angucker - Kommentare

Alle Kommentare von angucker

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    Ich werde es nie vergessen. Etwa um die Zeit als der Film erschien vertrat ich einen Sägewerksingenieur, der sich bereits Mitte der 80er Jahre in Afrika angesteckt hatte. Seine größte Sorge war, jemand könnte ihn wegen seiner Krankheit für schwul halten. Vielleicht deshalb hatte er überall in seiner Wohnung Fotos von weitgehend unbekleideten afrikanischen Frauen dekoriert. Damals habe ich dieses sein Problem nicht verstanden. Später schon. Nach diesem juristisch wie politisch absolut korrekten Film erst recht. Nur ist der leider so arg konventionell und rührselig. Und dann noch Tom Hanks mit dem Dackelblick. Nee, echt mal. Gutes Thema, aber kein guter Film für mich.

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    • Das läuft dann wohl unter (hoffentlich) unbezahlte Werbung. Oder habe ich da etwas verpasst?

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        angucker 03.04.2016, 10:21 Geändert 04.04.2016, 09:46

        Der für heutige Verhältnisse sehr betulich daher kommende Film gefällt mir, weil Jeder und Jede auch stark negative Züge hat. Jodie Foster mit ihrem "haltlosen" Lebensstil, Kelly McGillis mit ihrem karriereorientierten risikoscheuem Verhalten und die Nebenfiguren wie die erschreckend empathiefreie Ärztin, deren kühle Untersuchung für mich einen Höhepunkt des Films darstellt. Leider driftet das Drehbuch aber ziemlich früh in ein juristisch unglaubwürdiges und spannungsarmes Court Drama ab, was dem Film viel von seiner Wucht aus den ersten 15 Minuten nimmt. Mir haben die ruhigen Einstellungen mit glaubhaft inszenierten Bildern von der Rückseite des amerikanischen Traums gut gefallen.

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        • 3 .5

          Ziemlich dröges Beziehungsdrama aus dem ich gelernt habe, dass in Serbien die Altbauten noch heruntergekommener sind als im Berlin der 80er Jahre. Und das im Jahr 2015. Da kann man froh sein, wenn einem nicht Dach oder Fassade auf den Kopf fallen.

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            Eine dünne Story, die nur durch endlose sinnlose Verfolgungen und viel blanke Haut auch nicht unterhaltsamer wird. Und das schwule Killerpärchen unterschreitet jede Geschmacksgrenze. Überflüssig und noch nicht einmal zeitgeistig.

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              angucker 31.03.2016, 21:23 Geändert 01.04.2016, 07:49

              Entspannte, klassische Screwball Komödie mit einem gut aufgelegten Cary Grant, der im Leopardenfell-Bademantel wie im Dreiknopfanzug zuverlässig für Lacher sorgt. Irene Dunne kontrastiert mit jungenhaftem Charme und großer Präsenz und der Nebenbuhler kann nicht nur Rückwärtssalto vom Dreimeterbrett, weshalb er aus taktischen Gründen durch einen kleinwüchsigen glatzköpfigen Schuhverkäufer ersetzt wird. Der erfolgreiche Plot wurde 1963 mit Doris Day und James Garner nochmals verfilmt. Auch durchaus sehenswert. Die fahren einen Straßenkreuzer in den Swimmingpool.

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                angucker 31.03.2016, 06:50 Geändert 31.03.2016, 16:19

                Der hat einen guten Rhythmus. Von der rasant geschnittenen Verfolgung mit den vielen Close Ups und akrobatischen Stunts am Anfang bis zum ruhigen ironischen Dialog mit Eva Green im Zug oder der vernichtenden Hassattacke, die Judi Dench mit steinernem Gesicht über Bond einschlagen lässt. Endlich hat Bond mal eine richtige Chefin bekommen - das allein und die gut besetzten Rollen (Tarrach an der Bar) sind modern, dass macht Spaß und sorgt für gute Unterhaltung. Sony, Omega, Rolex, Aston Martin, Ford Fiesta und viele andere sorgen für Profit und Finanzierung.

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                  Natalie Portman. Was soll man da noch sagen: Brains are sexy! An diesem Film ist einfach jede Sekunde überragend. Die Action ist brutal, die Verwüstung einer Familie mit Pumpguns und Mozart perfekt inszeniert, jede Einstellung ist eine Erleuchtung und selbst jede Nebenrolle (zum Beispiel Danny Aiello als Manny) großartig besetzt. Dieser Film hat so viele Ebenen. Echte Freundschaft, Fürsorge, Geborgenheit, Treue, wie brutal geht es denn noch, der Lolita Komplex, gebt die Macht den Kindern, die kleine Pflanze am Fenster (was für eine schlichte, schön umgesetzte Metapher) - und doch ist es nur ein Action-Film. Ein Meisterwerk. Jetzt von 9 auf 10 für immer.

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                  • 7

                    Sehr gut (der Schnitt, die Schauspieler, das Tempo), aber nicht überragend (das Drehbuch). Mir war das als Geschichte etwas zu flach, Superheldenfilme gibt es eigentlich genug und ich bin auch kein Freund des Happy-End. Trotzdem kommt trotz der Überlänge nie Langeweile auf und die Leistungen der Schauspieler (bis in die kleinste Nebenrolle) sind überragend.

                    Ein Tipp: Englische Originalfassung mit oder ohne Untertitel. Wer jemals Morgan Freeman und Tim Robbins im Originalton gehört hat, will nie wieder die Synchronsprecher hören.

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                    • Eine gute Auswahl aus den vielen illustren Darstellern dieser Rolle. Natürlich hat jeder andere Vorlieben und Favoriten (Jonathan Pryce, Sophie Marceau), aber das ist doch Geschmackssache. Eine kritische Anmerkung zu Deiner und anderen ähnlichen Listen: Jaws ist kein Bösewicht. Er gehört eigentlich in das Subgenre der "Ich will Bond verkloppen" Darsteller, die den eigentlichen Schurken nur Hilfe leisten. Denn sonst würde Grace Jones und so manche/r andere/r unbedingt auch in diese Liste gehören.

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                        Die drei Merkmale mal wieder: Ein gut aufgelegter Bond. Absolut. Connery ist so physisch und sexy, es ist kaum zu glauben. Wenn der sich nur im Liegestuhl räkelt, schmelzen die Mädels schon dahin. Bond Girl: Na klar. Ursula Andress entsteigt den Fluten als kurvige schaumgeborene Amazone mit Gürtel, Messer und unbedingter sofortiger Paarungsbereitschaft. Eine Ikone. Die Szene und die Standfotos daraus waren (ich war damals ein Kind) damals wie heute überall zu sehen. Der Bösewicht: Wer war das noch mal? Dieses Element und einige andere waren noch nicht entwickelt: Gadgets, Stunts (na ja) und Verfolgungen eher auf harmlosem Niveau. Der Film ist über 50 Jahre alt, aber kein schlechter Anfang.

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                          angucker 17.03.2016, 09:51 Geändert 17.03.2016, 10:26

                          Hier fehlt alles. Das Duell zwischen Christopher Lee in seiner vermutlich schwächsten Rolle (was war das für ein Schauspieler, wenn er durfte) mit seiner albernen dritten Brustwarze und dem völlig teilnahmslos wirkenden Moore geht glatt unentschieden aus. Die Action kommt komplett zu kurz und auch Humor gibt es keinen. Zwei der schwächsten Bond-Girls aller Zeiten können es nicht reißen. Einzig sehenswert und sehr schön zeitgeistig sind die Szenen im Gruselkabinett des Scaramanga, die mit viel psychodelischem Licht, einem angemessenen Soundtrack und Spiegeln aller Art so 70er sind wie eine Lavalampe.

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                          • angucker 17.03.2016, 09:44 Geändert 17.03.2016, 11:32

                            Zitat: Höhepunkt ihrer Karriere ist 1974 ihre Rolle als Bond Girl.
                            Zitat: Seit ihrem 15. Lebensjahr als Model für Zahnpasta tätig.
                            Zitat? von Peter Sellers: Hauptsache ich habe eine schöne Frau, die sich auch entblättert. Zitat?

                            Das waren die 70er. Heute heiraten solche Frauen Christiano Ronaldo und spielen hoffentlich nicht mehr in Filmen mit.

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                              Drei Dinge braucht es für einen guten Bond: Ein gut aufgelegter Bond, mindestens ein interessantes Bond-Girl und einen markanten Bösewicht. Dieser Bond hat das. Moore wirkt bei den liebevoll inszenierten Außenaufnahmen und im Kampf mit Jaws engagiert und ist physisch auf der Höhe. Barbara Bach steht auf meiner Liste der Bond-Girls ganz weit oben. Ihr wunderschönes Gesicht mit den riesigen Augen und dabei immer dieser intensive Unterton von Melancholie und sogar Depression. Es ist mir ein Rätsel, warum sie nicht häufiger und besser besetzt wurde. Und dann: Auftritt Curd Jürgens! Eine Ikone der affektierten Schauspielerei voller Manierismen. Und schon allein deswegen in seiner schier unerträglichen Eitelkeit sooo glaubwürdig. Und auch komisch: Wie er (unter dem Tisch angeschossen) gefühlte 5 Minuten lang stirbt wie ein Schmierenkomödiant vom Hessischen Staatstheater (sorry) und dann mit dem Kopf in die halb gegessene Mahlzeit zusammenbricht - einfach witzig. Und damit ein "echter", sehr konventioneller und traditioneller Bond.

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                                angucker 17.03.2016, 08:43 Geändert 22.03.2016, 12:03

                                Bond ist endgültig im Rentenalter angekommen und kann zwar noch gerade laufen, aber mehr auch nicht. Bis auf diese Einschränkung ist das aber ein guter Bond: Christopher Walken liefert einen der besten Bösewichter aller Zeiten ab; physischer und irrer geht es kaum noch. Aber am schärfsten ist die Besetzung von Grace Jones und Dolph Lundgren im Doppelpack. Zwei Stilikonen der späten 80er bringen das Muskelelement in den Film, die extravanten Kostüme der Jones faszinierten mich auch beim 3. Durchgang noch und die Szene, wo Jones auf den im Bett liegenden Bond zugeht (mit dem Rücken zur Kamera), den Bademantel fallen lässt und im Gegenschnitt bei Moore nur eine Augenbraue hoch geht - das ist kaum zu toppen. Angeblich (kolportierte Jones später in Interviews) hatte sie bei der Szene eine unterarmlange schwarze Umschnallwurst unter dem Bademantel. Was jedenfalls auch die Augenbraue erklären würde. Very british, so amusing.

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                                  Witzige Varianten der Verfolgung und Transportabteilung (Dreirad, Elefanten) können es nicht reißen. Roger Moores James ist alt geworden und wirkt weder selbstsicher, noch viril. Alle körperlichen Szenen sind so offensichtlich gedoubelt und Maud Adams (die mich noch in keinem ihrer drei Filme als Bond Girl überzeugen konnte) passt zwar in Punkto Alter und Abnutzung zu Moore, wertet den Film aber ansonsten nur zusätzlich ab. Wäre da nicht der tolle Louis Jordan und die sehr konservative Wiederholung bekannter Muster (Gimmicks, Qs Labor) hätte ich den Film wohl nicht zu Ende gesehen.

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                                    angucker 17.03.2016, 08:22 Geändert 17.03.2016, 09:38

                                    Ironie spielt hier die Hauptrolle. Sean Connery macht den Bond, der eigentlich keiner ist mit dem Augenzwinkern, so als wolle er bei jeder Szene sagen: "Seht mal, wie ich jetzt wieder diese lustige Figur spiele." Kim Basinger ist eines der ungewöhnlichsten Bond-Girls, weil die sich wie hypnotisiert abwerben lässt und dabei so teilnahmslos, bedrogt und dicklippig guckt, als sei sie für ein Photoshooting engagiert. Und man sieht auch (im typischen 80er Jahre Bonbon-Rosa-Dress) ihre Balletterfahrung. Am besten aber kommt K.M. Brandauer. Wie er nach seiner destaströsen Niederlage im Videospiel (ganz 80s und sehr konventionell inszeniert) "um die ganze Welt" die Hände vom Joystick nimmt und sich mit einer gezierten Geste die Hautfetzen abpustet. Wie er unbeholfen, tapsig und etwas dicklich wirkend auf seiner Yacht herum wütet, weil Bond seine Geliebte becirct. Großes Theater. Rowan Atkinson schleicht durch die Kulissen, die Kostüme und Präsenz von Barbara Carrera, die Szenen im Sanatorium einschließlich der Prügelei, bei der Connery geschickt Unterlegenheit, Verzweiflung und Erschöpfung spielt. Wofür die Regisseure bei Craig später lange Szenen mit Tabletten und Schnaps brauchten.

                                    Hier hatte der Routinier Kershner im Regiestuhl ebenso wie alle anderen Mitwirkenden den Willen, einen ironisch gebrochenen Pseudo-Bond unterhaltsam zu inszenieren. Und sie taten das ohne viel Gedöns in unterhaltsamer Weise.

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                                    • Nachdem er in Spectre für die zu seltenen Highlights sorgte, behalten wir den im Auge. Und mit den Augen und der Mimik arbeitet und beeindruckt er wie kaum ein anderer. Sein Sherlock Holmes Widersacher: Fantastisch!

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                                        Natürlich habe ich ebenfalls die schrillen tuntigen Schreie von Alan Ritchson vermisst. Die Serie hat mir wegen der manchmal fast anarchischen Machart, den zwischendurch immer wieder geschickt eingestreuten satirischen Darstellungen etablierter Klischees und dem gelungenen Cast noch ganz gut gefallen. Leider driftet es hier komplett in Richtung Fäkalwitze, Drogen sind so witzig und Silikonbeschau ab. Bis auf einzelne Szenen von Ritchson, der dem Affen so richtig Zucker gibt (ich schmecke keine Limette in dem Mojito) absolut grauenhaft und klischeebehaftet. Und natürlich geht es zuletzt nur noch um Scheißhäuser und Flüssigkeiten. So kindisch durfte es nicht werden. Überflüssig.

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                                          Viele viele Filmfreunde haben ein ernstes Problem mit der Langsamkeit. Und dieser Film ist sooo langsam. Visconti entwickelt die (für mich ziemlich hölzerne-) kurze Novelle von Thomas Mann zu einer langsamen Bilderflut; untermalt von den Klängen Gustav Mahlers, in schier unendlichen Einstellungen schwitzt, schmachtet und schwült Dirk Bogarde dem blonden Jüngling hinterher. Und zuletzt versinkt seine Existenz mit einem misslungenen Coming-Out in Krankheit und Verfall. Dieser Film funktioniert auf vielen Ebenen: Musikalisch, von den Bildern her, für die schwule Community vermutlich erst recht. Und während mir die Novelle wirklich überhaupt nichts sagt, ist dies große Kunst.

                                          Ein guter Freund, der immerhin über Thomas Mann promoviert hat, meinte nach dem Film nur, es sei wirklich ein ernstes Problem für den bürgerlichen, konservativen Thomas Mann gewesen - dieses Sehnen nach dem eigenen Geschlecht. Dieses Sehnen nach Schönheit und Kunst. Na ja - an diesen Diskussionen muss und will ich mich zum Glück nicht beteiligen.

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                                            angucker 14.03.2016, 10:44 Geändert 18.01.2018, 10:51

                                            Ich kenne sie alle und dies ist einer der schlechtesten Bonds. Gigantische CGI Sequenzen (da hechtet der Craig mit hohem athletischem Einsatz über Bauklötzer vor dem GreenScreen ähem über die Dächer von Mexico), endlose und ziemlich sinnfreie Bruder/Vater/Hass Monologe (Waltz spielt das sehr gekonnt aber trotzdem wie im Schlaf) haben überhaupt nichts mit der Handlung zu tun (außer den Abgang von Craig vorzubereiten) und selbst die exzessiven Autoverfolgungen können den Standard (etwa von Casino Royale oder "Unknown Identity") noch nicht einmal annähernd erreichen. Und wenn die Briten (zusammen mit den Amis immer noch Weltmeister in Sachen Überwachung, der Newsweek-Skandal ist noch nicht lange her) sich pseudokritisch mit totaler Überwachung beschäftigen, ist dies wirklich gefälliger Mainstream. Und dann noch die sinnlose Nebenrolle der nicht gut gealterten Monica Belluci und die ewige Werbung für Autos und Konsumartikel. Es wird nicht besser gegenüber Skyfall.

                                            Was mir gefallen hat: Léa Seydoux gibt (seit Diana Rigg dringend mal wieder nötig) die selbstbewusste moderne Frau ohne Hochglanz-Faktor, die trotzdem angemessen Sexieness entwickeln kann. Ben Wishaw gefällt mir immer besser; seine angespannte, nerdhafte Art ist eine echte Bereicherung für das Franchise. Andrew Scott wäre mit Abstand der plausiblere Bösewicht gewesen. So verschlagen gucken können nicht viele Darsteller. Und Waltz reiht sich (trotz seiner zu langen Szenen und sinnfreien Monologe) in die Reihe der großen Bond-Bösewichte deutschsprachiger Herkunft neben Fröbe, Brandauer und Jürgens hervorragend ein. Aber 60 Minuten zu lang ist er trotzdem.

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                                            • Echt mal: Nancy Reagan stand für alles, was ich unsympathisch finde: Schwulenfeindlichkeit, "ich bin nur die Dienerin meines Herren" - das Gehabe der immer nur zu ihrem Ehemann aufblickenden Hausfrau, brutalsten Konservativismus und wahrscheinlich gab es in ihrem kleingeistigen Weltbild auch weder Evolution noch Sozialismus. In welchen Filmen hat Mrs. Reagan denn überhaupt gespielt? Ich kenne sie nur als ikonische Präsidentengattin "kleine Frau steht neben großem Mann und guckt ihn alle 30 Sekunden von unten nach oben bewundernd an".

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                                                angucker 02.03.2016, 08:17 Geändert 25.11.2024, 10:58

                                                <<Gestrichen: Als bekennender Verächter der Schauspielerin Scarlett Johansson - Scarlett Johansson hat sich inzwischen mit vielen Filmen meinen großen Respekt erworben und ich freue mich, wenn sie gecastet wird (edit: 2024)>>

                                                Ich kam auf einem Umweg zu diesem Film: Ein Freund postete den Link auf die bei den niederländischen Museen erhältlichen HiRes Reproduktionen der Bilder Vermeers und dieses Bild nahm mich sofort gefangen und auf die Reise. Noch am selben Abend musste ich dann den Film sehen und - Überraschung - es ist ein sehenswerter Film:

                                                Jede/r mit Interesse für Kameraarbeit, Lichtsetzung und Ausstattung wird hier schon mal begeistert sein. Wie die in ruhigen Einstellungen fotografierende Kamera die zum Teil atemberaubend aufwändigen Aufnahmen von Inneneinrichtungen, Stoffen, Lebensmitteln, Fischen, Fleischwaren und den gut gemachten Kostümen inszeniert ist in meiner Filmgeschichte einmalig und bildet perfekt die Bilderwelt Vermeers ab. Wer nicht bereits in den ersten zwei Minuten Freude an der aufwändig fotografierten Zusammenstellung eines Gemüsetellers in schillernden, fast übernatürlichen Farben von den Händen der jungen Magd hat, wird an diesem Film keine Freude haben. Die Anfänge des Bürgertums in der damals durch ihr Porzellan unglaublich reich gewordenen Stadt Delft, wo sich reiche Kaufleute wie Van Ruijven Künstler halten und zur Herstellung von Schlafzimmerbildern per Vertrag benützen wie hier den von Colin Firth fast wortlos dargestellten Vermeer. Die immer wieder ohne Schminke inszenierten Gesichter der Schauspieler, wo die Pickel im Gesicht der damals wohl 17jährigen Johansson ebenso passen wie der Sabber und Schweiß im Gesicht des reichen geilen Kunstmäzens. Wie die Hände der hart schuftenden Mägde und Maler immer wieder rot, verfroren oder mit Farbe verschmiert im Zentrum des Bildes auftauchen. Der Film entwickelt in seinen Bildern dieselbe Tiefe wie die Bilder Vermeers, ohne diesen zu kopieren.

                                                Und außerdem ist dies auch ein Film, wo Geldsorgen, Ökonomie, Abhängigkeiten und Broterwerb eine Rolle spielen. Und das ist bei Filmen über die Zeit vor dem 18. Jahrhundert leider doch absolut die Ausnahme. Sehenswert auch der von meiner Tochter zu Recht angehimmelte charismatische Cillian Murphy in einer kleinen Nebenrolle und zu loben auch der extrem sparsam und effektvoll eingesetzte Score: Kurz vor Beginn der versuchten Vergewaltigung setzt beispielsweise nur kurz die Musik ein und verstummt dann wieder. Nur wenige Takte, aber der Himmel verdunkelt sich im wahrsten Sinne des Wortes.

                                                Natürlich eine schlichte Handlung, aber ein zutiefst beeindruckender und auf seine Art anregender und unterhaltsamer Film.

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                                                  angucker 19.02.2016, 08:27 Geändert 19.02.2016, 08:28

                                                  Ein zu Recht völlig unbekannter Film, von dem ich nur die Hälfte ertragen konnte: Vier junge Leute aus London, die keinerlei sozialen oder ökonomischen Kontext haben, fahren gemeinsam auf einen abgelegenen Landsitz, wo sie nach ziemlich komplizierten Regeln wechselnd zu zweit und auch mal zu dritt Sex haben. Der ziemlich verklemmt gefilmt ist und immer mit ernstem Gesicht zelebriert wird. Zuletzt kommt der Ex der einen Frau hinzu. Das ist echt dramatisch. Denn wir wissen ja "Four is a company, Five a crowd". Dazwischen (ich hatte die FSK 18 Variante, es gibt aber auch komplett entschärfte Schnittfassungen) passiert nicht viel außer einigen netten Außenaufnahmen (für die es zwei Punkte gibt) und recht gelungener Filmmusik (der 3. Punkt). Hatte ich erwähnt, dass zumindest einer der männlichen Darsteller übel blutende Akne hat (was ich irgendwie unsexy finde) und die beiden Frauen immer (ja, auch dabei) gucken, als hätten sie Verdauungsbeschwerden?

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