Deciuscaecilius - Kommentare

Alle Kommentare von Deciuscaecilius

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    Vampire Hunter D: Bloodlust ist ein Dark Fantasy Anime nach den Comics von Hideyuki Kikuchi. Es spielt in einer postapokalyptischen Welt mit sowohl Science Fiction Elementen als auch Fantasy und Gotik Einflüssen. Der Zeichenstil ist dementsprechend expressiv und erschafft im Finale auch einige spannende surrealistische Bilder. Die Story hält sich dabei an bekannte Versionen von Vampirgeschichten und ihre ambivalenten Jäger. Man könnte denken, eine Mischung aus Blade, Mad Max und Dracula zu sehen.
    Das ist alles stimmig zusammengestellt, die postapokalyptische Welt ist beeindruckend düster, bedrückend und abstrus gestaltet. Ich mochte speziell die technologischen Einschübe in eine ansonsten agrarisch geprägte Welt. Diese Mischung verleiht dem Film einige Schauwerte und hält sich über den ganzen Film bis zum wilden Finale. Dazu passt der schöne, effektiv eingesetzte Soundtrack.
    Leider verfing das Ganze bei mir trotzdem kaum. Das liegt zum einen an einem etwas chaotischen Storyaufbau, der darunter leidet, dass kein richtiger Fokus auf eine Idee aufgebaut wird. Der Plot will überraschend und verschachtelt wirken, hinterlässt aber einiges an Fragen zu den Motivationen und den Zielen aller Charaktere. Diese bleiben dann auch allesamt völlig unter erklärt, jeder und jede ist ein Klischee in sich selbst, da war nicht viel Neues zu entdecken. Der Film erzeugt eine Stimmung, an der man sich erfreuen kann, aber dahinter liegt nicht viel mehr als das.
    Mit der Zeit ist das etwas ermüdend, auch wenn die Action angenehm kurz und effektvoll blutig inszeniert ist und damit immer wieder vom Rest ablenkt. Insgesamt war ich aber eher gelangweilt über das, was hier zu sehen war. Eine völlig fehlende Chartererentwicklung, die mehr wie ein Pilot zu einer Serie wirkte, als wie ein abgeschlossener Film, ist mir einfach zu wenig. Somit bleibt das durchwachsene Gefühl ein interessantes Experiment in einer spannend aufgebauten Welt gesehen zu haben, ohne viel dabei fühlen zu können. Das war ganz nett aber dann nicht mehr als das.

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    • 8 .5
      Deciuscaecilius 12.11.2023, 18:23 Geändert 12.11.2023, 18:31

      A Silent Voice ist ein Anime-Film von Naoko Yamada, einem der frischeren Namen in dieser Kunst. Es ist ein ernster Film, ein Psycho Drama, das sich um schwierige Themen dreht, wobei die Schuldgefühle vermutlich das zentrale Thema bilden, aber auch über Depression, Krankheit und Selbstmordgedanken wird erzählt. Die Sichtung ist kein Spaziergang, aber man merkt das Bemühen, die Themen zugänglich zu erzählen. Der Film hat seine Längen, aber er entwickelt zum Ausgleich eine beeindruckende Wirkmacht, weil seine Erzählung ein breites Bild anstrebt.
      Fangen wir daher einmal mit den Schwächen an. Der Film ist zu lang und hat in seinem Mittelteil so einige Dopplungen und Redundanzen, in denen einiges nebensächliches erzählt wird, Nebenfiguren zu viel Raum bekommen und in denen zu lange zu viel einfach nur hinausgezögert wirkt. Dazu kommt dann auch, dass er sich zwar nicht auf einen typischen Verlauf, wie man ihn in Hollywood erwarten könnte, einlässt, aber am Ende das eine oder andere Klischee dann doch ganz gerne mitnimmt. Ganz unversöhnlich will er definitiv nicht sein, es ist ein sehr bemühter Film, dem man Wille und Mühe zu einer integrativen Lösung zu kommen sehr klar anmerkt. So viel Mühe, dass es schon anstrengend wird. So richtig einmal auf den Tisch zu hauen, hätte ihm vielleicht nicht geschadet.
      Davon abgesehen aber hilft ihm seine multiple Perspektive. Der Schüler Shōya ist unsere zentrale Figur, ein normaler fröhlicher Junge, der sehr gerne beliebt ist und immer im Mittelpunkt stehen möchte. Als Störung dieser Ruhe kommt aber Shōko in die Klasse, ein gehörloses Mädchen, das mit ihrer Krankheit, aber aus Sicht ihrer Klassenkameraden, viel Aufmerksamkeit von ihnen abzieht. Das erzeugt Neid, und dass sie fast seltsam stark bemüht ist, nett zu sein, ganz besonders zu Shōya, macht es nur noch schlimmer. Diese Ereignisse münden dann schnell in immer größeren Wellen von psychischer und schließlich physischer Gewalt, die Shōya als Anführer, und seine Kumpels und Klassenkameraden als Mitläufer, an dem Mädchen ausleben, bis dann die Öffentlichkeit auf den Plan tritt und Shōya zu seiner großen Überraschung ganz alleine im Ungemach steht.
      Wir sehen diesen ganzen Teil in einem recht straff erzählten Rückblick, einem Rückblick aus Sicht des einsamen und zum letzten Schritt entschlossenen Shōya, der diese Ereignisse schwer bezahlt hat. Wir sehen dann aber auch, wie er ein letztes Mal um Absolution bitten will und damit den Plot ins Laufen bringt. Gehörlosigkeit steht im Film als Metapher für Isolation und Misskommunikation und die Kunst des Films ist es, zu zeigen, wie alle Beteiligten darunter leiden. Das ist kein speziell japanisches Thema, aber man merkt hier doch eine kulturelle Verbindung zur Konformität liebenden Gesellschaft Asiens.
      Der Film hat eine interessante Bildsprache für seine psychischen Probleme gefunden, die Kreuze die Shōya in den Gesichtern anderer Menschen sieht überschreiben ihre Emotionen und sogar ihre Sprache, seine Isolation ist ein heftiger Schlag für den Zuschauer, weil wir diese Perspektive nicht gewöhnt sind. Selten ist ein Täter so elegant und interessant in eine Geschichte integriert worden. Das gilt dann auch für sein Opfer Shoko, die naturgemäß große Probleme damit hat, in die Kommunikation einzutreten, und der Film nutzt das, um auch den Zuseher lange in einer schwierigen Lage gefangen zu halten. Auch wir verstehen nicht, was hier wirklich eine Lösung sein könnte bzw. wird uns das einfache Happy End damit verweigert.
      Dazu liebt der Film seine ambivalenten Nebenfiguren, die Mitläufer, die Anstifter und natürlich auch die anderen Opfer einer Gesellschaft, die Abweichungen nicht wirklich leicht macht. Die Liebe des Films zu all seinen Protagonisten macht ihn letztendlich wirkmächtig und intensiv. Das kann dann auch ganz schön heftig werden, speziell wenn sich keine Lösung ergeben will. Ich habe die Schwächen an den Anfang gesetzt, weil es sehr schwer ist, diese wirklich von den Tugenden zu trennen. Dieser Film und seine Schuldgefühle waten durch tiefen und zähen Pudding, der zum Teil auch zur Geschichte gehört. Man hat den Eindruck, dass man in den widersprüchlichen Gefühlen dieser Teenager regelrecht ertrinken könnte. Soweit, das der Plot auch eine Liebesgeschichte sein könnte, ohne, dass man sagen kann zwischen welchen der Protagonisten eigentlich. Die Teenager-Gruppendynamik aus Anziehung und Nähe, Abstoßung und Isolation hält den Zuschauer gefangen und ist hart mit anzuschauen.
      Ganz am Ende und aus der Entfernung in der ich hier schreibe ist dieser Film nicht perfekt, aber man muss ihm wirklich hoch anrechnen, was er hier tut. Diese Art von Konflikten wird selten, und wenn dann, selten aus einer solchen Perspektive erzählt und noch seltener funktioniert das dann sogar. Der Film hat sich seinen guten Ruf daher zurecht erarbeitet und ich finde, das macht ihn vollumfänglich sehenswert. Dass hier eine Trigger-Warnung für alle, die solche Erfahrungen gemacht haben, dazugehört, ist klar, der Film hat aber den Vorteil, durch seine Animation damit rücksichtsvoll umgehen zu können. Die Animation macht ihn zu einem idealen Medium, um genau diese schwierigen Sinneswelten des Coming of Age erfahrbar zu machen. Ein bisschen Abstraktion liegt quasi in der Kunstform.
      Ein Fazit fällt da leicht, das ist kein Film für jedermann, will das auch nicht sein und ist daher eine Erfahrung, die etwas Besonderes ist. Das macht Kunst aus.

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      • 7
        Deciuscaecilius 07.11.2023, 21:53 Geändert 07.11.2023, 21:54

        Metropolis ist ein Anime des legendären Shigeyuki Hayashi bzw. ist er besser bekannt unter seinem Pseudonym Rintaro. Es ist ein Film, der sich an den gleichnamigen Anime anlehnt und sich gleichzeitig tief verbeugt vor dem gleichnamigen deutschen Filmklassiker von Fritz Lang. Diese Fusion ergibt eine Mischung aus Gesellschaftssatire und Dystopie mit typisch japanischen Themen, die damit ihren besonderen Zauber entfalten.
        Das hat zuallererst mit den beeindruckenden Grafiken zu tun, die Animation ist typisch einfach gehalten und verströmt manchmal regelrecht ein europäisches Flair, aber die Hintergründe sind fantastisch. Der Retro-Futurismus im Art Deco Stil referenziert sichtlich den Fritz Lang Film, ist aber aufgrund seiner unendlichen Farben noch einmal etwas ganz Besonderes. Diese Stadt ist ein Wunderwerk moderner Grafik, gebaut aus den Farben der Zwanziger und immer wieder kontrastiert mit sich bewegenden technischen Gebilden aus den Anfängen der Computergrafik, die hier einen besonderen Zauber entfalten. Der Film hat dabei etwas zeitlos Schönes, weil jedes Detail und jede weitere Ebene der Stadt optisch überzeugt und begeistert.
        Dazu wurde ein besonderer Soundtrack von Toshiyuki Honda integriert, der zwischen pompösen klassischen Melodien und dem Jazz und Swing der Zwanziger Jahre changiert. Der Einsatz speziell der jazzigen Songs ist dabei pointiert und überlegt mit der Handlung abgestimmt. Das trägt viel zur besonderen Atmosphäre des Filmes bei und wenn dann am Ende Ray Charles Klassiker „I can't stop loving you“ läuft, ist das unbestreitbar wirkungsvoll. Der Soundtrack ist wahrlich schön und funktioniert auch ganz eigenständig ohne den Film.
        Die Gesellschaftssatire wurde dabei auch aus dem Stummfilm übernommen. Hier herrscht noch Klassenkampf, etwas, das man als letztes Tabu des westlichen Films begreifen könnte. Die Schichten unterhalb der luxuriösen Oberwelt leben in Ausbeutung und Armut und fühlen sich dazu gezwungen, den Aufstand zu suchen. Das Wohl der Wenigen entsteht hier ganz deutlich aus dem Leid der Vielen. Das wirkt dann, ganz speziell mit den deutlichen Parallelen zu diversen historischen nationalistischen Machtergreifungen, erstaunlich intensiv. Besonders fällt das auf, weil der hier in den Mittelpunkt gestellte Milliardär mit seinen außerstattlichen, faktisch unbegrenzt wirkenden Fähigkeiten, unangenehm aktuell wirkt. Der japanische Touch entsteht dann durch die Idee hier, noch unter der unterdrückten arbeitenden Klasse, die der Roboter zu setzen.
        “Women and Men let no one miss today! Death to the Machines!!”
        Der Film drückt hier eine ganz besondere Skepsis gegenüber einer unkontrollierten Wissenschaft aus und er mahnt zur Vorsicht beim unbegrenzten Fortschritt. Eine Klasse von Androiden wird zu den ultimativen Sklaven und auch das Thema, was einen Menschen ausmacht, wird einmal mehr verhandelt. Wie hier Klassen gegeneinander ausgespielt werden, damit der Eine die Macht ergreifen kann, ist etwas, das man selten so konsequent erzählt bekommt. Der Film ist hier wirkmächtig.

        Leider hapert es dann aber beim Film an einem zentralen Punkt: Bei seinen Protagonisten. Wenn man schon den ein oder anderen Anime gesehen hat, wird es einen schnell verwundern, wie oft hier große Themen über die Aktionen von anstrengenden jungen und naiven Figuren behandelt werden. Dieser Film ist da keine Ausnahme und alles was dieser Junge, das seltsame Mädchen, aber auch der verschrobene Ermittler und besonders der unterkomplex erzählte blutjunge Handlanger des Bösewichts, so über den Film hinweg tun, wirkt nicht sehr strukturiert, um es nicht lächerlich nennen zu müssen. Der ganze Plot, wie diese Leute durch den Film stolpern, hat mich nicht überzeugt und damit fehlt es dann auch am Ende an wirklichem emotionalem Arc. Ich habe wenige so brillante Filme in meinem Leben gesehen, bei denen mir die Protagonisten so auf den Wecker gegangen sind. Warum müssen es immer tapsige Kinder sein, die durch große japanische Geschichten hampeln? Das gilt dann leider auch für den Teil, der sich mit der Menschlichkeit von Androiden beschäftigt, hier reiht sich schließlich ein Filmklischee an das andere, um am Ende im Schmalz zu explodieren.

        Dazu kommt noch eine Beobachtung, die ich über den Film hinweg machen konnte, der Film wirkt manchmal, als hätte er Gedanken und Plot-Sprünge, als wären da Teile weggelassen worden, die man nicht mehr produzieren wollte oder konnte. Es fehlt hier nichts Signifikantes, aber das alles trägt zu einer gewissen Wirrnis des Films bei, die er ständig ausstrahlt. So geht dann über die Länge des Films ein Teil der anfänglichen Faszination verloren und der Film bleibt ein in sich unebenes Werk, das aus meiner Sicht zu keiner wirklichen Kohärenz zusammenfinden konnte. Interessanterweise ist er trotzdem einen Blick wert, alleine deshalb, weil er so viele, so schön gezeichnete Ideen verhandelt, von denen wir ansonsten nicht viel in Filmen erzählt bekommen.

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        • 7 .5

          Night Is Short, Walk On Girl hat nicht nur einen schönen Titel, es ist auch ein interessanter Film. Masaaki Yuasa kreierte hier einen surrealistischen Anime-Film. Es ist ein Film über das Erwachsenwerden, den Optimismus und das Trinken, ein fröhlicher, komödienhafter Trip durch eine wilde Welt, schöner Hintergründe und schneller sparsam gezeichneter Animationen. Das ist anstrengend und oft abstrus, aber damit etwas Besonderes in der Filmwelt.
          Den Stil zu beschreiben fällt etwas schwer, es ist eine Welt, die primär aus ihren Farben besteht, während die Formen manchmal leichtfertig dahin gemalt erscheinen. Hier will jemand Gefühle und Emotionen transportieren und weniger eine Welt erschaffen. Das hat einen gewissen Reiz und ist nie langweilig, insbesondere weil nicht nur die Optik abwechslungsreich daherkommt. Der Film wechselt von hektischen Jagten durch die Stadt, zu ruhigen Momenten mit dem verliebten Jungen, zu Musical-Einlagen, überhaupt spielt die Musik eine große Rolle und begleitet unsere Handlung die ganze Zeit zentral.
          Worum geht es überhaupt? Auch das ist etwas schwer zu beschreiben, da ist ein Mädchen auf dem Weg erwachsen zu werden und als ihr erstes Ritual trinkt sie sich durch eine unendlich lange Nacht, in der scheinbar ein ganzes Jahr eingegossen zu sein scheint. Es ist das Privileg der Jugend, so viel Zeit zu haben, und der Film adressiert das auch. „The Girl with Black Hair“ nutzt ihren fröhlichen und unschuldigen Optimismus, um die Zeit auszudehnen und dabei denen zu helfen, denen im Alter und vielleicht auch im Zynismus die Zeit davon zu fließen scheint.
          Dann ist da noch der Junge, den wir nur unter Senior oder Senpai kennenlernen, er ist spät dran mit seiner Liebe für dieses Mädchen, weil er nicht so recht zu wissen scheint, wie man sie real macht. Sein Ansatz, sich ihr quasi zufällig zu nähern, und damit das Schicksal einer gemeinsamen Liebe zu erzwingen, bringt nicht so richtig etwas nach vorne. Es ist eine seltsame Welt der verklemmten Männer, die in ihren Buden hocken und die Frauen aus der Ferne bewundern, aber sich ihnen kaum zu nähern trauen. Zugutehalten muss man ihm aber, dass er sich bemüht, und wahre Meisterleistungen im Überwinden von Hindernissen übersteht, um ihr irgendwie nahezukommen.
          Diese zentrale Liebesgeschichte ist daher auch eine sehr ferne Liebesgeschichte, die die ganze Zeit von der Welt um sie herum unterbrochen wird. Es ist eine merkwürdige Welt aus schulischen Ritualen und alten perversen Männern, die seltsame Welt Japans könnte man da als Europäer meinen. Das alles ist dann auch so surrealistisch, wie es sich anhört, die Farben tanzen im Laufe des Films dann auch immer wilder über den Bildschirm, bis sie im inneren Kampf des Jungen nach der Kraft den Mund aufzumachen, und dem äußeren Kampf des Mädchens gegen eine Welt der Einsamkeit, kumulieren.
          Das ist ein wahrer Drogentrip und das ist ein wunderbares Stück Film. Ein Werk, das seine Form nutzt, um eine traumartige Welt zum Leben zu erwecken und sie wild tanzen zu lassen. Eine Figur ist hier skurriler als die andere und das macht dann Spaß dem zuzusehen. Am Ende darf man sich fragen, ob das alles notwendig war und ob die Geschichte nicht etwas zu viel Klischee ist, aber wer hat schon Zeit zu fragen, wenn es so hektisch zur Sache geht.
          Mir hat es gefallen, auch wenn mal wieder etwas nach “Style over Substance“ riecht und hier mehr ein Gefühl erzeugt, als eine wirkliche Botschaft ausgearbeitet wird. Der Film ist eine Leinwand, in die man sich viel hineininterpretieren kann und die damit von jedem selbst gefüllt werden muss. Das kann dann ein Erlebnis oder auch eine kleine Anstrengung werden, so wie es beliebt…. Cooler Film.

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          • 8 .5
            über Paprika

            Paprika ist der letzte Film des früh an Krebs verstorbenen Satoshi Kon. Es geht wie eigentlich immer um den Konflikt zwischen Realität und Fantasie. Es ist dabei ein sehr schön animierter Film, der mit einer Reihe verschiedener Stile spielt, Handgezeichnetes mit 3D-Animationen mischt und damit etwas Unheimliches an sich hat. Paprika ist ein Werk geworden, das großen Einfluss hat auf seine Nachfolger und auf die Weise, wie andere Anime Autoren die Welt heute sehen.
            Es geht um eine Traummaschine, die nicht nur Träume sichtbar macht, sondern sie unglücklicherweise auch verändern, erschaffen und mehr oder minder in die Realität transportieren kann. Eine Traumtherapeutin und ihr Patient, ein an Albträumen leidender Polizist, müssen dann einer Gruppe an Wissenschaftlern helfen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Wobei die Therapeutin und die führende Wissenschaftlerin eine seltsame Beziehung zueinander zu haben scheinen. Der Plot ist zugegebenermaßen kompliziert aber im Grunde geht es aber gar nicht um diesen komplizierten Plot.
            Wir erleben dagegen eine gruselige Wunderwelt, einen Aufmarsch charmanter, schräger und schöner Halluzinationen und werden bombardiert mit visuellen Freuden, darunter eine wahnsinnig fröhliche Parade unbelebter Objekte, in der Haushaltsgeräte, trommelnde Frösche, winkende Katzen und die typisch grinsenden Puppen im Gleichschritt marschieren und dabei Passanten aufsaugen. Das ist nicht so leicht zu akzeptieren, aber irgendwann ergibt man sich dieser Welt der Fantasie und lässt sich entführen.
            Müssen wir über Inception reden? Eigentlich nicht, die Liebe zu lange sich windenden Korridoren mag Christopher Nolan von Kon geborgt haben, aber ansonsten ist dies hier zwar eine Inspiration für Inception, aber das ist dann doch sein eigener Film. Die definierte Kritik am Internet und der Vereinsamung des Menschen im Angesicht der Technisierung ist Kons großes Thema und das exerziert er mit beeindruckender Stringenz. Der Film erzählt so ganz nebenbei eine im Kino so ungewöhnliche Liebesgeschichte, ungewöhnlich nicht, weil diese beiden Menschen zu wenig verbindet, sondern weil ihr Aussehen sie gesellschaftlich beschlossen, inkompatibel macht. Kon bricht hier mit den Regeln, um uns eine andere Welt der Möglichkeiten zu zeigen.
            So sind diese Welten dann auch der Kern des Films. Nicht alles darin ist immer logisch, vieles fast konfus aber die Szenen sind zum Erleben gedacht, weniger dazu sie Punkt für Punkt abzugehen. Spaß am Entdecken, eine leichte Lust am Gruseln nützen hier mehr als große analytische Fähigkeiten. Das Genre erlaubt Kon mit allen Ausdrucksformen zu spielen und dabei keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Seine Möglichkeiten im Anime Welten und Bilder zu erschaffen sind vielfältig und mit deren Umsetzung verlangt er seinen Zuschauern einiges ab. Er stellt die Frage, was menschliche Moral und Vorstellungskraft miteinander zu tun haben und hinterfragt eine von Information übersättigte, moderne Gesellschaft und was von uns übrig bleibt, wenn wir darin versinken.
            Man entkommt hier für diese anderthalb Stunden unserer materiellen Welt und gräbt sich ein in etwas das klar, als Allegorie für das Internet steht, einer Welt in der alles möglich ist und das aber genau daher auch das Potenzial hat, alles zu zerstören, zuallererst unsere realen Beziehungen. Es ist ein Ort, an dem man lange glaubt, Kontrolle zu haben und langsam, fast unmerklich ins Rutschen geraten kann, bis dann das Profil gelöscht ist und die letzten Kommentare dem Vergessen anheimfallen. Ab und zu einfach einmal abschalten scheint uns Kon zuzurufen und das sollten wir tun, um dann unsere Hand einfach mal wieder auf eine andere zu legen, um still und lange fremde Wärme zu spüren…

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            • 8 .5
              Deciuscaecilius 01.11.2023, 22:18 Geändert 01.11.2023, 22:42
              über Limbo

              Limbo ist ein Film über eine Frau, die verfolgt und gequält wird von drei Männern. Verzeiht mir, wenn ich hier psychische Krankheiten nicht richtig zuordne, aber in meinem Wortschatz ausgedrückt, von einem an einer traumatischen Belastungsstörung leidenden Polizisten, einem psychopathischen Emigranten mit religiös geprägten Wahnvorstellungen und einem Polizisten mit Zahnschmerzen. Sie alle versuchen, diese Frau zu benutzen, für ihre Rache, für den ersten beruflichen Erfolg und für die Erfüllung von Nähe und sexueller Macht in den Auswüchsen des Wahns. Sie dagegen sucht Erlösung, Vergebung und sie will leben. In diesem Film gibt es keine Hilfe für die Kranken, keine Kontrolle von Polizisten und keine Zahnärzte, es ist ein Film, dem vieles fehlt, was eine Gesellschaft lebenswert macht.

              Nicht Hauptdarstellerin, aber unbedingtes emotionales Zentrum des Films ist Cya Liu als Wong To. Es ist eine dieser Leistungen, die viel mit der Darstellung von Leid und der Darstellung von Willen zu tun haben, einem Willen, der aus einer Verzweiflung geboren ist. Sie spielt das bewegend gut. Diese Frau ist eigentlich schon ganz unten und wird dann auch noch weiter nach unten gebracht vom nach Rache suchenden Hauptdarsteller des Films, Gordon Lam als Cham Lau, der eine solide, aber häufig unbewegte Leistung abgibt. Der Kampf zwischen den beiden bestimmt den Film mehr als die Jagd nach dem Serienkiller, auch wenn dieser am Ende die größten Grenzüberschreitungen zeigt.

              Es ist damit ein Film über ihren Kampf, einen Kampf an den äußersten Rändern des Hongkonger Kapitalismus, ein Kampf gegen das ausgestoßensein ganzer Gruppen. Vielleicht ist es auch ein Stellvertreterkampf für all die Callgirls, Drogenabhängigen und Ex-Häftlinge dieser Welt, die ganzen Vergessenen, wobei das kaum das richtige Wort ist, denn wir wissen sehr wohl von ihnen, also für alle die verdrängten Wesen dieser post kapitalistischen Dystopie. Dass dabei die Gewalt hauptsächlich auf die Frauen fällt, wird da kein Zufall sein, dass sie die Einzigen sind, die dabei so etwas wie Haltung bewahren, auch nicht.

              Limbo ist ein dreckiger Film, beeindruckend in schwarz-weiß getaucht. Es ist aber keines, das man als Arthouse schwarz-weiß bezeichnen könnte, es ist ein schwarz-weiß das die Abwesenheit von Farbe betont, dass die Kanten betont, dass die Schatten scharf macht. Der Film sieht beeindruckend aus in diesen Kontrasten, die Lichter der Großstadt beleuchten seine Müllberge und seine Aussätzigen in gnadenloser Klarheit. Nur ein einziges Mal sehen wir die uns vertraute Welt der sauberen Gehwege, nur dieses einzige Mal landen wir in dem Stadtteil, wo unsere Polizisten wohnen, man könnte ihn daher als Sehnsuchtsort bezeichnen, aber unsere Polizisten hält es nicht lange dort, es zieht sie magisch zurück in den Müll. So wühlen sie in ihren Anzügen bald wieder ziellos darin und finden zwischen menschlichen und nicht menschlichen Überresten doch nur noch mehr Schmerz.

              Man fragt sich, warum hier solch ein zäher Überlebenskampf stattfindet. Warum stolpert diese Frau immer weiter, warum machen all diese Gestalten weiter. Der Mensch ist ein besonderes Geschöpf, das den Schmerz reiten kann, auch wenn er längst übermächtig ist. Die Außenseiter sind es, die immer weiter machen, obwohl es keine Hoffnung mehr gibt. Die Verfolgungsjagden und Actionszenen des Films sind unglaublich intensiv, weil sie wie reale Überlebenskämpfe wirken, ihre Physikalität ist imposant, man starrt stumm wie gebannt auf den Bildschirm.

              Hier wurden schon einige Vergleiche zu Filmen abgefragt, ich fand keine davon passend. Eigentlich fällt mir nur ein Film als Referenz ein: „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ von Alexei German, teilt seinen Blick auf die Welt mit diesem Film. Nicht nur das schwarz-weiß oder der allgegenwärtige Müll, auch diese Gesellschaft in moralischer Auflösung, diese Gesellschaft in völliger Empathielosigkeit zu ihrem Gegenüber, drängen sich auf. Vielleicht auch, dass beide Filme in sterbenden Demokratien entstanden sind?

              Die Verzweiflungstaten aller Beteiligten sind schwer auszuhalten und gerade deshalb so fesselnd, dass man nicht umhin kann sich zu fragen, ob man hier überhaupt fasziniert sein darf. Das moderne Kino ist nicht arm an Polizeigewalt, Gewalt gegen Frauen und dem Thrill, der sich speist aus der Darstellung der grausamsten Verbrechen, muss das hier also auch noch sein? Aber man kann das alles als Allegorie lesen, auf ein Bild über den Kampf der Ausgestoßenen gegen eine gedankenlose Obrigkeit. Es ist der Kampf um wahre Zuneigung, der hier immer wieder referenziert wird und es ist eine so harte Kost, dass sie Spaß nicht aufkommen lassen will. So steht dieser Film zu seiner Botschaft, gerade weil er nur seine Protagonistin wirklich charakterisiert, aber die Polizisten und auch den Mörder etwas schablonenhaft belässt. Eine Verbindung dazu aufzubauen fiel mir trotzdem schwer, der Film ist mir zu nihilistisch und die immer wieder halb nackt durch den Müll kriechende Wong To hat in mir ab und zu den Wunsch geweckt, einfach abzuschalten.

              Was soll man also abschließend sagen? Harte Thriller Kost bekommt man hier geboten, stilistisch sicher, optisch beeindruckend und mit grafisch intensiver Action. Ein nihilistischer Film, der gerade daher ein Nachdenken erzwingt über unseren Umgang mit diesen Filmen, über eine Welt der Vereinzelung angesichts eines empathielosen Gewinnstrebens und die Frage, wer diesen Müll produziert, in dem manche Menschen leben müssen. Ich hoffe trotzdem, dass Hongkong noch nicht so düster ist, wie hier zu sehen ist, und ich brauche jetzt erst einmal wieder heile Welt…

              „Kunst ist das Gefühl ständiger Überforderung.“ Danke @Eudora für den Tipp.

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              • 8 .5

                Howl's Moving Castle ist einer der bekanntesten Filme von Hayao Miyazaki und wie alle diese Filme sind es animierte kleine Wunder. Mit viel Liebe werden die Wunder, von denen Miyazaki träumt, gezeichnet und der ewige Konflikt von Technik und Natur erzählt. Es ist eine Art magischer Realismus, der mit der Hilfe seiner Welt Aussagen zu unserer erklärt und damit berühren soll. Wie alle seine Filme ist das kein reiner Kinderfilm, sondern richtet sich im Prinzip an alle Altersstufen.
                Dabei dienen seine fantasievollen Landschaften und das mit unglaublich viel Liebe zum Detail gezeichnete wandelnde Schloss als Anker für alle Zuschauer. Wie immer kann man sich kaum sattsehen an seinen Welten, an seinen grausamen Kriegsmaschinen dabei genauso wenig, wie an den bis zum Horizont reichenden Blumenwiesen. Es sind Kinderträume, die uns zurückschicken in unsere eigenen Jugendträume, vom Abenteuer und von neuen Welten. Wir sehen diese magische Tür als etwas, das der Kleiderschrank in unserem Kinderzimmer gewesen sein könnte, eine farbcodierte Abkürzung an Orte der Sehnsucht.
                Dabei stehen die immer gleichen Themen im Mittelpunkt. Wir sehen wieder die Technik im Widerspruch zu einer zauberhaften, der Natur zugewandten Welt. Wir sehen die sinnlosen Kriege der Menschen, „Ist es unser Kriegsschiff oder eines der anderen?“, fragt Sophie und Howl antwortet: “Was macht das für einen Unterschied?“ Es ist ein zutiefst pazifistischer Film mit einer großen Skepsis der Technik gegenüber.
                Es ist auch ein Film mit der Sehnsucht nach einer großen Wahlfamilie, einem Ort, an dem alle willkommen sind, seien es ehemalige Feinde oder deren Spione. Man kann in diesem Frieden keine Fehler machen, jedes Scheitern wird nur mit noch mehr Liebe und Freundschaft beantwortet. Es ist eine Traumwelt, aus einer Märchenwelt, die sich so anders anfühlt als die grimmigen deutschen Stücke, die zur Belehrung der Kinder aufgeschrieben wurden. Hier soll man sich bessern, indem man Gutes tut und indem man verzeiht.
                Das ist dann natürlich auch oft so schmalzig, wie es klingt und wie immer bei Miyazaki ist der Grad zum Kitsch schmal. Die Liebe der Sophie ist ein bisschen zu simpel, wie auch ihr ganzer Lebensentwurf, der auf dieser Idee einer bedingungslosen Liebe beruht, etwas aus der Zeit gefallen wirkt. Der Film zeigt eine große Verachtung für Gewalt und Krieg und doch eine fast ebenso große Zuneigung zu den Macht- und Gesellschaftsstrukturen einer vergangenen Welt. Fast ist er da ein Bruder im Geiste mit den Disney Produktionen, in denen auch die „natürliche“ Ordnung von Macht nie infrage gestellt wird. Der Krieg wird hier aus dem Nichts beendet, wie er ohne Grund begonnen hat, Hintergründe kennt der Film nicht, er bleibt immer brav in seiner Traumwelt und scheut das Licht einer komplexeren Zukunft.
                Vielleicht ist diese Kritik aber auch ungerecht gegen einen solch schönen Film, den ich einmal mehr genossen habe, zu sehen. An dem Film wird sie eh abprallen, denn auch ein Kinderfilm für Erwachsene bleibt ein Kinderfilm, der nicht alles erklären muss. Die Botschaft kommt an und das ist dann auch alles, was man von einem Kunstwerk erwarten kann. Die Reise mit diesem Schloss ist schön und im oft zynischen Kino unserer Zeit immer noch ein Lichtblick bei all seiner Einfachheit.

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                  Deciuscaecilius 30.10.2023, 13:58 Geändert 30.10.2023, 14:05

                  Die Theorie von allem ist eine Art Black Noir Crime Story mit angeflanschter Liebesgeschichte. Der Film spielt mit der Optik und den Sounds der Fünfzigerjahre und lässt seine Schauspieler auch in dieser Form ausagieren. Wir sehen einen Plot um kosmische Anomalien gestrickt, eine Geschichte, in der Varianten möglich sind und irgendwie auch existieren, ob das Universum das nun zu mögen scheint oder nicht. Es scheint mir, dass dies auch für den Film gilt, man kann das mögen, muss man aber nicht.
                  Das fängt mit der schwarz-weißen Optik an, die sich sehr viel Mühe gibt, nach alt auszusehen und tatsächlich wie ein Film von damals wirkt. Wer allerdings in letzter Zeit Filme aus der Ära restauriert auf HD gescannt gesehen hat, muss feststellen, dass es mittlerweile eher wie die Erinnerung an damals wirkt, als das, was man tatsächlich sieht, wenn man die Filme heute konsumiert. Der Film ist hier eine Reminiszenz, die damit manchmal beeindruckt und manchmal, zum Beispiel, in einer fast grotesk gefilmten Skiszene nur irritiert. Um ehrlich zu sein, bin ich damit nicht warm geworden, mir war das zu gestellt und hat mich eher abgelenkt. Ein bisschen mehr Eleganz hätte mir gefallen. Der Score dagegen hat seine Momente und untermalt den Film schön von Dissonanzen bis zu eingängigen Melodien, da ist viel Schönes dabei.
                  Schauspielerisch gibt es wenig zu kritisieren speziell die alte Garde um Hanns Zischler und Gottfried Breitfuß hat mir gut gefallen. Das weckt wirklich Erinnerungen an den strengen deutschen Film mit seinen grummeligen und traditionellen, stolzen Charakteren. Hauptdarsteller Jan Bülow muss viel traurig gucken aber macht dabei ebenfalls eine gute Figur, er begleitet uns angenehm durch diese graue Welt und ist oft ein Rettungshaken in den in ihrer Form gefangenen Bildern.
                  Der Film fühlt sich nach der Arbeit an, es ist ein Waten durch ein ganz tiefes Gelände, das uns immer wieder aufhält und brockenschwer an unseren Füßen hängt. Das erdrückte für mich alles andere in diesem Film. Die Spannung baute sich dabei aber geschickt auf, die ganze erste Hälfte lässt hoffen auf mehr, ist eine sichtbare Reminiszenz an alte Hitchcock Filme und erzeugt damit Erwartung. Man ist involviert in die Frage, was da kommen mag. Leider reihen sich dann ein paar seltsame verkehrt wirkende Einfälle ein, es beginnt mit dick aufgetragenem sexistischem Humor, der eine Figur charakterisieren soll, es treten zwei Knallchargen als Polizisten auf, die einer Slapstickkomödie entkommen zu sein scheinen, und dann landen wir wieder in den Erinnerungen des Naziregimes.
                  In der zentralen Liebesgeschichte dagegen wird viel behauptet, aber ich habe nicht viel gespürt. Sicher soll hier mit wenig Zeit eine große Faszination erzeugt werden, die außerhalb der Realität steht, und daher nicht erklärt werden kann und soll, aber der Film hat sich große Referenzen gesucht. Ich habe keine wirkliche Kritik an Olivia Ross' solidem Auftritt, aber ihre Szenen sind keine magischen Zauberwerke wie von Kim Novak, Lauren Bacall oder Barbara Stanwyck, diese Szenen bleiben kalt. Vielleicht hätte man ihr Gesicht etwas mehr ins Licht tunken sollen, vielleicht hätte es geholfen, wenn wir besser verstanden hätten, was unser Protagonist außerhalb der Wissenschaft begehrt, jedenfalls war diese Liebelei für mich kein emotionaler Anker.
                  Das nagt dann auch am letzten Akt, der sich viel Mühe gibt ins Surrealistische zu wechseln, aber dann nur in einem fünfminütigen Voice Over die Geschichte erklärt. Ich war mit diesem zerfaserten, richtungslosen Gewirr nicht zufrieden. Schön mit den Möglichkeiten spielen, auch schön es mit Liebe anzureichern und mit dunkler Geschichte zu toppen, aber mich hat es kalt gelassen. Man kann lose Enden lassen, gerne auch Fragen an den Zuschauer auslagern, aber dann wäre ein klarerer Faden schön gewesen. Manchmal, wenn ein Film zu sehr will, sieht man nur die Leinwand und einfach nicht das, was darauf erscheinen soll. Es war interessant das ein oder andere referenziert zu sehen, insbesondere weil meine letzte Reise in die Hitchcock Gefilde noch gar nicht so lange her ist, David Lynch zu meinen Lieblingen gehört und ich den Film Noir mag, aber viel mehr als Solides habe ich davon abgesehen nicht gefunden.

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                  • 8

                    „Your Name“ ist ein japanischer Anime von Makoto Shinkai. Man muss es dem Genre magischer Realismus zuordnen, wobei es auch einfach eine Liebesgeschichte unter besonderen Umständen ist. Technisch haben wir gezeichnete Hintergründe und Frame für Frame Animationen im Vordergrund. Ohne Frage war der Film ein großer Erfolg und ist ein beeindruckendes Beispiel narrativer und technischer Anime Kunst.
                    Das beginnt mit den wunderschönen und unglaublich beeindruckenden Hintergründen. „Your Name“ ist ein atemberaubend schöner Film mit detailverliebten Hintergründen und soliden Animationen. Selten sah eine Welt so gut aus wie hier. Dazu kommt ein netter japanischer Pop Soundtrack, den ich mochte, wenn er ein bisschen sehr schmalzig daherkommt. Insgesamt ist das aber ein Fest auf modernen Fernsehern.
                    Es geht dabei dann um zwei junge Menschen, den jungen in der Großstadt lebenden Schüler Taki und die auf dem Land lebende Schülern Mitsuha, beide stellen irgendwann fest das sie in unregelmäßigen Abständen ihre Körper tauschen. Der Umstand das sie sich dabei gegenseitig ins Leben fuschen, führt dann zum Versuch Absprachen über Telefontagebücher zu machen und sich Regeln aufzustellen. Hier ist der Film eine leichte Teenagerkomödie mit viel Tempo und Humor, weil beide versuchen, in den Körpern des andern jeweils ihre Sicht der Welt und ihre Art zu leben durchzusetzen, weil sie die Lebensweise des anderen „verbessern“ wollen. Der Konflikt hat seine philosophische Note, ist aber hier noch sehr spielerisch.
                    Erst als dann eine große Katastrophe passiert, fällt der Film stärker in einen langsameren, nachdenklicheren und schwermütigeren Ton. Der Konflikt Mann vs. Frau, Stadt vs. Land und Wissenschaft vs. Religion wird hier noch einmal intensiviert und der Film wird zeitweise zu einem Katastrophenthriller, magischerweise aber ohne seinen unschuldigen, fast kindlichen Tonfall dabei zu verlieren. Es ist ein Film, der wie ein Kind die Welt von Seelenverwandten erkundet, und staunend vor den Wundern der Welt steht. Er erklärt dabei seine fantastischen Elemente nie, all ihre Unlogik prallt aber am Film ab wie die Wunder der Liebe an unserer Vernunft.
                    Der Liebe des Films für Wunder ist auch dem traditionellen Shinto Glauben geschuldet. Nicht nur, dass Rituale eine wichtige Rolle in der Handlung spielen, es wird auch eine Verbindung unserer Körper mit den Strukturen der Natur hergestellt, der Mensch wird als Teil eines größeren Ganzen, als Teil des Universums und seiner Kinder dargestellt. Es gibt eine spürbare spirituelle Präsenz, die die Liebesgeschichte aufwertet und suggeriert, dass bestimmte Ereignisse außerhalb unserer Kontrolle liegen. Körpertausch und Romantik erscheinen als Wege zum tieferen gegenseitigen Verständnis und damit zur Liebe.
                    Trotz dieser schönen Gedanken und wunderbaren Bilder, zog sich der Film aber am Ende etwas. Die philosophischen Ideen sind dann arg langgezogen und diese Liebe sehr spirituell. Es wird sehr viel Zeit in schöne, aber dann auch etwas langatmige Spannungsmomente investiert, während das große Ganze doch etwas erzwungen erscheint. Davon abgesehen ist der Film aber ein Erlebnis, eine liebe kleine Reise in eine japanische Zauberwelt, die ihre Zeit wert ist. Ich mochte das sehr und bin eine ganze Weile darin versunken, wer nach einer solchen Erfahrung sucht und wen ein paar einfache Teenagerverwicklungen dabei nicht stören, ist hier genau richtig.

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                    • 7 .5
                      über Akira

                      Akira ist ein Science-Fiction-Animationsfilm, der in einem postapokalyptischen Tokio in der fernen Zukunft von 2019 spielt. Der Film erzählt von einer Gang von jungen Bikern, die sich brutale Kleinkriege mit anderen Gangs liefert und dabei über eine nationale Verschwörung stolpert, was dann auch übernatürliche Fähigkeiten eines ihrer Mitglieder triggert. Es ist ein Film, der sich definitiv an Erwachsene richtet, sowohl die Themen als auch die explizite Gewalt und ein gehöriger Schuss Body Horror zeichnen den Film aus.
                      Die Animation ist schön, gerade die Animationen selbst sehen vor sehr detaillierten Hintergründen auch heute noch gut aus. Das Neo Tokio wird mit viel Liebe und düsteren Bildern des Verfalls im Gegensatz zu den funkelnden Neonlichtern cool in Szene gesetzt. Ich persönlich mag den Stil nicht so und gegen die ganz neuen Möglichkeiten der Computeranimation sieht es heute etwas beschränkt aus, aber es ist ein Original und sehr eben speziell in seiner Darstellung. Das ist beeindruckend. Das trifft besonders auf die teils heftige Gewalt zu und es werden ordentlich Gedärme, Blut und wilde, tumorartige Verwachsungen genüsslich präsentiert.
                      Im Hintergrund der Handlung liegen klassische Konflikte moderner Gesellschaften, die hier mit spezifisch japanischen Ängsten besonders vor der Atombombe angereichert werden. Die Protagonisten sind alle von der Gesellschaft und ihren Eltern verlassene Wesen, die ihre Bestimmung suchen, aber Selbstbestätigung nur in der Gewalt finden. Das ist dann auch sehr problematisch, sobald Tetsuo seine Kräfte entdeckt. Mit großer Macht kommt große Verantwortung, soll ein weiser Mann einmal gesagt haben…
                      Diese Jungen führen ihren Kampf vor dem Hintergrund großer politischer Konflikte, die im Film eine weitere große Rolle spielen. Das ist ungewöhnlich, weil selten über das Ohnmachtsgefühl des modernen Menschen gegenüber aus Sicht des Einzelnen schwer durchschaubaren und noch weniger beeinflussbaren Organisationen staatlicher Ordnung in Filmen erzählt wird. Hier steht dann auch noch eine traditionelle Religion im direkten Konflikt mit einer technisierten Entwicklung und mit den damit einhergehenden Veränderungen in den Ängsten der Menschen. Technik, die in unser Leben eindringt, war damals sicher noch neu und doch wird das im Film auf schmerzhafte Weise thematisiert. Die Ängste, damit neue Verwüstungen und Kriege anrichten, sind im Film spürbar, wie auch die Faszination der jungen Leute dafür zu sehen ist. Für einen Film von 1988 sind das bemerkenswerte Sichtweisen.
                      Besonders fällt auf, dass traditionelles Shinto hier eine große Rolle spielt. Die Entwicklung und Mutation, ja die gesamten Überlegungen rund um eine universelle Energie, vereinen Sichtweisen der Religion mit denen der Technik. Es ist eine Versöhnung, die nicht leicht gelingen kann, und die massiven Zerstörungen werden im Film dann auch gnadenlos als Analogie dargestellt. So breitet sich hier ein zeitloser Film aus, dessen Konflikte kaum gealtert sind, man könnte sagen, dass die Alienisierung von Teilen der Bevölkerung zu abstrakten Herrschaftsstrukturen sogar noch zugenommen hat. Das macht den Film auch heute noch sehenswert.
                      Mir persönlich hat er allerdings trotzdem nicht so gut gefallen. Unter den Figuren fehlten mir Identifikationsfiguren, ich fand die Hauptfiguren alle entweder ziemliche Arschlöcher besonders den unerträglichen Kaneda und besonders die Mädchen haben dagegen leider nur eher kärgliche Ebenen zum Handeln bekommen. Da versinkt jede menschliche Interaktion schnell in Klischees. Das ist dann der Teil, der sehr nach Japan und sehr nach Achtzigerjahre schreit. Das Ganze war daher etwas unangenehm zu gucken, die ganzen Ideen sind da, aber alles ist ein wenig ungeordnet und wird gerne durch komische Kämpfe unterbrochen, deren Logik etwas fraglich bleibt. Das alles hat mich daher zu kalt gelassen.
                      Ich denke allerdings auch, dass die spezifischen Ängste der japanischen Bevölkerung hier gut illustriert werden, was einen interessanten Blick in die nationale Identität erlaubt. Das Loch einer atomaren Explosion inmitten des Herzen Japans spricht da Bände.
                      Trotzdem wirkte der Film für mich leider wie eine Aufgabe und weniger als Vergnügen. Das nimmt ihm aber nicht seine Bedeutung in der Filmgeschichte allgemein.

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                      • 6 .5
                        Deciuscaecilius 24.10.2023, 14:58 Geändert 24.10.2023, 15:12

                        “The Creator” ist Gareth Edwards vierter Science-Fiction-Film und vermutlich sein bester. Edwarts hat ein Händchen dafür, überzeugende Welten zu erschaffen und mit überschaubaren Mitteln beeindruckende Bilder zu erzeugen. Leider hat er aber kein Händchen für überzeugende Geschichten bzw. fehlt da immer eine Liebe zum Charakter und eine überzeugende Entwicklung, die eine emotionale Beteiligung des Zuschauers erzwingt.
                        Was diesen Film vom ersten bis zum letzten Moment auszeichnet sind dann auch die großartigen Bilder, die Cinematography ist ergreifend schön. So viele Ideen sind wunderschön umgesetzt, alles sieht nach innovativer Zukunft aus und ist überzeugend in typische reale Landschaften Ostasiens eingebunden. Dieser Film ist für das Kino gemacht und jedes Bild darin beweist, dass man CGI vernünftig und intelligent nutzen kann, ohne dass alles dabei wie eine kalte Greenscreen Hampelei wirken muss. Viele Szenen spielen in der Nacht und wirken trotzdem schön, bleiben übersichtlich und man verliert nicht die Orientierung. Das gleiche gilt für eine solide Action, die überzeugend aussieht und einige Highlights hat, ohne hier den ganz Großen des Genres den Rang abzulaufen.
                        Hinzu kommt eine schöne Auswahl guter aktueller Schauspieler, die Hauptrolle wird von John David Washington als Joshua mit viel Liebe interpretiert. Ich mochte ihn gar nicht in „Tenet", aber hier schafft er es, diesem komplexen Charakter Leben einzuhauchen und seine Szenen zu dominieren. Seine Filmtochter Madeleine Yuna Voyles als Alpha-O bzw. "Alphie" ist ebenfalls gut ausgewählt, für eine Kinderdarstellerin trifft sie gut den Punkt, ist zurückhaltend, aber emotional, wenn es nötig ist. Die beiden halten den Film, zusammen mit seinen Bildern, aufrecht, so lange wie sie können.
                        Denn eigentlich sollte die Story einen Film tragen, aber hier muss der Film erst einmal von der Story ablenken. Hier ist alles Kopie und nichts ist neu. Man bedient sich an besseren Filmklassikern wie “Children of Men”, “Ex Machina” und "Blade Runner", hat aber keinen eigenen Gedanken zur Akzeptanz des Anderen hinzuzufügen. Die ganze Diskussion um die Frage was uns menschlich macht, wird hier dagegen komplett ausgeblendet, was dem Film seinen Kern nimmt. Die AI-Menschen verhalten sich den ganzen Film lang genau wie Menschen, ja übertrumpfen sie, wenn es um Empathie geht. Es gibt also keinen Konflikt darum, es werden keine Unterschiede gezeigt, nichts ist ambivalent. Daher sind Gut und Böse klar verteilt, hier wird ein Konflikt behauptet, aber nicht gezeigt, nichts ist hier spannend. Die USA und ihre Vertreter sind also der Bösewicht oder doch nicht?
                        Seine besten Momente hat der Film dann auch plötzlich, wenn „Everything in Its Right Place“ von Radiohead erklingt und der Film seine Richtung ändert. Hier wird der Film für eine Weile zu einer Kriegssatire, zitiert sehr auffällig "Apocalypse Now“ und glänzt für ein paar Szenen mit sarkastischem Humor. Das Gefühl, wie es ist, wenn da oben am Himmel amerikanische Technik schwebt und jederzeit, zum Beispiel wenn ein US-Präsident einmal Härte im Wahlkampf beweisen muss, jemanden töten kann, wird plötzlich erzeugt. Da sind dann auch diese Vietnam Vibes, wie sie heute in den Ländern Asien sicher immer noch präsent sind, und das hätte auch funktionieren können, wenn der Film dazu etwas zu sagen gehabt hätte, hatte er aber nicht oder er hat sich nur nicht getraut? Auch dieser Teil wird nur zitiert, um dann einfach irgendwann aus zu faden. Sicher ist das aber noch die am besten formulierte Botschaft.
                        Schlimm wird es dann am Ende, wenn das Pathos von “Gladiator“ und “Interstellar“ den Film entern. Wenn durch die Felder zu Mutti gerannt wird, soll man schluchzen, aber das funktioniert nicht. Der Film hat sich viel Mühe gegeben, seine Protagonisten interessant zu machen und Washington und Voyles haben sich sichtlich bemüht, aber das war eben nur eine Pappkulisse, hinter der nichts war außer die schönen Landschaften. Man fühlt nichts, weil das alles zu dünn ist, weil die Leere immer durchscheint. Es reicht nicht, bessere Filme zu zitieren, man muss mit den Ideen auch irgendetwas machen.
                        Ach und die ganze Logik um das Ende, die vollständig entwickelten AIs die doch in Strohhütten leben, die Frage wer da eigentlich regiert, wie AI-Regeln und das Töten zusammenhängen, wie das überhaupt so ist mit diesen künstlichen Wesen, für das alles hat der Film wenig Zeit. Auch die Fähigkeiten des Mädchens bleiben untererklärtes Stückwerk und das globalpolitische ist praktisch nonexistent. Der letzte Akt des Films ist ein einziger Logik Unfall und auch im Rest bleiben viele Fragen offen. So fällt der Film in aller Schönheit und zu gut gewählter und auch gemachter Musik, leider einfach von der Klippe.
                        Es ist zum Schreien traurig. Man muss sagen, dass jeder diesen Film einfach trotzdem gucken sollte, einfach weil er schön ist und weil er etwas Besonderes ist in unserer optimalisierten Filmlandschaft. Nur wenn dieser Film wenigstens ein kleiner Erfolg wird, haben wir die Chance, das jemand Gareth Edwards nächstes Mal 81 Millionen gibt, 80 wieder für den nächsten Film aber dann eine extra für Dialog- und Story Autoren…

                        6
                        • 7

                          Den Thriller „Infernal Affairs“ kennt man am ehesten von seinem Martin Scorsese Remake „The Departed“, was ein bisschen schade ist, denn er ist eine Sichtung wert. Die Grundidee ist, zwei Menschen in entgegengesetzten Positionen einmal als Undercover-Ermittler beim Gangsterboss und auf der anderen Seite einem Kriminellen eingeschleust in den Polizeiapparat gegenüberzustellen und ihren gegensätzlichen Kampf ausfechten zu lassen. Das ist der Stoff, aus dem Thriller gemacht sind und das funktioniert entsprechend.
                          Der Film lebt in einem erstaunlichen Maße von seiner Prämisse und seinem Plot. Die Story dominiert hier alles, ihre Wendungen und ihr Spannungsaufbau machen den Film zu etwas Besonderem. Alan Mak und Felix Chong, als Drehbuchautoren gehört hier das größte Lob. Der Spannungsaufbau ist geschickt und der Konflikt, so simpel er ist, so effektiv wirkt er über den ganzen Film hinweg. Die ständige Bedrohung der Entdeckung und die Einfälle, diese zu umgehen, liefern Spannung und der moralische Konflikt eine interessante Ebene für Reflexion.
                          „Wer in der ewigen Hölle schmort, stirbt nirgends. Das ewige Sein ist die höchste Strafe in der Hölle“
                          Der Film stellt die einfache Frage, ob wir nicht alle gut sein wollen. Ist es nicht das, was uns das Leben lebenswert macht, wir wollen bewundert, geliebt und geachtet werden und auf der bösen Seite ist das viel schwerer zu erreichen. Ein Leben in ewiger Lüge ist immer anstrengend, aber besonders für den, der seiner Lüge nie wieder entkommen kann. Das ist ein klassischer Konflikt, ohne das Rad neu zu erfinden, aber hier ist das gut umgesetzt.
                          Ich habe knappe Erinnerungen an meine letzte Sichtung von "The Departed“ aber „Infernal Affairs“ erschien mir viel straffer. Die Prämisse ist knapper und mit weniger Personal umgesetzt und konzentriert sich mehr auf seine Stärken. Da ist wenig Schnickschnack drumherum und überraschenderweise auch weniger Gewalt und Action. Das hier ist ein Thriller, nicht mehr und nicht weniger. Seine ganze Handlung dreht sich um einen Konflikt und alles andere bekommt seine Momente, ohne dabei in langen Ausführungen abzugleiten.
                          Das ist damit ein gut funktionierender Film ohne ganz große Ambitionen. Story ist King, die Schauspieler machen das gut, die Bilder sind solide und die Musik passend, es ist ein Film, den man in seinem Genre bewundern kann und sollte. Ich mochte diese “auf den Punkt” Attitüde und daher würde ich das jedem Fan solcher Geschichten empfehlen.

                          2
                          • 8 .5

                            So Long, My Son ist ein Familien- und Sozialdrama, das über eine Generation hinweg die Folgen der chinesischen Familienplanungspolitik, den auslaufenden Resten der Kulturrevolution und den sozialen Revolutionen der Zweitausender Jahre zeigt. Es ist ein Film der großen allumfassenden Traurigkeit, ein Film über Verlust, über Freundschaft in einer Diktatur und über Vergebung. Der Film ist komplex erzählt und zeigt oft mit dem Zuseher spielende Rückblenden und Ausschnitte aus all dem, was uns in diese Gegenwart geführt hat.
                            Das Ganze wird von hervorragenden schauspielerischen Leistungen getragen. Die Kunst von Wang Jingchun als Yaojun und Yong Mei als Liyun liegt darin, mit wenig viel zu spielen. Sie spielen einfache Menschen, die nur ein einfaches ruhiges Leben mit Freunden und Familie leben wollen, die aber vom Staat, dem Schicksal und auch den Ambitionen ihrer Freunde daran gehindert werden. Die beiden reden mit starren Gesichtern, in kleinen Bewegungen und mit der sanften Ironie der kleinen Gesten des großen Schmerzes. Es ist das Leben der Menschen, die ihr Kind verloren haben, und die nichts tun können, um den Schmerz zu lindern.
                            „Ist es nicht lustig das wir immer noch Angst haben zu sterben?“ fragt sie ihn, als ihr Flugzeug in Turbulenzen gerät, es ist ein Abgesang auf ein Leben, das in gemeinsamer Überwindung von Schmerz lag und gleichzeitig die große Geste der Verbundenheit von Menschen, die nur einander haben. Im Gegensatz zu ihren Freunden begehren sie nicht auf und kollaborieren auch nicht, sie bleiben immer dazwischen und allein in einer Welt, die sich ständig weiterdreht. Es ist herzzerreißend den beiden dabei zuzusehen und man wünschte sich manchmal, dass sie schreien würden. Dass ihre Geduld dann in ein zwar ambivalentes, aber mit leichtem Hoffnungsschimmer versehenes Altersleben weist, ist ihre und unsere Belohnung für das Standhalten.
                            Der Film zeigt uns seine Welt in aller Ruhe, die Bilder sind hier, um zu erzählen, sie lassen die engen Räume wirken und lassen uns die Vergänglichkeit des Lebens spüren. Es ist etwas Lyrisches in den Bildern, etwas Nostalgisches, eine Sehnsucht nach einer vergangenen Ordnung und nach der Nähe von Menschen untereinander, die von einer Diktatur ins Private gedrückt wurden. Es ist aber auch kein Entkommen hier, vielleicht gerade, weil wir keines der Schicksalsschläge wirklich sehen, immer werden wir von der Kamera weit weg zurückgelassen, wenn die Protagonisten in der Ferne verschwimmen oder am Ende des Ganges um die Ecke biegen. Nahe sind wir Ihnen, wenn sie ihr Alltagsleben leben, aber auch dort sind wir immer nur Gast, ferne Beobachter desillusionierter Menschen.
                            Diese Rückblenden, aus denen der ganze Film besteht, sind schwierig zu durchschauen und spiegeln die Menschen im Film. Oft ist es nicht so, wie es im ersten Moment scheint, immer haben wir zuerst einen Eindruck und dann eine Korrektur, es ist anstrengend diesem Werk zu folgen und doch erzwingt sich dieser Film damit seinen Aufmerksamkeitsraum. Es ist ein langer Film und ein langer Weg den wir hier gehen müssen und wir müssen ihn tatsächlich gehen, nichts hier macht es uns einfach, weder die Verluste noch die plötzlichen Zeit- und Ortswechsel. Es ist ein Film zum Erarbeiten.
                            Was soll man sagen zu einer solchen Saga aus einer fremden Welt? Man sollte es erlebt haben und muss wissen, worauf man sich einlässt. Einfach ist es nicht, aber die Welt hinter den starren Gesichtern lebt und pulsiert in einem frischen Rhythmus. Es ist ein Erlebnis dabei zu sein, wenn aus dieser stumpfen und restriktiven Welt der Einkindpolitik Stück für Stück eine internationale Geschichte wird, noch mehr, weil klar wird, dass neue Zwänge die alten ersetzen, das wieder sortiert wird und die immer selben zurückbleiben werden. Der Film ist hochpolitisch und gleichzeitig so nahe am persönlichen Verlust, dass beides miteinander verschmilzt.
                            Kein politisches System der Welt kann verhindern, dass man unglücklich wird, aber manche Systeme erzwingen so manches Unglück, für die einen Menschen ganz direkt und für die anderen indirekt durch die Schuld, die sie im System auf sich geladen haben. Eine seltsame Ironie hält das alles zusammen, sei es, wenn die Freunde fröhlich dem sichtlich gebrochenen Mann hinter den Gittern winken oder wenn die letzten Wörter der sterbenden Frau sind, dass man nun, da man reich sei, den Freunden das zweite Kind bezahlen könnte. Geld wird es nicht sein, was diese Menschen wieder glücklich machen wird und ob dieser Film von 2019 heute noch durch die Zensur gehen würde? Ich weiß es nicht und daher sollte man das sehen, weil es ein Meisterwerk aus einer unvertrauten und doch seltsam nahen Welt ist.

                            7
                            • 7 .5

                              One Second ist einmal wieder ein kleines und vorsichtig subversives (für chinesische Verhältnisse) Indie Abenteuer von Zhang Yimou, der ansonsten mittlerweile nur noch chinesische Blockbuster mit patriotischen oder zumindest pathetischen Zügen produziert. Man könnte sogar sagen, dass hier ein Subtext im Film ist, der sich kritisch mit dem Film als Genre und seinen Möglichkeiten zur Übertragung von Propaganda auseinandersetzt und dieser auch selbstkritisch gelesen werden könnte.
                              Aber kommen wir einmal zum Film selbst. Der aus dem Arbeitslager entflohene Zhang, mit großer Energie und einiger Verzweiflung, gespielt von Zhang Yi, versucht einen Film zu sehen, wobei ihm überraschenderweise das Mädchen Liu, gespielt von Liu Haocun, im Wege steht. Beide haben ihre ganz unterschiedlichen Gründe den Film zu wollen und dann hat auch noch der stolze Filmvorführer „Mr. Movie“, gespielt von Fan Wie, das große Interesse daran, das alles glatt läuft. Der Film verläuft zwischen diesen drei Figuren fast slapstickhaft komödiantisch ab, wobei das Drama immer sichtbar bleibt. Die Ambivalenz von Mr. Movie, gefangen zwischen notwendiger Systemtreue, seiner Empathie und der Liebe zu Filmen, ist genauso Thema wie die Einsamkeit des Waisenmädchens und die Verzweiflung des Flüchtigen.
                              Der Film nimmt seine Faszination aus dieser Konstellation und macht immer Spaß, wenn diese drei interagieren. Da ist viel Charme in dieser Konstellation, auch wenn alle letztendlich nicht aus ihrer Haut können und Happy Ends in diesem Teil der Wüste Gobi offensichtlich selten sind.
                              Die Wüste ist dann auch schön gefilmt und trägt mit der Weite ihrer Räume zum Verständnis der Einsamkeit und Verlorenheit der Figuren bei. Die Musik untermalt das Ganze zurückhaltend und die Menschengruppen in den Dörfern zeigen die Lust der Menschen auf Unterhaltung glaubwürdig. Wir haben dann auch eine sehr schön gefilmte Liebeserklärung an den Film, wenn Mr. Movie mit der Hilfe des ganzen Dorfes zur Restaurierung einer ruinierten Filmrolle ansetzt. Wie hier das Licht durch die aufgehängten Filmbänder leuchtet, hat etwas tief filmhistorisch Europäisches. Der Film ist dann auch eine sympathische Liebeserklärung an das Kino an sich, sei es zu Stummfilm Komödien, dem europäischen Arthouse oder dem Roadmovie.
                              Wir müssen über Zensur reden. Das Wort wird leider wieder häufiger herbeigeschrieben, speziell an Orten, an denen es gar nichts zu suchen hat, und mehr mit „meiner Meinung nach sollte alles ganz anders sein“ übersetzt werden sollte. Hier aber, in der chinesischen Welt, findet Zensur noch statt und man merkt es dem Film an. Für mich, dem Ostdeutschen, erinnert das Ganze stark an die Filme unserer realsozialistischen Ära. Die Kritik im Film ist wunderbar klar und deutlich und doch wird sie nie ausgesprochen, sie ist ein dauerhafter Subtext für diejenigen, die betroffen sind. Der Film selbst ist das Kunstwerk, das so oder so interpretiert werden kann, das gemeinsame gucken von „Heroic Sons and Daughters“ inklusive des gemeinsamen Mitsingens am Ende, kann als patriotisches Verhalten oder auch als Kritik an der Gleichschaltung verstanden werden.
                              Hier ist die Hoffnung eingebacken, dass es einmal anders werden kann, die Kruste musste darüber, aber es bleibt trotzdem Raum, um den Helden zu mögen, obwohl wir ihn ablehnen müssten, weil er so außerhalb des Systems steht. Besonders beim angeflanschten Ende, das noch einmal ganz klar macht, dass man hier natürlich das Mädchen brav wieder in die Gesellschaft integriert hat, und dass unser armer Held nur gerecht behandelt wurde, kann man die Zensur dann ganz deutlich sehen. Es ist damit ein Werk zur Anschauung für diejenigen, die einmal einen Blick in solche Produktionsgeschichten werfen wollen.
                              Davon abgesehen ist der Film dann aber für westliche Augen aber etwas zu sehr Hommage an das Kino und zu wenig Charakterstudie. Ich mochte das Tempo, den Humor und auch diesen Blick in die fremde Welt der Wüste Gobi während der Kulturrevolution, aber ein bisschen fehlte mir eine Entwicklung. Ich hätte gerne mehr über diese Konstellation aus dem Flüchtigen und diesem Mädchen gesehen, aber der Film kann das eben nicht umsetzen, weil es seinen Protagonisten nicht zum Helden machen kann. Er muss scheitern, weil ansonsten das System, das ihn ausgestoßen hatte, als fehlbar gelesen werden könnte.
                              Das ist nicht die Schuld des Films, aber es beschränkt ihn auf seinen interessanten Blick in eine andere Welt. Der Rest musste sich anpassen und macht das geschickt, aber für eine westliche Sicht macht ihn das auch etwas reizlos, was seine Handlung angeht. Trotzdem ist so etwas immer einen Blick wert, insbesondere, wenn es wie hier mit so viel Liebe gemacht wurde.

                              5
                              • 6 .5
                                über 2046

                                2046 ist Wong Kar-wais Fortsetzung von „In the mood for love“ und irgendwie dann auch nicht. Wir haben denselben Protagonisten und wieder wird er von Tony Leung gespielt, aber der Ton des Films hat sich stark geändert. Wir sind hier an einem anderen Ende angekommen, in einer mehr träumerischen und im Kern noch viel ernsteren Welt, um sie nicht gleich zynisch nennen zu wollen.
                                Die Oberfläche hat sich dagegen kaum verändert, die Welt ist die gleiche gesättigte Welt der fantastischen asiatischen Kleider, der Farben und des engen Hongkongs. Auch die Musik nimmt sich wieder ihre Zeit und bestimmt den Rhythmus ganzer Szenen, nur verfehlte das für mich hier seine Wirkung, vielleicht weil hier nichts vorangeht.
                                „Wir alle brauchen einen Ort, an dem wir bestimmte Erinnerungen, Gedanken, Impulse, Hoffnungen und Träume aufbewahren oder gar verstecken können.Diese sind Teil unseres Lebens; wir finden keine Lösung für sie und können keinen aktiven Einfluss auf sie nehmen, aber zugleich fürchten wir uns davor, sie über Bord zu werfen.“
                                Es ist ein Film der Erinnerung, ein Film, der seine Erinnerung lebt und sie glorifiziert. Das ist aber sicher Absicht hier, unser Protagonist lebt in einer solchen Welt, dessen Anziehung er nicht entrinnen kann. Er dreht sich damit im Kreis, wie dieser Film sich im Kreis bewegt. Es bleiben die gleichen Bilder der perfekt angezogenen, wunderschönen und betörenden Frauen, Frauen, die hierher kommen aber ohne je eine Chance zu haben, bleiben zu können oder zu dürfen.
                                „Man kann sich sein Happy End nicht schreiben“, sagt unser Protagonist und da hat er Recht, aber es wird sehr klar, dass sich auch ganz gut im Selbstmitleid Geschichten schreiben lässt, insbesondere über Selbstmitleid. Mir ging irgendwann der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, hier einen Erzähler zu sehen, der von einem Erzähler träumt, der ein Arschloch ist, das aber durch die vielen Ebenen nicht als solches erscheinen soll. Ist das die wahre Erkenntnis des Films? Ist da jemand an der Liebe zynisch geworden und kocht sich ein Rechtfertigungs Süppchen?
                                Wer weiß, jedenfalls möchte ich mich nicht anfreunden mit diesem Mr. Chow, mit seinem süffisanten Grinsen, wenn um seine Liebe gebettelt wurde, mit seinem Gehabe ́wenn er seine Umwelt ausnutzte, und schon gar nicht mit diesen Zufällen, die ihm die Frauen zu treiben, die ihm dann Geldbörse und Arroganz auffüllen. Sucht er hier wirklich eine idealisierte und damit unmöglich erreichbare Liebe oder ergeht er sich doch nur in empathielosen Getöse?
                                Vielleicht ist eine Selbsterkenntnis mit diesem Film verbunden, dass man irgendwann loslassen muss, aber sie ist leider verpackt und eingewickelt in so viel Gemeinheit, dass ich diesen Film nicht genießen konnte. Er blieb mir zuwider in manchen Momenten und seine Schönheit konnte mein Herz dieses Mal nicht erwärmen. Wenn Mr. Chow sich seinen Androiden wünscht, würde ich ihm den nicht verweigern, einen gefühllosen Partner an seiner Seite passt gut zu diesem Verlorenen in 2046, verdient fühlt es sich jedenfalls nicht an, wenn ihn hier reale Frauen lieben.
                                Bin ich zu streng zu einem Film, der vielleicht genau das alles zeigen und nachfüllbar machen will, was ich an ihm kritisiere? Das kann schon sein und 2046 ist sicher auch kein schlechter Film, nur sind Filme nicht nur Abhandlungen über etwas, sie sind auch etwas, das uns berühren soll.Das ist aber schwer, wenn man nur Selbstgerechtigkeit spürt.

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                                • 7

                                  Lust, Caution ist ein Spionage-Thriller oder ein historisches Drama oder ein Erotik-Thriller, wie auch immer man das priorisieren will. Ang Lee inszeniert den Weg einer jungen Frau in die aufregende Welt der Verführung im Schatten des zweiten japanisch chinesischen Krieges um 1940 in Hongkong und Schanghai. Der Film basiert auf einer Kurzgeschichte, die wiederum sehr lose an reale Spionagefälle des Krieges anknüpft. Es ist eine (sehr) langsame Entwicklungsgeschichte, die uns mitnehmen und das Verständnis erwecken soll, für die Umstände und die Motivation der Protagonisten.
                                  Die entscheidende Rolle dabei spielt das subtil aber beeindruckend aufspielende zentrale Paar des Films. Hier ist erst einmal die junge Tang Wei als Wong Chia Chi bzw. in ihrer Undercover Rolle "Mrs. Mak", die ihre Aufgabe, ein Schauspiel innerhalb des Schauspiels aufzuführen, brillant erfüllt. Es ist bewundernswert, wie groß die Unterschiede dieses jungen Mädchens zu der plötzlich erwachenden Frau Mak sind. Sie interpretiert diese Lust am Spiel geschickt und glaubwürdig und lässt uns gleichzeitig an ihren Zweifeln und dem Schmerz teilhaben, die diese Rolle mit sich bringen. Ihre wenigen Ausbrüche sind daher so intensiv, weil sie so geschickt und punktuell eingesetzt werden.
                                  Dann ist da der erfahrene Tony Leung als Mr. Yee, der hier einmal den Bösewicht spielt. Er legt viel Anstrengung in die Zweipoligkeit der Rolle, spielt den charmanten Lebemann und lässt uns dann aber immer wieder in einen dunklen Abgrund aus Gewalt, Gleichgültigkeit und Sadismus blicken. Da ist dann aber auch dieser Moment, wo das Antlitz Risse bekommt und sich nur ganz langsam etwas in seinen Augen verändert. Da ist dann eine Spur von Angst, Einsamkeit und Sehnsucht vorhanden, die mit jedem Orgasmus mehr durch die Schale brechen.
                                  Wir müssen also über den Sex sprechen. Der ist hier sehr viel expliziter als man das gewöhnt ist, einiges übertrifft in der Direktheit alles, was Hollywood in den letzten fünfzig Jahren hervorgebracht hat. Aber um hier gleich eine Warnung auszusprechen, die Szenen nehmen keinen großen Teil des Films ein und der Sex ist nicht wirklich erotisch im eigentlichen Sinn. Der Sex ist hier eine Weiterführung des Kampfes um Macht in dieser ungleichen Beziehung. Gewalt ist das Werkzeug, von dem sich Yee Wahrheit und Aufrichtigkeit erhofft und letztendlich vielleicht auch diesen Moment des Vertrauens, der dazu führen soll, dass er sich endlich fallen lassen kann.
                                  Sie dagegen sucht so etwas wie Liebe und ist bereit, dafür Opfer zu bringen, Opfer die sich hier auszahlen, die aber kaum für einen gesunden Ansatz für erotischen Sex gehalten werden können. Es sind die Orgasmen, die uns eine Veränderung der Machtdynamik zwischen den beiden zeigen, das ist ihr Zweck im Film, nicht das uns das anmacht. Das bedeutet nicht das Macht und Sex nicht immer irgendwie zusammenhängen und das diese Dynamik nicht erotisch ist aber ihre Form in diesem Film ist sehr speziell und mehr von Trieb als von Hingabe geprägt.
                                  Das führt dann aber zu einer wichtigen Auslassung, der Film ist fast zweieinhalb Stunden lang und zeigt uns eine ganze Welt, leider bis auf eine Ausnahme, man sieht diese beiden selten außerhalb ihres Kampfes. Ihre gemeinsame charakterliche Entwicklung ist ausgelagert, ihre Illusion von Liebe ersetzt die Liebe. Das ist schwer zu akzeptieren, der Film fühlt sich so gleichzeitig zu kurz und zu lang an. Ich hätte gern mehr erfahren und gleichzeitig war mir der Film zu lang, ohne wirklich etwas Unnützes zu finden. Wir brauchen ein Gefühl für die Welt, die sinnlosen und ewigen Mahjong Spiele der Frauen, die hilflose Suche nach Liebe, den Moment des Eingeständnisses das die ganze Kollaboration sinnlos ist und die Not außerhalb dieses kleinen privilegierten Zirkels, das alles hat seinen Zweck, alles ist nötig und doch fühlt es sich zu lang an, als wenn ein Erotikthriller nicht so viel Platz verdienen würde.
                                  Nicht zuletzt ist dann da auch noch das etwas plötzliche Ende. Es ist konsequent und es ist richtig und doch wollte ich es nicht glauben, weil dafür die Zeit fehlte, um mitzufühlen. Das ist ein seltsames Ergebnis für einen solchen Film, der irgendwie scheitert und doch ein so intensives Gefühl zurücklässt. Ich habe keine Ahnung, was das nun für die Bewertung heißt, sicher ist, das ist kein Film für jeden, und sicher ist, dass er trotzdem interessant ist.

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                                  • 9

                                    „Crouching Tiger, Hidden Dragon”, bzw. im Deutschen seltsamerweise nur “Tiger and Dragon”, ist ein ungewöhnliches Genre-Mix. Im Kern haben wir ein Liebesdrama mit Martial Arts- und Fantasy Elementen in einer ansonsten mittelalterlichen chinesisch realistischen Umgebung. Das ist dann vermutlich auch das, was seine internationale Faszination ausmacht, neue kulturelle Einflüsse zu nutzen, um einen Liebesfilm in seiner starren Form aufzubrechen.
                                    Ang Lee springt hier als Filmemacher von seiner Jane Austen Verfilmung wieder direkt in die chinesische Geschichtenwelt und nimmt dabei einiges mit. Hier geht es gleich um zwei Beziehungen, die im Entstehen zum Scheitern verurteilt sind. Da haben wir den Superkrieger Li Mu Bai, gespielt von Chow Yun-fat und seine Jugendfreundin Yu Shu Lien, gespielt von Michelle Yeoh, die beiden verbindet eine gemeinsame, aber unglückliche Vergangenheit und die trennt sie dann auch. Beiden fehlt ein Schritt, aus einem anderen Leben herauszutreten und ein Neues zu starten. Beide scheinen sich dessen bewusst zu sein, aber die Umstände halten beide immer zurück. Das ist eine interessante Konstellation, die tatsächlich spannend ist und eine emotionale Bindung aufbaut.
                                    Dann sind da noch die junge Jen Yu gespielt von Zhang Ziyi und der Rebell Lo Xiao Hou, gespielt von Chang Chen. Diese Geschichte ist viel konservativer, eigentlich eine Standard Geschichte zwischen einer Prinzessin auf der Suche nach einem Abenteuer und dem wilden, aber im Herzen guten Abenteurer. Die Entwicklung ihrer Liebe hat zwischendurch etwas von einem Stockholmsyndrom, aber interessanterweise hat mich ihre Seite berührt. Die Lust nach einer freien Entfaltung in einer männlichen Welt, die keine Freiheit für Frauen ermöglicht, hat etwas Dramatisches und ihre Verzweiflung und Wut ist verständlich. Er bleibt in der Tat eine Schablone, aber der Film ist auch eher ein Film über weibliche Perspektiven, Ambitionen und Sehnsüchte.
                                    Diese lassen sich in dieser Welt kaum artikulieren, müssen eigentlich ständig unterdrückt werden, daher finden Sie ihre Entsprechung, um es nicht Ausbruch zu nennen, in den ausufernden und Fantasy artig aufgebauten Kampfszenen. Diese sind Ausdruck ihrer Emotionalität, wie im Tanz werden hier Wut, Enttäuschung und Liebe in einer Choreografie umgesetzt, als wären wir in einer Ballettaufführung. Eine in Ketten der sozialen Regeln gelegte Weiblichkeit lässt Dampf ab. Das macht dann auch den großen Teil der Anziehungskraft des Films aus. Die Kampfszenen sind, eine nach der anderen, Meisterwerke, die zwar keine Rücksicht auf die Physik nehmen, aber dafür in Schnelligkeit und Eleganz baden. Der Kampf zwischen Jeoh und Ziyi mit allen verfügbaren Waffen im Dojo ist für sich ein Meisterwerk der Filmgeschichte.
                                    Der Rest des Films besticht durch seine Direktheit, die Charakterisierung und die Ziele jeder Person sind klar umrissen und werden schnörkellos auserzählt. Immer wieder lockert ein bisschen Humor die Handlung auf und die Dramatik ihrer Entscheidungen ist offensichtlich und nachvollziehbar. Es ist, als hätte Jane Austen noch einen geheimen Martial-Arts-Roman geschrieben, aber die Wahrheit ist wohl, dass ihre Themen universell für die Probleme von Frauen auf dieser Welt stehen.
                                    Ansonsten rahmt ein schöner Soundtrack den Film und die Cinematography ist gut, ohne wirklich beeindruckend zu sein. Die Konzentration liegt hier tatsächlich auf den Kampf Choreografien und sie sind, wie man das nicht oft genug wiederholen kann, eine Referenz für alle anderen Filme des Genres geworden. Man muss mit einem gewissen Pathos leben können und damit, dass weder die Kämpfe noch die ganze Handlung naturalistisch angelegt sind. Das alles sind eben Fantasien von Ausbruch, Flucht und Abenteuer und der Film hat keinen klassischen Antagonisten und findet damit auch keine Erlösung in einem Sieg am Ende.
                                    Auf seine Art ist hier aber ein Meisterwerk gelungen, das einen zeitlosen Charme hat, und heute so gut funktioniert wie vor zwanzig Jahren. Ich hatte eine kleine Phase der Ungeduld, weil der Film in der Mitte ganz schön das Tempo herausnimmt und mit einem zu langen Einschub filmisch etwas ungelenk die zweite Liebesgeschichte erzählt, aber darüber hinaus habe ich wenig zu meckern. Mit den genannten Einschränkungen ist das immer noch ein Must see.

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                                    • 6 .5

                                      Red Cliff (Chi bi im Original) ist eine internationale, aber primär chinesische Produktion von Regisseur John Woo, der dafür extra nach China zurückgekehrt war. Er beschreibt eine Reihe von Schlachten um das Red Cliff am Yangtse (208 n. u. Z.) in den Kriegen, die rund um das schleichende Ende der Han-Dynastie und am Anfang der drei Reiche stattfanden. Der Film basiert, wie die meisten epischen Historienfilme, aber nur grob auf den Ereignissen und nimmt sich einige Freiheiten in der Darstellung der Personen und der Abläufe. Im Ergebnis ist das aber im Rahmen der geschichtlichen Kenntnisse einigermaßen akkurat.
                                      So viel Analyse will ich hier gar nicht hineinlegen, weil der Film sich ganz klar an die Zielgruppe solcher epischen Historienfilme richtet und der Interessierte wohl auch die längere zweiteilige Originalfassung konsumieren wird. Ich habe nur die geschnittene „Ein Film“ Fassung gesehen, aber die kann man für den normalen Zuschauer aus meiner Sicht auch gut empfehlen. Sicher hin und wieder spürt man, dass da einiges unter dem Cutter geblieben ist, aber der Rest ist beeindruckend und meiner Meinung nach auch ausführlich. Die finale Schlacht zieht sich auch so fast eine ganze Stunde hin, das war mir zumindest genug.
                                      Ich mochte den Film, der bei aller Pathetik, die man erwartet und geliefert bekommt, nicht peinlich wird, sondern seine Story mit Ernst und großer Liebe zum Schlachtdetail erzählt. Die Kämpfe sehen großartig aus und sind unterhaltsam, man muss sich aber der asiatischen Tradition ergeben einzelne Generäle übertrieben wirkmächtig zu sehen. Das entbehrt jedem Realismus, ist aber hübsch anzuschauen. Die CGI ist leider bei größeren Aufnahmen und ganz speziell bei Aufnahmen der übertrieben groß dargestellten Flotte auffällig und immer dann auch ein bisschen lächerlich aber besonders die handgemachten Kämpfe zu Pferd und zu Fuß, und die Feuereffekte gegen Ende, sind eindrucksvoll.
                                      Die Schauspielerriege ist toll, besonders das zentrale Duo Takeshi Kaneshiro als Diplomat und Berater Zhuge Liang und der immer großartige Tony Leung als General Zhou Yu können mit den großen Helden amerikanischer Historienschinken mithalten. Dass einige Frauenfiguren etwas Glaubwürdiges zu tun bekommen und sich an den Planungen und Kämpfen sinnvoll beteiligen, ist ungewöhnlich und erfreulich. Ich mochte auch Zhang Fengyi als Bösewicht Cao Cao, der gerade vielschichtig genug dargestellt wird, um nicht langweilen.
                                      Das alles ergibt einen klassisch wirkenden epischen Schinken, den man im westlichen Kino lange suchen muss. Ich war gut unterhalten, nur gegen Ende wird es dann etwas zu viel, und man ist dann froh, wenn endlich die Prinzessin gerettet ist und der böse General besiegt wurde. Ach und ja, na klar, das ist im Grunde kein Spoiler, man sollte hier keinen Film erwarten, der aus der Frage, wie es ausgeht, seine Spannung zieht. Dieser Film funktioniert nach dem Motto: „Der Weg ist das Ziel“ und „Das Ziel einfach nur das Ende“. Der Film liegt gerade bei Prime rum und ist sicher einen Blick wert.

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                                      • 7 .5
                                        über Ip Man

                                        IP Man ist der erste Teil der Reihe, in der Wilson Yip die Geschichte des Lehrers von Bruce Lee sehr frei als Actionfilm umsetzt. Die Geschichte beginnt hier noch in Foshan kurz vor der japanischen Besetzung im Zweiten Japanisch Chinesischen Krieg und endet während der Besetzung. Kern ist also die sich verändernden Lebensumstände des Meisters und seine damit einhergehende sich ändernde Einstellung zum Kampf.
                                        Ich habe den Film direkt nach der Interpretation derselben Geschichte von Wong Kar-wai in „The Grandmaster“ zum ersten Mal gesehen und das ist ein Unterschied. Dieser Ip Man will ganz im Ganzsatz kein hochtrabendes und super elegantes Werk über die Geschichte sein, es soll keine hochtrabende ätherische Liebesgeschichte erzählt werden, hier wurde ein Actionfilm gedreht und der Rest geschickt herum gegossen. Dieses Drumherum kommt überraschenderweise aber nicht zu kurz, sondern ist viel plastischer, als man erwarten könnte. So gewinnt man keine goldenen Palmen, sondern die Herzen von Kinogängern.
                                        Das alles lebt in erster Linie von einem großartig aufspielenden Donnie Yen als IP Man, er verleiht der Figur eine Unmenge an Würde und trotzdem eine gewisse Verletzlichkeit. Der Schmerz über das Leben ist ihm ins Gesicht geschrieben und der anfängliche Unwille, nach fremden Bedingungen zu kämpfen, passt zu der ganzen Philosophie. Geschickt hat man hier eine für Filme ganz ungewöhnliche Liebesgeschichte eingebunden, es ist die Liebe zu seiner Ehefrau. Es ist süß, die beiden zu sehen, wie sie voneinander genervt sind, sich leicht necken und doch aufeinander achten. Es ist auch schön, wie sie sich gegenseitig Respekt zollen und gemeinsam durch schwere Zeiten gehen. Ein kleines Wunder für einen solch einfachen Film.
                                        Dazu kommt, dass die Politik hier gerade nicht ausgespart wurde und das dem Film eine Menge Kraft verleiht. Man kann sich darüber streiten, ob es eine gute Idee war, 60 Jahre nach dem Krieg noch ehemalige Kriegsgegner zu den Bösewichten zu machen, aber kaum bestreiten kann man, dass es in dem Film einen wirklichen Ark gibt. Das sind reale Gegner, weil sie negative Auswirkungen auf Ip Man, seine Familie, seine Freunde und die ganze Kultur haben. Das wirkt auch auf ganzer Linie, die Szene, in der ein Freund von ihm getötet wird, ist so wirkmächtig, dass sich die vielen leeren und konsequenzenlosen Hollywoodfilme schämen müssten.
                                        Der Rest ist dann einfach gutes Handwerk. Alle Kampfszenen sind solide inszeniert, sehen gut aus, bleiben im Überwahrscheinlichen und sind übersichtlich zu überschauen. Es ist ein Spaß, sie zu sehen, und auch hier dient die Brutalität, wenn sie denn angezogen wird, einem Zweck, man sieht die Wut, die sie auslöst, und man versteht, warum sie dann so passiert. Das ist ganz wunderbar. Ob ich das dann insgesamt alles so glauben soll und ob dieses Wing Chun Kung-Fu nicht ein bisschen so aussieht, als wäre es in der Realität ein wenig zu viel Gefuchtel und zu wenig direkter Impakt, kann man hier ruhig offen lassen. John Wick fängt seine Kugeln immerhin mit dem Jackenärmel ab…
                                        Zusammenfassend fand ich das einen beeindruckend effektiven und wirkmächtigen Actionfilm, der das Rad nicht neu erfindet, aber das, was er macht, schön macht. Die Story ist dabei überraschend bewegend und ihr naturalistischer Kern eine kleine Offenbarung. Ich war zufrieden.

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                                        • 5

                                          Wong Kar-wais „The Grandmaser” ist ein halb fiktionaler Action- Drama- Liebesfilm über Ip Man, den legendären Lehrer von Bruce Lee. Wobei das eher eine westliche Sicht der Dinge sein könnte, denn im Kern ist es mehr eine Geschichte des chinesischen Kung-Fu in den Wirren der Zeit zwischen den 30er und 50er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts.
                                          Der Anspruch führt dazu, dass dieser Film so einige Themen abdeckt, da haben wir einen klassischen Kung-Fu-Actionfilm, ein zeitgeschichtliches Drama um eine verlorene Heimatkultur und eine zentrale Liebesgeschichte zwischen diesen Fronten. Problematisch aus meiner Sicht ist, dass dieser Film Schwierigkeiten damit hat, jedem Einzelnen dieser Punkte gerecht zu werden. Da ist ganz schön viel auf dem Teller, das außerdem noch Wong-Kar-wai typisch gut aussehen soll.
                                          Am deutlichsten zeigt sich das an der zerstückelten und inkonstant wirkenden Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptdarstellern Tony Leung als Ip Man und Zhang Ziyi als Gong Er. Wir sollen hier etwas episches erleben und zumindest in einer beeindruckenden Kampfszene zwischen diesen beiden, die wie ein Paar Ritus, wie ein Tanz um Liebe und Sex wirkt, gelingt das auch, obwohl wir gar keine Hinleitung zu diesem Punkt bekommen hatten. Der Rest ist aber eine mehr behauptete denn tatsächlich gezeigte Liebesgeschichte, in der IP Man vom liebenden Ehemann und Vater irgendwie und plötzlich zur tiefen Liebe zu Gong Er gelangt. Einiges scheint in einer langen Brieffreundschaft passiert zu sein, aber eigentlich müssen wir es nur glauben.
                                          Das spielt dann auch zusammen mit dem zweiten Punkt, die Geschichte springt durch die Zeiten von den Anfängen in Foshan bis zu Ip Mans Schule in Hongkong. Dabei werden Rückblenden eingeschoben und zwischen Schauplätzen hin und her gesprungen. Das ganze Problem der japanischen Besetzung oder der innerchinesischen Konflikte bleibt dabei außen vor. Der Ansatz ist eher eine philosophische Geschichte der Kung-Fu Schulen zu erzählen, was, zumindest aus meiner westlich naiven Sicht, zu einigen Längen und Verwirrungen führt. Wir sehen nie die Gründe der Veränderungen im Leben der Protagonisten, ein Knopf spielt hier zum Beispiel als Zeichen des Verlusts eine große Rolle, aber die Not hinter der Geschichte bleibt komplett ausgeblendet. Der Film mäandert hier etwas herum und kommt dann immer wieder irgendwo an, während man selbst das Gefühl hat, irgendwo anders hängen geblieben zu sein. Es bleibt das Gefühl, hier eine Schnittfassung gesehen zu haben, die unfokussiert bleibt.
                                          Die Kämpfe dagegen sind hervorragend inszeniert, vielleicht aber manchmal etwas zu sehr stilisiert und mit Zeitlupen und Effekten überfrachtet. Manches wirkt etwas künstlich, aber insgesamt machen die Kämpfe Spaß und wirken beeindruckend. Leider fehlt auch ihnen ein klarer Fokus, die Auseinandersetzungen sind eben rein philosophisch, es geht um Konzepte und weniger um reale Konflikte. So spielt der zentrale Konflikt des Films innerhalb der Gong Familie und hat gar nicht viel mit Ip Man zu tun und führt auch zu keinem wirklichen Ende. Hier wird zwar elegant, aber auch ein bisschen ins Leere getanzt.
                                          Der Score ist schön und die Cinematography auch, leider ist es aber auch hier so, dass mich beides seltsam kühl und unemotional zurücklässt. Es sind viele kühle Blau- und Weißtöne im Film, Regen fällt elegant und der Schnee leuchtet weiß, nur war es mir eher egal. Was bleibt, ist ein seltsamer Film, der unkoordiniert wirkt. Irgendetwas ist hier falsch, ergeben sich Längen, wird Größe und Spannung behauptet, aber nie geliefert. Es ist ein Film, der so viel will und dabei kaum etwas in mir ausgelöst hat, vielleicht ist es meine Perspektive, meine fehlende Kenntnis der asiatischen Geschichte, aber im Ergebnis wird nicht viel bleiben von den großen Ambitionen.

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                                          • 9 .5

                                            „In the Mood for Love“ ist ein romantisches Drama, das als Mittelteil einer sehr lose zusammenhängenden Trilogie von Regisseur Wong Kar-wai fungiert. Der Film spielt im Hongkong der sechziger Jahre in einer überfüllten privatsphärenlosen Welt der chinesischen Auswanderer aus dem von der Kulturrevolution gebeutelten China.
                                            Das Politische dringt hier zwar subtil, aber am Ende doch deutlich in die unpolitische Geschichte. Die Protagonisten Herr Chow, gespielt von Tony Leung, und Frau Chan, gespielt von Maggie Cheung, sind gefangen zwischen den Welten, gequetscht zwischen westlicher Moderne und östlichen Traditionen, so wie sie gefangen sind in ihren Ehen. Das Politische wird hier ganz privat in einem Film, der wie Erinnerungen flimmert, die Zeit verstreichen lässt, ohne dass wir die Tage, Monate und Jahre zu spüren scheinen. Es ist eine Welt geprägt von Ritualen und fast rituell anmutenden Wiederholungen, die Sicherheit geben in einer Welt der Unsicherheit.
                                            Der Film ist betörend schön. Die Cinematography mit ihren kräftigen Farben in Rot und Grün raubt einem den Atem. Jede Einstellung ist ein Bild für sich, jede Figur steht in einem Rahmen, jeder Blickwinkel wirkt mit Liebe hergestellt. Wir sehen die Menschen in engen Fluren und durch Türrahmen, oft gedrückt an den Wänden, dann wieder tänzelnd durch die Enge. Es ist eine schöne und gleichzeitig so einengende Welt, die Freiheit liegt hier in den Momenten auf offener Straße, theoretisch frei für alle Blicke und doch, nur hier, mitten in der Nacht, einigermaßen allein. Nur wenn der Regen die beiden abgeschirmt, ist da etwas von Intimität.
                                            Die dominante und hinreißende Musik des Films ist eine Mischung aus chinesischen und anderen asiatischen Einflüssen mit einigen Tupfen westlichen Schaffens, die Auswahl ist stilvoll gewählt und wärmt die Szenen der aufkeimenden Liebe mit ihren Melodien. Man kann hier allein im audiovisuellen Versinken. Die Kleider von Frau Chan sind dabei einen eigenen Film wert, sie ist eine der bestangezogenen Frauen der Filmgeschichte, so traurig wie sie oft wirkt, so elegant ist immer ihr Auftreten. Der Film gibt seinen Figuren Würde mit ihrer Schönheit.
                                            Eigentlich erleben wir hier die Geschichte von vier Menschen, wenn wir auch nur zwei von ihnen je zu Gesicht bekommen. Frau Chan und Herr Chow erzählen uns die Geschichte gleich zweier Liebespaare, nur dass die einen verbunden sind und die anderen weiter den Abstand wahren. Immer wieder verschwimmen dabei die Grenzen des Schauspiels, spielen die beiden ihre Partner, sind sie sie selbst oder ist das alles eh nicht mehr zu unterscheiden? Wollen die beiden nur im anderen finden, was der eigene Ehepartner begehrt oder sind sie wirklich am Gegenüber interessiert? Vieles bleibt offen in dieser „Liebesgeschichte“ genannten Handlung, aber klar wird schon, dass sie eine Fantasie leben. Vielleicht nur die Fantasie, dass nichts davon Realität ist, und vielleicht ist das auch der Grund, warum sie nie ins Handeln kommen, es wäre das Ende ihrer Fantasie.
                                            Leicht gemacht wird es ihnen aber eh nicht in dieser kleinen Welt beengter Räume und ständig übereinander redender Menschen. Sie stehen unter ständiger Beobachtung und das nicht einmal so sehr durch ihre Nachbarn, sondern durch uns alle. Wir huschen um sie herum, verstecken uns hinter Säulen, folgen ihnen durch den Regen, warten im Treppenhaus, gieren nach jeder noch so flüchtig erscheinenden Bewegung von Händen und Fingern und bewerten jeden ihrer Blicke. Wir sind die, die über die beiden reden, es ist unsere Lust, die wir auf diese Menschen übertragen. Befriedigung wird man darin aber nicht finden, das ist eine Lektion für die Beobachter und das Schicksal der beiden.
                                            So sehen wir eine streng farblich abgestimmte Fantasie von Liebe, die sich so zart wie nur möglich entfaltet und mit unmenschlicher Strenge im Zaum gehalten wird. Wir mögen in der Stimmung sein für diese Liebe und Frau Chan und Herr Chow mögen auch in Stimmung sein, aber Hongkong 1964 ist nicht der Ort oder die Zeit dafür. Dieser Film ist ein Gedicht, das eine Atmosphäre schreibt und weniger einen Plot, es setzt uns in den Zustand des Zuschauers und lässt uns dort sitzen bis wir selbst vom Handeln träumen. Dieser Film ist ein Kunstwerk, dabei oft spröde, meistens traurig, immer elegant, oft wiederholend und damit wie das Leben als Film. Es ist eine Erinnerung der Farben und Musik hinzugefügt worden, damit sie so strahlend scheint, wie es niemals war…

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                                            • 8
                                              Deciuscaecilius 02.10.2023, 17:11 Geändert 03.10.2023, 00:58

                                              Dead Pigs ist eine schwarze Komödie, vielleicht auch ein komisches Drama, inszeniert als Debüt von Cathy Yan in China und im Kern eine Satire auf den Turbokapitalismus chinesischer Prägung. Der Film verfolgt eine Familie mit verschiedenen Problemen der chinesischen Gesellschaft, wobei ein bisschen offen bleibt, wer die Zielgruppe des Filmes sein soll. Wir sehen einen westlichen Blick im Film auf chinesische Probleme und damit wohl auch einen Film, der für uns gemacht ist und weniger für die, über deren Leben er berichtet.
                                              Für uns hier in Europa ist er also gemacht und es gelingt ihm tatsächlich, die vielen Dinge, von denen man einmal gehört hat, geschickt in ein Narrativ zu vereinen und emotional berührend darzustellen. Dabei hilft die wunderbare Musik von Andrew Orkin und eine ironische, aber sanfte Sicht auf eine fremde Welt. Der Film baut sich langsam auf, es liegt Spannung in der Luft oder besser gesagt es liegt eine tiefe gesellschaftliche Veränderung in der Luft und das ist bedrohlich. Es ist eine böse, gesichtslose und unabwendbare Bedrohung, die den Menschen die Welt unter den Füßen wegreißt.
                                              Dass dies wortwörtlich zu verstehen ist, zeigt ganz besonders Vivian Wu als Candy Wang, die mit unbändiger Energie einen Schönheitssalon führt, und gleichzeitig einsam, allein in einem Nailhouse inmitten eines ehemals lebendigen, aber mittlerweile fast vollständig abgerissenen Stadtviertels von Shanghai lebt. Ihre Dickköpfigkeit hat etwas zutiefst berührendes, insbesondere wenn der verzweifelte Bruder auftaucht, dem ein Teil der namensgebenden toten Schweine gehören. Haoyu Yang spielt das Opfer von Finanzbetrug und Lebensmittelkontamination mit überbordender Verzweiflung. Die beiden stehen für eine alte Welt, die es nicht mehr gibt, und sie sind in ihrem Festhalten so menschlich.
                                              Mason Lee, der den Sohn Wang Zhen spielt, und Meng Li, die seine neue Bekannte Xia Xia spielen, bilden den Gegensatz, sie leben schon in einer neuen Welt aus glitzernden Hochhäusern und den Lichtern ihrer Smartphones. Beide befinden sich allerdings an unterschiedlichen Enden des neuen Lebens, während Wang Zhen kaum etwas zum Leben hat und schon gar nichts, das es wert wäre, seinem Vater zu geben, um diesen zu helfen, schwelgt Xia Xia in großem, aber leer und nutzlos wirkendem Luxus.
                                              Es ist das nuancierte Spiel dieser Protagonisten, das den Film sehenswert macht. So böse die Satire in ihren Untertönen ist, so menschlich und normal sind diese verlorenen Seelen. Die leise Komik und die dick aufgetragene Pathetik, die immer wieder die Ereignisse unterbrechen, wirken authentisch und halten die Geschichte zusammen. Eigentlich geht es im Film nicht um Politik, aber sie ist immer da, ohne dass sie jemals zu sehr in den Mittelpunkt geraten könnte. Diese Welt wirkt wie die Häuser, in denen die Protagonisten leben und an denen bereits die roten Zeichen für “Plans for demolition” prangen, als Welt auf Abruf.
                                              Es ist ein berührender Film über diese sterbende Welt und es ist keine Dystopie wie “Blade Runner”, es ist eine zwar fiktive, aber ganz reale Dokumentation tatsächlicher Ereignisse aus einem Land, das keinen Stillstand kennt. Kein Mensch kann hier die Welt aufhalten, ein europäischer Konservatismus existiert nicht und auch niemand kann die Zerstörung aufhalten, es muss immer weiter gehen. Und auch wir, die Zuschauer haben einen Platz im Film, denn das Verhältnis, in einer Mischung aus Sehnsucht und Bewunderung, nach dem westlichen Leben kommt vor, aber auch das ist ein seltsam falsches Verhältnis aus Missverständnissen, die geboren sind aus Fremdheit.
                                              Es ist ein Film, den man gesehen haben sollte, bevor seine Welt endgültig abgerissen wurde, bevor der Reichtum die Armut ganz wörtlich vergraben hat. Ich weiß nicht, aber ich bezweifle sehr, ob diesen Film in China irgendjemand sehen konnte, aber auch für die westlichen Bewunderer des unendlichen Fortschritts ist das ein sehenswerter Film. Fremdheit kann nur kleiner werden, wenn man sich konfrontiert, und diese toten Schweine sind ein Anfang, das zu tun. So lange ist es auch noch nicht her, dass unsere Flüsse stanken und unsere Konzerne uns ganz direkt vergifteten. Der Film ist auch eine Botschaft an uns, den harten staatlichen Griff der Kontrolle unserer Kapitalisten nicht fallen zu lassen, bzw. sogar auszubauen.
                                              Dazu wirken die kleinen Gesten und die großen Emotionen des Films sicher für jeden, der sich für das andere interessiert. Damit sollte auch jeder den Ausflug unternehmen, es ist eine schöne und emotionale Reise in eine fremde Welt, weit weg und manchmal so nahe…

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                                              • 7 .5

                                                Spider-Man: Across the Spider-Verse ist Teil zwei der neuen Animationsreihe aus dem Spiderman-Multiverse und im Zentrum steht wieder die Miles-Morales-Version des Comic-Helden. Leider haben wir es aber nur mit einem langen Teil, einer zweiteiligen Adaption, zu tun, die erst zusammen ein Ganzes ergeben werden. Der Film ist in dieser Hinsicht eine Mogelpackung, da die Handlung faktisch erst in Gang kommt, wenn der Film sich schon seinem Ende nähert und dann hastig endet.
                                                Das bedeutet, dass wir es hier mit einer zweistündigen Einführung in eine Story und einem Konzept zu tun haben, obwohl der Vorgänger schon ein reiner Einführungsfilm der Figur war. Das ist gelinde gesagt merkwürdig und allzu viel reinen Plot sollte man daher also auch nicht erwarten. Die Geschichte bewegt sich sehr detailverliebt und langsam durch den Film und transportiert mehr ein Gefühl verpackt in Actionszenen, als einen wirklichen Plot.
                                                Warum schreibe ich also über diesen Kinderfilm? Na ja, weil er eigentlich die perfekte Manifestation des Comic-Superhelden-Konzeptes ist. Der Film ist ein Coming of Age Drama über Ermächtigungs-Fantasien trauernder Jugendlicher. Natürlich kommt das aber längst nicht so dramatisch rüber, die Geschichte ist locker, manchmal lustig, hat immer Charme und verliert sich einen großen Teil des Films in beeindruckenden Verfolgungsjagden durch kunterbunte Welten. Trotzdem bleibt der Konflikt zwischen dem Teenager, mit seinen Liebesproblemen und seinen Anpassungsschwierigkeiten an eine Welt der Erwachsenen, an eine kalte Welt voller Verantwortung und ewiger Arbeit, zentral für den Film.
                                                Vielleicht ist der ganze Film nur ein Fiebertraum eines schwarzen Jungen mit lateinamerikanischem Einschlag, der Traum eines typischen Teenagers of Color, eine Vision nach Größe und nach Bedeutung in einem fremdbestimmten Leben. Dieser Film ist, vielmehr als seine flachen Brüder und Schwestern aus den Realfilm Universen ein Eingeständnis seines Ursprungsmaterial, und als solches entfaltet der Film in seinen ewigen Konflikten, die wenig um Gegner, und viel mehr um die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit im Gegensatz mit anderen Menschen stehen, eine beeindruckende Wirkmächtigkeit. Ich will nicht behaupten, hier den besten aller Superhelden Filme gesehen zu haben, dazu gucke ich viel zu wenig von dem Kram, aber genau so stelle ich mir vor, wie Comic-Umsetzungen sein müssten.
                                                Aber vermutlich schreibe ich eh schon viel zu lange über die Ideen des Films und eigentlich gucken den eh alle, um die OLEDs ihrer Homescreens zum Leuchten zu bringen. Das ist dann auch der Punkt, der als erstes auffällt, dieser Film sieht fantastisch aus und entwickelt mit seinem gnadenlosen Mix aller Animation Genres einen wunderbaren Sog, der die zwei Stunden verfliegen lässt. Der Sound ist solide und die Stimmen speziell des zentralen Trios von Hailee Steinfeld, Jake Johnson und Shameik Moore sind fantastisch, aber man versinkt in diesen Bildern. Alleine wegen dieser Bilder muss man das gesehen haben.
                                                Was bleibt also? Es ist ein frecher Film, der sich nicht aus seinem gut vs. böse Superhelden-Schema lösen kann und an seiner zentralen und eher langweiligen Geschichte schwer zu knabbern hat, insbesondere, weil die kaum vorankommt. Es ist aber auch ein Film, der seine Konflikte um Zwischenmenschliches aufbaut und das mit audiovisuell schwer beeindruckenden Szenen kombiniert. Wer damit leben kann, ist hier gut aufgehoben.

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                                                  Die Reihe, hervorgegangen aus einem unscheinbaren einfachen Actionfilm, ist langsam in eine pathetisch große Welt gewachsen, die sich in jedem Film versucht aufs Neue zu übertreffen und größer, schöner und brutaler zu werden. Dieser vierte Teil der Reihe macht da keinen Unterschied, die Action ist nochmal drüber, die Bilder noch effektvoller und die Hauptfigur noch einmal reduzierter.
                                                  Keanu Reeves brummt nur noch Kalendersprüche in die Kamera, hat dabei kaum mehr Text als diese Kritik und bewegt sich kontrolliert aber langsam durch seinen eigenen Actionfilm. Nicht dass es irgendeine Rolle spielen würde, es macht diese Figur aus und gibt der ganzen Reihe eine Kraft, die mehr aus purem Willen zum Schmerz, als aus besonderer Eleganz geboren ist. Genau dafür hat der Film sich Donnie Yen aus dem Hong-Kong-Kino geborgt und der kann Eleganz und zelebriert diese hier ganz wunderbar. Er ist ein Geschenk für diesen Film. Ein bisschen weniger geschenkt möchte ich allerdings Bill Skarsgård haben, der als „der Marquis“ eine anstrengende Darstellung mit beißendem französischem Akzent gibt.
                                                  Aber was sprechen wir überhaupt über Charaktere in diesem Film? Der Film hat seine Stereotypen und benutzt sie effektiv für alles, wofür er sie braucht. Die Botschaft kommt dabei über Alltagsweisheiten und über das exzessiv wiederholte „Friend“ nicht hinaus. Das alles geht aber eh unter in der Action.
                                                  Und in der Tat gelingt es dem Film, noch einmal einen drauf zu packen. Die Reihe exerziert ihre Action schon immer als Tanz, der keinen Anspruch auf reale Entsprechung in der Wirklichkeit erhebt, und hier passt das noch mehr als je zuvor. Die kippende Kamera im Pariser Altbau, die Treppen vor Sacré-Coeur, die Lichterwelten Japans oder das Kung Fu mit Autos rund um den Place de la Concorde sind außergewöhnlich schön choreographierte Stücke Action. Die Protagonisten tanzen durch die Szenen und man schaut ihnen mit offenen Augen zu. Besonders deutlich wird der Effekt, wenn im deutschen Klub, ganz im Rhythmus und ohne die anderen Tänzer zu stören, brutale Gefechte ausgeführt werden. Der Film setzt in dieser Hinsicht neue Maßstäbe, jedes dieser Stücke ist ein Meisterwerk in der Kategorie Action.
                                                  Das wird unterstrichen durch die wunderbare Cinematography, die eine Ode an das Licht ist. Der Film wird dominiert von Kerzen, Sonnenaufgängen, Lichtinstallationen und den Lichtern der Großstadt, das sieht immer fantastisch aus und reißt das HDR jedes OLED aus dem trägen Fernsehschlaf. Alleine wegen dieser schwülen, aber trotzdem fantastischen Kameraeinstellungen muss man den Film gesehen haben. Das ist alles pathetisch wie der Rest des Films, aber man kann sich trotzdem dem Effekt nicht entziehen.
                                                  Ist das nun ein Meisterwerk? Das kann man sehen, wie man will, die Action und diese Inszenierung sind es wert, diesen Titel zu tragen, beides ist aber auch eingebettet in einen viel zu langen, schwülstigen und trotzdem kalten Film. John Wick ist ein herzloser Arsch, der alles mit Füßen tritt, ganz besonders das, was er als Freundschaft zu beschreiben wagt. Diese Figur ist nur ein leeres Gefäß, das für uns tanzt, bis dem Film neue Regeln gezaubert wurden, mit denen ihm endlich ein Abschluss gegeben werden kann.
                                                  Es ist ein unsympathisches Brusttrommeln in dem Film und selbst die Actionsequenzen, so beeindruckend sie sind, ermüden irgendwann. Dazu trägt die verhängnisvolle Idee bei, den Jacken kugelsichere Wunderstoffe zu geben, wodurch jeder Gegner gefühlt zehn Treffer benötigt, um endlich zu sterben. So zieht sich das dann wieder hin, wenn auch nicht so sehr wie Teil drei. Ich stehe dieser Reihe immer noch unentschlossen gegenüber aber bei allem, was ich hier noch Negatives über den Film schreiben könnte, habe ich ihn genossen. Es ist ein Guilty Pleasure, wunderschön und manipulativ, hypnotisierend und ermüdend, so wie Kunst manchmal ist. Lassen wir es einfach so stehen, in einer Welt von großen Filmen, die wenig in ihren Zuschauern bewegen, steht diese Reihe für sich und ist damit etwas Besonderes.

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                                                    Deciuscaecilius 18.09.2023, 22:16 Geändert 18.09.2023, 22:20

                                                    „A Good Day to Die Hard“ ist der fünfte und hoffentlich letzte Teil der „Die Hard“ Reihe. Es hat begonnen mit einem einsamen und verletzlichen Helden, der über sein Schicksal lachte, blutend durch ein Hochhaus humpelte und dabei aus tiefem Herzen Gutes tat. Es war ein menschlicher Held, ein Arbeiter, ein Abbild des normalen Polizisten, wie man ihn sich in der Pulp Fiction der USA erträumt. Das funktionierte, auch wenn das Konzept über die einzelnen Teile immer mehr verwischt wurde, aber hiermit endete es nun.
                                                    Bruce Willis ist nur noch ein generischer herzloser Actionheld, er ist empathielos seinem Sohn gegenüber, empathielos den Zivilisten gegenüber, die zu Opfern werden und er ist gedankenlos der ganzen Situation gegenüber. Nichts scheint ihn zu bewegen, kein Interesse an irgendetwas ist zu spüren, selbst Sprüche und Soundbites aus dem Vorgängerfilm müssen eingespielt werden, weil hier kein Gefühl aufkommt. Es ist eine schauspielerische Darstellung ohne jeden Charme.
                                                    Vom Rest anzufangen tut dem Film fast zu viel Gutes, Grenoble liegt nicht in der Schweiz, Tschernobyl ist 1000 km entfernt von Moskau in der Ukraine und in einen Swimmingpool mit radioaktiv verstrahltem Wasser zu springen, ist keine intelligente Rettung, aber Intelligenz ist eh nichts, mit dem man den Film in irgendeiner Weise in Verbindung bringen könnte. Dass ein verstrahlter Raum einfach mal so „einstrahlt“ wird, ist hier nur die Kirsche auf dem Haufen Dummheit, den dieser Film hinterlassen hat.
                                                    Und natürlich bricht er auch noch mit er letzten Tradition der Die Hard Filme: Er hat keinen wirklichen Bösewicht, nur eine Abfolge Pseudo-Antagonisten ohne Charakter, ohne Schauspiel und ohne vernünftige Dialoge. Habe ich erwähnt, dass der Film außerdem hässlich ist? Nein, na dann, der Vorgänger war schon keine Schönheit mehr, aber dieses künstlich aussehende, in jeder Actionszene zerschnittene Machwerk ist grausam anzuschauen. Selbst wenn in Tschernobyl, einer der gruseligsten Orte auf diesem Planeten, kurz so etwas wie Atmosphäre aufkommen will, wird auch das schnell mit mieser CGI und blauem Color Grading niedergematscht. Es wäre zum Heulen, wenn es nicht so egal wäre.
                                                    So gehen aber heute leider die großen Filmreihen dahin, gemolken bis nichts mehr geht, die Schauspieler besetzt bis sie im Alter kaum noch Stehen geschweige denn kämpfen können und am Ende an schlechte Regisseure und in niedrige Budgets verbannt, um auch noch die letzte Million aus einem ahnungslosen und nostalgischen Publikum herausholen zu können. Guckt um Gottes willen irgendetwas anderes…!

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