SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

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    SoulReaver: FILMSTARTS.de 19.04.2016, 23:07 Geändert 19.04.2016, 23:10
    über Shoah

    [...] Als Zuschauer gerät man zusehends in eine Situation emotionaler Überforderung (was vermessen scheint, angesichts der Erfahrungen, die hier wiedergegeben werden): Immerzu wähnt man sich in der Frage, wie es möglich ist, derartige Verbrechen an seinesgleichen zu verüben? Und tatsächlich ist es „Shoah“ daran gelegen, aufzuzeigen, dass das Unbegreifliche immer unbegreiflich bleiben wird. Weil wir mit einer unvorstellbar differenten Kraft an Erinnerung und Verdrängung in Berührung geraten, der wir selbst im Zuge irrationaler Gedankenentgleisung nicht gewachsen sind. Doch „Shoah“ gibt uns die Möglichkeit, fremde Erinnerungen auf einer persönlichen, einer intimen Ebene erfahrbar zu machen. Wenngleich der Einfühlungsprozess in Bezug auf das reelle Erleben einem Miniaturfragment gleicht, werden wir die Menschen, die sich um Fassung bemühen, nach Luft ringen und zusammenbrechen; die sich voller Stolz damit brüsten, wichtige Ämter innerhalb der Arbeitslager übernommen zu haben, doch nie vergessen. Ihre Wiedergaben überdauern die Ewigkeit – und Claude Lanzmann schenkt ihnen Gehör. Wir hingegen müssen endlich lernen, zuzuhören.

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      SoulReaver: FILMSTARTS.de 19.04.2016, 13:39 Geändert 19.04.2016, 13:39

      [...] Igor und Victor funktionieren folgerichtig deswegen miteinander, weil der eine die Schwächen des anderen reflektiert. Schade nur, dass „Victor Frankenstein“ sich nicht getraut hat, der Beziehung einen queeren Subtext zu erlauben, Möglichkeiten hätte es genügend gegeben: Allein die Entfernung von Igors Buckel ist ein metaphorischer Ausdruck homosexueller Entsaftung. Anstelle dessen wird Igor eine lieblose Anbandlung mit Lorelei (Jessica Brown Findlay) aufgebürdet – ohne einen Funken erotisches Knistern zu entfachen. [...] Im Großen und Ganzen bleibt „Victor Frankenstein“ ein recht blasser Film, weil es Paul McGuigan nicht gelingt, die Charaktere mit dem entsprechenden Eigenleben zu grundieren, was ein antiklimatisches Gefüge in der Präsenz zwischen Daniel Radcliffe und James McAvoy entfacht: Letzterer reist den ehemaligen Zauberschüler über den Großteil der Handlung einfach mit und ist nicht unwesentlich dafür verantwortlich, dass in „Victor Frankenstein“ ein ums andere Mal ulkige Camp-Spuren sprießen. Es wäre ohnehin nur von Vorteil, hätte sich das Projekt von Beginn an nicht so ernst genommen und sich dem entfesselt agierenden James McAvoy angepasst – Edeltrash mit Gute-Laune-Faktor wäre durchaus vorstellbar gewesen. [...]

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        Optisch ist der doch ziemlich gelungen, jedenfalls mal man das noch in der ersten Hälfte des Filmes: Allein in der außerordentlichen Tiefenschärfe möchte man sich verlieren, wenn Schattengestalten durch das urbane Schneegestöber streifen und „Max Payne“ sich dabei einer wirklich ansehnlich stilisierten Neo-Noir-Aura bemächtigt. Danach wird jedoch klar, dass die Bilder nichts erzählen. Sie sind elaboriert, aber leer. Genau wie die Figuren. Max jagt Geistern hinterher, bittet um Erlösung, doch sein existenzialistisches (Selbst-)Gefecht ist nur Behauptung (anders als in der Vorlage, die sich nicht nur als ästhetischer Third-Person-Shooter verdient gemacht hat, sondern auch als moralischer Diskurs aufwühlte). Mark Wahlberg stampf einzig mit verhärmter Leidensmiene durch die eisige Gegend und bleibt ein luftgefülltes Charakter-Gefäß innerhalb der schrecklich unförmigen Drehbuchkonstruktion. Zum Teil ist das wirklich haarsträubend, wie einfach es sich die Autoren doch gemacht haben, Plot Point an Plot Point zu reihen, anstatt die Zwischenräume Pacing-orientiert auszubauen (von Kohärenz und Logik mal ganz zu schweigen). Und dass „Max Payne“ darüber hinaus im Kontext seines mythischen Drogen-Stranges auch noch einen Verweis zur tagesaktuellen Politik bemüht und damit zum reinrassigen Blender mutiert, macht ihn nur noch unsympathischer.

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          SoulReaver: FILMSTARTS.de 17.04.2016, 12:35 Geändert 17.04.2016, 22:25

          Produktionsökonomisch ist „Underworld“ ein Achtungserfolg, wenngleich ein Budget von reputierlichen 23 Millionen Dollar die Verantwortlichen mit Sicherheit nicht am Hungertuch hat nagen lassen. Da sind wir dann auch schon am Knackpunkt angelangt: Len Wisemans Debüt sieht in seinen optischen Reizen definitiv aufwändiger und kostspieliger aus, als es in Wahrheit ausgefallen scheint. Damit ist natürlich nicht (nur) Kate Beckinsale gemeint, die als gazellenhafte Lack-und-Leder-Amazone neuen Zündstoff in das feuchte Traumland pumpt, sondern Wisemans paraphrasierender Umgang mit der altehrwürdigen Mythologie von Vampiren und Werwölfen. „Underworld“ gebraucht diese, um ein nicht uninteressantes gesellschaftliches Sittengemälde zu konstruieren, in dem die Blutsauger sich in dekadenten Selbstlügen winden und zusehends ihrer eigenen rassenideologischen Bedeutungshuberei erliegen, während die animalischen Lykaner im Untergrund nur darauf warten, ihren Aufstand der Sklaven zu finalisieren und der seit 600 Jahren intakten Blutfehde mit ihrem Triumph ein für allemal ein Ende zu setzen. Und wie gesagt: Das sieht richtig dufte aus. (Über-)Zelebrierte, kinetische Kampfsequenzen ergeben in Kombination mit verregneten, beinahe dem Film Noir entliehenen Bildern einen Augenschmaus, der nachhaltig belegt, wie wenige Nuancen es braucht, bis das Stahlblaue im Monochromen verschwimmt.

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            SoulReaver: FILMSTARTS.de 16.04.2016, 12:27 Geändert 16.04.2016, 12:34

            Burhan Quarbani denkt diesen Film in erster Linie ästhetisch. Und sein ungemein feinnerviges Gespür dahingehend, ausdrucksstarke Bild- und Tonkompositionen zu arrangieren, ist der Grund, diesen Mann auch künftig im Auge zu behalten. Wenn die Kamera schwebend durch die Straßen zieht, sich an Menschenmassen regelrecht heransaugt, sich im nächsten Moment wieder losreißt, um dann Einzug in die Wohnungen zu gewinnen, direkt in den intimen Kosmos einer rastlosen Clique, die zur Nachwendezeit irgendwie versucht, einen Sinn im Leben zu finden, dann ist das formalästhetisch definitiv erstklassig, weil „Wir sind jung. Wir sind stark.“ hierbei illustriert, dass er in der Lage ist, allein über das Gepräge Umgebung und Charaktere zu kombinieren. Es fehlt jedoch die Nachzeichnung und „Wir sind jung. Wir sind stark.“ ist inhaltlich zu diffus geraten, was dazu führt, dass Qurbani in einem Hang zum Formalismus beinahe komplett am Thema vorbei inszeniert. Die Materie, rundum die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992, ist für diese Vorgangsweise zu gewichtig und dringend. Sicherlich, man könnte argumentieren, dass Quarbani am immerwährenden Diskussionsgegenstand der rechten Gewalt rührt und ihn greifbar zu machen versucht, in dem er aufzeigt, dass er nicht greifbar ist. „Wir sind jung. Wir sind stark.“ insgesamt jedoch zu verwaschen, zu konstruiert und letztlich auch zu schematisch, wenn hier krampft versucht wird, beide Seiten (Opfer & Täter) zu beleuchten, in Wahrheit aber doch zuvörderst Interesse daran bekundet wird, die Plansequenz möglichst elegant ausklingen zu lassen.

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              SoulReaver: FILMSTARTS.de 15.04.2016, 20:04 Geändert 15.04.2016, 21:21

              Schulmeisterliche Morallektion, die anhand einer aus dem Ruder gelaufenen Projektwoche veranschaulichen möchte, dass in elitären Autoritätsformen auch heute noch das Potenzial schlummert, sie in einer Gemeinschaft zu faschistoiden Strukturen heranreifen zu lassen. Angeführt von einem dynamischen Lehrer, der durch sein natürliches Charisma suggestiv auf Menschen einwirken kann, wird erst eine Klasse, dann ein Jahrgang, dann die ganze Schule von der blütenweißen Welle mitgerissen. Signalrote Ausnahmen bestätigen die Regel. Dennis Gansel beweist sich nicht nur als Filmemacher, der wenig Ahnung von Jugendkulturen hat (die bestehen bei ihm allesamt nur aus funktionalen Stereotype ohne Eigenleben), sondern begegnet auch den Mechanismen des Faschismus reichlich kurzsichtig, wenn er dessen Auswüchse als prekäres und dezidiert teutonisches Experiment darstellt, welches seine verführerische Kraft sofort verpuffen lässt, wenn ein Zahnrädchen im Uhrwerk nicht mehr den etablierten Dienst nach Vorschrift leistet. Hölzerne Dialoge, flache Charakterkonzepte, inhaltlich unterentwickelt und haarsträubend plakativ. Am Thema vorbei.

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                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 14.04.2016, 17:05 Geändert 14.04.2016, 17:09

                  [...] Ansprechend an einem Point-of-View-Shot ist nach wie vor, wie es einem Film indessen innerhalb von wenigen Sekunden gelingt, den konventionellen Wahrnehmungshorizont des Zuschauers aufzubrechen und diesen geradewegs in die Lage des Akteurs zu versetzen. „Hardcore“ jedoch erliegt der Annahme, dass es befriedigende Attraktion genug wäre, einen einzig aus der subjektiven Einstellung gefilmten Gewaltrausch auf die Leinwand zu fetzen, um das Publikum zu stehenden Ovationen zu animieren. Tatsächlich kann „Hardcore“ zu Beginn noch durchaus faszinieren, eben weil er Henry als kybernetische Killermaschine so ungestüm auf einen blutigen Feldzug durch die Betonlandschaft der russischen Hauptstadt scheucht und dabei Aufnahmeorgane adressierte, die der Zuschauer noch nicht aufweisen konnte. Als Gimmickfilm, der „Hardcore“ nun mal ist, nutzt sich das ungezähmte GoPro-Gewackel allerdings relativ zügig ab und vor der Leinwand expandiert zusehends der Eindruck, man würde jemandem beiwohnen, der voller Euphorie den neusten Ego-Shooter spielt – man selbst jedoch ist zum Zusehen verdammt. [...]

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                    Er vertraut in das Wort Gottes und führt ein Leben streng nach seinen Lehren: „Teach me, Lord“, heißt es da in großen schwarzen Lettern auf seinen Rücken tätowiert. Er, das ist Tore, ein grundsympathischer 'Jesus-Freak', der aufs Extremste in seiner Nächstenliebe auf den Prüfstand gestellt wird. Denn „Tore tanzt“ ist deutsches Terrorkino pur, welches Tore, dem man als Zuschauer nur mit Mitleid begegnen kann, in einen Zustand ärgster physischer wie psychischer Bedrängnis führt. Zusammen mit Tore werden wir in den Abgrund deutscher Schrebergärten gestoßen. Hinter der kleinbürgerlichen Fassade wartet die Hölle auf Erden. Zu Anfang noch ist Tore der Annahme, dass kein Mensch ihm etwas anhaben kann, eben weil er zu gefestigt in seinem Glauben ist. „Tore tanzt“ stellt genau das zum Diskurs: Wie lang kann der Glaube an Gott überhaupt Schutz und Rückhalt bieten, wenn das Irdische mit all seiner hässlichen Vehemenz auf das Außerweltliche einwirkt? Wie lange kann Tore das Schild des Glaubens gen Himmel recken, während ihm in aller Deutlichkeit aufgezeigt wird, dass Gott hier scheinbar nicht mehr anwesend ist? Tore jedenfalls hält die andere Wange hin. Wieder und wieder. Nichts anderes bleibt ihm. Und Regisseurin Katrin Gebbe agiert unnachgiebig, weidet sich jedoch keinesfalls am Grauen, welches auf Tore einschlägt, sondern macht es zum elementaren Gegenstand ihrer motivischen Abhandlung. Ein famoser Film. Ein urgewaltiges Raunen. Unbehaglich bis ins Mark.

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                      [...] „Er ist wieder da“ indes unterliegt dem Glauben, hierbei die ganz große Satire zu erschaffen. Tatsächlich wirkt es durchweg so, als würden die Beteiligten sich hier euphorisch auf die Schultern klopfen, wenn sich die Passanten im Dialog mit Hitler dazu hinreißen lassen, ihren Unmut gegenüber der politischen Lage Ausdruck zu verschaffen. Oder noch besser: Wenn sich ein ganzes Pulk an Personen um Hitler versammelt und dann gemeinschaftlich zum Hitlergruß anstimmt. Aber ist das wirklich Satire? Wenn ja: Wo soll hier die entlarvende Faktor stecken? Für „Er ist wieder da“ vermutlich schon in der bloße Geste, was die töricht-spekulative Ausstaffierung des abgekarteten Geschehens entschleiert. [...] „Er ist wieder da“ bestimmt nicht das Verhältnis zwischen Adolf Hitler und den Menschen von heute, er lenkt seinen Blick immerzu vom Individuum zur amorphen Masse: Nicht das „Wir“ steht zur kritischen Disposition, es sind immer „die Anderen“, die der faschistischen Ideologie Nährboden schenken. Und dort bagatellisiert „Er ist wieder da“ sein ganzes Anliegen, weil er zwanghaft Schuldige sucht und sich in pädagogischen Eindeutigkeiten wähnt, damit auch der Zuschauer in der letzten Reihe merkt: Ja, die weltanschaulichen Grundzüge von Hitlers Diktatur verharren immer noch in unserer Gesellschaft, zum Glück aber hat das alles nichts mit mir zu tun. Welch Erkenntnis.

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                        SoulReaver: FILMSTARTS.de 10.04.2016, 17:53 Geändert 13.04.2016, 22:24

                        [...] Ohnehin präsentiert sich „Der geilste Tag“ zu kalkuliert darin, was er tut und bemüht sich, der sich einzig über Allgemeinplätze hinweg erstreckenden (Film-)Route die Treue zu schwören: Jeder Anflug von (behaupteter) Emotionalität wird dementsprechend auch mit sanften Piano-Klängen auf dem Off quittiert. Nichtsdestotrotz möchte man „Der geilste Tag“ nicht wirklich mit Groll begeben, eben weil er in seiner Berechenbarkeit letztlich nicht ernsthaft verärgert oder gar ins Zynische ausufert, sondern einfach nur das schabloniert, was andere Filme vor ihm bereits aufgefahren haben. Es bleibt eben risikoscheue Wohlfühlzerstreuung, die ausschließlich dafür produziert wurde, um liebgehabt zu werden. [...]

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                          SoulReaver: FILMSTARTS.de 10.04.2016, 00:33 Geändert 10.04.2016, 00:37
                          über Abyss

                          James Cameron weiß wie es ist, wenn das Meer langsam sein heimeliges Blau abstreift und das bedrohliche Tiefschwarz der Meeresgräben das schummerige Scheinwerferlicht vollends verschlingt. Seine Begeisterung für die Ozeanografie ist weitreichend bekannt, er selbst darf sich sogar zu den wenigen Menschen zählen, die in das westpazifische Challengertief im Marianengraben hinuntergetaucht sind – dem tiefsten Punkt der Weltmeere, dem letzten unerschlossenen Territorium unseres Planeten. Und selbstverständlich versteht auch James Cameron das Meer in all seiner einschüchternden Anmut als transzendente Erfahrung. Der Nachweis dafür lässt sich schon in „The Abyss“ erkennen, einem Film, der durchweg deutlich macht, welch inbrünstige Kräfte die maritimen Weiten mit sich bringen, da ist der Druck auf den Ohren des Zuschauers über die 170-minütige Laufzeit eine Garantie. James Cameron allerdings offenbart in seinem harmonieheischenden Habitus eine überraschend rührselige Nähe zum Kino des Steven Spielberg und lässt es sich sogar nicht nehmen, zur plakativen Vermittlung pazifistischer Werten überzugehen, während „The Abyss“ im Kern eine Liebesgeschichte erzählt: Und die Unter-Wasser-Tour-de-Force ist natürlich ein komfortabler Austragungsort, um die zwischenmenschlichen Wogen der krisengeschüttelten Partnerschaft nach und nach zu glätten. Es sind indes seine formalen Attribute, die wirklich einnehmen, die klaustrophobische Stimmung, die exquisit konzipierten Spannungsmomente, in denen durchweg alles auf dem Spiel steht, und der überirdische Überbau, der „The Abyss“ einen flirrend-mystischen Anstrich verleiht. Angesichts dieser Bilder ist man beinahe schon gewillt, darüber hinwegzusehen, dass James Cameron der Emanzipation der Frau doch nicht ganz über den Weg traut und sie lieber dem heldenhaften Schatten eines Ed Harris unterwirft. Beinahe.

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                            SoulReaver: FILMSTARTS.de 09.04.2016, 13:50 Geändert 09.04.2016, 16:25

                            Interessantes Thema, weil aus soziologischer, psychologischer und natürlich anthropologischer Sicht von Belang, zeichnet Oliver Hirschbiegel das auf einem wahren Fall basierende Experiment ausschließlich mit unangespitzten Stiften nach. Im Zentrum der wissenschaftlichen Versuchsanordnung steht das gruppendynamischen Verhalten des Menschen in einer Gefängnissituation: Wärter und Häftlinge werden eingeteilt, die absolute Machtposition hier, die Aberkennung von Grundrechten dort. Eine personalisierte wie funktionalisierte Unebenmäßigkeit, die ihre Grenzen mit der Zeit von ganz allein absteckt. „Das Experiment“ aber schenkt dieser ausschlaggebenden, sich sukzessive entwickelnden Abgrenzung keinerlei Aufmerksamkeit, hier geht es allein um den direkten Weg zur Eskalation; hier wird nur in Extremen gedacht, es gibt nur Schwarz und Weiß, keine Grauabstufungen, was das Spektrum menschlicher Verhaltensmuster grundsätzlich trivialisiert und den Ansatz des Films folgerichtig für nichtig erklärt. „Das Experiment“ ist ein berechnender Sensationsgierlappen, der in seinem durchweg vernagelten Betragen nur eine Richtung kennt: Mit Vollgas in das voyeuristische Herz des Plakativen.

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                              SoulReaver: FILMSTARTS.de 08.04.2016, 19:08 Geändert 08.04.2016, 22:39

                              [...] Man kann von Rupert Grint und seinem schauspielerischen Talent sicher halten, was man möchte, doch als leicht desperater Allerweltsverlierer macht er seine Sache an der Seite vom gewohnt herrlichen Ron Perlman gar nicht mal übel. Die Dynamik der angespannt-widerstreitigen Zweckgemeinschaft ist es auch, die „Moonwalkers“ zu einem angenehm launigen Groove verhilft und den Zuschauer oftmals reichlich amüsiert durch die letzten Tage eines durchaus urigen Swiniging-Sixties-Chic geleitet. „Moonwalkers“ ist dabei sowohl Verschwörungs-Thriller im ungezwungenen Sinne, wie er auch launiges Zeitkolorit ist; er bereitet genauso drogeninduzierten Pennälerhumor auf, wie er sich zu einigen viszeralen Gewaltspitzen im bleihaltigen (Zeitlupen-)Konflikt hinreißen lässt, was beinahe das spielerische Flair eines Guy-Ritchie-Films evoziert. Antoine Bardou-Jacquet vollbringt es jedoch nicht, seinem Film durchweg eine natürliche Spritzigkeit einzuverleiben, seine rauschartigen Ausuferungen wirken gerne mal krampfhaft exponiert in ihrem schrillen Gebaren. [...]

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                                SoulReaver: FILMSTARTS.de 07.04.2016, 17:30 Geändert 07.04.2016, 17:31

                                „Brothers“ veranschaulicht das Ende des Krieges: Es ist nicht der Tod eines Soldaten, sondern sein Bewusstsein darüber, dass er innerhalb seiner eigenen Familie überflüssig geworden ist. Zum Störfaktor. Und das, obwohl er doch nur seinem Land dienen wollte, genau so, wie es das amerikanische Erziehungsideal reglementiert. Und „Brothers“ zeigt diesen Ethos, an dem öffentlich unter keinen Umständen gerüttelt werde darf, als unberührte Sturmglocke, die nicht geläutet wird, weil es mit der Tradition bricht, in Wahrheit aber zu einem kollektiven Erwachen führen würde, welches Familien womöglich vor dem Zusammenbruch bewahrt, weil sie sich somit endlich von Hirngespinsten abnabeln können. Kein Wunder, dass hier erst einmal alle Konflikte unausgesprochen bleiben, unter der Oberfläche aber brodelt es – und in diesem Fall so sehr, dass es irgendwann zur Explosion kommen muss. Die sich graduell potenzierende psychologische Anspannung, die „Brothers“ darbietet, ist so bedrückend, man ringt – nicht zuletzt dank der formidablen Schauspielleistungen – oftmals um Luft. Spätestens dann, wenn Tobey Maguire wie ein Zombie durch sein Haus schlurft. Ziellos, wie fremdgesteuert führt es ihn immer wieder zurück in die Küche des Hauses. Immer wieder findet man ihn wie festgewachsenen und mit leerem Blick in ihr vor: Seine Küche, die während seiner Abwesenheit generalüberholt wurde; die nicht mehr die ist, die sie war. Und die Küche, dieser soziale Ballungsraum, steht symbolisch für den familiären Kosmos, dem Sam genauso unerwartet entrissen wurde, wie er sich auch wieder zurück in seinem ehemals heimeligen Schoß fand: Alles beim Alten und doch so fremd. Natürlich sagt ihm seine innere Stimme irgendwann, dass er die Küche zerstören muss, um in alte Gewohnheiten zurückzufinden, doch das Zerschlagen von leblosen Dingen bewirkt niemals das (Rück-)Verbiegen menschlicher Empfindungen. Sam hat das Ende des Krieges gesehen. Die Küche liegt in Trümmern – und die Sturmglocke läutet. Vielleicht wird ihr Gehör geschenkt. Vielleicht gibt es doch noch eine Chance.

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                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 05.04.2016, 23:00 Geändert 06.04.2016, 13:19

                                  [...] Keine Frage, die Bestie Mensch sieht sich innerhalb ihrer verselbstständigten Gewaltausschweifung arretiert in purer Frustration, doch der Bund der Neonazis scheint wie ein respektables Auffangbecken für alle strauchelnden Individuen: Die Zugehörigkeit, der Gemeinschaftssinn, die Option, einen Platz unter Gleichgesinnten zu finden. Und die hiesige Umsetzung dessen kann sich einer gewissen Anziehungskraft nicht verwehren, was solange auch durchaus zulässig erscheint, bis ersichtlich wird, dass „Romper Stomper“ die Akzentuierung der Kehrseite der brüderlichen Medaille irgendwo in der strahlenden Wirkung von Russell Crowes Leinwandpräsenz und den Zugeständnissen an eine missverstandene Elite entschwunden ist. Das Urteil, wo die Schnittstelle zwischen Ambivalenz und inhaltlicher Verfehlung aber wirklich anzusiedeln ist, bleibt letztlich dem Auge des Betrachters vorbehalten, zweifelhaft jedoch ist „Romper Stomper“ so oder so. Und mit Sicherheit ist diese Bedenklichkeit der Punkt, der den Film nach wie vor als Diskussionsgegenstand interessant macht.

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                                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 04.04.2016, 22:40 Geändert 04.04.2016, 22:56

                                    [...] Das jähe Altern und der damit verknüpfte Schmerz, die Erkenntnis der eigenen Vergänglichkeit, sie fördern in „Der letzte Scharfschütze“ einen feinfühligen Prozess der (Selbst-)Reflexion zutage, in dem John seine Vergangenheit noch einmal Revue passieren lässt und sich eingestehen muss, dass die stetig mit ihm in Verbindung gebrachte Tapferkeit im Angesichts des Todes schlichtweg keinerlei Geltung mehr besitzt. Wer John Wayne hier also noch einmal als heroische Galionsfigur des Gründermythos erleben möchte, als freiheitsliebenden Patrioten, der wird sich enttäuscht abwenden. Stattdessen bringt Wayne es in der Meta-Rolle des John Bernard Books irgendwann selbst auf den Punkt, wenn er sich schweren Herzens als sterbender Mann beschreibt, der sich in Wahrheit nur noch vor der ewig währenden Dunkelheit fürchtet. Und damit findet sich dieser Charakter in der Wayne'schen Ahnengalerie direkt in einer Reihe mit Ethan Edwards aus „Der schwarze Falke“ und Tom Doniphon aus „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ ein.

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                                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 03.04.2016, 18:52 Geändert 03.04.2016, 20:23

                                      „Be their hero, Clark. Be their angel, be their monument, be anything they need you to be... or be none of it. You don't owe this world a thing. You never did.“ Es sind deutliche Worte von Belang, die Martha Kent (Diane Lane) ihrem überirdischen Adoptivsohn Clark (Henry Cavill) mit auf den steinigen Weg gibt. Gewichtige Worte, die man sich als Zuschauer unbedingt noch mehrfach durch den Kopf gehen lassen sollte, bringen sie doch den zentralen Konflikt der gesamten Geschichte rundum Superman und seine Daseinsberechtigung auf Erden adäquat zum Ausdruck. Denn, auch Sentorin Finch (Holly Hunter) bringt es in ihrem reichlich expliziten Misstrauen gegenüber dem humanoiden Alien auf den Punkt: Wir sollten nicht länger darüber parlieren, ob wir einen Superman überhaupt brauchen oder nicht. Schließlich weilt er doch unlängst unter uns, was den Diskurs um seine Person respektive sein Handeln auf eine neue Ebene manövriert – nicht, was KANN Superman tun, sondern, was SOLLTE er tun. Und auf welchem Recht fußt sein Tun?

                                      „Batman v Superman: Dawn of Justice“ behandelt diesen durch und durch moralischen Themenkomplex. Und hätte man sich hier noch entschiedener damit beschäftigt, welche Bedeutung dem Umstand beigemessen wird, in unserer Welt ein Superheld zu sein (sprich: jemand, der anderen vermutlich in allen Belangen überlegen ist), hätte Zack Snyder („Man of Steel“) vermeintlich DIE Comic-Verfilmung abgeliefert, den Rest zu knechten. Angesichts der Umsetzung von „Batman v Superman: Dawn of Juice“ schnellt einem jedoch vielmehr der Aphorismus von römischen Dichters Sextus Aurelius Properz ins Gedächtnis, der besagt: „In großen Dingen genügt es auch, sie gewollt zu haben.“ Zutreffend, gerade wenn wir einmal abwägen, in welcher Verfassung die hochbudgetierten, von Major-Studios katalysierten Comic-Verfilmungen heutzutage überhaupt noch sind, einen gewissen Eigengeschmack in das wie auf risikobefreitem Autopilot vor sich hin schlurfende Getriebe zu extrahieren. Man kann Zack Snyder indes mit Sicherheit einiges an den Kopf werfen, doch seine Superman-Interpretation(en) unterliegen niemals der Gefallsucht der Marvel-Schmiede.

                                      Die Persistenz, mit der Zack Snyder seine eigene Version des Mann aus Stahls auf die Leinwände dieser Welt gefeuert hat, war, ist und bleibt beeindruckend. Ein guter Film muss daraus noch lange nicht entstehen und sein „Man of Steel“, die erste Annäherung seitens Snyder an den Mythos Superman aus dem Jahre 2013, war eine Herausforderung, wie man sie im Blockbustersektor kaum noch zu sehen bekommt. Ein vom manischen Bewegungsdrang und einer megalomanischen Zerstörungswut durchströmter Koloss, der den Zuschauer so sehr in den Sessel presste, dass es schon weh tat, dem überbordenden Geschehen auf der Leinwand zu folgen. „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist ein ähnlich paralysierender Kraftbolzen, Reizüberflutung in Reinkultur eben. Gerade wenn sich Superman, Batman (Ben Affleck), Wonder Woman (Gal Gadot) und der von Lex Luther (Jesse Eisenberg) ins Leben gerufene Doomsday, eine kryptonische Anomalie, ein mit unendlicher Energie angeheizter Planetenzerstörer, in der finalen Materialschlacht so richtig auf die Ömme geben.

                                      Interessant wird „Batman v Superman: Dawn of Justice“ aber nicht durch seinen Effektbombast, so immersiv er sich auch gestalten mag. Zack Snyder hingegen baut auf die Gegenüberstellung der titelgebenden Heroen, um daraus auch zur ethischen Meditation des Sujets zu bitten. Bruce Wayne ist anders als Clark kein Kind der Liebe, sondern ein Kind der Gewalt. Bruce wurde im Schmerz geboren und der von Ben Affleck verkörperte Fledermausmann ist ein verbitterter, desillusionierter Vigilant, der es als persönliche Beleidigung erachtet, dass die Menschen Superman als eine Art Erlöser feiern – es ist gerade das Messianische, was Bruce verurteilt. Superman wiederum wird hier nun mehr als Individuum definiert, dass sich in einer Bestimmung wiederfindet, die ihm längst zur Bürde geworden ist. Clark hat erkannt, dass das Privileg, ein Auserwählter zu sein, immer auch den Fluch mit sich bringt, die Rolle des ewigen Außenseiters einzunehmen. Was, wenn er nicht mehr die passende Antwort auf alles Böse in der Welt sein möchte? Was, wenn er schlichtweg nicht zu den Menschen passt?

                                      Batman und Superman jedenfalls finden sich in einer Welt wieder, in der das Selbstverständnis des Superhelden aufs Vehementeste hinterfragt sieht. Und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist so sehr im tagesaktuellen Geschehen eingegraben, lebt so sehr von einem gegenwärtigen Gefühl globalisierter Kollektivängste, dass sich die Frage, warum sich Clark überhaupt nicht mehr von Superman unterscheiden würde, problemlos beantworten lässt: Das Versteckspiel hat sich vollends abgenutzt. Superman kann nur dort Hoffnung bringen, wo es eine Chance gibt, Hoffnung keimen zu lassen. Vielleicht aber steht es diametral zur Natur des Menschen, Hoffnung als universalen Möglichkeit anzunehmen, was ihn dazu bewegt, alles zu zerschlagen, was im ersten Augenblick fremd erscheint. Für diese Angst steht Batman Pate: Er hat gesehen, welch urgewaltige Kräfte Superman imstande ist zu entfesseln. Und wenn Superman bemerkt, dass sich ein nicht zu unterschätzender Teil der Menschheit missmutig ihm gegenüber präsentiert, wer versichert dem anderen Teil, dass Superman weiterhin im Interesse der Menschen agiert?

                                      Dass den logischen Kausalitäten im pathosgetränktes Affektkino eines Zack Snyder wenig Raum eingeräumt wird, lässt sich auch an „Batman v Superman: Dawn of Justice“ erkennen, der gehetzt, inkohärent, ja, in seiner beinahe zu kompakten Raffung dafür sorgt, die beiden Ikonen der Superhelden-Branche unter einen Hut zu bekommen, ihre eigenen Universen im Zusammenprall aber doch immer noch zu distanziert erscheinen lässt und mehrwertige Ansätze gerne mal unter den Tisch fallen lässt: Die Handhabung der 'neue Religion', die dabei ist zu expandieren, nachdem die ersten Bürger begonnen haben, ihre Gebete in Richtung Superman zu senden. Die Herangehensweise an den Diskussionsstrang um Supermans Rolle als strafmündige Person. Was bringt ein Rechtsapparat, wenn ihm so deutlich die eigenen Grenzen aufgezeigt werden? Wie muss der verfassungsmäßige Paradigmenwechsel erfolgen, damit sich die Instanzen der Justiz nicht stetig im Angesicht des extraterrestrischen Allmächtigen aus den Angeln hebeln lassen? Angesprochen werden diese Aspekte, aber sie werden (tragischerweise) nicht grundlegend vertieft.

                                      Dennoch bleibt „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ein sehenswertes, hochambitioniertes Erlebnis. Zack Snyder denkt in die richtige Richtung, muss seinen facettenreichen Inhalt nur noch ausgereifter, fokussierter angehen, dann steht außer Frage, wer die Oberhand im Clinch um Marvel und DC gewinnen wird. So bleibt vorerst eine (überwiegend formal) beeindruckende Zusammenführung der (womöglich) bedeutungsvollsten Superhelden überhaupt, die sich nicht durch Zugeständnisse an festgewachsene Sehgewohnheiten artikuliert, sondern ein düsteres Eigenleben entwickelt und im bis zum Exzess dynamisierten Chaos genauso berstende Druckwellen entfacht, wie im (raren) Stillleben der Emotionen. Kudos gibt es zum Ende noch einmal für den sagenhaft chargierenden Jesse Eisenberg, dessen eigenwilliges Porträt eines blutjungen Lex Luthors schlichtweg famos ist. Ein Clown mit schwarzer Seele, der noch nicht weiß, in welche Richtung er diese Dunkelheit in seinem Inneren kanalisieren soll, aber radikal und intelligent genug ist, sich ihr zu bemächtigen, zappelt dort sarkastisch durch die aufgescheuchte Gegend. Man darf gespannt sein, wie Zack Snyder seinen Werdegang weiterverfolgen wird. Das allerdings gilt für alles Kommende.

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                                        SoulReaver: FILMSTARTS.de 02.04.2016, 19:29 Geändert 02.04.2016, 19:39

                                        Als Kathryn Bigelow noch Eier hatte. Nicht, dass sie heute an den Ansprüchen an das politisiertes Relevanzkino scheitern würde, aber es käme doch schon einem göttlichen Segen gleich, würde sich die Dame mal wieder auf ihre Wurzeln besinnen und richtig schön geradlinige, auf das berstende Spannungsmoment hin inszenierte Genre-Kracher abliefern. Wie zum Beispiel in „Blue Steel“ zu bestaunen, der sich direkt am Grenzpunkt zwischen den 1980er und 1990er Jahre wiederfindet und als stylischer Kopfsprung in die stahlblaue Nacht zur regelrechten Stimmungsgranate avanciert. Jamie Lee Curtis ist ideal besetzt in der Hauptrolle als frischgebackene Polizistin, die irgendwie in einem von Gewalt und Angst infizierten New York Fuß zu fassen versucht. Die kalte Architektur des großstädtischen Sogs spricht Bände der Entfremdung und Ron Silver wird inmitten dessen zur radikalen Anwandlung der Krankheiten, die im gesellschaftlichen Organismus grassieren. Der parasitärer Soziopath, der nur auf den entscheidenden Augenblick wartet, seinen innerlich geballten Wahnsinn endlich ausleben zu dürfen. Er ist das so bestialische wie beklagenswerte Resultat einer Zeit, die das Zwischenmenschliche zur Unmöglichkeit erklärt hat. Und Bigelow macht stetig Dampf, hat einen düster-suggestiven Neo Noir erschaffen, dem es (zum Glück) nicht um Logik, sondern um die reine Gemütsbewegung und ihre Einflüsse geht. Ein aufregender Volltreffer.

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                                          SoulReaver: FILMSTARTS.de 01.04.2016, 11:18 Geändert 01.04.2016, 21:24

                                          [...] „Deadly Home“ gefällt dadurch, dass er es durchweg vollbringt, das Setting gekonnt auszunutzen und dem Haus selbst einen Charakter schenkt (nämlich den des gepeinigten Beobachters); die Gestaltung der einzelnen Räume wird oftmals durch spezielle Farben ausgezeichnet, was das aseptische Grün nur einen Schritt vom höllenroten Glimmen trennt. Und wenn sich dazu noch der schrille Score hörbar macht und immer wieder zum donnernden Crescendo auffächert, ist „Deadly Home“ definitiv ein Film, der das Genre jedenfalls unter formalen Gesichtspunkten verstanden hat. Inhaltlich thematisiert Adam Schindler den emotionalen Befreiungsschlag einer Frau, die sich endgültig den Fesseln ihrer Vergangenheit stellt – und letztlich auch in Flammen aufgehen lässt. Es mag wenig originell erscheinen, einen Psycho-Thriller mit Horror-Elementen zu präsentieren, der sich an der Katharsis seines Hauptakteurs entlangarbeitet. Doch immerhin vollstreckt Schindler es durchaus solide, neben seiner handwerklichen Klasse dem Innenleben seiner Protagonistin ein Auge zu schenken.

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                                            SoulReaver: FILMSTARTS.de 31.03.2016, 20:19 Geändert 31.03.2016, 20:21

                                            [...] Gerade wenn „The Last Panthers“ seine Handlungsschauplätze ins serbische Hinterland verlegt, grenzt die Inszenierung schon an marodem Elendstourismus. Hier jedenfalls scheint man die Bitterkeit des Lebens nicht nur durch die Charaktere einzufangen, die allesamt mehr oder weniger mit den Dämonen ihrer Vergangenheit ringen, sondern auch durch die einzelnen Lokalisationen, querfeldein durch die noch qualmenden Ruinen Europas, allegorischen Ausdruck verleihen zu wollen. Das gelingt durchaus und „The Last Panthers“ ist ästhetisch ein einnehmender (Kraft-)Marsch durch den regionalen, politischen wie sozialen Zerfall, bei dem der Balkan als liederlicher Kristallisationspunkt fungiert. Überdies arbeitet man hier ganz gezielt und konzentriert im Genre-Kosmos, bleibt inhaltlich zwar einer weitestgehend konventionellen Dramaturgie treu, versucht aber gleichwohl, den Tätern wie auch den Opfern ein organisches Psychogramm zuzugestehen, um zu veranschaulichen, dass das Schubladendenken in derlei Kategorien unmöglich geworden ist: In Wahrheit gibt es nur böse und weniger böse.

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                                              Starke Fortsetzung, die den Mut aufbringt, den nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten herausragend verwirklichten Erstling stilistisch in das komplette Gegenteil zu verkehren. Was an „Blutgericht in Texas“, diesem schroffen, so vielseitigen Blick in eine verstörende Americana-Finsternis, alles brillant war, muss an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden, gerade weil es der freidrehende Nachfolger auch von vornherein untersagt, den zwanghaften Vergleich zu forcieren – und in diesem Punkt sollte man ihm, gerade für das Ausreizen der immersiven Wirkung, unbedingt Gehör verleihen. „Texas Chainsaw Massacre 2“ ist ein irrsinniger, ein in schmuddelbraun gehaltener Exzess, der in diesem gewagten Eigensinn nur dem feurigen Canon-Köcher entsprungen sein kann. Nicht nur, dass „Texas Chainsaw Massacre 2“ den Aspekt um die aus der gesellschaftlichen Mitte verstoßenen Familie noch viel extremer ins Satirische überhöht, Tobe Hooper setzt sich auch ganz explizit mit der in der nationalen Identität Amerikas verwurzelten Leidenschaft für abtrünnige Gewalt auseinander. Verdrängung und Faszination bilden hier ein reziprokes Verhältnis und synchronisieren sich in ihrer Parallelität immer dort, wo das eine das andere auszuhebeln scheint. Vielmehr fördert die Angst eine neue Dimension der entarteten Lust empor. Gewalt ist ein ansteckender Akt, einmal mit ihr in Kontakt geraten, befällt sie die Seele wie ein dunkler Schatten. Und Leatherface ist die tragische Figur im grellen Geschehen, die sich nur nach fleischlicher Liebe verzehrt und doch nur töten kann. Im Rattern der ewigen Kettensägenmassaker finden urmenschliche Sehnsüchte ihren pervertierten Abglanz.

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                                                »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns« 

                                                #11 (Staffel – 2)
                                                K…wie Kriegsfilm.

                                                Ein Stahlhelm im Sand der Normandie. Zurückgelassen, verloren, vereinsamt, aber doch nicht vergessen. Dieses so symbolträchtige wie ikonografische Bild eröffnet „Der Längste Tag“, die dreistündige Alma Mater des epischen Kriegsfilm. Und tatsächlich ist genau dieses Bild das wohl eindrucksvollste, was „Der Längste Tag“ zu bieten hat, auch wenn das nun vermutlich reichlich (gerechtfertigte) Ernüchterung freisetzen wird. Man muss der Qualität dieser großspurigen Produktion inzwischen doch reichlich zweifelhaft entgegentreten. Sicherlich ist es beachtlich, mit 42 internationalen Stars aufzuwarten und drei Regisseure zu engagieren, um jede einzelne Perspektive der involvierten Kriegsparteien akkurat nachzustellen. Doch wenn man sich etwas weiter mit „Der Längste Tag“ beschäftigt, sich von seinen – ohne Zweifel großartigen – Oberflächenreizen loseist, dann wird doch recht deutlich, dass hier kein Film für die folgenden Generationen gedreht wurde, der an die Gräuel des Krieges gemahnen soll. Dieses hier veranstalte hollywood'sche Schaulaufen erfüllt in erster Linie den Nutzen, den Amerikanern ein strahlend-kostspieliges Podest zu erschaffen, welches ihren Edelmut ohne Unterlass zu stimulieren hat. Heroisch stampfen John Wayne und Co. selbstsicher durch das aufgescheuchte Kriegsgetümmel und retten die Welt vor den bösen Deutschen, die nicht mal ihre Stiefel richtig anziehen können, während die Briten und Franzosen mit Mistgabeln treu-doof hinterherdackeln. Man muss „Der Längste Tag“ für seinen logistischen Kraftakt Respekt zollen, doch aus einer Laufzeit nur einen erstklassig inszenierten Abenteuerspielplatz zu erschaffen, der dem amerikanischen Ego als einseitige Profilierungsplattform dient, ist dann doch reichlich wenig.

                                                http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver

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                                                  Verständlich, warum „Ich und Earl und das Mädchen“ die Zuschauerschaft weitestgehend abholt, hier wird ja auch mit klischeeverseuchtem Nachdruck die Anbiederungsmaschinerie befeuert, damit sich auch bloß jeder ganz doll in diesen Film verliebt. „Ich und Earl und das Mädchen“ ist ein weiteres Paradebeispiel dahingehend, warum Filme dieser Art inzwischen auch sauer aufstoßen lassen sollten: Äußerlich verschanzt in der obligatorisch luminösen Instagramgalerie, hat man darin eine weichgespülte Wohlfühlzone gefunden, in der man sich nur soweit mit dem Tod des Mädchens auseinandersetzt, wie man der Schwere dieser Thematik mit niedlicher Zerstreuung gegensteuern kann. Und genau das ist „Ich und Earl und das Mädchen“ letzten Endes auch: Niedliche Zerstreuung. All die gehaltvollen Ansätze verebben irgendwann zwangsläufig im selbstgefälligen Heischen nach den Sympathien des Zuschauers und dass der murmeltiergesichtige Hauptdarsteller eine Begeisterung für das europäische Kino pflegt, gliedert sich natürlich wunderbar in die allgemeine Arschkriecherei ein, die hier in voller Penetranz betrieben wird. Abschalten.

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                                                    Liebe und Hass. Ein ewiger Kampf, hier auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, die dieses Kreuz tragen, weil sie keine andere Wahl haben; weil alles andere ihrer kindlichen Logik widerstreben würde. Und „Die Nacht des Jägers“ ist eine Ode an genau diese kindliche Renitenz, eingebunden in ein grimm'sches Schauermärchen, welches nicht zuletzt stilistisch die Kunst eines – zum Beispiel - David Lynch maßgeblich vorgedacht hat. Charles Laughtons einzige Regiearbeit ist so visionär, so stilbildend, so sehr seiner Zeit voraus gewesen, irgendwie scheint es aus heutiger Sicht doch kaum verwunderlich, dass er das damalige Publikum in all seinem nonkonformen Expressionismus überfordert hat. Gerade auch, wenn man sieht, wie Robert Mitchum in der ikonischen Hauptrolle des Harry Powell den Glauben als suggestives Instrument der Täuschung benutzt, um seinen auf Habgier basierenden Fanatismus gnadenlos auszudehnen. Mitchum ist der böse Wolf, vor dem selbst der Jäger zaudernd die Flucht ergreifen würde. Ein reinrassiger Hassprediger, der nicht mit dem Frieden, sondern mit dem Schwert kommt und dessen ungefilterte Diabolik (betont durch die entschlossene Bandbreite damals unorthodoxer Stilmittel) ihn in gar überlebensgroßer Präsenz wiedergibt. Unvergesslich.

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