SmooliEntertainment - Kommentare

Alle Kommentare von SmooliEntertainment

  • 6 .5

    […] Und das macht das Debüt von S. Craig Zahler zu einem so verblüffenden Film; nichts scheint hier Fehl am Platze, obwohl nichts an seiner eigentlichen Position zu sein scheint. Der Film sieht aus wie ein Western, widmet sich zudem der Kannibalen-Thematik. Aber wie ein Western anfühlen tut er sich nicht. […] Die Einleitung zur Titeleinblendung geschieht wirklich glatt. Kurz davor war das anders, als der Zuschauer in den Film geschubst wird und das erste Bild, das er zu sehen bekommt, ist, wie einem Mann die Kehle zersäbelt wird. Das ist alles andere als glatt, das überrumpelt den Zuschauer. Zwischen dem einen und dem anderen Gefühl vergehen nicht einmal eine Handvoll Minuten. Für den grimmig-gestimmten Zuschauer mag das auf den ersten Blick etwas sperrig daherkommen, aber das ist es tatsächlich nur bedingt. Man wird als Konsument zwar kräftig im Sitz hin- und hergeschüttelt, man wird vor den Kopf und in den Bauch gestoßen, man wird sich fragen, ob die Gewaltdarstellung tatsächlich sein muss, aber die faszinierte Attraktion wird man nicht verlieren. […] Western und Horrorfilme für sich bieten oft Potenzial, um was Großes entstehen zu lassen. Genre-Kombinationen haben es selten einfach; diese hier funktioniert, weil sie gar nicht wie eine wirkt, vielleicht gar nicht wie eine verstanden werden will. Und macht diese formale Fusion doch irgendwie zu weiten Teilen den Reiz des Filmes aus. Einen Western-Fun-Splatter darf man hier nicht erwarten. Lacher gibt es zwar, klar, die kommen aber eher aus einigen wenigen (aber sauber zündenden) Dialogspitzen ans Licht. Die überwältigende Mehrheit des Films ist in einem spannenden und überraschend dreckig-rauen Schema eines Neo-Westerns gehalten. […]

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    • 7
      über Life

      […] Dennis ist der hauptsächliche Grund, weshalb Regisseur Corbijn Interesse an diesem Film hatte. Er wollte, da er sich selbst als Fotograf im weiteren Sinne ansieht, die Beziehungen zwischen Bildermacher und Objekt ausleuchten. Er wollte erfahren, was die Bilderstrecke für die beiden Beteiligten bedeutet hat. Wichtiger ist ihm dabei - ganz der Dramaturg - die Person, deren Leben sich durch die Bilder geändert hat und nicht der Mensch, der „nur“ porträtiert wurde. Noch bevor der Filmtitel auftaucht, sieht man Dennis in seiner Dunkelkammer, in rotes Licht getaucht, in den Momenten, die für ihn und jeden Fotografen ein schweißdurchtriebener Drahtseilakt ist. Der Moment, der entscheidet, ob er seine Arbeit erfolgreich getan, oder ob er versagt hat. Das rote Licht der Kammer wird schließlich von dem ebenso roten Schriftzug „Life“ ersetzt. Denn was, wenn nicht das Leben, ist die Fotografie? […] Die Fotografie ist letztendlich ein immens wichtiger Bestandteil von „Life“. Sie ist ein Akt der Schöpfung, ein allmächtiges Werkzeug, das ein Leben komplett verändern kann. Es kann Existenzen vernichten und sie aufbauen; sie ist eine ultimative Macht in der westlichen Gesellschaft und Kultur. Ein kleiner Apparat, der blendend weiße Blitz, der einen gucken lässt, wie ein Reh im Scheinwerferkegel, dieses leise Klicken, das wie der verurteilende Hammerschlag eines Richters zu krachen scheint. Aber auch wenn Dean offensichtlich diese Welt zuwider ist, sobald er und Dennis sich auf die Mission begeben und die ikonischen LIFE-Bilder nachgestellt werden (die man als Zuschauer natürlich brav in Gedanken abhakt), werden die beiden Figuren, die sich gegenüber stehen, mit den Sekunden und Fotos zusammengeführt. Dean beschwert sich immer wieder, dass alles zu schnell im Wandel ist, dass er keine Verschnaufpause hat, dass nichts seines bekannten Umfeldes bestehen bleibe, dass er nicht weiß, wo in diesem Strudel er sich wiederfinden kann. Die Fotos helfen schließlich dabei, diese Momente, die in der Realität verschwommen vorbeiziehen, festzuhalten, zu konservieren und am Leben zu erhalten. Sie versprechen Augenblicke der Ruhe, der Vertrautheit. Sie versprechen ein Zuhause. […]

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      • 4

        […] Die Vorbilder für „Saint Laurent“ und von Regisseur Bertrand Bonello sind quasi zu jeder Zeit überaus deutlich auszumachen. Die biographischen Erzählungen über Henry Hill („Goodfellas“) oder Jordan Belfort („The Wolf of Wall Street“) haben auch beim Franzosen einen Eindruck hinterlassen. Am deutlichsten findet jedoch Paul Thomas Andersons Seventies-Porno-Streifen „Boogie Nights“ seinen Weg in dieses Werk. Zumindest hätte er das finden sollen, denn all die kopierten und nachempfundenen Szenen (allem voran die legendären Club-Szenen aus PTAs Film) mögen hier nicht so recht zünden. Musik ist da, alles leuchtet bunt, die Klamotten sind auch irgendwie alt, der Charme jedoch entsteht nicht. So wird es irgendwann leider bezeichnend, dass das Zeigen von Laurents Leben zum gelangweilten Abhaken und Langziehen wird. Vor allem die wichtigen Momente werden hier so zäh, unpassend und langweilig-plakativ abgehandelt, dass wirklich jede Sekunde hier zum Selbstzweck verkommt.

        Was dem Film zu keiner Sekunde gelingt (und in zweieinhalb Stunden gibt es immerhin 9000 Sekunden), ist das Schaffen eines eigenen Rhythmus’, der die so unbedingt nötige Sogwirkung entfachen würde. Stattdessen gibt es hier Szene nach Szene, die sich teils an Langatmigkeit zu übertrumpfen scheinen und eine Menge Leerlauf entstehen lassen. Bonello scheint so begeistert von seinen Vorbildern, dass er total vergisst, wo seine Wurzeln liegen. Ja, die Kostüme sind toll, die Kulissen sind umwerfend und teils - vor allem zum Ende hin - sind die Bilder von betörender Schönheit. Aber Schönheit allein erzählt keine Geschichte. Gut aussehen muss nur, wer sonst nichts kann. Das ist generell bei einem Film schon ärgerlich. Wenn dies aber einem Film passiert, der sich mit einem Mode-Designer auseinandersetzt, der Schönheit mit Aussage wie kein zweiter gepaart hat, dann hat das schon eine schmerzhaft ironische Komponente. […]

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        • 4

          […] Eine tragische Dramatik entsteht hier in diesem Film (teils gewollt und teils unfreiwillig), in dem Kristen Wiig und Guy Pearce es zwanghaft versuchen, hässlich und abgekämpft auszusehen und Nick Nolte es schafft. Alsbald wird Johanna mit Hoffnung, Liebe und Anziehungskraft konfrontiert und weiß gar nicht so recht, was sie damit anfangen soll. […] Die teils ungewollte tragische Komponente des Filmes liegt in der Ausführung selbst. Während Johanna der klare Bezugspunkt für den Zuschauer in diesem Film ist, funktioniert er nie als Vermittler. Sie ist hochgradig naiv und emotionslos - letzteres versucht der Film erfolgreich auf den Zuschauer zu übertragen. Mit der Zeit gelingt es Johanna, aus dieser blassen Lebensphase auszubrechen, den Zuschauer nimmt sie dabei jedoch nicht mit sich. Der bleibt emotionslos ob der Handlungen und Geschehnisse. Und das liegt auch an der Naivität, die Johanna an den Tag legt. Die ist nämlich teils so aufgezwungen und gefühlsheischend, dass es echt schwer ist, wirklich im Werk zu versinken. Durch die fehlenden Emotionen (was das Ziel des Films war) entsteht zu keiner Zeit ein Band zwischen Film und Zuschauer - und das kann tödlich werden. So gelingt es dem Film weder, Spannung, noch Wohlgefallen auszulösen. Und wird so zu einem Filmerlebnis, das man schnellstmöglich hinter sich bringen möchte. […]

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          • So, Freunde, einen Advent haben wir noch vor uns. Wer würde sich meiner erbarmen?

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            • 7

              […] Die Marketing-Kampagne war sehr darauf ausgerichtet, ein leicht übertriebenes Bild von diesem Film zu zeichnen. Das Ziel von „The Gift“ ist mitnichten das, ein Home-Invasion-Terror-Stalker-Film zu werden, der es sich - wie andere Filme des Produzenten Jason Blum wohlgemerkt („The Purge“) - zur Aufgabe macht, eine Bedrohung in die teuren vier Wände eines Ehepaares zu bringen. Die Bedrohung existiert auch hier, keine Frage, jedoch kommt nimmt sie weniger Zeit im Haus ein und frisst sich stattdessen immer weiter in das Gewissen und das Wohlgefühl des Ehepaares Simon und Robyn (Jason Bateman und Rebecca Hall) . Anstatt mit einem lauten Knall hinter geöffneten der Kühlschranktür aufzutauchen (was Edgerton nicht ohne Genugtuung unterlässt), kommt der Weirdo Gordon durch die Haustür. Weil er geklopft hat, die Pforte geöffnet und er hineingebeten wurde. Gordon tritt ein, ist (etwas zu) freundlich, (etwas zu) zuvorkommend und einfach - der Titel verrät’s - etwas zu komisch, um Entspannung mit sich zu bringen. Stattdessen bringt er die Menschen um sich (die Kinozuschauer dürfen sich gerne dazu zählen) in eine verunsicherte Anspannung, die man erst bemerkt, wenn man seine Muskeln wieder entspannt. […] Joel Edgerton hat mit „The Gift“ ein beachtliches Regie-Debüt abgeliefert. Gekonnt wiegt er den Zuschauer zunächst in den Händen, um ihn dann desinteressiert fallen zu lassen; hier geht es um was anderes. Hier geht es nicht darum, dem Zuschauer den Weg durch die Dunkelheit zu weisen. Seinen Weg muss man hier selbst finden, was nicht immer einfach ist, bei den vielen interessanten Wendungen, die der Film teils einschlägt oder zumindest angibt, einzuschlagen. Die große Stärke des Films ist die Tatsache, dass er um die Urteilssucht des Zuschauers weiß, während dieser sich dessen nicht bewusst ist und gar nicht mitbekommt, wie der Film ihm davonläuft, bis er am Ende ans Ziel zu kommen glaubt - und schon lange erwartet wird.

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              • 4
                • 8

                  Dies ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der User-Wichtel-Aktion-2015 für Mr. (VINCENTVEGA), der nun von mir erwartet, dass ich ihm den Film „Fallen Angels“ von Wong Kar Wai schmackhaft rede. Den hat er nämlich schon seit langer Zeit aufm Radar, den letzten Ruck hat er sich aber noch nicht gegeben. Das werde ich jetzt tun. Ich wünsch euch einen schönen dritten Advent, Leute.

                  Wong Kar Wai ist ein Fan des europäischen Kinos. Western, Nouvelle Vague, Expressionismus-Filme; sie alle können auf die ein oder andere Art und Weise ihre Eigenheiten in „Fallen Angels“ hineinschummeln. Für Neulinge mag der dynamische Stil zunächst etwas schwierig sein, es mag ein wenig kompliziert sein, den Überblick zu behalten - doch sobald man sich dran gewöhnt hat, fällt auf mit welcher disziplinierten Übersicht der Herr hier ans Werk gegangen ist. Ein Werk, dass in Einsamkeit langsam Wärme findet und in Chaos langsam Ordnung. Keine Gefühle, das ist das Mantra in dieser neonfarbenen Odyssee durch die Gassen und Winkel der Großstadt, in der man täglich hunderte Gesichter sieht. Manche davon könnten Freunde werden. Manche davon könnten einen von früher erkennen. Jeder Mensch hat eine Vergangenheit. Der Killer sagt das so, als müsse er sich dafür rechtfertigen. Denn er will sich seiner Geschichte entledigen, er versucht alles, um nicht definier- oder erkennbar zu sein, um eben selbst von hunderten von Gesichtern nicht erkannt zu werden. Wenn möglich gar nie wieder. Er möchte nicht angesprochen werden, er möchte keinen Namen haben, kein Lebender werden. „Menschen glauben, dass man in meinem Beruf viel Geld verdient. Aber was ist ein Menschenleben wert?“ Nicht viel, soll hier natürlich die Antwort sein. Großartig von Wong Kar Wai ist hier vieles, besonders aber die Tatsache, dass er die eine Geschichte von den gleichen Personen in zwei Teilen erzählt. Eine Symphonie der Einsamkeit und zwischenmenschlichen Kälte ist „Fallen Angels“ letztendlich. Aber auch eine, die mit der Zeit aufbricht, die Einsicht zulässt, die es den Charakteren ermöglicht, sich zu lösen und neu aufzubauen. Keine zweite Chance an sich, sondern eine schleichende Wanderung zur Wärme inmitten von tosender Gewalt und exzessiven Körperzerstörungen. Wenn für sie die Selbstbefriedigung zur größten Erfüllung wird, zum unendlichen Rausch in den neonfarbenen Lichtern, die so viel versprechen aber wenig einzuhalten scheinen, dann findet er die Erfüllung in sich selbst. Wenn er sich erlaubt, Gefühle zu haben, Gemeinsamkeit zu genießen und Nähe erfährt. Nicht von ihr, sondern von sich selbst. Ist sowas ein geeigneter Film für die schönste Zeit im Jahr? Irgendwie nicht. Irgendwie vollkommen. All I needed was the love you gave. All I needed for another day.

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                  • 4

                    Wenn man vor dem Sehen des Films mehr in Weihnachtsstimmung ist, als nach dem Ende des Abspanns eines Weihnachtsfilms, dann läuft da irgendwas nicht.
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                    [...] „A Very Murray Christmas“ ist quasi ein überlanger Weihnachts-Sketch, der recht lustig anfängt (wenn Murray in seinem Gram „God hates me!“ schreit) und dann immer weiter abbaut, bis der Abspann zur so dringenden Erlösung wird. Und das kann doch beim besten Willen nicht das Ziel eines Sketches sein, der nicht einmal 60 Minuten geht. Wer will hier einem erzählen, dass so hochkarätige Stars und Comedy-Talente es nicht schaffen, Spaß mit den Feiertagen und miteinander zu haben? Nach einer Weile sind die einzigen Schmunzler Rollkragenpullover und das war’s. Das ist so enttäuschend, dass man sich wahrlich fragen muss, ob die Verantwortlichen sich hier einen Weihnachtsscherz erlaubt haben[…] „A Very Murray Christmas“ ist - so sehr es auch schmerzt - vergeudete Zeit. Diese knappe Stunde ist so unterwältigend, dass man sich zwangsweise wundern muss, wie aus all dem komödiantischen Talent, das hier aufgefahren wurde, so wenig unterm Strich dabei rumkommen konnte. Die Idee des Projektes ist ja gut, sicherlich haben da auch viele gern mitgemacht, aber wieso kommt von dem vermeintlichen Spaß so wenig beim Zuschauer an? Wenn die zahlreichen Weihnachtslieder, hier dargeboten von den Stars, weder gut gesungen noch sonderlich lustig inszeniert sind, was bleibt dann noch? […]

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                    • So, Freunde, bin wieder ungebunden! Wer hat Bock am 3. Advent Texte auszutauschen?

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                      • 3
                        • 6 .5
                          über Paprika

                          Dies ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der User-Wichtel-Aktion-2015 für den guten Troublemaker69. Ein Herr, der euch wahrscheinlich durch seine großzügigen Blog-Artikel bekannt ist. Der hatte die glänzende Idee, mich an meine Grenzen zu bringen - animierte Filme aus dem Reich der Sonne.
                          Ich wünsche euch allen einen herrlichen zweiten Advent und einen großzügigen Nikolaus.

                          Satoshi Kon und Troublemaker69 ziehen in den Kampf gegen Smoolis unerklärliches Anime-Desinteresse. Keine Ahnung, woran es liegt, dass mich das Anime-Genre noch nie wirklich gereizt hat. Das ist dabei gar nicht abwertend gemeint, ich habe rein gar nichts gegen Anime - nur irgendwie auch nichts dafür. Nun aber wurde der jahrelangen Durststrecke ein Ende gesetzt und Trouble und ich haben uns auf die Fahrt begeben, um japanischer Filmkunst die Ehre zu erweisen. Es hat - in verständlichen Grenzen - funktioniert. „Paprika“ ist ein intensiver und übersprießender Bilderreigen. Eine Zelebrierung des Überschwänglichen, ein Fest der Reizüberflutung und ein bewusstseinserweiterndes Ideenmeer. Das Werk von Satoshi Kon ist derart reich an Sinneseindrücken, Einfällen und Gedankengängen, dass es einem schwer fällt, viel Aufmerksamkeit für das ganze Drumherum übrig zu haben. Eine Handlung oder jedweden intellektuellen Inhalt könnte ich nicht mit Bestimmtheit festnageln, dafür war die Reise zum Kern der Figuren zu ereignisreich und aktiv als Verwirrspiel angelegt. „Paprika“ zwingt den Zuschauer quasi zu Mehrfachsichtungen und erneuten Entdeckungsreisen und Herausforderungen. Ein Film über das Unterdrückte, das Versteckte, das Wunschbild und die anscheinend erstrebenswerte Erscheinung des eigenen Selbst, die zum Helden wird, indem sie sich mit dem wahren Kern vereint und sich selbst stellt. Der Mut, nicht über den Schatten zu springen, sondern ihn zu studieren und sich ihm in all seiner Verletzlichkeit zu offenbaren. Ein kurzes aber immens vollgestopftes Filmchen ist das geworden, das in seinen visuellen Ideen manchmal so herrlich direkt und wortwörtlich inszeniert wurde, dass es eine Freude ist, den vielen guten Ideen (und jenen, die so komisch daherkommen, dass sie schon wieder gut sind) beizuwohnen. Eine positive Überraschung ist dieser Film, diese vorsichtige Anime-Annäherung. Vollkommen vom Putz gehauen hat mich der Film aber nicht. Aber Mensch, man muss ja nicht immer die festliche Stimmung versauen!

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                          • 6 .5

                            [...] Der Film erzählt von acht jungen Menschen (so in den 20ern irgendwie stecken die) und die mehr oder weniger miteinander verbunden sein. Liebschaft hier, Fremdgehen und Verwandtschaft da. Das schöne daran ist, dass der Film gar nicht wie eine typische Beziehungskomödie daherkommt, noch weniger als eine Romanze oder Tragödie. Viel mehr scheint er die Formen des Genres hinter sich zu lassen und wirkt einfach nur wie aus dem Leben gegriffen. Dietrich und Anna (die auch eine Rolle übernimmt) verstehen es teilweise meisterlich, die Dialoge gefühlvoll schweifen zu lassen, wenn es sich anbietet, oder sie messerscharf hintereinander auf die Charaktere hinabprasseln zu lassen. Schmerzvoller als diese Spitzen ist aber das Schweigen. Das verdammte Schweigen, das lauter als jeder Schrei sein kann und in seinem Nichts die Antwort bereithält, die niemand hören und niemand sagen will. Herbst. In dem Regen sieht man Tränen nicht. [...] Es sind so Filme, nach deren Sichtung man erst einmal wieder wirklich klar im Kopf werden muss, nach deren Sichtung das Herz noch ganz wohlig klopft und man einmal mehr eine Bestätigung dafür bekommt, dass Filme das tollste der Welt sind. Sommer. Wenn Filme ihren Zauber frei entfalten können, den Zuschauer umgarnen können Und dann auch noch alles funktioniert, dann muss man einfach mal kapitulieren und akzeptieren, dass man voll und ganz ausgeliefert ist. [...] Das ist richtig natürlich und nah geworden, ein gefühlvolles Hinundher. Manchmal etwas wirr, manchmal wenig subtil, manchmal klischeedurchtrieben. Aber immer emotional vereinnahmend, toll geschrieben und vortrefflich vom Cast gespielt. [...]

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                            • 7

                              Dies ist ein Wichtelkommentar im Rahmen der User-Wichtel-Aktion-2015 für den allseits beliebten Bastieff, dessen Bilder von Marion Cotillard immer und immer wieder Balsam für die Seele sind.
                              Einen entspannten Beginn der Advents-Weihnachtszeit wünsche ich euch allen!

                              Bastis Vorschlag, „Fahrstuhl zum Schafott“ als Wichtelfilm zu sichten, stieß bei mir sofort auf große Zustimmung. Vorreiter der Nouvelle Vague und gleichzeitig Film Noir? Klingt wie für mich gemacht. Louis Malle, über die große Spanne seiner Karriere gefeiert, liefert mit seinem ersten fiktionalen Filmwerk einen kleinen anstößigen Streifen ab. Innen wie außen dreckiger Natur, mit einem erdrückenden Weltbild, bei dem Konsum an erster Stelle steht, um dem Menschen vergessen zu machen, wie machtlos er ist, wie wenig er in der Hand hat, dass er bloß eine Variable in einer Rechnung ist, die er zu überblicken nicht im Stande ist. Wie ausgeliefert der Mensch wirklich lebt, zeigt Malle schon zu Beginn, wenn Julien, nach dem Durchführen des „perfekten Mordes“ (ein herrlich unscheinbares Oxymoron), einer schwarzen Katze gegenübersteht. Sie streunt auf dem Balkon in großer Höhe und schaut unschuldig. Sie mag gar nicht in diesen Ort passen, sie scheint verloren gegangen. Juliens Leben selbst ist das auch - beging er doch die Tat für das ehrbare Motiv der Liebe - er ist ein Jäger, keine Frage, findet sich jedoch in einem Leben als Drahtseilakt wieder. Er ist nicht ausschließlich Jäger, er ist außerdem Gefangener seines Selbst, er lebt instinktiv und ist so fokussiert auf sein natürliches (unbeabsichtigtes) Streben, dass er der Welt um sich herum wenig Aufmerksamkeit schenkt. Inwiefern kann man da behaupten, Louis sei ein Held? Inwiefern kann man da behaupten, dass er, nach Vorbild der klassischen 8-Sequenz-Struktur, zu einem aktiven Charakter wird? Zum Ziel wird er nie gelangen, nicht einmal zur Erkenntnis dazu, was jenes eigentlich sein könnte. Er streunt nur umher, begleitet von klagender Jazzmusik (von Miles Davis!), mit müden Stimmen, die versuchen, Worte der Wärme zu finden, nur um sie unbemerkt immer wieder in einen verbitterten Kontext zu stellen. Sind Fallschirmjäger etwa keine Engel? Ist die Liebe etwa ein Scheinkonstrukt? Erfunden, konzipiert und vermarktet von den Großen der Welt? Das Fest der Liebe liegt keine vier Wochen vor uns. Die Zeit läuft ab und man fragt sich, ob… Tja, ob.

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                              • 5

                                [...] Ernsthaft, das Product Placement in diesem Film lässt alles hinter sich, was man sonst so aus den Lichtspielhäusern gewohnt ist und lässt die Marke wie ein Charakter in diesem Film wirken. Die Versuche, diese Werbung als Witz zu tarnen, scheitern ehrlich gesagt ziemlich jämmerlich - das könnte wütend machen, würde man nicht durch genug Humor entschädigt werden. [...] Der Spiel mit den Feiertagen, den religiösen Hintergründen und den Lebensstilen sind hier jedoch nur die Spitzen. Ebenso wie die Story der Freunde, die ein letztes Mal einen draufmachen wollen, bloß zum Schein existiert - hier geht es nämlich nicht um die Liebe, nicht um Star-Allüren oder Zukunftssorgen (auch wenn das am Rande vorgegeben wird). Hier geht es darum, dass drei Männer in verrückte Situationen schlittern und dabei natürlich Drogen konsumieren. Ist ja schließlich Marke Rogen. Das funktioniert mal eher schlecht als recht und mal eher mehr als weniger. [...] Diese Durchschnittlichkeit des Humors ist bezeichnend für den ganzen Film, der zwar wirkt, als wäre er mit Spaß hergestellt worden, aber ansonsten eher wie aufgewärmtes Rogen-Material daherkommt. Zum grenzenlosen Spaß fehlt hier noch einiges an Unberechenbarkeit, an Ideenreichtum und Menschlichkeit. Während die ersten beiden Punkte „The Interview“ und „Das ist das Ende“ zu so gelungenen Komödien und letzteres vor allem in „Superbad“ zum Tragen kam, kann „The Night Before“ (so der Originaltitel) leider keinen dieser Punkte glaubwürdig ausfüllen. [...]

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                                • 7

                                  [...] David Foster Wallace (herzzerreißend: Jason Segel - „How I Met Your Mother“) geling mit „Infinite Jest“ ein Megahit in Buchform, über eintausend Seiten dick, vielfältig, mehrschichtig - ein Phänomen. Rolling Stone-Reporter David Lipsky möchte ein Interview mit dem Mann führen und besucht ihn für mehrere Tage. Lipsky selbst hat ein paar Bücher veröffentlicht (die geschätzt knapp ein Drittel der Seiten von Wallaces Werk haben), ohne dabei je zu besonderem Ruhm zu gelangen. Niemand spricht so richtig über ihn, seine Vorlesungen im Buchhandel besuchen eine Handvoll Menschen, die wohl selber nicht genau wissen, weshalb sie da sind. Lipsky (Jesse Eisenberg - „The Social Network“) hat sich das alles auch ein wenig anders vorgestellt. Er dachte, in dieser künstlereigenen naiven Art, dass der Plan recht simpel sei. Buch schreiben, berühmt werden. Glücklich sein. [...] Wallace hat schließlich ein Buch geschrieben, er ist in aller Munde. Kann das Leben besser verlaufen? Für Wallace allerdings lautet die Frage: Kann das Leben nicht anders verlaufen? David Lipsky hat Träume, Wünsche und Hoffnungen, die sich damit zusammenfassen, dass er gern das Leben von David Foster Wallace hätte. Der hingegen möchte nicht berühmt sein. Er möchte schreiben (denkt er) und glücklich sein (ungefähr). Sobald die beiden Persönlichkeiten, die zu Teilen gegeneinander wirken aber aus irgendeinem Grund letztendlich sehr gut harmonieren, aufeinandertreffen, lässt James Ponsoldt all seine Macht der Intimität wirken. [...] Wallace offenbart sich als Mensch, der vor allem verwirrt und verängstigt ist, weil er denkt, sich selbst zu gut zu kennen. Er will nicht bekannt sein, weil er Angst hat, Gefallen am Ruhm zu finden. Ruhm ist für ihn ein Teufelskreis. Er will Erwartungen weder enttäuschen noch erfüllen, vor allem seine eigenen. Wallace fühlt sich dem Druck der Welt ausgesetzt, die ihn erwartungsvoll anzublicken scheint. Er weicht dem Blick aus. [...]

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                                      [...] Anfang der 60er Jahre gedreht, stand das geteilte Deutschland kurz davor, wahrlich einschneidend getrennt zu werden - inmitten des Drehs der Komödie wurde auf einmal damit begonnen, die Mauer hochzuziehen. Der Film, in dessen Verlauf die relativ offene Grenze und der Wechsel von Ost nach West und West nach Ost ein wichtiges komisches Element darstellen, verlor mit einem Mal seine zeitaktuelle Natur. Das muss damals am Set nicht ohne Sorgen beobachtet worden sein, doch ist es angenehm zu wissen, dass der Film anscheinend mit dem Verstreichen der Jahre an Wirkung dazu gewonnen hat. Ein weiterer Beweis für Billy Wilders Weitsicht. [...] Der Grund für die zeitlose Natur des Films ist wohl schlicht im angstlosen Umgang mit allem und jedem zu finden. Ost, West. Kommunismus, kapitalistischer Imperialismus. UdSSR, USA, Deutschland. Wirklich jeder kriegt hier sein Fett weg, vor niemandem wird Halt gemacht und all das geschieht, ohne je unter die Gürtellinie zu zielen oder jemandem einen Grund zu geben, um sich wahrlich angegriffen zu fühlen. Der Humor Billy Wilders zeichnet sich eben auch durch das Augenzwinkern und den versöhnenden Klaps nach dem Witz aus, der seine Werke so verdammt sympathisch und lebensfreudig erscheinen lässt. Da ist plötzlich nichts unterhaltsamer als das Aufbröseln des Kalten Krieges, der noch nicht ganz umgewöhnten deutschen Bevölkerung, die noch immer zu jeder Gelegenheit mit den Hacken klackt oder der kapitalistischen und alle Bereiche infiltrierenden Marken, die nicht weniger wollen als die Weltherrschaft. „Napoleon scheiterte, Hitler scheiterte, Coca Cola wird es schaffen!“ [...]

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                                      • 6 .5

                                        [...] Auch wenn sich der Film keinesfalls penibel an die berühmten Dogma95-Vorschriften hält (was ja Lars von Trier zum Beispiel auch eher selten gemacht hat), ist die gewollte Parallele mehr als deutlich. Der Film nimmt sich wenig technische Freiheiten, ist meistens per Hand gedreht, oft etwas weiter ruhig im Hintergrund, dann wieder ganz nah an seinen Figuren. Der Film von Jakob Lass erscheint sehr vielseitig, obwohl er doch recht wenig erzählt. Zeigen tut er dafür umso mehr. Der Film nimmt sich nämlich Zeit für seine Charaktere, führt sie ein, konfrontiert sie mit Problemen von außer- und innerhalb und (und das ist mit Abstand am wichtigsten) genießt die Zeit mit ihnen. Es dauert keine zwanzig Minuten bis es dem Werk gelingt, eine immense Wärme und Intimität zu versprühen [...]. Die beiden Hauptfiguren Clemens (Franz Rogowski, „Victoria“) und Lara, überaus einnehmend von Lana Cooper („Fleisch ist mein Gemüse“) dargestellt, sind de facto zwei Gegenpole in einer Welt, die für polarisierte Stellungen keinen Platz zu haben scheint. Man hat nicht auf der einen oder der anderen Seite zu stehen, man hat in der Mitte zu sein. Da wo alle sind, da wo man alle im Blick hat, da wo man nicht rausfällt. Clemens und Lara wirken gegen- und miteinander: Er ist sanft, steht für die Macht im Inneren, für die natürliche Ruhe und (als Masseur) für die Regeneration. Sie ist brachial, chaotisch, selbstzerstörerisch, sie steht für das Explosive und die Destruktion. Zusammen sind sie, weil sie (ganz einfach gesagt) in ihren Gegensätzen etwas Vereintes finden. Weil - und das ist ernst gemeint - ist ja auch egal. Egal, was die Zukunft bringt, was in der Vergangenheit war und was die anderen momentan denken. Egal, weil Regisseur Lass nicht irgendwo anders hinblicken möchte, als auf seine beiden Figuren, die im gemeinsamen Taumel vereint sind. Und der Rest ist egal. [...]

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                                        • 8
                                          über Michael

                                          Eine Filmkritik ist an sich einer Wanderung nicht unähnlich. Man fängt irgendwo an, hat schon ungefähr vor Augen, wo man letzten Endes ankommen möchte und lernt, ganz schnulzig gesagt, auf dem Weg einiges über sich selbst, über Gedanken, die sich vorher in den dunkelsten Untiefen versteckt hielten. Dementsprechend können Kritiken selbst in ihrer Form eine Reflektion des in ihnen besprochenen Filmes sein. Je mehr ein Film liefert, desto tiefer können die späteren Gedanken gehen, desto weitreichender die assoziativen Sprünge. Was also sagt eine solche Einleitung über den Film der Stunde aus? Vielleicht, dass er eine Art Katapult ist, der den Zuschauer zum Ursprung zurückschießt. Vielleicht aber auch, dass er insgeheim den Wunsch auslöst, man habe sich gar nicht auf den Weg gemacht, den dieser Film darstellt. Oder aber, und die Vorstellung weiß am ehesten zu gefallen, dass der Film eine so tief verwurzelte Wirkung hat, dass sie den Rezipienten zu einfachsten und existenziellen Fragen zurückbringt. Was weiß man, was dachte man zu wissen? Eine Kritik zu „Michael“ kann nur eine Annäherung sein, eine Annäherung an das sich auflösende Altbekannte. [...] Dabei sind es, auch durch Schleinzers unaufgeregte Stille, Momente, die für die volle Entfaltung ihrer Kraft ein paar Sekunden brauchen und dann umso lauter auf den Zuschauer einkrachen. Zum Beispiel, wenn das Licht in dem kleinen Kellerraum ausgeht, eine Weile Dunkelheit herrscht und man nur Geräusche vernehmen kann. Bewegung, Gerümpel, ein Klacken. Wolfgang hat sich in aller Seelenruhe seine Taschenlampe gesucht, um weiter malen zu können. Das weitreichende Leid in dieser normalisierten Handlung braucht ein paar Momente, bis es seine volle Kraft entfalten kann - aber sobald das der Fall ist, weiß man als Zuschauer gar nicht, ob man sich seelisch abschirmen soll, oder was eigentlich grad um einen herum passiert. [...] Die hauptsächliche Gewalt, die hier [...] vorherrscht, ist die der Unterdrückung - auch passive Gewalt genannt. Michael unterdrückt Wolfgang, Michael unterdrückt sich selbst, Michaels wahres Selbst wird unterdrückt und kompensiert es daher auf eine explosive und exploitative Art. Der Zuschauer, anfangs ohne schlechtem Gewissen dabei, Michael zu verteufeln; er wird gemäßigter, wandelt seine Stärke nicht in Aggression, sondern zunehmend in rationale Analysen um. Und beginnt dabei, gesellschaftlichen Druck aus einem System zu nehmen, das droht, darunter zu zerbersten. [...]

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                                              [...] In der ersten Geschichte sehnt sich die Königin von Longtrellis (gespielt von Salma Hayek) danach, endlich ein Kind zu bekommen. Ein Wunsch, den sie wohl schon lange hegt, sie scheint unfruchtbar zu sein. Der Film beginnt mit Gauklern, die sie und ihren Mann unterhalten soll. Der (John C. Reilly) amüsiert sich auch köstlich und schaut immer wieder zu seiner Frau, auf der Suche nach Bestätigung. Sie erwidert den Blick nicht, sie lacht nicht. Selbst die Gaukler am Hofe sind im Stande, Kinder zu bekommen. Sie fühlt sich nicht amüsiert, sie fühlt sich verhöhnt. Sie erwidert den Blick nicht; später wird sie die Rolle ihres Mannes und ihr Sohn ihre Rolle einnehmen. Später wird sie das Herz eines Seemonsters essen, um endlich ein Kind gebären zu können. Sie wird ein Leben nehmen und ein Leben opfern, um Leben schenken zu können. Sie wird ihr Zuhause verlieren, um sich ein neues Zuhause aufbauen zu können. In ihrer blinden Sehnsucht merkt sie gar nicht, was sie alles verliert, wie sie sich verläuft - bis sie in einer Sackgasse landet und geschlagen umkehrt. [...] Garonne überzeugt, er verzaubert. Er lullt den Zuschauer ein und lässt ihn Zeuge der fantastischen Momente und Bilder werden - und lässt sich dabei nicht lumpen, auch die großen Meister anzupeilen. Kubrick, Burton und Bergman tauchen da auf die ein oder andere Art und Weise auf. Leider ändert das nichts daran, dass der Film sich nach einer Weile nur noch selbst wiederholt und zustimmt. Die verschiedenen Geschichten sind auf einmal gar nicht mehr so unterschiedlich, sondern erzählen ein und dasselbe, nur in anderen Kostümen. [...]

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                                                Der deutsche Nebentitel, den das Debüt-Werk des britischen Paddy Considine bekommen hat, ist durchaus irreführend. „Eine Liebesgeschichte“ heißt es da. Das mag stimmen, sind die Liebe beziehungsweise die seltsamen Erscheinungsformen der solchen, doch eines der zentralen Themen des Films. Aber die Kette von Gedanken, die bei dem genannten Titel durch den menschlichen Kopf zu rattern beginnt, die lässt den Zuschauer mit seinen Erwartungen in eine komplett falsche Richtung gehen und am Ende gepflegt auflaufen. Das dauert nicht einmal lange; der Film beginnt nicht hoffnungsvoll und ändert dann behutsam die Fahrtrichtung. Stattdessen reißt er den Zuschauer zu Boden, lässt die Bremsen quietschen und verpasst ihm zu aller erst ein paar ins Gesicht. Viel Spaß mit „Tyrannosaur“. Einer Liebesgeschichte. [...] 
                                                Den titelgebende „Tyrannosaur“ kann man auf mehrere Arten verstehen und auseinandernehmen. Der Wortbestandteil „Tyrann“ ist sicher ein Element, das zeigt, wie Joseph sich unterdrückt fühlt und wie er versucht, durch das tyrannisieren aus seiner Opferrolle auszubrechen. Joseph fühlt sich - nimmt man nun wieder den gesamten Filmtitel in Betracht - wie ein Wesen aus früheren Zeiten. Als dürfte er eigentlich gar nicht mehr existieren, als sollte er eigentlich ausgestorben sein. Ein Problem der Vergangenheit, hach wie gut, dass man sich damit (mit der Unterschicht) nicht mehr auseinandersetzen muss. Joseph hat keinen Platz mehr in dieser Welt, die ihm keinerlei Aufmerksamkeit widmen will. Er wird ignoriert und versucht diese Ignoranz unmöglich zu machen, in dem er austickt, an die Decke geht und Sachschaden anrichtet. Der fällt nämlich immer auf. Eine weitere Bedeutung des Filmtitels wird von Joseph selbst erzählt. Seine verstorbene Frau sei fettleibig gewesen, er habe sie Tyrannosaurus genannt. Er fand das lustig. Dieser bittere, weil liebevoll gemeint aber nicht so angenommene Humor kann und wird auf Dritte befremdlich, gar abstoßend wirken. Für Joseph ist er der letzte Halm. [...]

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                                                    [...] Dieser etwas fiese Humor, der die Schrullen der älteren Menschen offen darlegt, manchmal kritisiert und manchmal feiert, ist auch hier zu finden, bzw. das Kernstück des Drehbuchs. Nur leider auf einem anderen Niveau. Hier wird nämlich versucht, den Witz aus dem Chaos emporsteigen zu lassen. Dass Chaos lustig sein kann, ist dabei nichts Neues. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Chaos nicht zwangsweise lustig ist. Eine schmale Linie ist es, die ein Durcheinander von lustig und nervig trennt. Und diese gilt es zu treffen. Etwas, was Regisseur Olivier Baroux nur in seltenen Einzelfällen gelingt. Dann nämlich, wenn er sich von dem hauptsächlichen Versuch des Films, die panischen Dialoge und chaotischen Vorkommnisse humoristisch zu verarbeiten, loslöst und stattdessen etwas Zeit dem Slapstick widmet. Und das sind Momente, die zwar einfacher sind, aber wenigstens funktionieren, sodass sie gar nicht wirklich als störend empfunden werden - im Gegensatz zur Mehrheit der restlichen Versuche. [...] Ein zielloses Buch voller Wiederholungen, Redundanzen, immer gleichen Szenen und immer gleichem Gebrüll, das schlichtweg ermüdend wirkt. Alsbald nervige Charaktere, die nicht anders können, als nervig zu sein und ein zu angestrengter Versuch, witzig zu sein nach dem nächsten. Da passiert wenig, reizt wenig und überzeugt gar nichts. Da ist es auch bezeichnend, dass der Film selbst bei einer Laufzeit von nur 80 Minuten gnadenlos zu lang ist.

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