SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Man könnte sagen, die schwarze Magie strahlt aus den Grundfesten des urbanen Kosmos und konfrontiert unseren Protagonisten mit einer Verdrängung, der er sich nie zuvor bewusst geworden ist, einfach aus dem Grund, weil diese Form der Selbstverleugnung fester Bestand der forcierten gesellschaftlichen Regelhaftigkeit ist. Dementsprechend obskur erscheint es, wenn sich neben dem Christentum eine neue religiöse Strömung, der Santeria-Kult, der indes 1000 Jahre älter als das Christentum ist, in den Vordergrund spielt und mehr und mehr Menschen für sich gewinnen kann. John Schlesinger hat hiermit vermutlich seine konkreteste Genre-Arbeit abgeliefert, bleibt seinem Paradethema, der Dekonstruktion des Alltags, jedoch treu: Cal entfremdet sich zusehends von sich selbst, letztlich aber nur aus dem Grund, um zu verstehen, dass es Mächte gibt, die hinter der fragilen Fassade der Normalität bestehen und diese nach Belieben zum Wanken bringen können. [...]
[...] Und aus dieser im Prinzip antagonistischen Konstellation ergibt sich die philosophische Tiefe, die Star Trek II – Der Zorn des Khan wohl ohne Frage zu einem der eindrucksvollsten Kapitel der Reihe macht. Vor allem ist das dem Umstand geschuldet, dass der Film sich viel Zeit dafür nimmt, hinter die einst so abgeklärt wirkende Fassade von Kirk zu blicken: Immer wieder trat er als Hasardeur auf, der sich risikofreudig zu manch einem Himmelfahrtskommando bereit erklärte. Diese Souveränität ist indes nur augenscheinlich, Kirk offenbart sich als Quacksalber; als jemand, der große Sprüche reißen kann, letztlich aber selber am wenigstens davon versteht, was er von sich gibt – und das bezieht sich in diesem Fall auf die Unausweichlichkeit des Todes, der fest zum Leben dazugehört. Doch Kirk wird lernen. Er wird lernen, was Verlust bedeutet, während der Zuschauer sich einige Tränen aus dem Knopfloch wischt, und dadurch eine Bescheidenheit gewinnen, die ihn zu einem echten, einem lebensgewandten Captain macht. [...]
[...] Beeindruckend ist, wie William Friedkin den Irrsinn zwischen Agnes und Peter graduell verdichtet, um die psychopathologische Ebene des Films immer schwerwiegender zum Ausdruck zu bringen. Wo sich am Anfang nur einige Insektenspraydosen auf dem Mobiliar der Wohnung vorfinden, scheint zum Ende hin eine in Alufolie gewickelte Parallelwelt zu florieren, in dessen Inneren sich das labile Pärchen einen Raum errichtet hat, in dem sie sich in ihrem Wahnsinn ungestört bekräftigen können. Spinnen, Heuschrecken, Wanzen, Schaben, Läuse, Zecken, Milben. Das Insektenreich ist hier nicht mehr länger bloß störendes Ungeziefer in den eigenen vier Wänden, sondern von Religion, Wirtschaft, Politik und Militär übermittelte Sender, die im Zuge einer nationalen Konspiration fungieren. Bug spricht an dieser Stelle auch von gegenwärtigen Gesellschaftsbefindlichkeiten, von Paranoia und Klaustrophobie, die sich schon lange im Herzen Amerikas angesammelt haben und einen Ventilator auch schon mal wie die Rotorblätter eines Kampfhubschraubers wirken lassen können. [...]
[...] Dabei geht es dem mit autobiographischen Zügen versehenen Tallulah vor allem um das Festhalten und Loslassen. In einer Szene liegen sich die beiden Frauen auf einer Wiese im Park gegenüber und sinnieren darüber, was passieren würde, wenn die Gravitationskraft aussetzen würde: Würde man sich in den Ästen der Baumkronen festkrallen oder doch eher ohne Widerstand in die Weiten des Weltalls hinaustreiben? Tallulah, die unkonventionelle Lebenskünstler, würde darum kämpfen, auf der Erde bleiben zu können, weil es ihr hier, ganz simpel, einfach gefällt. Margo hingegen ist ihr eigener Fixpunkt geworden, kämpft sich durch die letzten Trümmer einer gescheiterten Ehe und muss in einer Wohnung leben, in der sie sich nicht wohlfühlt. Das entführte (oder doch eher in Schutzhaft genommene) Baby wird da zu einer Art Rettungsanker, der die Frauen (heraus-)fordert und prägt – und schließlich auch einen Funken inneren Frieden in Aussicht stellt. [...]
[...] Chris Morris zeigt die Männer immer wieder in einer possierlichen Buddy-Movie-Mentalität, was dem Film auch zu seiner wunderbaren, oftmals pechschwarzen Situationskomik verhilft. Dahinter steckt indes nicht die Intention, einzig und allein Posse mit den Hauptfiguren zu treiben - oder den Kontext zu verharmlosen -, sondern zu veranschaulichen, dass sich dieser Dschihad, in dem die eigentlich liebenswerte Gruppe involviert ist, aus Willkür, Machtphantasien, Lügen und Opportunismus erbaut. [...] Alle sind sie offenkundige Amateure, die einem Ruf folgen, der in seiner Essenz so widersprüchlich ist, dass es im Herzen weh tut, diese Männer auf ihrem Pfad in die Irreführung zu begleiten. Chris Morris setzt dabei auf – zumeist – ambivalente Charakterprofile, findet Menschlichkeit und (mehr oder weniger überzeugte) Verblendung. Hiram Johnson, ehemaliger Gouverneur von Kalifornien, sagte einmal: „Das erste Opfer des Krieges ist immer die Unschuld.“ Four Lions macht an dieser Stelle weitergehend deutlich: Das erste Opfer des Terrorismus ist immer die Wahrheit. Und dort verhallt das Lachen, welches Four Lions sonst so treffsicher auffächern konnte, denn der bittere Nachklang bleibt bestehen, in den Köpfen und Herzen der Zuschauer. [...]
[...] Depp spürt ihm nach, dem Preis des Lebens, den der mysteriöse McCarthy (Marlon Brando, Apocalypse Now) ihm in einer schauerlichen Sequenz im Kellergewölbe einer Fabrikhalle in Aussicht stellt: Ist der Preis des Lebens wirklich der Tod? In jedem Fall findet sich Raphael in einer Gleichung des Seins wieder, wenn er einwilligt, auf die Weise zu gehen, wie er auch auf die Welt gekommen ist: Im Schmerz. Die kontemplativ-sperrige Taktung von The Brave steht dem Film dabei selbstredend wunderbar zu Gesicht, weil sich auch die involvierten Figuren immerzu in einem schwebenden Zustand der inneren Einkehr zu befinden scheinen. [...]
[...] David O. Russell beweist dabei vor allem seine tonale Wandlungsfähigkeit: Vordergründig erscheint Three Kings – Es ist schön König zu sein wie eine verwegen-temporeiche Groteske, die mit (über-)stilisierten Bildern, einer hektisch-vibrierenden Montage und reichlich Coolness im Gepäck durch die Verwendung von poppigen Schauwerten auf die damaligen Wirrnisse in Kuwait aufmerksam machen möchte. Russell aber findet immer wieder diese entscheidenden, reflektierten Augenblicke, die die Protagonisten davor bewahren, zu Karikaturen zu verkommen: Angesichts der vorherrschenden Zustände versteinern die Minen der sonst so abgeklärten Soldaten. Ohnmacht macht sich breit; der Drang, den Menschen zu helfen, anstatt das eigene Ego zu streicheln. Der Spielplatz für Bekloppte, die einfach nur mal Krieg spielen wollen, hat geschlossen. Und da macht Three Kings – Es ist schön König zu sein immerhin ersichtlich, dass die Männer sich vielleicht immer noch nicht über das große Ganze bewusst sind, sie aber eine Sache gelernt haben: Krieg ist niemals blütenrein. Er ist immer schmutzig. [...]
[...] Und Todd Solondz (Happiness) ist nun der richtige Mann für die unangenehmen Fragen respektive Wahrheiten. Wieder einmal folgt er seinem Paradethema und beobachtet ausgewählte Charaktere, die man wohl als Außenseiter und Randläufer bezeichnen möchte – jedoch keinesfalls als Versager. Als roter Faden führt uns der Hund dabei durch eine episodisch-zergliederte Erzählung und gewährt uns so den Einblick in verschiedene Sozialräume, in denen doch vor allem das persönliche Streben nach Glück sowie das unweigerliche Scheitern daran allgegenwärtig scheint. Wiener Dog ist – auch das ist charakteristisch für Todd Solondz – an Menschen interessiert, die sich in existentiellen Einbahnstraßen befinden. Menschen, die sich aus Bequemlichkeit oder aus Angst in Sackgassen haben treiben lassen und dem bitteren Verlauf ihrer Lebenslinien nun insgeheim nachtrauern, weil ihnen nur Einsamkeit geblieben ist. Offen ansprechen würde es natürlich niemand, die Lebenslüge ist hier der profilneurotische Status quo. [...]
[...] Der Sturm – Life on the Line folgt der Devise, dass kein Beruf auf der ganzen Welt so ehrenhaft ist, wie der des Lineman. Diese Männer sind noch harte Säue, die sich vielleicht auch mal gegenseitig ihre Virilität bewiesen müssen und zu maskulinen Hahnenkämpfen bitten, in Wahrheit aber sind sie so tugendhaft und loyal, dass man seine eigene Existenz als vollkommen bedeutungslos erachten muss. Diese idealistische Lobeshymne lässt Der Sturm – Life on the Line auf Dauer bräsig wirken, der Sturm, der hier nicht nur aus meteorologischer, sondern auch aus zwischenmenschlicher Sicht aufzieht, bleibt doch nur plumpes Kalkül, um den Zuschauer dahingehend zu konditionieren, dass er möglichst schnell eine emotionale (Schein-)Bindung zu diesen Menschen aufbaut und die Taschen im Zuge des finalen Spendenaufrufs leert. Einzig John Travolta gefällt, der wird mit dem Alter immer besser und hat sich inzwischen eine sehr markante Charakterfresse angeeignet. [...]
Größer als Ben Hur, größer als Lawrence von Arabien, größer als 2001! So oder so ähnlich scheint Til Schweiger auf den Tatort-Ableger Tschiller: Off Duty zu blicken. Kunst soll es sein. Epochal, brachial, monumental! Massenwirksam, natürlich, aber nichtsdestotrotz: Der feinste Tropfen teutonischer Schöpferkraft, den das Kino seit dem Ableben von F.W. Murnau vergossen hat – und natürlich sind diese Fußstapfen Til Schweiger mindestens angemessen. Blöd ist jetzt nur, dass Tschiller. Off Duty eigentlich prädestiniert dafür scheint, wutschnaubend auf ihn einzudreschen, doch Tschiller scheint nach vier mehr als kläglichen Auftritten als Hamburger TV-Ermittler auf der Leinwand nun den Platz gefunden, der ihm (halbwegs) zugesteht. Tschiller: Off Duty ist ohne Fragen hirnrissig und rassistisch, kannibalisiert sich durch das Topoi des Action-Genre und geriert sich in seiner zum Teil wirklich enervierenden Überlänge als Revolution der Filmkultur. Aber: Dieser hochglanzpolierte Außeneinsatz ist so strunzdumm, wie man es in dieser (erzwungenen) Größendimension lange nicht mehr gesehen hat. Losgelöst von jedwedem Plausibilitätsanspruch stellt diese epigonale 96-Hours-Schleuderware das geschredderte Drehbuch offen aus, nimmt jede Unwahrscheinlichkeit mit Kusshand und feiert sich dabei so dermaßen ab, dass einem bei all dem Narzissmus schon mal ganz schummrig werden kann. Vielleicht hat man aber auch einfach nur den Finger zu tief in die Nase geschoben.
1. Jurassic Park
2. Indiana Jones und der Tempel des Todes
3. Catch Me If You Can
4. E.T.
5. Minority Report
6. Der weiße Hai
7. München
8. Krieg der Welten
[...] In seinem Inneren aber scheint sich dieser Clavius schon immer ein Zeichen gewünscht zu haben, welches über den Dingen steht: Er ist müde von Gewalt, Tod und Mühsal und sehnt sich nach einem Leben des Friedens. Diesen Seelenfrieden wird ihm Auferstanden schenken – und geht damit in eine Richtung, die so eindimensional ist, dass man den Film unbefriedigenderweise als 'erbaulich' bezeichnen muss. Auferstanden nämlich ist Kino für den amerikanischen Bibelgürtel, risikoscheu und gänzlich desinteressiert, die Stirn durchgehend in zweiflerische Falten zu legen. Dabei hätte Auferstanden als CSI: Golgatha prächtig funktioniert, was die erste Stunde beweist, wenn der Film nicht nur den damaligen hohen Rat kritisch ins Auge fasst, der sein Monopol der Frömmigkeit in Gefahr sieht, sondern vor allem als Genre-Werk, das Clavius und seine römischen Vasallen bei der forensischen Spurensicherung durch das antike Jerusalem verfolgt. [...]
[...] Zigaretten und der ihr zugesprochene Qualm ziehen in die nächtliche Schwärze. Der Duft von Tabak verharrt in der Luft, Alkohol in rauen Mengen glich einem Statussymbol und die Gesellschaft schien in Ungerechtigkeit und Unbehagen zu versinken. Marlowe hat es längst aufgegeben, sich Illusionen über das Leben zu machen, aber er glaubt noch an das Gute im Menschen. Seine Figur ist packend, nicht nur, weil Bogart sie mit einem markanten Charisma füllt, sondern weil sie immer von einer romantischen Melancholie umflort scheint, die seinem Charakter eine attraktive Tiefe schenkt. Dieser klassische Film Noir, der in Dialogsequenzen Howard Hawks Screwball-Vergangenheit herausstellt, sollte gesehen werden, mehrfach. Nicht zuletzt, weil er verstanden hat, was einer Stadt am meisten schadet: Zu viele Waffen und zu wenig Hirn. [...]
Gesehen im unzensierten Director's Cut. Morgen schon wieder vergessenen im unzensierten Director's Cut. Was „Nur noch 60 Sekunden“ an halsbrecherischer Geschwindigkeitsüberschreitung und verbrecherischem Nervenkitzel vorgeben möchte, bleibt bloße Behauptung im stylischen Gewand. Dominic Senas träger Action-Thriller um einen heiklen Heist, der ganze 50 Luxuskarren umfasst, ist nicht nur handlungsarm, er ist auch furchtbar schematisch – Das reinste Abfressen von Allgemeinplätzen, die ohnehin schon lange niemanden mehr jucken. Das Schlimmste an „Nur noch 60 Sekunden“ ist aber weder seine Einförmigkeit, noch, dass er auch Familien-Drama sein möchte und von der Unumstößlichkeit brüderlicher Liebe faselt, sondern, dass Sena jedwedes Gespür abhandenkommt, den blondierten Nicolas Cage auf dem Fahrersitz adäquat in Szene zu setzen. Der bekommt hier nämlich nie den Freiraum, losgelöst zu changieren, stattdessen muss er sich den röhrenden Motoren unterordnen, die genauso beliebig brüllen, wie schon in unzähligen gleichgeschalteten Streifen zuvor.
[...] Moralisch Lupenrein mag Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses dementsprechend nicht sein, dafür beweist Alan Parker mal wieder, mit welcher Intensität er das inszenatorische Zepter schwingen kann und den Zuschauer für 120 Minuten wie gebannt vor dem Bildschirm sitzen lässt. Das verschlafene Nest, in das der Film sein Publikum entführt, offenbart sich bald als Schmelztiegel des (Rassen-)Hasses und Parker fängt den instrumentalisierenden (Gedanken-)Mechanismus des Rassismus hier in seiner ganzen ausbeuterischen und korrupten Strahlkraft ein. Alles ist hier verseucht von ihm, jedes Organ, vom Polizei- bis zum Justizapparat, vom Streifencop bis zum Richter. Alle hängen sie hier unter einer Decke, weil den Menschen der Hass anerzogen wurde. Er wurde ihnen von Kindertagen ins Gehirn gestanzt und gefangen im selbstgefälligen, falschen Stolz scheinen nur die wenigsten in der Lage, dieser rückständigen Ideologie zu entwachsen. Stattdessen lebt man den Hass, atmet ihn, heiratet ihn, verleibt ihn sich ein, bis man glaubt, es würde sich um ein gesellschaftliches Ideal handeln. [...]
[...] Davon allerdings kann „Independence Day: Wiederkehr“ nur träumen. Nicht nur, dass die neuen Figuren (unter anderem gespielt von Liam Hemsworth und Maika Monroe) profillose Abziehbildchen bleiben, die am besten als Kanonenfutter taugen würden – und als Zuschauer würde man ihren potenziellen Verlust nicht den Bruchteil einer Sekunde beklagen. Eben weil ihnen die markige Individualität fehlt. Zuvorderst, und das hängt natürlich auch mit den Charakteren zusammen, ist „Independence Day: Wiederkehr“ miserabel geschrieben, was sich wohl darauf zurückführen lässt, dass fünf Drehbuchautoren immer noch (mindestens) drei zu viel sind. In diesem – im wahrsten Sinne des Wortes – Katastrophenfilm passt kein Stein auf den anderen. Vielleicht, weil Roland Emmerich ohnehin mehr Freude daran besitzt, den Steinhaufen umzustoßen. Wohl aber, weil dem Narrativ die Geduld fehlt, eine Geschichte zu erzählen. Sie wirklich zu erzählen und erfahrbar zu machen. [...]
http://www.moviepilot.de/liste/top-10-science-fiction-oder-do-androids-dream-of-electric-sheep-soulreaver
Drei finstere Gestalten vom durchtriebenen Schlag okkupieren eine entlegene Bahnhofsstation. Der Schaffner wird kurzerhand in einen Wandschrank gesperrt – und damit verstummt auch für die nächsten 10 Minuten das letzte gesprochene Wort. Von dort an scheinen nur noch Blicke und Geräusche das Szenario zu bestimmen: Die Schritte, die die maroden Dielen zum Keuchen bringen, das beharrliche Knarren des Windrades am Wasserturm, die Wassertropfen, die den Filzhut benässen und sich in dessen Inneren zu einer trinkbaren Pfütze ansammeln, der aufgeregte Flügelschlag einer Fliege, die im Lauf eines Colts in Gefangenschaft geraten ist. Es handelt sich um die Exposition von Spiel mir das Lied vom Tod, und gleichwohl handelt es sich um einen Auftakt, der akkurat verweist, in welche Richtung sich Sergio Leones nunmehr vierter Western bewegen wird: In die Ewigkeit und weit darüber hinaus.
Es ist die diffuse Ruhe vor dem Sturm, die Spiel mir das Lied vom Tod nicht nur zu Anfang, sondern beinahe durchweg katalysiert: Gewalt, die nur auf ihre ultimative Eruption lauert, steht in der Luft und ergibt mit der sengenden Hitze der Wüstensonne eine ganz und gar explosive Mischung. Anspannung macht sich breit und Sergio Leone (Todesmelodie) scheint sie zu analysieren, die Landschaften in den Gesichtern der Charaktere: Immer wieder, es ist eines der ikonischen Markenzeichen, mit denen sich der italienische Regisseur wohlverdient brüsten darf, schaltet der Film in das Close Up, verfolgt die Schweißtropfen, die verstärkt durch das Gestrüpp an Bartstoppeln rinnen und liest und deutet, was im Antlitz der involvierten Parteien zu entdecken ist; was die Augen artikulieren, weil der Mund es nie zu sagen wagte.
Eigentlich hatte Sergio Leone nach dem enormen Erfolg seiner „Dollar"-Trilogie die Nase voll, sich mit weiteren Auswüchsen des Mythos 'Wilder Westen' weitergehend auseinanderzusetzen; eigentlich wollte Leone bereits 1967 mit der Arbeit an Es war einmal in Amerika beginnen – und eigentlich, das hat die Filmgeschichte nun bereits zuhauf bewiesen, entstehen nicht selten die ganz großen Meisterwerke aus den Projekten, die man eigentlich gar nicht realisieren wollte. Monatelang jedenfalls brüteten Autoritäten wie Bernardo Bertolucci (Die letzte Tango in Paris) und Dario Argento (Profondo Rosso) zusammen mit Leone über dem Drehbuch zum Film. Monatelang lag man sich in den Haaren darüber, dass man einen zu verkopften Weg nicht einschlagen dürfe, was natürlich auf den Ansichten Leones basierte, der sich seit jeher als ein rein 'bauchiger' Filmemacher bezeichnet und den finalen Feinschliff schließlich Sergio Donati überließ, der auch schon das Skript von Zwei glorreiche Halunken überarbeitete.
Damit waren sodann auch die künstlerische Bahnen etabliert und gepflastert: Die Studiobosse zeigten sich wohl gestimmt, Sergio Leone hatte neue Motivation getankt und wurde am Set zu einem wahren Eiferer und auch Henry Fonda (Der falsche Mann), Leones größter Wunsch im Schauspielensemble, konnte engagiert werden - und die Rolle des Bösewichts Frank spielen, der seinem eigentlichen Rollentypus quasi diametral gegenüberstand. In der ersten Szene sieht man Frank dabei zu, wie er dem fragwürdigen Vergnügen frönt, ein Kind zu töten: Die Kinogänger von damals jedenfalls konnten es nicht fassen, dass die reingewaschenen, blauen Augen des Henry Fonda nicht mehr länger für den ehrenhaften American Way of Life einstanden, sondern von Niedertracht und Raffgier erfüllt schienen. Zweifelsohne ist Henry Fonda hier wohl einer der prägnantesten Antagonisten, die das Genre (vielleicht auch die gesamte Filmgeschichte?) je zu Gesicht bekommen hat.
Man könnte Spiel mir das Lied vom Tod nachsagen, es würde, wie unzählige andere Western in jenen Tagen, das Motiv der alttestamentarischen Rache bemühen. Rache ist hier jedoch kein Mittel zur (Selbst-)Befriedigung, kein Akt der Gerechtigkeit, stattdessen erklärt Sergio Leone Mundharmonika (Charles Bronson, Ein Mann sieht rot) und seinen unbändigen Durst nach Vergeltung zu einem traumatisierten Komplex, der mit vergifteter Seele auf der Suche nach Frank ist, in Wahrheit aber doch nicht der Rache selbst Ventil verleihen möchte, sondern sich auch auf einem Pfad befindet, auf dem er sich Absolution für sein Dasein wünscht. Die Pistollerios und Gunfighter sind nicht mehr länger die Helden der ewigen Weiten; sie sind Relikte, die von der Erschließung des Wilden Westen, vom Bau der Eisenbahn und deren daraus resultierenden transkontinentalen Verbindungen verschlungen werden – und Spiel mir das Lied vom Tod ist ihr Schwanengesang.
Beeindruckend ist jedoch nach wie vor, mit welcher Schaffenslust und Tatendrang Leone Spiel mir das Lied vom Tod inszeniert hat und dabei jedes Teilchen auf das andere abstimmte: Die audiovisuelle Brillanz, an der sich der Film zuvorderst labt, ist ein Paradebeispiel dafür, wie es aussieht, einen Film bis ins kleinste Detail zur filigranen Komposition zu erheben. Ennio Morricones hymnisch-energische, aber auch voller existentieller Schwere signierte Musik strukturiert das Geschehen, vitalisiert es regelrecht, exakt aufeinander abgestimmte Bewegungsabläufe innerhalb der memorablen Techniscope-Bildwelten sprechen die Sprache einer exzessiven Choreographie – ohne krampfhaft zu wirken. Spiel mir das Lied vom Tod ist eine formvollendete Oper der Gewalt, eine Arie, eine Ballade und jede Szene scheint von überzeitlicher, mystischer Erhabenheit. Kein Wunder, dass dieses Werk Generation um Generation begleitet, prägt und immer beeinflussen wird.
[...] Beverly ist eben nicht nur fürsorgliches Muttertier, sondern eine regelrechte Psychopathin, die nichts auf ihre Liebsten kommen lässt (darunter auch Matthew Lillard als Sohnemann Chip Sutphin, der seine Liebe zum Horrorfilm schon zwei Jahre vor Scream nachweisen durfte) und zur blutdurstenden Löwin wird, wenn sie bemerkt, dass ihrer Familie ein Unrecht widerfährt. Serial Mom – Warum läßt Mama das Morden nicht? baut hier nicht nur auf dichtomische Gegensätze zwischen Schein und Sein, er spricht ganz explizit über gesellschaftliche Phänomene und kultureller Auswüchse, die nicht zuletzt Amerikas Faszination für Serienkiller frequentiert. Ob Charles Manson oder Ted Bundy, beide sind sie von den Medien zu populärkulturellen Rockstars herangezüchtet worden, was es umso logischer macht, warum auch John Waters zu Anfang des Films einen „True Story“-Schriftzug einblendet: Amerika wünscht es sich so. Es möchte wieder träumen. [...]
[...] Auf der Suche nach dem grünen Diamanten ist eben klassisches, durchweg sauber erzähltes, mit einigen äußerst stimmungsvollen Sets gesegnetes, aber weitgehend risikoscheues Abenteuerkino. Warum der Film letztlich so amüsiert und temporeich bleibt, liegt primär an seinen Darsteller. Michael Douglas steht nicht nur voll im attraktiven Saft, seine markige Präsenz hat sogar fast das Potenzial, der kantigen Verwegenheit eines Indiana Jones singulär Paroli zu bieten. Gerade die knisternde Chemie zwischen Douglas und Kathleen Turner, die zu jener Zeit ohnehin ein Bank war und mit jedem ihrer Schauspielkollegen harmonierte, macht Auf der nach dem grünen Diamanten lebendig. Als abrundendes Sahnehäubchen gibt es dann noch Danny DeVito, einer der klügsten Menschen Hollywoods, der als quirlig-verlogenes Energiebündel treffsicher aus der zweiten Reihe agieren darf. [...]
[...] Neben zwei wirklich meisterhaften Spannungspassagen, die Suspense derart stichhaltig definieren und Wenders inszenatorische Meisterschaft sorgsam auf den Punkt bringen, dass selbst Alfred Hitchcock seinen Hut zücken würde, bleibt Der amerikanische Freund einer durchaus einseitigen, aber gleichwohl effizient vermittelten Devise treu: In der Welt sowie in den Charakteren, die Wenders über einen Zeitraum von 130 Minuten beschreibt, scheint sich die Gefühlspalette auf Einsamkeit, Entfremdung und Isolation zu belaufen. Wir sehen die kalte urbane Architektur von Hamburg, New York und Paris und transferieren diese unmissverständlich auf die opaken Figuren. Auch in ihren Herzen herrscht eine existenzialistische Kälte, als hätten sie sich in ihrer Ziellosigkeit die Anonymität der Großstadt einverleibt, um langsam in dieser zu verfließen. [...]
[...] Zweifelsohne sind die Action-Sequenzen in xXx2: The Next Level lange nicht so extravagant wie noch im aufgeblähten Erstling – und bei weitem nicht so analog. Das gekürzte Budget macht sich eben durchaus bemerkbar, gerade dann, wenn der Film seine zuweilen wirklich unterdurchschnittlichen CGI-Effekte auspackt. Immerhin aber wirkt xXx2: The Next Level dann und wann wie eine (fast schon angenehm) entschlackte Version des ersten Teils auf DTV-Niveau, wenngleich sich die penetrante Ghetto-Attitüde von Darius schon äußerst enervierend auf das Nervenkostüm des Zuschauers auswirkt, wenn schlussendlich sogar der Präsident der Vereinigten Staaten sich dazu berufen fühlt, ein populäres Bonmot von Tupac vor tausenden von Kameras zu rezitieren. Warten wir mal ab, was The Return of Xander Cage bringt, vielleicht darf sich die Reihe ja doch noch über eine halbwegs brauchbare Materialschlacht erfreuen. [...]
[...] Ansonsten erzählt Regisseur Craig Zobel, der uns 2012 immerhin den nicht uninteressanten Compliance geschenkt hat, eine Geschichte, die keinesfalls ein Novum im Genre darstellt und bereits einige Dutzend Male deutlich genuiner präsentiert wurde. Z for Zachariah – Das letzte Kapitel der Menschheit fehlt die künstlerische Sprengkraft, um Konventionen hinter sich zu lassen, stattdessen sehen wir, wie elaborierte, am filmischen Blick eines Andrei Tarkowski geschulte Kamerafahrten durch die vom Wind gestreichelte Nadelwälder treiben, während die Protagonisten auf ihrer Farm die Zeit mit Hoffen und Beten verbringen. Gewissenhafter wäre es gewesen, das trügerische Antlitz des fruchtbaren Elysium zu erforschen und geradewegs auf die Gefühlswelten der Charaktere zu transferieren. Der Ansatz, ob man aus dem Trümmern der Vergangenheit wirklich etwas Neues erschaffen kann oder ob man sich aus diesen früher oder später doch sein eigenes Grab errichtet, hätte eine Vertiefung verdient gehabt. [...]
[...] Und gerade eine so grobschlächtige Prollveranstaltung wie xXx – Triple X hat es doch bitter nötig, dass die Inszenierung vollkommen aus den Fugen gerät und zu einem verschwenderischen Overkill aufschwingt, jenseits von Gut und Böse. Ohne Frage, die Action-Sequenzen, zuvorderst groß angelegte Kunststücke, bei denen selbst todessehnsüchtige Extremsportler angsterfüllt abwinken würden, sind erstklassig, weil sie die Gunst der Stunde nutzen und der Übertreibung freien Lauf lassen. Die Crux: Nur Stunts reichen für einen Spielfilm, der sich auf eine Laufzeit von über zwei Stunden erstreckt, nun mal nicht. Wenn man sich als Zuschauer dann mit den Charakteren vertraut machen möchte/muss, trifft man eben, wie sollte es anders sein, auf Abziehbilder, die auf Schlagwörter reagieren. Vin Diesel, dieser virile Traum aus Testosteron, als Quasi-James-Bond-Neffe ist da allerdings noch das geringste Übel. [...]
[...] François Truffaut erzählt diese Geschichte aber keinesfalls als deprimierenden Trauermarsch, sondern baut gerne auf spritzige, ironische Dialoge. Er erzählt Schlagen Sie auf den Pianisten als experimentierfreudige Charakterstudie, ohne falsche Scham, den Film noir als Inspirationsquelle aufzuzeigen, während die kriminalistischen Anleihen lediglich den Rahmen der Narration bilden und sich im Finale schließlich in einer malerischen Winterlandschaft entladen, die Edouards trauriges Schicksal weitergehend akzentuiert. Der armenisch-französische Chansonnier Charles Aznavour, der in diesem Jahr seinen 92. Geburtstag gefeiert hat, ist indes die Idealbesetzung für den introvertierten Pianisten: Er hat etwas Erotisches, ist aber niemals lüstern. Er hat etwas Unbedarftes, ist aber niemals naiv. Er ist einfach menschlich-unvollständig. [...]