Simbod - Kommentare
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Alle Kommentare von Simbod
Interessant. Ich habe Staffel 10 noch nicht begonnen, aber in Bezug auf Staffel 9 sehe ich viele der Punkte in deinem Text fast komplett gegensätzlich.
"Ihre Erbarmungslosigkeit allein macht die Whisperer allerdings noch lange nicht furchterregend für den Zuschauer, wenn sie lediglich behauptet wirkt."
Wieso sollte sie "behauptet" wirken? Alpha hat 2 aus den eigenen Reihen brutal hingerichtet, die ihre Anführerinnenrolle in Frage gestellt haben. Sie hat einer Mutter befohlen, ihr Baby zu opfern und letztlich hat sie, um wortwörtliche eine Grenze aufzuzeigen, 10 Menschen exekutiert. In diesem Punkt ähnelt sie übrigens Negan, der ja selbiges mit zwei Leuten Ende der 6. Staffel tat. Mit dem Unterschied, dass es Negan wichtig war, dass die anderen dabei zusehen, wie er die Hinrichtung durchführt und Alpha lediglich das Resultat präsentiert. Das sind alles erbarmungslose Taten. Ob sie das furchterregend macht, mag wohl Ansichtssache sein (für mich tut es das), aber "behauptet" ist die Erbarmungslosigkeit in ihrem Handeln doch nicht?
"Woher kommt ihre Grausamkeit, wie war diese Frau vor der Apokalypse? Die unbefriedigende Antwort: Gar nicht mal so viel anders."
Wieso ist die Antwort unbefriedigend? Ich fand sie umgekehrt höchst befriedigend. Statt einen weiteren küchenpsychologischen Erklärbär-Versuch zu unternehmen ("weil A passiert ist, folgt B, daraus folgte C und deswegen ist Alpha jetzt so, wie sie ist"), bleibt die Erklärung eben: Alpha war schon immer so. Innerhalb der geordneten, intakten Gesellschaft, musste sie sich gewissen Normen unterwerfen (wobei sie die innerhalb der eigenen 4 Wände in gewissem Maße schon nach ihren Vostellungen gestaltete, z.B. bei der Erziehung von Lydia), aber sobald diese durch die Walker-Invasion aufgehoben waren, konnte sie ihre ja schon immer sozialdarwinistisch geprägten Ansichten tatsächlich radikal umsetzen. Ich finde das absolut einleuchtend als Charakterisierung.
Im übrigen gab es zu Negan auch keine Backstory, außer diese Geschichte mit seiner Frau, die aber ja auch immer nur oberflächlich angekratzt wird und recht beliebig wirkt. Ich liebe den Charakter Negan, aber "menschlich greifbarer" finde ich im Vergleich eher Alpha.
"Doch wo bleibt Alphas Verletzlichkeit? Unter der Ekel-Maske ist sie offensichtlich ein Mensch, aber davon spüren wir nicht viel. Dass sie selbst nicht übers Herz bringt, was sie von anderen fordert (nämlich das Töten des eigenen Kindes), verleiht ihr eine gewisse Ambivalenz, die eher theoretisch bleibt."
Auch hier die gleiche Frage wie oben: Inwiefern bleibt die Ambivalent denn theoretisch?
Alpha hat sich eine Gefolgschaft aufgebaut, in der sie als emotionsloses Alphatier agieren muss. Wenn sie ständig ihre verletzliche, menschliche Seite zeigen würde, dann wäre sie schnell weg vom Fenster. Natürlich ist diese Emotionslosigkeit nur behauptet und dass dem eben so ist, das hat die (wie ich finde hervorragende) Szene, in der Alpha kurz einen emotionalen Ausbruch hat, einer der Whisperer sie entdeckt (und sogar ebenfalls selbst sehr menschlich Mitgefühl zeigt und nachfragt, ob alles in Ordnung sei) und sie diesen daraufhin einfach "unschädlich" macht, deutlich gezeigt.
"anders als sie hingegen gewährte er seinen Anhängern wirklich Schutz innerhalb eines klar abgesteckten Gesellschaftsentwurfs. Warum ein Überlebender der Apokalypse Alpha folgen sollte, hat uns The Walking Dead bislang nicht glaubhaft vermittelt."
Seh ich ebenfalls komplett anders. Alphas Gesellschaftsentwurf führt letztlich doch sogar zu mehr Schutz. Negan hatte das Sanctuary, das, wie jede andere Stadt, überrannt werden und fallen bzw. eingenommen werden kann. Ob von Walkern oder anderen Menschen. Seine "Sicherheit" war ja stets nur behauptet und hat gerade mal solange funktioniert, wie sich nicht genug Menschen zu einem Umsturz auflehnen. Die Sicherheit bei Negans Gesellschaft hing zu 100% an einer Person, nämlich ihm selbst. Wenn er weg gewesen wäre, dann wäre Chaos ausgebrochen.
Wenn Alpha gestürzt werden sollte (und das ist ja sogar, wie im Tierreich, legitim in den "Regeln" der Whisperer verankert), würde ein neues Alphatier nachrücken und die Gesellschaft intakt bleiben. Alpha löst das viel cleverer, indem sie ihre Gefolgschaft nicht auf Personenkult, sondern auf einer Weltsicht aufbaut. Und es ist viel cleverer, dass sie ihre Leute einfach unter den Walkern leben lässt. Nicht nur löst sich damit das Problem der Angreifbarkeit durch Walker (natürlich nur, solange keiner aus der Rolle fällt, aber derjenige ist dann eben "selbst Schuld" und "verdient" es aus ihrer Sicht zu sterben, Stichwort "natürliche Selektion"; der Schutz für alle anderen bleibt selbst bei Fehlern einzelner Mitglieder intakt), sondern auch durch Menschen. Denn die sind ja nicht getarnt und somit addieren sich zu den Whisperern auch noch die Walker, sodass sie zahlenmäßig im Grunde immer überlegen sind. Mehr Schutz geht ja wohl kaum. Wäre ich in dieser Welt, würde ich mich wohl auch tendenziell eher Alpha anschließen. Negan hat ja sogar seine eigenen Leute terrorisiert, wenn er unzufrieden war.
Negan fand ich in der 9. Staffel übrigens recht blass und als Figur enttäuschend. Ich hoffe, dass sich das in der 10. wieder ändert. Ansonsten hat die 9. mir sehr gut gefallen, ich fand sie sogar wieder etwas besser als die schwächelnde 8. Staffel, auch wenn sie nicht an die Alexandria-/Negan-Staffeln 6 und 7 heranreicht.
Sorry für den erschlagenden Text. :D
Seit Todd Haynes' "Carol" wurden nicht mehr so viele Emotionen, so viele bedeutungsvolle Nuancen nur über Blicke ausgetauscht. "Portrait de la jeune fille en feu" ist ein Film von nahezu unbeschreiblicher Schönheit und erzählt seine Liebesgeschichte mit bitterer Ehrlichkeit. Jede Einstellung sitzt, jede Berührung auf der Leinwand scheint man fast selbst auf der Haut zu spüren, so konzentriert sind die Bewegungen eingefangen. Noémie Merlant und insbesondere Adèle Haenel liefern als Paar, das nicht sein darf Jahrhundert-Performances ab und Regisseurin Céline Sciamma findet für ihre tragische Geschichte eines der ergreifendsten Schlussbilder aller Zeiten.
Ich muss gestehen, dass mein Erstkontakt mit Fight Club in jungen Jahren auch über diese typische Begeisterung für den "unvorhergesehenen" Plottwist lief, was ich damals einfach mangels Erfahrung für total krasse Kunst hielt. Ich habe den Film dann etliche Jahre nicht angerührt, irgendwo auch aus Angst, ich würde ihn beim zweiten Mal doof finden. Nachdem der dann (wie von dir recht treffend beschrieben) auch in meinem Freundeskreis nonstop gehypt wurde, habe ich mich aber irgendwann dann doch ein zweites Mal herangewagt. Auch ohne Bewunderung des Twists konnte ich dem Film dann aber dennoch ähnlich viel abgewinnen wie beim ersten Mal und auch eine relativ bald darauffolgende dritte Runde hat daran bis heute nichts geändert.
Bei einem in meinen Augen wichtigen Satz würde ich nämlich in Bezug auf den nervigen Kultstatus widersprechen: "Für all das kann Fight Club natürlich nichts."
Ich denke, genau das Gegenteil ist der Fall und so schlimm ich den Kult um den Film auch finde, ist es im Grunde genau das, was mich daran nachhaltig beeindruckt hat und ihn bis heute für mich so großartig macht: Denn Fincher ist es damit gelungen, das, was er im Film eigentlich satirisch aufarbeitet, nicht nur weg vom Bildschirm in die Realität, sondern ausgerechnet in seine eigene Fangemeinde zu tragen. Die meisten, mit denen ich mich (manchmal unfreiwillig) über Fight Club unterhalten habe, beten mir runter, wie deep die Kapitalismuskritik im Film sei, was für eine legendäre Figur Tyler Durden sei und wie wahr ja angeblich so viele der Dinge seien, die Durden und Nortons Figur im Film erzählen.
Den Kult um den Film sehe ich ebenso als Kult um dessen ja doch recht in ihren Bann ziehenden Protagonisten und die durch sie vorgetragene Gesellschaftskritik. Die bei genauerer Betrachtung natürlich ins Leere läuft und das ist für mich der Knackpunkt der ganzen Sache: Fight Club ist für mich kein Film über Konsumkritik o.ä., sondern im Grunde über Personenkult. Indem er den charismatischen Durden am Ende als Hirngespinst einer an dissoziativer Identitätsstörung leidenden Person entzaubert, entkräftigt er auch all dessen Lehren, die ja bereits im Laufe des Films mehr Unheil als wirklich Positives zur Folge haben.
Beim Publikum hat das allerdings nicht so ganz funktioniert. Viele verehren Durden als Figur ebenso, wie er im Film von seinen Anhängern verehrt wird. Es werden seine vermeintlich tiefgründigen Monologe zitiert (wie der, den du oben in den Text eingebaut hast), seine Motivationen romantisiert und eben auf den ersten Blick auf Verständnis für diese Menschen gezeigt, die sich dieser sektenartigen Gemeinschaft anschließen. Ebenso gab es viele Gegenstimmen, die zwar berechtigterweise die ganze Gesellschafts-, Kapitalismus- und Konsumkritik als platt und blödsinnig bezeichneten, aber eben nicht sehen, dass das beabsichtigt war. Oder zumindest, dass die Möglichkeit besteht, dass es Finchers Absicht war.
Ich würde daher niemals behaupten, dass meine Interpretation des Films richtiger sei als die anderer Leute und was Fincher sich effektiv letztlich gedacht hat, kann ich auch nicht wissen, ohne in seinen Kopf zu schauen. Aber Fight Club funktioniert tatsächlich als Satire für mich, die es als so ziemlich einzige Satire bisher geschafft hat, ihre Fangemeinde durch einen Trick (ja, man kann es Taschenspielertrick nennen) in die Kritik gleich mit einzubeziehen, ohne dass diese es merkt und dadurch die Relevanz seines Kernanliegens deutlich vor Augen führt. Im Grunde ist "Fight Club" für seine Bewunderer, was Durden für die Männer im Film ist. Und das finde ich schon ziemlich großartig. Du nennst diese Zweideutigkeit des Films "geschickten Zweiklang" und sagst, dass Fincher es allen recht machen möchte. Ich kann nachvollziehen, dass man das so sehen kann, letztlich ist es wohl einfach Auslegungssache, ob das wirklich seine Intention war. Wenn ich den Film sehe, dann sehe ich eben eigentlich nur meine Deutung und keine Zweideutigkeit, weil die andere Interpretation für mich durch den Schlussakt ins Leere läuft und in gewisser Weise als Unsinn entlarvt wird. Was man letztlich vom Film hält, hat dann wohl direkt damit zu tun, was man in ihm sieht, schätze ich.
Auch in Staffel 3 nähert sich Big Mouth erneut mit gleichzeitig sehr direktem, unverklemmtem und dabei aber nie albernem Humor den Themen, die pubertierende Jugendliche und ihre Eltern beschäftigen. Und erneut ist das in den besten Momenten wieder grandios und aktuell noch immer konkurrenzlos in Sachen grenzen- und tabuloser Darstellung von Sexualität.
Staffel 3 beseitigt glücklicherweise zudem einige Fehler der 2. Staffel: Coach Steve, dessen mäßig interessante und witzige Figur viel zu viel Raum in Staffel 2 einnahm, wurde für Runde 3 wieder zur Nebenfigur bzw. zu einem Running Gag degradiert (mehr gibt sie im Grunde auch nicht her). Der Shame Wizard – in der Theorie eine tolle Figur, in der Praxis mittelprächtig umgesetzt – wurde gleich ganz aus der Serie verbannt und auch die nach wie vor vollkommen beliebig wirkenden Geister wurden zumindest ein wenig zurückgefahren. Zudem gibt es mit Mona erstmals neben Maurice und Connie ein Hormone Monster, das nicht komplett nervt, sondern eine tolle Ergänzung darstellt.
Demgegenüber fällt jedoch mehr noch als in Staffel 2 auf, dass das Team hinter Big Mouth inzwischen damit kämpft, relevante Themen für die Serie zu finden, die nicht bereits behandelt wurden. So ist die Serie sich nicht zu schade, stumpfe Fantasy-Elemente wie einen spontanen Ausbruch von Superheldenfähigkeiten mit in die Handlung einzubauen (ohnehin das schwächste der bisherigen drei Staffelfinale, auch wegen der in letzter Sekunde erzwungenen "Konflikte") oder eine komplette (!) Folge über den Nebencharakter-Geist Duke Ellington zu produzieren. Bei gerade einmal 10 Folgen stellen solche Filler-Episoden durchaus ein Ärgernis dar. Schade ist zudem, dass das angeteaserte Depressionsthema mit Depression-Kitty (tolle Idee!) geradezu lieblos in kürzester Zeit abgehandelt bzw. fast schon einfach fallengelassen wurde.
Dennoch gelingen Big Mouth auch in Staffel 3 wieder die großen Momente, etwa wenn die Serie sich beispielsweise Jessis erster Masturbation, der Incel-Subkultur, Homosexualität, Inzest, sexuellem Missbrauch, Feminismus oder den Themen Gender & sexuelle Orientierungen annimmt, die in Jays sich bereits über die letzten 2 Staffeln anbahnender Identitätssuche ihren Höhepunkt findet. Trotz ihrer Schwächen also bleibt Big Mouth auch mit Staffel 3 DIE relevanteste und feinfühligste Serie über Pubertät.
Regie-Gott Paul Thomas Anderson (There Will Be Blood, Magnolia) inszeniert wie immer elegant und mit Auge fürs Wesentliche. Schade jedoch, dass weder Radiohead-Sänger und Komponist Thom Yorkes Ideen für den Kurzfilm noch seine Electronic-Musik viel hergeben. So versinkt Anima schnell in prätentiösem Theater, das zwar ansehnlich choreographiert ist, aber schnell ermüdet und nervt. Auch, weil Yorke einfach kein guter Schauspieler ist. Wenn man sich schon einen der besten Regisseure aller Zeiten ins Boot holt, sollte man eben auch umsetzungswürdiges Material zur Hand haben. Anima sollte Thom Yorkes Befreiungsschlag aus einer künstlerischen Schaffenskrise sein, zeigt aber, dass er diese wohl noch nicht so ganz überwunden hat. Immerhin: Der dritte Akt, in dem sich Yorkes Figur in eine Zufallsbegegnung verguckt, mit ihr über Blicke flirtet und tanzt, ist wirklich schön geraten. Nicht zuletzt, weil die Frau von Yorkes tatsächlicher Lebenspartnerin Dajana Roncione gespielt wird und die Liebe zwischen den beiden daher authentisch wirkt. Davon abgesehen ist das ganze Spektakel aber nicht wirklich der Rede wert. Thom Yorke hat in der Vergangenheit schon wesentlich Besseres zustande gebracht.
Hmhmhm. Staffel 1 mochte ich sehr, aber schon Staffel 2 hat für mich deutlich geschwächelt. Der neue Trailer sieht einfach nur überdreht und nervig aus. Ich hoffe, das wird kein Totalausfall.
"Vivarium" hätte die Möglichkeit gehabt, in seinem Setting Spannendes über die Auswirkungen von ausgelöschter Individualität, Isolation und Sinnfindung zu erzählen.
Doch stattdessen möchte Lorcan Finnegan das Publikum in seiner wohl absichtlich in Richtung Kafka schielenden Geschichte lediglich mit immer mehr und mehr absurden Einfällen füttern. Einfälle, die technisch gut umgesetzt sind, aber leider in Sachen Substanz ins Nichts führen. Denn zu sagen hat der Film schon bald nichts Relevantes mehr. Je mehr Zeit in das "Unerklärliche" (bzw. treffender: Unerklärte) fließt, desto weniger interessiert das ganze Spektakel. Es gibt eine sehr gelungene, geradezu albtraumhafte Sequenz, in der Imogen Poots durch verschiedene Dimensionen ihres Zuhauses stürzt und dabei einen Blick hinter die Fassaden ihres Käfigs erhascht. Eine tolle Szene reicht aber leider nicht aus, diesen 97-Minuten-Humbug zu retten. Denn was genau hinter all den seltsamen Ereignissen, den Alien-artigen Wesen und der offensichtlich penibel durchgeplanten Welt steckt, das kümmert am Ende keinen – weder den Regisseur noch den Zuschauer.
Wenn Paare sich trennen, ist es oft schwierig für die Kinder, eine liebevolle Beziehung zu den neuen Lebenspartnern ihrer Eltern aufzubauen. Geradezu unmöglich wird das, wenn die Kinder die neue Partnerin des Vaters für den Suizid der eigenen Mutter verantwortlich machen. "The Lodge", der neue Film von Severin Fiala und Veronika Franz ("Ich seh, ich seh") handelt von genau dieser schwierigen Konstellation. In ihrem Versuch, einen Draht zu den beiden Kindern Aidan ("It"-Darsteller Jaeden Martell) und Mia zu bekommen, schlägt Grace (wundervoll nuanciert: Riley Keough), die neue Partnerin des Vaters (Richard Armitage), einen Urlaub allein mit den Kindern in einer weit abgelegenen Hütte vor. Der Vater ist sehr angetan von diesem Vorschlag – die Kinder kein bisschen. Und so entfaltet sich ein äußerst unangenehmer Aufenthalt, bei dem man sich als Zuschauer kaum entscheiden kann, was kälter ist: die Minusgrade außerhalb der Hütte, oder die eisige Stimmung im Inneren. Obwohl Grace sich alle Mühe gibt, sich mit den Kindern gutzustellen, wird sie vor allem von Aidan schroff zurückgewiesen. Als schließlich merkwürdige Dinge vor sich gehen und die drei durch einen starken Schneesturm von der Außenwelt abgetrennt werden, wird immer unklarer, was genau in der Hütte abläuft. Führen die Kinder einen Psychokrieg gegen ihre neue "Ersatzmutter"? Beginnt die durch das Aufwachsen in einer fanatischen Selbstmordsekte schwer traumatisierte Grace den Verstand zu verlieren und zur Gefahr für die Kinder zu werden? Oder gibt es gar eine übernatürliche Erklärung für die immer bedrohlicher werdenden Ereignisse im Haus?
Man muss zweifellos eine gewisse Toleranz für arg zurechtkonstruierte Plots und Situationen mitbringen, um mit "The Lodge" wirklich warm zu werden. Doch auch wer das Treiben als absurden Quatsch abtut, wird sich der bedrückenden, manchmal kaum auszuhaltenden und albtraumhaften Stimmung des Films kaum entziehen können. Für Horror müssen es nicht immer Geister, Killer und Monster sein. Manchmal versteckt sich der größte Schrecken in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Ich habe von diesen Vorwürfen glücklicherweise erst erfahren, nachdem ich im Kino war, sonst hätte ich wahrscheinlich die ganze Zeit beim Schauen nur darauf geachtet. Ich kann das absolut nicht nachvollziehen. In dem Film wird doch zu keiner Sekunde Rassismus bestärkt oder in irgendeiner Form als gewinnbringend oder gar "gerechtfertigt" dargestellt. Er ist halt da, in Form der Figuren. Wenn ein Film oder der Filmemacher jetzt schon rassistisch sein soll, nur weil Rassismus thematisiert wird, wo kommen wir denn da hin. Ich sehe das genauso: Es ist kein rassistischer Film, sondern ein Film über (unter anderem) Rassismus.
Großartiger Film auf jeden Fall. Wie schon mit Bone Tomahawk war ich zwar nicht mit allen Entscheidungen Zahlers ganz einverstanden, weshalb ich auch den wesentlich straffer inszenierten "Brawl in Cell Block 99" von seinen drei Filmen am liebsten mag. Aber "Dragged Across Conrete" ist auf jeden Fall sein klügster und komplexester bisher. Und für mich aktuell immer noch des beste Film des Jahres. Und ich weiß auch nicht, ob da dieses Jahr noch etwas Besseres kommt.
Find's auch unfassbar, dass seine Filme nach wie vor nicht regulär ins Kino kommen. Wird langsam echt Zeit.
Mit Coco hatte ich tatsächlich mehr Probleme als mit jedem der Sequels. Dieser ätzende, unreflektierte Familienkitsch war echt kaum auszuhalten. Schlimmster Pixar-Film.
Abgesehen von Inside Out, den ich wirklich herausragend finde, gab es seit mindestens 2010 keinen Pixar-Film mehr, der mich richtig begeistern konnte. Insofern kann ich da auf jeden Fall einen Qualitätsverlust erkennen.
Was die Sequels angeht: Monsters University und Incredibles 2 mochte ich tatsächlich, Finding Dory und die Cars-Reihe haben mich nie interessiert.
Toy Story 4 werde ich mir die Tage wohl einfach interessehalber anschauen, Erwartungshaltung ist aber ziemlich niedrig. Für mich hätte es nach Toy Story 3 keinen weiteren Teil gebraucht.
So sehr mich der Film auch amüsiert, so toll ich viele der Szenen finde und so großartig die Intention dahinter sein mag: Tiere für einen Film so (zu Tode) zu quälen zum Zwecke der Unterhaltung (oder überhaupt für einen Zweck) überschreitet meine persönliche Schmerzgrenze, die ich eigentlich immer für recht hoch gehalten hatte. Damit mag Waters letztlich sein Ziel erreicht haben. Mit Kunst hat das für mich persönlich aber nichts mehr zu tun. Wenn für Kunst Lebewesen real und brutal gequält werden und das dann auch noch witzig sein soll, geht das für mich zu weit. Und nach seiner bis heute immer wieder in verschiedenen Ausführungen wiederholten, zynisch relativierenden "Rechtfertigung" (Bsp.: "I think we made the chicken's life better. Got to be in a movie. Got fucked. And then right after filming the next take the cast ate the chicken") bin ich persönlich menschlich auch von ihm so angewidert, dass mir die Motivation vergangen ist, weitere Filme von ihm anzusehen, obwohl mir alle bisher gesehenen gefallen haben. Sie haben gewonnen, Mr. Waters.
Nach einer Folge abgebrochen. Unerträglich.
Gerade ein ernstes und immer noch mit vielen Tabus oder zumindest Unverständnis behaftetes Thema wie Suizid nicht über alle Maßen dramatisch, aber eben auch nicht durch geschmacklose Späßchen respektlos zum Abschuss freizugeben, ist eine Gratwanderung, an der die allermeisten wohl scheitern würden. Gervais aber verleiht seiner Figur eine Menschlichkeit, die selbst in deren zynischsten und sarkastischsten Momenten stets verständlich und nachempfindbar bleibt.
In den letzten Zügen gibt sich die Serie dann aber leider tatsächlich der von Anfang an befürchteten Entwicklung hin und versandet in sentimentalem, vor allem aber unehrlichen Schmalz, der darüber hinaus auch noch unglaubwürdig plötzlich eintritt. Angesichts dessen, dass Gervais in zumindest den ersten 4-5 Episoden eine der bittersten und gleichzeitig komischsten (aber: eben nie albernen oder verharmlosenden) Darstellung eines suizidalen Menschen abliefert und sich die Serie für ein paar der großartigsten Momente des bisherigen Jahres verantwortlich zeigt (zu welchen vor allem seine Gespräche mit der Witwe auf dem Friedhof und seine Freundschaft zu einer Sexarbeiterin sowie einem Drogenabhängigen gehören), ist sowas nicht nur schade, sondern geradezu tragisch. Hätte er die Charakterentwicklung konsequent und nachvollziehbar gehalten, wäre AFTER LIFE ein klares Serienhighlight in diesem Jahr. Was außerdem nach dieser bereits frühen Charakterläuterung in Staffel 2 noch Erzählenswertes passieren soll, bleibt zudem fragwürdig, da die Serie nach 6 Folgen tatsächlich abgeschlossen wirkt.
Anmerkung: Die Darstellung des Psychotherapeuten ist leider auch eine der schlimmsten, die man in Filmen und Serien bisher antreffen konnte. Hier opfert die Serie tatsächlich ihren geerdeten Realitätsbezug und präsentiert lieber eine maßlos überzogene Parodie, welche nicht zur restlichen Stimmung der Serie passt.
Es ist kaum zu glauben, dass "The Kominsky Method" von Chuck Lorre erschaffen wurde – dem gleichen Menschen also, der für Comedy-Verbrechen wie "The Big Bang Theory" oder "Two and a Half Men" verantwortlich ist. Mit deren plumpem, sexistischem, homo- und transphobem Humor hat die liebevoll und lebensnah gestaltete Serie, die im Vergleich zu Lorres Hit-Serien leider komplett unter dem Radar der meisten Leute läuft, nämlich überhaupt nichts gemeinsam. "The Kominsky Method" verzichtet auf sitcomtypisch eingespielte Lacher und klassische im Sekundentakt gelieferte "Pointen", sondern entwickelt Komik aus den Situationen und den wahnsinnig amüsanten, sarkastischen Dialogen zwischen insbesonde Michael Douglas als Schauspiellehrer Sandy Kominsky und Alan Arkin (absolut grandios) als dessen zynischer Agent und Freund Norman Newlander heraus. In schallendes Gelächter wird man deshalb hier zwar selten ausbrechen, dennoch sorgen vor allem Normans bissige Seitenhiebe gegen sein Umfeld immer wieder für Schmunzeln. Auch die tragischeren Momente wirken hier nicht aufgesetzt und lediglich wie billige Emotionsmanipulation, sondern nachvollziehbar und natürlich.
Dass Lorre es hingegen nach wie vor nicht so ganz mit Frauenfiguren hat, ist leider zumindest teilweise spürbar, wenn v.a. Kominskys Love-Interest Lisa von Episode zu Episode teilweise nicht ganz nachvollziehbar zwischen Zuneigung und Abweisung hin- und herschwankt und Kominskys Tochter Mindy eigentlich nur das korrigierende Element für ihren Vater sein darf und (bisher zumindest) noch nicht viel eigene Geschichte zugestanden bekommt. Dennoch ist die erste Staffel "The Kominsky Method" eine schöne Erzählung über das Leben im Alter, die durch ihre Verortung im Schauspieler-Millieu auch immer wieder nette Referenzen bereithält. Für weitere zukünftige Cameo-Auftritte ist somit der Grundstein automatisch gelegt.
Großartig außerdem: Danny DeVito als Proktologe. Staffel 2 kann gerne kommen!
Kursk startet am 11.07., nicht am 07.11.
Wenn Assayas sein Ensemble in gemütlicher Runde über die Vor- und Nachteile der unaufhaltbar immer weiter fortschreitenden Digitalisierung diskutieren lässt, finden lediglich die rationalen, sachbezogenen Argumente im Vordergrund ihren Platz in den Gesprächen. Nicht ausgesprochen, eben zwischen den Zeilen, verbergen sich aber auch die Ängste, die jeder der Beteiligten in sich trägt. Mit diesen geht jede der wahnsinnig komplexen Figuren anders um – alle jedoch auf den ersten Blick scheinbar widersprüchlich. So progressiv sich etwa Laure den anderen auch die ganze Zeit über präsentiert, ist es ausgerechnet sie, die sich in einem kurzen, aber ehrlichen Moment als einzige der Runde eine tatsächliche, klassische Beziehung mit ihrer Affäre, ihrem "zweiten Leben", zu wünschen scheint. Richtig auszusprechen wagt sie es aber nicht, als scheine sie selbst zu merken, dass sie diesen Widerspruch nicht auflösen kann. Natürlich lässt sich "Doubles Vies" als durchaus zeitgemäßer, realistischer und kluger Kommentar auf die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Literaturbranche verstehen. Jedoch steckt noch so viel mehr in diesem Film und seinen Figuren. Unter der Führung eines anderen Regisseurs wäre eine solche Geschichte möglicherweise eine mittelschwere Katastrophe geworden. Assayas aber versteht seine Figuren, er versteht die Welt, in der sie leben und er nimmt sie ernst, ohne dabei die Leichtfüßigkeit seiner Inszenierung gegen bleiernes Drama eintauschen zu müssen.
Hauptcharakter nach 1,5 Stunden Film so:
"Hmm, ob der seltsame, superreiche Kerl, der mir erzählt hat, dass er zum Spaß "Gewächshäuser" (*zwinker zwinker*) abfackelt, wohl was mit dem Verschwinden meiner non-stop mit ihm abhängenden Freundin zu tun hat? Sehr wahrscheinlich. Ich überprüf' das trotzdem lieber noch mal 'ne knappe Stunde lang."
Der erste Satz war übrigens komplexer und gehaltvoller als BURNING. Belangloses Arthouse-Geschwafel, Charaktere, die man 5 Sekunden nach deren Einführung bereits durchschaut hat und ein Plot, gegen den jeder Tatort wie ein Shyamalan-Film wirkt. Damit es Kunst ist, natürlich noch auf 2,5 Stunden aufgeblasen: Da wird jedes Cannes-Höschen feucht.
DRAGGED ACROSS CONCRETE erweist sich als S. Craig Zahlers klügster und gleichzeitig ruhigster Film bisher – anders als es der Titel vermuten lassen würde. Wer brutal-spaßige Action wie in Brawl in Cell Block 99 oder verstörende Gewaltausbrüche im Horrorstil à la Bone Tomahawk erwartet, mag daher enttäuscht sein. Denn hier hört man Mel Gibson und Vince Vaughn größtenteils beim Debattieren über Gerechtigkeit, Familienprobleme oder Wahrscheinlichkeiten zu und schaut ihnen in bester "The-Wire"-Manier beim Beobachten, Vefolgen und Abwarten zu. Und das ist absolut großartig und saukomisch! Obwohl es auch dieses Mal ein paar kleine Gewaltspitzen gibt, zählen diese – anders als im größtenteils darauf aufgebauten Brawl in Cell Block 99 – eher zu den irrelevanteren und uninteressanteren Momenten des Films. Was hier begeistert, passiert in den leisen Abschnitten.
Mindestens streitbar sind dagegen manche Drehbucheinfälle Zahlers. Dass er eine für die Geschichte komplett unbedeutende Nebenfigur mitsamt emotionaler Hintergrundgeschichte über 15 Minuten lang einführt, nur um sich dann als Pointe innerhalb von Sekunden effektvoll wieder von ihr zu verabschieden, mag man noch als Zahlers Humor hinnehmen können (obgleich man den Sinn doch in Frage Stellen muss). Szenen, wie etwa der für die Story ebenfalls gänzlich irrelevante Überfall auf eine Tankstelle, der lediglich dazu dient, das überzogen gewaltbereite, psychopathische Verhalten des Verbrechers zu demonstrieren (wofür die Banküberfallszene etwas später im Film vollkommen ausgereicht hätte), strecken den Film aber stellenweise unnötig in die Länge. Hier hätte man sich Zahlers Mut zur Reduktion gewünscht, den er beim deutlich fokussierter inszenierten (und deshalb in letzter Konsequenz auch etwas besseren) Brawl in Cell Block 99 noch demonstriert hatte.
Nichtsdestotrotz gehört DRAGGED ACROSS CONCRETE wohl schon jetzt zu den besten, spannendsten und mitreißendsten Filmen des Jahres. Bleibt bloß die Frage, warum noch immer zu wenige Leute erkennen, dass genau solche Werke auf die große Leinwand gehören und nicht auf die Bildschirme zu Hause. Nach mittlerweile drei gelungenen Filmen sollte man doch meinen, dass Zahlers Talent und unverkennbarer Stil so langsam mal von einem größeren Publikum gewürdigt werden, sodass er auch endlich mal die längst verdiente Vermarktung im Kino zugestanden bekommt.
Hmm, da scheine ich wohl einer der wenigen zu sein, die nicht so begeistert sind. Das Argument "Blau wird häufig von Marken und Unternehmen als CI-Farbe verwendet [...] Das Problem: Das Alleinstellungsmerkmal und der Wiedererkennungswert sinken, wenn alle die gleiche Farbe verwenden." empfinde ich genau andersherum. Die alte Moviepilotseite hatte für mich ein sehr individuelles, unverkennbares Aussehen. Als ich auf die neue Seite gekommen bin, dachte ich zuerst, ich sei auf irgendeiner beliebigen Nachrichten-/Firmen- oder sonst was Website gelandet. Ich habe den Eindruck diese Farbkombination + betont superschlichtes Design sehe ich ständig. Das alte Design war für mich eben einzigartig. Das neue überhaupt nicht. Mit dem Logo geht es mir genauso. Diese Designidee mit Monolinie finde ich so abgenutzt und deshalb wirkt es für mich auch supersteril und distanziert bzw. abweisend. Das alte Logo hatte für mich viel mehr Charme und Wiedererkennungswert. Auch die Dropdownmenüs sehen für mich in ihrer Einfachheit nicht elegant, sondern einfach fad, einfallslos und billig aus. Mag sein, dass das Update modern und gefällig für die meisten User wirkt und deren Ansprüchen gerecht wird. Für mich hat die Seite leider optisch damit stark an Charakter verloren. Ist für mich jetzt kein Beinbruch, ich bin eher auf Content bzw. Funktionalität fixiert, aber etwas schade finde ich es schon.
PS: Und auch oben im Browsertab funktioniert das Icon für mich gar nicht. Man sieht nur eine dunkle Fläche mit dunkelorangenem Kuddelmuddel.
Das Problem sehe ich gar nicht so sehr in der Intervention des Senders und auch nicht darin, dass sie Konflikte importiert haben. Es ist nachvollziehbar, weil sie ja nun doch schon seit einiger Zeit als Deus Ex Machina eingreifen müssen, nachdem einfach die letzten Jahre zu wenig zu passieren schien, wenn sie dem Camp freien Lauf ließen. Ich sehe darin grundsätzlich nichts Verwerflicheres als beispielsweise den letztjährigen forcierten Zigarettenmachtkampf mit Daniele Negroni, der ja auch durchaus sehr unterhaltsam und spannend war. Als Spielleiter eingreifen und das Spiel auch lenken ist manchmal tatsächlich notwendig, auch wenn es grundsätzlich interessanter ist zu beobachten, was sich von selbst entwickelt.
Viel schlimmer für die diesjährige Staffel finde ich eher, dass sich die Konflikte einfach trotzdem nicht weiterentwickelt haben, sondern alles auf der Stelle tritt, v.a. Yotta vs. Chris. Der Domenico-Evelyn-Konflikt wurde gleich ganz unterbunden, nachdem Domenico dämlicherweise als erster rausgewählt wurde. Überhaupt sind das dieses Jahr mal wieder legendär bescheuerten Zuschauerwahlen. Wieso zur Hölle sind Schnarchnasen wie Felix, Sandra, oder Doreen nicht direkt rausgewählt worden?
"So entpuppte sich der vom Currywurstmann dank zahlreicher Andeutungen in Richtung höherer Wahrheiten mit beinahe mystischen Qualitäten ausgestattete Konflikt als popeliges Ringen um Markigkeit, in dessen Mittelpunkt lediglich die panische Angst stand, für schwul gehalten zu werden."
Nee, das war lediglich der einzige Punkt, den Yotta zum klärenden Gespräch mit Chris angeboten hat ("Das einzige, was wirklich nicht okay war ..."). Bei den anderen Streitpunkten kommen sie nur einfach nicht auf einen Nenner. Der Konflikt selbst geht ja viel weiter und tiefer, wie Chris und Yotta ja immer wieder erklärt haben. Viel relevanter schien ja beispielsweise der Punkt gewesen zu sein, dass Yotta Chris' Spendenaktion zu kommerziellen Zwecken instrumentalisiert hat und Yottas genereller Hang zum Lügen und zur Selbstdarstellung, die Chris nicht passt und wohl auch viel Eifersucht vorgerufen hat. Also den Konflikt auf diesen "Beleidigungs"-Kindergarten zu reduzieren greift dann irgendwo doch zu kurz. Obwohl das wirklich unreif von Chris ist, sich da so angegriffen zu fühlen. Dass Yotta ein widerwärtiges, homophobes Macho-Arschloch ist, dürfte ja keinen mehr verwundern. Ich hätte mir nur gewünscht, Chris stünde da drüber, anstatt sich provozieren zu lassen. Aber der hat seine Sympathien und Siegerqualitäten eh durch diverse andere Aktionen schon verspielt. Allgemein ist es mir dieses Jahr so egal wie nie, wer gewinnt. Einen passenden Kandidaten gab es dieses Jahr nicht wirklich. Evelyn wird's wohl sicher, aber außer durch ihre (gespielte?) Doofheit – die mir irgendwann nur noch auf die Nerven ging statt mich zu belustigen – und den Domenico-Konflikt ist sie ja nicht wirklich aufgefallen, vor allem in der zweiten Woche nicht.
Noch ein ganz anderer Punkt: 2019 ist für mich in erster Linie ein unangenehm tragisches Camp. Ich kann mich nicht erinnern, wann das letzte Mal derart viele depressive bis suizidale Personen gleichzeitig im Camp waren. Yotta (wobei man dessen Erzählungen generell ja eher mit Vorsicht genießen sollte); Doreen mit der Geschichte mit ihrem Ex, den sie zurückgewinnen will; Tommi und seine alkoholkranke Frau (die ihm im Nachhinein wegen seiner Plauderei im Camp die Trennung angedroht hat, woraufhin Tommi einen Nervenzusammenbruch im Hotel erlitt) und natürlich über allen: Sibylle. Das ging mir wirklich nahe, wie sie ihre Rauswahl als "Versagen" begriff, ihre depressive Hoffnungslosigkeit preisgab und sogar Ängste vor den Reaktionen ihres Managers äußerte. Sie musste im Nachhinein psychologisch betreut werden. Dass das Dschungelcamp schon immer eine Vorliebe für "gefallene Sternchen" hatte, ist ja bekannt. Aber hier hatte man es gleich mit mehreren psychisch zumindest labilen Personen zu tun. Das hat für mich einen wirklich unangenehmen Beigeschmack gehabt und Sibylle hätte niemals dafür ausgewählt werden sollen (wie du ja im ersten Text zur Staffel auch schon prophezeit hast). RTL titelte dann im Anschluss noch geradezu zynisch-geschmacklos "Sibylle ist wieder happy!". Dass das ihre langfristigen Probleme noch verschlimmert haben könnte, ist da offenbar schnell vergessen.
Und auch wenn Peter Orloff als scheinbar dauergutgelaunter, knuffiger, harmloser Opa auftritt, den man nur liebhaben kann (ich hatte ja wirklich versucht, meine prophezeite Abneigung gegen ihn aufrecht zu erhalten, aber das ging nicht), verbirgt sich ja hinter diesem antrainierter Schutz- und Verdrängungsmechanismus offensichtlich auch Traurigkeit, die er nicht zulässt. Denn dass Orloff direkt in Tränen ausbrach und diese hastig mit den Worten "es gibt Dinge, die sind größer als wir" zu überspielen versuchte, zeigt ja, dass da hinter der Optimismusfassade etwas ist, das er aber mit aller Kraft verbergen, oder zumindest aus der Öffentlichkeit heraushalten möchte.
So erfreut ich auch über die erste Woche war, so unbeeindruckend empfand ich die zweite. Schlecht war zwar auch das diesjährige Camp wahrlich nicht, aber zumindest den Titel "das beste Camp seit Jahren" dürfte man nach der zweiten Woche nur noch schwer rechtfertigen können.
Und nun sind auch noch Chris und Yotta raus. Spannungsarmer könnte das Finale morgen kaum ausfallen.
Ich weiß im Übrigen nicht, wen ich schlimmer finde: Yotta oder Legat.
"Nicht 4 gegen 0 gesammelte Sterne beweisen Größe, sondern der Gang zum Mitstreiter und die Bitte um Entschuldigung. Gisele Oppermann mag nerven, das Herz aber trägt sie am rechten Fleck."
Also das halte ich ja für Quatsch. Die Entschuldigung gab es ja nur, weil Chris (eine der wenigen Personen, die Giselle noch nicht restlos gegen sich aufgebracht hat) sogar als Yottas schlimmster Feind darauf hingewiesen hatte, wie scheiße die Aktion aus menschlicher Sicht war (und das war sie. "Nachvollziehbar" fand ich das überhaupt nicht, wenn man mal von sozialkompatiblem Verhalten ausgeht). Und abgesehen von dieser Entschuldigung hat sie ja keine Gelegenheit ausgelassen, sich als die mit Abstand asozialste, rücksichtsloseste Teilnehmerin dieses Jahr zu präsentieren. Und dabei meine ich natürlich nicht die Verweigerung der Prüfungen, sondern mehr solche Geschichten wie die verweigerte Bettenrotation, der vollkommen kindische Kochkonflikt mit Doreen oder natürlich besagtes Schlechtreden und die Vorwürfe gegen Yotta nach der Prüfung, obwohl sie sich nur einen Tag zuvor so angestellt hat. Nicht, dass ich mit Yotta mehr sympathisieren würde (furchtbarer Mensch!), aber "Herz am rechten Fleck" oder "Größe" sieht für mich defnitiv anders aus. Großartig für die Sendung war das aber natürlich umso mehr, weswegen ihre Teilnahme in der diesjährigen Ausgabe absolut berechtigt ist.
Ansonsten kann ich größtenteils das abnicken, was du schon geschrieben hast. Konflikte von Außen ins Camp zu tragen und sie dort neu entfachen zu lassen mag natürlich nicht die große Kunst sein, unterhaltsam ist es aber dennoch sehr und dafür bin ich auch sehr dankbar nach den etwas zähen Camps der letzten Jahre. Für mich ist Evelyn auch keine Kronenkandidatin, obwohl sie ja am laufenden Band tolle Zitate liefert ("Konrad Adenauer? Ne, das ist doch ne Schule, oder?!"). Tatsächlich fällt es mir dieses Jahr allgemein schwer, eine Person dafür zu nominieren. Vielleicht noch am ehesten Chris. Mal sehen, was die zweite Woche bringt.
Etwas enttäuscht bin ich von Tommi. Der ist zwar gelegentlich etwas gaga, aber alles in allem einfach nur nervig und recht egal fürs Camp.
Kein Verständnis habe ich für das ständige Rumreiten der (dieses Jahr ohnehin auffällig schwachen und einfallslosen) Moderation auf der fehlenden sexuellen Aktivität von Leila. Schön, dass sie dieses recht bescheuerte Missverständnis bzgl. der Erwartungshaltung aufgeklärt hat. Nämlich dass jemand, der gerne über Sex spricht, nicht automatisch dauergeil jeden dahergelaufenen Typen bespringt. Ich weiß nicht, was mit RTL da los war.
Dagegen meine Lieblingsmomente bisher:
- Yotta, der sich in einer Selbstverständlichkeit als Coach aller Personen im Camp aufspielt und von Gisele als überbezahlter Sprücheklopfer vorgeführt wird. Sein verständnisloser Blick, als Gisele ihn darauf hinweist, dass gutes Coaching ja nicht nur aus Kalenderspruch-Motivationsmantras, sondern vielleicht ja auch mal daraus besteht, auf die Person und ihre Bedürfnisse individuell einzugehen: der Hammer. Gisele muss auf jeden Fall noch bleiben, um Yotta weiter zu provozieren.
- Chris: eigentlich immer, wenn Yotta irgendwas macht, das ihn anpisst (also quasi alles).
- Peter, der wie ein Gute-Laune-Geist durchs Camp wandelt und irgendwie nichts mitbekommt, was da läuft. Phänomenal, wie er nach Evelyns und Domenicos Riesenstreit lächelnd daherschreitet und betont, wie wundervoll harmonisch er die beiden erlebe trotz der Tatsache, dass sie Ex-Partner sind.
Jetzt bitte erst mal Felix (furchtbarer, charakterloser Schleimbeutel), Doreen (langweilig) und Sandra (langweilig [2]) rauswählen. Was man mit Sibylle machen sollte, weiß ich nicht. Früh rauswählen würde sie verletzen, aber sie gehört einfach nicht in das Camp und sie tut mir auch ehrlich Leid, wenn ich sie da so erlebe. Als nächstes dürfen dann Orloff, Domenico und Tommi raus, wenn es nach mir geht. Finalkonstellation wird vermutlich Chris, Yotta und Evelyn.
Leila würde ich mal gerne vorerst noch weiter drin sehen. Die kommt mir relativ clever vor und hat sich ihr Pulver vielleicht absichtlich für die Rauswählwoche aufgehoben. Vielleicht irre ich mich aber auch. Für mich ist das dieses Jahr jedenfalls die einzige halbwegs "sympathische" Person (nicht, dass sie das für die Show zu irgendwas qualifizieren würde). Für mich jetzt schon eines meiner Lieblingszitate dieses Jahr: "Ich bin ja eher so der Charakterficker. Mein Typ wäre Goethe. Wenn Goethe heute noch leben würde, dann in meiner Vagina".
Alles in allem: Ob es die beste Staffel seit wann auch immer wird, würde ich mal vor dem Ende nicht vorhersagen. Abgehen tut es dieses Jahr aber enorm und es gab auf jeden Fall schon genug tolle Momente, dass die Staffel mit den letzten Jahren locker mithalten kann. Ich vermute, dass ich sie (wenn es so weitergeht) auch tatsächlich besser finden werde.
Ich kenne die meisten der Kandidaten tatsächlich gar nicht, daher bisherige Einschätzung nach den ersten paar Vorstellungsvideos und -texten:
Bastian Yotta: selbstverliebter, unausstehlich schleimiger Millionär. Ist mir schon jetzt maximal unsympathisch, aber wird sicher seine Anhänger haben. Was ich bisher bei Adam sucht Eva von ihm gesehen habe, reicht mir schon.
Chris Töpperwien: nichtssagend, Typ Normalo, aber das zu betont und mit zu offensichtlicher Anstrengung. Wirkt so, als sei das was faul. Also Potential ist da.
Domenico de Cicco: Krasser Intelligenzverweigerer. Allerdings nicht auf die unterhaltsame Art und Weise.
Doreen Dietel: Macht auf toughe Powerfrau. Das gibt's ja jedes Jahr. Könnte, je nach Bereitschaft zum Aktivwerden, langweilig sein oder Konflikte reinbringen. Tippe aber leider auf ersteres.
Evelyn Burdecki: Ähnlich bescheuert wie de Cicco (trotz Fachabi, wie sie ja betont), aber im Gegensatz zu diesem schon jetzt sehr unterhaltsam. Hat mich jedenfalls nicht gewundert, als ich von der gemeinsamen Vergangenheit der beiden erfahren habe. Schön, dass die hier wieder aufeinandertreffen. Bisherige persönliche Favoritin, würde ich sagen.
Tommy Piper: anscheinend bei seiner Alf-Sprecherrolle hängengeblieben. Superkomischer Kauz, scheint die Sendung auch nicht so ganz zu kapieren - was immer ein gutes Zeichen ist, nachdem die letzten Camps ja ein wenig darunter gelitten haben, dass die Kandidaten stets genau wussten, wie sie sich verhalten müssen. Undurchschaubar bisher, aber auch mit Favoritenpotential.
Sibylle Rauch: Ohje... gibt als Motivationsgründe an, dass sie die Sendung als Karrierepush/-neustart nutzen will und einige Sachen aus ihrem Leben "erklären" will. Glaubt außerdem, dass die Leute sich immer noch für sie interessieren. Vom Typ her sehr selbstunsicher. Wird wahrscheinlich eher bemitleidenswert und ich glaube, sie hält es dort selbst nicht lange durch. :/
Felix van Deventer: Klassischer Typ "ich werde allen zeigen, dass ich ein ganz bodenständiger, sympathischer Typ bin und mit allen gut klarkomme". Sollte das stimmen, kann der auch gern direkt rausfliegen. Reibungsfrei brauche ich nicht.
Giselle Oppermann: Da ich GNTM nie verfolgt habe, sind die meisten da wohl besser im Bilde als ich. Bin also gespannt und lasse mich überraschen.
Leila Lowfire: Wirkt im Vergleich zur restlichen Truppe einigermaßen intelligent/gebildet und "emanzipiert" (wie sehr das stimmt, wird sich vermutlich zeigen, ihren Podcast habe ich noch nie gehört). Wird (hoffentlich) den Männern im Camp das meiste Contra geben, außer sie spielt das nur vor. Könnte witzig werden mit ihr.
Peter Orloff: Will seine gesamte Gage für wohltätige Zwecke spenden. Wirkt mir zu kalkulierend. Eher unsympathisch. Kann von mir aus direkt wieder rausgewählt werden.
Sandra Kiriasis: Typ Normalo. Kann ich nicht einschätzen, glaube aber auch, dass die einfach zu wenig auffallen wird.
Ist ja alles in allem schon mal eine brauchbare Basis. Freue mich jedenfalls jetzt schon!
"Call Me By Your Name" und "Phantom Thread" sind auch in meiner bisherigen Top 10. Bei "Phantom Thread" muss ich allerdings sagen, dass ich da noch etwas mehr, oder vielleicht etwas anderes erwartet hatte. Ich schätze mal da ging es mir wie dir umgekehrt mit "The Master" damals (den ich wiederum für ziemlich großartig halte). PTA und ich scheinen leider nicht so ganz den gleichen Humor zu teilen, den Schlussgag hab ich dann auch als ziemlich deplatziert empfunden. Trotzdem ein wirklich schöner Film, nur für mich eben kein Meisterwerk. Prätentiös fand ich PTA eh noch nie, eher das Gegenteil.
"The House That Jack Built" schaue ich wahrscheinlich am Mittwoch noch an und "Roma" auch die Tage noch auf Netflix und hoffe, dass die mir auch gefallen.
Platz 9 bis 6 klingen alle sehr interessant, von denen hatte ich noch gar nichts mitbekommen. Habe sie mir mal vorgemerkt.
Was hältst du eigentlich von Guadagninos "Suspiria"-Version? Noch nicht gesehen oder nicht so gemocht? Ich hatte anfangs gar kein Interesse und bin dann eigentlich nur rein, weil mir "Call Me By Your Name" anfang des Jahres eben so gut gefallen hatte und es mich deshalb interessiert hat, was Guadagnino aus dem Stoff gemacht hat. Ich war dann vollkommen unerwartet so begeistert wie schon lange nicht mehr im Kino. Der ist für mich deswegen mit Abstand der beste Film des Jahres geworden. Aber ich habe auch mitbekommen, dass der Film sehr unterschiedlich aufgenommen wurde (v. a. bzgl. seiner Themen).
- "Annihilation". "Ex Machina" fand ich umwerfend. Was "Annihilation" angeht, hat Patrick das ganz gut zusammengefasst.
- "You Were Never Really Here". Der ist zwar nicht schlecht, aber nach Ramsays Meisterwerk "We Need to Talk About Kevin" habe ich schon etwas mehr erwartet als lediglich Joaquin Phoenix ständig in dramatischer Nahaufnahme zu sehen.
- "Mandy": Herzlichen Glückwunsch an Cosmatos, der es geschafft hat, einen garantierten Selbstläufer wie Cage so in Szene zu setzen, dass er nur noch auf die Nerven ging. Warum den Film alle so feiern, begreife ich nicht. Fand den ziemlich hohl. Die Musik war aber super, allein schon die Anfangssequenz.
Was Claude Barras' "Ma vie de courgette" zu einem derart fantastischen Film macht, ist vor allem die Art und Weise, wie er sich seinen Figuren nähert. Er nutzt keinerlei entschärfenden Klamauk oder verharmlosenden Humor, um die bitterernste Thematik um traumatisierte und zum Teil misshandelte Kinder aus dysfunktionalen Familien reibungsfrei aufzubereiten. Andererseits lässt er sich auch nicht dazu verleiten, aus der Geschichte ein düsteres Drama für Erwachsene in Kinderfilmästhetik und mit exploitativen, kitschigen, auf die Tränendrüsen drückenden Momenten zu formen. Barras' fast schon nüchterner Blick bleibt stets in der Perspektive der Kinder und beschreibt liebevoll, wie sie mit ihrer schwierigen Vergangenheit, dem gegenwärtigen Heimleben und ihren Zukunftsaussichten umgehen. Das ist nicht nur absolut wundervoll, sondern gleichzeitig auch zutiefst respektvoll und erinnert dabei nicht selten an Adam Elliots grandiosen "Mary and Max". Ein kleines, von vielen leider übersehenes Meisterwerk der Animationsfilmkunst.