als Ort des Geschehens in den Fokus rückt.
Dadurch bekommt sein Film eine ganz eigene Note, welche dann auch stilistisch und visuell ihre Entsprechung findet, wenn Maíllo auf ausgewaschene Farben setzt, mitunter clevere Kameraperspektiven findet und immer wieder ansprechende Bildkompositionen zu einer recht speziellen Gesamtästhetik verquirlt. Und auch sonst ist Toro gelungen inszeniert: die Action kann sich sehen lassen und bietet das volle Programm aus Shoot Outs, Verfolgungsjagden und Zweikämpfen, trotz eines etwas redseligen Mittelteils kommt genügend Spannung auf und das nötige Drama wird auch bedient. Letztlich ist Toro ein solider Genrestreifen voller altmodischer Bilder und Motiven rund um Familie, Glauben und Männlichkeit, der zwar nicht sonderlich innovativ ist, dafür aber sehr genau weiß, wo er herkommt und was er erzählen möchte. Eine gewisse Demut dem Genre selbst gegenüber, welche ich immer mal wieder bei so manchem ambitionierteren Vertreter vermisse.
Inzwischen ist der Zombie aus der modernen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken: ob Kino, TV, Buch, Comic oder Videospiel, sie sind omnipräsent. Egal, ob langsam schlurfend wie noch bei George A. Romero oder rennend und flink wie in Filmen wie 28 Days Later oder World War Z. Egal, ob bitterböse Gesellschaftskritik, Parabel auf die moderne Menschheit oder humorvoll umgesetzt in unzähligen Horrorkomödien. Egal, ob groß budgetierter Hollywood-Blockbuster oder kostengünstige Independent-Produktion. Und nachdem The Walking Dead das Feuer erneut entfacht und dem Zombieboom Beine gemacht hat, da gibt es ohnehin kein Halten mehr. Eine Übersättigung des Marktes lässt sich kaum leugnen, die eine oder andere Perle des Genre lässt sich jedoch trotzdem immer mal wieder finden.
Und nun hat der Schotte Colm McCarthy – seines Zeichens ein regelrechter Veteran der britischen TV-Landschaft, hat er doch Folgen für Serien wie Dr.Who, Peaky Blinders, Sherlock, Ripper Street, Spooks oder Tudors und noch viele mehr gedreht – mit seinem Film The Girl with All the Gifts eine eben solche Perle inszeniert. Im ersten Drittel geht es dann auch nur um Melanie und ihren Alltag im Militärlager, der auf den Zuschauer befremdlich wirkt, für sie aber vollkommen normal ist. Sie kennt es nicht anders. Eine seltsame Diskrepanz, die dieses diffuse Gefühl der Fremdartigkeit nur noch weiter verstärkt. Die zombieartige Apokalypse und die unzähligen Hungries genannten Infizierten außerhalb sind auch erstmal nur Beiwerk und stiften den Rahmen für die eigentliche Erzählung rund um ein spannendes soziales Gefüge, in dem der Wolf im Schafspelz der Schafherde bekannt ist und er notgedrungen toleriert wird – immer in der Gefahr, dass sein Hunger zu groß wird. Daraus entspinnt sich ein hoch interessantes Konfliktpotential verknüpft mit den verschiedenst gelagerten Sympathien aller Mitglieder der Gruppe.
Begibt sich die Gruppe erst einmal auf den beschwerlichen wie gefährlichen Weg nach London, dann rückt auch die Apokalypse der Außenwelt mehr in den Vordergrund. Gerade in den Szenen in einem von der Natur zum Teil bereits zurückeroberten London erinnert The Girl with All the Gifts nicht nur atmosphärisch, sondern vor allem auch visuell und in Teilen inhaltlich (zumindest der Ursprung der Seuche und das Konzept einer Reise von A nach B ähneln sich stark) sehr an das Videospiel The Last of Us. Auch konzeptionell gibt es deutliche Parallelen, wenn es darum geht, in der stark mit Hungries verseuchten Stadt möglichst wenig aufzufallen, wodurch einige sehr starke Spannungsmomente entstehen.
Auch auf der darstellerischen Ebene kann das Werk von Colm McCarthy mehr als nur überzeugen und hat nicht nur einen Cast aufzubieten, der ohnehin schon große Klasse in sich vereint, sondern diese auch abzurufen vermag. Angefangen mit Glenn Close, die als Dr. Caldwell alles gibt, über Paddy Considine als Sgt. Parks bis hin zu der tollen Gemma Arterton als Miss Justineau, jeder von ihnen spielt hier groß auf, aber die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten vermutlich 14 oder 15 Jährige Sennia Nanua als Melanie spielt sie alle an die Wand. Ihre Performance ist unglaublich gut und einnehmend, bis ins kleinste Detail versteht sie es, ihre Rolle auszufüllen, schwankend zwischen dem menschlich rationalen, intelligenten, wissbegierigen und höflichen Teil in ihr, dem verängstigten und zerbrechlichem Kind sowie dem bloß noch von Instinkt und Hunger getriebenem Monster. Immer wieder wird in kleinen Szenen nur allzu deutlich, wie sehr Melanie eigentlich auch einfach nur ein Kind ist, konfrontiert mit einer ihm fremden und doch vertrauten Welt.
Besonders mochte ich auch, dass der Film es nicht nötig hat, seine Mechanik früh über Monolog oder Dialog zu etablieren, sondern sein Regelwerk nach und nach innerhalb seines Verlaufs kontextbezogen Stück für Stück preis gibt. Informationen erhalten wir, wenn entsprechende Situationen es auch verlangen, und nicht, wenn das Drehbuch uns an die Hand nehmen möchte wie unmündige Kinder. Und immer wenn man denkt, dass der Film nun doch noch in die Beliebigkeit bereits bekannter Vertreter seines Genre abdriftet und sich den ungeschriebenen Gesetzen unzähliger Zombieapokalypsen hingibt, dann schlägt das sehr sorgfältige Skript einen kleinen Haken, dann gibt es einen kleinen Kniff, eine kleine Wendung.
Aus der Feder des chilenischen Musikers Cristobal Tapia de Veer entspringt ein solch faszinierender Score, dass dieser mich bereits im Menü der Bluray zu fesseln wusste. Ein dichter Klangteppich elektronisch verfremdeter Sounds und Loops, dissonant und doch gleichermaßen hypnotisch, ungemein atmosphärisch, an – und abschwellend, manchmal geradezu dröhnend, der sehr an die kunstvoll arrangierten Songs der Band Radiohead erinnert. Sicherlich sehr experimentell und vielleicht nicht jedermanns Geschmack, aber der Score unterstreicht sehr schön diese seltsame Andersartigkeit, die in vielerlei Motiven im Film Anklang findet.
Colm McCarthy hat mit The Girl with All the Gifts tatsächlich einen jener Genrebeiträge erschaffen, denen es gelingt in vielerlei Hinsicht aus der breiten Masse herauszuragen. Sein Film beginnt faszinierend mysteriös, wird dann zu einem lupenreinen Survivalthriller, nur um am Ende in ein Herr der Fliegen-artiges Drama zu kippen und ist eine kleine Perle in einem oftmals ausgelutschem Genre mit einem bittersüßen Ende. Tolle Darsteller, ein großartiger Score und ein cleveres Drehbuch machen aus einer eigentlich generischen Idee einen fesselnden und spannenden Film, der unter seiner Oberfläche emotionaler und moralisch ambivalenter ist, als man vielleicht innerhalb seines Genre vermuten würde.
Ja, auf seiner grundlegendsten Ebene vermischt Ares durchaus eine düstere Zukunftsvision, Familiendrama und harte Käfigkämpfe. Letzteres jedoch spielt unterm Strich bei weitem keine solch große Rolle, wie man vielleicht erwarten würde, und wer hier eine wüste Klopperei nach der anderen erwartet, der ist wohl fehl am Platz. Vor allem das dystopische Element steht in dem mit etwa 80 Minuten Laufzeit angenehm kurzen Film von Regisseur Jean-Patrick Benes im Vordergrund und diese Endzeitstimmung verkaufen die Macher durchaus gut, wenn der Kosmos rund um Ares und seine Familie bewusst fokussiert gehalten und uns als Zuschauer nur ein eher kleiner, beinahe intimer Ausschnitt dieser Welt gezeigt wird. Der Rest wird geschickt im Hintergrund gehalten und so wird ein Szenario erschaffen, welches mir seine Welt glaubwürdiger verkauft als zuletzt beispielsweise Mute von Duncan Jones, ohne ein allzu großes Budget zu haben. Zu Beginn musste ich mich zwar etwas an diesen artifiziellen Look gewöhnen, doch recht schnell habe ich das nicht mehr als irritierend wahrgenommen, denn Atmosphäre lässt sich Ares nicht absprechen.
Das erzählerische Tempo ist deutlich zurückhaltender, als man aufgrund der Prämisse von Ares vielleicht erwarten würde und Benes legt seinen Fokus eher auf die leicht schrägen Figuren, wodurch der Film dann letzten Endes auch überhaupt erst so richtig funktioniert. Es sind nämlich gerade nicht pausenlos ausufernde Kämpfe, welche die Qualitäten von Ares ausmachen, sondern vielmehr seine düsteren und doch vertrauten Bilder und seine melancholisch-bittere Stimmung, welche sich durch das Setting zieht. Sicherlich sind die Figuren nicht frei von allzu gängigen Klischees, doch gerade beispielsweise jemandem wie Myosotis wird dann doch genug Rückgrat und Selbstbewusstsein mit auf den Weg gegeben, um etwaige Untiefen elegant zu umschiffen. Auch ist Ares selbst eben gerade kein stumpfer Schläger, sondern vielmehr jemand, der gelernt hat, sich dem bestehenden System anzupassen und so sein Überleben zu sichern. Und so läuft letztlich alles auf Ares Konflikt zwischen der Aussicht auf das ganz große Geld und seiner Familie und Gerechtigkeit hinaus, welcher zum Schluss auch erfreulich konsequent aufgelöst wird.
Ach, Iko, wie gern seh ich dir zu! Unter der Regie von Kimo Stamboel und Timo Tjahjanto (Mo-Brothers) darf das Martial Arts-Ausnahmetalent erneut seine unbändigen Fähigkeiten zur Schau stellen. Headshot erreicht zwar nicht das sehr hohe Niveau von The Raid, ist aber immer noch ein sehr gut inszenierter und stellenweise überharter Actionfilm, der mühelos rund 90 % der Genrevertreter aus Hollywood ziemlich alt aussehen lässt und mit ihnen den Boden wischt. Die Martial Arts-Sequenzen sind auf extreme Körperlichkeit ausgelegt, krachend effizient umgesetzt und von expliziter Brutalität geprägt. Zwar lässt Headshot trotz Iko Uwais, der auch für die Choreografien der Kampfszenen verantwortlich war, die ausgefeilte inszenatorische Rafinesse und Virtuosität von The Raid und vor allem dessen Nachfolger vermissen, geht dafür aber im Gegenzug um so rabiater zur Sache. Die Kampfszenen haben nichts Elegantes, nichts Verspieltes oder gar Tänzerisches, sondern sind roh, explosiv und schmerzhaft anzusehen, jede einzelne Bewegung ist ausgelegt auf maximale Effektivität und Zerstörung und der Grad der Gewalt stellenweise enorm hoch und manchmal geradezu grotesk. Wer also eine rudimentäre Handlung zu Gunsten spektakulärer Kampfszenen verschmerzen kann, dem kann Headshot durchaus gelegen kommen.
Clive Barker #3: The Final Chapter
"Flesh is a trap... that's what he used to say... flesh is a trap, and magic sets us free."
Nachdem Clive Barker mit Hellraiser das Tor zur Hölle weit aufgestoßen und den Zuschauer mit Nightbreed nach Midian entführt hat, da widmet er sich mit seinem dritten und bisher letzten Film dem schmalen Grat zwischen Sein und Schein, zwischen Illusion und Magie. Auch Lord of Illusions basiert auf einer seiner eigenen Kurzgeschichten und hat The last Illusion aus der Anthologie Books of Blood Vol. 6 zur Grundlage. Und auch hier bleibt Barker seinen grundlegenden erzählerischen Motiven treu und fabuliert von einer großen Sehnsucht nach einer Welt hinter unserer Welt, einer Welt im Schatten jenseits unserer Wahrnehmung. Unter der glitzernden Oberfläche von Los Angeles brodelt es und üble Dinge bahnen sich an, während ein vermeintlich simpler Fall von Versicherungsbetrug den Privatdetektiv Harry D´Amour in die Stadt der Engel führt. Einen Hang zum Okkultismus hat er zwar, doch wo er hier eher zufällig hineingerät, das übersteigt sowohl Kompetenz als auch Vorstellungskraft.
Angel Heart und die Hellblazer-Comics kommen einem in den Sinn, versucht sich Barker hier doch offensichtlich an einer Mischung aus modernem Horror und klassischem Film Noir, und man spürt und sieht schon deutlich, was er im Sinn hatte, doch ich bin mir nicht ganz sicher, ober er das Genre des Noir wirklich in Gänze verstanden hat. Zu sehr scheint Barker nämlich eher all die klassischen erzählerischen Motive des Film Noir Punkt für Punkt abzuhaken. Auch stimmt die erzählerische Balance zwischen eben jenen beiden Polen nur zum Teil, wenn die klassische Detektivarbeit deutlich stärker im Vordergrund steht als der moderne Horror und die Phantastik, Clive Barkers eigentliche Kernkompetenzen. Stimmung und Atmosphäre können zwar überzeugen und obwohl Lord of Illusions sein bisher temporeichster und Action geladenster Film ist, kann das aber auch nicht über deutliche Längen und erzählerische Durchhänger im Mittelteil hinwegtäuschen. Zudem ist die eigentliche Story hinter all dem Budenzauber erstaunlich uninspiriert, geradezu fadenscheinig dünn und künstlich auf zwei Stunden Laufzeit aufgeblasen, und in ihren Plotpoints und diversen Wendungen sehr vorhersehbar. Das verwundert mich ein wenig, hatte Barker hier doch wieder alleinig alle kreativen Zügel in seinen Händen.
"Everything is true. God’s an Astronaut. Oz is over the Rainbow, and Midian is where the monsters live."
Nach Hellraiser ist Nightbreed die zweite Regiearbeit von Clive Barker und erneut widmet er sich einer seiner eigenen Geschichten. Und erneut sind wie auch in Hellraiser die Sehnsucht und die Suche nach einer anderen Welt das eigentliche Thema: egal, ob Frank in Hellraiser oder Dr. Channard in Hellbound, die sich beide im Reich der Zenobiten die Erfüllung ihrer jeweiligen Sehnsüchte erhoffen, oder nun in Nightbreed Boone und Narcisse, die sich von Midian Erlösung versprechen, ihre Motive sind sich sehr ähnlich. Und auch Nightbreed besticht durch überwiegend fantastische Masken, Kostüme und Setdesigns, denn Barker erschafft hier ein düsteres Fantasy-Märchen für Erwachsene, stimmungsvoll, atmosphärisch dicht, kreativ in seiner Inszenierung und voller teils winziger, aber dennoch bemerkenswerter Details.
Erzählerisch wirkt zumindest die Kinofassung nicht immer ganz rund, weil diese ihrer Zeit vom Studio stark gekürzt und rückblickend geradezu verstümmelt wurde, so dass es schwer fällt, alles in Gänze zu erfassen, weil entscheidende Elemente unter den Tisch fallen. So lässt allenfalls noch erahnen, welch großartiger Film sich in Nightbreed eigentlich verbirgt. Der deutlich längere Directors Cut vermag auch etwas mehr Licht ins Dunkle zu bringen, doch Fragen bleiben dennoch zurück und mit ihnen immer noch das merkwürdige Gefühl, dass da etwas fehlt. Auch von einer Form des Genozids will Barkers zweiter Film erzählen, hier jedoch sind mir seine Botschaft und die damit einhergehende Bildsprache gerade im Vergleich zu Hellraiser dann doch etwas zu plakativ und eher weniger subtil geraten.
Dennoch ist er weiterhin aufrichtig an seinen Figuren und deren Bedürfnissen wie auch Sehnsüchten interessiert, ohne diese gleich vorab moralisch wie auch immer zu bewerten oder zu verurteilen. Dass das große Finale ein wenig unübersichtlich und chaotisch ausfällt, das lässt sich vermutlich ebenso auf die stark geschnittene Kinofassung zurückführen. Letztlich bleibt ein toll inszenierter Fantasy-Film rund um Themen wie Sehnsucht, Erlösung, Heimat und Zugehörigkeit, bei dem man jedoch immerzu das Gefühl hat, dass einem wichtige Elemente der Geschichte vorenthalten werden, weil Barkers Vision den Scheren der Studiobosse zum Opfer fiel. Das ist schade, denn mehr Freiheit seitens des Studios hätte Nightbreed sicherlich sehr gut getan, das riesige Potential jedenfalls ist zweifellos vorhanden und auch durchaus erkennbar.
"There is no good. There is no evil. There is only flesh."
Die finale Szene von Hellbound kündigte es bereits an: die Ankunft im Horror-Mainstream. Und genau das sollte der dritte Teil Hellraiser: Hell on Earth letztlich auch einlösen. Waren Hellraiser und Hellbound in ihrer grimmigen Ernsthaftigkeit, mit ihren düsteren Themen und dem Verzicht auf Humor noch eine ausgesprochene Ausnahmeerscheinung ihrer Zeit innerhalb ihres Genre, da ist der dritte Teil nun genau dort angekommen, wo man Pinhead bereits zuvor irrtümlicher Weise eingeordnet hatte. Sprüche klopfend untergräbt dieser nun nahezu im Alleingang seine ehemals so sehr beeindruckende, geradezu mystische Erscheinung. Plötzlich ist er nicht mehr an die Regeln seiner Welt gebunden und kann ungehindert sein blutiges Werk auf der Erde betreiben, beinahe schon wie ein Freddy Krueger-Abziehbild. Aber warum!? Hier setzt sich der Film eigenständig über die bisher etablierte Mythologie hinweg, ignoriert mehr oder weniger seine Vorgänger und verzettelt sich in einer nun wirklich völlig falschen Ecke. Von den neuen Zenobiten ganz zu schweigen, verkommen diese zu kaum mehr als Actionfiguren ohne nennenswerte Wirkung.
Vergessen sind Barkers unheimlichen Ausflüge in uns fremde Welten voller Schmerz und Lust ebenso wie die sich regelrecht einbrennende Bildsprache und der mythologische Unterbau. In Hell on Earth gibt es keinen Schmerz mehr, sondern nur noch einen zotigen Splattereffekt nach dem anderen, zusammengehalten von einem mehr als kruden Plot. Zugegeben, die Effektarbeit ist auch hier noch ansehnlich, aber viel mehr hat der Film nicht mehr zu bieten. Bloß weil mit Anthony Hickox (Waxwork, 1988) jemand hinter der Kamera agierte, der zwar nicht unbedingt visionär, so aber doch wenigstens routiniert war, funktioniert Hell on Earth zumindest noch als Popcorn-Horror halbwegs gut. Die Fallhöhe ist riesig, der Aufprall schmerzhaft und schon bald sollte der Abstieg in die DTV-Hölle beginnen.
"Your suffering will be legendary, even in hell!"
Angesichts der Tatsache, dass Hellbound: Hellraiser II kaum mehr ein Jahr später nach dem überraschend erfolgreichen Erstling in die Kinos kam, könnte man einen Schnellschuss aus der Hüfte erwarten, um noch mehr Geld zu verdienen. Man könnte damit kaum weiter daneben liegen. Clive Barker führte zwar keine Regie mehr, sondern stattdessen sein Freund Tony Randel, der sich später noch für Filme wie den oft unterschätzten Tierhorror-Streifen Ticks (1993), die Realverfilmung von Fist of the North Star (1995) oder insgesamt 23 Folgen der Serie X-Factor verantwortlich zeigen sollte. Barker war jedoch als Produzent beteiligt, immer noch sehr eng in die Arbeit eingebunden und im Grunde auch permanent mit am Set, sein kreativer Geist ist also auch in Hellbound zu jeder Sekunde zu spüren. Die Handlung schließt quasi direkt an Hellraiser an, wenn sich Kirsty unmittelbar nach den Ereignissen im Haus ihres Vaters in einer Art Nervenklinik befindet und ihr niemand glauben will außer Dr. Channard, der ein seltsames Interesse an ihrer Geschichte zeigt.
Dabei ist das Grundsetting der Story dem des Vorgängers gar nicht mal so unähnlich, wenn die Ereignisse beide Male fast gleich losgetreten werden, doch Hellbound macht spätestens ab der Hälfte – eher schon etwas früher – so viele Türen und Ebenen auf, dass schnell ein faszinierend abstruser Sog entsteht, der einem im Minutentakt so viele großartige Ideen um die Ohren ballert, dass man aus dem Staunen kaum noch raus kommt. Wo Hellraiser stringenter, strukturierter und geradliniger seine Geschichte zumindest anfangs noch eher als intimes Familiendrama und tragische Liebesgeschichte erzählt, da öffnet Hellbound ein Kaleidoskop des Abseitigen und zeigt uns einen Ort, den keiner von uns ernsthaft kennenlernen möchte: unsere ganz eigene, intime, private Hölle. Endloser Schmerz ohne Aussicht auf Erlösung. Visuell erinnert das alles oft an Gemälde von Hyronismus Bosch, Pieter Bruegel oder Francisco de Goya und an den deutschen Expressionismus sowie Elemente von H.P. Lovecraft oder Arbeiten von H.R. Giger. War die Hölle in Hellraiser noch eher stark psychologischer Natur, formuliert Hellbound die Welt der Zenobiten, diesen Nicht-Ort, stärker aus, ein Labyrinth aus engen Gängen, düsteren Kammern, abgefahrenen Architekturen und bevölkert von unseren schlimmsten Albträumen.
Und dann ist da ja noch Leviathan, das abgründige und finstere Herz dieser kalten Hölle, in seiner vollkommen geometrischen Abstraktion und mit seinem schwarzen „Licht“kegel, eigentlich eher der puren Abwesenheit von Licht, rätselhaft wie furchterregend und rational kaum zu begreifen. Ja, das kommt alles ein Stück weit durchaus auch einer Art von Entmystifizierung gleich, aber es baut vollkommen auf der von Clive Barker ersonnenen Welt auf und erweitert die Mythologie aus Hellraiser sehr elegant. Der erste Film ist ein wenig wie der Blick durch ein Schlüsselloch, Hellbound mehr wie ein geöffneter Türspalt mit Fuß in der Tür. Auch Pinhead bekommt nun ein wenig mehr Hintergrund, was ihm etwas Kontur gibt und leicht tragisch wirken lässt in dieser bizarren Melancholie, welche er auszustrahlen scheint. Letztlich ist Hellraiser zweifellos der nicht nur technisch wie handwerklich bessere Film, bei dem einfach alles von der souveränen Inszenierung über das beeindruckende Schauspiel und die atemberaubend gute Effektarbeit bis hin zum fabelhaften Score zusammen passt, Hellbound jedoch macht mir mit seinen absurd-kreativen und völlig frei drehenden Genre-Auswüchsen punktuell mehr Spaß. Die letzte Szene jedoch, die hätte man sich wirklich sparen können und darf getrost ausgeblendet werden, verkündet sie doch bereits vom Abstieg ins allzu Reißerische noch kommender Sequels.
"Pain and pleasure, indivisible."
Als 1987 mit Hellraiser das Regiedebüt des britischen Schriftstellers Clive Barker das Licht der Welt erblickte, da platzte dieses düstere wie ungemein ernsthafte Werk in ein Genre, welches jener Zeit von oftmals humoresken Überzeichnungen wie etwa Evil Dead und dessen Fortsetzung, Return of the Living Dead, Night of the Creeps, Fright Night oder The Lost Boys aufgebrochen wurde. Hellraiser war anders. Fleisch, Lust, Schmerz, Sex, Verlangen, Untreue – das sind die Eckpunkte des Koordinatensystems, in welchem der Film sich thematisch bewegt. Die Suche nach dem größtmöglichen Vergnügen, Schmerz inklusive. Hellraiser verstört und berührt gleichermaßen in dem Gefühl, nicht noch weiter gehen zu dürfen, es aber dennoch unbedingt zu wollen. So handelt der Film eher weniger von irgendwelchen Monstern oder Psycho-Killern, sondern vielmehr von tief in unserem Inneren brodelnden und schwelenden, unbegreiflichen wie unaussprechlichen Empfindungen, die uns zu übermannen drohen und in absolute Grenzbereiche führen. Von Lust und Verlangen, so stark und unnachgiebig, dass sie bis zur Selbstaufgabe treiben.
Und diese ultimativen Freuden, die versprechen die Zenobiten, angeführt von Pinhead, der sie selbst als explorers in the further regions of experience bezeichnet. Demons to some, angels to others. Sie betreiben mit geradezu religiöser Hingabe eine Art übernatürlichen Hedonismus, welcher sich durch die Ausdehnung jeglicher Empfindung bis hin zu einem extrem schmerzhaften Punkt der sensorischen Überlastung und andauernden quälenden Schmerzen manifestiert. Pinhead – der erst später diesen Namen erhalten sollte – ist ein etwas schräges Phänomen der Popkultur und mag zwar auf den ersten Blick in die Top-Riege der legendären Horrorfilm-Ikonen gehören, aber irgendwie war er dort doch auch immer eine Art Außenseiter zwischen Freddy, Jason, Michael und Leatherface und seltsam deplatziert. Vielmehr verströmt er eine bizarre Ambivalenz, ist irgendwie weder böse noch gut, er und die anderen Zenobiten sind eher einfach da, seltsam neutrale wie passive Beobachter und nur ihren abartigen Praktiken verpflichtet. Der eigentliche Bösewicht in dieser Geschichte ist zweifellos jemand anderes. Doch letztlich wollen Versprechen gehalten und eingelöst werden. Ihr Design ist gleichsam atemberaubend furchterregend wie faszinierend in ihrem extrem übersteigerten Körperkult. Eine Formulierung aus einem Making-of zum Film ist mir diesbezüglich sehr in Erinnerung geblieben: repulsive glamour. Was in meinen Augen den Nagel auf den Kopf trifft. Buchstäblich.
Clive Barker inszeniert seinen Hellraiser (wohlgemerkt: sein erster Spielfilm!) grandios, ist dabei ungemein selbstsicher, weiß ganz genau was er will und hält das erzählerische Tempo trotz nicht zu leugnender physischer wie psychischer Härte überraschend zurück, geht nicht gleich in die Vollen, sondern widmet sich lieber einem langsamen Aufbau und einer unglaublich dichten, drückenden und geradezu beklemmenden Atmosphäre. Es ist erstaunlich, wieviel Raum Barker trotz aller Explizität vor allem auch dem Unausgesprochenen lässt. Den leisen Zwischentönen. Allein die winzige Szene zu Beginn, wenn Julia eine Zigarette auf dem Fußboden des Elternhauses ihres Mannes Larry austritt, das sagt in wenigen Sekunden einfach alles über diese Ehe, so voller unverhohlener Verachtung ist dieser Moment. Natürlich nutzt Hellraiser auch wie viele andere solcher Genre-Filme den Mechanismus des Einsturzes einer heilen Familienwelt, doch Barker lässt nie Zweifel daran, wie sehr fragil und beschädigt dieses Gefüge bereits ist, bevor das nackte Grauen erst Einzug hält.
Visuell ist das alles fantastisch gelungen und hervorragend zwischen kalter Realität und fiebriger Phantasmagorie umgesetzt. Hellraiser bietet immer wieder ganz starke Bilder, die sich nur schwerlich wieder vergessen lassen. Viele der zum Teil durchaus derben Splatterszenen sehen auch heute noch technisch gut aus und nur ein oder zwei Sequenzen gegen Ende des Filmes wirken rückblickend reichlich antiquiert. Der fabelhafte Score aus der Feder von Christopher Young rundet dieses grausam-schöne Erlebnis letztlich ab und schnürt ein stimmungsvolles wie faszinierendes und gleichermaßen abstoßendes Gesamtpaket, welches in meinen Augen zu den besten Horrorfilmen der letzten Dekaden zählt. Ein Meisterwerk in Blut, Schmerz und Begierde. We have such sights to show you!
Scheinbar nahezu gänzlich unbekannt hier, dabei ist es mehr als nur lohnenswert sich mit seiner Musik zu befassen. Dem einen oder anderen vielleicht bekannter unter dem Namen Get Well Soon. Ganz großartiger Ausnahme-Künstler und instrumentales Multitalent, dessen immer klassisch untermalten, oft Score-angehauchten Stücke eine wahrlich soghafte Faszination ausüben....gern auch mit Kurzfilm-artigen Videos versehen... Pure genius ♥
https://www.youtube.com/watch?v=anzfuVA48M0
Schöne Würdigung eines wirklich tollen Filmes! Hank Quinlan gehört zu meinen wohl liebsten Antagonisten überhaupt. Was Welles da nochmal alles an Können und Ausstrahlung in die Waagschale wirft, das ist beeindruckend. Rangiert für mich auf einem Level mit Robert Mitchum als Harry Powell in Die Nacht des Jägers.
Erklingen erst einmal die Trommeln, dann ist es zu spät und das Spiel beginnt! Jumanji habe ich wohl locker 20 Jahre nicht mehr gesehen und war recht erstaunt, an wieviel ich mich bis auf ein oder zwei ikonische Szenen nicht mehr erinnern konnte. Regisseur Joe Johnston macht hier genau das, was er in den 90ern gut konnte, und dreht einen Abenteuerfilm mit Herz für die ganze Familie. Stellenweise spannend, stellenweise etwas düster, manchmal auch albern, aber nie zu sehr und immer auf einen guten Unterhaltungswert ausgerichtet. Auf der visuellen Ebene ist Jumanji nicht immer so gut gealtert wie vielleicht manch anderer Film jener Zeit, dennoch hatte ich auch dieses Mal wieder meinen Spaß mit dem Film. In einem spontanen Anfall von Nostalgie habe ich gleich mal Hook bestellt....
Man mag es kaum glauben, aber Mission of Justice ist tatsächlich der beste Film der Martial Law-Reihe. Kann man ja auch nicht allzu oft über dritte Teile sagen.Wurde nach dem ersten Teil für den zweiten die Figur des Sean Thompson nach Chad McQueen (ja,der Sohn des King of Cool) mit Jeff Wincott besetzt, ist Wincott in Teil 3 auch wieder am Start, diesmal jedoch gleich als ganz neue Figur. Diese Umbesetzung tut den Filmen sichtlich gut, denn Wincott versteht deutlich mehr vom Kampfsport, was die Kampfszenen schneller, agiler, härter und vor allem komplexer wirken lässt. Die Story passt auf einen Bierdeckel, aber dafür gibt es Brigitte Nielsen als herrlichen Klischee-Bösewicht und vor allem unseren Mann in Hollywood Matthias Hues (Dark Angel/ Watership Warriors) als ihren Bruder/Henchman. Alles in allem ein solides Klopperfilmchen, das man sich als geneigter Fan des Genres durchaus mal gönnen kann.
"Language is the foundation of civilization. It is the glue that holds people together. It is the first weapon drawn in a conflict."
Ich werde nicht müde, immer und immer wieder zu betonen, was für ein unglaublich talentierter wie spannender Regisseur Denis Villeneuve doch ist. Polytechnique, Incendies, Prisoners, Enemy, Sicario und zuletzt natürlich Blade Runner 2049 sprechen da in meinen Augen für sich. Sein Arrival beruht auf der Kurzgeschichte Story of Your Life von Ted Chiang, welche sich der Frage widmet, was wirklich passieren würde, wenn plötzlich außerirdische Wesen unseren Planeten besuchen würden, und verknüpft diese Gedanken mit einem emotionalen Subplot. Arrival greift das auf und entwickelt diese Ideen weiter.
Thematisch steht ganz eindeutig sogar in zweifacher Hinsicht Kommunikation im Vordergrund. Zunächst auf der eher kleineren Ebene um die Kontaktaufnahme selbst, das grundlegende Verstehen und das Verständnis zwischen zwei völlig verschiedenen Welten. Was ist Sprache? Welche Bedeutung hat sie? Wie wird kommuniziert? Wörtlich oder bildlich? Können elementare Konzepte des jeweils anderen überhaupt verstanden werden? Diesem weiten und auch spannendem Feld widmet sich die rund erste Hälfte von Arrival, ohne dabei zu trocken zu wirken, denn die Faszination der Fremdartigkeit überwiegt. Im weiteren Verlauf verlagert sich die Kommunikation dann auch auf eine weitere Ebene, wenn es um Diplomatie, um Vertrauen und Kompromisse sowie um die Fähigkeit geht, die eigenen Bedürfnisse zu Gunsten übergeordneter Ziele zurückstellen zu können.
Arrival kommt erzählerisch ungemein langsam daher, ist sehr reduziert, nicht so sehr thrillerartig spannungsgeladen wie Prisoners oder Sicario, aber dennoch auf seine ganz eigene Art und Weise spannend und für seine Thematik erstaunlich intim inszeniert. Deswegen aber ist Arrival keineswegs weniger dramatisch oder gar langweilig, wirft der Film doch geradezu essentielle Fragen über die menschliche Existenz auf, ohne dabei allzu oberlehrerhaft zu wirken, und verknüpft gekonnt das Schicksal der Menschheit mit dem persönlichen Schicksal seiner Protagonistin. Villeneuve aber lässt seine Erzählstruktur immer wieder brüchig werden und streut losgelöst vom Geschehen mehrfach hineinragende Sequenzen ein, welche aus dem Inneren von Louise zu kommen scheinen – Flashbacks, Visionen, Einbildung oder Erinnerungsfetzen, die sich immer wieder um ein zu Beginn des Filmes etabliertes Motiv drehen. So erzählt Arrival auch nur vordergründig eine Geschichte über den Besuch von Außerirdischen auf der Erde, wendet sich zusehends anderen, viel intimeren Themen zu, zeigt sich in seiner Gesamtheit deutlich vielschichtiger als ursprünglich gedacht und offenbart eine klug durchdachte und zunehmend packende Geschichte innerhalb seiner Geschichte, die am Ende jede Menge Diskussionspotential bieten wird und aktueller kaum sein könnte.
Arrival ist zwar überwiegend in vielen eher dunklen Grau – und Blautönen gehalten, dennoch aber visuell absolut umwerfend. Allein das Design der außerirdischen Raumschiffe zeigt, dass Villeneuve sein Thema doch grundlegend anders angeht als dies bisher so oft der Fall war. Sind doch oft sowohl die Außerirdischen als auch deren Technik nur unschwer als denkbare Variante des uns bereits Bekannten zu identifizieren, erscheinen hingegen die Raumschiffe in Arrival wie die Manifestation eines fundamental Anderem fernab jeglichen bekannten Designs und erinnert am ehesten noch an den schwarzen Monolithen aus Stanley Kubricks Film 2001. Konsequenter Weise verweigern sich diese Flugkörper dann zunächst auch jeder rationalen Ergründung, wenn sogar die uns bekannten Gesetze der Physik in deren Innern keine Anwendung mehr finden.
Unbedingt erwähnt werden müssen noch der Score und das Sounddesign, welche beide zusammen mit dem Look des Filmes Hand in Hand gehen und eine überwältigende Symbiose hervorbringen, die große Teile der fremdartigen Atmosphäre bestimmt. Die Filmmusik stammt erneut aus der Feder des isländischen Komponisten Jóhann Jóhannsson, der zuvor bereits Prisoners und Sicario mit seinen dröhnenden und wabernden Klängen zu veredeln wusste, und in Kombination mit dem Sounddesign von Sylvain Bellemare und seinem Team – insbesondere die Akustik der Außerirdischen ist beeindruckend – entsteht eine unwirkliche, fremde und rätselhafte Stimmung, die nochmals sehr schön unterstreicht, wie sehr sich die Außerirdischen in allen Belangen von allem unterscheiden, was uns bekannt ist.
Insgesamt ist Denis Villeneuve mit Arrival erneut ein sehr guter Film gelungen und bietet dem geneigten wie aufgeschlossenem Zuschauer intelligentes wie gleichermaßen emotionales Science-Fiction-Kino der etwas besonderen Art. Nicht alles ist perfekt und gerade zum Ende hin tappt das Drehbuch in die eine oder andere Klischeefalle (Stichwort: ausgelutschte Feindbilder) und zieht vielleicht etwas zu sehr das Tempo in Richtung zugespitztem Konflikt an, aber das sind dann auch nur Abzüge in der B-Note, denn Arrival macht sehr viel anders als gewohnt und trotzdem richtig. Arrival ist Kino für die Sinne, für den Kopf und für das Herz gleichermaßen, wirkt zwar bedrückend und düster, aber keineswegs hoffnungslos, und ist auch ein Plädoyer für Solidarität, Einigkeit und Zusammenhalt. Eine zwar sehr offensichtliche, in der heutigen Zeit aber kaum weniger wichtige Botschaft. Oder um Wittgenstein zu zitieren: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
Zwei Männer und ein kleiner Junge sitzen in einem verbarrikadierten Motelzimmer, während die Nachrichten im Fernseher über die Suche nach dem vermeintlich entführten Alton berichten. Doch Alton wurde nicht entführt, ganz im Gegenteil, sind seine beiden Begleiter doch vielmehr seine Beschützer. Mit genau jener Szene beginnt Midnight Special von Regisseur Jeff Nichols, welcher mit seinem jüngsten Werk nach Take Shelter und Mud nun bereits den dritten Film in Folge abliefert, der mir zu gefallen weiß. Ich muss zwar ehrlicher Weise zugeben, dass mir noch nicht so ganz klar ist, was mir der Film nun letztlich sagen will, aber deswegen mochte ich ihn noch lange nicht weniger. Schon ganz zu anfangs mit seiner aller ersten Szene hat mich Midnight Special mit seiner faszinierenden wie rätselhaften Atmosphäre gleich in seinen Bann gezogen, offenbart der Film doch von der ersten Sekunde an ein Mysterium, welches gelöst werden möchte, dessen Lösung aber deswegen keineswegs im Vordergrund steht und vielmehr dazu dient, Stimmungen aufzufangen.
Die Bilder sind wie gewohnt bei Nichols ausufernd und schwelgerisch und der erzählerische Aufbau langsam, so dass schnell eine Art Sog entsteht, der einen nicht mehr loslassen will. Gesellt sich noch der geradezu hypnotische Soundtrack dazu, dann ist die erzielte Wirkung erst einmal kongenial. Lange Zeit will man den Blick gar nicht mehr abwenden von all diesen vollendeten Bildern, den Impressionen und kleinen Stilleben, die Nichols da auf die Leinwand zaubert. In Midnight Special steckt eine weitaus größere Geschichte, als es auf den ersten Blick scheint, nur wird diese dem Zuschauer erst nach und nach, Stückchen für Stückchen offenbart, über Dialoge näher gebracht und nur dann bewusst zum Thema gemacht, wenn es absolut von Nöten ist. Und dennoch bleiben Dinge unerwähnt, im Dunkeln, unausgesprochen, was für mich einen besonderen Reiz des Filmes ausmacht, kann ich mir so doch noch genug selbst ausmalen, um meine Fantasie über den Film hinaus zu beschäftigen.
Im Kern behandelt der Film natürlich das Thema Liebe, bedingungslose Liebe sogar, es geht um Familie, Vertrauen, Verantwortung, aber auch um Verlust, Außenseitertum und das Loslassen, wenn es nötig ist. Dennoch bleibt bei mir das seltsame Gefühl zurück, dass sich unter der Oberfläche von Midnight Special noch etwas größeres verbirgt, das ich bisher nicht habe entdecken können, dass dort etwas schlummert, was die offensichtlich verhandelten Themen nochmals übersteigt. Vielleicht irre ich mich auch, möglicherweise sogar, weil ich es mir wünschen würde, da wäre noch mehr, aber so oder so, es wird sicherlich noch mehr als eine Zweitsichtung brauchen, um diesen visuell und erzählerisch wunderschönen Film vollends in mich aufnehmen zu können.
Jeff Nichols jedenfalls ist ein enorm talentierter und fähiger Regisseur, dessen Bilder oftmals mehr erzählen als ganze Dialoge und von klarer Einfachheit wie schlichter Eleganz sind, und dessen Filme bisher auch immer von seiner ganz klaren Handschrift geprägt sind. Ein wenig entrückt und in gewissen Zügen geradezu märchenhaft, aber gleichzeitig auch immer sehr in unserer Welt verhaftet. Letztlich mutet es in Midnight Special beinahe ironisch an, dass einerseits die religiöse Sekte Alton als ihren Erlöser betrachtet und andererseits der staatliche Apparat eine Waffe in ihm sieht, während seine Eltern nicht mehr wollen als ihn glücklich zu machen. Ironisch, vor allem aber auch berührend, ist das gerade deswegen, weil dieser sehnliche Wunsch nicht im gemeinsamen Glück enden kann, sondern eher darin, jenen Wunsch begraben zu müssen.
"There are things you can get away with in this world and there are things you can´t."
Regisseur Jeff Nichols ist hier ein verdammt guter Film gelungen. Ein wunderbares Coming of Age-Drama, warm und authentisch inszeniert. Ein Film über das Erwachsenwerden, über Freundschaft, über das Leben und die Liebe, den ersten Kuss. Aber auch ein Film über Heimat und Entwurzelung. Vor einer faszinierenden Südstaaten-Kulisse, die in wunderschönen Bildern festgehalten wird, erzählt der Film die Geschichte des vierzehnjährigen Ellis und seines Freundes Neckbone, die bei einem ihrer Ausflüge zu einer kleinen verlassenen Insel mitten im Mississippi auf den mysteriösen Mud treffen, der dort angeblich auf seine Freundin Juniper wartet. Dass der faszinierende Fremdling ein Mörder auf der Flucht ist, schreckt die beiden Jungen Ellis und Neckbone dann auch kaum ab. Die Abenteuerlust ist allemal größer als die Angst vor dem Unbekannten.
Der Film beschwört einen Hauch der guten alten Zeit, irgendwo zwischen Stand By Me und Tom Sawyer. Der zwielichtige, braungebrannt-wirrhaarige Vagabund Mud ist dabei ein moderner Huckleberry Finn, der trotz aller charakterlichen Schwächen fast mythische Dimensionen erreicht. Die Figur bleibt die ganze Zeit über geheimnisvoll und verklärt, beinahe schon märchenhaft. McConaughey spielt hier ganz groß auf. Kontrollierte Bewegungen, sparsame Gesten und einige archetypische Westernposen genügen ihm, um dem Film seinen Stempel aufzudrücken. So gut McConaughey hier aber auch agiert, der damals sechzehnjährige Tye Sheridan in der Rolle des Ellis stiehlt ihm gnadenlos die Show. Der Junge brilliert hier in der Rolle des Heranwachsenden, als Kind auf der Schwelle zum Erwachsenen, dessen Welt zu zerbrechen droht. Bei seinen langsamen Gehversuchen in Richtung Erwachsensein erkennt man bereits deutlich den Mann im Kind – eine gelungene Spiegelung mit dem flüchtigen Mud, dem fremden Mann, in dem immer noch ein Kind steckt und der nie so recht erwachsen werden wollte. In diesem Spannungsfeld der beiden Hauptcharaktere, die sich zwar sehr anziehen, aber auch gänzlich verschieden sind, überzeugt der Film auf ganzer Linie.
Ellis Freund Neckbone passt ebenfalls ganz hervorragend in diese Dreiecksgeschichte um Freundschaft und Vertrauen. Gespielt wir er von Jacob Loflund, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem jungen River Phoenix aufweist, womit wir wieder bei Stand By Me wären. Michael Shannon hat hier eine sehr kleine, aber äußerst gelungene Rolle, hatte er doch in Take Shelter, dem letzten Film von Jeff Nichols, noch die Hauptrolle.Weiterhin gibt es noch den immer grandiosen Sam Shepard in einer zwar auch nicht allzu großen, aber doch sehr wichtigen Nebenrolle zu sehen und Reese Witherspoon als undurchdringliche Juniper. Ihre Rolle ist auch nicht ganz klar, es bleibt ein Rätsel und etwas nebulös, was genau ihr Antrieb eigentlich ist.
In der Summe stimmt bei Mud einfach alles. Atmosphärisch dicht wird eine zarte und anrührende Geschichte erzählt, die aber stets authentisch bleibt und nie ins Kitschige abrutscht. Herausragende schauspielerische Leistungen, die dezent verklärte und leicht mystische Story, das wunderschöne Südstaaten-Setting und ein nahezu perfekter Soundtrack ergeben ein Kleinod des Kinos, ein modernes Märchen, das leise daherkommt, dessen Wirkung aber umso größer ausfällt und das im Gedächtnis bleibt.
„Working for a living? I gave my life for this country and what’s it done for me? Huh? What’s it done for me?“
Ähnlich wie Killing Them Softly zeigt Out of the Furnace in düsteren, grimmigen und von allgegenwärtiger Verzweiflung geprägten Bildern ein Amerika jenseits der üblichen Darstellung, ein zerrissenes Amerika, getroffen und gezeichnet von Armut und Elend, schwer angeschlagen durch die Wirtschaftskrise. Hoffnung keimt hier immer nur für kurze Augenblicke auf, ist spärlich gesät und die Handlungen der Figuren sprechen deutlich dafür, dass sie sich und ihre Zukunft ohnehin längst aufgegeben haben.
Der Film ist viel mehr Drama als Thriller, eher eine Milieustudie, die erst zum Ende hin die Wandlung zu einem Rachethriller vollzieht. Er ist ganz bewusst langsam erzählt und nimmt sich viel Zeit für die Einführung und den Aufbau der Charaktere. Das Erzähltempo ist gemächlich, aber keineswegs langweilig. Heldenfiguren finden sich hier keine, Identifikationspotential hingegen stellenweise schon. Der Großteil des Films beschäftigt sich damit, die Dynamik der Baze-Brüder zu zeichnen. Der ältere Russel, eben erst aus dem Gefängnis entlassen, wo er für einen folgenschweren Fehler büßen musste, versucht so verantwortungsbewusst zu handeln wie es die Umstände seiner Umwelt zulassen und sein aus den Fugen geratenes Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Der jüngere Rodney, Kriegsheimkehrer aus dem Irak, traumatisiert und desillusioniert von der Wirklichkeit in seiner Heimatstadt, ist aufmüpfig, rebellisch, leichtsinnig. Durch eine dumme und unbedachte Entscheidung von Rodney werden Ereignisse los getreten, die im Grunde gar nicht gut enden können, eine Spirale der Gewalt wird ausgelöst.
In der Inszenierung von Out of the Furnace drückt sich eine tiefe Enttäuschung aus: die Enttäuschung darüber, dass es einfach nicht mehr vorangehen will, auch in den Jahren der Obama-Regierung nicht vorangegangen ist und vielleicht auch nicht mehr vorangehen wird. Der Krieg draußen hat nie wirklich aufgehört, und er ist sogar nach Hause gekommen – als Kampf gegen den sozialen Abstieg. All das ist eingebettet in düstere Bilder, der Look und die Inszenierung sind trostlos, karg und deprimierend, alles wirkt sehr dreckig und schmutzig, viele Blaufilter werden verwendet und die Szenerie ist durchwoben von einer wirklich tollen Bildsprache. Ich fühlte mich oft an The Deer Hunter von Michael Cimino erinnert. Das Setting ist das gleiche, im rust belt der USA, eine ähnlich fürsorgliche Beziehung zwischen den männlichen Hauptfiguren, ja sogar die Landschaft mit Hirsch, durch welche Russell einmal mit dem Gewehr streift, das Jagdmotiv… die Ähnlichkeiten lassen sich kaum leugnen.
Endlich darf Christian Bale mal wieder zeigen, was er wirklich kann, ganz ohne blendende Accessoires, ohne Gimmicks oder Effekte, ohne Maske mit Fledermausohren oder ohne Schmerbauch wie in American Hustle. Allein durch seine Mimik und sein hervorragendes Schauspiel bringt er Wut und Verzweiflung sehr überzeugend zum Ausdruck, facettenreich und voller Nuancen. Woody Harrelson ist, wieder einmal, fantastisch. Er spielt seine Figur beängstigend glaubwürdig und entwickelt eine enorm bedrohliche Präsenz, ohne körperlich groß in Erscheinung zu treten. Das hat er auch gar nicht nötig, muss er doch nur einen Raum betreten und verächtlich ausspucken, schon wirkt er furchteinflößend. Auch die Nebenrollen sind mit Casey Affleck, Willem Dafoe, Forest Whitaker und Sam Shepard toll besetzt.
Jurassic Park ist wohl der Grund, warum ich bis heute das Kino und Filme so sehr liebe. Ich war etwa dreizehn, als der Film anlief und es war mein erster Kinobesuch ohne elterliche Aufsicht und rückblickend wohl auch der erste, an den ich mich selbst heute noch ganz bewusst erinnern kann. Der erste Blockbuster, dem ich bewusst entgegen fieberte, ohne damals auch nur zu wissen, was ein Blockbuster überhaupt ist. Spätestens an diesem Tag war es um mich geschehen und ich hoffnungslos verloren, den bewegten Bildern und dieser ganz besonderen Magie hoffnungslos verfallen. Der Auftakt einer 25jährigen Liebe mit all ihren Höhen und Tiefen.
Meine Güte... ist schon ziemlich scheiße, wenn aus heutiger Sicht das Original von 1972 besser gealtert ist als das Remake von 2006. Ich war zwischendurch duschen und habe den Film einfach weiterlaufen lassen. Es war egal. Vollkommen egal. Selbst Kurt Russell, den ich sehr schätze, vermochte keinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Der Rest? Wie gesagt: vollkommen egal.
Isaac Florentine ist ein Meister seines Faches. Ein Künstler unter den kinetisch getriebenen B-Movies, ein Virtuose des DTV-Actionfilms. Er wird nicht ganz ohne Grund oftmals als einer der derzeit besten Action-Regisseure angesehen und ist zweifellos einer der aktuell wichtigsten Regisseure in seinem Genre, denn kaum jemand versteht es derart gut, Martial Arts-Kämpfe so physisch wie rasant und vor allem druckvoll zu inszenieren. Sein Gespür für Tempo, Timing und Dynamik ist überragend und seine Filme sind meist sehr schnörkellos, enorm ökonomisch und hochgradig effizient umgesetzt. Actionszenen unter seiner Regie sind selten übermäßig spektakulär, dafür aber wunderbar choreografiert und mit großem Gefühl für Raum, Bewegung und Geschwindigkeit ausgestattet. Und so effektiv Florentine seine Actionszenen gestaltet, so inszeniert er seine Filme gleichermaßen: präzise, voller Klarheit, auf den Punkt genau und ohne ein Gramm Fett auf den erzählerischen Rippen. Meist reichen ihm nur ganz wenige Pinselstriche für die Plotgestaltung, um die Protagonisten und ihren Konflikt erkennbar herauszuarbeiten und so eine Grundlage für das zu schaffen, was bei ihm den Löwenanteil der Erzählung ausmacht: Aktion, Bewegung, Kampf.
Auch sein neuester Film Acts of Vengeance beinhaltet wieder seine inzwischen über die Jahre hinweg zu regelrechten Trademarks gewordene Stilistik, vermag sich jedoch nicht ganz oben in seinem Schaffen zu platzieren, sondern eher im gesunden Mittelfeld. Acts of Vengeance ist nicht auf einem Level mit Filmen wie Ninja: Shadow of a Tear, Undisputed II und III oder Close Range, aber ein dennoch solider Thriller unterfüttert mit knackiger Action. Abgegriffen im Thema vielleicht, aber gelungen in seiner Inszenierung. Zwar nerven der ständige Off-Kommentar in Verbindung mit dem selbstauferlegten Stoizismus der Hauptfigur mit der Dauer ein wenig, aber letztlich kann ich darüber hinweg sehen. Zum wohl größeren Nachteil gerät der Umstand, dass Antonio Banderas nicht wie beispielsweise Florentines langjähriger Weggefährte Scott Adkins vom „Fach“ ist, dennoch muss man festhalten, dass er sich durchaus anständig und passabel schlägt. So bleibt letzten Endes ein solider Rachethriller, dessen herausragende Momente die stark choreografierte Action bildet. Und die beherrscht Isaac Florentine blind.
Ach, Kong, mein kleiner, großer haariger Freund... rückblickend tut es mir leid, dass ich dir damals nach dem Kino nur eine zaghafte 7 gab. Das will ich nun, nach unserem Wiedersehen im Heimkino, richtig stellen....
Wenn sich riesige Monster auf der großen Leinwand gegenseitig die Köpfe einschlagen, dann hat das Kind in mir seine helle Freude an dem dargebotenem Spektakel. Egal, ob Filme wie Godzilla, Pacific Rim oder eben jetzt die neueste Inkarnation des King Kong, da fühle ich mich beinahe immer bestens aufgehoben. Und auch Kong: Skull Island konnte mich in Aufregung versetzen, wurde mir doch so ziemlich alles geboten, was mein Herz begehrte. Ich habe fette und spektakuläre Monsteraction erwartet und fette und spektakuläre Monsteraction bekommen. Mehr braucht es in diesem Kontext für mich dann auch gar nicht mehr um mich zu unterhalten.
Umso angenehmer empfand ich es im Gegensatz zu Peter Jacksons King Kong, dass der mir bisher unbekannte Regisseur Jordan Vogt-Roberts schnell Vollgas gibt und seine Exposition auf das absolut nötigste beschränkt. Zudem versucht gar nicht erst zu vertuschen, welchen Geistes Kind sein Film ist, und steht von der ersten Minute an vollkommen dazu, nicht mehr zu sein als bloßes Effektspektakel. Ein B-Movie voller Abenteuer und Monster mit Blockbuster-Budget. Das versprüht auf jeden Fall seinen ganz eigenen Charme, zeugt von der reinen Lust am Fabulieren und zelebriert einen scheinbar grenzenlosen Gigantismus, ganz unkompliziert und ohne unnötige Umwege über story telling. Die Geschichte selbst von Kong: Skull Island ist schlicht und leicht zu überschauen und auch die Charaktere sind nicht viel mehr als bloße Stereotypen und klischeehafte Abziehbilder, bei denen meist völlig egal ist, wer überlebt oder stirbt, doch das alles ist mehr oder weniger egal, wenn Kong erst einmal seinen Pfad der Verwüstung schneisenartig über seine Insel zieht.
Der Cast rund um namenhafte Schauspieler wie Tom Hiddleston, Brie Larson, Samuel L. Jackson, John Goodman oder John C. Reilly mutet in diesem Kontext geradezu lächerlich verschwendet an und letztlich ist und bleibt Kong der größte Star seines Filmes. Ist dieser nämlich erst einmal auf der Bildfläche erschienen, dann geht es auch schon Schlag auf Schlag zur Sache, denn er ist bei weitem nicht das einzige Monster auf Skull Island. Visuell sieht das alles dann auch fantastisch aus und kann punktuell sogar durch die eine oder andere ausgesprochen kreative Kameraperspektive überzeugen. Der 70er Jahre Soundtrack weiß zu gefallen, auch wenn klar ist, dass es sich dabei schon auch um einen Griff in die Trickkiste handelt, doch er lädt zum dezenten Mitwippen ein und täuscht über die eine oder andere erzählerische Schwäche hinweg. Auch der Humor, überwiegend transportiert durch John C. Reilly als Hank Marlow, weiß meist zu überzeugen und bildet einen angenehmen Gegenpol zu der Ernsthaftigkeit eines Samuel L. Jackson, der in bester Apocalypse Now-Manier Colonel Kurtz nachahmt, diesem eine ordentliche Prise Captain Ahab hinzufügt und langsam dem Wahnsinn anheim fällt, besessen von der Idee, Kong zu töten. Überhaupt lassen sich diverse Verweise auf Apocalypse Now und ähnliche Filme über den Vietnam-Krieg finden, glücklicherweise jedoch fallen diese nicht allzu tiefschürfend aus.
Letztlich gibt es gar nicht so wahnsinnig viel über Kong: Skull Island zu sagen: er hat meine Erwartungen an ihn erfüllt, mir jede Menge fette Monsteraction geboten, das Kind in mir glücklich gemacht und mich prächtig unterhalten. Dass Handlung und Figuren flach und austauschbar bleiben, habe ich so im Vorfeld erwartet und in meinen Augen kann und darf man das einem solchen Film auch gar nicht ankreiden. Kong kommt schnell zur Sache, das macht Spaß und sieht toll aus. Was will man denn mehr in einem solchen Film? Ich wurde zwei Stunden lang gut unterhalten, hatte keine Langeweile und wurde in eine fantastische Welt entführt. Dafür sind Abenteuerfilme doch eigentlich gemacht, oder nicht?
Hail to the King!
Billigst runtergekurbelte und sinnbefreite Spät-80er-Videotheken-Kost, die kein Actionfilm-Klischee auslässt! Herrlich! Was für ein Spaß, dessen wohl einziger wie gleichermaßen fragwürdiger Glanzpunkt Lorenzo Lamas ist... soviel Verve, wie der in seine Rolle des Jack "Soldier" Kelly wirft, das ist eine wahre Freude. Immer hübsch drüber und gnadenlos überzogen, immer einen dämlichen Spruch locker auf den Lippen. Snake Eater reizt die recht engmaschigen Eckpunkte seines Genres dann auch gnadenlos aus und übertreibt, wo er nur kann. Ernst nehmen lässt sich das alles trotz einer gewissen Härte natürlich zu keiner Sekunde, aber es vermag zu unterhalten angesichts all des infantilen Irrsinns, der einem hier geboten wird. Knackig-dummes Filmchen, welches dem geneigten Genre-Fan durchaus Spaß machen kann. Und ganz ehrlich:wir haben damals zum Teil deutlich schlimmere Filme in den Videothekenregalen ausgegraben :D