Punsha - Kommentare

Alle Kommentare von Punsha

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    Wer ihn kennt: Kann mir mal einer erklären, warum der Film nur mäßig bis mies sein soll?
    Eine durch Krankheit, Enttäuschungen und falschen Lebenserwartungen gebrochene Vater-Sohn-Beziehung wurde wahrscheinlich nie eindrucksvoller geschildert. Dustin Hoffman liefert, oft an der Grenze zum Overacting, eine Meisterleistung ab. Eine tragisch-bittere Bombe von Film. Danke ServusTV!

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    • 8

      Dass THE BOSS OF IT ALL keinesfalls ernst genommen werden will, erzählt Lars von Trier höchstselbst bereits im Intro - eine schelmische Aussage, denn obwohl der Film ebenso als groteske Komödie funktioniert, kann von Trier es nicht lassen uns in seinem (fast) Kammerspiel auf die angenehm lockerste und unprätentiöseste Art und Weise wiedermal etwas über uns Menschen zu erzählen. Wie die bloße Dienstbezeichnung den Blickwinkel Dritter verändert, wie masochistisch das natürliche Bedürfnis nach Anonymität ist, wie Eitelkeit manchmal stärker als ein bisschen Menschlichkeit ist - wie absurd wir doch eigentlich sind.

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      • 7

        Jede noch so nebensächliche Szene glüht förmlich vor feuriger Leidenschaft, trotz dass die Atmosphäre einem Eisberg gleicht und jede Kameraeinstellung entzückt durch atemberaubende Schönheit (und diese Bildsprache erst!), während man seine helle Freude an Tony Leungs und Wei Tangs fantastischem Schauspiel hat. Auch wenn "Gefahr und Begierde" zweieinhalb Stunden lang mit behäbigen Tempo voranschreitet, ist er dennoch zu jeder Sekunde fesselnd - rein formal ist das vielleicht Ang Lees bestes Werk, in seiner Gesamtheit jedoch keineswegs, denn die große Stärke des Films ist gleichzeitig seine größte Schwäche: Es ist die erdrückende Künstlichkeit, die jeden Zugang zu seinen Figuren verwehrt. Höchst untypisch für den taiwanischen Regisseur, bleiben hier weitestgehend alle Figuren befremdlich, viel zu selten dringt ein wenig Licht in ihr dunkles Inneres und viel zu oft fragt man sich: Warum tut er/sie plötzlich das? Jeder der Charaktere geht eine Entwicklung ein, nur bekommt der Zuschauer davon nicht wirklich etwas mit. Warum ist dieser Film also nichtsdestotrotz sehenswert? Weil man selten so viel Poesie und so viel Schönheit sieht.

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        • 7

          Klamotte, Frisuren, das College an sich: "Everybody Wants Some!!" ist ein einziges 80er Klischee, Individuen oder gar fein ausgearbeitete gibt es hier keine. Klingt alles furchtbar, trotzdem schafft es Linklater in der possenhaften Überhöhung seiner Figuren Urkomisches, aber auch zutiefst Menschliches zu finden. Sicher zieht nicht jeder Gag dieser ADHS-Sause, von einem Dauergrinsen hält das trotzdem nicht ab, denn der Film lebt wie seine Charaktere nur im Hier und Jetzt. Da gibt es keinen nostalgisch-wehleidigen Blick in vergangene Tage, keinen Zynismus, der stumpfe Baseball-Doofis vorführt und keine gelehrigen Altherrenweisheiten, die immerwährend an zukünftige, ernsthafte Aufgaben erinnern. So gesehen ist "Everybody Wants Some!!" auch kein Film über das Erwachsenwerden, sondern einer über das Jungbleiben, oder das Carpe Diem der Adoleszenz: Genieße, denn du bist jung.

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          • 7

            Einer der meist erwarteten Filme des Jahres feierte nun endlich auch in Deutschland seine Premiere, und wie auch schon bei "The Dark Knight Rises" sank in mir bereits im voraus die Hoffnung, nun auch einen wirklich guten Film zu erleben. Nun, ganz so enttäuschend wie Nolans Batman-Finale war "Prometheus" nicht, doch vielmehr ein bittersüßes Erlebnis von prachtvollen Momentaufnahmen und verschleudertem Potential. Und dabei fing alles so gut an: Imposante Bilder und eine wahnsinnig kühle Atmosphäre brachten einen schon zu Beginn in Alien-Stimmung, was offensichtliche Ähnlichkeiten und zahlreiche Querverweise zusätzlich unterstützten. Scott lässt seinen Film erst einmal tief durchatmen bevor er, genau wie der Zuschauer, richtig in Fahrt kommt, denn auch in seinen Höhepunkten nutzt er seine Routine vollkommen aus und schöpft daraus ungemein viel Spannung, die sich beinahe sogar mit seinen großen Sci-Fi-Klassikern messen kann. Schade nur, dass "Prometheus" erheblich an seinem Drehbuch krankt. Woher kommen wir? Warum existieren wir? Wenn man Leben schaffen kann, vermag man dieses dann nicht auch zu verlängern? Viel wagt man zu erzählen, viel scheint man zu erzählen, sagt dann aber doch (fast) nichts. Man möchte gern glauben, dass sich Scott noch einiges an Inhalt für seine Fortsetzung aufheben möchte, doch abgesehen davon, dass ein Film ohnehin auch allein funktionieren muss, genügt dies nicht als Entschuldigung anhand der merklichen Inkonsequenz und der ungelenken Narration unter der auch die Darsteller zu leiden haben. Zwar liefert beispielsweise Fassbender erneut eine grandiose Performance, die einem einen eiskalten Schauer über den Rücken jagt, doch bleibt seine Figur diffus, seine Motive schwammig, obwohl er noch von Glück reden kann, dass er nicht zu jenen gehört, die absolut verschenkt wurden oder gar irgendwie fehl am Platz schienen. Nichtsdestotrotz ist "Prometheus" wohl besonders aufgrund der Rückkehr in ein für ihn altbekanntes und beherrschtes Genre wieder einer der besseren Filme von Ridley Scott, die abgesehen vom unnützen 3D-Effekt optisch und emotional absolut zu überzeugen wissen. Irgendwie nicht denken. Einfach nur Gänsehaut spüren.

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            • 7
              über Marija

              Blowjobs für die Miete. Michael Koch sollte man lieber im Auge behalten. Mit seinem ersten Spielfilm ist ihm ein(e) sehr reife(s) und kluge(s) Milieustudie Schrägstrich Frauenporträt gelungen, die dieses Jahr bisher (fast) alles in den Schatten stellt. Natürlich ist das auch alles wieder typisch unästhetisch deutsch und in den Nebenrollen eher schwach besetzt, doch das clevere Drehbuch treibt die Figuren immer wieder in Situationen und Konflikte, die den Zuschauer nochmal vor Augen führen, wie viel auf der Integrationsbaustelle Deutschland eigentlich schief läuft. Als Georg Friedrich im Autoradio Falcos "Jeanny" mitsingt und damit den Turning Point des Films vorwegnimmt, hatte ich Tränen in den Augen.

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              • 7

                Puuuh ... schwierig, schwierig.
                Eigentlich ist EXTREMELY LOUD & INCREDIBLY CLOSE ein Film, indem man sich wohl fühlt und bei dem man mit den Protagonisten rund um den klasse agierenden Thomas Horn lacht und weint. Ein Film, der fernab politischer Herangehensweisen eine universelle Tragödie auf eine Familie reduziert, diese durch ein Kind zu verarbeiten versucht und dadurch eigentlich nur sympathisch erscheint. Vom oft angeprangerten, überflüssigem Kitsch sehe ich keine Spur, denn ohne ein wenig Dramatik und Kitsch funktioniert ein Film mit dieser Story nicht.
                Jedoch muss man Daldry vorwerfen, die unglaublich vielschichtige Romanvorlage zu oberflächlich bearbeitet zu haben, denn diese ist voller tiefgründiger und interessanter Themen, über die Daldry zwar hin und wieder in seiner Geschichte stolpert, aber so stark ignoriert, dass man denken könnte, er hätte sie gar nicht bemerkt. Zurück bleibt eine wunderbar funktionierende, zu Tränen rührende Familientragödie, deren weitreichendes Ausmaß jedoch ungenutzt bleibt und damit viel Potential liegen ließ. Schade drum.

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                • 7

                  Nichts erwartet, viel bekommen: Oberflächlich betrachtet, mutet David O. Russells "American Hustle" als konventionelle Gaunerkomödie an, die, zum hundertsten Mal aufgewärmt, probate Klischees bedient und zwischen banalem Dialog-Witz, altbewährten Kassenschlagern und buntem Schnickschnack als gut gemeintes Feel-Good-Movie irgendwo in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Doch unter Christian Bales Tulle liegt jede Menge Klebstoff, Bradley Coopers Locken sind nicht echt und Jennifer Lawrences Kopf-Ananas ist auch nicht essbar. Erfreulich subtil offenbart Russell, dass jene Typen, die mit Gaunerei und Lügen ihr Geld verdienen und uns bei Soderbergh oder Ritchie heimliche Bewunderung entlockten, nicht nur andere Menschen, sondern vor allem sich selbst belügen. Ausgelaugt, ziellos und verletzlich wandern sie durchs Leben, verzweifeln im stillen Kämmerchen, bevor sie, sobald Make-up und Frisur sitzen, in der Öffentlichkeit gewohnte Coolness ausstrahlen. Vom entzückenden Augenzwinkern (Coopers Frisur-Attacke auf Bale) bis zur wahren Bitterkeit (Bales Geständnis gegenüber Renner) reicht das Gefühlskarussell, das sich nie zu deutlich im Extremen verliert. Lieber ist "American Hustle" ein fein ausgeklügeltes Maskenspiel, ein einziges An- und Auskleiden, kein plumpes Entblößen, vielmehr ein reizvoller Lapdance mit durch die Bank bestechenden Akteuren. Ausnahmsweise zurecht ein großer Oscar-Favorit.

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                  • 7

                    Vorruhestand. Und der Tag hat wieder 24 Stunden, die jenseits von Schrebergarten, Kneipe und dem alltäglichen an die Wand starren, einfach nicht vorübergehen wollen. Der Hut passt wie angegossen, der Gartenzwerg steht an seinem für ihn vorgesehenen Platz und die Einfahrt vor dem klinischen Gebäudekomplex der Nachbarn ist stets sauber und geräumt. Michael Schorr skizziert in seinem mehrfach prämierten Drama "Schultze gets the blues" das deutsche Kleinbürgerleben als ein tristes und trostloses Dahinvegetieren im Traditionellem und Bekannten, dessen einziger Halt traurigerweise die Arbeit ist. In quälend langen Einstellungen fängt er die innere und äußere Leere des abgeschiedenen Dorfes und seiner Einwohner ein - mittendrin Horst Krause als Schultze, der langsam an der Monotonie seines Lebens zweifelt, seinen Musikgeschmack verändert und schließlich einen Neustart in den USA versucht. Höflich mit dem Hut grüßend, wagt er sich frohen Mutes andere Menschen zu treffen und neue Herausforderungen zu meistern, die jedoch meist mit Rückschlägen einhergehen, die ihn allein in der Fremde immer verlorener wirken lassen. Nein, sein Trip ist nicht gerade von Spaß und Heiterkeit geprägt, sein einziger Halt bleibt seine Musik, bis er sie findet - und erlöst wird. Und wenn am Ende die heimische Blaskapelle Schultzes Musik spielt, hat sein Leben doch für einen Moment, und mag er noch so klein sein, eine Spur hinterlassen und bei seinen Mitmenschen ein wenig Veränderung bewirkt, bis der Trauerzug am Horizont vorübergezogen ist und das Windrad weiter seine alten Kreise zieht.

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                    • 7

                      Zarter, rührender Film, der die Frage nach der Selbstbestimmung mehr als zufriedenstellend thematisiert. Einmal mehr beweist sich Lasse Hallström als ein Experte für Romanadaptionen, indem er die Bücher nicht ihrer Weitsicht beraubt, behutsam kleine Gesten und Blicke einfängt und zwischen den Darstellern eine nahezu perfekte Chemie herzustellen vermag.

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                      • 7
                        über Barbara

                        Schon oft ist es vorgekommen, dass Filme aus dem Westen über die DDR peinlich verhunzt wurden und obgleich man auch merkt, dass Petzold nicht im Osten der Republik aufwuchs, funktioniert BARBARA vortrefflich: Völlig nüchtern analysiert er die Beziehung zweier Menschen, geprägt von Interesse, Skepsis und Vorsicht, in einem totalitären Staat, der hier lediglich als Aufhänger für die Zerrissenheit und Melancholie seiner Protagonistin dient. Bewusst lässt Petzold Vieles unausgesprochen und regt durch bloße Andeutungen den Zuschauer zum bedingungslosen Nachdenken an. Genau wie das Publikum immer wieder zwischen Vertrauen und Misstrauen der Figuren schwankt, wechselt Barbara selbst ständig zwischen Annäherung und Distanz und lässt letztlich in dieser noch so kalt skizzierten Welt ein wenig Hoffnung aufkeimen. Ein in höchstem Maße interessanter und glaubhafter Film.

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                          über Caché

                          Wie gerne würde ich Michael Haneke hassen, seine kühle, beobachtende Distanz, seine Unmenschlichkeit, sein scheinbar einseitiges Interesse in das wohlhabende, intellektuelle Bürgertum und ihre gepflegten Bücherregale, ihre Pianos auf Parkettböden und ihre anregenden Diskussionen mit dem Glas Rotwein zur Rechten. Doch zu herausfordernd sind seine Filme, zu hart und zu genau trifft einen der Vorschlaghammer. Von links, von rechts, von vorn, von hinten kommt er angerauscht und immer dann, wenn man es gerade am wenigsten erwartet; angeekelt verzieht man das Gesicht, schockiert schlägt das Herz schneller, wenn sich menschliche Abgründe auftun und nicht zuletzt entfaltet "Caché" auch noch ungeahnte Spannung. In einem idyllisch-ruhigen Stadtviertel von Paris wird eine Kleinfamilie mit Videotapes terrorisiert, die nun wiederum fieberhaft nach dem Sender sucht. Wer Haneke kennt, der ahnt, dass das Drehbuch jedoch nicht auf einen gewöhnlichen Whodunit hinausläuft. Nein, der Österreicher interessiert sich kaum für den möglichen Täter, sondern vielmehr für die Opfer und das, was das seltsame Videomaterial mit ihnen macht. Verhältnismäßig geradezu zahm löst Haneke die Idylle auf und bringt verborgene Erinnerungen, alte Wunden, Ehekrisen und andere Probleme zum Vorschein, die im Angesicht der Angst neu aufkeimen. Ja, Emotionen gibt es diesmal reichlich, zumeist jedoch nicht in belebten Kreisen. Hinter den verschlossenen Türen im Schein der Anonymität dürfen exzessiv die Tränen fließen, während die Kamera still und heimlich zuschaut. "Caché" ist ungewohnt subtiles, tragisches Haneke-Kino, das beinahe schonend mit seinem Publikum umgeht, es lediglich mit nackten Bildern zu terrorisieren versucht. Vielen Dank, das ist sehr rücksichtsvoll.

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                            Riesige Vorfreude

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                              Ich mag ihn nicht sonderlich, aber er ist gut: Die Figuren launisch, impulsiv, kaum greifbar, hipstrig. Die Bilder erinnern an teure Werbung immer am Rande des Selbstzwecks, aber gerade noch poetisch genug, sie zu genießen. Pablo Larrain ist erneut eine Gratwanderung gelungen, die nur wenige Künstler schaffen. Er ist ein intelligenter Filmemacher mit dem Blick für das Schöne, ohne das Wesentliche seiner Geschichte aus den Augen zu verlieren. EMA ist so chaotisch, so unfassbar und beeindruckend wie die Figur selbst, ein modernes Kunstwerk von Mensch.

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                                über Senna

                                Ich habe keine Ahnung von Formel 1 vor den 2000er Jahren, umso lehrreicher, aber auch umso schwieriger einzuordnen, war für mich der Dokumentarfilm um den brasilianischen Rennfahrer. Denn er steht schon sehr auf der Seite seines porträtierten Rennfahrers, und dementsprechend schlecht kommt Sennas größter Rivale Alain Prost weg. Zum Glück aber verlässt sich der Film nicht nur auf seinen Gut-Böse-Kniff um die Rivalität beider Fahrer, sondern zeichnet (auf der Bildebene ausschließlich) mit Hilfe von einmaligem Archivmaterial ein unglaublich spannendes wie intimes Porträt eines im positiven Sinne wahnsinnigen wie passionierten Menschen, dessen Leidenschaft stets im Vordergrund stand und schließlich zum Verhängnis wurde.

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                                  Punsha 03.12.2015, 11:49 Geändert 03.12.2015, 12:49

                                  "Look how wonderful nature is."
                                  Entgegen herkömmliche Interpretationsversuche, Professor Abronsius (Jack MacGowran), seiner Zeit weit voraus, möchte sich gemeinsam mit seinem Schüler Alfred (Roman Polanski) vergebens (weil ohne Unterstützung der Dorfbewohner/des Proletariats) gegen die Aristokratie auflehnen, wage ich den zaghaften Versuch einer Sichtweise, die Polanskis Biografie vehement mit einbezieht. Der transsilvanische Mikrokosmos beschreibt in THE FEARLESS VAMPIRE KILLERS hintergründig und schemenhaft den Aufstieg des Dritten Reiches und die Weltherrschaftsfantasien seines Führers (hier: Graf von Krolock). Eine Gesellschaftsspaltung hat hier bereits stattgefunden, die Situation legt Ghetto-Erlebnisse nahe: Die mit jiddischen Akzent sprechenden (geht in der Synchro verloren) Dorfbewohner, allen voran der jüdische Gastwirt Shagal leben unterdrückt und in ständiger Angst und Verleugnung gegenüber dem Bösen, das gut situiert in einem großen Schloss haust und dessen Machthaber hin und wieder ins Dorf kommen, um auf Menschenjagd zu gehen. Der folgende Kampf der zwei Helden gegen das Böse ist einzig ein oberflächlicher Trugschluss. Polanski interessiert vielmehr das Normale (Mensch) oder Unnormale (Vampir) menschlicher Hüllen, ironisiert die Protagonisten auf ihrer scheinbar guten Mission, das Unnatürliche auszulöschen sowie die Machthaber, die einen Homosexuellen in ihren Reihen haben und demaskiert die herrschsüchtgie Obrigkeit als das, was sie im gesamtirdischen Kontext immer war und sein wird: Ein Außenseiter.

                                  Natürlich, und das unterstreicht nur Polanskis Liebe zum Film, möchte der polnische Regisseur seine Filme stets als Unterhaltung verstanden wissen. Das tollpatschige Duo aus dem sensiblen, warmen Alfred und dem störrischen, kühlen Professor reicht schon beinahe zur Unterhaltung, die romantische Annäherung Ersterem zur wunderschönen Sarah (Sharon Tate) ist ehrlich, Herz erwärmend und im realen Kontext zerbrechend zugleich, wenn der wirkliche Horror unbeabsichtigt an die Stelle des Filmischen tritt.
                                  Doch was ist eigentlich mit dem filmischen Horror? Der ist in THE FEARLESS VAMPIRE KILLERS kaum existent und kommt am deutlichsten noch durch Krzysztof Komedas schaurig-schönen Score hervor. Doch der Film ist weder als Horror noch als Satire, sondern als einfache Komödie oder Märchen ohne Happy End zu verstehen. Denn auch hier kehrt Polanski die Konventionen um: Wo der herkömmliche Horrorfilm sein Publikum aus einer friedlichen Welt für eine kurze Zeit hinein in eine Gespenstige entführt, entlässt er die Zuschauer aus seinem Film erst mit dem Gedanken an das erloschene Gute und die Welt des Bösen.

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                                    "Two Lovers" ist kein Film über die Liebe, sondern über den Konflikt von Freiheit und Gebundenheit, Sicherheit und Risiko oder Gier und Bescheidenheit, der in jedem von uns innewohnt und uns irgendwann zu einer schicksalhaften Entscheidung zwingt. Das dramatische Wechselspiel zwischen zwei Frauen, die verschiedener nicht sein könnten und das seelische Dilemma des Protagonisten versinnbildlichen, ist wahrlich nichts Neues, aber Hauptdarsteller Joaquin Phoenix bietet dem Zuschauer zwischen naiver Hingebung und beinahe schon krankhafter Besessenheit tänzelnd eine bemitleidenswerte Interpretation seiner zerrissenen Figur, für die allein sich das Sehen lohnt.

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                                      über Gravity

                                      Obgleich das Publikum gleich zu Beginn nach den ersten aufregenden Kamerafahrten spürt eine neue, fremde Welt zu betreten, wirkt das All für seine Protagonisten in seiner betörenden Schönheit und angenehmen Ruhe bereits vertraut, in gewisser Weise sogar heimisch. Dr. Ryan Stone (bemüht weder wimmerndes Schwächesymbol noch simpler Weaver-Verschnitt zu sein: Sandra Bullock) erledigt, noch gefasst, ihre Arbeiten am Shuttle, während ihr Kollege Matt Kowalski (etwas zu aalglatt: George Clooney) in aller Routine Anekdoten aus seinem Privatleben schwadroniert. Was wenige Minuten später jedoch folgt, ist ein absolut schweißtreibender, bombastischer und befremdlicher Albtraum im Nichts, der, wenn milliardenschwere Konstruktionen im Bruchteil einer Sekunde zerstört werden und hochqualifizierte Wissenschaftler, monatelang auf ihre Mission vorbereitet, ihr Leben lassen müssen, zumindest infrage stellt, ob der Mensch wirklich in den Kosmos gehört. Und auch der Zuschauer wird gerüttelt und geschüttelt, dass es ihm schlecht wird, mehrmals in die schwerelose Perspektive des Astronauten versetzt und in herrlichen Plansequenzen in die unendliche Ausweglosigkeit geführt. Man ist durchaus geneigt zu sagen, Alfonso Cuarón ist mit "Gravity" endlich der langersehnte Blockbuster des Jahres gelungen, der über die volle Laufzeit staunen, schwitzen, bangen, hoffen und leiden lässt, denn obgleich der Film nicht immer bekannten Mechanismen entfliehen kann und mit seinem hollywoodesquen Optimismus mit dem Feuer spielt, ist die sinnliche Erfahrung, die er seinem Publikum gibt, vollkommenes Neuland auf dem Weg zur Normalität, zur Heimat, zur Wiedergeburt, zum Anfang aller Existenz.

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                                        Treffer! Fincher did it again. Und das in beinahe beängstigender Regelmäßigkeit schon. Was habe ich nur wieder gezweifelt, als ich von einer Story las, die nach überholten Twists nur so schreit, als ich vom Cast hörte, das (für mich) lauter eindimensionale Schauspieler vereint, und wäre es nicht mal wieder Zeit für Finchers nächsten Schuss in den Ofen? Weit gefehlt. Besonders Pike überrascht als Gegenentwurf zu Rooney Maras Lisbeth Salander, während Affleck im Autopilot wenigstens nicht überfordert wird; ein Twist ist nicht mehr als eine abnickende Begleiterscheinung (Oh, wie muss das wieder in Finchers Fingern gejuckt haben!), stattdessen wird lieber das entblößt, was zwischen den Drehbuchzeilen lauert: Die scheinheilige Moral Amerikas und sicher auch die von uns allen. Und dabei begann doch alles so kuschelig. Eine prickelnde, aber innige Liebe war das, die langsam entzweite und aus der Klischeekiste eine kleine Tragödie nach der anderen zauberte. Oder doch nicht? Ätsch, da war die lange Nase wieder. Erst wird dem Rezipienten seine eigene Beeinflussbarkeit und Naivität offenbart, jener, der Kino und Fernsehen hoffnungslos vertraut, bis er dieselbe von der Meute auf der Leinwand hautnah miterleben darf. Ist die Lektion einmal gelernt, ist Fincher wieder im Fincher-Modus: Ein kühler Film ist das nach einem Drittel wieder, ein beobachtender, ein sezierender, einer, der keine Liebe kennt und statt Mitgefühl auf Zynismus setzt. Wenn das traute Paar wieder in das gesegnete Heim einzieht und die Menge applaudiert, dann möchte man zuerst verlegen grinsen, bevor man deprimiert den Saal verlässt. Hier ist die Ehe ebenso grausam wie Mord, sie bedingen sogar einander. Sie IST Mord - nur ausdauernder.

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                                          Die Verfilmung des gleichnamigen Buches von am Locked-In-Syndrom leidenden Jean-Dominique Bauby ist weniger ein Tatsachenbericht als vielmehr die Widerspiegelung der Gedanken und Gefühle eines Mannes zwischen Himmel und Erde. Wenn man von einem auf den anderen Moment aus seinem alltäglichen Leben herausgerissen wird und man plötzlich weder laufen, selbst essen, trinken oder sprechen kann, scheint die eigene Existenz keinerlei Sinn oder Wert zu haben. Die Ego-Perspektive Baubys verdeutlicht seine Hilflosigkeit und seine Tristesse inmitten kalter, steriler Krankenhauskulissen mehr als treffend. Doch dauert es nicht lange und da tauchen die ersten Farben auf, sowie Sonnenstrahlen, die einem hoffnungslosen Leben neue Wärme einhauchen. Unter einer grandiosen Bildregie zeigt "Schmetterling und Taucherglocke" auf subtile Weise das Arrangieren mit der puren Ausweglosigkeit und wie man in Fantasien und Erinnerungen schwelgt, um aus ihnen die Kraft zu ziehen, das Bestmögliche aus den verbliebenen Möglichkeiten zu machen. Ein Appell also, jedes Individuum, sei es noch so heruntergekommen und verkümmert, zu respektieren, denn tot ist man erst, sobald man unter der Erde liegt. Doch auch selbst da hat uns die Filmgeschichte schon eines Besseren belehrt.

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                                            Einfach mal den Staub von der Filmrolle pusten!

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                                              Als großer Fan von Schlöndorffs "Death of a Salesman" ist es letztlich irgendwie auch logisch, dass mir "Fences" als verfilmtes Theaterstück ebenfalls viel Freude bereiten konnte, ähneln sich beide Stücke doch gerade in ihrer Figurenkonstellation sehr stark. Dustin Hoffman gefiel mir dennoch besser in der Rolle des in sich selbst kollabierenden Familienvaters, vielleicht weil man bei Denzel Washington das Gefühl nicht gänzlich loswird, den Film zu sehr um sich herum zu inszenieren, die Motive und Empathie seiner Figur Troy also zu verstärken, während die der anderen folglich zurückfallen. Und dennoch: Spätestens sobald Rose (Viola Davis) auch mal zu Wort kommt, bricht ein Vulkan los, der die Perspektiven neu justiert und das Stück in universellere Bahnen lenkt.
                                              Ob das dann aber alles nun filmisch genug ist oder nur, polemisch formuliert, "abgefilmtes Theater", kann man natürlich diskutieren - hab ich aber keinen Bock drauf. Was ist so schlimm an abgefilmten Theater?

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                                                  Locker, verständnisvoll, ehrlich - Die Basis für einen guten Film über Neurotiker. Niemand will sehen, wie Bradley Cooper für uns auf die Tränendrüse drückt, Mitleid in uns hervorruft. Niemand will sehen, wie Jennifer Lawrence sich als Nymphomanin lächerlich macht. Wir wollen Aufrichtigkeit, wir wollen Hoffnung, wir wollen die kleinen Freuden und Sorgen des Lebens erkennen und uns in ihnen wiederfinden und das bekommen wir von "Silver Linings Playbook" auch. Doch was macht diesen Film nun so viel besser als all die anderen vor Toleranz- und Andersartigkeit nur so strotzenden (Indie-)Filme? Genau kann ich das auch nicht sagen, doch ich denke David O. Russell zieht unheimliche Kraft aus der Familie. Wie schon in "The Fighter" verleiht er dem familiären Zusammenhalt einen besonderen Ausdruck und schafft Lebenssituationen, die wir alle nur zu gut kennen und nachvollziehen können. Niemand vermag es zurzeit, aus einem Vater-Sohn-Gespräch so viel ehrliche Emotionen zu schöpfen, wie der amerikanische Regisseur und Drehbuchautor. Wenn der im Februar die Goldjungen abräumt, ich würde mich nicht beschweren.

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                                                    ENEMY hat eine Idee, nicht mehr. Der Film ist wie ein leerer Raum, den zu füllen allein dem Zuschauer obliegt; der an prätentiösen Andeutungen ebenso spart wie daran, seine Figuren übermäßig zu psychologisieren - und das macht ihn so angenehm sehenswert. Ein Style-over-Substance-Thriller der besten Sorte.

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