Deekin - Kommentare
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Alle Kommentare von Deekin
Nicht einmal Chuck Norris schafft es, sich 30 Minuten von diesem Schund anzuschauen und anschließend die gesamte Laufzeit von 80 Minuten zu bereuen!
Ich habe Streetfighter auch mal mit auf unsere öffentlich zugängliche Privatliste gesetzt. Hab' son Bock, den mal wieder zu sehen, dass mir schon Hörner wachsen (did you get it?)
Naja, auf mich macht der Begriff "Guilty Pleasure" nicht den Eindruck, dass er allzu ernst gemeint ist. Dass "sich schuldig fühlen" oder "sich rechtfertigen müssen" sollte dabei weniger im Mittelpunkt stehen als das Bewusstsein, dass ein Film dieser Art eigentlich ziemlich gurkig ist, man ihn aber aufgrund einiger Qualitäten doch ganz gerne hat (Trashfilme spielen meiner Meinung nach allerdings in einer anderen Liga als sogenannte Guilty Pleasures). So kann ich mir halt generell verhasste Filme wie "Star Wars Episode 1" oder "Flucht aus L.A." immer noch ganz gut anschauen, weil sie im ersteren Fall eine Menge visuelle Abwechslung, einen schnellen Pace und einen hervorragenden Soundtrack bieten oder im letzten Fall eher überdreht und einer Parodie gleich daherkommen. Eigentlich müsste auch "Guardians of the Galaxy" dabei sein, weil dieser Film genau genommen ziemlich hohl ist, trotzdem aber immer wieder kleine Charme-Spitzen liefert, doch wird dieser Film (wie jeder Marvel-Film) m.E. unverständlicherweise ziemlich positiv rezipiert. So weiß ich halt nicht, ob dieser Film in die Kategorie "Guilty Pleasure" hineinpasst. Dasselbe frage ich mich auch für diverse Remakes: Ich selbst fand die Remakes zu "RoboCop", "The Thing (2011)" und "Carrie (2013)" - trotz oder gerade wegen des mitunter dreisten Kopierens - genuin gute Filme, gleichwohl sie eher schlecht aufgenommen wurden. Wie dem auch sei, man sollte den Begriff des Guilty Pleasure eher etwas lockerer verstehen und sich nicht besorgt oder verärgert am "sich schuldig fühlen" festbeißen.
[Achtung: Enthält Spoiler]
Was zur Hölle ist "Verdammt in alle Ewigkeit" bitteschön für ein Film?! Sieht so wirklich ein Oscar-Abräumer aus den 1950er Jahren aus? Und dann auch noch von Fred Zinnemann, der mich mit "12 Uhr Mittags" und seiner ausgeklügelten Spannungsstruktur positiv überrascht hat.
Für seine Zeit mag der Film womöglich einige gewagte Themen ansprechen. Ein verheiratetes Paar, welches einander Ehebruch begeht, ist eines davon. Und ein anderes komplexeres Thema mag ja die Demontage des Soldatenbilds seiner Zeit sein. Prewitt (Montgomery Clift), welcher dem Willen des Offiziers Holmes (Philipp Ober) trotzt, wird grundlos schikaniert und muss diese Demütigungen mit Jesus-gleicher Geduld ertragen. Egomanen, Sadisten und Peerverhalten sorgen dafür, dass das individuelle, aus dem Rahmen fallende Verhalten einzelner gnadenlos auf Konformität und Hörigkeit zurechtgestutzt wird.
Das mag ja nach einem interessanten Erlebnis klingen, nur sehe ich nicht so recht, dass sich der Film irgendwie produktiv mit diesen Themen auseinandersetzt. Stattdessen bekommt man zwei Liebesgeschichten und zwei Fälle von Misshandlung aufgetischt, die alle, wenn überhaupt, gerade mal halbgar behandelt und sehr unbefriedigend zu Ende geführt werden. Prewitt muss halt Töpfe schrubben und Extrarunden laufen und in einer schließlichen Eskalation mal dem Kompanie-Boxer eine deckeln. Seine Reaktion bleibt jedoch immer "Ich werde nicht boxen!" und damit hat es sich. Sein Gnadenfall von der Armee wird dann auch nicht durch seine Verweigerung herbeigeführt, sondern durch den Tod eines Freundes, der in der Einzelhaft misshandelt worden ist. Letzteres ist die lächerlichste Szene der Marke "Ich will dir noch etwas sagen, bevor ich gleich sterbe". So bricht Angelo (Frank Sinatra) nach schweren Misshandlungen aus der Haftanstalt aus, läuft noch ein paar Meilen, stürzt sich in die Arme seines Freundes, um ihm zu erzählen, was passiert ist, und stirbt erst dann. Wie Prewitt durch die Schikanierungen allmählich die Nerven blank liegen, wurde mir nicht eindringlich genug gezeigt; dasselbe gilt für die Affäre zwischen Milton (Burt Lancaster) und Alma (Deborah Kerr), deren Grenzüberschreitung und Probleme nur am Rande und in zu wenigen Szenen abgehandelt werden und zudem auf eine sehr antiklimatische Art und Weise aufgelöst werden ("Du bist halt mit der Armee verheiratet und so").
So gerne ich Ernest Borgnine auch beim Schauspielern zusehe und so gut die Kriegsszenen, für seine Zeit, am Ende des Films auch gemacht sind: Das Resultat ist, dass "Verdammt in alle Ewigkeit" für mich einfach nur ein unfassbar langweiliger Film war, dessen interessante Ansätze zu Beginn noch spannend waren, dann aber immer weiter im Sand verrinnen, weil einfach nichts Bedeutsames passiert.
Ich versuche mal, ungefähr wiederzugeben, was George R.R. Martin in bezug auf Horrorgeschichten geschrieben hat:
"Horrorgeschichten sind in erster Linie Geschichten und erst in zweiter Linie unheimlich."
Gemeint ist damit eine Überzeugung, nach welcher ein Vertreter des Horrors im Kern immer auch eine menschliche Geschichte erzählen sollte, die mit übernatürlichem Spuk oder rasendem Psycho-Terror nicht unbedingt etwas zu tun haben muss. Natürlich ist das eine sehr enge Eingrenzung und ich befürworte in keiner Weise, dass jeder Horrorfilm nach diesem Prinzip ablaufen muss. Doch was mir bei einigen meiner Lieblingsvertreter in diesem Genre auffällt, ist dass sie zugleich auch sehr tragische Geschichten erzählen. In "Carrie" geht es zunächst um eine Coming-of-Age-Geschichte, in dem eine junge Frau allmählich ihre 'Kräfte' und ihren eigenen Willen entdeckt, bevor alles in einem Inferno niederbrennt; und "Heartless" thematisiert die Depression und den Überlebenswillen eines jungen Mannes inmitten eines sozialen Brennpunkts. Doch ich kenne kaum einen Film, auf den dieses Prinzip besser zutrifft als auf "The Others".
Bei meiner ersten Sichtung war diese glasklare kleine Perle nichts anderes als ein wirklich effektiver Geisterfilm, der bei mir für eine Dauergänsehaut gesorgt hat. Doch nun, nach dem dritten Mal, ist mir erst aufgefallen, wie nicht nur die Spannungsmomente und die Atmosphäre handwerklich nahezu perfekt aufgebaut worden sind, sondern wie 'geistreich' und geschickt auch die eigentliche Handlung mit den Mitteln des Genres erzählt worden ist. Ich werde mich davor hüten, hier irgendetwas zur Geschichte des Films zu sagen; je weniger man im Vorfeld von dem Film weiß, desto besser. Doch auf soviel sei hingewiesen: Mir fällt genau genommen keine andere Art ein, wie man eine Geschichte wie "The Others" auf diese Art außerhalb des Geisterfilms erzählen könnte. Hier vermischen sich Drama und Haunted-House-Film auf eine erfrischende Art und Weise und man merkt Regisseur und Autor Alejandro Amenábars Handwerk an, dass ihm beide Aspekte enorm wichtig waren. Die Charaktere sind sehr feinfühlig beschrieben und die Themen Krieg, Religion und Aberglaube sind wunderbar miteinander verflochten. Grace ist, als fromme Mutter, die sich mit dem Aufbegehren ihrer Kinder und der Scheinheiligkeit bzw. Krise ihrer Religiösität zugleich auseinandersetzen muss, eine sehr interessante Figur; und Nicole Kidman beeindruckt mit ihrer intensiven Darstellung von der ersten Minute bis zum bitteren Ende. Auch bin ich sehr dankbar, dass die Kinder im Film tatsächlich wie Kinder herüberkommen; sie sind rebellisch, laut und schrecklich, und tanzen ihrer Mutter auf der Nase herum. So stelle ich mir Kinder, welche eine strenge, aber lückenhafte Erziehung erdulden, in etwa vor.
Abgesehen von einigen leichten Längen leistet sich dieser Film kaum handwerkliche Schnitzer. Je weiter sich das Mysterium um die Geister im Haus entfaltet, umso mehr entfaltet sich auch die tragische Geschichte, die sich im Haus ereignet hat. Und das Ende sowie Graces intensiver und erschütternder Abschlussmonolog machen für jede noch so kleine Schwäche des Films wett. Mich zumindest hat "The Others" zutiefst beeindruckt in der Art und Weise, wie er innerhalb und außerhalb seines Genres wirkt und funktioniert.
UPDATE: Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich nach der gestrigen Sichtung am Abend den unglaublichen Drang verspürt habe, ihn mir gleich noch einmal anzuschauen. Das habe ich heute nachgeholt und ich muss sagen, dass die von mir in der Kritik hervorgebrachten Kritikpunkte beim wiederholten Ansehen weit weniger störend sind in der Gesamtwirkung, die "Prinzessin Mononoke" (noch immer) auf mich hat. Daher muss ich wohl sagen, dass es tatsächlich ein Lieblingsfilm geblieben ist. Meinen Kommentar lasse ich trotzdem unten stehen, da ich sowohl zu den positiven als auch negativen Eindrücken noch immer stehe.
(Vorsicht: Enthält Spoiler!)
"Prinzessin Mononoke" genießt bei mir den Status jenes Filmes, den ich innerhalb einer kurzen Zeitspanne so oft gesehen habe wie keinen anderen Film. Als 12-jähriger Junge habe ich mir den Film mehr aus einer Laune heraus auf Video-Kassette geholt, weil ich in einer Zeitschrift mal eine gute Kritik zu ihm gelesen habe. Völlig unvertraut mit dem Werk von Hayao Miyazaki im Speziellen und japanischen Zeichentrickfilmen im Generellen, folgten nach der ersten, leicht irritierten Sichtung ganze 30 weitere, sehr begeisterte Sichtungen in den folgenden 20 Tagen. Kaum hatte ich ihn zuende geschaut, so spulte ich die Kassette zurück und legte sie am kommenden Abend gleich wieder rein. So überwältigt und vereinnahmt war ich als unschuldiger, junger Filmfan, dass ich mich nicht für lange von diesen Magnus Opum Miyazakis trennen konnte.
Nun jedoch bin ich mehr als doppelt so alt wie damals und seit meiner letzten Sichtung sind gut 9 Jahre vergangen. Ich bin definitiv nicht mehr derselbe Filmliebhaber von damals und auch Geschmäcker ändern sich mit der Zeit. In meinem Fall sehe ich Filme nun durch eine deutlich strengere Linse als noch vor 15 Jahren. Und aus diesem Grund muss ich mir wohl leider eingestehen, dass "Prinzessin Mononoke" zwar nach wie vor ein liebevoll gezeichnetes, ungeheuer dynamisches und stellenweise sehr kluges Werk ist, dessen leichte Schwächen und gelegentliche Störfaktoren aber dennoch dazu führen, dass es wohl nicht mehr zu einem persönlichen Lieblingsfilm reicht.
Was "Prinzessin Mononoke" so besonders macht, ist die enorm kreative und stellenweise sehr facettenreiche Ausgestaltung seines filmischen Universums. In den gut zwei Stunden Laufzeit erschafft Miyazakis Werk eine von mythischen Naturwesen und technischem Fortschritt durchzogene Welt des japanischen Mittelalters, die sowohl die Brutalität der Konflikte zwischen Menschen unter sich als auch mit den Tieren des Waldes einfängt, aber in anderen Momenten ebenso eine geradezu märchenhaft anmutende Stimmung versprüht. Die zum größten Teil handgemalten Bilder laufen geradezu über vor Details, welche sowohl das magische Reich des Waldgottes als auch die Eisenhütte der Herrin Eboshi illustrieren. Da hilft es auch ungemein, dass sich der Film in der ersten Stunde viel Zeit nimmt, seine Charaktere einfach diese Welt durchqueren und bestaunen zu lassen. Dennoch: Am Ende des Films wünscht man sich regelrecht, noch mehr von dieser Welt sehen zu wollen, insbesondere weil es so Vieles gibt, dass nur angedeutet oder lediglich visuell gezeigt wird. Zuweilen sind auch die zahlreichen magischen Elemente des Films kaum wirklich erklärt und als Zuschauer, zumindest als Nichtkenner japanischer Mythologie, ist es enorm schwierig, zu verstehen wie das Übernatürliche funktioniert. Das ist einerseits etwas gutes, weil die Bilder im großen Waldreich somit ihre Aura des Magischen und Unerklärbaren beibehalten. Andererseits jedoch entsteht zuweilen auch der Eindruck, dass der Film diese Erzähllücke benutzt, um sich bequem irgendwelche Lösungen für Probleme aus dem Hut zu zaubern. ("Sieh' nur! Ein riesiger, aufgeblasener Gott des Todes! Wenn die Sonne aufgeht, verschwindet er!" Was? Wieso eigentlich? Warum muss sich der Waldgott eigentlich tagsüber zurückverwandeln etc.). So bin ich zeitweise wirklich hin- und hergeworfen zwischen dem magischen Filmerlebnis einerseits und dem Wunsch andererseits, doch ein bisschen mehr über das zu erfahren, was vor sich geht.
Anders hingegen verhält es sich mit der Darstellung der Menschen in der Eisenhütte; hier ist alles sehr klar, nachvollziehbar und sogar interessant dargestellt. Meines Erachtens reicht es nicht, in "Prinzessin Mononoke" lediglich eine Naturbotschaft zu sehen, d.h. Kapitalismus, Raubbau und die Zerstörung der Natur zu thematisieren. Die Gesellschaft, welche durch die Herrin Eboshi repräsentiert wird, entspricht generell einer Welt, die sich nicht mehr in der Natur zurechtfinden muss, sondern nun in der Lage ist, sich durch technische und soziale Errungenschaften selbst zu gestalten. Die Entwicklung von Feuerwaffen, die (tolle, aber etwas zu aufdringlich dargestellte) Emanzipation der Frau und die Möglichkeit, sich selbst der unheilbar Kranken und Schwachen anzunehmen und für sie einen Platz in der Gesellschaft zu finden, zeigen mir viel mehr ein Universum, in dem die moderne Entwicklung des Menschen sich immer weiter von ihren ursprünglichen, primitiven Wurzeln entfernt. Ashitaka, der Protagonist des Films, kommt noch aus einem ursprünglicheren, stärker in der Natur verwurzelten Stamm und bildet so gesehen das Mittelstück zwischen den Urkräften des Waldes und der Moderne, deren Spalt mittlerweile so groß geworden ist, dass es zum brutalen und alles entscheidenden Konflikt kommt. Seine Rolle ist praktisch die eines Friedensstifters, welche die beiden radikalen Gruppen versucht, durch gegenseitigen Respekt miteinander auszusöhnen. Das Ergebnis, welches einen respektvollen, umsichtigen Umgang sowohl mit der Natur als auch mit der Technik zu vermitteln sucht, mag zwar wenig pragmatisch sein, fügt sich aber wunderbar in den naiven, märchenhaften Charme des Films ein und verleiht der Geschichte um den Konflikt zweier Parteien, die sich unversöhnlich und bis aufs Blut miteinander bekämpfen, eine dramatische Spannung.
Desweiteren ist der Film sehr gut aufgebaut und wunderbar inszeniert. Mag es zwar in den ersten 10 Minuten (im Kampf mit dem Schweinedämon) noch etwas holprig zugehen und auch die letzten Minuten des großen Finales (der etwas albern gezeichnete Kampf mit Jigo und seinem Gefolgsmann) etwas unspektakulär und albern daherkommen, so versteht Miyazaki es doch, dem Haupthelden des Films sehr schnell eine klare Motivation für seine Reise zu geben und den Zuschauer Stück für Stück in das nicht unkomplexe Netz aus verschiedenen Charakteren, Parteien und ihren Interessen einzuführen. Ein bisschen überladen kommt das Gesamtgeschehen schon daher (so läuft etwa der Nebenkonflikt zwischen Fürst Asanos Samurai und Herrin Eboshis Soldaten auf eher wenig hinaus, illustriert aber dennoch das Setting des Films mit einer weiteren Facette). Und auch wenn offene Enden und Fragen am Ende übrig bleiben, so ist es vor allem die enorm selbstbewusste Inszenierung, die fest an das im Film Thematisierte glaubt, die einen regelrecht mitreißt. "Prinzessin Mononoke" prescht regelrecht vorwärts in seinem Erzähldrang und schwelgt in seinen magischen Bildern sowie dem (überwiegend) wunderschönen Soundtrack von Joe Hisaishi.
Aus diesem Grunde wünschte ich, über die ein oder anderen aufdringlichen Schwächen des Films hinwegsehen zu können. Mit der etwas lauen Anfangs-Actionsequenz und dem etwas zu gezwungen auf Happy End gebürsteten Schluss könnte ich noch leben. Auch die naiv-kitischige Grundhaltung des Films sehe ich zumeist eher positiv, weil sie ihm seinen eigentümlichen Charme verleiht. Wirklich gestört habe ich mich dann aber doch an einigen Dialogen. Nicht nur scheint es so, als würden in den Gesprächen die Charaktere oft aneinander vorbeireden bzw. nicht voll auf das Gesagte der jeweils anderen Person eingehen. Die besonders theatralischen Anreden, mit denen Ashitaka die Kreaturen des Waldes und San addressiert, wirken auch eher merkwürdig als erhaben, kann ich aber noch akzeptieren; hingegen sind jene Dialogzeilen von ihm, die seine magische Verwundung betreffen und den Hass zwischen Menschen und Tieren thematisieren, mitunter so simplifiziert, grobschlächtig und unfassbar dick aufgetragen, dass es meine Freude am Film tatsächlich kurzzeitig vergrätzt.
Natürlich ist alles vergeben und vergessen, wenn der Film hinter der nächsten Ecke gleich wieder mit Szenen von eindringlicher Schönheit aufwartet. Doch dennoch sorgen diese Schwächen dafür, dass es mittlerweile nicht mehr für einen Lieblingsfilm reicht. Trotzdem, wenn Ahsitaka zu Beginn durch die Lande reitet und das musikalische Hauptthema des Films die Landschaften stimmungsvoll untermalt, dann wird mir einfach wieder warm ums Herz angesichts all der nostalgischen Gefühle, die ich für diesen Film noch immer habe. "Prinzessin Mononoke" mag eine Menge besitzen, für das man ihn kritisieren kann, aber dennoch bietet er eine stilsicher eingefangene, kraftvolle Erzählung voller Gefühl und Einfallsreichtum. Für mich gilt er immer noch als einer der besten Fantasy-Filme überhaupt und bleibt sicher wohl ein Seherlebnis, dass ich so schnell nicht vergessen werde.
Ach, so fühlt es sich also an, wenn man mit wachen Augen schläft. Einige unfreiwillig komische Momente haben mich aber kurz wach werden lassen. Wenn eine dämonisch bessessene Frau auf allen Vieren aus dem Schatten hervorkriecht und wie ein Hund einen Schlüssel im Mund mit sich herumschleppt, dann musste ich vor lachen glatt noch mal zurückspulen und es mir noch einmal ansehen. Der Rest des Films ist es aber, trotz düsterer Bilder, kaum wert, gesehen zu werden. Selten war ein Arc um einen von inneren Dämonen geplagten Cop so hölzern und langweilig in Szene gesetzt worden; und die Geschichte um teuflische Kriegsheimkehrer, was für sich selbst eigentlich eine coole Metapher für PTSD wäre, ist ebenfalls an Langeweile und Belanglosigkeit kaum zu überbieten. Wirklich schade, mir den einen oder anderen Schauer eingejagt hat.
(Vorsicht: Enthält Spoiler)
"Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123" ist schlicht gut gemachtes, unterhaltsames Thriller-Kino mit einer ordentlichen Portion 70er-Jahre Charme. Der gesamte Film ist eine wunderbar konzipierte, aber nicht zu dicht angezogene Spannungsschraube, die in seinen unaufgeregteren Momenten auch Platz für humorvolle Albernheiten hat (man denke hier an die fast schon in die Parodie abgleitenden Szenen mit dem Bürgermeister oder die Art und Weise, wie mit den Vertretern der japanischen U-Bahn-Gesellschaft umgesprungen wird). Besondere Charakterkonflikte oder psychologische Untiefen sucht man hier vergebens, der Film besticht stattdessen durch die Dynamik seiner Situation und wie sich die Geiselnahme immer weiter zuspitzt. Alles bleibt in stetiger Bewegung und auch die Bildsprache des Films weiß, diesen Takt langsam zu steigern. Vor allem aber wirkt "Pelham 123" ungemein stimmig in der Art und Weise, wie Charakterszenen, Humor, Action und Suspense hier zusammengemischt werden. Und wenn Walther Mattau zum Schluss schelmisch in die Kamera grinst, weil ein aus einer unachtsamen Reaktion heraus gesprochenes Wort den letzten, flüchtigen Verbrecher enttarnt hat, dann ist das einfach ein Moment zum Festhalten.
Insofern: Gesundheit!
"Interview mit einem Vampir" ist zweifellos ein äußerst ambitioniertes Werk, stammt doch das Drehbuch aus der Feder der Autorin der Buchvorlage. Auch Neil Jordan hat mit Filmen wie "Zeit der Wölfe" gezeigt, dass er zu visuell extravaganten und aus dem Rahmen fallenden Werken fähig ist. Doch vielleicht ist es gerade die Überambition dieses Films, welche dazu führt, dass mein Enthusiasmus sich in Grenzen hielt. "Interview mit einem Vampir" ist ein wunderschön mit anzusehendes Werk, welches, wie so viele phantastische Romanverfilmungen, regelrecht durch seinen Plot rast. Erzählt werden will die Geschichte von dem Vampir Louis (Brad Pitt), die sich von seinem Leben auf einer Plantage in Louisiana über einen Aufenthalt im Paris des 19. Jh. bis in die zeitgenössische Gegenwart erstreckt. Genau genommen wickelt der Film 3 lose miteinander verbundene Geschichten ab. Als Nichtkenner der Buchvolage kommt es mir so vor, als hätte Anne Rice hier versucht, gleich zwei oder drei ihrer Bücher auf einmal in ein Skript zu packen. So hätte die Beziehung zwischen Louis und seinem 'Schöpfer' Lestat (Tom Cruise) sowie der später hinzukommenden Gloria (Kirsten Dunst) mit all ihren Themen von ewigem Leben/ewiger Jugend, Menschlichkeit, Moral und Dekadenz locker für einen ganzen Film gereicht; doch stattdessen wickelt der Streifen diesen Part eher schnell in einer bildgewaltigen, ersten Stunde ab, um in den folgenden 30 Minuten das nächste Kapitel, einschließlich erneuter Exposition, zu erzählen. Die Welt, von welcher "Interview mit einem Vampir" erzählt, ist zwar ungemein interessant, doch bleibt auf emotionaler Ebene alles in einer relativen Ferne, weil er trotz seiner Detailverliebtheit sich wenig Zeit dafür nimmt, auf den Zuschauer einzuwirken. Louis' Konflikt, trotz seines dandyhaften Mentors an seiner Menschlichkeit festzuhalten, und wie er nach und nach sein Dasein als Menschensauger akzeptiert, sehe ich zwar von außen, doch wirklich mitempfinden kann ich ihn nicht, wenn der Streifen relativ schnell von Plotpoint zu Plotpoint marschiert. So bleibt der Film meines Erachtens eher hinter seinen Mölichkeiten zurück, kann aber nach wie vor durch seine Bilder, Schauspieler und Zurschaustellung heute fast schon klassisch anmutende Themen des Vampirgenres überzeugen.
Es mag seltsam klingen, aber ich finde, Brett Ratner hat in "Hercules" so ziemlich das Beste herausgeholt, was ihm das Material geboten hat. Heutzutage ist es im Hollywood-Kino ja sehr verbreitet, Märchen und Legendenstoffe wieder aufzugreifen und sie auf eine moderne und zuvor noch nicht gesehene Weise zu verfilmen ("300", "Maleficent", "Hänsel und Gretel - Hexenjäger" usw.). Wenn ein Studio also beschließt, auf dieser Trendwelle mitzufahren und ohne große Ambition einen Herkulesfilm für 12-jährige produziert, ist das ganze für ein liebloses, filmisches Desaster praktisch vorprogrammiert. Das Drehbuch versteht es eher, seine Charaktere durch stetige Exposition in Form von teilweise dümmlichen Dialogen zu präsentieren, anstatt sie wirklich lebendig werden zu lassen. Die Idee, Herkules als Hochstapler in einer 6-köpfigen RPG-Party durch die Lande ziehen zu lassen, dessen Heldentaten lediglich vom Hörensagen herstammen, ist zwar ein neuer Erzählansatz, raubt dem Film aber jeglichen Charme, der in der Mythologie steckt. Und meine Güte, sieht Dwayne Johnson mit schlecht sitzendem Monatsbart und Perücke dämlich aus.
Aber!
Meine Güte, sieht Dwayne Johnson mit schlecht sitzendem Monatsbart und Perücke dämlich aus! Insbesondere dann, wenn er seine heroischen Momente hat ("ICH... BIN... HERRRRKKUUUULLESS!!!"). Was macht man also, wenn die Produktion droht, nur eine gnadenlose Gurke hervorzubringen? Man versucht, dem Zuschauer zu vermitteln, dass die Macher sich dessen bewusst sind. "Hercules" ist ein Werk, dem man an allen Ecken und Enden ansieht, dass er sich kaum ernst nimmt. Immer wieder vermitteln mir diverse Kameraeinstellungen, Dialoge und übertriebene Kampfszenen, dass der Film nicht mehr sein will als ein schlichtes B-Movie für zwischendurch. Und ganz so schlecht, wie eben erwähnt, ist er nun auch wieder nicht. Die Inszenierung ist flott und springt rasch, aber nicht gehetzt, von einem Plotpoint zum nächsten. Die Heldenparty, die Herkules um sich scharrt, ist nicht komplett irrelevant. Der Humor funktioniert an einigen Stellen sogar sehr prächtig (wie der Film damit spielt, dass ein Prophet seinen eigenen Tod zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhersieht, ist tatsächlich sehr komisch). Auch ist es erfrischend und wohltuend für meine Augen, dass der Film auf übertriebenen und aufgeblasenen Pathos nahezu verzichtet, die Menge an CGI eher gering wirkt und die Kampfszenen ohne schnelle Schnitte, Wackelkamera oder extrem nahe Close-ups auskommen, bei denen man gar nichts mehr erkennt. Im Großen und Ganzen also geben Kurzweil und gelegentliche unfreiwillige Komik einen netten, kleinen, infantilen Filmspass, der an eine Doppelfolge Xena in Kinoqualität erinnert, den man aber wohl auch schnell wieder vergisst. Und hey, ich garantiere euch allen, dass nach "Basket Case 3" so ziemlich jeder Film ein bisschen besser wirkt.
Eine filmgewordene Postkarte!
In 90 Minuten entfaltet "Der Mohnblumenberg" die Epoche der japanischen Nachkriegszeit und erzählt die Geschichte von Umi, die noch immer unter dem Verlust ihres Vaters leidet, der im Koreakrieg gefallen ist. In skurillen, humoristischen, aber auch melancholischen Bildern schildert der Film, wie diese Wunde schließlich an einer intakten, liebevollen japanischen Gesellschaft heilt. Jeder ist lieb und rücksichtsvoll zueinander, die Schüler und Studenten sind politisch ungemein engagiert und selbst die zerstrittenen linken und konservativen Flügel der Schule finden eine gemeinsame Aufgabe, wenn es darum geht, das Clubhaus zu erhalten. Die ältere Generation ist von einem Respekt für die aufgeweckte Jugend geprägt und die Zukunft scheint in guten Händen zu sein. Nur der Philosoph wird, verständlicherweise, regelmäßig der Lächerlichkeit preisgegeben ;) Seit "Kikis kleiner Lieferservice" von Hayao Miyazaki habe ich nicht mehr so schönes, angenehmes Heile-Welt-Kino gesehen; Goro Miyazakis Werk erscheint wie Balsam (oder Ausflucht) für eine von wirtschaftlichen und sozialen Problemen geplagte Gesellschaft. Eine Utopie, die in den 60er Jahren spielt, und von der man vor dem Bildschirm gerne noch träumen darf.
Ich wünschte daher wirklich, dass "Der Mohnblumenberg" für mich besser funktioniert hätte. Dramen, Liebesgeschichten und unverhoffte Familienenthüllungen sind nicht unbedingt mein Steckenpferd (d.h. wenn sie nicht in Form eines Thrillers oder so erzählt werden). Die heile Welt, wie sie hier im menschlichen Miteinander aufkeimt, sorgt bei mir einfach dafür, dass es kaum einen nennenswerten Konflikt gibt, in den ich mich emotional wirklich involviert fühle. Ja, die Liebesgeschichte zwischen Umi und Shun ist nicht ganz unkompliziert, das Clubhaus, dass allen Schülern so sehr am Herzen liegt, ist in Gefahr, abgerissen zu werden und der Krieg wirkt sich noch immer auf die Menschen aus. Alles ist vosichtig erzählt, detailverliebt geschildert, sorgfältig ineinander verwoben und in einem Erzählbogen zuende geführt. Der Ton des Films ist zeitweise kitschig, angenehm, witzig und melancholisch, wirkt aber immer sehr stimmig. Doch wirklich eingenommen, wirklich mitgefiebert, habe ich leider nirgendwo. Trotzdem ist " Der Mohnblumenberg" angenehmes, kleines Erzählkino in wunderschönen, handgemalten Bildern und irgendwann würde ich ihn wohl gerne noch ein zweites Mal sehen. Vielleicht macht er dann ja einen besseren Eindruck.
Deekin musste lachen, als er sich der Unsinnigkeit seiner Tat bewusst wurde.
(Vorsicht: Enthält Spoiler!)
"Gravity" hat seine guten Seiten, doch habe ich ehrlich gesagt nicht den geringsten Bock, ihn mir noch einmal zu geben. Regisseur Alfonso Cuaron ist sicherlich ein begnadeter Techniker und versteht es, eindrucksvolle und selten zuvor so dynamische Bilder vom Weltraum zu kreieren. Auch die Musik passt mit seinen sanften Klängen perfekt in das schwerelose Setting und die melancholische Geschichte, die da zumindest versucht wird, zu erzählen. So entstehen teilweise Momente mit enormem "Wow!"-Faktor und Gänsehautgarantie; doch wechseln sich diese wenigen Momente zugleich mit einer ganzen Reihe von Szenen ab, in denen Augenrollen, Stirnrunzeln und Ärgerlichkeit aufgrund von Drehbuchmängeln und einer viel zu selbstverliebten Kameraarbeit angesagt ist. "Gravity" erscheint mir viel mehr ein Film zu sein, der in seinem Konzept wirklich wunderbar erdacht ist, dessen Umsetzung mir jedoch stellenweise sauer aufstieß. Licht und Schatten geben sich in diesem Film regelmäßig die Klinke in die Hand.
Im Folgenden möchte ich versuchen, drei meiner persönlichen Störfaktoren näher auszuführen.
1. Der Soundtrack: Im großen und ganzen ist der Soundtrack von "Gravity", wie bereits gesagt, sehr stimmungsvoll und passt perfekt zu den Bildern. Dies gilt allerdings nicht für die Zerstörungssequenzen. In den letzten Jahren ist es bei Filmen, die im All spielen, ja hip, die Realismusschiene zu fahren und spektakuläre Verwüstungen im luftleeren Raum totenstill zu inszenieren - was einen entsprechend coolen und schaurigen Effekt hervorruft. In "Gravity" gibt es zwar eine ganze Reihe von CGI-Blechgeschredder, aber häufig und gerade zu Beginn spielte hier stets Musik im Hintergrund, was den Eindruck der (auf die im Opening extra hingewiesenen) Lautlosigkeit im All ein wenig unterminiert. Hier dachte ich, dass die Macher ganz offensichtlich die Chance verpassen, den Spektakel-Effekt noch ein Stück zu steigern; die Musik wirkte schlicht etwas aufdringlich.
2. Die selbstverliebte Kameraarbeit: Erneut muss ich sagen, dass die Kameraarbeit einer der Hauptgründe ist, sich diesen Film anzuschauen. Die sehr langen und komplexen Kamerafahrten ohne Schnitt sind sehr kunstvoll in Szene gesetzt. In meinen Augen beißt sich das ganze jedoch mit den darstellerischen Leistungen. "Gravity" möchte ja nicht wirklich ein Weltraumfilm sein, sondern das All-Setting soll vielmehr als Metapher für den inneren Konflikt der Hauptfigur Ryan (Sandra Bullock) sein. Schon bei "Spiel auf Zeit" störte mich, dass Brian de Palma mehr Interesse daran hatte, seine Kameramätzchen durchzuführen, als mir seine Figuren auf einprägsame Art und Weise näher zu bringen. Man kann die Konflikte und Spannungen, welche die Figuren im Laufe des Films durchmachen, nicht von ihren Gesichtern ablesen, wenn die Kamera stets um sie herumwirbelt und rein- und rauszoomt. So ging es mir häufig auch in diesem Film, dass die Vermittlung von Emotionen und Seelenzuständen durch das Schauspiel zugunsten einer visuellen Extravaganz geopfert wird.
Das Ganze verschlimmerte sich noch durch den übermäßigen und teilweise unnötigen Einsatz von CGI. Es kann sein, dass ich mich irre, aber wurde Sandra Bullocks Körper in den Szenen, wo sie innerhalb der Raumstationen herumschwebt, mit Motion-Capturing-Verfahren realisiert? In vielen dynamischen Situationen wirkte ihr Körper extrem künstlich. In dem Fall hätte die eigentliche Sandra Bullock im Film nicht allzu viel Screentime, da die All-Szenen ebenfalls nahezu komplett animiert rüberkommen. Das schmälert die vielversprechende One-Woman-Show dann doch beträchtlich.
3. Das Hauptthema: In "Gravity" dient das Weltraum-Setting als Projektionsfläche für den inneren Konflikt von Ryan, welche sich nach dem Tod ihrer Tochter emotional eingekapselt hat. Das gesamte Spektakel, glaube ich zumindest, dient als Symbol für ihren Kampf, ins 'Leben' zurückzukehren, und den Schock zu verarbeiten. Im Konzept klingt das wirklich schön, doch die Umsetzung geriet relativ flach und bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Das fängt bereits damit an, dass der Film quasi in medias res beginnt und uns sofort ins Geschehen wirft, in dieser kurzen Zeit es allerdings nicht schafft, uns ein allzu klares Bild davon zu vermitteln, was für eine Figur Ryan eigentlich ist. Dass sie unter dem Tod ihrer Tochter leidet, wird erst 20 Minuten später in einem überdeutlichen Dialog hingeflatscht; am Anfang erschien sie mir lediglich wie eine Anfängerin. Das Problem, dass die überambitionierte Kameraarbeit von den Darstellern ablenkt, spielt meines Erachtens hier ebenfalls mit rein. Ein paar Close-Ups von Gesichtern, ein paar Momente unerwarteten Schweigens und ein paar präzise Dialoge hätten schon gereicht, zu vermitteln, dass mit Ryan irgendetwas nicht stimmt. Dass dieser innere Konflikt im weiteren Verlauf immer wieder im Zerstörungswust, technischen Problemen und teilweise sehr eigenartigen Dialogen untergeht, hilft da auch nicht weiter. Das Konzept 'Weltraumabenteuer als Seelenheilung' steht im Großen und Ganzen zwar und findet ein mitreißendes Ende, funktioniert bei mir aber lediglich auf Sparflamme.
Alles in Allem fand ich "Gravity" somit lediglich ok. Ich respektiere die Ambitionen, welche die Cuaron-Brüder mit diesem Werk verbunden haben und für einige Leute ist das sicherlich ausreichend für ein großes Filmerlebnis. In meinem Fall ist es eher anders rum: Ein interessantes Konzept funktioniert für mich leider nur bedingt, wenn es an der Umsetzung hapert; hingegen kann mich eine bescheuerte Prämisse durchaus ansprechen, wenn sie gut in Szene gesetzt ist. "Gravity" ist damit wohl nur bedingt ein Film für mich.
(Vorsicht: Enthält Spoiler)
"Begierde" ist ein unerwartet ambitioniertes Werk. Dass Tony Scott mit diesem Film sein Regiedebüt abgeliefert hat, überrascht mich umso mehr. Der Spezialist für kurzweilige Action ('Last Boy Scout') und visuelle Folter ('Domino') hat mit diesem Vampir-Drama nicht nur ein eigenwilliges Werk geschaffen, welches reich an Symbolik und modernen Themen ist, sondern obendrein auch versucht, den audiovisuellen Stil sehr gehaltvoll in die Erzählung einzubinden.
Zunächst ist festzustellen, dass "Begierde" in einer Zeit erschienen ist, in dem das Genre des Vampirfilms sich hin zu einer moderneren Version gewandelt hat. Ob Romeros "Martin", Cronenbergs "Rabid", Schumachers "The Lost Boys" oder Bigelows "Near Dark". Genrevertreter aus den 70ern und 80ern setzten sich von der klassischen Vampirgeschichte, wie sie durch die Universal- and Hammerfilme etabliert worden ist, ab und versuchten, dem Genre sozusagen frisches Blut zukommen zu lassen. Im Falle von "Begierde" ist das nicht anders. Die Figur des Vampirs dient hier unter anderem als Symbol für die anhaltende Jugend, dem vergeblichen Traum von ewiger Leidenschaft und zudem für einen Lebensstil, welcher mit dem Prozess des Alterns und des körperlichen Verfalls durch Krankheiten überfordert ist. Zu Beginn des Films leben Miriam (Catherine Deneuve) und John (David Bowie) ihre Leidenschaft in einer künstlichen, aber leeren Welt aus. Ihre gesamte Wohnung gleicht einer Zeitkapsel, die nicht so recht zum modernen New York passen mag. Auch ihre feinen Züge gleichen mehr dem Idealbild eines Aristokraten, dessen Zeit längst abgelaufen ist. Und dennoch stürzen sie sich zu Beginn in das wilde, moderne Leben. Doch nach und nach offenbart die Erzählung, dass sie weniger einen Traum leben, als vielmehr die scheinbar hässlichen Seiten des Lebens verdrängen.
Dabei ist die Handlung des Films nicht wirklich dramatisch. Die Charaktere des Films sind kaum wirklich ausgeleuchtet. Ähnlich, wie ich es neulich bei "Spring Breakers" gesehen habe, arbeitet "Begierde" vor allem mit Charakteren als Symbolen, mit dem Erzeugen von Stimmungen durch eine sehr stark betonte Audiovisualität und mit starken Kontrasten von Alt und Jung, klassisch und modern, Leben und Verfall. Scott versucht dabei scheinbar, eine Art Bewusstseinsstrom zu inszenieren: Teilweise irritierende Schnitte, verzerrte Geräusche und Stimmen, sowie kurze Fragmente aus vergangenen Episoden, die sich in die Gegenwart der Charaktere schneiden, sollen wohl die innere Zerrütung, die Ungeduld und das fiebrige Verlangen der Personen an verschiedenen Stellen des Films charakterisieren.
Das Alles klingt nach einem enorm ambitionierten Film, der durch seine Bildsprache und seine Themen (für die Zeit) sehr gewagt daherkommt. Doch vielleicht war Scott ein bisschen zu ambitioniert. So interessant und zum Schmausen die Ästhetik des Films auch ist, zuweilen wurde ich ihrer ein bisschen überdrüssig. Dass es sich hier um ein Regiedebüt handelt, erkennt man an dem teilweise sehr ruppigen Schnitt und dem Verlangen, sich visuell ein bisschen mehr auszutoben, als es dem Film gut getan hätte. Einige Szenen und Szenenübergänge wirken zuweilen sehr merkwürdig. Als sich eine eine Sexszene zwischen zwei Frauen assoziativ in ein Steak auf einem Teller verwandelte, musste ich ehrlich gesagt laut loslachen. Auf konventioneller Ebene ist der Film etwas dürftig, was vermutlich an dem eher experimentellen Ansatz liegen dürfte. "Begierde" ist sicherlich nicht für jeden etwas, doch meines Erachtens steckt hier bedeutend mehr drin als ein lediglich überlanges Musik-Video mit Neo-Vampiren. Gerne irgendwann noch einmal!
Memo an mich selbst:
Wenn du das nächste Mal einen Trailer siehst, der so unglaublich dämlich ist, dass du dir den vollen Film ansehen musst, tu es einfach nicht. Nein! Bitte! Tu-Es-Ein-Fach-Nicht!
Memo an mich selbst (Nr.2):
Ein paar knuffige Puppen und anzügliche "Bieber=Mösen"-Witze können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass dümmlich agierende, nervige Teenies und überwiegend komplett unterirdischer Humor einfach nicht in deinen Geschmacksbereich fallen. Auch die Tatsache, dass die Macher die sechs sexbesessenen Studenten als bewusst blöd und nervig dargestellt haben, ändert leider nichts an der Tatsache, dass sie spätestens nach 20 Minuten nerven.
Memo an mich selbst (Nr.3):
Ach komm schon, du... "Zombiber" hatte doch Potential, ein besseres "Tucker & Dale vs. Evil" sein zu kön- HALT DIE KLAPPE!!!
Memo an mich selbst (Nr.4):
Kann man einen Film auf Moviepilot eigentlich eine 2.5 verpassen UND als 'uninteressant' markieren?
"Flatliners" besitzt eine ungewöhnliche und überaus spannende Prämisse. Die Idee von einem Team aus Medizinern und Studenten, welche ihre Körper künstlich in den Tod versetzen, um das Nachleben zu erforschen, klingt nach perfekten Stoff für einen Mystery-Thriller. Mit der Neugier nach dem, was sich hinter dem Schleier des Todes befindet, kann man wunderbar spielen. Erleben die Testpersonen dieses Experiments etwa religiöse Visionen? Oder finden sie am Ende kryptischer Botschaften nur ihr eigenes Selbst? Oder gar ein furchteinflößendes Nichts? Man hätte mit dieser Idee auf vielfältige Art und Weise umgehen können.
Was es mit den Nachtodbildern letztendlich auf sich hat, wird leider schnell ersichtlich und ist erschreckend unimaginativ. Anstatt den Zuschauer in einen Diskurs über Religion und Wissenschaft zu entführen oder gar die höchst philosophische Frage nach dem Tod auszuloten, driftet die gesamte Handlung in eine Reihe von Schuldkomplexen ab. Das ist in und für sich selbst ebenfalls ein spannendes Thema, doch werde ich das Gefühl nicht los, dass hier gerade eine ganze Wagenladung an Potential verschenkt worden ist.
Zudem macht das Drehbuch von "Flatliners" einen geradezu mäßigen und teilweise völiig albernen Job, seine Handlung auf eine spannende Art und Weise zu vermitteln. Sämtliche Charaktere sind eher flach gezeichnet; ihre Kindheitstraumata werden allesamt in drastischen Bildern gezeigt, doch werden sie nie wirklich an den Figuren selbst erfahrbar. Generell weigert der Film sich, die für die zentralen Schuldkomplexe nötige Vertiefung seiner Figuren vorzunehmen. Und dann wäre da noch die Art und Weise, wie das gesamte Experiment der Nachtodforschung dargestellt wird. Die fünf Mediziner wirken eher wie eine Gruppe von fünf inkompetenten Hobbyfilmern anstatt ernstzunehmende Wissenschaftler. Vielleicht sollte die Art und Weise, wie sie sich gegenseitig bei der Dauer ihres Tod-seins überbieten, witzig gemeint sein; für mich kommt es allerdings nur als völlig dämlich und unprofessionell rüber. Zu keinem Zeitpunkt beschleichte mich der Eindruck, es hier mit studierten, akribisch und methodologisch arbeitenden Wissenschaftlern und Studenten zu tun zu haben.
Was den Film halbwegs rettet, sind die bekannten Schauspieler sowie die visuelle Bildgewalt von Regisseur Joel Schumacher. Kiefer Sutherland, Julia Roberts, William Baldwin und Kevin Bacon holen allesamt das Beste aus ihren flachen Figuren raus. Zudem präsentiert sich "Flatliners" als Horrorfilm teilweise ziemlich zahnlos, besitzt zuweilen aber auch enorm starke Momente. Wenn Nelson (Kiefer Sutherland) etwa seine erste paranoide Vision hat, in der sich die Graffiti-Fratzen in leuchtenden Farben ungeheuer intensiv hervorheben und plötzlich ein verkrüppelter Hund ganz langsam auf ihn zuschlurft, ist das schon sehr unheimlich. Leider bleibt Schumachers Werk mit seinen zahlreichen visuellen Ideen und morbiden Attacken eher an der Oberfläche und Spannung kommt nur phasenweise auf. Dennoch rettet es den Film für mich in die 5.0. Vielleicht bin ich ein bisschen zu harsch, weil ich bei dieser Prämisse einfach mehr von dem Film wollte, aber leider ist "Flatliners" für mich nicht mehr als filmgewordener Durchschnittsware.
So pauschal überzeugt mich dieses Argument nicht. Wenn ich beschließe, ein Spiel zu spielen, dann schaue ich mir schlicht keine Streams an. So geht es mir zur Zeit mit "Alien: Isolation". Ich kann es mir zur Zeit nicht leisten und es juckt mir regelrecht in den Fingern, etwas von dem Spiel zu Gesicht bekommen, aber dennoch will ich mich nicht spoilern lassen. Auf Twitch.tv und Youtube schaue ich mir nur die Spiele-Lets-Plays an, wenn ich kein wirkliches Interesse am Kauf habe (z.b. Bioshock Infinite, Outlast: Whistleblower, Aliens: Colonial Marines) oder ich das Spiel bereits gespielt habe und ich die Stimme eines sympathischen Lets Players hören möchte (z.B. Bruugar zu "Thief").
Ist es denn so, dass andere Spieler nicht an sich halten können und sich lieber ein Let's Play oder einen Stream anschauen, anstatt einfach zu warten, bis sie selbst mal die Gelegenheit haben? Nur dabei zuzuschauen ist in den meisten Fällen weit weniger spaßig.
(Vorsicht: Enthält Spoiler!)
"Spring Breakers" ist ein Film, bei dem man unmöglich wissen kann, was einem bevorsteht. Der Titel selbst suggerierte mir, es zunächst mit einer generischen Party-Komödie zu tun zu haben, welche seinen Humor einmal mehr ganz tief unter der Gürtellinie ansetzt. Dann jedoch las ich von einem Drama, welches eine Gruppe party-verrückter Mädchen in eine Unterwelt voller Drogen, Sex und Gewalt entführt. Tatsächlich jedoch habe ich einen Film wie "Spring Breakers" zuvor noch nicht gesehen. Es ist fast so, als hätte Terence Malicks zynischer Doppelgänger aus einem Paralleluniversum beschlossen, sich das Pseudonym Harmony Korine überzustreifen und dieses äußerst abgefahrene, teilweise regelrecht groteske Stimmungsgemälde zu inszenieren.
"Spring Breakers" arbeitet mehr mit Suggestion als mit der klaren Vermittlung einer Botschaft, er bemüht sich mehr, eine Stimmung zu erzeugen, als eine eigentliche Geschichte zu erzählen. Ja, gerade wenn so etwas wie Exposition für den weiteren Verlauf der Handlung betrieben wird und mir der Konflikt zwischen Alien (James Franco) und seinem ehemaligen Dealer-Kumpel nähergebracht wird, ist der Film an seinem schwächsten Punkt. So ist es mir letztendlich unmöglich zu sagen, ob Korines Werk nun ungeheuer gehaltvoll ist oder lediglich ein völlig überstilisiertes, leeres Hochglanzprodukt.
Daher möchte ich zumindest drei Elemente des Films hervorzuheben, die ich an diesem Werk durchaus schätze:
1. Der Film zeichnet eine konsequente, immer extremer werdende Entwicklung: In "Spring Breakers" flüchten vier jugendliche Mädchen aus ihrem bürgerlichen Leben und suchen das spirituelle Erlebnis im Party-Exzess. Das enthusiastische Anspornen des 'coolen' Religionslehrers oder die gelegentlichen Alkohol- und Drogenparties schaffen es nicht, die engen Grenzen dieser Welt und des eigenen Selbst aufzusprengen. Dies gelingt erst im Spring Break. Doch der Film hört hier nicht auf, sondern driftet in eine Gangstergeschichte, die als gedankliche Weiterentwicklung dieses Exzesses gedacht wird. Ich meine schon, hier einen Prozess zu erkennen, in welchem sich die Mädchen auf der Suche nach den immer krasseren Kicks immer weiter ausbrennen und sich ihr Selbst im Verlauf des Films auflöst. Aber das ist nur meine Vermutung; der Film arbeitet, wie gesagt, sehr suggestiv und lässt den Zuschauer wohl zu einem gewissen Grad gerne denken, was er möchte.
2. Der Film wertet nicht: Ist "Spring Breakers" nun ein Film, welcher die Jugendkultur anprangert; oder vielmehr ein Werk, welches uns über die Hoffnungslosigkeit einer Generation ohne wirkliche Perspektive unterrichten möchte? Ich weiß es nicht. Faith (Selena Gomez), die einzige Figur, die als eine Art moralischer Kompass für das Mädchengespann taugte, verschwindet nach der Hälfte der Laufzeit, ohne das der Film ihr auch nur eine Träne hinterherweint. Hier geht es nicht um die Aussteiger, die sich lieber doch für ein anderes Leben entscheiden, sondern um jene, die sich dem Aufblühen (oder Ausbrennen) im Exzess ganz und gar hingeben.
3. Die audiovisuelle Gestaltung ist schlicht beeindruckend: Es gibt nur wenige Filme, welche durch ihre Vermischung durch Bilder, Schnitt und Musik eine derart trance-ähnliche Stimmung kreieren können. Sowohl die wunderschönen Nachtbilder, wie auch die rohen und überraschend unsexy daherkommenden Partybilder kreieren mit der Zeit einen Sog, der die 85 Minuten recht flott vergehen lässt. Die Art, wie hier ungewöhnliche Kontraste geschaffen werden, tut ihr übrigens. Wenn die wilden, hedonistischen Feten von einem Monolog über Selbstfindung begleitet werden oder zu einem bekannten Popsong Leute überfallen und bedroht werden, dann präsentiert sich hier schon ein völlig entrücktes Bild einer verlorenen Jugend. Und gerade, wenn ein Drogendealer auf einer Seebrücke steht und einen Monolog darüber hält, gerade die Schönheit in den vier Mädels entdeckt zu haben, dann erinnert mich das schon überraschend an den Stil von Terrence Malick. Hinzu kommen dann noch die ganzen Einschübe, welche mal vergangene Erlebnisse, mal zukünftige Ereignisse kurz anschneiden und den Zustand des Rausches und Abgehobenseins noch weiter untermalen.
Wie gesagt, ich weiß nicht, ob Korines Werk nun entweder sehr tief oder ziemlich leer ist, doch für mich versteht es "Spring Breakers", alle seine Elemente geschickt miteinander zu kombinieren und daraus ein fast durchgehend stimmungsvolles, eigenwilliges und abgefahrenes Filmerlebnis zu schaffen.
(Vorsicht: Enthält Spoiler!)
Sehr geehrte Fans von "Elysium" und "District 9",
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ich muss euch offen gestanden meine völlige Verwunderung aussprechen, da ich nicht verstehe, was man ernsthaft an diesen Filmen finden kann. Ich habe vor einigen Monaten noch einmal "District 9" geschaut und es gestern noch einmal mit "Elysium" versucht. In beiden Fällen ist es mir unverständlich, inwiefern man diese Filme für ihre Geschichte oder ihre so hoch gelobten, kritischen Ansätze feiern kann. Wenn mich beide Filme etwas gelehrt haben, dann dass Neill Bloomkamp erstens nicht viel von Sozialkritik versteht (dazu gleich), und zweitens, dass er nicht in der Lage ist, eine fesselnde Geschichte zu erzählen (dazu später).
Ich werde nun also versuchen, zu erklären, warum ich mit "Elysium" nicht viel anfangen kann; dieselben Kritikpunkte treffen allerdings, in abgewandelter Form, auch auf "District 9" zu.
Wie sieht die so gepriesene Gesellschaftskritik in Bloomkamps zweitem Langfilm denn aus? Welches Bild einer dystopischen Gesellschaft wird hier gezeichnet? Nun, in "Elysium" besteht die Erde aus nichts weiter als einem riesigen Slum. Alle Menschen auf dem Planeten leben mehr oder weniger in Armut und Elend. Ich sage das in so relativen Maßstäben, weil in Bloomkamps Darstellung dieser Slumwelt nicht allzu viel Platz für die drastischen Probleme ist, welche Armut hervorbringt: Es gibt keine Probleme mit Gang-Gewalt, Terrorismus, Gesetzlosigkeit, Bildungsmangel, fehlender Hygiene, grassierenden Epidemien, Diebstählen, Morden und generell all den menschlichen Abgründen, die aus einer verzweifelten Lage heraus entstehen und zeigen, was Menschen sich gegenseitig antun können. Gelegentlich werden ein paar Missstände impliziert, etwa durch eine Seitenbemerkung über unsere Hauptfigur Max (Matt Damon), der schon einige Einträge im Strafenregister verbuchen kann und bei einigen gewalttätigen Konfrontationen, scheinbar in einer Gang, dabei gewesen ist. Doch die Bevölkerung, die mir visuell vermittelt wird, zeichnet ein ganz anderes Bild: Nämlich das kitschige, Betroffenheitsgefühle provozierende Bild vom noblen, armen Menschen, insbesondere von Kindern, die unschuldig verspielt sind, in Zeitlupe hoffnungsvoll der Sonne entgegenlaufen und von einem Leben auf Elysium träumen. Der arme Mann ist herzensgut und hilft seinen Leidensgenossen aus; es ist schlicht die Unterdrückung durch ein ruchloses Regime, das sie in einen solchen Leidenszustand hält.
Auf der anderen Seite hingegen: Elysium. Die unerreichbare Raumstation, die verdeutlicht, dass es so etwas wie eine Mittelschicht und einen sozialen Aufstieg in dieser Welt einfach nicht geben kann. Die Gesellschaft auf Elysium ist zweigeteilt. Auf der einen Seite haben wir eine Gruppe, welche so etwas wie eine reiche Oberschicht repräsentiert. In einem blau-grün-farbenen, künstlichen Paradies leben diese Menschen ihre Wellness-Katalog-Fantasien aus und sind den Bewohnern auf der Erde eher ignorant gegenüber eingestellt. Auf der anderen Seite haben wir dann ein autokratisches Regime, welches sich um alle Regierungsangelegenheiten kümmert, die Erdbevölkerung mit Polizei-Robotern unterdrückt und ihnen keinerlei Medibänke zur Verfügung stellt, weil... ich weiß nicht so recht, vermutlich weil sie böse sind oder so. Will mir der Film also, angesichts einer solchen Darstellung, suggerieren, dass hier reiche Menschen und brutale Unterdrücker gleichgesetzt werden? Nein, ich möchte nicht so unfair sein. Ich halte beide Gruppen einfach mal strikt getrennt. Dann aber eine andere Frage: Ist "Elysium" ein Film, der mir eine Gesellschaft zeigt, die durch eine tief klaffende Arm-Reich-Schere geprägt ist? Nur teilweise. Denn für einen Film, der wie kein zweiter in letzter Zeit den Konflikt zwischen Armen und Reichen in deutlichen Bildern darstellen will, bleibt das Bild von der wohlhabenden Schicht im Film erschreckend abwesend. Das einzige, was wir von den Nicht-Politikern auf Elysium zu sehen bekommen, sind ein paar perfekt gestylte Hochglanzbilder. Jedesmal, wenn ich an die Bewohner auf Elysium denken muss, stellen sich mir eine Reihe unbeantworteter Fragen: Wie sieht das Leben dieser sorglosen Menschen eigentlich aus? Womit verdienen sie sich ihr Geld? Was für einen Ethos legen sie an den Tag? Gibt es tatsächlich niemanden auf dieser Raumstation, der eine abweichende politische Gesinnung hat? Startet niemand von denen eine Kampagne, um ein paar Medibänke auf die Erde zu schicken, damit diese armen Strolche endlich aufhören, mit ihren Flüchtlingsschiffen den Garten zu ruinieren? Es geht hier nicht darum, dass der Film mir all diese Fragen beantworten soll, sondern darum dass mir keine einzige Antwort dieser Fragen bzw. auch nur eine Antwort auf andere, nicht gestellte Fragen geliefert wird. Denn in Elysium sind die reichen Menschen einfach völlig gesichtslos. Der Film macht es mir unmöglich, diese Menschen zu verstehen oder zumindest ihre Handlungen nachzuvollziehen, weil es in einem Werk, das den Namen "Elysium" trägt, erschreckend wenig um die Welt und Gesellschaft auf der gleichnamigen Raumstation geht. Denn jedesmal, wenn das Geschehen zur Raumstation wechselt, sehen wir vor allem eine Frau namens Delacourt (Jodie Foster), welche in der Zentrale dieses ruchlosen Regimes alle Fäden zieht, doch nichts von der eigentlichen farbenfrohen Welt dieses sorgenfreien Paradieses. Für einen Film, der Kritik an der Gesellschaft üben möchte, fehlt mir damit bereits die Hälfte des Bildes jener Gesellschaft, die er eigentlich anprangern möchte.
Und im Laufe des Films gelange ich zu einer Vermutung, warum sich Bloomkamp für exakt diese Darstellung entschieden hat. Im besten Fall, gestehe ich ein, kann das Gesellschaftsbild von Elysium auf den ein- oder anderen Staat in der dritten Welt bezogen werden, wo die soziale Ungleichheit so groß ist, dass über 90% der Bevölkerung in bitterem Elend leben, während eine wohlhabende Minderheit sich eng an eine brutale Regierungselite klammert und sich mit großen Schutzzäunen vom Rest der Menschen abschirmt. Tatsächlich hätte diese Interpretation einiges für sich, wenn man bedenkt, dass Neill Bloomkamp aus Südafrika stammt.
Im schlimmsten Falle jedoch stellt "Elysium" einen Film dar, welcher sich für die bewaffnete Revolution und für die Gewalt gegen wohlhabende Menschen ausspricht. Denn am Ende des Films wagen die Kämpfer für die unterdrückten Massen einen Staatstreich, bei welchem sie mit Waffengewalt die Regierungszentrale stürmen und durch einen cleveren Trick die Herrschaft über Elysium und damit auch die Erde an sich reißen. Alles läuft ab wie eine ideale kommunistische Revolution, bei der die Speerspitze des Proletariats endlich zur Macht kommt und für absolute soziale Gerechtigkeit sorgt, in dem sie die Güter der Reichen gleichmäßig unter den Armen verteilen. Auf einmal erhält dann auch die filmische Darstellung all dieser Gruppen einen klaren Sinn. So sind die Armen, erstens, natürlich diese herzensguten, eigentlich gerechten Menschen, denen alles Übel eigentlich nur von außen zugefügt wird; es müssen nur diese eingrenzenden Unterdrückungsmechanismen fallen, damit die Unterschicht endlich florieren kann. Zweitens ist es dann auch einleuchtend, warum die Oberschicht überhaupt kein Gesicht hat; würde es auf Elysium etwa Menschen geben, die sich wie in einem goldenen Käfig fühlen und ebenfalls leiden, oder politische Aktivisten, welche dafür eintreten, die brutale Gängelung der Armen endlich zu beenden, dann könnten beim Zuschauer natürlich irgendwelche Hemmungen entstehen, der Machtübernahme am Ende des Films zuzustimmen. Vorsichtshalber sollte man dann noch eine Figur wie den Unternehmer John Carlyle (William Fichtner) einführen, der seine Arbeitnehmer und Untergebenen wie absoluten Dreck behandelt, umzu zeigen, dass die Menschen da oben es nicht wert sind, dass man mit ihnen Mitleid hat. Und drittens, schließlich, ist es überraschend, dass Spider (Wagner Moura) und seine Schergen ihren Coup ohne jedes Blutvergießen landen können. Die einzigen Mörder sind hier die abtrünnigen Regierungsagenten und Psychopathen rund um Kruger (Sharlto Copley). Damit sind dann auch sämtliche Hemmungen, an das Gute und Gerechte dieser bewaffneten, aber doch überraschend gewaltfreien Revolution zu glauben, beseitigt.
Für mich ist es gerade diese Schwarz-Weiß-Malerei, diese klinische Sauberkeit und diese ungefilterte Radikalität, die mich dazu führen, den Kommentar von "Elysium" eher bedenklich zu finden. Ich habe weit weniger den Eindruck, dass Neill Bloomkamp mir hier Sozialkritik vermittelt. Vielmehr handelt es sich bei diesem Film um astreines Exploitation-Kino. Es geht nicht darum, dem Zuschauer Einsichten zu vermitteln, wie unsere Gesellschaft funktioniert: Dafür ist mir das Gezeigte einfach zu wenig und stellenweise sogar schlicht unlogisch oder sinnfrei. Vielmehr, so habe ich den Eindruck, geht es hier darum, dem Zuschauer Genugtuung zu verschaffen und jenen angestauten Sentiments Luft zu verschaffen, indem endlich einmal gezeigt wird, wie dem reichen Macker da oben die Waffe vor das Gesicht gehalten wird, während die Rächer der Unterschicht ihn um sein Hab und Gut erleichtern. Sollte euch eine solche Form eines sozialen Kommentars zusagen, dann habe ich damit kein Problem. Jeder ist schließlich frei zu glauben woran er will. Auch spreche ich dem Film seine Existenzberechtigung damit nicht ab; gerade in der Kunst sollte man alles zum Ausdruck bringen dürfen, was man will. Aber ich selbst, und damit meine ich wirklich nur mich persönlich, habe jedoch ein Problem damit, wenn mir ein Film ernsthaft, mit allem Pathos und aller aufrichtigen Überzeugung suggerieren möchte, dass es in Ordnung ist, wenn ich einer bestimmten Gruppe von Menschen ihre Besitzrechte abspreche, nur weil ihr Einkommen eine gewisse Grenze überschreitet oder weil sie womöglich noch in Verhältnisse hineingeboren worden sind, für die sie genau genommen nichts können. Es ist ebenfalls nicht so, dass ich eine quasi-kommunistische Revolution in einem Film nicht interessant finden würde; doch wenn man sich dazu entscheidet, eine solche darzustellen, dann bitte mit all der Gewalt, all dem Blutvergießen und all dem Hass, welcher einem solchen Akt des "Tötens für die gute Sache" seine moralische Ambivalenz verleiht, und bitteschön ohne diese faule Note, dass die Guten und Gerechten am Ende der Machtübernahme noch immer komplett unschuldig sind.
Das ist der Grund, warum ich die Sozialkritik an "Elysium" nicht mag: Sie ist krass, einseitig, polemisch und manipulativ. Die ganze, zumindest leicht ambivalente, Darstellung der Aliens in "District 9" sagt mir mehr zu als der gesamte Subtext in diesem Film (auch wenn "District 9" aus seinem Kommentar letztendlich kaum etwas macht). Das würde allerdings nicht bedeuten, dass ich "Elysium" nicht unterhaltsam finden könnte, handelt es sich hier doch noch immer um einen bemüht imaginativen Sci-Fi-Action-Blockbuster. Doch wenn es darum geht, eine Geschichte zu erzählen, so versagt Bloomkamp dabei, mir auch nur entfernt greifbare Figuren zu präsentieren, mit denen ich mich gerne durch Handlung hangele.
Die Hauptfigur Max wird als träumendes Kind eingeführt, welches sich vornimmt, irgendwann einmal nach Elysium zu kommen. In meinem Kopf werden sofort alle Weichen gestellt in bezug auf die Geschichte, die hier erzählt werden soll: Scheinbar geht es um einen Menschen, der den sozialen Aufstieg anstrebt und von einem Leben im Luxus träumt. Seine Jugendfreundin Frey (Alice Braga) teilt seinen Traum und beide sehen hoffnungsvoll ihrer Zukunft entgegen. Klingt nach einem super Aufhänger für eine tolle Sci-Fi-Geschichte. Aus dem Traum wird allerdings nichts: Als Erwachsene müssen sie noch immer die Pampa des Riesenghettos mit Namen Erde ertragen. Doch anstatt in Dialogen und Charakterszenen zu entwickeln, wie sie es aufgrund fest zementierter sozialer Klassengebilde nicht schafften, nach oben aufzusteigen, scheint der Film diesen Aspekt bereits für vollkommen etabliert zu halten und hält es bis zum Ende nicht für nötig, diesen Konflikt noch einmal aufzugreifen. Auch die romantischen Anwandlungen zwischen Max und Frey, die in einer Einladung zum Kaffee mal vorbereitet werden, entwickeln sich im weiteren Verlauf des Films überhaupt nicht. Ein romantisches Gespräch beim Kaffee findet schlichtweg nicht statt. Mir scheint fast, als hätte man hier aus Gründen des Pacings bewusst Szenenblöcke herausgeschnitten, welche die Figuren des Films vertiefen. Somit jedenfalls gibt mir "Elysium" nicht das geringste Gefühl für seine Charaktere. Ich hätte es wirklich spannender gefunden, würde Max für seinen sozialen Aufstieg zur Raumstation oder für seinen Love-Interest kämpfen anstatt lediglich gegen den Strahlentod. Doch wie soll das funktionieren, wenn diese Charakterelemente so mangelhaft eingeführt werden?
Ein weiteres Problem scheint die generelle Hibbeligkeit zu sein, unter welcher der Film leidet. "Elysium" kennt so ziemlich keine Ruhephasen und ständig muss irgendetwas dramatisches passieren. Insbesondere in der zweiten Filmhälfte will der Film selbst in seinen Verschnaufspausen ständig in Bewegung bleiben. Die Sequenz in Freys Wohnung, wo Max verarztet wird und ihre Tochter kennenlernt, wirkt so völlig übereilt, dass ich nicht einmal die Zeit hatte, mich an irgendetwas zu gewöhnen. Da erzählt die Kleine ihm eine rührende Fabel über ein Flusspferd, doch wie soll mich das erreichen, wenn die Tochter bisher gefühlte 60 Sekunden an Screentime hatte?
Und dann wäre da schließlich der Fiesling des Films, der in seinem Charakter ebenfalls so vage gezeichnet ist, dass der Film sich alle Minuten eine neue Motivation für ihn aus dem Arsch zaubern kann. Zugegeben, Sharlto Copley hatte beim Spielen von Kruger sichtlich Spass und gerade im O-Ton ist sein Akzent mitunter herrlich witzig ('Ah o'ways wanted me to haav a Waaff!'). Doch was soll das eigentlich für ein Typ sein? Die Tatsache, dass es sich bei ihm um einen Ultra-Psychopathen handelt, kann bei mir nicht als Erklärung für alles herhalten. Zunächst hat er scheinbar nur Spass daran, Leute zu töten und zu quälen. Dann baggert er auf einmal, aus irgendeinen Grund, den Love-Interest von Max an. Und schließlich will er die Herrschaft über die Raumstation übernehmen, weil... keine Ahnung. Sein Charakter ist einfach so undefiniert, dass er stets das machen kann, was der Plot gerade von ihm braucht. Generell scheint "Elysium" immer wieder neue Elemente im denkbar letzten Moment aus dem Ärmel zu zaubern:
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Was, du leidest unter einer Strahlenkrankheit?
Kein Problem! Nimm' dieses Exoskellet, das hier noch so rumliegt.
Was, wir müssen sensible Daten und Codes extrahieren?
Kein Problem! Denn auf einmal haben die Bewohner Elysiums Gehirnimplantate mit riesigen Festplatten.
Was, du willst mich wegen Missachtung der Regeln verhaften?
Oh nein, wir befinden uns jetzt im Kriegszustand! Das heißt, dass ich das Sagen habe und DICH jetzt verhaften lasse.
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Mit den ganzen unlogischen und kontraintuitiven Momenten, die dadurch entstehen, dass sich der Film immer wieder neue Erklärungen aus dem Hut zaubert, um seine Plot-Ereignisse genau dort zu haben, wo er sie auf Teufel komm raus haben will, möchte ich gar nicht erst anfangen. Für mich ist "Elysium" in erzählerischer Hinsicht überwiegend furchtbar geschrieben.
Ein paar letzte positive Momente und den Grund für die 3,0 Wertung möchte ich dann allerdings doch noch anführen. "Elysium" besitzt eine rundum edle Optik, coole Spezialeffekte und den einen oder anderen sehr coolen Actionmoment. Wenn Max während der ersten großen Actionszene den Kampfroboter mit den Explosionsprojektilen zerschrottet und in Zeitlupe gezeigt wird, wie er auseinander fliegt, dann sieht das schon krass-cool aus. Auch die Szene, in welcher er einen von Krugers Handlangern mithilfe einer Chemie-Kanone durch eine Wand hindurch in Fetzen schießt, lässt mein Actionherz kurz auflodern, bevor das Gedöns wieder in die übliche, verwackelte Kämpferei übergeht. Ich muss gestehen, wenn Mr. Bloomkamp eines versteht, dann, wie er coole, fiktive Technologie für seinen Film entwickeln kann und Körper schön splattrig explodieren lässt. Die Darstellung grimmiger und dreckiger Körperlichkeit während der Actionszenen hat er wirklich drauf. Aber das rettet Elysium leider nicht davor, für mich ein ziemlich öder Streifen zu sein, der sowohl in seiner Botschaft als auch in erählerischer Hinsicht für mich einfach nicht funktioniert. Im Falle von "District 9" verläuft das Ganze ähnlich, nur ist dieser Streifen in ersterer Hinsicht marginal besser, während er in letzterer Hinsicht marginal schlechter ist.
Ich möchte mich abschließend für den langen Kommentar noch mal entschuldigen, aber das musste wohl einfach raus, weil ich wirklich nicht ganz nachvollziehen kann, was andere Leute an diesen Filmen finden. Vielleicht könnt ihr mir ja auf die Sprünge helfen.
Für alle, die ein Interesse haben, was es mit #Gamergate auf sich hat und wie sich Mitglieder gegen die Vorwürfe verteidigen, empfehle ich dieses halbstündige Interview:
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http://live.huffingtonpost.com/r/segment/gamergate-and-women-in-video-game-culture/543c686878c90a71ff000157
(Vorsicht: Enthält Spoiler)
"Dolores" ist mitreißendes, emotionales Kino auf hohem Niveau. Was sich hier unter dem Mantel einer scheinbaren Mordgeschichte verbirgt, ist die Geschichte einer Mutter (Kathy Bates) und ihrer Tochter (Jennifer Jason Leigh), die endlich die Gelegenheiten erfahren, ihre schwierige Vergangenheit aufzuarbeiten.
Dabei spielt der Film zunächst mit den Erwartungen des Zuschauers, indem er seine Titelfigur Dolores Claiborne in ein dubioses Licht setzt. Was sich daraufhin in immer weiteren Rückblenden entfaltet, ist die tragische Geschichte einer Außenseiterin, die sich zu extremen Taten getrieben fühlte. Schon zu Anfang vermittelt uns Regisseur Taylor Hackford durch zahlreiche visuelle Elemente den zerrütteten Zustand unserer Protagonistin: Ihre zerfurchte Gestalt, der desolate Zustand ihres Hauses, der im Zwielicht rötlich gefärbte Himmel, der die brodelnden, unverarbeiteten Konflikte andeutet, welche noch immer unter der Oberfläche schwelen. Ganz großartig empfand ich eine Rückblende, in welcher erzählt wird, warum Dolores' Hände so rauh und zerschlissen sind. Die Einstellung, in welcher sie Wäsche aufhängt und zwischendrin durch das Verrohen ihrer Hände die enormen Zeitsprünge angezeigt werden, ist schlicht einfallsreich und sehr effektiv. Hier wird eine Frau gezeigt, die sich jahrelang einer Knochenarbeit hingab, um ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen.
Die Rekapitulation der Geschichte von Dolores und ihrer Tochter Selena ereignet sich in Rückblenden, die in nicht chronologischer Reihenfolge ablaufen und stets durch ein Ereignis in der Gegenwart ausgelöst werden. Die Erzählung, die sich dabei entspinnt, ist komplex, aber leicht zu folgen. Die Farbkodierung hilft dabei enorm: Während die Gegenwart in einem tristen, farbarmen Ton gehalten wird, erscheint die Vergangenheit in weitaus sonnigeren Bildern. Die Übergänge zwischen den beiden Zeitebenen sind stets fließend und zeigen geradezu deutlich, wie sehr die beiden Hauptfiguren noch immer in der Vergangenheit verhangen sind. Dass dieser Schlagabtausch zwischen Mutter und Tochter, das Hin- und Hergerissensein zwischen zurückliegenden, aber noch immer aufwühlenden Ereignissen und einer von Verzweiflung gezeichneten Gegenwart, so gut funktioniert, liegt schlicht an den beiden Hauptdarstellerinnen. Kathy Bates ist - auch in bezug auf "Misery" - wohl so ziemlich das Beste, was einer Stephen King Verfilmung je passieren konnte. Zwar habe ich die Vorlage nicht gelesen, doch rein optisch passt ihre Rolle perfekt in den Film und ihr Spiel gerät zuweilen ungeheuer intensiv. Jennifer Jason Leigh, ihr jüngeres, unter Depression leidendes Gegenstück, bildet den perfekten Kontrast. Auch der gesamte Cast an Nebendarstellern überzeugt, insbesondere Christopher Plummer und - zu meiner Überraschung - auch John C. Reilly, der ansonsten eher als Komiker bekannt ist. Und glücklicherweise hat auch Danny Elfmann endlich mal einen guten Score abgeliefert, der die emotionale Note des Films passend unterstreicht, auch wenn er stellenweise etwas zu ausufernd eingesetzt worden ist.
Leider ist "Dolores" nicht perfekt und er trägt ein paar Probleme mit sich herum, die tatsächlich am Kern des Films knabbern. Das trifft insbesondere auf die Figur von Joe (David Strathairn) zu. Als Ehemann von Dolores bzw. Vater von Selena ist er ein elementares Element des Konflikts, den der Film aufmacht; doch seine Darstellung gerät so krass einseitig, dass ich es wiederum als störend empfand. Er ist praktisch die Müllhalde, auf der jede erdenkliche Arschloch-Charakteristik abgeladen wird, und jedes Fünckchen Sympathie, auch nur ein einziger Grauton, wird vom Film bewusst vermieden. In einem Drama wie diesem ist eine derartige Schwarz-Weiß-Malerei eher kontra-produktiv. Als Zuschauer stelle ich mir dann die Frage: Warum hat Dolores diesen Mann überhaupt geheiratet, wenn er schlicht nichts anderes ist als ein boshafter, manipulativer Mistkerl? Was der Film letztendlich daraus macht und wie Dolores auf ihn reagiert, ist wiederum mitreißend und toll erzählt. Zudem geht es im Film hauptsächlich um den Mutter-Tochter-Konflikt, weshalb dieser Kritikpunkt zwar fühlbar, aber nicht zu störend ins Gewicht fällt. Dass der Film zudem eine feministisch-orientierte Erzählung darstellt und fast alle relevanten Männerfiguren im Film verurteilt, ist ein Aspekt, an dem ich mich im Prinzip nicht stören würde: Nur ist "Dolores", insbesondere in der zweiten Filmhälfte, etwas penetrant darin, das 'female empowerment'-Motiv etwas zu überdeutlich auszubuchstabieren. Etwas mehr Subtilität und Feinheit im Drehbuch hätten hier nicht geschadet. Abschließend muss ich zudem auch bekritteln, dass der Film für meinen Geschmack einen Tick zu lang geraten ist. Die Rückblenden häufen sich gegen Ende ein wenig zu sehr und verlieren dadurch das Besondere. Auch wurde die finale Konfrontation zwischen Dolores und ihrem Ehemann für meinen Geschmack ein bisschen zu ausführlich vorbereitet.
Trotz dieser Punkte handelt es sich noch immer um einen eindrucksvollen Film, welcher es schafft, eine komplexe Geschichte um eine facettenreiche Persölichkeit auf eine zugängliche Weise zu erzählen. Das Drehbuch ist überwiegend auf den Punkt geschrieben und die Inszenierung weiß ebenfalls, auf visueller Ebene zu überzeugen. Für mich ist "Dolores" alles in allem sogar noch ein Stück besser als "Misery" und ein definitives Must-Have für meine Filmsammlung.
Während der Konzeption der Handlung von "Die Tiefe" müssen wohl irgendwo kreative Differenzen aufgekommen sein oder aber die Drehbuchautoren konnten sich nicht entscheiden, was für eine Geschichte sie eigentlich erzählen wollten. Es scheint, als würden die Macher mit diesem Werk eigentlich zwei Geschichten gleichzeitig erzählen wollen.
Bei der ersten Geschichte handelt es sich um ein Abenteuer, bei dem das Pärchen David (Nick Nolte) und Gail (Jacqueline Bisset) während ihres Urlaubs auf den Bermudas auf ein unbekanntes Schiffswrack stößt und dabei den Fund ihres Lebens machen. In dieser Geschichte gehen sie zusammen mit dem Ortskundigen Romer Treece (Robert Shaw) der Hintergrundgeschichte des verlustigen Schiffswrack nach und versuchen, während der Tauchgänge die verschollen geglaubten Schätze zu bergen. Urlaubsromantik, detektivischer Spürsinn und eine herrliche Unterwasserkulisse hätten hier einen stimmigen, angenehmen Film kreeirt. Hinzu kommen noch ein Einblick in die Seefahrtsgeschichte der Bermudas sowie einige spannende Sequenzen, die sich um die Attacke eines großen Aalfisches drehen.
Dann gibt es aber noch die zweite Geschichte, bei der es sich um einen düsteren Thriller handelt. Hier zieht das unwissende Turtelpärchen die Aufmerksamkeit von haitianischen Gangstern auf sich, die es auf eine Ladung Morphin abgesehen haben, die sich an Bord des von ihnen untersuchten Wracks befindet. Hier werden die beiden mit dem Tod bedroht, Gail wird Opfer einer unheimlichen Voodoo-Zeremonie und die Beiden fühlen sich nirgends auf der Insel mehr sicher. Es kommt zu sehr spannenden Verfolgungsszenen und Kämpfen, die den Puls kräftig in die Höhe schnellen lassen.
In "Die Tiefe" nun gibt es beide Geschichten in einem mit 120 Minuten schlicht zu lang geratenen Film. Und der unterschiedliche Ton, den beide Filme hier suggieren, beißt sich immens. Die romantische Detektivarbeit, die sich rund um die Entdeckung des Unterwasser-Schatzes und deren Geschichte entfaltet, und welcher sich die beiden Hauptfiguren mit vollem Interesse hingeben, wirkt völlig deplatziert in einem Thriller, bei dem beide bereits mehrere Male mit dem Tod bedroht worden sind und dazu aufgefordert wurden, die Insel zu verlassen. So fragte ich mich mehrere Male im Film, warum David und Gale denn so entspannt sind und überhaupt Interesse an einer wertvollen Schnitzeljagd haben, wenn da draußen Gangster lauern, die es noch immer auf ihr Leben abgesehen haben. So wirkt der Film leider nie wirklich stimmig.
Dass der Film dennoch halbwegs unterhaltsam daher kommt, liegt vor allem an so charmanten Gesichtern wie Nick Nolte, Jacqueline Bisset, Eli Wallach und Louis Gossett Jr., an den toll gefilmten Actionszenen (insbesondere der Hai-Attacke), sowie an der schönen Kulisse. Die Unterwasseraufnahmen sind zunächst sehr fesselnd und wirklich schön mit anzusehen, nutzen sich allerdings nach einer gewissen Zeit ab, da sie sich überwiegend nur noch im Schiffswrack abspielen. Die finale Actionsequenz ist somit leider ein bisschen öde geworden. Leider nicht mehr als ein netter Nachmittagsfilm.
Hm, klingt spannend. Da muss ich bei Gelegenheit mal reinhören.
"Die Jagd" ist für mich weniger ein Spielfilm, aus dem ich den üblichen Sehgenuss ziehe. Vielmehr handelt es sich um ein Lehrstück über die Gefahren von Gruppendynamik, Stigmatisierungsprozessen und gesellschaftlicher Ächtung. In meinen Augen handelt es sich hier um eine sehr geeignete Diskussionsgrundlage für den Philosophie-Unterricht an der Schule. Und genau diesen pädagogischen Gesamteindruck ist "Die Jagd" für mich lange nicht wirklich los geworden. Ich dachte beim Sehen mehr über die schwierigen Themen an sich nach, als den Film für seine dramatischen Qualitäten zu bewundern. Sämtliche Charaktere, mögen sie noch so gut gespielt sein, stellten sich mir vor allem als Zahnräder vor, welche diese perfide soziale Maschinerie antrieben. Erst gegen Ende, als Lukas (Mads Mikkelsen) beginnt, für seine Würde zu kämpfen, eine zufriedenstellende Kopfnuss austeilt und seinen ehemals besten Freund in die Augen schaut, gab mir dieser Streifen das Gefühl, endlich von seinem Lehrpfad abzuweichen. Abgesehen davon wird die ganze Handlung ruhig, präzise und auf eine realistisch wirkende Weise erzählt. Mit einer Ausnahme: Im realen Leben geht uns die Wahrheit über Lukas abhanden, bei der wir uns hier als Zuschauer noch sicher sein können. Alles in allem ist "Die Jagd" ein Einwegfilm, den ich seiner Botschaft wegen geschaut habe; doch als solcher ist er emotional, aufgrund des Hiobs-ähnlichen Leidenspfads seiner Hauptfigur, sehr mitreißend.
(Vorsicht: Enthält Spoiler!)
"Die Apothekerin" beginnt mit einem Einblick in die Kindheit der Hauptfigur Hella (Katja Riemann) und zeigt, wie sie es sich schon als Kind zur Gewohnheit gemacht hat, zu lügen und nach Perfektion zu streben. Aus einer Impulshandlung heraus brachte sie sogar einen Mitschüler um. Dann wechselt das Geschehen in die Gegenwart und wir sehen Hella als 30-jährige Angestellte in einer Apotheke.
Also, wird das jetzt ein Film über eine Frau, deren Probleme als Erwachsene durch eine schwierige Kindheit geprägt sind? Ein wenig schon, aber nicht so richtig! Sporadisch tauchen immer wieder Momente im Film auf, die sich durch ihre kurze Kindheitsepisode am Anfang erklären lassen, sowie ihre generelle Entspanntheit, wenn es darum geht, zu lügen oder jemanden zu töten. Doch scheint der Film sich überwiegend um etwas anderes zu drehen...
Sodann lernt man als Zuschauer, dass sie als Apothekerin eine Schwäche für Hopychonder und kranke Menschen hat und sich deswegen wohl auch in Levin (Jürgen Vogel) verliebt, der völlig kindisch und verantwortungslos daherkommt, später dann noch in Dieter (Richy Müller), der cholerisch veranlagt ist, und am Ende schließlich mit dem dauerkranken Pawel (August Zirner) anbandelt, welcher seine unangenehme, geisteskranke Ex-Frau im Schlepptau hat.
Also, wird das jetzt ein Film über eine Frau, die ein ganz furchtbares Händchen dafür hat, sich den richtigen Mann zu suchen? Irgendwie schon, so richtig aber nun auch wieder nicht! Dafür zieht sich der Film viel zu lange durch die immer komplizierter werdende Beziehung mit Levin, anstatt sich hier durch mehrere, gleichlange Episoden von "Männergeschichten" zu arbeiten.
Dann stellt sich heraus, dass Hella nicht nur Apothekerin ist, sondern in ihrer Freizeit auch noch gerne Gifte nach den Rezepten ihres Großvaters zusammenmischt.
Also, wird das jetzt ein Film über eine Frau, die ein rabenschwarzes Hobby entwickelt, bei dem sie alle Menschen, die ihr im Leben krum kommen, Cyanid unters Essen mischt? Ich habe auf eine solche Geschichte gehofft, doch ist dies letztendlich nicht der Fall und alles driftet in eine unglückliche Beziehungsgeschichte.
Dann wird Hella, ungefähr in der Mitte des Films, in ihrer Apotheke bewusstlos geschlagen und es stellt sich heraus, dass ihr Freund/Mann diesen Typen kennt. Auch später begeht sie einen Mord und ein Messer sowie eine Giftmischung, die sie gelegentlich verschwörerisch in den Händen hält, deutet auf etwas verruchtes hin.
Also, wird das jetzt ein Film, der sich von einer Komödie in einen Thriller oder Krimi verwandelt und knisternde Spannung erzeugt? Leider Nein! Der Überfall auf die Apotheke ist im weiteren Verlauf des Films überhaupt nicht mehr von Bedeutung.
Das Problem von "Die Apothekerin" ist schlichtweg, dass ihm jegliche Richtung fehlt und nicht so richtig klar ist, was für einen Film man eigentlich gerade vor sich hat. In der Hoffnung, dass mal etwas spannendes passiert, ergeht sich der Film mehr oder weniger in einer langweiligen Beziehungsgeschichte. Dabei mochte ich den Film zunächst sehr. Das Setup war vielsversprechend, die Darsteller sind toll und der Humor war trocken, aber sympathisch. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass endlich eine erste schwarze Wendung kam, doch dauerte es viel zu lang und begann mit der Zeit, immer öder zu werden. Dem Film wäre es wirklich besser ergangen, hätte er sich eines der oben vermuteten Motive angenommen und konsequent durch den Film hindurch gearbeitet.