Der Witte - Kommentare

Alle Kommentare von Der Witte

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    Da ich im Vornherein schon das Remake gesehen habe, wurden mir natürlich Story-technisch keine grundlegenden Überraschungen offenbart - doch meine Einschätzung darauf zu basieren, wäre ja wohl mal übelst unfair. Immerhin wirkt die dramaturgische Konstellation hier so dermaßen eigenwillig, dass alles ein Stück weit ruppiger und saftiger im Vergleich zur Neuverfilmung wirkt.

    Was einem an der Charakterisierung des Ganzen aber das Hirn wegbrezelt, ist der permanente Slang der deutschen Synchro, mit dem die Teens sich dermaßen kryptisch zuräuden, dass man kaum noch weiß, was als Kompliment oder Beleidigung gemeint sein könnte; weshalb man aus dem Lachen nicht mehr rauskommt - ganz zu schweigen von mehreren abwegigen Situationen der provinziellen Anti-Tanzkultur, die trotz gemäßigter Visualisierung auf die kognitiven Barrikaden gehen.

    Am stärksten beeindruckt dabei aber neben dem erlesenen Soundtrack die schon an Bipolarität grenzende Lebensmüdigkeit des Love Interests Ariel Moore (Lori Singer). Die prügelt sich sodann noch härter mit den Fieslingen des Films, als es Kevin Bacons gutmütiger und doch rebellischer Ren MacCormack tut. Immerhin hat er trotzdem den Hau weg, wenn es darum geht, gegen das unsinnige Tanzverbot anzustinken und lässt daher neben Momenten der Romantik nichts unversucht, knackig choreographierte Rechtschaffenheit walten zu lassen.

    Surreal übertrieben sind dabei die meisten Maßnahmen des Films, doch im Verlauf der zweiten Hälfte spielt er seine narrative Souveränität recht behutsam aus, um dem Freiheitsdrang der Jugend ihre pathetische Erhebung inklusive markiger Rockgitarre à la Jerry Bruckheimer zu liefern.

    Das alles und noch viel mehr bietet ein sympathisches Filmerlebnis, das besonders erfolgreich jenen Rhythmus verfolgt, der entgegen dröger Gewohnheit unterhält. Hauptsache am Ende hängt die Lichterkette sogar an der Kamera dran, während Chris Penn (R.I.P.) das joviale Tanzbein schwingt. Pflichtveranstaltung für 80er Aficionados, Sehnsuchtsfreunde und solche, die es werden wollen, bis man sich totlacht.

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    • 5

      Wer auf Foodporn steht, muss zwar im Verlauf dieses dafür reichlich selbstzweckhaften Films einige Durststrecken in Kauf nehmen, aber wenn es brutzelt, dann richtig. Nur eben das ganze Drumherum ist nicht ganz so formvollendet gelungen - muss man zum wieder mal recht Kritiker-kritischen Film (siehe auch "Ratatouille") leider wiederum kritisch anmerken. Harmloser Kumpeltalk zur beruflichen Selbsterfüllung trifft da auf eine Vater-Sohn-Geschichte, die auf 90 Minuten effektiver nachwirken würde, hier aber für eine angebliche Leichtigkeit Platz machen muss, die den Prozess zur Substanz des Ganzen leider eher aufhält.

      Ganz schlimmes Manko aber: Dieser penetrante Fokus auf Social Media, bei dem Favreaus Charakter und auch der Zuschauer wie in einem Grundkurs zum Internet ständig an der Hand herumgeführt werden müssen; sprich, wie Twitter funktioniert, was virale Reichweite verursacht, wie man mit Geotagging Kunden akquiriert, etc., etc. Spätestens in 10 Jahren wird der Film deswegen maßlos trottelig rüberkommen, aber schon in diesem Rahmen ist er von unzeitgemäßer Unkenntnis gekennzeichnet. Und so naiv bin ich auch nicht, dass ich den einen Miami-Etablierungsshot mit dem Flugzeug über dem Miami-Billboard nicht sofort aus "Bad Boys" erkennen würde.

      Das alles hält den Film aber noch lange nicht auf, einen gewissen Charme sowie einige treffende emotionale (und gleichsam mediale) Momente zu schaffen, die aus reiner Schaffensfreude, Freundschaft und Aufrichtigkeit aufgebaut sind. Wie selbstverständlich jeder Topf zum Schluss hin seinen Deckel findet, macht die schon schleppende Erfahrung zwar nochmal ein Stück belangloser, aber immerhin darf hier das Kochen als Alternative zum Sex ausgezeichnet überzeugen. Lasst's euch schmecken!

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      • 5

        Wer diesen Film noch nicht kennt, sollte meine Besprechung an dieser Stelle lieber meiden. Für alle anderen: Ein Geist!!!??!!! XD

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        • 9

          Obwohl ich schon vor einem Jahr über den Film geschrieben habe, durfte ich nochmal etwas länger auf CEREALITY darüber sinnieren. Der Streifen hat's aber auch verdient :)

          [...] Der Film (ist) keine einfache Angelegenheit, die sich in nur einer Kritik komplett erklären ließe. Burtons Werk ist dafür zu vielschichtig und eine unfassbar unterhaltsame Synergie der Superheldenthematik mit den persönlichen Lieblingsthemen des Regisseurs – und damit so zeitlos wie stellvertretend für eine Ära des Kinos, die noch alle Wege offenlegte und mit frischem Elan ins Unbekannte vorstieß. Dieser Film lässt sich als perfekt und im selben Atemzug als schier ungewöhnlich bezeichnen – eine (besonders aus heutiger Sicht) Unmöglichkeit stilistischer und thematischer Handschriften im Blockbuster-Gewand, bei der Gefühle und Trivialitäten im Verhältnis zueinander stimmen und begeistern. [...]

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          • 6 .5

            [...] (Der Film) arbeitet nun mal in einem Vakuum provinzieller Wunschträume und naiver Ängste und schafft damit ein unbedarftes und unbeholfenes Abenteuer, als käme es direkt vom örtlichen Drive-in und wäre fürs örtliche Drive-in produziert. Selbst in seinem Genre ist der Film ein eher unrundes Erlebnis, voller Längen und letztendlich auch zu kurz aufgelöster Reißer-Qualitäten. [...] Dennoch beweist (Blob) als bunte und niedliche Monster-Fantasie einen kindischen Charme, da die Hysterie gerade im Kontrast zum entschieden tranigen Terror umso beglückender unterhält. [...]

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            • http://www.comicbookmovie.com/fansites/JamesMann/news/?a=119453

              Wohl eben doch ein bisschen gefaked, wa

              • 7

                [...] Was nämlich schon den geradlinigen Drang zur Tanzfreude im Original anspornte und dazu gerne die Grenzen der Glaubwürdigkeit durchbrach, erhält hier die Übermacht zu einer verhältnismäßig noch dünneren Handlung [...] Wie die Sachlage jedoch zum Schluss hin aufgelöst wird, kommt wirklich aus dem Nichts. Somit bereitet es einen auch allzu stimmig auf ein knallbuntes Finale vor, welches das zuvor schon virtuose Schnittgewitter des Films mit ausgelassener Niedlichkeit und Ice-T höchstpersönlich in die Stratosphäre katapultiert. [...]

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                • Wenn man den Film auf DVD oder Blu-Ray in richtigen RGB-Farben schaut und nicht in dieser kontrastarmen Internet-Variante, welche die Macker da zum Vergleich stellen, gehen die Farben voll in Ordnung. Aber auch so ist deren nachkolorierte Farbensuppe ein übersteuerter Graus und zudem so fern von Stimmung und Intention des Films, wie's nur geht :D

                  • 7 .5

                    [...] Der Fun überträgt sich natürlich auch auf den Zuschauer, welcher die sinnlich bunte Körperbeherrschung im energetischen Takt wie ein Schwamm aufsaugt [...] Hier regiert eben hauptsächlich das pure Glück und die Ambition individueller Persönlichkeiten mit kämpferischem und respektvollem Teamgeist. Das steuert natürlich eher in Richtung Fantasiewelt, mit welch simpler Dramaturgie das Prozedere seine jungen Meister findet, doch gerade dann nimmt man dem auch kurzweilige Szenarien ab, die als beiläufige Naivitäten bezeichnet werden dürfen [...]

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                    • 6

                      [...] So hält sich die Maschinerie des Superheldenfilmstandards gut am Laufen, doch letztendlich führt das Prozedere wieder zu Punkt Null und die Frage, inwiefern solche Mächte die Welt beschützen sollen, wird nicht weiter gestellt. Solche komplexen Sachverhalte werden mit der Konfrontation und Verarbeitung innerer Dämonen ohnehin massentauglich abgekanzelt und dadurch wiedergutgemacht, dass wirklich viele Leute on screen gerettet werden. Harmlos wie von Disney und Marvel gewohnt, als Eskapismus sowieso genügsam, aber dann doch inkonsequent und nichtssagend in der Ausführung. Für gute Unterhaltung mit einigen erfinderischen Höhepunkten ist schon gesorgt, aber reichlich Neuigkeiten bieten sich hier zumindest im Gros bekannter Figuren nicht an. [...]

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                      • 4

                        [...] Der Weltverbesserer in Penn erhält hier sein passioniertes, sprich leidendes Ventil im Drang zur Wahrheit, darf den Großteil des Films aber dennoch den abgeklärten Globetrotter geben, der mit Maschinenpistole, Blendgranate und Handtuch skrupellose Mördertrupps ausschaltet und à la Jean-Pierre Melville im schleichenden Drahtseilakt Claymores deaktivieren kann. Eigentlich ausreichend Material für ruppige Genre-Einfältigkeiten, wenn man sich denn nicht um politischen Ernst und sentimentale Schuldbekenntnisse bemühen würde, wo Konflikte lieber in europäischen Designer-Wohnungen ausdiskutiert werden. Das klingt eloquent und sieht glatt aus, umläuft aber nur Standards und Phrasen eines handelsüblichen Thrillers, die in ihrer Abzählbarkeit spannungsfrei einkehren. [...]

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                        • 5

                          Es verbirgt sich ein emotional treffender Film in der ganzen Geschichte und vor allem zur zweiten Hälfte hin kann man sich gerne auf einige Momente von Glück und Trauer einlassen. Doch diese Gesamtverwässerung zu einem sentimentalen Märchen über Daddy Issues und The Power of Disney™ verkauft den Sachverhalt schlicht unter Wert und braucht dazu noch eine gefühlte Ewigkeit, um die richtigen Töne im pseudo-therapeutischen Ansatz zu finden. Ist es ein Portrait künstlerischer Integrität oder eine Ermunterung zum Gefühlsbekenntnis? Da wird leider keine tragende Entscheidung getroffen, wie auch überhaupt die Darstellung von Herrn Disney und Frau Travers vor interessanten Charaktertiefen jenseits des Einfach-Verdaulichen "bewahrt" wird. Wer ein bisschen über die Hintergründe Bescheid weiß, wird das versiegte Potenzial und die spekulative Einfältigkeit des Szenarios betrauern, ansonsten bleibt immer noch halbwegs rührselige Familienunterhaltung an der Oberfläche des gängigen Parallelschnitt-Biopics.

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                          • 7

                            Man wird selten so ungehalten mit der eigenen Machtlosigkeit hadern, wie bei der Sichtung dieser Dokumentation über eine christliche Brutstätte der Indoktrinierung, in welcher beeinflußbare Kinder zu Gotteskriegern gegen den "falschen Glauben" ideologisiert und gar gehetzt werden - natürlich nur, um gegen die Fundamentalisten anderer Religionen und deren Kindersoldaten ein Zeichen zu setzen. Die Hypokrisie stinkt hier also zum Himmel und schlägt ihre verstörenden Wurzeln in die junge Psyche der Kinder wie auch in die landesweite US-Politik. Die einzige und wirksamste Konfrontation, die das Dokumentarteam dabei leisten kann, ist die bloße unkommentierte Darstellung des fassungslosen Sachverhaltes. Eine bewusst unangenehme Präsentation krankhafter Folgsamkeit aufgrund fehlgeleitetem Überlegenheitsgefühl.

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                            • 7
                              über Cropsey

                              Ein effektives Schauerstück US-amerikanischer Kriminalgeschichte, das zunächst als urbane Legende sein Unwesen treibt und schließlich doch in die unschuldigsten Stellen von Familie und Gesellschaft eindringt sowie die Wurzel psychischen Missbrauchs nebenan offenbart. Staten Island wird da eben auch zur Mülldeponie menschlicher Problemfälle und obwohl die investigativen Regisseure Brancaccio und Zeman dabei ziemlich unentspannt zu emotionalisieren wissen, dürfte es ohnehin schwierig sein, das Grauen und die Trauer der Ereignisse darin komplett abgeklärt greifen zu können - auch weil das Mysterium bis zum Schluss nicht vollständig geklärt wird. Die Ungewissheit bleibt und somit auch die Tiefe der Gefühle in ihrer Nachvollziehbarkeit.

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                              • 8

                                Im Grunde weiß der Film zwar schon narrative Elemente einzusetzen, die man aus zahlreichen melodramatischen Romanzen zu kennen pflegt und das ist an sich ja nichts Schlimmes. Der entscheidende Unterschied zu einem Zuckerstück vom Schlage eines Nicholas Sparks ist aber die Natürlichkeit des Ganzen. Wie sich hier Francesca Johnson (Meryl Streep) und der netteste Macker der Welt Robert Kincaid (Clint Eastwood) finden, kennen und lieben lernen, birgt eine wahrhaftige Menschlichkeit, die von einem unaufdringlichen, doch luftigen Inszenierungsstil greifbar gemacht wird.

                                Letzteres ist sodann auch der allgemeinen Atmosphäre dienlich, in der Madison County zum heimeligen Fleckchen Erde erblüht und einlädt. Kein Wunder, dass in jener sommerlichen Hitze die Gefühle zwischen den Beiden taumeln, obwohl Francesca eine verheiratete Frau ist. So lässt sie sich auf einen Himmel auf Erden mit dem gütigen Kincaid ein, der allerdings nur "bis Freitag" wären kann, wenn Gatte Richard und Kinder wieder zurückkehren. Mit dieser zukünftigen Konsequenz im Rücken wird auch klar, dass sie sich in ihrem Leben mehr gewünscht hat und selbst diese Idylle hier der Sehnsucht der sogenannten "einfachen Frau" nicht gerecht wird. Umso härter trifft dann auch die unumstößliche Gewissheit ein, dass man nicht aneinander haben kann und jene wahre Liebe der Verantwortung weichen muss.

                                Dies zerbricht die Charaktere und im Gegenzug den Zuschauer, wie mit unbedingter Zärtlichkeit ein Schlussstrich im physischen Zusammensein gezogen werden muss, doch keiner der emotionalen Verbundenheit. Deshalb treffen die kleinen, intimen Gesten der Güte abseits der Wahrnehmung von Außenstehenden ebenso hart auf beiden Seiten der Leinwand ein: Wie Francesca & Robert ist man mit dem Film auch eine Seele geworden, fühlt den Regen der Entsagung und die Versöhnung anhand individueller Symbole mit. Selbst wenn das alles kitschig klingen mag, ist es als filmische Erfahrung von einer verinnerlichernden Stärke geprägt, dass man auch selber etwas von jenen empathischen Werten mitnehmen wird. Wirklich mal eines jener berüchtigten "großen Stücke Gefühlskino".

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                                • 6

                                  [...] Die Überstimulation der sexuellen Frustration ist dabei schon im Ambiente verankert. Doch Regisseur Moore bricht die eigentliche Farbfülle zu einem ermattenden Schwarz-Weiß herunter, das in seiner Kälte streng glänzt und gleichsam in den tiefsten Kontrast sinken kann. Dementsprechend hartnäckig wendet sich die Kinder schnappende Welt gegen Jims Realitätsbewusstsein und setzt seine inneren Dämonen frei, wie auch die hübsche Fassade des Parks selbst langsam zerfasert: Die Katzengrippe geht um, Prinzessinnen sind Huren und Gott weiß, was drüben im Epcot Center alles vor sich geht. [...]

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                                    [...] Dabei darf der Zuschauer aus zweiter Hand das lernen, was die Gegenwart zugleich von der Vergangenheit lernt. Eben, dass jederzeit dieselben Probleme vorherrschen und man diese überwinden kann – mehr bleibt von der Geschichtsstunde des Films nicht über. Höchstens noch die Frage, inwiefern man als Zuschauer eine Reflexion zur Liebe aufnimmt, die ebenfalls noch von einer Reflexion der Liebe belehrt wird und sich daher eher dadurch definiert, als selbstständig zu handeln. [...] Ein märchenhafter Wunschtraum vervollständigt die erwartete Beglückung einer gelungenen Romanze entgegen aller (selbst auferlegter) Hindernisse; so hanebüchen, dass man vor Freude gluckst.
                                    Sparks enttäuscht nun mal nicht in seinem erneuten Versuch, Perspektiven der Liebe für ein beeinflussbares Publikum junger Mädchen, gelangweilter Hausfrauen oder auch Guilty-Pleasure-Afficionados zu skizzieren. [...]

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                                      Nun ist es schon wieder ein Jahr her, seit wir unseren "Unendlichen Planet" abgedreht hatten - Zeit also, dass jeder ihn nun auf Youtube sehen darf :) Gute Unterhaltung mit freundlichen Grüßen aus der seelischen Endzeit :D

                                      https://www.youtube.com/watch?v=QSMFmA14kW8

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                                        [...] Als Zuschauer (muss man sich) damit abfinden, dieselben Versatzstücke einer jeden beliebigen Agenten-Parodie vom Format „Johnny English“ oder „Agent Cody Banks“ mit ihren Femme fatales, Doppelagenten, geheimen Identitäten, Intrigen und hanebüchenen Twists nochmals vorgesetzt zu bekommen – nur, dass man eben penetrant darauf aufmerksam gemacht wird, dass diesmal eine Frau alles meistert [...] Abgesehen davon bekommt man kurzweiliges Genrefutter serviert, das vor allem halbwegs emanzipatorische Sehnsüchte mit einer guten Portion Groteske propagiert und genauso stimmig europäische Sehenswürdigkeiten einfangen kann, wie es sonst ein kostspieliger Urlaub schaffen könnte. Dennoch bleibt der fade Beigeschmack in der Konstruktion des Films, seiner weiblichen Belegschaft ständig auf die Schulter klopfen und sagen zu müssen: „Great job, Susan!“ [...]

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                                          über Oh Boy

                                          Schlicht overhyped und kontinuierlich reich an gestelzten Klischees in Dialog, Szenerie und Stilistik (melodramatische Pianotöne und ein in Schwarzweiß schmollender Schilling in der U-Bahn und in der Dusche; stationäre Häuseraufnahmen nicht vergessen - mach ich genauso gerne), dass man bei der ernüchternden Berechnung auf Indiefilm-Standards keine nachvollziehbaren Charaktere mehr sieht, sondern eine beliebige Emulation anhand von überkandidelten Rollenmodellen, basierend auf einer Menschenkenntnis aus 100 Jahren Filmgeschichte: Der urige Kumpel, der Schauspieler sein will und "Taxi Driver" zitiert; der reiche Vater, der dem ziellosen Sohn nach einer Runde Golf nicht aus der Patsche helfen will - "Du bist wie deine Mutter!"; die "Big Lebowksi"-Gedächtnisszene vom lachhaftem Ausdruckstanz mit prätentiösem Theaterregisseur vom Schlage "Wir machen hier halt keinen Mainstream" und jene Julika, die früher dick war, dann auf ein Internat für Fettleibige kam, jetzt schön und schlank ist und Freddy Lau auf der Straße dumpf psychologisch entlarven kann, à la "Deine Mutter hat dich nie geliebt und dein Vater war ein Säufer". Nicht ganz so heuchlerisch wie ein "Wish I Was Here", da Schilling als Protagonist eher bescheidener Beobachter (doch typischer Lebensversager) bleibt, aber nicht weit entfernt von dessen plakativem Fantasiekonstrukt einer Lebenskrise, die ihren Ansatz der Katharsis im faulen, narrativen Mittel des stets unerreichbaren, aber zum Schluss erhaltenen Kaffees findet. So naiv kann nicht mal ich mehr sein, um das Sammelsurium an Einfältigkeiten an diesem Film ausblenden zu können. Bei Formelhaftigkeiten und Genre-Tropes bin ich zugegebenermaßen der Letzte, der sich darüber aufregen dürfte, aber wenn so etwas Austauschbares derartige Wellen schlagen konnte, kann ich das nur dem damaligen Zeitgeist anrechnen.

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                                            Alex Gibney rekonstruiert einerseits die Geschichte von Scientology und stellt im Folgenden ebenso über Interviews mit Aussteigern (u.a. Mitglieder, die vor Kurzem noch hohe Stellungen dort eingenommen hatten) die unfassbaren Mechanismen von (nicht nur) Misshandlung und Steuerhinterziehung innerhalb des weltweiten Komplexes fest. Die einzige Transparenz, die Scientology selbst daran durchscheinen lässt (und im Archivmaterial offener darstellt, als gewollt), ist jene der Selbstentlarvung im Drang zur totalitären Folgsamkeit, des weltfremden Narzissmus und des Fokus auf finanzielle Macht.

                                            Da kann man sich gut drüber aufregen, Gibneys Erzählung bleibt aber bodenständig und geradlinig; legt Dokumente, Tonaufnahmen, Videos, private Notizen und Berichte von Zeitzeugen auf den Tisch, die strukturell allerdings nur wenige Zweifel übrig lassen. Auf volle Objektivität kann man sich dabei nicht unbedingt verlassen, da die Berichterstattung hauptsächlich von außen (und ehemals innen) in eine kritische Richtung stattfindet (u.a. aber noch Verständnis darin darstellt, dass L. Ron Hubbard anhand der Dianetik versuchte, seine eigenen Traumata zu verarbeiten) - allerdings schottet sich die Vereinigung Scientology ohnehin komplett von offiziellen Stellungnahmen ab und stellt sich schlicht nicht dem Diskurs. Stattdessen werden kritische Stimmen bis zur Haustür verfolgt und bedrängend beobachtet sowie online diffamiert - ein wahrhaftig ungesunder Psychoterror, bei dem jeder Hubbard-Electrometer Alarm schlagen müsste.

                                            Die Rhetorik darin vermittelt natürlich Feigheit, Aggressivität und Schuld (da offensichtlich vermieden werden soll, dass potenziell ungünstige Informationen nach außen dringen) und zeichnet nur allzu effektiv das Bild einer bewusst verbrecherischen Geheimgesellschaft, die für niemanden als sich selbst wirtschaftet. Gibney's Film ist da ein wichtiger Ansatz, bei der angeblichen Religion stärker nachzuforschen und womöglich weitere Missstände zu offenbaren, damit andere Menschen in der Zukunft nicht von deren System ausgebeutet oder zu unmenschlichen Taten indoktriniert werden. Sehr sehenswert.

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                                              über Tropico

                                              Nach ihrem effektiven Einsatz in Tim Burtons "Big Eyes" und wiederum meinem Einsatz desselben Songs im April-Video für Cereality bin ich inzwischen etwas offener gegenüber Frau Del Rey geworden - was ich nämlich vormals an Singles von ihr aufnahm, empfand ich als uninteressant und glaube auch weiterhin, dass sich eher populäre Tracks wie "Video Games" oder "Summertime Sadness" nicht unvoreingenommen reflektieren lassen; gerade dann, wenn man bedenkt, wie viel effektiver und ungestümer ein Stück wie "Born to die" in den Kopf schießen kann (und zumindest für "Mommy" einen recht emotional-explosiven Schluss hergab).

                                              Nun also interessiert mich diese Frau, welche das Image einer L.A.-Melodramatik vom destruktiven und faszinierenden Star-Ruhm nicht nur mit alptraumhafter Elegie in Musik umsetzt, sondern auch in der eigenen Erscheinung ausstrahlt. Wie es den Anschein hat, hat die gerade mal 29-jährige Sängerin ihr Gesicht plastischer Chirurgie unterzogen, obwohl Fotos von einst eine eigentlich schöne natürliche Erscheinung vorzeigen. Dabei hat sich im Nachhinein nichts Grundlegendes an ihrem Aussehen geändert, nur hält sie darin nun einen leicht plastischen Look inne, der eher einem verzerrten Schönheitsideal entspricht und gleichsam eine auffallende Zerbrechlichkeit repräsentiert.

                                              Dieser Kontrast fällt auch auf das Projekt "Tropico" von ihr und Regisseur Anthony Mandler - eine Art dreifaches Musikvideo um die Stücke "Body Electric", "Gods and Monsters" sowie "Bel Air" herum, in dem die Geschichte von Adam & Eva in einem kontemporären Kontext einer exzessiven Unterwelt von Los Angeles gestellt wird. Da werden John Wayne, Marilyn Monroe und Elvis Presley neben Jesus zu den Götzenbildern schlechthin; Ikonen des Pops im Garten Eden - für Lady Del Rey (u.a. in Mutter-Maria-Symbolik) die Grundlage einer schwelgerische Liebesgeschichte vom Leben ohne Ziel, welches stattdessen schlicht permanent Superlative aufsaugt.

                                              Inszeniert wird das 27-Minuten-Epos in hypnotisch leuchtenden 35mm und einem 3,00:1-Bildformat, welches sich dem Gesamtkonzept glorreicher Selbstzerstörung in extremer Breitwandverengung perfekt anpasst. Die Romantik des zelebrierten Zerfalls ist da ein audiovisueller Rausch, der sich bewusst trivialen Plattitüden preis gibt; mit Waffen, Brüsten, Ärschen und Gewalt hantierend, wie auch Del Rey mit ihrer sehnsüchtigen Engelsstimme an der Stripper-Stange das große Ficken als Erlösung sucht.

                                              Das birgt insgesamt dann keine erhellende Erfahrung oder gar profunde Ambition. Hier ist es einfach nur geil, kaputt zu sein - und da steckt auch eine Menge Liebe drin. So kommt "Tropico" dem modernen und verlorenen Menschen recht nah und empathisch, wenn auch entschieden plakativ entgegen. Wer sich ein Bild davon machen und (subjektiv gesehen) gute Musik hören will, sei dieser Link zum Video empfohlen, ich wünsche gute Unterhaltung: http://vevo.ly/rWCPxc

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                                                  [...] Es geht wiederum nicht um mehr, als versprochen wird – und davon nicht zu wenig. Ein Gangsterthriller im New Yorker Milieu: ruppig, düster und mit melancholischem Pathos erfüllt. Altbekanntes von der Ostküste, bewandert von markigen Charakterdarstellern und Neonlichtern im Dunkel der Nacht. Solche alteingesessenen Zutaten bieten sich an und Collet-Serra entscheidet sich anhand derer für klassische Konzepte sowie naive Wunschvorstellungen eines Kinos knapp entfernt von unserem Realitätsverständnis, doch nah am Herzen arbeitend. [...]

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