SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
Wenn die grauenhafte Vergangenheit schlagartig zur Gegenwart wird und die verschleierten Erinnerungen wieder greifbar sind, dann ist der Schritt in die Zukunft oft gleichbedeutend mit dem Beginn endloser Qualen. Eigentlich ist jedes verlorene Wort über Augusti Villarongas »Im Glaskäfig« schon zu viel; wenn man sich kurzfassen und den Film mit einem Wort beschrieben möchte, dann trifft »Schmerz« den Nagel auf den Kopf. »Im Glaskäfig« beschreibt die krankhafte Beziehung zwischen Täter und Opfer und zeigt, das pathologische Tätigkeiten an fremden Körpern nicht nur äußerlich verletzen, sondern die abnormalen Verhaltensweisen ebenso in die Seele seines einstigen Opfers verpflanzt. Villaronga klagt keine seiner Figuren an, ebenso wenig legitimiert er ihre Handlungen und repräsentiert dem Zuschauer in abstoßender Nüchternheit nur das, was auch wirklich von Nöten ist, alles andere spielt sich in den unendlichen Weiten der eigenen Gedankenwelt ab – Und das ist bekanntlich der quälerischste Freiraum. Wenn sich jede Minute wie eine halbe Ewigkeit anfühlt, dann hat das hier nichts mit erzählerischen Durchhängern zu tun; es beweist nur, dass Villaronga sein Ziel erreicht hat. »Im Glaskäfig« ist schreckliches und bedrängendes Kino, ganz auf die abgewetzte Psychologie seiner Charaktere ausgerichtet, um den Zuschauer schlussendlich mit in eine zermürbende Endlosspirale zu reißen, in der alles langsam zerfällt...
»God is the unholy pig!«
Rob Zombie zeigt wenig Interesse daran, sein zu Anfang angedeutetes Handlungsgerüst rundum rätselhaften Schallplatten, ritualisierter Höllenkunst, freizügigen Ekelhexen, einer Radio-Moderatorin und jeder Menge widerwärtiger Zeitgenossen, die direkt aus der Unterwelt entflohen zu sein scheinen, irgendwie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. „The Lords of Salem“ ist dabei allerdings kein erneutes Terrorgleichnis à la Zombie; und doch ist seine inzwischen durchaus charakteristische Handschrift, die er spätestens in „Halloween II“ für jeden erkennbar machte, auch hier ohne Wenn und Aber vorhanden, wenngleich seine eigentümliche Inszenierung in diesem Fall etwas unrund ausfällt, hin und wieder die nötige Balance zwischen den divergenten Horror-Settings vermissen lässt und gerne auch einen leicht verzärtelten Schimmer innehat. Zombies intentionaler Vorsatz ist eben nicht von Hektolitern Blut gezeichnet, sondern ein ästhetischer (Bild-)Rausch durch die atmosphärischen Untiefen des okkulten Surrealismus. Ideelle und nonkonformistische Virtuosität, der keine Grenzen gesetzt wurde und in der ab einem bestimmten Punkt alles möglich scheint. Anormale Schönheit.
[...] Was „Smashed“ nun schadet, ist die äußerst knapp gemessene Laufzeit von gut 80 Minuten, die es dem Film kaum ermöglicht, hier wirklich tiefer in die kritische Materie einzusteigen und den zwischenmenschlichen Ansätzen wie Konflikten auch ein substantielles Fundament zu verleihen. Ohne Frage, James Ponsoldts hat einen guten Film inszeniert, was eben nicht nur an den authentischen Darstellern liegt, sondern auch an der gutherzigen Drehbuchvorlage, die genau wie Ponsoldts Umsetzung weiß, in welchem Rahmen sie sich bewegen muss und es dabei durchgehend schafft, unnötigen Sentimentalitäten und pathetischen Nebeneffekten zu entsagen. [...]
»Destroy that before it destroys you.«
Mit digitaler Unterkühlung widmet sich Steven Soderbergh dem gegenwärtigen Realismus und umklammert eine blass-depressive Zeitperiode, in dem die individuelle Neophilie dominiert und der Mensch sich dem Fortschritt zwanghaft anpassen muss. »Side Effects« erweist sich dabei nicht nur als Reminiszenz an Regiegrößen wie Brian De Palma und Alfred Hitchcock, der Film überzeugt hinzukommend durch sein ambivalentes Netz, in dem jede Schlaufe durch einen intriganten Knoten verdrängt werden kann. Soderbergh ist dabei nicht unbedingt daran interessiert, die kritischen Tiefensätze der Pharmaindustrie mit sozialen wie gesellschaftlichen Aspekten auszuloten, sondern bleibt viel lieber an der Oberfläche haften. Er inszeniert einen Thriller voller zwielichtiger Maskierungen, dessen täuschende Kalkulation geradewegs ins Ziel findet und den Zuschauer genauso betrügt, wie sich die Charaktere untereinander in die Enge treiben. Die Noir-Duftnoten und Suspense-Anleihen kommen in diesem schleierhaften Vexierspiel nicht von ungefähr, scheiternde Karrieren, Lügen, medizinische Entgleisung, Gier und Verschwörungen sind der informale Treibstoff des Geschehens, während Unschuld und Wahrheit schon lange die Bühne verlassen haben.
[...] Ein Funke zweifelhafter Emanzipation blitzt auf, »Ich spuck' auf dein Grab« bleibt dennoch 70s-Terror in Reinform: Abstoßend und ekelhaft. Jedem Betrachter dem bei der Sichtung des Filmes nicht das Grinsen von den Lippen entflieht und der das Gezeigte auch noch als Spaß ansieht, bei dem ein Kübel Popcorn und Eimer Cola genossen wird, sollte sich ernsthafte Gedanken über seine psychische Verfassung machen. Hier gibt es keinen Humor, kein Augenzwinkern und keine Referenzen an eine heitere Zeit. Hier regiert all das, was in seinem eigenen Leben nie einen Platz bekommen sollte. Man muss »Ich spuck' auf dein Grab« nicht mögen, man muss ihn auch nicht gesehen haben. Doch wenn man sich entscheidet diesen Schritt zu gehen, dann sollte man ihn nicht voreilig zerreißen, auch wenn es reizvoll erscheint, vollkommen stupide und ohne jeden Sinn ist das Ganze dann eben doch nicht.
[...] »Bis das Blut gefriert« ist noch einer dieser Filme, in dem jede knarrende Diele ein signifikantes Geheimnis zu verbergen mag, wo Korridorwände heimlich starren und jeder Gang schlagartig zu einem endlosen Labyrinth werden kann. Ein Schloss ohne rechte Winkel, in dem nachts die Stimmen der verstorbenen Vorbesitzer durch die Gänge spuken und polternden Klopfgeräusche durch die Zimmer hallen. Wise verleiht dem unheimlichen Anwesen ein Eigenleben, eine Seele, und konzentriert sich dennoch darauf, seinen Film einzig auf Andeutungen zu stabilisieren. Das Spiel aus Licht und Schatten, die Konturen und Umrissen scheinbarer Wesen aus der Zwischenwelt verschaffen dem Zuschauer hier Gänsehaut. [...]
Reistastisch, Tobi!
»I lost my brother. All you lost was some skin.«
„Bad Boys“ ist mit Sicherheit kein progressives oder ausschlaggebendes Stück Filmgeschichte, dafür fehlt ihm zuerst schlicht das innovative Herzstück, das dem Zuschauer unmissverständlich vermittelt, hier wirklich etwas Neuartiges geboten zu bekommen. Genau wie der thematisierte Mikrokosmos eines Lebens in einem der härtesten Jugendgefängnisse der Vereinigten Staaten eindeutig für die dramaturgische Überhöhung herhalten muss, denn die Intention des Drehbuches ist nicht von dokumentarischer Natur, sondern zielt vollkommen darauf ab, den Zuschauer durch Schilderungen des Daseins der Jugendlichen im Gefängnis zu berühren. Knastklischees sind ein weiterer Punkt, die der Eine oder Andere dem Drehbuch negativ ankreiden möchte. Nur stellt sich da die Frage, woher diese Klischees nun in Wahrheit entsprungen sind? Natürlich der Realität. Und selbst wenn einige Szenen überspitzt dargestellt sein mögen, die Säule der Umsetzung bleibt im greifbaren Bereich und erweckt nie den Eindruck, ein vollkommen unglaubwürdiges Bild der Mechanismen innerhalb eines Gefängnisses einzufangen.
Und das ist doch ein enorm wichtiger Punkt für die Perzeption des Zuschauers: Fühlt er sich für dumm verkauft, sinkt das Interesse, bleibt die Inszenierung jedoch immer in einem gewissen Rahmen und ermöglicht dem Betrachter so, das Geschehen immer mit dem angeforderten Ernst durchgehend zu verfolgen, ist die halbe Miete bereits eingefahren. Von einer hintergründigen Grauzonenvielfalt innerhalb der rauen Charakterzeichnung kann allerdings auch nicht die Rede sein, denn als Zuschauer weiß man genau, an welche Figuren man sich wenden muss. Autor Richard Di Lello und Regisseur Rick Rosenthal begehen aber glücklicherweise nicht den amateurhaften Fauxpas und versuchen die markanten Beteiligten durch den Fleischwolf der Charakterentwicklung zu pressen, um sie gegen Ende in die hohle Holzkiste für pathetische Gutmenschen fallen zu lassen. Eigentlich möchte sich hier niemand verändern und auch wenn es immer wieder Momente gibt, in denen eine Figur den nötigen positiven Rückenwind geschenkt bekommt, wird keine falsche Moral an den Tag gelegt, die den authentischen Grundtonus ad absurdum führt.
Man muss sich einen Haufen Kids vorstellen, deren Eltern sich Zeit ihres Leben einen Dreck um pädagogische Richtlinien oder Strenge geschert haben. Sie kommen aus der sozialen Unterschicht und sind nicht mit der Zeit zu dem Menschen geworden, der den Gefängnisaufenthalt mehr als nur verdient hat, sie sind in diesen Schlamm hineingeboren worden und mussten schon im Kindesalter um ihren Platz auf der Straße kämpfen, denn nur der zählt in dieser Welt. Der familiäre Kreis besitzt keinen Wert und Probleme werden hier nicht sachlich durchdacht, sondern mit dem Butterflymesser in der versifften Nebengasse geklärt. Wie soll man solchen Menschen zu verstehen geben, dass es noch ein anderes Leben außerhalb dieses urbanen Molochs gibt, wenn sie es nicht anders kennen und im Anschluss direkt in einem Gefängnis gelandet sind? Vielmehr werden die Insassen während ihres Aufenthaltes noch viel schlimmer und müssen sich dem Gesetz des Dschungels gnadenlos unterordnen.
„Bad Boys“ ist ab der ersten Minuten grobes und gewissenhaft inszeniertes Jugend-Kino, in dem nicht auf geleckte Hochglanzaufnahmen geachtet wird. Das Bild ist dreckig und rau, genau wie der Ton des Filmes von den Jugendlichen mit den größten Schnauzen dirigiert wird, nur ist an dieser Stelle der ausgelutschte Spruch „Hunde, die bellen, beißen nicht“ unangebracht. Man hat es hier mit hoffnungslosen Verlierern zu tun, die ihr Leben schon vor dem 21. Lebensjahr vollkommen verbockt haben und keine Rücksicht auf irgendjemanden mehr nehmen müssen, Schläge haben sie in ihrem Leben schließlich schon genug eingesteckt. Darüber hinaus geht es um Eingliederung, Freundschaft und Gewalt. Gewalt die alles bestimmt, die unausweichlich erscheint und auch keinen Halt vor der Person macht, die bereits gekrümmt auf dem Boden liegt und Blut kotzt. Ein sehr guter Film, durchgehend ehrlich mit sich selbst, und mit dem blutjungen Sean Penn in der Hauptrolle natürlich perfekt besetzt.
»Daddy, look! There's a woman outside the window. And she's not touching the floor.«
Umworben als eines der Horror-Highlights des Jahres, ist Andrés Muschiettis erster Spielfilm „Mama“ in Wahrheit die nächste herbe Enttäuschung in dem noch relativ jungen Kinojahr. Muschiettis gleichnamige Kurzfilmvorlage von 2008 weckte enormes Interesse und veranlasste Guillermo del Toro, ein Spezialist für übernatürliche Fantasy-Szenarien, dazu, dem engagierten Regisseur tatkräftig unter die Arme zu greifen, schließlich hat del Toro im Vorab keinen Hehl daraus gemacht, wie fasziniert er von Muschiettis Idee war und ihn gerne unterstützen wird. Außerdem wurde mit seiner Person als Produzent in der Vergangenheit bei verschiedensten Projekten ja bereits immer wieder lautstark geworden. Wie viel Einfluss der sympathische Mexikaner nun auf die Umsetzung hatte, sei einfach mal dahingestellt, den Popularitätsschub nimmt er so oder so grinsend an. Fakt ist, „Mama“ verspielt bereits nach gut 10 Minuten sein enormes Potenzial und nimmt dem Zuschauer genau das, was er sich hier am sehnlichsten erwartet hat: Die anhaltende Angst vor dem Ungewissen.
Dass die Logik in der Dunkelheit aussetzt, Silhouetten wie animalische Raubtiere wirken, in Wahrheit jedoch nur das zittrige Abbild verwahrloster Kinder darstellen, sind Kleinigkeiten, die natürlich hinten und vorne nicht aufgehen, der Inszenierung in der Form allerdings nicht weiter schaden, denn überspitzte Sinnestäuschungen gehören wohl oder übel zum Genre dazu und sind vollkommen auf den Effekt des Schocks ausgerichtet. Das eigentliche Problem ist, wie erwähnt, dass der Film seinen katalytischen Reiz viel zu früh leichtfertig aus dem Fenster wirft, dem Zuschauer in aller Offenheit zeigt, mit wem oder was er es hier die restlichen 90 Minuten zu tun bekommt und was für eine Art Wesen es ist, die sich nun als Mutter der beiden Kinderlein sieht. Ohne Frage hätten die Beteiligten hier die Chance gehabt, die gruseligen, aber auch zwischenmenschlichen Bereiche stimmig miteinander zu verknüpfen.
Genau das wäre doch der inszenatorische Kniff gewesen, das Rätselraten, die Verunsicherung vor dem Fremden, die Frage, ob es ein menschliches Geschöpf ist, oder doch etwas ganz Anderes. „Mama“ hat jedoch wenig Lust, ein solch atmosphärisches Gerüst zu konstruieren und spult viel lieber das plumpe 1x1 des Horror-Genres ab, immer unterstrichen mit primitiven Jumpscares, die den Zuschauer nicht in den Sitz drücken, sondern mit ihrer lautstark polternden Untermalung eher das Trommelfell schädigen und sich immer nach dem gleichen Schema abzeichnen: Die Kinder spielen in ihrem Zimmer, ein Erziehungsberechtigter kommt in die Nähe, die flüchtige Fratze taucht irgendwo im Bild auf, um dann wieder schlagartig durch die Decke zu verschwinden.
Gänsehaut ist ein Fremdwort und „Mama“ weiß immer nur dann zu überzeugen, wenn sich die holprige Inszenierung eine Verschnaufpause genehmigt und versucht, das Übersinnliche in der familiären Normalität zu verankern. Wenn alles passieren könnte, es in den vier Wänden allerdings Windstill bleibt. Diese Momente bleiben temporär und der nächste inadäquate Möchtegern-Schock, der mit einem lauten Knall aus den Boxen gefeuert wird, steht schon wieder in gelangweilter Routine vor der Tür. Das letzte Wort gehört Schönheit Chastain: Auch als Rockbandmitglied ganz in Schwarz ist die Frau eine Augenweide, nur ist sie für diese Rolle vollkommen fehlbesetzt und unterfordert und bekommt keinerlei Möglichkeit, ihrem Talent freien Lauf zu laufen. Am Ende bleibt eben ein formal guter, aber in Sachen Drehbuch und Inszenierung misslungener Horror-Streifen, der im nächsten Jahr schon niemanden mehr jucken wird - zu Recht.
[...] Polanskis inszenatorisches Feingefühl für angsteinflößende Schattierungen und die Einschübe von gesellschaftskritischen Untertönen, kommen dabei immer in vollem Maße zu tragen. Die Symbiose des unbehaglichen Klimas von Carols Situation und die eigentliche Sympathie für die leidende Carol, gestalten den Reiz des Geschehens und machen jede emotionale Facette umso deutlicher am eigenen Leibe fühlbar. Polanski geht der plumpen Kategorisierung unter dem schwammigen Deckmantel eines Horrorfilmes konsequent aus dem Weg, denn auch wenn das Gefühl des Zuschauers ihm hier unterschwellig zu verstehen gibt, ein Werk dieser Rubrik zu sehen, so ist die Umsetzung Polanskis doch ein viel komplexeres und tiefgreifenderes Mosaik aus distanzierten Charakterzügen im Verhalten Carols. [...]
[...] »Maniac« ist kein Psychogramm oder eine weitreichende Auseinandersetzung mit Ursachen und Motivationen, es wird aber deutlich, dass Frank Zito nicht aus Spaß tötet, sondern sich angeekelt von sich selbst zurückzieht, dass er ein desorientierter Niemand ist, der die Leere seines Daseins mit selbstgebauten Schaufensterpuppen füllt und diese mit den Skalps seiner auserwählten Damen vollendet. Er ist ein geschundener, zurückgezogener Mensch, der sich auf die Jagd begibt, weil er selber das größte Opfer in dieser Welt ist, ohne Chance gegen seine Vergangenheit anzukämpfen, ohne Möglichkeit dieses Verlangen überwinden zu können. Das Ende ist dann noch der ganz besondere Paukenschlag und von einer so intensiven Symbolik signiert, dass dem Zuschauer ein kalter Schauer über den Rücken läuft, denn es bleibt ein Trugschluss: Humanität wird zur statischen Fassade, alles Illusionäre greift ein und lässt die beiden Ebenen miteinander verschmelzen. Es gibt nur Einsamkeit, Tod und den stummen Schrei nach Liebe.
[...] Den wahren Coup landet der Film aber erst gegen Ende und ohne zu viel verraten zu wollen: Aja tritt nicht nur seinem Publikum in das blutverschmierte Antlitz, er degradiert die Logik auch in die - vordergründige - Bedeutungslosigkeit. Darüber kann man erbost den Kopf schütteln, Aja für einen Dilettanten halten und sich stundenlang über die diese – oberflächliche – Unüberlegtheit echauffieren. Nur sind wir dann genau in die Falle getappt, die Aja uns breitgrinsend aufgestellt hat. Denn dreht man das das Ganze einmal auf links und versucht das Gezeigte aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, dann hat Aja mit seinem gravierenden Handlungsbruch nicht nur jede Menge Mut bewiesen. Er hat dazu auch noch einmal vehement an die fiktionale Kraft des Kinos appelliert und sorglos in Kauf genommen, dass man diese gewagte Metaebene mit dem Verlust jeder Seriosität verwechselt. Chapeau.
[...] Die Tragik der Situation siegt jedoch und »Augen ohne Gesicht« wird schlussendlich zu einem Film über das innerfamiliäre Scheitern, angereichert mit einer sensiblen Grazie zwischen den Schwarz-Weißen-Zeilen, die am Ende eine mannigfache Poesie evoziert und durch die zärtliche Unschuld der aufsteigenden Tauben den vorherigen Hundeangriff beinahe vergessen macht. [...]
[...] Hinter all den schönen, aber nicht überwältigenden Bildern steckt genau das, was sich auch hinter den Figuren verbirgt: Ein Hauch von Nichts. Der Ansatz eines poetischen Schimmers ist gegenwärtig, doch die Bildsprache darf sich nicht zu Wort melden und schweigt den gesamten Film hindurch, während sich unfähige Darsteller wie Ben Affleck und Olga Kurylenko benehmen wie Kleinkinder, mit einem abgerissenen Voiceover die Nerven des Zuschauers leicht malträtieren und nicht selten in den Bereich der unfreiwilligen Komik driften, denn wenn Olga Kurylenko die ganze Zeit wie eine beschwipste Fee durch die Gegend tänzelt, dann wirkt das nicht leidenschaftlich, sondern einfach nur deplatziert und lächerlich. [...]
Und die wirklich guten Sachen?!
http://www.youtube.com/watch?v=4H0JDomv8ac
http://www.youtube.com/watch?v=0JGHI4TAC5U
http://www.youtube.com/watch?v=exbmO1uDMbM
http://www.youtube.com/watch?v=j2IfFUdy8Uw
[...] »Das Appartement« ist – mal wieder – ein mehr als treffender Film über Menschen und die verschiedenen Abzweigungen ihrer Existenz. Einige scheitern, andere hingegen ziehen das große Los und wenn ein Sektkorken dem Zuschauer für den Bruchteil einer Sekunde den Atem raubt, dann wird Billy Wilder im nächsten Moment schon wieder zu dem Optimisten, für den man ihn einfach lieben muss, ohne das er sich in Unzulänglichkeiten oder schmierigen Kitschklamotten die Zeit vertreibt. Es wirkt selbst dann nicht überheblich, wenn Wilder einen Schminkspiegel zum visualisierten Seelenleben einer zerbrochenen Frau fungiert, denn manchmal kann die Wahrheit so einfach symbolisiert werden und trotzdem den Nagel auf den Kopf treffen. Und wie wir wissen, gab es kaum Regisseure, die besser zielen konnten als Mr. Wilder.
Die Jagd ist großes Kino. Europäisches Erwachsenenkino, nannte ich ihn. Ernst, aktuell und doch unterhaltsam. Hoffe, du magst ihn. :)
[...] Charlie Sheen als Protagonist zwischen Flehen und Schmerzen schafft es zu keinem Zeitpunkt, seine Person für den Zuschauer irgendwie interessant zu machen und der Verlauf der Geschichte, der nun vollkommen überraschungsfrei und billig von Traum zu Traum springt, juckt aufgrund der fehlenden Empathie einfach nicht die Bohne. Da kann das auferlegte 70s Setting mit den wunderbaren Songs von Liam Hayes rein gar nichts bewirken, denn ein auf Zelluloid gebannter Haufen Langeweile, der an seinen eigenen Pseudo-Ambitionen scheitert, bleibt einfach gänzlich trivial. In diesem Sinne: Die Exhumation des Charlie Harper ist kläglich gescheitert.
Geboren um zu Knurren und eigentlich in jeder Rolle ein charismatischer Haudegen, ist Ron Perlman inzwischen einer der einprägsamsten Bestandteile der rauen B-Riege Hollywoods. Und auch wenn der Gute heute keinen runden Geburtstag feiern darf, hat er sich die schriftlichen Glückwünsche zu seinem 63. doch wirklich verdient, denn allein für seine Auftritte als buckliger Salvatore, als zynischer Comic-Held Hellboy und ganz besonders als hassenswerter Clay Morrow in „Sons of Anarchy“, muss man den New Yorker Brocken einfach mögen und immer als gern gesehenen Gast anerkennen, wenngleich seine Charaktere diese Sympathien nicht immer zulassen wollen und seine Versuche Coolness zu erzeugen hier und da in trockener Überheblichkeit münden. Nichtsdestotrotz: Alles Gute an dieser Stelle auch von mir!
»It's the story of my life. I always get the fuzzy end of the lollipop.«
Hinter konservativen Aushängeschildern für Anstand und Ordnung lauert die hämisch-zynische Fratze der ungeordneten Realität. Alles glänzt, alles funkelt, alles besticht durch seine kokette Vitalität, doch schiebt man die Schwarz-Weißen-Samtgardinen beiseite, dann trifft man nicht auf herrlichen Slapstick, wunderbare Dialoge und drei Giganten, die mit schwungvollem Esprit ihr ganzes Können zeigen, sondern auf den Ernst des Lebens: Arbeitslosigkeit, Gewalt durch Syndikate und die entscheidende Täuschung. Die Geschichte von »Manche mögen's heiß« wurde auf ein reines Lügenkonstrukt als Ausgangslage aufgebaut, in dem die eigene Identität aus Angst vor düsteren Nachtgestalten mit durchgeladenen Thompsons im Anschlag verleugnet wird, genau wie blonde Schönheiten ihr Hochprozentiges im Flachmann unter den lockeren Kleidern verstecken – Das aber nicht nur aufgrund der Prohibition. Und dort lässt sich die große Stärke von Billy Wilder erkennen: Die Fassade ist heiter, fast durchgehend darf herzhaft gelacht und sich amüsiert werden, doch Wilders Duktus und der Bezug zum Realen sind unverkennbar als Fundament angegeben. Am Ende siegt dennoch der herzerwärmende Optimismus, der – für damalige Verhältnisse äußerst mutigen – etwas anderen Travestie-Komödie. Ein Filmerlebnis, so verführerisch und liebreizend wie Marilyn Monroes Wimpernschlag, und gleichzeitig ein unantastbares, unvergessliches und unnachahmliches Muss.
»Oh, I still do believe in God, old man. I believe in God and Mercy and all that. But the dead are happier dead. They don't miss much here, poor devils.«
Carol Reed zieht uns mit »Der dritte Mann« ins Wien des Jahres 1949. Eine Zeit, in der Hoffnung zersprengt auf dem Boden vor sich hinvegetiert, die Dunkelheit regiert den Alltag, Finsternis umklammert jeden flüsternden Sonnenstrahl und die Stadt steht symbolisch für eine Welt, in der die Krater der Vergangenheit nicht nur oberflächlich abzusehen sind, diese Krater stecken auch in jedem Menschen, der die düsteren Straßen der österreichischen Bundeshauptstadt einst mit dem vertrauten Gefühl von Heimat assoziierte, von dem jetzt allerdings nur noch zerrüttete Erinnerungsfetzen vorhanden sind. Robert Kraskers preisgekrönte Kameraarbeit suggeriert und unterstützt diesen Eindruck: Das Leben in diesen Tagen ist aus den Fugen geraten, sowohl aus der pauschalisierten Gesellschaftssicht, als auch auf jeden zwischenmenschlichen Konflikt im Einzelnen bezogen. In diesem durch reale Bestandsaufnahmen authentisierten Trümmerhaufen versucht der Amerikaner Holly Martins auf Anfrage seines langjährigen Freundes Harry Lime irgendwie Fuß zu fassen, das Schreiben von abgegriffenen Groschenromanen war schließlich noch nie von seiner lukrativen Rendite gezeichnet, doch alles kommt anders. Was als atmosphärischer Film Noir mit expressionistischer Visualisierung beginnt, wird zur legendären Allegorie für das trügerische Abbild von Schein und Sein, Licht und Schatten, Moral und ihre maßlose Ambivalenz.
Wenn sich Hollys Ermittlungen auf eigene Faust nach und nach in eine klare Richtung lenken und der unschuldige, nach Wahrheit grabende Amerikaner tief in den Kreis von verbrecherischen Verhältnissen gerät, in der die abstoßende Korruption ihre Hochzeit erreicht hat und der eigene Vorteil immer über einem Menschenleben steht, erzählt auch »Der dritte Mann« eine Geschichte über Verlust, jedoch aus vielerlei Blickwinkel betrachtet. Es ist ein Film über den Schlusspunkt einer Freundschaft und ein Film über die zerplatzten Zukunftspläne, jeder ist hier ein subjektives Opfer dieser aussichtslosen Epoche. Menschen die sich mal nahe standen und Menschen, die die Chance auf eine Beziehung hatten, strafen sich letzten Endes mit ignorantem Schweigen, während unser Protagonist Harry Lime die einzige Person im Film bleibt, der man Aufrichtigkeit zusprechen kann und einen vertrauenswürdigen Blick in die von Trauer gezeichneten Augen schenken darf, denn seine charakteristische Loyalität hat dieser Mann nie verloren. Carol Reed hat einen fesselnden, aber darüber hinaus auch realistischen Film geschaffen, der die menschlichen Veränderungen im Angesicht der historischen Implosion vollkommen zeitlos entfaltet. Sollte man gesehen haben, gehört ohne Frage zur cineastischen Allgemeinbildung.
Silva Lininkz is voll qail. Has den nur nich verstandän!
[...] Wenn Lang den finalen Akt einleitet, sich alle Wege überschneiden, dem Zuschauer durch die unglaubliche Atmosphäre schier der Atem geraubt wird und Pete Lorre eindrucksvoll verdeutlicht, warum er sich in den imaginären Annalen der Schauspielkunst für immer einen festen Platz gesichert hat, vermittelt Lang etwas ganz Entscheidendes, was in solch schrecklichen Situationen oft in Vergessenheit gerät: Hinter den Gräueltaten des als Monster gebrandmarkten Täters, steckt immer noch ein menschliches Wesen. »M« wird darauf zum individuellen Drama einer geschundenen Seele und die Frage nach Schuld und Verantwortungen wird genau in diesen Momenten der seelischen Offenbarung in eine neue Richtung gelenkt. Abmilderungen oder Wiedergutmachungen der Geschehnisse sind jedoch utopisch, die Familien werden sich nie wieder als geschlossene Einheit fühlen dürfen, genau wie das Urteil gegenüber dem Verantwortlichen natürlich schon vor den Verhandlungen gefällt wurde. »M« darf daher nicht nur aufgrund seiner prägenden Klasse mit der sämtlichen Superlativen gekrönt werden, sondern sagt darüber hinaus auch Einiges über das Verhalten von Menschen in einer solchen Extremsituation aus, und genau das hat sich seit dem Jahre 1931 nicht geändert und wird sich auch nie wieder ändern.
»Warum hast du das getan?«
Wo der ein oder andere Rezipient fälschlicherweise einen erhobenen Zeigefinger seitens Michael Haneke in »Benny's Video« erkennen möchte, der das heikle Medium Film gerne verteufeln würde und dem Zuschauer daraufhin durch seine puritanische Moral Vorschriften macht, dämonisiert Haneke eben nicht den Film als Ganzes, sondern platziert sein kritisches Hauptaugenmerk an einer ganz anderen Position. Haneke prangert mit Vorsicht die möglichen Auswirkungen der Kraft von permanenten Illusionen an, die natürlich immer im zeitgenössischen Kontext der seelenlosen Mentalität unserer Gesellschaft stehen und für bestimmte Personen, die in ihrer Realität das Gefühl von Annahme vermissen müssen, ein fortschreitendes Risiko werden könnten, denn der Reiz, den Affekt der Fiktion in das reale Dasein zu manövrieren wächst.
Die Realitätsflucht ist ein ganz anderer Bereich in Bezug auf Film und Wirkung, dem sich jeder Konsument freiwillig und ohne Bedenken unterziehen darf, schließlich ist das auch eines der Ziele – in welchem Genre wir uns auch immer befinden mögen – die ein Werk anstrebt und verüben möchte. In »Benny's Video« steht die titelgebende Figur Benny (Arno Frisch) im Mittelpunkt, für den die Videos nicht nur ein flackernder Ersatz für seine unbefriedigenden Familienverhältnisse mit seinen Eltern (Ulrich Mühe, Angela Winkler) sind, sondern sie verleihen ihm auch das Gefühl von Kontrolle und Macht über Geschehnisse, über Leben und Tod, die er durch seine Fernbedienung nach Belieben bestimmen kann. Aus dieser rein digitalen Macht entspringt jedoch ein Interesse, welches sich auf den Mattscheiben kontinuierlich in jeder Form abspielt und für den Zuschauer längst in konsumierbare Formen gepresst wurde: Die Gewalt. Es kommt dabei nicht von ungefähr, dass die ausschlaggebende Szene des Filmes nicht nur Off-Screen vollzogen wird, der Zuschauer blickt währenddessen auch auf einen weiteren Bildschirm. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.
Michael Haneke ist sich dabei natürlich vollkommen im Klaren, dass man seine Intention von Grund auf missverstehen könnte und seine Funktion als nüchternen Beobachter durchgehend ablehnt, weil man den gravierenden Fehler begeht und das gezeigte Schicksal von Benny breitflächig pauschalisiert. Die Relation zur Wirklichkeit ist greifbar und in Wahrheit natürlich genauso in unserer Nähe anzutreffen, wie sie auch ein Teil des Bekanntenkreises von Benny wurde – Alle eschauffierten Zweifler sollten einmal hin und wieder einen Blick in die Zeitungen werfen, der Rest klärt sich daraufhin von ganz allein. »Benny's Video« steht schlussendlich vielmehr für die Flucht vor den eigenen Verantwortungen, in der das humane Prinzip der Reziprozität die Frage nach Schuld aufwirft. Es ist ein Film über die Gefangenschaft in einer Welt, die sich nicht nur aus Distanz und Manipulation erhebt, es ist auch eine Welt, die gänzlich durch projizierte Bilder verstanden wird. Natürlich ist das ein enorm wichtiges Werk.
»Was hast du gestern geträumt?«
Nach »Der siebente Kontinent« und »Benny's Video« verlässt Michael Haneke den innerfamiliären Radius und erweitert sein erzählerisches Spektrum dahingehend, um in »71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls« einen integren Schnitt durch die ihm vertraute Konsumgesellschaft zu vollziehen, dem postindustriellen Zeitalter, in dem die Vergletscherung der Gefühle das Geschehen bestimmt und in dem den Menschen jeder Glaube verloren gegangen ist. Die fragmentarische Umsetzung steht symptomatisch für das Wahrnehmungsgleichnis unserer aller Realität: Wir sehen wenig, wir verstehen noch weniger. Das Leben selbst ist eine Ansammlung von vorbeirasenden Fragmenten, von unvollendeten Bruchstücken, die wir jeden Tag aufsaugen, deren Anwesenheit wir realisieren, aber wir können nicht hinter die Oberfläche blicken, wir können uns Antworten lediglich akkurat zurechtlegen, doch von reeller Natur sind diese trocknen Spekulationen in den seltensten Fällen. Für die Charaktere in »71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls« ist Schönheit nur als Metaphysis vertreten, während die Schmerzen der individuellen Lage und die Sehnsucht nach einer anderen Welt fortwährend erkennbar sind. Doch Hanekes Pointierung ist nicht die plumpe Darstellung der kontemporäre Kommunikationslosigkeit, in der zwischenmenschliche Nähe zu bitterer Stille führt, Hanekes Film ist auch – wie immer - eine Anregung zur Selbstreflexion und eine Proklamation an die verkrüppelte Humanität, die die ignorante Rohheit vielleicht irgendwann durch etwas Nächstenliebe ersetzen könnte. Die filmische Fragmentierung als letzte Projektion der Wahrheit ist nur der (Gedanken-)Anstoß, der Rest liegt nun an jedem Einzelnen.