Miss_Jupiter - Kommentare

Alle Kommentare von Miss_Jupiter

  • 7 .5
    Miss_Jupiter 03.12.2024, 11:54 Geändert 03.12.2024, 11:56

    Da ich momentan krankgeschrieben bin, habe ich viel Zeit, um mir Serien anzuschauen. Auf Disney+ sehe ich zur Zeit "Grotesquerie", die neue Serie von Ryan Murphy, die ihrem Titel vollkommen gerecht wird.
    Sie wird immer in Etappen mittwochs (je 2 Folgen) ausgestrahlt. Das nervt mich irgendwie, da die Pausen dazwischen zu lange sind. Aber was soll's. Dann freut man sich halt umso mehr auf die nächsten Episoden. :-)

    Ich ziehe nunmehr eine Zwischenbilanz:
    Bis jetzt gefällt mir "Grotesquerie" sehr gut. Sowohl Darsteller als auch Plot überzeugen. Unglaublich düster gehalten mit einer ebensolchen beklemmenden Atmosphäre, die zwischen surreal, abgedreht, widerwärtig und unheimlich hin- und herschwankt. Die privaten Sorgen und Nöte der Protagonisten (wie in vielen Serien und Filmen üblich) werden hier auf ein erträgliches und nachzuvollziehendes Maß heruntergeschraubt, was sehr wohltuend ist. Dafür ist dann mehr Platz für wirklich groteske Verbrechen, die beinahe schon in ihrer Zurschaustellung "zelebriert" werden. Die Suche nach dem Killer oder gar der Killerin gestaltet sich äußerst schwierig, da diese Person höchst perfide und sogar intelligend vorgeht und die Polizei (hier im Fokus: Niecy Nash als Detective Lois Tryon) gekonnt an der Nase herumführt. Sie hat es augenscheinlich auf Lois abgesehen, das 'Warum' ist hier die große Frage.
    Tryon erhält Hilfe von der unkonventionellen jungen Nonne Megan, die sehr gerne Krimis liest und auch noch für eine Zeitung schreibt, die sich mit solchen brutalen Themen befasst.
    Micaela Diamond als Megan finde ich bemerkenswert in dieser Rolle. Die Ambivalenz ihres Charakters kommt hier besonders stark zur Geltung und man weiß erst mal nicht, was sie zu diesem "Hobby" bewogen hat. Vermutlich hat es etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun, das in den weiteren Folgen wohl noch ausgeleuchtet wird.
    Überdies werden Religion und ihre manchesmal obskuren, bizarren, bigotten und devoten Aktionen von Kirchen, Sekten und ihren Anhängern in "Grotesquerie" ebenfalls thematisiert.

    Aber auch sonst ist die Serie spannend und kurzweilig, oft recht sonderbar in der Farbgebung, Kameraführung (manchmal ganz ohne Cuts), was aber in einigen Folgen dem jeweiligen Umfeld und auch den Gegebenheiten geschuldet, passt, nicht selten sogar erschütternd und traurig und so ganz nach meinem Geschmack. Murphy beweist mal wieder ein gutes Händchen für solche anspruchsvollen Thrillerserien, die anscheinend sein Steckenpferd geworden sind.

    Niecy Nash sehe ich sehr gerne, sie war in "Dahmer" schon großartig.

    Habe noch ein paar Folgen vor mir, deswegen gibt es hier erst mal keine Bewertung von mir. Aber ich denke mal, wenn es so weitergeht wie bisher, wird diese recht hoch ausfallen.

    Produziert wurde die Serie u.a. von Courtney B. Vance, der auch als Tryon's im Koma liegender Ehemann zu sehen ist.

    Von mir gibt es hier ganz klar vorab schon mal eine Empfehlung.

    28
    • 10
      Miss_Jupiter 29.11.2024, 14:00 Geändert 29.11.2024, 14:35
      über Birdy

      "Birdy" (1984) von Alan Parker nach dem gleichnamigen Roman von William Wharton ist berührend, ergreifend, emotional, wunderschön, mit einer surrealen Atmosphäre ausgestattet und vor allem ist er einer der besten Antikriegsfilme, die ich kenne.

      Nicolas Cage als Al hat mir darin als Darsteller am besten gefallen (außer noch in "Leaving Las Vegas"). Aber auch Matthew Modine als Vogelfreak "Birdy" spielt hervorragend.

      Wenn ein Film nicht nur mit seinem Plot, sondern auch visuell besticht und mit poetischen, betörenden und gleichzeitig auch ziemlich verstörenden Bildern beeindrucken kann, ist es dieser Streifen.

      Die beiden sehr ungleichen Freunde (Al sehr ex-, Birdy dagen ziemlich introvertiert und sensibel) werden -jeder auf seine eigene Art und Weise- auf eine harte Probe gestellt, die der Vietnamkrieg ihnen auferlegt. Al kümmert sich nach der Rückkehr in aufopferungsvoller Weise um seinen schwer traumatisierten Kumpel. Die bedingungslose Freundschaft der beiden ist das Zentrum, in das Al und Birdy nach äußerst schmerzvollen Erfahrungen zurückkehren. Das Grauen des Vietnamkriegs äußert sich in den gezeichneten Gesichtern der beiden Männer.
      Al ist eher körperlich, Birdy dagegen psychisch schwer angeschlagen. Al versucht immer wieder, zu Birdy durchzudringen. Nach langen, erfolglosen Versuchen offenbart sich dann am Ende eine ganz besondere Art der Heilung für beide, so poetisch, mitreißend und außergewöhnlich wie der ganze Film. Nahezu perfekt.

      Der hervorragende Soundtrack von Peter Gabriel unterstreicht die fantastischen Kamerafahrten (eingefangen aus der Sicht eines fliegenden Vogels durch eine Straßenschlucht und den "Flug" über eine Feuersbrunst in vietnamesischem Kriegsgebiet).

      Gabriel war die ideale Wahl für die Filmmusik.

      "Birdy" kann man in gewissen Abständen immer wieder anschauen, er wird bei jeder Sichtung noch ein wenig besser.

      Bewertung: eine 10 mit ♥ (Etwas anderes kommt für mich persönlich hier nicht infrage.)

      https://www.youtube.com/watch?v=p9Hx067Z64A (Peter Gabriel/Soundtrack Birdy: "Birdy's Flight")
      https://www.youtube.com/watch?v=grArhgtN_uY (Peter Gabriel/Soundtrack Birdy: "The Heat")

      30
      • 7 .5

        Der frühere Auftragskiller John Wick (großartig und überzeugend: Keanu Reeves) verliert seine Frau durch eine schreckliche Krankheit. Ihr letztes Geschenk an ihn, ein süßer kleiner Hund, wird bei einem Überfall auf ihn in seinem Haus getötet. Die Einbrecher schlagen John zusammen und klauen seinen Wagen, wissen aber erst mal nicht, bei wem sie da eigentlich eingestiegen sind.
        Einer von ihnen ist der Sohn eines ehemaligen Auftraggebers von Wick, "Chef" eines russischen Gangstersyndikats. Von nun an plagen John Wick Rachegefühle, denn der Tod des Hundes brachte das Fass zum Überlaufen. Er lässt nicht eher locker, bis er alle von ihnen (und noch so einige mehr) erledigt hat...

        Der US-amerikanische, erste Teil der Neo-Noir-Thriller-Reihe "John Wick" gefiel mir recht gut, hatte ich mich doch bis jetzt stets geweigert, auch nur einen einzigen von den Teilen anzusehen.

        Vor allem das hohe, atemlose Tempo, die geniale Kameraarbeit sowie Atmosphäre und die hervorragenden Kampf- und Killszenen haben es in sich.

        Reeves als Racheengel John Wick passt perfekt in diese Rolle. Man nimmt ihm den trauernden Mann, jedoch auch den immer noch sehr präsenten und gnadenlosen Killer unbedingt ab. Man versteht ebenfalls seine Handlungs- und Vorgehensweise. Von Anfang bis Ende höchst spannend und sogar emotional inszeniert, besticht der Streifen auch mit seinem hämmernden tollen Soundtrack, der sehr gut dazu passt.

        Viele namhafte Darsteller in klasse Nebenrollen sind hier ebenso gut wie Keanu als Wick, als da wären: John Leguizamo (Aurelio), Mikael Nyqvist als russischer Gangsterboss und Antagonist Viggo, Ian McShane, Lance Reddick als loyaler Hotelrezeptionist, Willem Dafoe als Marcus und Alfie Allen als Viggo's Sohn Iosef.

        "John Wick" ist ein wirklich handwerklich gut gemachter Thriller ohne Längen, der direkt zur Sache kommt, vielleicht etwas fragwürdig ist, aber dessen Plot trotz allem den Zuschauer/die Zuschauerin ohne wenn und aber auf John Wick's Seite zieht.

        Die anderen "John Wick"-Teile werde ich mir dann so nach und nach noch ansehen.

        Bewertung: 7.5

        32
        • 6

          Der iranisch-US-amerikanische Psychothriller "The Night" (2020) von Kourosh Ahari wäre eigentlich ein Film ganz nach meinem Geschmack. Ich mag den psychologischen Grusel, ohne Jumpscares, dafür mit einem gut durchdachten (un)angenehmen Feeling, das schleichend einsetzt.
          Das ist bei "The Night" schon der Fall, wären da nicht die bis ins kleinste Detail langsamen Kamerafahrten durch die elend langen Hotelflure und Korridore, Treppen und Räume, die sich immer wieder wiederholen. Ein wenig "Shining" kommt hier durchaus zum Vorschein und die Darsteller sind ebenfalls gut. Die Prämisse des Films ist irgendwann zu durchschauen und am Schluss des Films gibt es dann den Aha-Effekt, wenn er nicht vorher schon dagewesen sein sollte.

          Die iranischen Darsteller, das Ehepaar Babak (Shahab Hosseini) und Neda (Niousha Noor), die mit ihrer kleinen Tochter schon länger in den Staaten leben, agieren zum einen weltoffen, zum anderen kommen hier und da wieder die kulturellen und religiösen Hintergründe zum Vorschein, vor allem dann, wenn Ehefrau Neda auch im Bett ihre Haare bedeckt.

          Der Hintergrund des Ganzen, das sich fast ausschließlich in einem unheimlichen Hotel abspielt, das metaphorisch samt und sonders für Schuld und Sühne steht, ist dann wirklich tragisch, aber man hätte die Spannungsschraube fester anziehen und die Ereignisse im Hotel "Normandie" vielleicht etwas drastischer darstellen und inszenieren können.

          Unterm Strich bleibt ein etwas unbefriedigender Eindruck, obwohl der Film nicht vollends bei mir durchgefallen ist. Verantwortlich dafür ist das tolle Setting, wie vorher schon geschrieben die Darsteller und die düstere Atmosphäre. Man wartet aber sekündlich darauf, das etwas wirklich unheilvolles eintritt, was dann leider nicht geschieht.

          Gedreht wurde der Streifen in den USA, aber von der Außenwelt bekommt man nicht sehr viel mit, es ist auch immer dunkel. Insofern steht das Hotel sinnbildlich für ein inneres Gefängnis, aus dem die Protagonisten nicht mehr entkommen können und sich ihren inneren Dämonen stellen müssen.

          "The Night" ist übrigens der erste Film, der nach sehr langer Zeit mal wieder im Iran gezeigt werden durfte, was mich bei dieser Thematik dann doch etwas gewundert hat.

          Bewertung: (mit Ach und Krach noch) eine 6.0.

          30
          • 5 .5

            Den achtbändigen Fantasy-Zyklus "The Dark Tower" ("Der Dunkle Turm") von Stephen King habe ich nacheinander verschlungen, bin in diese Welt eingetaucht und habe mich ihr ergeben, weil ein Entkommen für mich nahezu unmöglich erschien. Das passiert mir beim Lesen großartiger Romane aber immer.

            Nun geht es hier aber um die Verfilmung von "The Dark Tower" ("The Gunslinger"/"Schwarz"): „Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm." Dies ist der erste Satz des ersten Bandes der Reihe und der hatte mich sofort gepackt. Habe mir den Film ziemlich unvoreingenommen angeschaut. Roland Deschain von Gilead aus der Linie des Eld (The Gunslinger/Der Revolvermann), gespielt von Idris Elba, durchstreift jahrelang das Multiversum, um den Dunklen Turm aus der Hand des Scharlachroten Königs zu befreien. Der Junge Jake Chambers (Tom Taylor), der in der wirklichen, unseren realen (fundamentalen) Welt lebt, und schon sehr lange Visionen dieser anderen Welt und auch von Deschain hat, folgt dem Gunslinger eines Tages in dessen Mid-World, um gemeinsam mit ihm den "Mann in Schwarz" (Matthew McConaughey) zu vernichten und den Dunklen Turm zu retten. Falls dies nicht gelingen sollte, verschlingt eine allumfassende Dunkelheit und Chaos die gesamte Welt und somit das Multiversum, in dem auch die Mid-World existiert...

            Fazit: was mir gut gefallen hat, war die filmische Umsetzung der Mid-World mit ihrer nebeneinander existierenden Wissenschaft und Zauberei. Diese Parallelwelt scheint unglaublich weit und grenzenlos und ohne Anfang und Ende zu sein. Von Roland Deschain hatte ich eine ganz andere Vorstellung (nach Lesen des Buchs), trotzdem hat Elba den einsamen Gunslinger recht gut dargestellt. Matthew McConaughey als Walter/Der Mann in Schwarz (im Buch auch Randall Flagg) gibt sich sichtlich Mühe, seiner Rolle die nötige Boshaftigkeit und Erbarmungslosigkeit zu verleihen, schafft dies aber nur bedingt.
            Tom Taylor als Jake ist hier eigentlich die tragende Hauptfigur, die sehr überzeugend den verlassenen und traumatisierten Jugendlichen spielt, der sich vermeintlich in Scheinwelten flüchtet und tief im Inneren doch weiß, dass diese Welten existieren. Sein "Shining" (eine weitere Anspielung auf King) ist Fluch und Segen zugleich und bringt ihn und Roland in tödliche Gefahr.

            Die Minuspunkte für mich sind ganz klar das Weglassen wichtiger Figuren, die im Roman vorkommen, wie z.B. Eddie und Susannah Dean, was ich ziemlich schade finde. Trotzdem schafft es der Streifen, die im Buch beschriebene, mittelalterliche und auch zum Teil westernartige Atmosphäre ganz gut in Szene zu setzen, ebenso das Hin- und Herswitchen zwischen der Mid-World und der unsrigen und diverse Kampfszenen werden famos rübergebracht, um so die gesamte Inszenierung noch leidlich spannend zu gestalten.
            Dennoch ist man vom Gesamtergebnis ein wenig enttäuscht, weil die Verfilmung bei weitem nicht an die Qualität des Buches heranreicht.

            "The Dark Tower" von Nikolaj Arcel kann man guten Gewissens Menschen empfehlen, die das Buch/die Bücher noch nie gelesen haben. Die werden den Streifen für sich genommen und unabhängig hiervon sicherlich sehr gut finden. Alle Fans des Buchs und der ganzen Reihe werden wohl eher enttäuscht sein, da dem Streifen die nötige Tiefe und die Vielschichtigkeit des Buches und seiner vielen Figuren/Charaktere gänzlich fehlen.

            Von mir gibt es aber trotzdem noch eine 5.5, auch wegen der schönen Landschaftsaufnahmen und des hervorragenden Settings.

            30
            • 9

              Roman Polanski's Horror-Kultklassiker "Rosemary's Baby" (1968) schaue ich mir auch heute noch -trotz seines Alters- sehr gerne an.
              Inhalt: das junge Paar Rosemary (großartig: Mia Farrow) und Guy (John Cassavetes) Woodhouse zieht in eine große Wohnung im "Bramford House" in New York, dessen gewalttätige Vergangenheit sie erstmal nicht stört. Die Bekanntschaft mit den älteren Castevets (genial: Ruth Gordon als Minnie und Sidney Blackmer als Roman), die ebenfalls im "Bramford House" wohnen, erweist sich zu Beginn als angenehm, im weiteren Verlauf dieser "Freundschaft" kommen bei Rosemary jedoch Zweifel auf, ob die Castevets es gut mit ihnen meinen. Als Rosemary schließlich schwanger wird, häufen sich unerklärliche und unheimliche Vorkommnisse, die die junge Frau bald verzweifeln lassen und sie nicht mehr weiß, wem sie eigentlich noch (ver)trauen kann...

              Fazit: "Rosemary's Baby" besticht duch seine sehr subtile Inszenierung, keinen vordergründigen aufdringlichen Horror und eine hervorragende schauspielerische Leistung aller Darsteller.
              Das, was man nicht sieht und was sich im Kopf des Zuschauers abspielt, ist der wahre Schrecken und Horror, Polanski hat es sehr geschickt verstanden, diesen Horror "durch die Hintertür" und auf der psychischen/psychologischen Ebene in brillianter Vollkommenheit zur Geltung zu bringen.

              Was in William Friedkin's "The Exorcist" schon eher horrormäßig rüberkam und in vielen Szenen drastisch/plastisch zelebriert wurde, läuft in "Rosemary's Baby" eher zurückhaltend und leise ab, aber gerade diese manchmal harmlosen Szenen haben eine wahnsinnig gruselige, verstörende und unheilvolle Sogwirkung und Aussagekraft und die mysteriöse und seltsame Atmosphäre (besonders im "Bramford House") hat es in sich (könnte man hier auch *kleiner Spoiler* wörtlich verstehen). Der Score passt sich der Atmo an und der Film ist von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselnd.
              Viele kleine, kritische Seitenhiebe gibt es außerdem gegenüber Religion im allgemeinen und der katholischen Kirche im besonderen.

              Kleine, traurige Randnotiz: das im Film benannte "Bramford House" heißt/hieß in Wirklichkeit "The Dakota (Building)". John Lennon wohnte dort und wurde am 8. Dezember 1980 am Eingang des Gebäudes von Mark David Chapman erschossen.

              Der Streifen basiert auf Ira Levin's gleichnamigem Roman "Rosemary's Baby" von 1967.

              Bewertung: (auch heute noch) Herausragend! (9.0)

              32
              • 7 .5

                Das Model/Influencer-Pärchen Carl und Yaya (Harris Dickinson, Charlbi Dean Kriek) ist auf dem besten Wege, reich und berühmt zu werden. Deswegen nehmen sie die Einladung an, eine Kreuzfahrt auf einer millionenschweren, riesigen Luxusyacht zu unternehmen. Umgeben von stinkreichen Menschen, u.a. einem russischen Oligarchen und einem britischen Waffenhändler, genießen sie erst einmal die Reise. Beim Captain's Dinner bei stürmischer See und hohem Wellengang eskaliert aber die Situation...

                Ruben Östlund's "Triangle of Sadness" ist eine gekonnte Mischung aus bitterböser, galliger Gesellschaftssatire und Tragikomödie.

                Die illustre Gesellschaft an Bord der Luxusyacht schrammt haarscharf an peinlicher Dekadenz vorbei und ist von ganz außen betrachtet durchzogen von einer vordergründigen Oberflächlichkeit, die sich im Laufe des Plots verändert. Die reiche Oberschicht wird durch höhere Gewalt hinabdegradiert, so dass sie das tut, was man ihr sagt und die Bediensteten steigen in der Hierarchie auf und nehmen deren Rolle ein.
                Östlund gelingt diese Verwandlung, indem er durch ein nicht vorherzusehendes Ereignis die typischen Rollenbilder von Arm und Reich auf geschickte und auch grenzwertige Weise ad absurdum führt. Die sozial- und gesellschaftskritischen Töne kehren nicht nur erst auf dem Schiff an die Oberfläche, sondern erstarken ganz besonders auf einer einsamen Insel, an denen die Partygäste gestrandet sind.
                Der tiefschwarze Humor versinkt aber sehr bald in der fast schon bösartigen Atmosphäre, die sich immer mehr ausbreitet. Die bisherige Oberflächlichkeit verwandelt sich in einen seltsamen Überlebenskampf, nachdem auch der Dümmste begreift, dass man in einer lebensbedrohlichen Situation alle Standesdünkel über: *kleines Wortspiel* "Bord werfen" muss und dass Reichtum und Schönheit dort absolut nichts mehr bedeuten.

                Bei oft radikal-ekligen, exzessiven und relativ unsubtilen Bildern weiß man als Zuschauer/Zuschauerin nicht, ob man lachen oder ernst bleiben soll. Zwei verschiedene Welten prallen unsanft aufeinander und vermischen sich schließlich bis zur Unkenntlichkeit. Dialoge über Kapitalismus, Kommunismus, Ideologien und Weltpolitik stehen im krassen Gegensatz zu eingeforderten, von Geburt an bestehenden Privilegien, die sich immer mehr ins Gegenteil verkehren und ihren "Wert" verlieren.

                In Nebenrollen: der geniale Woody Harrelson als trinkfester und chaotischer Captain Thomas, Iris Berben und Sunnyi Melles.

                Hervorzuheben ist hier Dolly de Leon als Reinigungskraft Abigail, die mir außerordentlich gut in ihrer Rolle gefallen hat.

                Das Ende des Streifens ist mal wieder sehr interpretationswürdig.

                Der Begriff "Triangle of Sadness" bezieht sich auf die Sorgenfalte, die sich auf der Stirn bildet und wird auch oft von plastischen Chirurgen verwendet.

                Anmerkung: Die südafrikanische Schauspielerin und Model Charlbi Dean Kriek (Yaya) starb leider 2022 im Alter von 32 Jahren an einer bakteriellen Sepsis.

                Bewertung: 7.5

                "... in den Wolken...."

                33
                • 8
                  Miss_Jupiter 16.11.2024, 16:38 Geändert 16.11.2024, 16:50

                  12 Menschen erwachen auf einer weitläufigen Wiese. Sie kennen sich nicht und wissen auch nicht, wie sie dorthin gekommen sind. In einer Kiste entdecken sie eine Menge unterschiedlicher Waffen, die sie auch bald brauchen werden, denn die "Jagd" ist von jetzt an auf sie eröffnet...

                  Craig Zobel's "The Hunt" ist ein äußerst zynisch-sarkastischer Beitrag zum heutigen Weltgeschehen, in das ziemlich viele Themenkomplexe eingebunden sind, wie z.B. Verschwörungstheorien, Politikverdrossenheit von allen Seiten, USA-Kritik, falsch verstandene Wokeness, political correctness, Rassimus und so weiter und so fort.
                  Der Film ist durchzogen von einer rauhen Atmosphäre und einem bitterbösen Dialogwitz. Selbst bei den heftigsten Kills blitzt nicht nur Blut, sondern immer wieder auch derber, schwarzer Humor durch, der den eigentlich schon ernsten Plot auf ein Level treibt, welches in einem satirischen Höhepunkt gipfelt, der in einem Kampf auf Leben und Tod auch dann nicht seinen Humor verliert.

                  Wer hier eigentlich gut oder böse ist, kann man sich wohl selbst aussuchen, denn nicht nur die "schlimme" Elite, die diese Menschenjagd betreibt, wird von intellektuell Bornierten, die aber auch in gewisser Art und Weise Loser sind, betrieben, sondern auch die Gejagten haben selbst Dreck am Stecken und sind nicht die allseits gelobten Weltverbesserer, die sie gerne sein möchten.

                  Der zynische Streifen besitzt eine raffiniert inszenierte, wendungsreiche Story mit abgedrehten Charakteren, die sich zwar ab und an nicht ganz ernst nimmt, jedoch von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt ist, was dazu führt, dass einige Lacher im Halse steckenbleiben. Auch die gezeigte Brutalität wird durch den überaus schwarzen Humor abgefedert.

                  Selbst Flüchtlingskrisen werden hier thematisiert und der typische US-Bürger wird auf provokante und fast schon klischéelose Weise vorgeführt und zerpflückt, was mir sehr gut gefallen hat. Die Darsteller (u.a. Ethan Suplee, Amy Madigan) sind großartig. Leider hat Emma Roberts hier nur recht wenig Screentime, wobei Betty Gilpin als Chrystal einen wirklich guten Job hinlegt. Zusammen mit Hilary Swank (ebenfalls klasse und schön böse in ihrer Rolle) liefern sich beide Frauen einen herrlich-komischen und gewalttätigen Zweikampf, der überaus genial dargestellt und gefilmt wurde.

                  Man munkelt, dass es solche Menschen und Machenschaften wohl wirklich geben könnte. Weit hergeholt ist dies bestimmt nicht, man muss nur das nötige "Kleingeld" dafür mitbringen, dann kann man sich (fast) alles "leisten". Traurig, aber wahr...

                  Bewertung: 8.0 (Ausgezeichnet!)

                  39
                  • 8

                    "Color Out Of Space" (2019) von Richard Stanley ist ein herrlich abgedrehter Streifen mit psychedelischer Note, Dramaelementen und einem wunderbar verrückt agierenden Nicolas Cage in bester Overacting-Manier, die aber hier ganz hervorragend platziert ist.

                    Das Lovecraftsche Feeling kommt in diesem Film bestens zur Geltung, schrecklich und wunderschön zugleich... oftmals erinnerte mich die Szenerie an Passagen aus Alex Garland's "Annihilation", was die Bildsprache und Farbgebung betrifft.

                    Der Einschlag eines Meteoriten auf dem abgelegenen ländlichen Anwesen der Familie Gardner verändert nach und nach alles, von der Umgebung bis hin zur Psyche und den Körpern von Nathan (Cage), seiner Frau Theresa (klasse: Joely Richardson) und seinen drei Kindern.

                    Die schreckliche Symbiose von Natur und außerirdischer Lebensform in Form von kaum vorstellbaren Mutationen gelingt Stanley in großartiger Weise, erst einmal durch die visuelle Darstellung sowie mit Hilfe eines seltsamen, furchteinflößenden Sounddesigns, das eine unheimliche Atmosphäre und langsame Bedrohung heraufbeschwört und natürlich die bizarr-absonderliche Inszenierung.

                    Eigentlich relativ ruhig erzählt, schafft es "Color Out Of Space" trotzdem, permanente Spannung und Unwohlsein beim Zuschauer zu erzeugen. Die sparsam eingesetzten, an *kleiner Spoiler*: "The Thing" erinnernden Splatterszenen wirken dadurch relativ intensiv und nicht zu plakativ.

                    Fazit: hat mir richtig gut gefallen, sehr empfehlenswert und wie sagt man so schön:

                    "...alles so schön bunt hier..."

                    Bewertung: 8.0

                    33
                    • 7 .5
                      Miss_Jupiter 14.11.2024, 13:52 Geändert 14.11.2024, 14:02

                      Wir schreiben das Jahr 1977. Der Late Night-Moderator Jack Delroy (hervorragend: David Dastmalchian) hat zwar einigen Erfolg mit seiner Show "Night Owls", kommt jedoch nicht an Johnny Carson's berühmte Show heran. Als dann noch seine Frau an Krebs stirbt, verliert Delroy seinen Halt und "Night Owls" immer mehr Zuschauer sowie Einschaltquoten.
                      Um sein "Baby" nach einiger Zeit der Trauer wieder aufzupeppen, lädt Delroy am Halloween-Abend die Parapsychologin June Ross-Mitchell (Laura Gordon) und ihr "Pflegekind" Lilly (Ingrid Torelli) zu seiner Show ein, um vor laufender Kamera und vor seinen Studiogästen ein dämonisches Experiment durchzuführen. Zu dieser Zeit ist der Okkultismus zu einer Modeerscheinung geworden und die junge Lily hat eine furchtbare Vergangenheit hinter sich.
                      Zu seinen weiteren Gästen zählen noch der Hellseher Christou (Fayssal Bazzi) und der Skeptiker Hunt (Ian Bliss). Was sich dann im Laufe des Abends während "Night Owls" live abspielt, ist unvorstellbar...

                      Fazit: "Late Night with the Devil" im mäßigen Found-Footage Stil von Cameron und Colin Cairnes lebt fast ausschließlich von seiner großartigen und beinahe klaustrophobischen Atmosphäre, die sich in dem begrenzten Fernsehstudio in jeder Ecke ausbreitet.
                      Der unheimliche Plot, der sich fast nur im TV-Studio abspielt, ist hier nicht so sehr das besondere, sondern vor allem das 70er Jahre Setting und Feeling, das mit knalligen Farben, Frisuren und der damals typischen Kleidung angereichert ist, so dass es eine wahre Freude ist, der Handlung zuzuschauen. Man wird als Zuschauer direkt in die 70er Jahre (zurück)katapultiert.
                      Am Anfang geht es in der Show noch relativ harmlos zu mit einigen Gesprächen zwischen Gastgeber und Gästen, sobald der Fokus aber auf Lilly liegt, verändert sich das Geschehen immer mehr und auch auf die Atmo und die Charaktere der Protagonisten legt sich eine schwer zu beschreibende Düsternis, die die farbenfrohe Umgebung irgendwann nicht mehr auffangen und verhindern kann.

                      Die (einfachen) stilistischen Mittel ohne große (Schock)Effekte sind in "Late Night with the Devil" hervorzuheben, denn sie sind recht wirkungsvoll. Sobald es Pausen gibt und sich die Handlung hinter den Kulissen der Show abspielt, wechselt das Bildformat geschickt und aus Farbe wird s/w. Dies ist höchst effektiv und das zusammen mit einer sehr langsam ansteigenden und beunruhigenden Spannung trägt immer mehr zu allgemeinem Unbehagen bei. Die kurze Laufzeit passt ebenfalls gut, länger hätte er nicht zu sein brauchen.

                      *Kleiner Spoiler*: Das Ende lässt mal wieder unglaublich viel Raum für alle mögliche Arten von Interpretationen, die wahrscheinlich individuell ganz verschieden ausfallen.

                      David Dastmalchian ist für die Rolle des Late Night-Moderators Delroy wie geschaffen und ist entweder künstlich interessiert, wobei sein Lächeln öfter mal falsch wirkt (wie das auch bei anderen Talk-Show-Moderatoren oft zu beobachten ist) oder aber seine Gesichtszüge entgleisen auf vorzügliche Art und Weise, wenn das, was vor seinen Augen geschieht, eine übernatürliche Dimension annimmt.

                      Bewertung: 7.5 (sehr sehenswert!)

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                      • 9
                        Miss_Jupiter 12.11.2024, 11:30 Geändert 12.11.2024, 14:45

                        Schönheit und Jugend sind in Hollywood das A und O. Dies bekommt auch Elisabeth Sparkle (Demi Moore) zu spüren, als ihr Chef Harvey (fies und widerlich: Dennis Quaid) sie an ihrem 50. Geburtstag feuert. Er will für die TV-Fitness-Show, die einst Elisabeth gehörte, eine junge, unverbrauchte und knackige Frau haben. Elisabeth wird sozusagen ausrangiert.
                        Nach einem Autounfall gerät sie aus obskuren Gründen an eine merkwürdige Substanz, die sie sich spritzen soll. Dabei sind auch andere Flüssigkeiten, die für ihr zweites Ich und sie selbst von existentieller Bedeutung sind. Elisabeth injiziert sich diese Substanz. Ihr zweites, wesentlich jüngeres Ich wird "geboren" und gibt sich den Namen "Sue" (Margaret Qualley). Für 7 Tage können beide jede für sich am Leben teilnehmen, nach den 7 Tagen muss die jeweils andere zurück in den "alten" Körper. Sue will sich damit aber nicht abfinden...

                        Regisseurin Coralie Fargeat hat mit "The Substance" ein ebenso intelligent-geniales wie auch anspruchsvolles Werk geschaffen, dessen Gesellschaftskritik sich scharf und spitz in die Gehirne bohrt. Hier werden Frauen als Objekte betrachtet, die nur schön zu sein haben und lächeln und ansonsten still sein sollen. Auf ihren Intellekt wird kein Wert gelegt. Der Feminismus tritt hier in grotesker und bizarrer Form zutage, aber zeigt auch auf, dass Frauen, die nur auf ihr Äußeres reduziert werden, ihre wahre Identität, Individualität und ihr Können hintenanstellen, nur um erfolgreich zu sein.
                        In "The Substance" sind es wahrhaftig "alte, weiße Männer", die hier "das Sagen" haben und ihr Ego über alles andere stellen. Sparkle und Sue kämpfen gegen- und miteinander um den Glanz, der über allem steht und scheitern dabei kläglich.

                        Was in diesem Streifen zwischen den Zeilen, aber auch ganz offen, nüchtern, grausam und manchmal in bitter-satirischer Form zutage tritt, kann man mit Worten fast nicht mehr beschreiben, so vielfältig sind die Wahrheiten, die einem in sehr vielen Metaphern mit voller Wucht um die Ohren geschlagen werden, so dass es fast schon körperlich schmerzt und nicht nur die Psyche martert.
                        Mit schnellen, nervösen und großartigen Kameraeinstellungen, einer scharf beobachtenden Bildsprache, einer atmosphärisch speziellen Dichte und kongenialen Farbgebung, die insbesondere Gelb und rötliche Farben einbeziehen, gelingt es Fargeat, ein recht unangenehmes Feeling heraufzubeschwören, dessen wenige humorvolle Momente in der fast schon gefühl- und emotionslosen Inszenierung über die deprimierende Handlung hinwegtäuschen. Der Plot ist hier on top, besser hätte man das nicht darstellen sowie thematisieren können.

                        Moore spielt hier absolut brilliant, sie beweist Mut zur Hässlichkeit und es gelingt ihr spielend, ihre Emotionen in Close-Ups dem Zuschauer nahezubringen. Jede Pore und Unebenmäßigkeit ihrer Haut sind sichtbar. Aber auch Margaret Qualley als Sue ist hervorragend. Beide Frauen trauen sich hier einiges zu und kehren ihr "Innerstes" sozusagen nach "außen".

                        Der Film ist relativ schonungslos in seinen Bildern und seiner Thematik und die Special-Make-Up-Effects sind überwältigend und hier Mittel zum Zweck. Vielleicht ist für viele das Ende etwas "drüber", passt hingegen aber zu den vorangegangenen Ereignissen wie die Faust aufs Auge.

                        "The Substance" drückt indirekt genau das aus, was "Barbie" -wenn auch nur entfernt- immer sein wollte und damit etwas gescheitert ist.

                        Feminismus, Gesellschaftskritik und Unterdrückungskultur in seiner brutalsten, quälendsten und ekelerregendsten Form als nervös-derbe Tour de Force, die ziemlich betroffen macht, wenn man sich auf diesen Film mit Haut und Haaren einlässt und die Intention dahinter versteht.

                        Habe den Streifen mit meiner Tochter (die den genauso großartig fand, wie ich) in der OV gesehen, was ich jedem/jeder nur empfehlen kann!
                        Verstörend ist er aber auf jeden Fall, dennoch visuell außerordentlich betörend und bestechend mit einer abgefuckten Aesthetik.

                        Bewertung: 9.0

                        45
                        • 8 .5

                          Großartige, anspruchsvolle und äußerst vielschichtige Serie über eine Familie, deren unbegreifliche, mysteriöse Vergangenheit in ihrem düsteren, unheimlichen Haus sie in die Gegenwart verfolgt und bei jedem ein anderes Trauma auslöst.

                          Mehr Drama als Horror durchzieht "The Haunting of Hill House, dennoch bringt diese Serie es fertig, unangenehme Gefühle beim Zuschauer hervorzurufen, die mit den Schicksalen sämtlicher Familienmitglieder einhergehen. In 'Hill House' würde ich nicht gerne übernachten wollen, eine sehr unheilvolle Atmosphäre weht durch die riesigen Zimmer und Flure, die weitläufig und endlos erscheinen und immer dunkler werden, je tiefer man in sie vordringt.

                          Man kann sehr gut verstehen, dass die Kinder der Familie in ihrem Erwachsenenleben mit sich und der Welt nicht mehr gut zurechtkommen, Drogen, Selbstmord, gegenseitiges Misstrauen und nachtschwarze Melancholie verklebt ihren Verstand, der sich konsequent weigert, die Geschehnisse von damals loszulassen und zu vergessen. Nichts mehr wirkt real, furchtbare Bilder, Halluzinationen und Gestalten verfolgen sie, Normalität scheint nur noch an der Oberfläche zu existieren, darunter herrschen Panik und Verzweiflung...

                          Mike Flanagan's "The Haunting of Hill House" (2018) versteht es sehr gut, die Handlung mit den verschiedenen Zeitebenen interessant und spannend zu gestalten. Das Haus selbst ist der Hammer, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.

                          Mir hat es nichts ausgemacht, dass ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart gewechselt wird, im Gegenteil, das verleiht der Serie zusätzlich noch das gewisse Etwas. Dass Timothy Hutton mitspielt (als gealterter Vater) hat mich ziemlich gefreut, ich sehe ihn gerne und er ist leider nur selten in Filmen zu bewundern. Alle Darsteller sind hervorragend,
                          Carla Gugino als Mutter hat eine besonders ambivalente Rolle und sie ist nicht leicht zu durchschauen. Atmosphärisch dicht, fesselnd und intelligent erzählt mit einem gruseligen, hintergründigen und bis zum Schluss geheimnisvollen Plot... absolut empfehlenswert.

                          Bewertung: 8.5

                          30
                          • 10

                            "Eraserhead", der 1977 von David Lynch erschienene s/w-Film ist ein auf Leinwand gebannter surrealer Alptraum. Dieser verursacht beim geneigten Zuschauer meistens ein permanentes Unwohlsein und eine sich stetig steigernde Verstörung ob der Bilder und Geräusche, die dort auf einen einprasseln, von der merkwürdig verdrehten, unheimlichen Geschichte und bizarren Atmosphäre mal ganz abgesehen. Bei mir war es so, aber trotzdem kann ich mich dem nicht entziehen und ich gebe zu, daß ich seiner abartigen "Welt" erlegen bin und das auch nicht erst, seitdem mich "Twin Peaks" erobert hatte.

                            Als Lynch-Fan ist man derartiges schon gewohnt, das Lynch-Universum ist ein ganz eigenes eigenartiges Kunstprodukt, das seinesgleichen sucht.

                            Ob man als Lynch-Einsteiger gerade diesen Film aussuchen sollte, ist ziemlich fraglich. Die Tendenz, danach die Finger von seinen weiteren Streifen zu lassen, ist ziemlich hoch, wenn man nicht gerade die Morbidität und Andersartigkeit in vielen seiner Werke schätzt.

                            Ich tue es und ich bin fasziniert von seinen beinahe schon unwirklichen "Produkten". Eraserhead ist da noch mal ganz explizit zu nennen, da es genau der "typische" Lynch-Film schlechthin ist, in welchem Kunst und Talent seines Filmschaffens hervorgehoben und besonders betont werden.

                            Es ist seine ganz eigene Art, diffuse Ängste und nicht auf Anhieb greif- und benennbare Bedrohungen und Situationen auf höchst spezielle Art und Weise intelligent in Filmen darzustellen.

                            10 mit ♥

                            @Dana... wolltest Du den nicht noch anschauen?

                            36
                            • 5 .5

                              Eine suizidgefährdete Frau begegnet im Wald einem jungen Mann, der sie davon abhält, Selbstmord zu begehen. Ihre Wege trennen sich dann erst einmal, aber dann trifft sie ihn an ihrem Wagen wieder und wird von ihm attackiert. Er setzt ihr eine Spritze mit paralysierender Wirkung mit der Bemerkung, dass sie sich in einigen Minuten überhaupt nicht mehr bewegen und sprechen kann. Sie läuft wieder in den Wald zurück, wo sie dann irgendwann wirklich bewegungslos zusammenbricht...

                              Fazit: "Don't Move" von Brian Netto und Adam Schindler beschreibt eine verhängnisvolle Beziehung zwischen Täter und Opfer, bei der sie (Opfer) selbstverständlich alles versucht, um am Leben zu bleiben und dem gestörten Mann zu entkommen. Dieser "Zweikampf" wird in einer wunderschönen Naturkulisse ausgetragen (Drehort: Bulgarien), die manchmal den Plot überstrahlt und deren Atmosphäre recht annehmbar ist.
                              Der Plot ist oftmals vorhersehbar, aber die Darsteller machen ihre Sache recht gut. Finn Wittrock als Psycho ist wieder einmal genial und Kelsey Chow als Opfer Iris spielt recht authentisch eine Frau, die durch fast schon seltsame Umstände in diese schreckliche Lage gerät.

                              Mir hat bei diesem Streifen aber ein gewisser "Kick" gefehlt, der dem Ganzen einen besseren Spannungsbogen verpasst hätte. Insofern plätschert die Handlung ab und an geradezu dahin. So richtig innovativ ist das hier halt -in meinen Augen- nicht geraten. Habe ähnliche Filme schon in anderer, wesentlich besserer Form gesehen.

                              Trotzdem kann man ihn sich einmal ganz gut anschauen und mit der Protagonistin mitleiden bzw. -fiebern.

                              Bewertung: 5.5

                              33
                              • 10
                                Miss_Jupiter 01.11.2024, 11:45 Geändert 01.11.2024, 11:49

                                David Lynch's "The Elephant Man" (1980) erzählt die wahre Geschichte des am seltenen Proteus-Syndrom und der Recklinghausen-Krankheit leidenden Joseph "John" Merrick (John Hurt), der aufgrund seiner Deformationen sein Dasein als Leibeigener eines Schaustellers und als "monströse Attraktion" auf einem Jahrmarkt fristen musste.

                                Aufgrund seiner schrecklichen Krankheit wird er "Elefantenmensch" genannt. Die Begegnung mit Dr. Treves (Anthony Hopkins) verändert sein bis dahin furchtbares Leben, denn der Arzt entdeckt unter seinen Verunstaltungen einen hochsensiblen, intelligenten und liebenswerten Menschen, den er aus den Fängen des brutalen Schaustellers befreit und ihn in einem Hospital unterbringt. Merrick blüht auf, beginnt wieder zu lesen und ein halbwegs normales Leben zu führen. Die feine Londoner Gesellschaft (u.a. auch eine berühmte Schauspielerin, dargestellt von Anne Bancroft) beginnt, sich für ihn und sein Schicksal zu interessieren.
                                Doch sein altes "Leben" holt ihn allzu früh wieder ein und sein -im wahrsten Wortsinn- unmenschlicher Leidensweg beginnt von vorne, noch schlimmer als jemals zuvor...

                                Der in s/w gedrehte Streifen versteht es, den Zuschauer sofort in seinen Bann zu ziehen und ihn an Merrick's trostlosem, erschütterndem und schlimmem Leben gefühlsmäßig teilhaben zu lassen. Durch diese durchaus beklemmende "Farb"gebung entsteht eine ebenso deprimierend-dunkle wie auch sehr dichte Atmosphäre, die durch wenige humorvolle und sensible Augenblicke durchbrochen wird.
                                Auch das viktorianische London von 1881 wirkt durch die s/w-Aufnahmen seltsam düster, bisweilen sogar bizarr, furchterregend und manchmal sehr fremdartig.
                                Diese Szenen sind vor allem der sehr Lynch-typischen Bildsprache und unheimlichen Tongebung geschuldet, führen beim Zusehen zu einem höchst unangenehmen Gefühl und schmerzen tief in der Seele.

                                *Spoiler*: Die Schlussszene des Films ist gewissermaßen John Merrick's Erlösung und Befreiung einer zeitlebens gequälten und verhöhnten Seele, die nie die Möglichkeit hatte, ein menschliches, würdevolles und vor allen Dingen freies Leben zu führen.

                                John Hurt verhalf durch seine brilliante Darstellung Merrick zurück zum Leben auf der Leinwand und ist somit schon fast ein Vermächtnis und zollt ihm damit posthum Tribut.

                                Lynch's Streifen ist ein überaus trauriger, harter und doch wunderschöner Film, der die Grausamkeit der Menschen, demgegenüber aber auch ihre Hilfsbereitschaft und Warmherzigkeit in den Vordergrund stellt.

                                Bewertung: immer wieder eine 10 mit ♥, denn "The Elephant Man" ist einer meiner persönlichen Favoriten von Lynch.

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                                • 5 .5
                                  Miss_Jupiter 29.10.2024, 11:32 Geändert 29.10.2024, 11:34

                                  Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) lebt jetzt zusammen mit ihrer Enkelin Allyson (Andi Matichak) in Haddonfield, nachdem Myers den Rest ihrer Familie ermordete. Sie will mit allem abschließen und führt ein relativ normales Leben in ihrer Heimatstadt.
                                  Trotzdem sucht die Vergangenheit sie heim, aber vorerst nicht in Gestalt von Myers, sondern durch einen weiteren Kontrahenten, den man erst mal nicht auf dem Schirm hatte und hat. Das Morden geht schließlich von neuem los und lässt die traumatisierte Laurie sowie deren Enkeltochter nicht mehr in Ruhe...

                                  Fazit: Der Abschluss der Halloween-Trilogie, "Halloween Ends" bietet ein etwas undankbares Ende, das einen würdigeren Abgang verdient hätte. Leider versäumt Regisseur David Gordon Green es, seinem Streifen die fulminant subtile Atmosphäre der alten Halloween-Filme - hier besonders des ersten- oder auch die Qualität der beiden Vorgänger, zu verschaffen und drückt diesem hier den Stempel "recht belanglos" auf. Wobei Curtis wieder supergut spielt, aber die etwas blasse Handlung nicht mehr aufzupeppen vermag.
                                  Will Patton als Police-Officer Hawkins ist ein weiterer Lichtblick in einer Riege unauffälliger Darsteller, natürlich bis auf Curtis, deren Charaktere allesamt total austauschbar sind und auch deren Schicksale einfach nicht weiter interessieren bzw. interessant sind.

                                  Spannungsaufbau und Inszenierung lassen hier ebenfalls zu wünschen übrig, die Atmosphäre ist eher lau/mau und man wartet ständig darauf, dass der "alte" intensive Schrecken um die Ecke kommt und "Buuhh" schreit, aber es bleibt leider aus.

                                  Was dann am Ende geboten wird, ist beinahe schon lächerlich und man fragt sich bei der Sichtung, ob es das jetzt wirklich war? Eine große Enttäuschung macht sich breit. Jedenfalls war es bei mir so und ich fragte mich die ganze Zeit über, warum Filmemacher es nicht schaffen, diesem allerletzten Streifen einen bemerkenswert nachhaltigen sowie ikonischen Eindruck zu verleihen, mit dem die Fans zufrieden sein können.

                                  Selbstverständlich sind nicht alle Halloween-Filme das Gelbe vom Ei, jedoch der letzte schießt in dieser Hinsicht den Vogel ab.

                                  Deswegen gibt es von mir nur eine 5.5. Einige Punkte gehen an Jamie Lee, deren schauspielerische Ausdruckskraft auch in diesem wieder sehr gut zum Zuge kommt. Aber das reicht dann leider noch lange nicht, um "Halloween Ends" zu einem beeindruckenden Film zu machen.

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                                  • 6
                                    Miss_Jupiter 28.10.2024, 10:49 Geändert 28.10.2024, 10:54

                                    Der Filmkomponist Alex (Javier Rey) zieht sich in den abgelegenen Küstenort Tremor zurück, um nach einem beunruhigenden Ereignis wieder zu sich selbst zu finden.
                                    Das abgeschottete Haus, in dem er nun lebt, soll ihm ermöglichen, wieder am Klavier kreativ zu werden. Aber erneut geschehen Ereignisse, die ihm zu schaffen machen. Schreckliche Visionen quälen ihn, die er erst einmal nicht einordnen kann. Sie scheinen etwas mit seinen Nachbarn Leo und Maria zu tun zu haben. Seine neue Freundin Judy ( Ana María Polvorosa) ist trotz aller Bemühungen nicht in der Lage, ihm zu helfen...

                                    Die spanische Mini-Serie "The Last Night at Tremore Beach" erzählt eine höchst merkwürdige Geschichte, die mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verknüpft ist und den Protagonisten an seinem Verstand zweifeln lässt. Er sowie sein direktes Umfeld schleppen alle erhebliche Traumata mit sich herum, so dass keiner sich in der Lage sieht, Alex' Visionen überhaupt nur in geringstem Maße zu verstehen geschweige denn sie ernst zu nehmen. Der verzweifelte Komponist ist -obwohl umgeben von Menschen- einsam, alleine und auf sich selbst gestellt.

                                    Das große Plus der Serie ist die überwältigende wunderschöne Landschaft des wohl fiktiven Ortes Tremor, der eher nach Irland als nach Spanien aussieht. Schroffe Felsen, wildes Meer und eine weitläufige Natur, die Alex von allem abschottet und seine psychische Lage deswegen immer schlimmer wird. Helfen und auch glauben kann ihm in dieser Situation aber niemand. Dies ist in der Serie perfekt herausgearbeitet worden und man leidet still mit ihm mit. Die Darsteller sind durch die Bank weg in Ordnung und gehen in diesem seltsamen Plot richtiggehend auf. Die Stücke, die Alex (Rey) am Klavier zum Besten gibt, sind wirklich fantastisch und berühren die Seele. Es scheint so, als hätte Rey sie alle selbst gespielt.
                                    Auch Bildsprache, Kameraarbeit und Inszenierung gehen hier insgesamt voll in Ordnung.

                                    Das große Manko der Serie: nicht wenige Szenen sind mit einem entnervend, fast schon kitschigen Score unterlegt, der diese Szenen des öfteren zum Seifenoper-Niveau degradiert, dies liegt auch vor allem an mehrmaligem Overacting und übertriebenem Gebaren des Hauptdarstellers Rey, (sein Gesicht überdramatisiert aufgenommen in Close-Ups), das es wirklich nicht gebraucht hätte, denn die Story spricht und lebt schon fast für sich selbst.

                                    An Spannung, interessanten Wendungen und Atmosphäre mangelt es "The Last Night at Tremore Beach" auf jeden Fall nicht, es gibt jedoch viele Wiederholungen, die natürlich der Handlung geschuldet sind und *-kleiner Spoiler- am Ende gibt es sogar einen "... und täglich grüßt das Murmeltier"-Moment, aber in keiner schönen Art und Weise.

                                    Das Mysteriöse ist hier Mittel zum Zweck und man fühlt sich mitunter schon ein wenig ratlos beim Zusehen, bis sich das Ganze dann mehr und mehr entschlüsselt und man überhaupt einen (logischen) Zugang zu dem Geschehen findet.

                                    Die FSK 18 ist hier nur bei einer Folge angebracht, die es emotional wirklich in sich hat und deren Gewaltgrad -nicht nur physisch, sondern vor allem psychisch recht hoch ist, weil sich sehr viel nur im Kopf des Zuschauers/der Zuschauerin abspielt, was am allerschlimmsten ist. Gerade diese Folge hat mich ziemlich mitgenommen und ich war einfach nur sprach- und fassungslos. Eine Warnung vorneweg wäre hier echt nötig gewesen.

                                    "The Last Night at Tremore Beach" basiert auf dem gleichnamigen Roman von Mikel Santiago. Regisseur Oriol Paulo ist bekannt für "The Body", "Der unsichtbare Gast" und "Parallelwelten".

                                    Wegen den oben genannten, nicht wenigen, Abstrichen vergebe ich hier "nur" eine 6.0.

                                    Ich muss mir die Serie aber irgendwann noch mal ansehen, denn schlecht ist sie wahrlich nicht. Wahrscheinlich komme ich dann auf eine höhere Punktzahl.

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                                    • 10

                                      Hier noch ein Film aus meiner Favoritenliste: "The Shawshank Redemption" (Die Verurteilten) aus dem Jahre 1994.

                                      Der Bankmanager Andy Dufresne (saugut: Tim Robbins) soll seine Frau und deren Liebhaber ermordet haben. Das Urteil lautet: zweimal lebenslänglich! Dufresne beteuert seine Unschuld, doch die Beweise sprechen gegen ihn. Im berüchtigten und äußerst harten Shawshank-Gefängnis erlebt er sadistische Wärter und eine brutale Behandlung, auch durch die Mitinsassen sowie ein grausames System, das den Häftlingen quasi das Menschsein abspricht. Nur die Freundschaft zu Red (ebenso gut: Morgan Freeman) lässt ihn durchhalten und überleben.

                                      Frank Darabont's "The Shawshank Redemption" ist ein großartiger, wunderbarer und überwältigender Film, der eine wichtige Botschaft innehat: Hoffnung!
                                      Diese verliert Andy niemals, auch nach Jahrzehnten in Haft hält er an seiner Unschuld fest, erträgt Missbrauch und Gewalt, innerlich jedoch schmiedet er einen Plan, der immer mehr Gestalt annimmt. Dieser Plan lässt seine Hoffnung schließlich Realität werden...

                                      Basierend auf Stephen King's Geschichte "Frühlingserwachen: Pin-up" (Original "Hope Springs Eternal: Rita Hayworth and Shawshank Redemption") gelingt Darabont ein unglaublich faszinierendes sowie außergewöhnliches Drama: fesselnd, spannend, sehr emotional und ungewöhnlich vielseitig für eine Geschichte, die sich fast ausschließlich im Gefängnis abspielt.

                                      Der Plot um tiefe Freundschaft, furchtbaren Gefängnisalltag, Brutalität und Menschlichkeit, die man an diesem Ort selten vermutet und eine raffinierte Wendung am Schluss hält den Zuschauer gefangen, nimmt ihn mit an diesen hoffnungslosen und deprimierenden Ort und lässt ihn mit Andy Dufresne diese unwahrscheinlich lange Haft durchleben oder besser gesagt, überstehen.
                                      Die dunkle und harte Thematik dieses Streifens, ummantelt von einer einzigartig dichten Atmosphäre, ist eigentlich zugleich auch eine positive, denn es geht letztendlich darum, sich in Gefangenschaft Hoffnung und vor allen Dingen Menschlichkeit zu bewahren, um nicht wahnsinnig zu werden.

                                      Starke Bilder, Motive und hervorragende Dialoge und Darsteller vereinen sich zu atmosphärisch einprägsamen Szenen, die man so schnell nicht vergisst.

                                      In Nebenrollen: Clancy Brown, Bob Gunton, William Sadler und Gil Bellows.

                                      Dieser Film ist mMn ein Meisterwerk.

                                      Bewertung: eine 10 mit ♥

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                                      • 8
                                        Miss_Jupiter 22.10.2024, 11:17 Geändert 20.11.2024, 12:25

                                        Rose (Lucy Boynton) und Kat (Kiernan Shipka) bleiben den Winter über alleine in Bramford, einer Mädchenschule. Ihre Eltern können oder wollen sie nicht abholen.
                                        Dann gibt es da noch Joan (Emma Roberts), die vormals in einer psychiatrischen Einrichtung war und nun alleine unterwegs ist. Mehr hier nicht zum Inhalt...

                                        Das Regiedebüt von Anthony "Psycho" Perkins' Sohn Osgood "Oz" Perkins, "The Blackcoat's Daughter" (Alternativtitel "February", den bescheuerten deutschen Titel vergessen wir hier mal ganz schnell!) aus dem Jahr 2017 ist ein Synonym für Subtilität und dichte bzw. unglaublich düstere Atmosphäre. Die Entdeckung der Langsamkeit fällt hier ganz besonders durch überlange Einstellungen, Kamerafahrten und eine raffinierte Bildsprache ins Auge, die zusammengenommen zu einer ständigen, unterschwelligen Bedrohung führen, auch wenn es taghell ist. Die kalte, winterliche und deswegen isolierte Umgebung des Internats scheint mit Licht und Schatten ein Eigenleben zu führen und gerade die nervenaufreibend ruhige Inszenierung und der angsteinflößende Ambient-Score unterbrochen durch Violinmusik lässt die Nackenhaare zu Berge stehen.

                                        Oz Perkins versteht es in diesem Streifen äußerst geschickt, beklemmend unangenehme Situationen hervorzurufen, die man nicht alle Tage zu Gesicht bekommt bwz. erfährt und lässt mit minimalistischsten Mitteln dem Streifen eine überaus hohe Qualität zukommen. Es muss nicht immer Splatter und Gore geben, um einen unheimlichen Plot zu erschaffen, der es von Anfang bis zum Ende in sich hat.
                                        Klaustrophobische, bizarre und deprimierende Um- und Zustände lassen die drei Protagonistinnen innerlich erfrieren, was auch zu der kalten Außenwelt passt.

                                        Überhaupt sind die drei Hauptdarstellerinnen wunderbar in ihren unterschiedlichen Rollen, die selbstverständlich auch zu ihren unterschiedlichen Charakteren passen.
                                        Hier sticht besonders Kiernan Shipka ("The Silence", "Chilling Adventures of Sabrina", "Riverdale", "Mad Men", "Longlegs", "Twisters") hervor, die durch ihre gruselige Aura und Präsenz sowie ihres ganzen seltsamen Verhaltens eine zusätzlich beunruhigende Atmo heraufbeschwört, deren Auswirkungen verheerend für alle Beteiligten sind.

                                        "The Blackcoat's Daughter" ist ein richtiger Geheimtipp unter den vielen konventionellen unheimlichen Streifen, der mit seiner provozierend langsam aufsteigendern Spannung somit Horrorfilm als auch Drama ist.

                                        Äußerst sehens- und empfehlenswert!

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                                        • 7 .5
                                          Miss_Jupiter 19.10.2024, 12:38 Geändert 19.10.2024, 12:39

                                          Kevin Smith's tragikkomische Horrorgroteske "Tusk" (2014) ist ein Konglomerat verschiedenster Versatzstücke des Horrorfilms gespickt mit Trashelementen und großer Dramakomponente.

                                          Der zynische Podcaster Wallace Bryton (Justin Long) sucht nach dem nächsten Kick für seine Sendung. Er fliegt von L.A. nach Kanada. Per Zufall stößt er auf den kauzigen, älteren Abenteurer Howard Howe, um von ihm dessen Abenteuergeschichten aufzusaugen. Der Trip endet allerdings anders als von Bryton geplant und er findet sich eines Tages hilflos und eines seiner Beine beraubt im wahnsinnigen Universum des von Walrossen besessenen Howe wieder. Was dieser noch mit ihm vorhat, sprengt jede menschliche Vorstellungskraft.
                                          Unterdessen suchen sein Kumpel Teddy (Haley Joel Osment) und seine Freundin Ally (Génesis Rodríguez) mit Hilfe des verpeilten Detektivs Guy Lapointe (kaum wiederzuerkennen: Johnny Depp) nach dem verschollenen Wallace...

                                          Fazit: diesen Film kann man eigentlich in keine bekannte Genreschublade stecken, zu verrückt, bizarr und abgedreht sind sowohl Plot als auch Atmosphäre.

                                          Justin Long ist hier in seiner Rolle als arroganter Wallace Bryton hervorragend, Michael Parks als Howard Howe undurchsichtig und angsteinflößend. Depp als Lapointe kommt daher wie eine junge Version von Hercule Poirot und sorgt für einige Lacher.

                                          Die Story ist im Grunde genommen eine tragische und das Mitleid am Ende überwiegt beim Zuschauer.... fesselnd, traurig und gleichzeitig auch eigenartig, schwarzhumorig und manchmal ekelerregend ist dieser Streifen allemal. Viele können mit ihm so rein gar nichts anfangen. Ich fand ihn sehenswert.

                                          "Tusk" (Stoßzahn) von Fleetwood Mac läuft im Film, was mich sehr gefreut hat. Große Empfehlung!

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                                          • 7 .5

                                            Das Ehepaar David und Amy Sumner (James Marsden, Kate Bosworth) kehrt nach langen Jahren zurück in Amy's Heimatkaff und zieht in deren Elternhaus. Der introvertierte und zurückhaltende Autor David fühlt sich sichtlich unwohl in dem Ort und vor allem unter den hinterwäldlerischen Einwohnern, die mit gespielter Begeisterung mit ihm "Freundschaft" schließen wollen. Amy's Ex Charlie (Alexander Skarsgård) hat immer noch ein Auge auf diese geworfen und macht sich unverhohlen und in Anwesenheit ihres Ehemanns wieder an sie heran. Diese weist ihm jedoch die kalte Schulter. Zwei unvorhergesehene brutale Ereignisse lassen die Eheleute ins Visier der ebenso brutalen Gruppe um Charlie und Coach Heddon (James Woods) geraten, was zu einer furchtbaren Eskalation führt...

                                            "Straw Dogs" (2011) von Rod Lurie ist das Remake des gleichnamigen Streifens von Sam Peckinpah von 1971. Der Plot ist derselbe und die Rollen von Amy und David spielten damals Susan George und Dustin Hoffman.

                                            Die eingangs ruhige Erzählweise gestaltet sich im Laufe der Handlung immer bedrohlicher und gefährlicher, was in Gesten und Mimik der Darsteller abzulesen ist. David's Besonnenheit verwandelt sich irgendwann nur noch in einen schrecklichen Überlebenskampf. Man sieht hierin sehr gut, wie zwei ganz normale Menschen, die mit Gewalt überhaupt nichts am Hut haben, in Extremsituationen aus sich herausgehen und Dinge tun müssen, die sie ansonsten niemals tun würden, da ihnen einfach nichts anderes mehr übrigbleibt.
                                            Wie Tiere in der Falle agieren die Protagonisten und die clevere Kameraführung bietet mehrmals Szenen, die mit Cut-Uncut-Schnitten diverse Jagdszenen mit Gewaltdarstellungen verbindet. Das geht an die Nieren.

                                            Bosworth, Marsden und vor allem Skarsgård spielen sehr gut ihre Rollen und die Spannung ist hier wirklich wie eine Kurve angelegt, die stetig nach oben steigt, um zu einem Peak zu gelangen, wie auch schon im 1971er-Streifen.
                                            Trotz all der positiven Dinge gefällt mir das Original von Peckinpah wesentlich besser, weil die Atmosphäre darin noch intensiver und dichter ist und auch Hoffman und George noch eindringlicher spielen.

                                            Ansonsten ist das Remake von "Straw Dogs" ein hochspannender und gewalttätiger Thriller mit einem netten Soundtrack und tragischen Komponenten.

                                            Darin sieht man einmal mehr, zu was Menschen fähig und in der Lage sind, wenn sie für sich selbst keinen Ausweg mehr sehen.

                                            Bewertung: 7.5

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                                            • 6 .5

                                              "Hotel Artemis" (2018 ) von Drew Pearce ist ein seltsamer, schwer einzuordnender Film, der im Großen und Ganzen von seiner Inszenierung, der Atmosphäre und vom Setting lebt.

                                              Wir befinden uns in einem dystopischen Los Angeles des Jahres 2028, in dem sich die Polizei und aufständische Bürger brutale Kämpfe liefern. Es geht um Wasser, das für alle zugänglich sein sollte, aber in der Hand von einigen wenigen, sozusagen privatisiert, ist (Nestlé lässt grüßen).

                                              In dieser pessimistischen Welt betreibt die schrullige Krankenschwester Jean Thomas (gut wie immer: Jodie Foster) ein Hospital für verletzte und kranke Verbrecher. Man muss sich an die Regeln halten, sonst gerät man nicht in den Genuß, von Thomas verarztet zu werden. Eines Tages wird der mächtige Gangsterboss Wolf King (Jeff Goldblum) in ihr Krankenhaus gebracht, und damit fängt der Ärger erst richtig an...

                                              Fazit: der Underground-Look des "Hotels" ist genial, düster und geheimnisvoll, seine Bewohner eher nicht, dazu fehlt das Hintergründige. Bei diesem Streifen weiß man nicht so genau, wo die Reise eigentlich hingehen soll, was ein wenig schade ist. Dennoch ist er nicht langweilig und Goldblum (leider zu wenig Screentime), Foster, Dave Bautista als Foster's treuer Gehilfe, Sofia Boutella als attraktive Killerin Nice, Sterling K. Brown als Waikiki und Zachary Quinto als Wolf King's Sohn Crosby sind schon einen Blick wert. Einmal schauen reicht dann aber auch völlig aus. Dazu ist der Film nicht morbide genug und sein Wendungsreichtum hält sich arg in Grenzen. Für mich war er aber dennoch ganz ok.

                                              Deswegen gibt es von mir (noch) eine 6.5.

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                                              • 6

                                                Der spanische Thriller "Der Schacht 2" von Galder Gaztelu-Urrutia funktioniert für sich alleine genommen, ohne die Sichtung des Vorgängers, eventuell gut, hat man aber den 1. Teil gesehen, erschließt sich nichts gravierend Neues in ihm.
                                                Der Fokus des Prequels bezieht sich ebenfalls auf die dikatorische und autokratische Sicht eines höchst perfiden Systems, das die "Bewohner" der verschiedenen Ebenen in Gewinner und Verlierer einteilt. Die unteren Ebenen bekommen vom "Braten" nicht mehr viel bzw. gar nichts mehr ab und verwandeln sich aus diesem Grund in hirnlose Barbaren, die vor Mord und Kannibalismus nicht zurückschrecken, um zu bekommen, was sie wollen.
                                                Selbst ernannte "Gesalbte", wie der blinde Dagin Babi (Óscar Jaenada), gehen mit äußerster Brutalität gegen Regelvorstöße vor und bestrafen die "Gesetzesbrecher" auf schrecklichste Art und Weise.
                                                Perempuan (Milena Smit), die sich wie viele andere auch freiwillig in dieses Gefängnis begeben hat, begehrt mit anderen Leidensgenossinnen und -genossen dagegen auf und schmiedet Fluchtpläne...

                                                Die Intention hinter "Der Schacht 2" ist selbstverständlich wieder sehr klar ersichtlich, wie auch schon im ersten und die Atmosphäre ist düster, bedrohlich, beklemmend und oft sehr widerwärtig. Auch der Gewaltgrad ist gegenüber dem Vorgänger um einiges erhöht. Trotzdem wirkt der Film -bis auf einige wenige Ausnahmen und Veränderungen- wie eine Kopie hiervon, die sich nicht mehr viel Mühe gibt, durch neue innovative Einwürfe zu punkten. Die Darsteller jedoch machen ihre Sache ausgezeichnet.

                                                Wie dieses System entstand, wird auch wie im Vorgänger nicht weiter erörtert, aber auf genau diese Frage hätte man -wenn auch nur rudimentär- gerne eine Antwort erhalten. Die Subtilität und das Mysterium verschwinden hier ein wenig außer Reichweite und die Schicksale der Gefangenen werden in Rückblenden lieb- und gefühllos angekratzt.

                                                Einige Szenen haben mir recht gut gefallen, diese treten aber erst in den letzten Minuten auf und sind wegen ihrer atemberaubenden Inszenierung außergewöhnlich, aber auch kaum verständlich, weswegen wieder mehr Fragen als Antworten auftauchen. Das Setting des "Schachts" ist sowieso phänomenal und die Größe dieses "Gefängnisses" ist mit menschlichen Maßstäben kaum vorstellbar.

                                                Das Ende von "Der Schacht 2" ist vielleicht etwas verwirrend, bietet aber sehr viel Interpretationsspielraum, weshalb ein 3. Teil natürlich nicht mehr ausgeschlossen ist.

                                                Von mir gibt es eine 6.0. Nicht mehr und nicht weniger. Sehenswert ist der Streifen wegen seiner hervorragenden Ausstattung und der Darsteller, aber wegen vieler Vorhersehbarkeiten und Wiederholungen bekommt er leider Punktabzüge.

                                                40
                                                • 9

                                                  Nach langer Zeit habe ich "Wonder Boys" (2000, basierend auf dem Roman von Michael Chabon) mal wieder gesehen und bin genauso begeistert wie beim erstmaligen Schauen.

                                                  Eine warmherzig-menschliche, tragikomische, gefühlvolle, witzige und gleichzeitig sehr melancholische Geschichte präsentiert uns hier der 2016 verstorbene Regisseur Curtis Hanson mit einem fantastischen Michael Douglas als kiffender, verschrobener Englischprofessor Grady Tripp im pinken "eleganten" Bademantel.

                                                  Die Geschichte selbst ist fast schon nebensächlich, aber die verschiedensten Protagonisten (großartig: Robert Downey jr. als bisexueller Lektor Crabtree, Frances McDormand als Tripp's Geliebte sowie Tobey Maguire als sein hochbegabter, aber depressiver Student James Leer) tragen die Story. Selbst Katie Holmes als Studentin Hannah, die Crabtree anhimmelt, spielt erstklassig.

                                                  Die Situationskomik in diesem Streifen ist einfach umwerfend, voller Charme, leisem Humor, Sarkasmus und Menschlichkeit, die Akteure brillieren hier allesamt auf ganzer Linie und tragen somit zu der herrlich abgedrehten Atmosphäre bei.

                                                  Den tollen Soundtrack sollte man auch nicht außer acht lassen, u.a. sind Künstler dabei wie z.B. Bob Dylan, Van Morrison, John Lennon und Neil Young.

                                                  In weiteren Nebenrollen: Rip Torn und Alan Tudyk.

                                                  Das Zuschauen macht bei diesem Streifen enorm viel Spaß, erwärmt das Herz und regt zusätzlich noch zum Nachdenken an.

                                                  "Wonder Boys" ist ein rundum perfekter Film: von Anfang bis Ende voller Esprit, leiser Ironie und intelligentem Wortwitz... als absoluter Wohlfühlfilm sehr zu empfehlen!

                                                  Bewertung: 9.0 Herausragend!

                                                  30
                                                  • 7 .5

                                                    In Pascal Laugier's "The Tall Man" von 2012 verschwinden Kinder aus einer kleinen Bergarbeiterstadt spurlos. Das Gerücht, es habe sie der mysteriöse "Tall Man", der große Mann, entführt, setzt sich hartnäckig unter den Einwohnern fest. Der kleine Sohn von Julia (Jessica Biel) wird sein nächstes Opfer... soweit die Handlung...

                                                    "The Tall Man" ist ein sehr überraschender und wendungsreicher Film, weil man als Zuschauer (sehr zeitig) auf eine falsche Fährte geführt wird. Was man zuerst vermutet hat, tritt nicht ein, dagegen ändert der Plot sehr oft seine Richtung und leichte Verwirrung macht sich breit. Irgendwann kann man der Geschichte folgen und alles ergibt schließlich einen Sinn.
                                                    Laugier's Streifen ist eigentlich ein sehr trauriger Film, weil er den Zerfall von familiären Strukturen aufzeigt, einen hoffnungslosen Blick hinter die Fassaden ermöglicht und den oft sehr negativen Wandel der Gesellschaft in einen egoistischen Scherbenhaufen aufzeigt. Kinder stehen der eigenen "Selbstverwirklichung" meistens im Wege und sind letztendlich die "Ursache" für Armut, das eigene Scheitern und den sozialen Abstieg. Die eigenen Fehler werden übersehen, man verschließt die Augen vor der oftmals unangenehmen Wahrheit.
                                                    Für die persönliche Entwicklung und Entfaltung eines Kindes ist es nicht gerade sehr förderlich, in einem solch vergifteten Umfeld und einem dermaßen desolaten Klima aufzuwachsen.

                                                    Jessica Biel ist hier in der Rolle der Julia wirklich genial. Pascal Laugier versteht es, seinen Filmen einen ungemein düsteren und verzweifelten Stempel aufzudrücken. Die Abartigkeit seines umstrittenen Streifens "Martyrs" ist in "The Tall Man" aber auf ein verträgliches Niveau herabgesunken, nichtsdestotrotz hat er eine sehr unangenehme, bittere und zuweilen auch dreckige Atmosphäre.

                                                    Die weiteren Darsteller wie Stephen McHattie ("A History Of Violence", "The Fountain", "Mother!"), William B. Davis, Samantha Ferris, Jodelle Ferland ("Silent Hill", "The Cabin in the Woods", "Tideland") und die geniale Colleen Wheeler als Mrs. Johnson agieren sehr glaubwürdig und authentisch und verleihen "The Tall Man" zusätzliche Punkte.

                                                    Fazit: Sehr sehenswert!

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