Simbod - Kommentare
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Alle Kommentare von Simbod
https://www.youtube.com/watch?v=9nq-OWTb6tI&t=272s
???
Wenn selbst John Cleese deine Sendung nicht retten kann, dann ist sie vielleicht einfach scheiße?
Im typisch deutschen Pädagogikkino wäre aus "Druk" sicherlich eine weitere Katastrophe geworden, in der man vermutlich versucht hätte zu belehren, dass Alkohol grundsätzlich schlecht sei und man nicht trinken solle, weil sonst das eigene Leben daran zugrunde gehe.
Zum Glück wurde dieser Film nicht von einem talentlosen deutschen Regisseur gedreht, sondern von Thomas Vinterberg. Er gibt nur die Initialzündung und lässt sein soziales Experiment eine Eigendynamik innerhalb seines urbanen Bildungsmikrokosmos entwickeln. Alkohol ist hier eine Art chemischer Katalysator: Bei den vier befreundeten Lehrern bringt er das zum Vorschein, was bereits unter der Oberfläche vorhanden ist. Und wie bei Katalysatoren in chemischen Reaktionen üblich, erleichtern manche die Lage, während andere sich autokatalysierend auswirken und zur unvermeidlichen Katastrophe führen.
"Druk" auf seine finale Tragödie zu reduzieren, wäre jedoch eine zu kurzsichtige Betrachtung von Vinterbergs filmischem Umgang mit der Midlife-Crisis. Es ist das soziale Gefüge der Gruppe, das diesen Film großartig macht. Vinterbergs Präzision beim Sezieren zwischenmenschlicher Beziehungen und unterdrückter Frustration, die schon "Jagten" zu einem der besten gesellschaftspolitischen Dramen aller Zeiten machte, resultiert in vier sehr unterschiedliche Wege, die von der anfänglichen Theorie bis zum bittersüßen Wiedersehen führen. Hier purzeln Väter die Entwicklungsleiter nach unten, wenn sie wieder zu bettnässenden Kindern werden, Alkohol im Sportgeräteraum verstecken und sich vor sozialen Angstsituation Mut antrinken.
Wenn auch nicht so makellos wie "Jagten", so ist "Druk" doch ein weiterer filmischer Triumph für Vinterberg, der seine Rolle als einer der besten skandinavischen Regisseure weiter festigt.
Beim Versuch, die Fans zufrieden zu stellen, bringt Lee Cronin nicht eine einzige originelle Idee zustande. Alles, was er im Laufe des Films unternimmt, sind sinnlose Anspielungen auf Raimis "Evil Dead"-Filme aneinanderzureihen, nur eben leicht abgewandelt: Der Kassettenrekorder ist jetzt ein Plattenspieler. Die Hütte ist eine Wohnung, die von der Außenwelt nicht mehr durch eine eingestürzte Brücke, sondern durch eine eingestürzte Treppe und einen kaputten Aufzug getrennt ist. Die verdammt gruselige Spielkarten-Szene findet jetzt über das Buch Wuthering Heights statt (lol). Die Besitzergreifung geschieht nicht durch Zweige, die das Opfer vergewaltigen, sondern durch Aufzugskabel – und es wird nicht einmal eine Vergewaltigung gezeigt, die Frau wird lediglich von ihnen hochgehoben (vermutlich, um eine niedrigere Altersfreigabe zu erhalten), was den Sinn der Szene völlig zunichte macht. Die Besessene, die im Keller eingesperrt ist, ist jetzt die Mutter, die aus der Wohnung ausgesperrt ist. Der Stift, der die sich ausbreitende Wunde verursacht, ist dieses Mal eine Tätowiernadel. Natürlich ist auch eine Kettensäge im Spiel. Wo es im "Evil Dead"-Remake von Fede Alvarez immerhin den spektakulären Blutregen gab, ist hier nur eine billige Kopie der berühmten "Shining"-Aufzugsszene drin. Und für das Finale hat sich Cronin entschieden, seine Version in einen Zombie- und Kreaturenfilm mit einem lächerlichen "The Thing"-Ripoff-Monster zu überführen – aber nicht eines im Stil des meisterhaften Carpenter-Films, sondern in dem der beschissenen CGI-Abscheulichkeit von 2011. Und man könnte dieses Spiel noch ewig weiter treiben.
Cronin versucht, seinen Mangel an originellen Ideen zu kompensieren, indem er die Brutalität und den Gore auf die Spitze treibt. Aber das ist einfach alles so kunstlos. Cronin kennt nur 2000er-Horror-Klischees wie billige Jumpscares ohne jegliches Gespür für Atmosphäre, die heutzutage bestenfalls noch Großtante Ursula einen Schrecken einjagen, weshalb sich die exzessive Gewalt für den Zuschauer völlig gleichgültig und langweilig anfühlt. Sie ist kein bisschen gruselig oder verstörend wie Raimis Original. Geschweige denn lustig. Cronin versemmelt seine Chance auf einen würdigen Franchise-Beitrag damit ähnlich wie Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett es mit "Scream (2022)" taten...., nein, es ist sogar noch schlimmer. Alles, was in Evil Dead Rise funktioniert, funktioniert nur, weil Raimi es schon vor mehr als 40 Jahren (besser) gemacht hat. Man fragt sich, wie Sam Raimi und Bruce Campbell ihre Namen unter dieses Teil schreiben konnten, geschweige denn es produzieren.
Es gibt allerdings eine wirklich herausragende Szene, und das ist die Enthüllung des Titels am Anfang. Wie eine übermächtige, weltenzerstörende Bedrohung steigen die drei Worte über den Bergen auf, als würde sich das Böse wie ein blutroter Schatten über das Land legen. Aber von da an ist es nur noch eine rasante Aufzugfahrt abwärts.
Todd Field bemüht sich so sehr, nicht in die Falle des "Erzählens statt Zeigens" zu tappen, dass "TÁR", sein erster Spielfilm seit dem herausragenden Drama "Little Children" von 2006, am Ende ein undurchsichtiges, mysteriöses Etwas ergibt, das gänzlich von seinen großartigen Performances getragen wird. Etwa 2/3 des Films lang bleibt man neugierig, worauf das alles hinausläuft: Vielleicht auf einen Kommentar zur modernen Cancel Culture? Zur MeToo-Debatte? Zum Machtmissbrauch im elitären Kunstbetrieb? Bis man schließlich feststellt, dass "TÁR" viele Themen anschneidet, am Ende jedoch keines davon wirklich weiterverfolgt. Field hat so viel Angst davor, auch nur ein einziges Mal zu offensichtlich, zu durchschaubar, zu "unintellektuell" zu werden, dass er es letztlich vermeidet, überhaupt irgendetwas zu sagen. Wo keine Aussage ist, da kann auch kein Vorwurf zum Dilletantismus existieren. So hat man am Ende einen Film, der ebenso makellos und meisterhaft gemacht ist, wie Lydia Tár die Musik interpretiert und dirigiert, aber auf der emotionalen Seite genauso leer und unzugänglich für all jene, die nicht in den Schaffensprozess involviert sind. Das alles ist technische Perfektion, und wenn wir das Kino verlassen, sind wir ebenso beeindruckt und bestens unterhalten wie auch irritierend gleichgültig gegenüber dem eingestellt, was in den letzten zweieinhalb Stunden passiert ist. Eine eitle Künstlerin wird durch ihre eigene Non-Integrität spektakulär zu Fall gebracht, wir schauen dabei zu, zucken mit den Achseln und gehen nach Hause. Als kunstvolles Interludium wäre TÁR zweifelsohne gewaltig – als Comeback-Film nach mehr als 16 Jahren allerdings, dass muss man am Ende leider attestieren, ein wenig enttäuschend. Vielleicht sollte Field sich für seinen nächsten Film nicht ganz so viel Zeit nehmen, um dann wieder etwas fokussierter an die Sache heranzugehen. Dass er das prinzipiell kann, hat er schließlich bereits bewiesen.
Im Gegensatz zu unserem Protagonisten ist dieser Film eher schlecht gealtert. Er wirkt fast wie eine Kopie des besseren "Forrest Gump", was kein Zufall ist, da beide Drehbücher von Eric Roth geschrieben wurden. Doch wo sich bei "Forrest Gump" der satirische Subtext gekonnt mit den manipulativen Dramenelementen vermengte, die von Robert Zemeckis auf eine sanfte, aber einfühlsame Art und Weise eingefangen wurden, schafft es Fincher, ebenso wie das zentrale Liebespaar, jene magischen Momente dieses Märchens nur kurz zu erfassen und verliert oft schlichtweg den Halt.
Die Ähnlichkeiten zu "Forrest Gump" und Tim Burtons ähnlich episch angelegtem, Lebensspannen umfassendem Drama "Big Fish", sogar in den Handlungselementen, sind insgesamt zu groß und erzwingen einen obligatorischen Vergleich. Alle drei Filme schicken ihre Protagonisten schließlich in den Krieg und erzählen rückblickend verschiedene Episoden aus deren Leben; "Forrest Gump" lässt zudem das zentrale Liebespaar im Laufe der Geschichte ebenfalls nur punktuell aufeinandertreffen, bis sie schließlich zueinander finden - und dann stirbt einer von ihnen. Im direkten Vergleich verliert "The Curious Case of Benjamin Button" jedoch aufgrund seiner viel zu langen Laufzeit und der holprig strukturierten Geschichte. Die faszinierende Prämisse hätte Fincher die Chance gegeben, davon zu erzählen, wie wir als Menschen mit der unaufhaltsamen Linearität der Zeit zurechtkommen müssen. Stattdessen setzt er auf eine vergleichsweise banale Liebesgeschichte zwischen zwei nicht sonderlich interessanten Menschen (das hier dürfte wohl die am wenigsten fesselnde Darbietung der großartigen Cate Blanchett und die unmotivierteste von Pitt darstellen), die nur vereinzelt über ihre Gimmickidee hinauswächst. Vielleicht ist Fincher als Experte im Thriller-Genre einfach zu zynisch und analytisch, um eine solche Geschichte so anzugehen, wie sie es bräuchte. Nicht ohne Reiz und stellenweise dann doch sehr groß, dennoch definitiv einer von Finchers chaotischeren Filmen.
"Turning Red" versucht krampfhaft, dem Zuschauer seine Figuren nahezubringen, was dem Film sichtlich schwerfällt: Hyperaktive, schreiende Kinder und kontrollsüchtige Mütter aus der Pixar-Hölle zoffen sich hier permanent und springen sich im wahrsten Sinne des Wortes gegenseitig mit ausgefahrenen Krallen an. Für die Männer ist in Turning Red zunächst vermeintlich kein Platz. In den entscheidenden Momenten müssen sie dann aber doch mal wieder mit ihrer ruhigen, verständnisvollen Art zwischen den zerstrittenen, keifenden Frauen der Familie vermitteln und den Schubs in die richtige Richtung geben, denn diese wutgesteuerten Biester bekommen es schließlich nicht gebacken. Feminismus im Kosmos von Pixar – auch 2022 lediglich ein großes Fragezeichen.
Wenn man versucht, einen Gegenpol zum hyperkonservativen, Brechreiz verursachenden "Familie steht über allem"-Kitsch von "Coco" zu bilden (grundsätzlich begrüßenswert), aber letztendlich seine "Individualität steht über allem"-Botschaft in einer derart peinlichen, offensichtlichen Art und Weise vermittelt, dass im Vergleich selbst "Coco" sympathischer wirkt, weiß man, dass man es vergeigt hat.
Absolut unerträglich. Immerhin waren die Pandas flauschig.
In ihrer völligen Ideenlosigkeit verlässt sich Staffel 1 insbesondere in der ersten Hälfte vollständig auf das Nostalgiegefühl jenes Zielpublikums, welches gleichermaßen vor mehr als 20 Jahren als Heranwachsende der 90er- & 00er-Jahre mit den 70er-Kids der Originalserie mitfieberte. So müssen hier jene Punchlines und Catchphrases des Original-Casts regelmäßig referenziert und wiederaufgewärmt werden, um der etwas durchwachsene Gruppe der neuen Jungdarsteller unter die Arme zu greifen. Denn das Skript der neuen Serie gibt nicht viel mehr her als die immergleichen, zum x-ten Mal verwursteten Teenie-Problemchen, die nun einmal mehr durch den Sitcom-Fleischwolf gedreht werden: Erste Liebe hier, (Groß-)Eltern anschwindeln und sich heimlich wegschleichen dort – nur heute eben mit etwas mehr Diversity. Und zwischendurch dürfen die Schauspieler der Mutterserie für ein paar Minuten hereinspazieren und sich ihre Cameo-Gage für ein paar unmotivierte Gags abholen. In der zweiten Hälfte versucht sich "That 90s Show" dann allmählich als eigenes Serienwerk zu etablieren, so ganz will das aber nicht gelingen. Um die Jahrtausendwende mag das angestaubte Sitcom-Konzept noch funktioniert haben, im Jahr 2023 lockt man damit aber kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervor. Dass die Serie den Cancel-Wahn des Streaminganbieters Netflix in der ersten Runde überlebt hat, ist wohl einzig dem Interesse der Fans der "70s Show" geschuldet. Ob dieses jedoch auch für eine zweite Staffel ausreicht, ist fraglich. Dafür müsste "That 90s Show" in Sachen Eigenständigkeit und Pfiffigkeit dann doch noch mal deutlich zulegen.
Exakt das, was man bekäme, wenn man einen schlechten KI-Textgenerator mit deutscher Literatur und Poesie füttern und ihn dann ein Drehbuch schreiben lassen würde. Prätentiös, pseudo-intellektuell, selbstherrlich, leer. Wenigstens war Peter Falk, der sich selbst spielt, amüsant.
Ich weiß nicht, was merkwürdiger ist: Die Tatsache, dass Martin McDonagh glaubt, dass Figuren, die gegenseitig ihre Sätze wiederholen, als Humor gilt, oder dass das Publikum im Kinosaal, in dem ich den Film gesehen habe, ihm offenbar zustimmt. Auch der ständige Versuch, die Geschichte der beiden Ex-Freunde mit dem irischen Bürgerkrieg in Einklang zu bringen, war äußerst befremdlich.
Um ehrlich zu sein, hätte ich den Film sowieso ausgelassen, wenn ich nicht einen Gutschein für zwei Karten zum Preis von einer vom Kino angeboten bekommen hätte. Ich habe den Hype um "Brügge sehen..." damals nicht verstanden und kann auch den Hype um McDonaghs neuesten Film nicht wirklich nachempfinden. Er hat definitiv ein Händchen für triste Atmosphäre, das muss man ihm lassen. Aber McDonaghs zynische Art, Geschichten zu erzählen, die auf dem Papier eigentlich interessant klingen, in der Ausführung aber jegliche Menschlichkeit vermissen lassen, ist einfach nichts für mich. Gut für ihn, dass anscheinend viele Leute Gefallen an seinem ostentativ nihilistischen Ansatz finden.
Eine wunderschöne, filmische Symphonie, komponiert aus Blut, Kotze, Scheiße und Pisse. Wo "The Wolf of Wall Street" die Tür zu wildem, orgiastischem Filmemachen geöffnet hat, da rammt "Babylon" durch sie hindurch und rempelt auf seinem Weg "Once Upon a Time in Hollywood" um (folglich spielt Margot Robbie in allen drei Filmen mit und Brad Pitt zumindest in zwei davon). Leider folgt auf die glorreiche, virtuose erste Hälfte eine eher chaotische zweite, die gegen Ende ein bisschen zu sehr an "GoodFellas" erinnert. Ich hatte mich sehr auf Tobey Maguires Auftritt gefreut, empfand ihn aber letztlich als den Abschnitt, den man am ehesten aus dem Film hätte herausschneiden können, da die Art des Horrors nicht wirklich zum Rest des Films passte (andererseits war er aber auch für sich genommen großartig. Ich würde gerne als nächstes einen Horrorfilm von Damien Chazelle sehen!). Mit einem etwas strafferen Schnitt in der letzten Stunde wäre "Babylon" beinahe Chazelles Meisterwerk geworden.
Es ist lange her, dass es im Kino eine derart vergnügliche Szene gab wie der Versuch der Filmcrew, ihre erste Tonfilmsequenz zu drehen.
Ich weiß nicht, ob sich Martin Scorsese schon dazu geäußert hat, aber er würde "Babylon" mit Sicherheit lieben.
Very unpopular opinion, aber die 1. Staffel war die beste. Danach musste die Serie für das vom garstigen Humor merklich irritierte amerikanische Publikum (bei dem die 1. Staffel konsequenterweise als schwächste Staffel gilt) schrittweise immer weiter versitcomt werden. Auch dann war sie zwar noch sehr nett und unterhaltsam, aber eben auch recht brav und größtenteils reibungsfrei. Gespannt auf die britische Originalserie von Gervais (Prognose: The Office (UK) > The Office (US) > Stromberg).
Edit: Auf Wunsch hier der obligatorische Hinweis: Der Text enthält Spoiler.
"X" ist in seiner ruhigen ersten Hälfte so unbeschreiblich gut, dass in jenem Moment, in dem das blutige Abschlachten beginnt, zu welchem sorgfältig hingeführt wird, dieses sich als der weniger interessante Abschnitt des Films entpuppt. Das ist generell eine Eigenheit Ti Wests, dass die Vorbereitung des eigentlichen Höhepunkts derart präzise und intelligent konstruiert wird, dass sie dazu neigt, die eigentliche Pointe zu übertreffen. Natürlich ist auch der Blutrausch spaßig, unheimlich, schockierend, ekelerregend und kunstvoll in Szene gesetzt. Doch die Momente, in denen West sein Publikum wirklich verzaubert, sind jene, in denen er es zustande bringt, dass man sowohl mit der ambitionierten, aber völlig untalentierten Filmcrew als auch mit dem alten, tiefreligiösen Mörderpaar und ihren Problemen mit unterdrückter Sexualität sympathisiert. In der besten, beinahe herzzerreißenden Szene des Films ruht sich die junge, sexuell aktive und offene Filmcrew nach einem langen Drehtag in ihrem Gästehaus aus, singt ein melancholisch-schönes Lied während West zwischen ihr und der deprimierten Gastgeberin Pearl hin- und herwechselt, die vor dem Spiegel sitzt und sich alleine und traurig fühlt. Sie wünscht sich sehnlichst Sexualität, wird von ihrem Mann aber dahingehend zurückgewiesen, da er sich für zu alt und krank für Sex fühlt und ihr Verlangen nicht erfüllen kann. Natürlich bleibt es bis zum Schluss unmöglich, sich auf die Seite der beiden zu schlagen, sobald sie mit ihrem Mordfeldzug beginnen, weil die beiden religiösen Senioren die Jungspunde für moralisch verdorben halten und sich gleichzeitig dafür rächen wollen, dass die Filmcrew jenes lustbefreite Leben verfolgt, das Pearl sich so sehnlich wünscht. West zelebriert seine unheilvolle Atmosphäre in gewohnt langen, geschmackvollen, langsamen Szenen, dieses Mal begleitet von bedrückender Filmmusik der Avant-Garde Singer-Songwriterin Chelsea Wolfe (habe sie bereits live gesehen; eine sehr talentierte, einzigartige Künstlerin. Freue mich sehr für sie, dass West sie für eine Zusammenarbeit ausgewählt hat). Stilistisch ähnelt "X" tendenziell eher dem extrem langsam erzählten Todeskult-Film "The House of the Devil" als etwa seinem gruseligen Haunted-House-Film "The Innkeepers"; Fans des erstgenannten sollten also auch an Wests neuem Film Spaß haben. Auch wenn "X" vielleicht nicht sein bestes Werk sein mag, erfreut es sehr, dass Ti West endlich mehr Aufmerksamkeit und Lob zuteil wird, die er bereits für seine vorherigen Filme verdient hätte. Mit "Pearl" wurde inzwischen bereits ein Prequel zu "X" angekündigt, das ebenfalls von West gedreht wurde.
Filme über Demenz sind ein bisschen wie Filme über das Sterben: Wir können als jene, die es nie erlebt haben, nur mutmaßen, wie es sich anfühlt und welche Gedanken und Empfindungen dabei präsent sind. Betroffene sind schließlich nicht mehr in der Lage, es uns Angehörigen mitzuteilen. Insofern kann natürlich auch Florian Zellers Interpretation dieser Krankheit maximal eine durch sehr genaue Beobachtung skizzierte Mutmaßung sein. Aber sie gibt uns zumindest eine Idee davon, wie der Alltag für einen Demenzkranken wirken könnte. Und das Ergebnis, zu dem Zeller dabei kommt, gleicht mehr einem bedrückenden Horrorfilm als einem Drama. Nicht zuletzt dank Anthony Hopkins, der hier ganz fein mit Mimik, Gestik und Stimme arbeitet statt mit dem großen Pinsel dick aufzutragen. Natürlich könnte man dem Film vorwerfen, er erzähle in etwas über 90 Min. lediglich stets das immergleiche Erlebnis nach dem gleichen Schema, das man auch in einem Kurzfilm ausreichend hätte darstellen können. Doch genau diese ständige Wiederholung der mentalen Ausfälle Anthonys trägt ja gerade dazu bei, die Genervtheit und Überforderung Angehöriger, wie die der von Olivia Colman ebenfalls ganz wunderbar gespielten Tochter Anne, nachempfinden zu können – ebenso wie die zunehmende Verunsicherung und Angst des sich ja eigentlich so standhaft und selbständig präsentierenen Anthony. Letztlich ein wahnsinnig intimer Film und überraschenderweise überhaupt nicht der platte Tränendrüsen-Oscarbait, den ich bei der Thematik erwartet hatte. Stark!
Und zumindest für mich, der aktuell selbst mit einer dementen Großmutter umzugehen lernen muss, natürlich noch mal besonders bewegend dank der für Außenstehende wirklich extrem realistischen Darstellung.
*irgendein Charakter sagt einen ganz normalen, unaufregenden Satz*
Hans Zimmer: "Oh ja, da legen wir epische Ethnochöre drüber."
Hysterisch, albern und sterbenslangweilig.
Sollte der Schutz der Gruppe gesichert, dafür aber die Menschlichkeit geopfert werden? Wie viel ist ein Menschleben wert? Und was definiert unser "Menschsein" überhaupt? Erst unser Bewusstsein? Oder doch bereits die elektrischen Impulse, die unsere Körper in Bewegung setzen? Um diese zentralen, durchaus kniffligen Fragen dreht sich die zweite Staffel The Walking Dead, die glücklicherweise weitaus mehr spannende Ideen und Ansätze verfolgt als die Malen-nach-Z(ombiez)ahlen-Staffel 1. Erstmals geht es hier richtig zur Sache: Zwei Alphatiere tragen ihren erbitterten Kampf aus und reiben sich an ihren immer weiter auseinanderdriftenden Lebensphilosophien. Auch wenn insbesondere Shanes prolliges Machogehabe zunehmend lachhaft wirkt und der stets zu breit ausgestellte, animalische Kampf um das Weibchen schon wirklich unnötig primitiv anmutet, versteht Staffel 2 es erstmals, verschiedene Philosophien und Ideologien in den Ring zu werfen und zu beobachten, was passiert. Highlight der Staffel ist natürlich die Episode, in der die Gruppe sich darüber berät, ob sie eine unschuldige Geisel präventiv hinrichten soll und damit auch Jahrzehnte humanistischer Errungenschaften den Todesstoß versetzen würde. Schade, dass die Serie sich letztlich auch in Staffel 2 noch nicht traut, ein anderes Finale zu inszenieren als erneut von einer Horde Walker überrannt zu werden. Denn dass die Zombies nur Katalysator, nie aber ein Hauptreagenz in der komplexen Chemie der Serie sein dürfen und können, begriffen die Macher der Serie erst nach ein paar Staffeln, als The Walking Dead endlich zur Höchstform auflief.
Dass ausgerechnet die erste Staffel bis heute bei vielen Fans der Serie als eine der besten gilt, lässt ratlos zurück. In seinem Auftakt tut sich The Walking Dead merklich schwer, sich von den unzähligen Zombiestreifen in der Geschichte dieses Genres abzuheben. Neben sehr kompetent inszeniertem Thrill und Gore sowie den wirklich ganz wundervollen Bildern und deren verrottenden Ästhetik gibt es hier überwiegend ermüdendes Gemetzel und nervtötendes GZSZ-Drama mit Alpha-Dog-Kämpfen. Damit hat The Walking Dead hier (noch) zu wenig zu bieten. Die zunächst faszinierende, letztlich dann aber eher entzaubernde Erklärbärstunde im Forschungslabor nimmt der Geschichte dann den verbleibenden Reiz. Würden hier nicht zwischendurch immer mal wieder zaghaft erste spannende ethische und politische Diskurse über gesellschaftliche Strukturen und den Wert von zum Untergang verdammtem Leben und einem demgegenüberstehenden erlösenden Ausweg geführt werden (bevor die Schauplätze letztlich in schlecht getrickstem Kawumm in die Luft gejagt werden und Platz für Neues schaffen), gäbe es keinen rationalen Grund, die Serie weiterzuverfolgen.
"The Green Knight" anzuschauen fühlt sich an, als würde Regisseur David Lowery dir zwei Stunden lang bedeutungsschwanger "Ich habe ein Seminar über Symbolik in mittelenglischer Literatur besucht und du nicht" ins Ohr flüstern. Ich hasse alles an diesem Film und wofür er steht. Ja, sogar seine vielgelobte visuelle Ästhetik. Selten habe ich mich derart gelangweilt bei einem Film. Nach 20 Minuten habe ich mir nur noch gewünscht, dass die Erzählung endlich vorbei wäre, aber sie zog sich schließlich noch zwei Stunden lang zäh wie Kaugummi dahin.
Völlig behämmerte Vertrashung von Spielbergs wundervollen "Jurassic Park"-Filmen (und dem leider schon seinerzeit bei weitem nicht so wundervollen dritten Ableger). Jeder Bewohner/Besucher dieser "Jurassic World" befindet sich mit den restlichen Figuren in einem stetigen Wettstreit darum, wer der größte Vollidiot ist (wobei Bryce Dallas Howards Charakter Claire sich diesen Titel relativ schnell mit Leichtigkeit sichert). Die dadurch ausgelöste und immer weiter befeuerte Dinoeskalation ist folglich derart bescheuert, dass man den Film bestenfalls als Hollywoodversion von Creature-Trash schauen kann. In dieser Hinsicht stellenweise durchaus amüsant, insgesamt aber eine quälend öde Angelegenheit. Immerhin schauen die Dinos wieder besser getrickst aus als die seltsame Billigoptik-Wesen aus Teil 3, wenngleich es Regisseur Colin Trevorrow und seinem Team natürlich gänzlich an Spielbergs Können und Gespür mangelt, wenn es um die Inszenierung der Dinos geht. Dementsprechend schauen "Jurassic Park" und seine Fortsetzung "The Lost World" trotz der 20 Jahre älteren Technologie auch heute noch besser aus als "Jurassic World".
Hat die Zweitsichtung einige Jahre später nicht mehr ganz so gut überstanden. Die erste Hälfte ist geprägt von einem absolut chaotischen, hyperaktiven Schnitt, der schnell nervt und ermüdet – zumal Regisseur Neill Blomkamp sich nicht entscheiden kann, ob er nun seine pseudodokumentarische Ästhetik als sinnvolles Stilmittel bedienen oder stattdessen doch zum klassischen Film wechseln möchte. Ist gerade der Anfang bis zur geplanten Umsiedlung der Aliens noch betont politisch gehalten, werden diese durchaus spannenden Ansätze mehr und mehr fallengelassen und lieber durch unzählige in SFX-Demo-Optik zerplatzende Menschen eingetauscht. Nichtsdestotrotz kann Blomkamp die in sich spannende Geschichte noch souverän zu einem stimmigen Ende führen und bewies sich damals als vielversprechendes, neues Talent. Erst seine folgenden Filme sollten dann zeigen, dass "District 9" wohl mehr Glückstreffer als Können war und vielleicht im Nachhinein auch deutlich zu hoch angepriesen wurde. Insgesamt ein kurzweiliger Film mit spannenden sozialpolitischen Konstellationen in v.a. der ersten Hälfte, der sich aber dann letztlich fürs gemütliche Unterhaltungskino statt für intelligente filmische Unbequemlichkeiten entscheidet.
Würde dem Konzept natürlich helfen, wenn man Kandidaten einladen würde, die tatsächlich witzig sind. Die ersten 4 Episoden komplett qualvolle Langeweile. Die letzten 2 ganz nett. Einzig die Idee von Sträter mit dem Gemälde hat gezündet dank guter Umsetzung und tatsächlichen Pointen. Ansonsten ein Trauerspiel. Dass alle paar Sekunden Interviewausschnitte eingeblendet werden müssen, in denen die Teilnehmer den Zuschauer:innen versichern, wie superduper witzig der gerade gezeigte Moment wirklich war (nicht, dass das Publikum das verpasst hat!) und wie kurz sie vor dem Lachen waren, spricht auch Bände. Ich möchte bitte Mirco Nontschew nie wieder beim Versuch beobachten müssen, witzig zu sein. Deutsche Comedy 2021 bedeutet offensichtlich, dass laut herumzuschreien als große Humorkunst gilt.
Ang Lees "Big Fish".
Tim Burtons Meisterwerk und die schönste Liebeserklärung ans Geschichtenerzählen, die es jemals gab.
Was "Big Mouth" in der ersten Staffel noch zu einer originellen und charmanten neuen Serie machte, war das Konzept, die Herausforderungen und Seltsamkeiten der Pubertät in Bilder und metaphorische Konzepte einzufangen – allem voran durch die Hormone Monsters, die (wie der Name schon sagt) als Wesen die hormonell-bedingten Verhaltensweisen heranwachsender Teenies steuerten und ihnen eine Stimme gaben. Das war witzig und gab es bisher so noch nicht. Obwohl viele Filme und Serien Pubertät lediglich durch pubertären Humor auszudrücken im Stande waren, gelang "Big Mouth" hier stets die Gratwanderung zwischen provokativem, unverklemmtem Humor und aber eben auch stets der Ernsthaftigkeit und Einfühlsamkeit, die die Serie ihren Charakteren gegenüberbrachte.
Doch auch Pubertät ist kein überlebensgroßer, ewig ausschöpfbarer Pool und so gingen den Drehbuchautoren schon in Staffel 2 und 3 immer wieder die Ideen aus, weshalb sie zunehmend auch soziologische und Gender-Themen in die Serie aufnahmen (grundsätzlich spannend), aber auch vermehrt auf banale Fantasy-Handlungen setzten, was dann wiederum reichlich deplatziert wirkte. Staffel 4 stellt nun die endgültige Bankrotterklärung dar. Bezogen die erste und in Teilen die zweite und dritte Staffel ihren Reiz auch aus ihrem Identifizierungspotenzial, dürfte der Zug in Staffel 4 endgültig abgefahren sein. Was das Gebären von Kacke-Babies, das Aufsaugen eines ganzen Sees durch zu viele Binden oder die seltsamen Fantasy-Drogentrip-Traum-Halloween-Geistermissions-Plots noch mit Pubertät zu tun haben, kann sich "Big Mouth" effektiv selber nicht mehr erklären. Was zuvor metaphorisch war und offensichtlich als fantasievolle Darstellung der eigenen Unsicherheiten funktionierte, wird von dieser symbolischen Ebene in Staffel 4 in die Hauptebene gezerrt. Die Fantasy-Elemente betreffen plötzlich nicht nur den jeweiligen Charakter, der sich mit ihnen auseinandersetzt, sondern sie haben eine Auswirkung auf alle. So ist eben die oben beschriebene Situation im See kein Katastrophen-Angstszenario, das sich in Jessies Kopf abspielt (wie es das etwa in Staffel 1 gewesen wäre), sondern absurde Realität, auf die das Umfeld dementsprechend auch reagiert. Diese Brüche zwischen der realen und der symbolischen Ebene kommen komplett inkonsequent daher und stellen eine große Distanz zwischen Zuschauer und Serie her. Keiner kann sich wohl noch mit Gross-Out-Momenten identifizieren, wenn etwa Jay und Lola in einem Schlammloch baden und sich dann gegenseitig erregen, indem sie sich den stinkenden Schlamm von den Füßen abschlabbern. Oder mit einem Andrew, der in Staffel 4 nur noch im Obercreep-Modus agiert und so beispielsweise vor dem Leichnam seines toten Großvaters masturbiert. Oder Nick, der irgendeine seltsame Arschloch-Identitätskrise durchmacht, deren Ursprung am Ende auf die doofestmögliche Weise heruntergebrochen wird. Selbst die spannenderen, nachvollziehbareren Charaktere der Staffel – wie etwa Missy, die sich mit Black Culture auseinandersetzt; oder der homosexuelle Matthew, der mit seinem Coming-Out vor seinen streng gläubigen, konservativen Eltern kämpft – verpuffen in diesem Konstrukt aus inzwischen fast nur noch nervtötenden Protagonisten. Als große Neuerung wurde die Anxiety-Stechmücke Tito eingeführt, die aber ebensowenig wie Depression-Kitty wirklich ein überzeugendes Bild ihrer Hauptfunktion abgibt. Alles in allem eine irritierend-wirre, unsympathische und uninteressante Staffel, die den Mangel an spannenden Themen durch aggressive Provokation und Krassheit auszugleichen versucht und dabei meistens jedoch scheitert. Was schon nach Staffel 2 und 3 abzusehen und zu befürchten war, ist nun eingetreten: "Big Mouth" ist tot.