SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

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    SoulReaver: FILMSTARTS.de 07.12.2016, 14:43 Geändert 07.12.2016, 14:44

    [...] Hell or High Water versteht sich dabei als staubiger (nicht qualitativ gemeint) Neo-Western und blickt in ein verwahrlostes, resignierendes Americana, in dem die Armut wie eine Krankheit von Generation zu Generation zieht. Die Menschen hier sind müde. Müde, das Richtige tun zu wollen und dabei doch nur immer wieder noch tiefer in die Scheiße abzurutschen. Müde, ja, aber noch nicht gänzlich ausgebrannt. Sicherlich wird man David Mackenzie (Mauern der Gewalt) keinen Innovationspreis für Hell or High Water verleihen, aber der Film ist geerdet, eindringlich gespielt, mit passendem Augenzwinkern versehen und versteht es darüber hinaus, Landschaften als allegorische Projektionen der Gefühlswelten aufzugreifen: Mal in sich ruhend, mal ausgetrocknet, mal ungezähmt und in Flammen aufgehend, aber immer ewig während. [...]

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    • 4

      [...] Der lichtdurchflutete Mr. Right aber ist ein Musterexemplar dahingehend, wie es aussehen kann, wenn Filmemacher nicht merken, dass 'lachhaft' und 'lustig' nicht demselben Gedanken entspringen. Bemüht um Eigenwilligkeit versuchen Paco Cabezas und Max Landis ständig eine Schippe auf das skurrile Treiben draufzulegen: Waren die tänzerischen Kampffertigkeiten von Francis vorerst noch durchaus amüsant anzuschauen, nutzen sich die zeitlupevernarrten Action-Sequenzen darauf doch recht zügig ab und erklären Mr. Right zur hyperaktiven und leidlich vergnüglichen Genre-Menage. Dass sich Anna Kendrick und der zu häufig unterschätzte Sam Rockwell an vorderster Front spielfreudig präsentieren, ändert zudem nichts an dem Umstand, dass die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern keine Funken schlägt, wie es bei Kristen Stewart und Jesse Eisenberg in American Ultra der Fall war. Ein dröges Gesamtpaket im Kugelgewitter. [...]

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      • 7
        über Sully

        [...] Mögen diese Momente in ihrer Dynamik auch konstruiert sein, so sind sie natürlich elementar für die Entwicklung der Erzählung, weil hier die Absurdität von Sullenbergs plötzlichem Lebenswandel zum surrealen Ausdruck gebracht wird: Nachdem er 155 Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt hat, wirft er sein geschraubtes Grinsen als Gast bei David Letterman in die Kamera und muss sich dann Computersimulationen stellen, die ihm aufzeigen, dass er womöglich doch den nächsten Flughafen erreicht hätte, ohne den Knackpunkt zu berücksichtigen: Den Faktor Mensch. Und um genau diesen geht es hier, errichtet Eastwood dem von Alpträumen heimgesuchten Held wider Willen doch kein pathetisches Denkmal, das Rampenlicht war Sullenberger ohnehin immer zuwider. Sully beschwört den geschlossenen Kollektivgeist, glaubt an das Miteinander und findet sogar noch adäquaten Raum, um auf einer sublimen Erfahrungsebene die gesellschaftlichen Verheerungen nach dem 11. September anzusprechen. [...]

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        • 5

          [...] Ohne Aufwärmphase setzt Dead Rising: Endgame genau dort an, wo Dead Rising: Watchtower abgeschlossen hatte: Die Regierungs- respektive Militärverschwörung wurde erkannt, ein Genozid, der den Tod von Millionen von Menschen umfassen könnte, steht auf dem Spiel und die Zeit, diesen zu verhindern, läuft gnadenlos gegen unsere Protagonisten Chase (Jesse Metcalfe), Jordan (Keegan Connor Tracy) und Jill (Jessica Harmon). Natürlich ist die Handlung von Dead Rising: Endgame oftmals Mittel zum Zweck, um die Hauptdarsteller in, stilistisch erneut ziemlich wertig umgesetzte, Kämpfe mit den Zombies zu schicken. Pat Williams aber zeigt sich in der Umsetzung deutlich bodenständiger, schraubt den splattrigen Spaßfaktor etwas herunter und verschreibt sich einem organischen Verlauf der Story. Das enttäuscht natürlich jene Zuschauer, die mit einer grellen Schlachtplatte gerechnet haben, garantiert aber eine ausgewogenere Narrativkohärenz. [...]

          9
          • 7
            SoulReaver: FILMSTARTS.de 29.11.2016, 11:31 Geändert 29.11.2016, 11:31

            »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

            #15 (Staffel – 2)
            O…wie Outlaw.

            [...] Erst nach und nach bricht sie Bahn, die Anklage, die Richard Brooks der zeitgenössischen Regierungsadministration entgegenbringt: Im Jahre 1966 war es bereits so weit, dass sich die amerikanische Truppenstärke in Vietnam auf über 300.000 Mann belief. Die Schlacht war in vollem Gange – und der Alptraum ebenfalls ausgemachte Sache. In Die gefürchteten Vier sind es nun unsere vier Haudegen, die in ein mythenumranktes Territorium eindringen, um im Namen der Gerechtigkeit zu handeln und dabei feststellen, dass Operationen, die unter dem Deckmantel der Menschlichkeit ins Leben gerufen werden, die größten Verbrechen in sich gebären. Wenn die vier Professionals schließlich auf Jesus Raza treffen, gewinnt Die gefürchteten Vier an tragischer Gewichtung: Was, wenn es keine Gerechtigkeit mehr gibt, weil es längst schon zu einer Entgrenzung von Gut und Böse gekommen ist? Was, wenn man an die Ehre glauben möchte, in Wahrheit aber nur noch einer erschütterten Illusion hinterherjagt?

            „Die Revolution ist wie die Geschichte einer großen Liebe. Zuerst ist sie eine Göttin, eine heilige Sache. Aber alle Liebesgeschichten haben einen schrecklichen Feind: Die Zeit. Wir fangen langsam an, klarer zu sehen. Die Revolution ist keine Göttin, sie ist eine Hure. Sie war niemals rein, niemals heilig, niemals vollkommen. Also machen wir uns wieder auf, suchen eine neue Geliebte, eine neue Sache. Ohne Liebe, ohne eine Sache sind wir nichts. Wir bleiben, weil wir glauben. Wir gehen, weil wir desillusioniert sind. Wir kehren wieder, weil wir verloren sind. Wir sterben, weil wir uns engagiert haben.“ [...]

            http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver

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            • 6 .5

              [...] Man sagt, dass man erst alles verlieren muss, um die Chance zu gewinnen, sich wirklich frei zu fühlen. Ob man dieses Bonmot nun verifizieren möchte oder nicht, sei an dieser Stelle dahingestellt, auf Romy allerdings trifft es exakt zu. Ihre Odyssee durch den trockenheißen Süden der Staaten wird nicht nur eine innerseelische Reise durch ein von Dunkelheit und Alpträumen gesäumtes Tal; Romy wird auch Zeuge des Preises der Freiheit: Der Liebe. Sky - Der Himmel in mir aber verweigert es angenehmerweise, seinen naturalistischen Erzähl- und Inszenierungsstil einem harmonieheischenden Anflug an anbiedernder Realitätsverzerrung unterzuordnen, wenngleich The Walking Dead-Star Norman Reedus auf den ersten Blick wie dem Cover der neusten Kuschelrock-Platte entnommen scheint. Das Hauptaugenmerk bleibt in dieser Ode an das Leben den Menschen gewidmet: Ihren Herausforderungen, ihrem Schmerz, ihrer Leidenschaft. [...]

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              • 6
                SoulReaver: FILMSTARTS.de 24.11.2016, 11:31 Geändert 24.11.2016, 11:31

                [...] Und doch ist Rupert Goold mit seinem Spielfilmdebüt ein ansprechendes Werk geglückt, obgleich er seinem faktischen Rahmen schlichtweg zu pedantisch verhaftet bleibt. Der Zusammenschluss zweier Narzissten, deren geltungssüchtige Egos um den größten Ausbund an Selbstgerechtigkeit buhlen, gestaltet sich nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der finalen Umsetzung, als reizvolle Aushandlung der Machtverhältnisse. Die Frage, wie man sich selbst am längsten im Mittelpunkt hält, beantwortet Christian Longo in diesem Fall mit erschreckendem Pragmatismus: Man muss seine Familie bestialisch ermorden. Dass True Story – Spiel um Macht dabei ganz von seinen Mimen lebt, versteht sich bei Goolds Anspruch auf methodisches Schauspielkino von allein. Auf Jonah Hill und James Franco allerdings ist Verlass, beide präsentieren sich in Bestform und müssen sich Zweifel an ihren Fähigkeiten als Charakter-Darsteller schon lange nicht mehr bieten lassen. [...]

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                • 7 .5
                  über Atmen

                  [...] Sein Anspruch auf (Sozial-)Realismus ist kein akademischer, sondern ein aufrichtiger. Atmen wertet nicht, er beobachtet, aber sein Blick versprüht keine didaktische Eiseskälte, sondern bleibt von einem Humanismus geprägt, der den Film auf seine enthaltsame Art und Weise spannend macht. Anstatt den großen Gesten Auftrieb zu verleihen – und das Thema bietet sich an für jede Menge theatralischer Entgleisungen -, fokussiert Marovics Nuancen. [...] Roman, der nur eine Existenz hinter verschlossenen Türen, ohne elterliche Zuneigung, kennt, wird außerhalb der Gittertore aus der apathischen Reserve gelockt, weil ihm die Konfrontation mit dem Tod aufzeigt, dass in ihm immer noch lebendige Impulse walten. Vor allem die gemeinsamen Szenen mit seinem Vorgesetzten Rudolf (George Friedrich, Import Export) sind von einer ungemeinen menschlichen Dynamik gekennzeichnet, weil die Interaktion mit Rudolf für Roman auf lange Sicht eine integrative Initialzündung bedeutet: Es geht nicht immer darum, einander bedingungslos gewogen zu sein. Es geht um Anerkennung und Respekt – und den wird Roman, der verschlossene Totschläger, lernen, weil er gleichzeitig lernt, die Sprache als Werkzeug zu nutzen. Markovics erzählt dieses soziale Erwachen, diese Hilfe zur Selbsthilfe, im gerne symbolbehafteten Breitwandformat, ohne sich an der Prätention zu reiben, dafür agiert der (Regie-)Novize zu konzentriert. [...]

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                  • 6
                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 21.11.2016, 22:18 Geändert 21.11.2016, 22:21

                    Vor gut 25 Jahren liefen die Quotenzähler von Sat.1 heiß, als Es zum ersten Mal im Free TV ausgestrahlt wurde. Wenn man sich heutzutage die Frage stellt, warum Es seiner Zeit eine derartige (Kollektiv-)Faszination auslöse, ist die Antwort darauf doch recht klar: Für einen Fernsehfilm besaß Es Ausmaße, die man eher einem Blockbuster zurechnen würde, war erstklassig besetzt und hat so gekonnt mit Tim Curry als aus Gullydeckeln hervorlugender (Höllen-)Clown Pennywise geworben, dass man sich dieser 180-minütigen Stephen-King-Adaption einfach hingeben musste. Bis zu diesem Punkt kann man diese Indikatoren auch auf die heutige Zeit transferieren, wenngleich sich das Fernsehen natürlich rapide weiterentwickelt hat (die Effekte von Es wirken freilicht nicht mehr zeitgemäß). Zum Film selbst: Zum Film selbst: Als King-Verfilmung – ein über 400.000 Worte messendes, sich über 1500 Seiten erstreckendes Mammutwerk - ist Es natürlich unzureichend. Die psychologische Tiefe der Vorlage, immer in Kombination mit dem Tauchgang in menschliche Urängste, die auf dem Boden des Herzens gedeihen, lässt sich erahnen, findet hier jedoch keine akkurate Grundierung – was bei, immer noch, äußerst knappen 180 Minuten auch nahezu unmöglich scheint. Dafür muss man den Schauspielern im nächsten Schritt ein großes Lob aussprechen, fertigen sie hier doch immerhin einige ordentliche Psychogramme an, was für die richtige Anbindung zum Zuschauer sorgt. Obgleich Es darüber hinaus unverkennbar in die Jahre gekommen ist, beweist Regisseur Tommy Lee Wallace erneut, dass er ein wunderbarer Handwerker ist, schöpft gekonnt aus dem Bilderrepertoire allseitiger Ängste und erzählt Es in der ersten Hälfte als richtig ordentlichen, nostalgisch-klassischen Coming-of-Age-Film, bevor die zweite Hälfte unter der Last der Vorlage und einem überhastet-lückenbehafteten Narrativ zusammenbricht. Das letzte Wort allerdings, wie könnte es anders sein, ist Tim Curry zugedacht, der als eine Ausformung des ungreifbaren Bösen durch seine beunruhigende Ausstrahlung regelrechte Schächte in die Eingeweide gräbt. Pennywise ist der Stoff, aus dem Alpträume gemacht sind.

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                    • 4 .5
                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 21.11.2016, 22:15 Geändert 21.11.2016, 22:17

                      Das Werk von Mr. Kettensägenmassaker gestaltet sich umfassend schon reichlich durchwachsen. Mit Brennen muss Salem jedenfalls vollbringt Tobe Hooper, wer hätte das gedacht, auch in der eigentlichen Hochphase seines Schaffens keinen Griff zu den Sternen. Dass die Stephen-King-Adaption nun endlich hochauflösend in der ungekürzten TV-Fassung zu erhalten ist, mag rein von der Sachlage her erfreulich sein, die knapp 185-minütige Laufzeit aber gestaltet sich oftmals als echte Geduldsprobe. Die Geschichte um den in seine beschauliche Heimatstadt zurückkehrenden Schriftsteller Ben (David Soul, Dirty Harry II – Calahan), der sein Buch über das hiesige Marsten-Haus beenden will und sich in seinen Vermutungen bestätigt sieht, dass dieses Gebäude ein Monument des Bösen darstellt, lässt sich, in Bezug auf das Topoi des populären Wortschmiedes, als wahre King-Essenz titulieren. Die Umsetzung allerdings ist dürftig. Nicht gänzlich inszenatorisch, Tobe Hooper macht seine Arbeit weitestgehend gut, generiert einige stimmungsvolle Bilder, die sich an Motiven des klassischen Horrorfilms laben, aber erzählerisch. Dort bekommt es Brennen muss Salem einfach nicht bewerkstelligt, sein Gefahrenszenario versiert zu verdichten. Die Charaktere bleiben einem seltsam fern (das hat Tommy Lee Wallace mit ES, und der war um ein VIELFACHES komplexer, 11 Jahre später deutlich kompetenter bewerkstelligt), die schwarzmagische Bedrohung wird kaum erfahrbar gemacht, weil eine klare, emotionale Rückbindung zu den Figuren, die mehr und mehr um Schlaf und Verstand gebracht werden, einfach fehlt. James Mason indes ist super, das Make Up von Reggie Nalder als Vampir-Oberhaupt Barlow sogar brillant, aber der Umgang mit dem Bram-Stoker-Mythos, dem Stephen King in seiner mehr als 700-seitigen Romanvorlage noch eine hingebungsvolle Ehrerbietung darreichte, lässt zu wünschen übrig.

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                      • 9

                        [...] Blue Velvet formuliert sich dabei als eine Fahrstuhlfahrt in das Unterbewusstsein; als der neugierige Blick in eine von Rot- und Blautönen durchtränkte Dimension, die unserer Wirklichkeit ähnelt, aber diese immer noch ein Stück weit verzerrt, verdreht, verschiebt – was nur umso intensiver dafür sorgt, unsere gesellschaftliche und menschliche Mitte zu spiegeln. [...] Ohnehin ist David Lynchs Umgang mit dem Symbolcharakter einzelner Farben innerhalb seiner genuinen Bildwelten augenfällig: Das Rot der Lippen, das Rot der Blumen, das Rot des Gehirns, welches sich auf dem Teppich verteilen wird und natürlich das Blau, wie der Samt, der einen Vorhang säumt, hinter dem wir Geheimnisse erforschen, die von abgründiger Macht und intimer Schönheit sind. Diese Signale, Impulse und Reize flankieren Jeffreys innerseelische Erkundungsreise. Die fremde, seltsame Welt, wie er wiederholt zu sagen pflegt, wir leben nicht nur in ihr, sie lebt auch ins uns. Das Böse und Irreale, es spaltet sich nicht ab, es ist unter und in uns, verborgen in der Tiefe des Bildes, der Weite des Raumes, der Sehnsucht von Körper und Geist. Und am Ende? Da bleibt das Augenzwinkern, das Rotkehlchen, das Insekt, die Dunkelheit, das Licht und über allem: Das Bewusstsein. [...]

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                        • 6 .5
                          über Snowden

                          [...] Dramaturgisch mag sich Snowden dabei kaum aus der Wohlfühlzone traditioneller Charakter-Porträts bewegen, perspektiviert fein säuberlich den Konfliktherd, der sich aus der Verquickung vom Privaten mit dem Beruflichen ergibt und veranschaulicht, wie sich Edward Snowdens libertäre Enthüllungsarbeit immer gravierender auf seine sozialen Kompetenzen auswirkt – ganz zum Leidwesen seiner Frau Lindsay (Shailene Woodley, The Spectacular Now). Oliver Stone aber gelingt es, den komplexen Sachverhalt der globalen Überwachungs- und Spionageaffäre effektiv in 135 Minuten aufzubereiten, ohne den Zuschauer maßgeblich zu unterschätzen: Die Erkenntnis, dass der Kampf gegen den Terrorismus im Umkehrschluss auch eine politische Nutzbarmachung des Terrorismus in all seinen Ausformungen bedeutet, ist zweifelsohne eine sinnstiftende. Und nicht zu vergessen: Joseph Gordon-Levitt (The Dark Knight Rises) in der Hauptrolle. Eine wahrlich beeindruckende Performance. [...]

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                          • 7 .5

                            [...] Henry II. wählt einmal die treffenden Worte, dass „nichts im Leben zu vollkommen sein darf.“ Treffend, weil dieser Satz auch die feingliedrige Qualität von Der Löwe im Winter manifestiert: Die Charaktere sind so wunderbar fehlerbehaftet, geradezu getränkt in Verfehlungen, dass durch den Wust an Grausamkeiten immer wieder ein Funke unverdünnter Menschlichkeit Bahn bricht. Abseits der Durchtriebenheit, den Zynismen und der Tyrannei, die alle Beteiligten in krampfhaften Ausmaß an den Tag legen, zeigt sich wiederholt, dass sich Henry II. und Eleanor über die Jahre entfremdet haben, ihre Gefühlswelten füreinander aber noch lange nicht verwelkt sind. Gerade dieser Umstand, dass die Wucht der getätigten Aussagen simultan dazu auch die Fragilität der schweren Herzen freilegt, intensiviert das vielschichtige Geschehen. [...]

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                            • 6

                              [...] Vor allem interessant aber gestaltet sich der perfide The Night Before Halloween durch die Einführung von Hauptdarstellerin Emily (Noell Coet, Revelation Road: The Beginning oft the End), setzt sie durch ihre aufgrund eines emotionales Traumas bedingte Blindheit doch einen ansprechenden Suspense-Gestus voraus, den Richard Schenkman innerhalb seiner straight dargebotenen 80 Minuten gekonnt stimuliert und verdichtet. Die visuelle Beeinträchtigung der Protagonistin (und hier lassen sich quasi umgekehrte Vorsätze zum kürzlich erschienenen Don’t Breathe erkennen) wird in ein Bedrohungsszenario eingewoben, in dem die (augenscheinliche) Sicherheit der Sozialzelle Eigenheim langfristig aus den Angeln bricht und nach und nach zur Spielstätte des nächtlichen Grauens verkommt: Eine dem Home-Invasion-Sujet eingeschrieben Gesetzmäßigkeit, die sich durch das Abklopfen von Emilys Wunsch nach seelischer Erlösung auch dem Slasher-Film zuträglich präsentiert. [...]

                              6
                              • 9

                                [...] Denn, wenngleich Jef Costello verroht und wortkarg bleibt, so bricht doch immer wieder ein Funke Menschlichkeit in seinen taxierenden Augen Bahn. Wenn er in seiner Wohnung dem Zwitschern des Dompfaffs lauscht und den Blick in den Käfig richtet, dann wird nicht nur deutlich, dass das eingesperrte Federtier eine beinahe einzigartige Lebendigkeit aufweist, sondern auch, dass Costello dem unbeschwerten Treiben des Vogels mit einer gewissen Sehnsucht folgt: Die Freiheit des Menschen, sie scheint in Der eiskalte Engel eine Utopie; ein Trugschluss. Und da wird die Tragödie deutlich, von der Jean-Pierre Melville spricht, ist der vom amerikanischen Gangsterkino des 1940er Jahre inspirierte und für die Nachwelt ungemein stilprägende Der eiskalte Engel doch eine Studie über Einsamkeit; ein Film der Stille, des verborgenen Sehnens, der verkümmerten Herzen. Der Ewigkeit. [...]

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                                • 4
                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 13.11.2016, 16:01 Geändert 13.11.2016, 17:51

                                  [...] Sobald Larsons Buch Teil eines profitgierigen Etikettenschwindels wird, Larson nach Venezuela entführt und von zwielichtigen Gestalten (darunter auch ein vollbärtiger Andy Garcia, Der Pate III) für den in seinem Roman beschriebenen Profikiller Ghost gehalten wird, stottert der Narrativmotor von Die wahren Memoiren eines internationalen Killers ganz gewaltig. Die gewandte Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex des künstlerischem Eskapismus unterliegt hier keinem diskursiven Anspruch, obwohl sich fortwährend der Eindruck verhärtet, dass Jeff Wadlow und sein Autor, Jeff Morris, durchgehend ihre – angebliche – Cleverness exponieren wollen. In Wahrheit aber scheint das Gespann den reflektorischen Gehalt ihrer Geschichte selbst nicht verstanden zu haben: Es ist bezeichnend, wenn Die wahren Memoiren eines internationalen Killers letztlich auf furchtbar vorhersehbare Weise einzig und allein Klischees des Mechanic- respektive Agenten-Flics reproduziert, anstatt sie zu nonchalant hinterfragen. [...]

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                                  • 6

                                    [...] Ja, Family Man artikuliert sich über Phrasen, er ist konservativ und gefühlsduselig, appelliert fortwährend an das Heile-Familie-Blue-Collar-Ideal und hinterfragt (vielmehr: verurteilt) den (selbst-)gefälligen Lebensstil der Karrieristen dieser Welt. Und natürlich ist Weihnachten, ganz besonders im Kino, die Zeit der Wunder und des Phantastischen, was Jack Campbell die Möglichkeit darbietet, einen Blick in ein Leben zu werfen, welches er vor 13 Jahren aufgegeben hat, als er sich gegen seine damalige Freundin und für den Job entschieden hat. Was folgt, ist eine moralische Lektion, die Jack – entsprechend der Auffassung des Filmes – zur Besinnung kommen lässt und den Zuschauer durch das gewohnt eifrige Spiel von Nicolas Cage durchaus packt. Mit 130 Minuten mag der Film, gemessen an seiner stofflichen Resonanz, zu lang geraten sein, der Gefühlsdusseligkeit der Narration aber gibt man sich letzten Endes doch gerne hin – vor allem, wenn der Schnee in dicken Flocken gegen das Fenster weht. [...]

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                                    • 8

                                      [...] Die immense Sogwirkung von Leaving Las Vegas – Liebe bis in den Tod speist sich aber ganz eindeutig aus dem durch und durch aufopferungsvollen Schauspiel der beiden Hauptakteure: Während Elisabeth Shue als Engel mit schmutzigen Flügel dafür verantwortlich ist, dass Ben auf seinem Weg in den alkoholgetränkten Freitod ein wenig gefühlvolle Einkehr erfährt, ist es Nicolas Cage, der in der Rolle einer privat wie beruflich gescheiterten Seele die Performances seines Lebens abruft: Fiebrig, nervös, depressiv, keuchend und mit rotglühenden Augen lässt Cage als pathologischer Säufer, letzten Endes kaum mehr als der bleiche Schatten eines Menschen, merklich jeden einzelnen Knochen vom Suff durchdringen und vervollständigt das beeindruckende Psychogramm einer bemitleidenswerten Persönlichkeit, die krampfhaft den Tod sucht, obwohl sie die Liebe gefunden hat. Eine erschütternde Charakter-Studie, die in ihrem Schmerz und ihrer Poesie wohl ewig währt. [...]

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                                      • 4 .5

                                        [...] Stuart Rosenberg inszeniert Ein Mann räumt auf – in Bezug auf den Charles-Bronson-Output – als routinierte, jedoch gänzlich unspektakuläre Exkursion ins eidgenössische Schneegebiet, vollbringt es dabei aber zu keiner Zeit, bis auf den idyllischen Austragungsort, eigene Akzente zu setzen, die den Film an sich von ähnlich gepolter Bronson-Konfektionsware abheben – oder eine Zweitsichtung rechtfertigen könnten. Es ist dabei mal wieder Charles Bronson selbst anzurechnen, dass Ein Mann räumt auf zwar in Gänze eher unterwältigt, aber niemals verstimmt, gibt sich der Verfechter von Gerechtigkeit hier doch in einer erneut durchaus charismatischen Performance die Ehre, obgleich die Chemie zu Schauspielkollegin Jill Ireland niemals Funken schlägt, was der emotionalen Fallhöhe natürlich ungemein abträglich entgegenwirkt. Aber zu sehen, wie sich Bronson auf automobile Schlittenfahrten einlässt und ein Blasrohr baut, mit dem er im Finale Nägel verschießen wird, erfüllt zweifelsohne seinen Zweck. [...]

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                                        • 6
                                          SoulReaver: FILMSTARTS.de 09.11.2016, 16:08 Geändert 09.11.2016, 16:10

                                          [...] Zweifelsohne muss sich War Dogs den Vorwurf gefallen lassen, nicht sonderlich innovativ zu sein – weder dramaturgisch, noch bildästhetisch. Dafür ist der Film letztlich zu sehr an die Konventionen des traditionellen Erzählkinos gebunden (ein Martin Scorsese stand ohnehin offensichtlich Pate). Todd Phillips aber füllt sein schrill-pervertiertes American-Dream-Szenario um die Irren und Wirren im Leben (semi-)professioneller Aasgeier mit Vitalität, weil er seine Inszenierung stetig temporeich hält, sich nie zu lang an Nebensächlichkeiten vergreift und sich, wie gesagt, auf seine Schauspieler verlassen kann, die die Höhen und Tiefen einer Freundschaft mit Blut, Schweiß und Tränen durchleben. Wenngleich War Dogs die bar jeder Moralität entflammte Galligkeit eines Lord of War – Händler des Todes abgeht, machen Phillips und seine beiden Co-Autoren unmissverständlich deutlich, dass Ideale ehrenwerter Natur sein mögen, in dieser Welt aber letztlich vollkommen unergiebig geworden sind. [...]

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                                          • 5 .5

                                            [...] Der Grenzwolf zeigt sich durchaus gewillt darin, dass in seiner Thematik naturgemäß implizierte politische Programm ernstzunehmen, anstatt sich, wie der bildgewaltige Desierto – Tödliche Hetzjagd zuletzt, von jedem Diskurs freizusprechen. Und es bleibt durchweg interessant zu sehen, wie sich Charles Bronson gemäßigt durch das grenzländische Spannungsszenarium bewegt, Spuren liest, Indizien sammelt und die großkalibrige Bleispritze bis zum Finale sicher im Halfter aufbewahrt. Es ist vielmehr Jerrold Freedman anzurechnen, dass Der Grenzwolf – trotz seiner positiven Abweichungen – im gehobeneren Mittelmaß versackt, vermag seine schmucklose Inszenierung doch nie den Gedanken vermeiden, dass man es hier womöglich sogar mit einem TV-Film zu tun bekommen könnte. Letztlich ist es dem markanten Zugpferd an vorderster Front zu verdanken, dass Der Grenzwolf funktioniert: Denn Bronson bleibt rechtschaffen in seiner Konsequenz und konsequent in seiner Rechtschaffenheit. [...]

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                                            • 7 .5

                                              Vampyr– Der Traum des Allan Grey darf sich zu den wenigen Filmen zählen, denen unverkennbar ein verlockendes Geheimnis innewohnt. Von der ersten Minute an ist man sich als Zuschauer dessen im Klaren und fühlt sich folgerichtig in der Pflicht, diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Zusammen mit Allan Grey, seines Zeichens Phantast und besessen vom Übernatürlichen, schweben wir durch auratische Traumlandschaften, die Carl Theodor Dreyer mit einem beachtlichen Verständnis für die Verwendung von Filmtechnik(en) auskleidet. Von der bewusst dumpf-körnigen Optik – in Kombination mit der bis ins kleine Detail durchdachten Kameraführung – einmal abgesehen, die das Herkömmliche in der französischen Provinz ohnehin schon ein gehöriges Stück ins Realitätsfremde verzerrt, müssen die sich verselbstständigenden Schatten(-Effekte) 1932 eine wahre Sensation gewesen sein. Und Schatten sind in Vampyr – Der Traum des Allan Grey das essentielle Stichwort, formuliert Dreyer über ihre Allgegenwart doch nahezu alles: Jenseits der Materie, dem Organischen, dem Greifbaren, scheint man sich hier in ein Reich der körperlose Begleiter zu begeben – und die Furcht, selber ein Schatten (sprich, sich aufzulösen, zu verstummen) zu werden, dräut in jeder Einstellung. Gerade diese irreale Angst (sowie die stetige Konfrontation mit dieser), Geschöpfen des Abgrundes zu begegnen, die die Wohnstätten der Lebenden heimsuchen und Tod und Verderben säen, weiß Dreyer filmisch bewusst zu machen, weil er Aussparungen genießt, weil er sich abseits herkömmlicher Erzählkonventionen bewegt und rein gefühlsmäßig über das (Audio-)Visuelle vermittelt. Zeit, Mysterien zu entdecken, die dem Sonnenlicht verborgen bleiben.

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                                              • 6 .5
                                                SoulReaver: FILMSTARTS.de 08.11.2016, 10:46 Geändert 08.11.2016, 10:47

                                                [...] Und es ist bisweilen wunderbar amüsant mitanzusehen, wie sich das, gerne der Gehässigkeit preisgebende, Narrativ an die Fersen der alleinstehenden Mitdreißigerin heftet und voller Esprit beschreibt, wie diese emanzipierte Dame ihrem Umfeld kontinuierlich beweisen muss, dass sie doch immer noch am besten weiß, was sie erfüllt und was nicht. Freunde und Verwandten möchten das Gespräch in ihrer Gegenwart gerne mal mahnend in die Richtung einer Sinnkrise verfrachten, was wohl zweifelsohne wunderbar zur Identifikation taugt, während Bridget Jones ins Fadenkreuz der um ihre Gunst buhlenden Streithähne Mark (Colin Firth) und Daniel (Hugh Grant) gerät. Amouröse Verrenkungen gehören zum Leben nun mal dazu; und Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück gilt heute vollkommen zu Recht als Klassiker des Genres, formuliert er größtenteils doch ebenfalls eine Geschichte, ganz und gar aus dem Leben gegriffen. [...]

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                                                  [...] Wirkungsvoll aber gestaltet sich nicht nur die Vision der Ausgangslage, überraschenderweise kann Unfall im Weltraum zuweilen mit wirklich hochwertigen Effekten protzen, die nichts mit dem Genre-Ramsch zu tun haben, der in jenen Jahren ebenfalls im monatlichen Turnus die Lichtspielhäuser heimsuchen durfte. Robert Parrish war ohnehin ein Filmemacher, der durch sein technisches Verständnis, wie und mit welchen Elementen man den Bildkader zu füllen hat, nachhaltig zu beeindrucken wusste. Unfall im Weltraum, der unverkennbar auch von Stanley Kubricks Jahrhundertwerk 2001 – Odyssee im Weltraum inspiriert wurde, geht jedoch noch einen Schritt weiter, als sich an seiner reinen Visualität zu ergötzen. Das Geschehen formt sich in der zweiten Hälfte zum psychologisch-motivierten Drama, offeriert Existenz- und Sinnfragen und betrachtet das technokratischen Zeitalter, in dem Unfall im Weltraum fortwährend agiert, mit einem äußerst düsteren Blick. [...]

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                                                    [...] Für die Mitglieder jener urtümlichen Stämme, deren Kulturen und Rituale viele Jahrhunderte in die Vergangenheit zurückranken, besitzen die feuerspeienden Giganten die Bedeutung von Gottheiten, während im glühenden Lavastrom die metaphysischen Überbleibsel der Menschen ein letztes Mal aufbegehren: Die Vulkanlandschaften werden zum Tanzboden der Seelen, und der destruktive Eindruck mundet in einer gar beruhigenden Ungebundenheit. [...] Dass uns die Vulkane selbst, die letztlich für unsere Atmosphäre verantwortlich sind und die Menschheits- wie Erdgeschichte somit maßgeblich beeinflusst haben, immer wieder an die Vergänglichkeit der Welt, der Wissenschaft und unserer eigenen Existenz gemahnen, fasziniert vor allem Werner Herzog merklich: Wie hypnotisiert blickt er in die Tiefen der feurig-schäumenden Krater; verliert sich zusehends und scheint dabei ein Bild von sich zu erkennen, dass ihm die Chance gewährt, näher zu sich und seiner persönlichen Lebensrealität zu finden – Der Vulkan als transzendente Erfahrung. Und ausgehend von diesem Gedanken, dass im pyroklastischen Strahl Leben und Tod in einem ganz und gar reziproken Verhältnis verweilen, erschafft Herzog mit In den Tiefen des Infernos erneut ein großes, ja, zuweilen gar lyrisches Werk über das Wesen der Natur, den Menschen und darüber, dass sich beide Parteien immer im Klaren über ihre ewigwährende Verbindung sein sollten. [...]

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